Ein Dämon auf Abwegen - Robert Asprin - E-Book

Ein Dämon auf Abwegen E-Book

Robert Asprin

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Beschreibung

Happy Birthday, lieber Dämon! – Der dritte Band der aberwitzigen Dämonen-Reihe.

Zauberlehrling Skeeve wird von einer befreundeten Dämonin dazu eingeladen, mit ihr einen Bummel durch die Dimensionen zu machen. Sie braucht seine Hilfe, um ein Geburtstagsgeschenk für seinen Mentor Aahz zu … organisieren. Doch dann geht etwas schief, und Skeeve ist gezwungen, sie in Gefangenschaft zurückzulassen. Zum Glück ist Aahz ebenfalls ein Dämon, und gemeinsam trommeln sie eine höllische Truppe zusammen, um die gefangene Freundin zu befreien. Richtig kompliziert wird es allerdings erst, als Aahz sich weigert, sein Geburtstagsgeschenk zurückzulassen – die ebenso einzigartige wie hässliche Trophäe des größten Sportereignisses der Welt.



Die Dämonen-Reihe bei Blanvalet:
1. Ein Dämon zu viel
2. Als Dämon kriegst du nie genug
3. Ein Dämon auf Abwegen
4. Ein Dämon kommt selten allein

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Seitenzahl: 286

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Buch

Zauberlehrling Skeeve wird von einer befreundeten Dämonin dazu eingeladen, mit ihr einen Bummel durch die Dimensionen zu machen. Sie braucht seine Hilfe, um ein Geburtstagsgeschenk für seinen Mentor Aahz zu … organisieren. Doch dann geht etwas schief, und Skeeve ist gezwungen, sie in Gefangenschaft zurückzulassen. Zum Glück ist Aahz ebenfalls ein Dämon, und gemeinsam trommeln sie eine höllische Truppe zusammen, um die gefangene Freundin zu befreien. Richtig kompliziert wird es allerdings erst, als Aahz sich weigert, sein Geburtstagsgeschenk zurückzulassen – die ebenso einzigartige wie hässliche Trophäe des größten Sportereignisses der Welt.

Autor

Robert Asprin wurde 1946 in Michigan, USA, geboren. Seit 1978 war er hauptberuflich Autor und schrieb mehrere Dutzend Romane. Unter anderem war er auch an den berühmten Elfenwelt-Comics beteiligt. Für seine Arbeit wurden ihm unter anderem der Balrog Award und der Locus Award verliehen. 2008 starb er in New Orleans.

Die Dämonen-Reihe von Robert Asprin beim Blanvalet-Verlag:

1. Ein Dämon zu viel

2. Als Dämon kriegst du nie genug

3. Ein Dämon auf Abwegen

4. Ein Dämon kommt selten allein

Besuchen Sie uns auch auf www.instagram.com/blanvalet.verlag und www.facebook.com/blanvalet.

Robert Asprin

Roman

Deutsch von Sylvia Brecht

Die Originalausgabe erschien 1981 unter dem Titel »Myth Directions« bei Ace Fantasy Books, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 1982 by Robert Lynn Asprin

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2022 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Werner Bauer

Umschlaggestaltung und -illustration: © Max Meinzold, www.meinzold.de unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com

HK · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust GmbH, Aalen

ISBN 978-3-641-26898-5V002

www.blanvalet.de

1

»Drachen, Dämonen und Könige, oh!«

Der feige Klahd

»Dieser Ort stinkt!«, knurrte mein schuppiger Mentor und blickte zornig durch das Fenster in den Regen hinaus.

»Ja, Aahz«, pflichtete ich ihm schüchtern bei.

»Was soll denn das schon wieder heißen?«, fauchte er und richtete seine goldgesprenkelten Dämonenaugen auf mich.

»Das soll heißen«, erwiderte ich hastig, »dass ich dir zustimme. Das Königreich Possiltum, und insbesondere der Palast, stinkt zum Himmel – und zwar wortwörtlich.«

»Undankbarkeit!« Aahz wandte den Kopf klagend zur Zimmerdecke. »Da verliere ich meine Kräfte an einen dämlichen Scherzbold, und anstatt alles daranzusetzen, sie wiederzugewinnen, nehme ich auch noch einen Schwachsinnigen als Lehrling an, der nach nichts Höherem strebt als danach, das Dasein eines Diebes zu führen. Ich gebe ihm eine anständige Ausbildung, bringe ihm Manieren bei und verschaffe ihm einen Arbeitsplatz, wo er mehr verdient, als er in zwei Leben ausgeben könnte, und was passiert? Er beschwert sich! Du glaubst wohl, allein wärst du besser zurechtgekommen, wie?«

Da kam mir ein Gedanke: Aahz’ Führung hatte ich es immerhin auch zu verdanken, dass ich einmal gehenkt und quasi in ein magisches Duell mit einem Meistermagiker hineingezogen worden war und darüber hinaus erst kürzlich die alles andere als beneidenswerte Aufgabe gehabt hatte, mit einer Handvoll heruntergekommener Dämonen die größte Armee der Welt aufzuhalten. Allerdings kam mir gleichzeitig noch ein Gedanke: dass es taktisch wohl nicht gerade klug wäre, diese kleineren Unannehmlichkeiten und Vorkommnisse ausgerechnet jetzt zu erwähnen.

»Es tut mir leid, Aahz«, jammerte ich. »Dieses Königreich Possiltum ist eigentlich doch ein ganz nettes Reich, für das es sich zu arbeiten lohnt.«

»Stinken tut es!«, verkündete er und richtete seinen Blick wieder aus dem Fenster.

Ich unterdrückte einen Seufzer. Das Los des Magikers ist kein sehr glückliches. Diese Weisheit habe ich aus einem Liedchen, das Aahz gelegentlich singt … gelegentlich sogar in der richtigen Tonlage. Ich erkannte immer mehr, wie viel Wahrheit in diesem kleinen Song steckte. Als Hofmagiker meines Königs hatte ich schon sehr viel mehr durchmachen müssen, als ich jemals befürchtet hatte.

Genau genommen ist der König von Possiltum gar nicht mein König. Wenn es hochkommt, dann bin allenfalls ich sein königlicher Magiker, so gerade eben ein besserer Angestellter.

Und Aahz ist auch nicht mein Dämon. Ich bin sein Lehrling, der verzweifelt darum bemüht ist, genug Magik zu lernen, um sich des oben erwähnten Titels als halbwegs würdig zu erweisen.

Gliep ist allerdings ganz definitiv mein Drache. Da braucht man bloß Aahz zu fragen. Oder, noch besser, ihr befragt irgendjemanden am Hof von Possiltum. Jedes Mal, wenn mein Maskottchen durch sein Umherstampfen jemanden oder etwas zu Brei zerdrückt, bin ich es, der das ausbügeln muss und von dessen Gehalt Grimble, der Kanzler des Königs, die Regressforderungen abzieht.

Natürlich bringt so etwas Aahz aus der Fassung. Denn abgesehen davon, dass er über meine Magikerkarriere wacht, ist Aahz auch noch für unsere Finanzen zuständig. Na ja, das ist eigentlich eine ziemliche Untertreibung. Er blutet das Königreich gnadenlos aus, indem er jede nur mögliche Gelegenheit zur Aufbesserung dieser Finanzen beim Schopf packt – und das sind nicht wenige – und außerdem ein Auge auf unsere Ausgaben hat. Was das Ausgeben unseres sauer verdienten Reichtums angeht, so würde Aahz sich lieber von meinem Blut trennen als von unseren Ersparnissen. Wie man sich denken kann, haben wir in diesem Punkt eine Menge … ääh … Unstimmigkeiten.

Gliep ist allerdings sehr verständnisvoll. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich ihn bei mir behalte. Für einen Babydrachen, dessen Vokabular gerade ein einziges Wort umfasst, ist er recht intelligent und verständnisvoll. Ich verbringe einen Haufen Zeit damit, ihm von meinen Sorgen zu berichten, und er hört mir jedes Mal aufmerksam zu, ohne mich zu unterbrechen oder mich anzuschreien, wie blöd ich doch sei. Das macht ihn für mich zu einem wesentlich angenehmeren Gefährten als Aahz.

Es sagt eine Menge über die eigene Lebensart aus, wenn die einzige Sympathie, die einem entgegengebracht wird, die eines Drachen ist …

An diesem bewussten Tag war ich leider der Gesellschaft meines Haustiers beraubt. Es regnete, und wenn es in Possiltum regnet, dann ist das kein Kinderspiel. Gliep ist zu groß, um mit uns zusammen im Gebäude zu leben, und der Regen machte es mir unmöglich, den Hof zu überqueren, um zu den Stallungen zu gelangen, wo er untergebracht war. Darüber hinaus konnte ich es auch nicht riskieren, durch die Gänge des Schlosses zu wandeln, weil ich dann möglicherweise dem König begegnet wäre. Der hätte mich bestimmt gefragt, wann ich wohl die Güte hätte, etwas gegen das miserable Wetter zu unternehmen. Leider gehörte die Wetterbeeinflussung aber nicht zu meinen gegenwärtigen Spezialgebieten, und Aahz hatte mir strikt befohlen, das Thema um jeden Preis zu meiden. So saß ich also in meiner eigenen Unterkunft fest und konnte nur warten, bis der Regen wieder aufhörte. Doch selbst das wäre nur halb so schlimm gewesen, wenn ich diese Unterkunft nicht auch noch mit Aahz hätte teilen müssen.

Regenwetter machte Aahz immer ziemlich griesgrämig oder genauer: noch griesgrämiger als sonst. Lieber wäre ich mit einem wütenden Spinnenbär in einem engen Käfig zusammengepfercht als mit Aahz, wenn er schlechte Laune hatte.

»Es muss doch irgendetwas geben, das man tun kann«, murrte Aahz unwirsch und unruhig. »Seit der Zweihundertjährigen Belagerung habe ich mich nicht mehr so gelangweilt.«

»Du könntest mir vielleicht das Dimensionsreisen beibringen«, schlug ich hoffnungsvoll vor.

Das war eines der Gebiete, in denen mich zu unterweisen Aahz sich bisher standhaft geweigert hatte. Wie ich bereits erwähnte, ist Aahz ein Dämon, was eine Kurzbezeichnung für »Dimensionsreisender« ist. Heutzutage sind die meisten meiner engeren Freunde Dämonen, und ich war nur zu bereit, meiner äußerst bescheidenen Liste von Fähigkeiten das Dimensionsreisen hinzuzufügen.

»Bring mich nicht zum Lachen, Jungchen.« Aahz lachte rau. »Bei deinem Lerntempo würde ich mehr als zweihundert Jahre brauchen, um es dir beizubringen.«

»Oh«, sagte ich niedergeschlagen. »Na ja … Vielleicht könntest du mir doch auch von der Zweihundertjährigen Belagerung erzählen.«

»Die Zweihundertjährige Belagerung«, murmelte Aahz verträumt und lächelte leise vor sich hin. Es heißt, dass eine ganze Reihe von großen Gruppen schwerbewaffneter Männer bleich geworden ist und deutlich sichtbar zu zittern begonnen hat, als sie Aahz’ Lächeln erblickte.

»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, begann er, lehnte sich gegen einen Tisch und hob einen großen Weinkrug an. »Da war ich, und da war noch ein anderer Magiker, Diz-Né. Das war ein rotziger kleiner Emporkömmling … ein bisschen erinnerst du mich an ihn.«

»Was war denn damals los?«, fragte ich, bemüht, das Gespräch von mir abzuwenden.

»Na ja, als er endlich feststellte, dass er mich nicht in Grund und Boden stampfen konnte, ging er in die Defensive«, erinnerte sich Aahz. »Magisch gesehen war er ein bloßes Nichts, aber vom Zauberbannen verstand er etwas. Hat mich volle zweihundert Jahre abwimmeln können, obwohl wir den größten Teil der magischen Energien dieser Dimension dabei aufgebraucht haben.«

»Wer hat denn gewonnen?«, drängte ich.

Aahz hob eine Augenbraue und blickte mich über den Rand seines Weinkrugs hinweg an.

»Ich erzähle hier die Geschichte, Junge«, wies er mich zurecht. »Rate mal.«

Das tat ich und schluckte schwer.

»Hast du ihn getötet?«

»Nichts derartig Angenehmes«, erwiderte Aahz lächelnd. »Was ich mit ihm angestellt habe, als ich seine Verteidigungsmauer schließlich durchbrach, hält wesentlich länger vor als zweihundert Jahre – aber ich kann dir garantieren, dass es ihm dabei bestimmt nicht langweilig wird.«

»Warum habt ihr überhaupt gegeneinander gekämpft?«, wollte ich wissen. Ich versuchte verzweifelt, den zahllosen Bildern zuvorzukommen, die meine Fantasie gerade hervorbrachte.

»Er hatte eine Wettschuld nicht bezahlt«, erklärte mein Mentor achselzuckend und nahm einen weiteren Schluck aus dem Weinkrug.

»War das alles?«

»Das war mehr als genug«, entgegnete Aahz grimmig. »Wetten ist eine ernste Angelegenheit – und zwar in jeder Dimension.«

»Äh … Aahz?« Ich runzelte die Stirn. »Als wir Big Julie und seinen Leuten begegnet sind, waren die da nicht auch auf der Flucht vor ihren Spielschulden?«

Das ist die Armee, die ich vorhin erwähnt habe. Im Augenblick tarnten Big Julie und seine Männer sich als glückliche Bürger von Possiltum.

»Stimmt genau, Junge.« Aahz nickte.

»Deshalb hast du also gesagt, dass die Kredithaie wahrscheinlich kommen und nach ihnen suchen würden!«, rief ich triumphierend.

»Falsch«, antwortete Aahz entschieden.

»Falsch?« Ich blinzelte verstört.

»Ich habe nicht gesagt, dass sie ›wahrscheinlich‹ kommen würden, um sie zu suchen«, berichtigte er mich. »Ich habe gesagt, dass sie kommen werden. Worauf du mehr als nur einen lassen kannst. Da gibt es auch noch zwei Fragen, nur zwei Fragen: Wann kommen sie? und Was wirst du deswegen unternehmen?«

»Über das ›Wann‹ weiß ich nichts«, bemerkte ich vorsichtig. »Aber darüber, was ich tun werde, habe ich gründlich nachgedacht.«

»Und wofür hast du dich entschieden?«, ermunterte Aahz mich fortzufahren.

»Unser Geld unter den Arm zu nehmen und so schnell wie möglich davonzulaufen!«, erklärte ich. »Deshalb will ich auch das Dimensionsreisen lernen. Ich vermute, dass es hier in dieser Dimension keinen einzigen Ort mehr gibt, wo wir uns verstecken könnten, und das bedeutet, dass wir Klah verlassen müssen, um fettere und sicherere Weidegründe aufzusuchen.«

Aahz blieb ungerührt. »Wenn es wirklich hart auf hart kommen sollte«, meinte er gähnend, »können wir immer noch den D-Hüpfer benutzen. Solange wir über mechanische Möglichkeiten der Dimensionsreise verfügen, besteht keinerlei Notwendigkeit, dir die magische Methode beizubringen.«

»Ach, komm schon, Aahz!«, maulte ich. »Warum willst du es mir nicht beibringen? Weshalb soll denn das Dimensionsreisen so schwer zu erlernen sein?«

Aahz musterte mich einen Augenblick lang und stieß schließlich einen gewaltigen Seufzer aus. »Also gut, Skeeve«, sagte er, »wenn du aufmerksam zuhörst, will ich versuchen, es dir zu erklären.«

Ich hörte aufmerksam zu. Jede Faser meines Körpers war angespannt. Aahz nannte mich nicht oft bei meinem Namen, und wenn er es tat, war das eine ernste Sache.

»Das Problem besteht darin, dass man selbst dann, wenn man Pentagramme als Leitfaden, sozusagen als Tore, benutzt, immer noch die gewünschte Zieldimension kennen muss … und zwar beinahe ebenso gut wie die eigene Heimatdimension. Kennt man sie nämlich nicht, kann es passieren, dass man in irgendeine Dimension verschlagen wird, die man nicht einmal als solche erkennt – und prompt sitzt man in der Falle und kommt nicht wieder raus.«

Er machte eine Pause, um erneut an seinem Weinkrug zu nippen. »Abgesehen von Klah warst du bisher nur in einer einzigen anderen Dimension«, fuhr er schließlich fort. »Das war Tauf, und da hast du bloß den Basar gesehen. Du kennst den Basar gut genug, um zu wissen, dass er sich ständig verändert und sich auf immer neue Art wieder zusammensetzt. Aber du kennst ihn doch nicht gut genug, um die wenigen Konstanten erkannt zu haben, an denen du dich bei einer erneuten Reise dorthin orientieren könntest. Und die anderen Dimensionen kennst du noch weniger, zu wenig, als dass du dir eines Zieles sicher sein könntest, wenn du versuchen solltest, mit Hilfe der Magik dorthin zu gelangen. Deshalb kannst du auch nicht ohne den D-Hüpfer durch die Dimensionen reisen! Ende der Vorlesung.«

Ich zuckte mit den Augenlidern. »Soll das heißen, der einzige Grund, weshalb ich nicht mit Magik woanders hingelangen kann, ist der, dass ich die anderen Dimensionen nicht kenne?«, fragte ich.

»Das ist der Hauptgrund«, schränkte Aahz das Ganze ein.

»Dann gehen wir doch!«, rief ich und sprang auf. »Ich hole den D-Hüpfer, und du zeigst mir ein paar neue Dimensionen, bis es aufhört zu regnen.«

»Nicht so hastig, Junge!«, unterbrach mich Aahz und hob abwehrend eine Hand. »Setz dich.«

»Was ist denn nun schon wieder falsch?«, fragte ich herausfordernd.

»Glaubst du wirklich, dass ich nicht schon von selbst auf diesen Gedanken gekommen bin?« Ein leiser gereizter Unterton schlich sich in seine Stimme.

Ich überlegte mir die Sache etwas genauer und nahm lieber wieder Platz. »Hältst du die Idee denn für schlecht?«, fragte ich in einem etwas demütigeren Ton.

»Es gibt da ein paar Dinge, die du in deiner Begeisterung übersehen hast«, bemerkte er trocken. »Zum einen solltest du beherzigen, dass du in anderen Dimensionen ein Dämon bist. Und bis auf Tauf, das nun vom interdimensionalen Handel lebt, neigen die meisten anderen Dimensionen nicht gerade dazu, Dämonen mit Blumenkränzen und roten Teppichen zu empfangen. Tatsächlich läuft jeder Dämon Gefahr, sobald man ihn erblickt, von jedermann angegriffen zu werden, und zwar mit allem, was gerade zur Hand ist.« Er beugte sich vor, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Damit will ich sagen, dass es gefährlich ist! Nun stell dir mal vor, wir würden einen solchen Ausflug machen – womit sollten wir uns verteidigen? Ich habe meine Kräfte verloren, und deine sind so unterentwickelt, dass sie praktisch gar nicht existieren. Wer soll da die Einheimischen in Schach halten?«

»Wie gefährlich ist es genau?«, fragte ich zögernd.

»Ich will es mal so ausdrücken«, meinte Aahz seufzend. »Du verbringst eine Menge Zeit damit, darüber zu jammern, dass ich dein Leben ständig aufs Spiel setze, weil ich Gefahren sträflich missachte. Stimmt das?«

»Stimmt!« Ich nickte.

»Schön, und jetzt sage ich, dass diese Reise, die du da vorschlägst, gefährlich ist. Genügt dir das vielleicht als kleiner Hinweis darauf, was dich dabei erwarten würde?«

Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und streckte mich, bemüht, es möglichst lässig aussehen zu lassen. »Wie wär’s, wenn du mir einen Schluck von dem Wein abgeben würdest?«, fragte ich beiläufig.

Ausnahmsweise ignorierte Aahz meine Bitte nicht. Er warf den Krug in die Luft, während er sich erhob und wieder ans Fenster schritt.

Ich griff mental nach dem Gefäß, packte es sanft und ließ es in meine ausgestreckte Hand schweben, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten.

Wie ich schon sagte: Ich bin tatsächlich der Hofmagiker von Possiltum. Ich besitze durchaus Kräfte.

»Nimm’s dir nicht so sehr zu Herzen, Jungchen«, rief mir Aahz vom Fenster aus zu. »Wenn du weiter übst, können wir diese Reise vielleicht eines Tages unter deinem Schutz durchführen. Aber bis dahin, bis du diese Stufe erreicht hast oder bis wir für dich einen magischen Leibwächter gefunden haben, bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten.«

»Wahrscheinlich hast du recht, Aahz«, lenkte ich ein. »Es ist nur, manchmal …«

Mit einem leisen »BAMPF!« wurde der Äther zerrissen, und ein Dämon erschien im Raum. Einfach so! In meinen Privatgemächern im königlichen Palast von Possiltum!

Bevor ich mich von meiner Überraschung erholen, ja bevor Aahz sich auch nur vom Fleck bewegen konnte, um sich einzuschalten, ließ sich der Dämon auf meinen Schoß plumpsen und schenkte mir einen üppigen, wohltemperierten Kuss.

»Hallo, Süßer!«, schnurrte er. »Wie läuft’s denn so?«

2

»Wenn alte Freunde zusammenkommen, verliert alles andere umgehend seine Bedeutung.«

Krieg, Hungersnot, Pestilenz und Tod

»Tanda!«, rief ich und erholte mich so weit von meinem Schrecken, dass ich ihr die Arme um die Hüften legen und sie energisch an mich drücken konnte.

»Höchstpersönlich!« Sie zwinkerte mir zu und presste sich eng an mich.

Meine Temperatur stieg, aber vielleicht lag das ja auch am Zimmer. Tanda wirkt halt so auf mich – und Räume auch. Üppig gebaut, wie sie war, mit einer Mähne aus hellgrünem Haar, die ihre wunderschöne olivdunkle Hautfarbe und ihre Gesichtszüge betonte, konnte sie mit einem Lächeln und einem tiefen Seufzer sogar ein Handgemenge zwischen zwanzig Männern vorzeitig beenden.

»Er ist nicht der Einzige hier im Zimmer, weißt du«, meldete Aahz sich trocken zu Wort.

»Hallo, Aahz!«, rief meine entzückende Gefährtin, löste sich von meinem Schoß und warf sich Aahz an den Hals.

Die Wucht von Tandas Zuneigung wird nur noch durch ihre Bereitschaft, diese mitzuteilen, übertroffen. Allerdings hegte ich insgeheim den Verdacht, dass Tanda mich lieber mochte als Aahz. Dieser Verdacht musste sich nun einer schweren Prüfung unterziehen, als ihre Begrüßung sich immer mehr in die Länge zog.

»Äh, was führt dich denn hier in die Gegend?«, unterbrach ich die beiden schließlich. Das trug mir einen finsteren Blick von Aahz ein. Tanda jedoch zuckte mit keiner Wimper.

»Na ja«, säuselte sie, »ich könnte ja jetzt sagen, dass ich gerade in der Nähe war und mir dachte, ich schau mal eben vorbei, aber das stimmt nicht. Tatsache ist, dass ich euch um einen kleinen Gefallen bitten wollte.«

»Du brauchst ihn nur auszusprechen!«, riefen Aahz und ich wie aus einem Mund.

Aahz ist zwar ein fürchterlicher Geizhals, und ich bin ein Hasenfuß, aber wenn es um Tanda geht, kann sich niemand mehr darauf verlassen. Sie hatte uns früher einige Male aus der Patsche geholfen, und wir hatten beide das Gefühl, ihr noch etwas schuldig zu sein. Die Tatsache, dass sie uns allerdings mindestens ebenso oft in einige Patschen hineingeholfen hatte, kam uns dabei nie in den Sinn. Außerdem war es einfach fürchterlich nett, sie hier zu haben.

»Ist eigentlich nur eine Kleinigkeit.« Sie seufzte. »Ich muss ein paar Besorgungen machen und hatte gehofft, dass einer von euch beiden mir vielleicht beim Tragen behilflich sein könnte.«

»Meinst du etwa heute?« Aahz runzelte die Stirn.

»Genau genommen die nächsten paar Tage«, erklärte Tanda ihm. »Vielleicht dauert es sogar eine Woche.«

»Da kann ich nicht.« Aahz seufzte ebenfalls. »Ich muss morgen bei einer Begegnung zwischen Big Julie und General Badaxe den Schiedsrichter spielen. Kannst du es nicht auf nächste Woche verschieben?«

»Hmmm … eigentlich hatte ich sowieso nicht an dich gedacht, Aahz«, sagte Tanda und musterte wie beiläufig die Zimmerdecke. »Ich hab mir gedacht, dass Skeeve und ich es schon schaffen.«

»Ich?«, entfuhr es mir.

Aahz schnitt eine Grimasse. »Auf gar keinen Fall«, verkündete er. »Das Bürschchen kann doch nicht für dich den Laufjungen spielen. Das ist unter seiner Würde.«

»Ist es nicht!«, rief ich. »Ich meine, wenn es nicht unter deiner Würde ist, warum sollte es dann unter meiner sein?«

»Ich bin schließlich nicht der Hofmagiker von Possiltum!«, wandte er ein.

»Ich kann mich ja tarnen!«, konterte ich. »Das ist einer meiner besten Zauber. Hast du selbst gesagt.«

»Ich glaube, dein schuppiger grüner Mentor ist ein klitzekleines bisschen eifersüchtig«, bemerkte Tanda und zwinkerte mir heimlich zu.

»Eifersüchtig?« Aahz explodierte fast. »Ich? Eifersüchtig auf so ein winziges …« Er brach ab und warf Tanda und mir abwechselnd Blicke zu, als er erkannte, dass wir ihn nur aufzogen.

»Na schön, vielleicht geht es ja doch«, grollte er schließlich. »Geh nur und nimm ihn mit – obwohl ich mir wirklich nicht vorstellen kann, was du ausgerechnet in dieser Hinterwäldlerdimension einkaufen willst.«

»Aber Aahz!« Tanda lachte. »Du bist wirklich ein Schlitzohr! In Klah einkaufen gehen? Ich bin ja wirklich manchmal ein bisschen ausgeflippt, aber verrückt bin ich nun doch nicht.«

»Soll das heißen, dass wir in andere Dimensionen reisen werden?«, fragte ich neugierig.

»Natürlich.« Sie nickte. »Wir haben eine ganz schöne Route vor uns. Als Erstes hüpfen wir rüber nach …«

»Was ist denn eine Route?«, fragte ich.

»Halt!«, schrie Aahz und hob gebieterisch seine Hand.

»Aber ich wollte doch gerade …«

»Halt.«

»Wir wollen …«

Nachdem unsere Konversation derart wirkungsvoll beendet worden war, richteten wir unsere Aufmerksamkeit auf Aahz. Übertrieben langsam verschränkte er theatralisch die Arme vor der Brust.

»Nein«, sagte er.

»Nein?«, kreischte ich. »Aber Aahz …«

»Nichts da, ›aber Aahz‹!«, bellte er zurück. »Ich habe nein gesagt, und das meine ich auch.«

»Einen Augenblick mal«, warf Tanda ein und stellte sich zwischen uns. »Wo liegt denn das Problem, Aahz?«

»Wenn du dir einbildest, dass ich meinen Lehrling allein und schutzlos durch die Dimensionen bummeln lasse …«

»Aber ich bin doch gar nicht allein«, protestierte ich. »Tanda wird doch dabei sein!«

»… ein gefundenes Fressen für jeden Idioten, der gerne mal einen Dämon einsacken möchte«, fuhr Aahz fort, ohne meinen Einwand zu beachten, »nur damit du bei deinem Einkaufsbummel ein Lasttier hast, na, da hast du dich aber getäuscht.«

»Bist du fertig?«, fragte Tanda gereizt.

»Fürs Erste.« Aahz nickte, und sein Blick stand dem ihren in nichts nach.

»Zunächst einmal«, fing sie an, »hat Skeeve bereits darauf hingewiesen, wenn du dir nur die Mühe gemacht hättest zuzuhören, dass er nicht allein sein wird. Ich werde bei ihm sein. Das bedeutet zweitens, dass er auch nicht ohne Schutz sein wird. Nur weil ich meine Mitgliedschaft in der Mördergilde nicht verlängert habe, heißt das noch lange nicht, dass ich alles vergessen hätte.«

»Genau, Aahz«, warf ich ein.

»Halt bloß die Klappe, Bürschchen!«, fauchte er.

»Und drittens«, fuhr Tanda fort, »solltest du dir endlich einmal abgewöhnen, Skeeve ständig wie ein Kind zu behandeln. Immerhin hat er Big Julies Armee aufgehalten, richtig? Und außerdem ist er schließlich dein Lehrling. Irgendwas wirst du ihm doch in den letzten paar Jahren beigebracht haben, oder etwa nicht?«

Das traf Aahz an seinem zweitwundesten Punkt – seiner Eitelkeit. Sein wundester Punkt ist und bleibt aber sein Geldbeutel, klar.

»Na ja …« Er wurde unsicher.

»Komm schon, Aahz!«, bat ich. »Was soll denn schiefgehen?«

»Die Gehirnwindungen«, erwiderte er grimmig.

»Nun übertreib mal nicht, Aahz«, tadelte ihn Tanda.

»Übertreiben?« Wieder explodierte mein Mentor förmlich. »Das erste Mal, als ich unseren Herrn Wunderbar hier in eine andere Dimension mitgenommen habe, hat er einen Drachen mit zurückgebracht, den wir weder brauchen noch wollen, und wäre beinahe in einer Prügelei mit einem Haufen von Halsabschneidern umgebracht worden.«

»Die Prügelei hat er gewonnen, wenn ich mich richtig entsinne«, bemerkte Tanda.

»Das zweite Mal, als wir hinausgezogen sind«, fuhr Aahz ungerührt fort, »habe ich ihn in einem Schnellimbiss zurückgelassen, wo er prompt die halbe Pennerschaft des Basars als Kampftruppe mobilisiert hat.«

»Die haben immerhin den Krieg gewonnen!«, wandte ich ein.

»Darum geht es nicht«, knurrte Aahz. »Es geht vielmehr darum, dass das Jüngelchen jedes Mal, wenn es in eine andere Dimension kommt, in Schwierigkeiten gerät. Der Kerl zieht sie an wie ein Magnet.«

»Diesmal bin ich ja da, um ein Auge auf ihn zu haben«, beruhigte ihn Tanda.

»Das warst du die ersten beiden Male auch«, entgegnete Aahz grimmig.

»Du etwa nicht?«, konterte sie.

»Doch, doch«, stimmte Aahz zu. »Und nicht einmal wir beide zusammen haben ihn aus den Schwierigkeiten heraushalten können. Verstehst du jetzt, weshalb ich ihn hier in Klah behalten will?«

»Hmmm«, sagte Tanda nachdenklich. »Ich verstehe, was du meinst, Aahz.«

Das Herz sank mir in die Hose.

»Ich bin einfach nur nicht damit einverstanden«, schloss sie.

»Verdammt noch mal, Tanda …«, hub Aahz an, doch sie bedeutete ihm mit einem Wink zu schweigen.

»Ich will dir eine Geschichte erzählen«, fuhr sie dann lächelnd fort. »Es gab einmal ein Ehepaar – mit einem Kind, das die zwei unheimlich lieb hatten. Beide hatten es sogar so lieb, dass sie es nach seiner Geburt in einem besonderen Zimmer einschlossen. Nur damit dem Kleinen auch ja nichts passierte, haben sie alles, aber auch alles durchleuchtet, was in dieses Zimmer kam: Möbel, Bücher, Spielzeug, alles. Sogar die Luft haben sie gefiltert, damit er sich bloß keine Krankheit zuzog.«

»Na und?«, fragte Aahz misstrauisch.

»Na ja, an seinem achtzehnten Geburtstag haben sie dann die Tür aufgemacht und ihn rausgelassen«, erklärte Tanda. »Der Junge hat zwei Schritte gemacht, dann ist er vor lauter Aufregung gestorben.«

»Ist das wahr?«, fragte ich entsetzt.

»Es ist ein bisschen übertrieben«, gab sie zu, »aber ich glaube, Aahz versteht schon, worauf ich hinauswill.«

»Ich habe ihn nicht in ein Zimmer eingesperrt«, murmelte Aahz. »Wir hatten schon einige verdammt heikle Situationen zu meistern, wie du weißt. Schließlich warst du bei einigen selbst dabei.«

»Aber du hast ihn doch wirklich ein wenig zu sehr bemuttert, nicht wahr, Aahz?«, drängte Tanda ihn sanft.

Aahz schwieg mehrere Sekunden lang und wich unseren Blicken aus. »Also gut«, seufzte er schließlich. »Geh nur, mein Junge. Aber komm bloß nicht weinend zurück, nur weil sie dich umgebracht haben.«

»Wie soll das denn gehen?«, fragte ich stirnrunzelnd.

Tanda knuffte mich in die Rippen, und ich nahm mir den Hinweis zu Herzen.

»Es gibt allerdings ein paar Dinge, die ich erledigt wissen will, bevor du gehst«, erklärte Aahz barsch. Langsam fand er wieder zu seiner normalen Laune zurück. Er schritt im Zimmer auf und ab und suchte einige unserer Habseligkeiten zusammen.

»Zum einen«, verkündete er, »ist hier etwas von deinem Geld, für die Reise. Du wirst es zwar wahrscheinlich nicht brauchen, aber man fühlt sich immer etwas sicherer, wenn man ein wenig Geld in der Tasche hat.« Mit diesen Worten zählte er mir zwanzig Goldstücke in die Hand. Wenn man bedachte, dass ich ein ganzes Team von Dämonen mit nur fünf Goldstücken angeheuert hatte, um in einen Krieg zu ziehen, war das ein richtiges Vermögen!

»He, Aahz …«, fing ich an, doch er beeilte sich fortzufahren.

»Zweitens hast du hier den D-Hüpfer.« Er steckte den kleinen Metallzylinder in meinen Gürtel. »Ich habe ihn so eingestellt, dass er dich wieder hierher zurückbringt. Wenn du in Schwierigkeiten geraten solltest, ja wenn du auch nur glaubst, dass du in Schwierigkeiten geraten könntest, drückst du auf den Knopf und kommst auf der Stelle zurück. Keine Heldenallüren und keine Prunkreden, einfach nur draufdrücken und zurück, ist das klar?«

»Ja, Aahz«, versprach ich pflichtschuldig.

»Und schließlich«, erklärte er und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, »bleibt der Drache hier. Du wirst dein dämliches Haustier nicht mitschleppen, und das ist mein letztes Wort. Ich weiß, dass du ihn bestimmt gerne dabeihättest, aber er würde dir nur Ärger machen.«

»Na gut, Aahz«, entgegnete ich achselzuckend.

Tatsächlich hatte ich ohnehin vorgehabt, Gliep zurückzulassen, aber es wäre nicht sehr taktvoll gewesen, Aahz eigens darauf hinzuweisen.

»Na ja«, seufzte mein Mentor und musterte uns mit einem strengen Blick. »Das war’s dann wohl. Tut mir leid, dass ich keine Zeit mehr habe, um euch zu verabschieden, aber ich habe Dringenderes zu tun.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und schloss die Tür mit größerer Wucht hinter sich, als eigentlich nötig gewesen wäre.

»Das ist aber komisch«, sagte ich, während ich hinter ihm herstarrte. »Ich dachte, er hätte überhaupt nichts zu tun. Kurz bevor du aufgetaucht bist, hat er sich sogar darüber beschwert, dass er sich langweile.«

»Weißt du, Skeeve«, sagte Tanda sanft und warf mir einen seltsamen Blick zu, »Aahz hat dich in Wirklichkeit sehr gern.«

»Was?« Ich runzelte die Stirn. »Sag mal, wie kommst du denn darauf?«

»Einfach so.« Sie lächelte. »War nur so ein Gedanke. Na gut, bist du reisefertig?«

»So fertig wie noch nie«, erklärte ich voller Zuversicht. »Wo wollen wir denn eigentlich zuerst hin? Zum Basar von Tauf?«

»Um Gottes willen, nein!«, erwiderte sie naserümpfend. »Wir suchen nach etwas wirklich Einmaligem, nicht nach diesem Mist, den sie im Basar dort anbieten. Ich schätze, wir müssen in irgendeine wirklich völlig abgelegene Dimension, je abgelegener, desto besser.«

Trotz meiner Zuversicht begannen angesichts dieser Nachricht plötzlich Alarmglocken in meinem Hinterkopf zu läuten.

»Wonach suchen wir denn eigentlich?«, fragte ich in möglichst lässigem Ton.

Tanda warf schnell und unauffällig einen Blick Richtung Tür, dann neigte sie sich vor, um mir die Antwort ins Ohr zu flüstern.

»Vorhin konnte ich es dir nicht verraten«, raunte sie verschwörerisch, »und bis jetzt ist das mit diesem Anlass wohl auch für dich irgendwie etwas untergegangen, aber wir suchen nach einem Geburtstagsgeschenk. Nach einem Geburtstagsgeschenk für Aahz!«

3

»Komisch, ich habe nie Probleme mit dem Personal, wenn ich mal einkaufen gehe.«

K. Kong

Seit er mich als Lehrling angenommen hat, beschwert Aahz sich darüber, dass ich nicht genug üben würde. Er hätte mich mal auf unserer Einkaufsreise sehen sollen! Die ersten drei Tage nach unserer Abreise habe ich mehr Magik anwenden müssen als im ganzen Jahr davor.

Tanda war so weitsichtig gewesen, zwei Dolmetschanhänger mitzubringen, was die Verständigung mit den Einwohnern der Dimensionen ermöglichte, die wir aufzusuchen gedachten. Das war zwar ganz prima, aber es löste nicht das Problem unserer äußeren Erscheinung. Tarnungen waren meine Angelegenheit.

Neben dem Fliegen hatte Aahz mir noch einen anderen Zauber beigebracht, der mir das Überleben in zweifelhaften Situationen erheblich erleichterte: die Fähigkeit, mein eigenes Äußeres und das eines jeden anderen beliebig zu verändern. Als Tandas Begleiter wurde diese Fertigkeit reichlich strapaziert.

Der Vorgang selbst war eigentlich ganz einfach: Wir trafen an irgendeinem abgelegenen Ort ein und schlichen uns an eine Stelle, von der aus ich ein paar Exemplare der ansässigen Bevölkerung beobachten konnte. Hatte ich erst einmal einen Blick auf sie geworfen, konnte ich ihre körperlichen Merkmale imitieren und uns so die nötige Tarnung verschaffen, die es ermöglichte, uns unter die Menge zu mischen. Natürlich musste ich auch meine Nerven beruhigen, um nicht jedes Mal vor Schreck aus den Latschen zu kippen, sobald jemand, der neben mir stand, mir einen flüchtigen Blick zuwarf.

Wenn Sie daraus jetzt den Schluss ziehen sollten, dass die Dimensionen, die wir besuchten, von Wesen bewohnt waren, die ein wenig seltsam aussahen, dann täuschen Sie sich. Die Dimensionen, die wir besuchten, wurden nämlich von Wesen bewohnt, die äußerst seltsam aussahen!

Wenn Tanda sich auf eine Tour durch abgelegene Dimensionen macht, dann aber richtig. Keiner der Orte, die wir aufsuchten, sah für meine unerfahrenen Augen sonderlich normal aus, doch einige von ihnen sind mir als extrem merkwürdig im Gedächtnis geblieben.

Trotz Tandas Witzen über Mietwagenagenturen stellte sich heraus, dass Avis von vogelähnlichen Wesen mit Flügeln und Federn bewohnt war. In dieser Dimension musste ich nicht nur unsere Merkmale aufrechterhalten, ich musste uns auch von Stange zu Stange fliegen, weil dies nun einmal die ortsübliche Art der Fortbewegung war. Anstatt uns jedoch dem Marktzentrum zu widmen, wie ich es erwartet hatte, verbrachten wir eine beträchtliche Zeit damit, die nationalen Reichtümer und Schätze zu begutachten. Diese Schätze bestanden, wie sich herausstellte, aus bunten Glasscherben und glänzenden Metallstücken, die mir völlig wertlos erschienen – doch Tanda studierte sie lange und intensiv.

Um unsere Tarnung aufrechtzuerhalten, mussten wir essen und trinken, ohne unsere Hände zu gebrauchen – was wesentlich schwieriger war, als es sich anhören mag. Da das Essen aus lebenden Maden und Würmern bestand, ließ ich möglichst jede Gelegenheit ungenutzt verstreichen, mich mit der einheimischen Küche vertraut zu machen. Tanda dagegen stürzte sich förmlich – nicht vergessen: keine Hände benutzen! – auf die Schüsseln. Ob sie sich hinterher die Lippen leckte, weil sie das Essen so ungewöhnlich gut fand oder weil sie versuchte, ein paar von den zappelnden Happen wieder einzufangen, die ihrem Schicksal durch Flucht zu entkommen suchten, war eigentlich ziemlich unerheblich. Mir jedenfalls drehte sich in diesem Augenblick der Magen um. Um sie nicht anschauen zu müssen, versuchte ich stattdessen den einheimischen Wein.

Die ungewöhnliche Trinkmethode führte dazu, dass ich größere Schlucke zu mir nahm, als ich es normalerweise getan hätte, aber das war schon in Ordnung, weil der Wein sehr leicht und würzig schmeckte. Leider war er aber tatsächlich viel stärker als alles, was ich jemals probiert hatte, und nachdem ich uns beinahe im Flug gegen einen ziemlich großen Baum geknallt hätte, entschied Tanda, dass es an der Zeit sei, sich auf den Weg in eine andere Dimension zu machen.

Ganz nebenbei hatte der Wein auch noch zwei weitere Nebenwirkungen: Erstens bekam ich ganz kolossale Kopfschmerzen, und zweitens wurde mir fürchterlich übel. Letzteres lag daran, dass Tanda mir freudig erklärte, wie man auf Avis Wein herstellt. Bis heute kann ich den Namen Avis nicht hören, ohne Visionen vom Fliegen zu haben und unter einem leisen Anflug von Höhenangst zu leiden. Wenn man die Dimensionen auf einer Bewertungsskala anordnet, die von eins bis zehn reicht, so steht Avis für mich jedenfalls immer und ewig auf Platz zwei.

Eine weitere ziemlich zweifelhafte Dimension, in der wir eine beträchtliche Zeit verbrachten, war Gastropo. Die Länge unseres Aufenthalts hatte allerdings nichts mit unserem Anliegen zu tun. Nach relativ wenigen Stopps entschied Tanda, dass diese Dimension nichts anzubieten hatte, was von der Qualität her als Geburtstagsgeschenk für Aahz geeignet gewesen wäre. Was uns viel mehr aufhielt, das waren unsere Tarnungen. Bevor meine zugegebenermaßen beschränkten Fähigkeiten nun auch noch zusätzlich mit Schmähungen bedacht werden, möchte ich voranschicken, dass die rein körperliche Tarnung recht leicht zu bewerkstelligen war. Wie ich schon sagte, werde ich langsam, aber sicher immer besser in Sachen Tarnungszauber. Als Bremsklotz erwies sich allerdings die in Gastropo übliche Fortbewegungsart. Nachdem ich in Avis von einem Baum zum anderen geflogen war, hatte ich geglaubt, dass ich wohl jederzeit auf jede nur denkbare Art von A nach B kommen würde. Aber Aahz hatte mich ja gewarnt: Die Dimensionen stecken voller Überraschungen.

Die Gastropoden waren Schnecken, große Schnecken zwar, aber dennoch ganz zweifelsfrei Schnecken, komplett mit Spiralhaus, Stielaugen und so weiter. Damit kam ich durchaus klar. Woran ich mich allerdings nicht gewöhnen konnte, das war, mit dem Rest der einheimischen Fußgänger – Verzeihung, Fußkriecher! – Zoll um Zoll dahinzuschleichen.

»Tanda«, knurrte ich halblaut, »wie lange werden wir noch in dieser gottverdammten Dimension bleiben müssen?«

»Entspann dich, Süßer«, mahnte sie und kroch wieder einen Zoll voran. »Genieß die schöne Landschaft.«

»Ich habe diesen Landschaftsabschnitt jetzt schon einen halben Tag lang genossen«, klagte ich. »Ich habe ihn so sehr genossen, dass ich ihn bereits in- und auswendig kenne.«

»Nun übertreib mal nicht«, tadelte mich meine Reiseführerin. »Heute Morgen waren wir schließlich noch auf der anderen Seite des Baumes dort.«

Ich schloss die Augen und verkniff mir eine Erwiderung auf diese Richtigstellung. »Wie lange noch?«, wiederholte ich.