Ein Gentleman und Herzensbrecher - Marie Ferrarella - E-Book

Ein Gentleman und Herzensbrecher E-Book

Marie Ferrarella

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Beschreibung

Yohanna glaubt, in einem Märchen zu sein: Ihr neuer Chef ist unglaublich attraktiv und anziehend – genau der Richtige für sie! Doch nach zärtlichen Momenten der Nähe wendet sich Lukkas immer wieder von ihr ab. Sie muss herausfinden, warum er seinen Gefühlen nicht vertraut …

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Seitenzahl: 167

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IMPRESSUM

Ein Gentleman und Herzensbrecher erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Marie Rydzynski-Ferrarella Originaltitel: „Her Red-Carpet Romance“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA EXTRA, Band 61 Übersetzung: Valeska Schorling

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., Getty Images / Roman Rybalko

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2023

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751521970

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Cecilia Parnell griff nach dem Wohnungsschlüssel ihrer Kundin, hielt dann jedoch inne und zog die leere Hand wieder aus ihrer Jackentasche.

Sie hatte instinktiv den Schlüssel nehmen wollen, weil sie zu all den Wohnungen und Häusern ihrer Kunden Zutritt hatte. Neunzig Prozent ihrer Klientel war nämlich bei der Arbeit, wenn sie und ihre Reinigungskräfte kamen, und der Rest zog es in der Regel vor, nicht im Haus zu sein, während es vom Keller bis zum Dachboden blitzblank geputzt wurde.

Da Cecilia selbst großen Wert auf Privatsphäre legte, benutzte sie grundsätzlich keinen Schlüssel, wenn ein Kunde zu Hause war. Und Yohanna Andrzejewski war heute zu Hause. Das wusste Cecilia deshalb so genau, weil die junge Frau sie um ein persönliches Gespräch gebeten hatte.

Cecilia nahm an, dass sie mit der Arbeit des Reinigungsteams unzufrieden war. Was allerdings ein Novum wäre. Bisher hatte sich noch nie jemand bei ihr beschwert – in all den Jahren seit der Gründung ihres Unternehmens nicht.

Cecilia drückte auf die Klingel und trat einen Schritt zurück, um Yohanna eine Chance zu geben, sie durch den Spion zu sehen.

Ihre Kundin machte sich jedoch gar nicht erst die Mühe nachzusehen, wer vor ihrer Wohnungstür stand, sondern öffnete sofort. Anscheinend hatte sie schon auf Cecilia gewartet.

„Danke, dass Sie gekommen sind, Mrs. Parnell.“ Yohanna schloss die Tür hinter sich. Sie klang etwas atemlos, so als sei sie gerannt.

Oder als habe sie geweint.

„Das war doch selbstverständlich“, antwortete Cecilia freundlich. Sie wollte gerade etwas hinzufügen, als ihr auffiel, wie verstört die junge Frau aussah. Yohanna, die sonst immer gut gelaunt war, wirkte heute nicht nur traurig, sondern sah auch etwas blass aus. Sofort erwachte Cecilias Mutterinstinkt. „Was ist los?“, fragte sie besorgt.

Yohanna seufzte tief. „Ich … ich fürchte, ich muss Ihre Dienste kündigen“, murmelte sie. Es war ihr offensichtlich sehr unangenehm.

Cecilia konnte sich beim besten Willen keinen Grund vorstellen, warum man ihrem Reinigungsteam kündigen sollte. Sie ließ ihre Mitarbeiter immer sehr gründlich überprüfen, bevor sie sie einstellte. Dank ihrer Tochter, die Privatdetektivin war, war das kein Problem. All ihre Mitarbeiter waren seit mindestens zwei Jahren bei ihr und leisteten ausgezeichnete Arbeit.

Aber irgendetwas musste vorgefallen sein.

„Darf ich fragen, warum?“

Yohanna riss erschrocken die Augen auf, als ihr bewusst wurde, dass ihre Worte anscheinend etwas missverständlich gewesen waren. Sie beeilte sich, das wieder geradezurücken: „Oh nein, es liegt nicht an Ihnen oder Ihrem Team. Ich bin absolut begeistert von Ihrer Arbeit.“

Cecilia runzelte verwirrt die Stirn. „Dann verstehe ich nicht. Wenn Sie so zufrieden sind, warum kündigen Sie uns dann?“ Kaum hatte sie diese Frage gestellt, sah sie Tränen in den blauen Augen der jungen Frau schimmern. „Ach, Schätzchen, was ist los?“, wiederholte sie bestürzt. Diesmal verzichtete sie auf jegliche Förmlichkeit und nahm die junge Frau tröstend in die Arme.

Normalerweise behielt Yohanna ihre Probleme für sich selbst. Sie fiel anderen Menschen nicht gern zur Last, schon gar nicht denen, die ihr sowieso nicht helfen konnten. Doch heute war sie so verzweifelt und fühlte sich so hilflos und allein, dass sie keinen Widerstand leistete. „Ich bin gestern entlassen worden“, schluchzte sie. „Ich kann Sie mir nicht mehr leisten.“

Langsam führte Cecilia die junge Frau zu dem hellgrauen Sofa und setzte sich neben sie. „Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen. Sie sind seit vier Jahren eine meiner zuverlässigsten Kundinnen, da finden wir schon eine Lösung. Erzählen Sie mir, was passiert ist.“

Yohanna holte tief Luft. Entlassen worden zu sein, war für sie eine völlig neue Erfahrung, und sie fühlte sich schrecklich.

„Mr. McGuire hat die Kanzlei an Walters & Sons verkauft“, erklärte sie Cecilia. Sie meinte die Rechtsanwaltskanzlei, in der sie gearbeitet hatte. „Die Übernahme wurde vor zwei Tagen rechtskräftig, ohne dass wir vorher darüber informiert wurden. Die Personalchefin hat mich gestern Morgen in ihr Büro gebeten und mir mitgeteilt, dass meine Dienste nicht mehr benötigt werden, da jemand von Walters & Sons meinen Job übernimmt.“

Cecilia konnte sich gut in die junge Frau hineinversetzen. Es musste ein schreckliches Gefühl gewesen sein, einfach so weggeschickt zu werden. In einem Moment war das Leben noch in Ordnung und geregelt, und im nächsten war die Zukunft total unsicher.

„Das ist ja furchtbar“, sagte sie voller Mitgefühl. „Ich mach Ihnen erst mal einen Tee. Dann können Sie mir in Ruhe alles erzählen.“ Sie stand auf. „Dann haben Sie also nichts von der Übernahme gewusst?“, fragte sie auf dem Weg zur Küche.

Yohanna folgte ihr wie ein herrenloses Hündchen. „Nein, gar nichts. Niemand von uns hat Bescheid gewusst. Und ich hab schon vor meinem Collegeabschluss dort gearbeitet. Neun Jahre lang. Neun ganze Jahre“, sagte sie verzweifelt. „McGuire’s ist wie ein Zuhause für mich gewesen.“ Wie zu sich selbst fügte sie hinzu: „Dort hat mir wenigstens niemand damit in den Ohren gelegen, dass ich kein Liebesleben habe.“

Cecilia konnte sich schon denken, wer Yohanna ständig in den Ohren lag. „Anders als Ihre Mutter, meinen Sie?“

Yohanna presste die Lippen zusammen und nickte. „Tut mir leid, dass ich so durch den Wind bin“, entschuldigte sie sich, „aber ich habe gerade mit ihr telefoniert.“

Als sie ihrer Mutter von ihrer Kündigung erzählte, hatte sie auf einen hilfreichen Rat gehofft. Oder zumindest etwas Mitgefühl.

Leider Fehlanzeige.

„Meine Mutter kennt nur eine Lösung für meine Probleme: zu heiraten.“

„Sie will bestimmt nur, dass Sie glücklich sind“, sagte Cecilia, während sie den Wasserkessel über der Spüle füllte.

„Sie will vor allem Enkelkinder“, protestierte Yohanna. „Von ihr aus könnte ich Godzilla heiraten, solange er ihr Enkelkinder beschert.“

Cecilia musste lächeln. „Die Enkel aus dieser Verbindung wären ihr bestimmt viel zu furchterregend.“ Sie stellte den Kessel auf den Herd und schaltete ihn ein. „Aber jetzt brauchen Sie einen neuen Job. Was machen Sie noch mal?“

„Ach, alles und nichts. Ich sorge dafür, dass alles rundläuft, koordiniere zum Beispiel die Termine, Meetings und Lieferungen. Und erledige Telefonate … Ich glaube, Sie könnten mich als Büromanagerin bezeichnen.“

Cecilia nickte. In ihrem Kopf ratterte es bereits. „Ich kenne jede Menge Leute mit guten Beziehungen“, sagte sie. „Ich werde mich ein bisschen umhören. Mal sehen, ob wir Sie nicht wieder sofort an den Mann bringen können.“ In mehr als einer Hinsicht, fügte Cecilia im Stillen hinzu. Ich muss Theresa und Maizie sofort erzählen, dass wir eine neue Mission haben.

„Echt?“ Yohannas Gesicht hellte sich wieder etwas auf. „Ich wäre Ihnen ja so dankbar, wenn Sie etwas für mich tun könnten.“

Cecilia lächelte der jungen Frau beruhigend zu. „Überlassen Sie das nur mir.“

Sie konnte es kaum erwarten, Maizie und Theresa anzurufen. Die beiden würden sofort alles über Yohanna und ihre gegenwärtige Notlage erfahren wollen. „Das kommt schon wieder in Ordnung“, versprach sie der jungen Frau, während sie heißes Wasser in eine Teetasse füllte. „Warten Sie’s nur ab.“

„Na hoffentlich“, murmelte Yohanna.

1. KAPITEL

„Für einen Mann, dessen neuester Film seit drei Wochen auf Platz eins der Kinokassen steht, wirken Sie ganz schön niedergeschlagen“, sagte Theresa Manetti zu ihrem Kunden Lukkas Spader.

Seit zwölf Jahren hatte sie ihren eigenen Catering-Service und war jetzt gerade verantwortlich für die Verköstigung bei der spontanen Abschiedsparty, die der berühmte Produzent für seine Assistentin Janice Brooks gab.

Das große, breitschultrige sechsunddreißigjährige „Wunderkind“, wie man ihn in Fachkreisen nannte, zuckte nur die Achseln. „Ich kann mich nicht auf meinen Lorbeeren ausruhen, Theresa. In diesem Geschäft ist man immer nur so gut wie die neueste Produktion.“

Theresa musterte den jungen Mann aufmerksam. Er hatte gerade ein ganz anderes Problem, das sah sie an seinem besorgten Gesichtsausdruck. „Ihnen macht doch noch etwas anderes zu schaffen“, sagte sie. „Leugnen ist zwecklos, Lukkas. Ich habe zwei Anwälte großgezogen, also können Sie mir nichts vormachen. Außerdem sind Sie jung, sehen gut aus, und Ihnen liegt die Welt zu Füßen. Was ist los?“

Lukkas zuckte wieder mit den Schultern. Er mochte diese Frau, deren Catering-Firma er schon öfter engagiert hatte. Irgendetwas an Theresa Manetti erinnerte ihn an seine verstorbene Mutter. „Sie geht.“

„Sie?“, wiederholte Theresa und sah sich verwirrt im Zimmer um.

Er nickte. „Ja. Jan.“

Theresa war überrascht. „Sie meinen die junge Frau, für die Sie diese Abschiedsparty geben?“ Sie konnte sich die beiden beim besten Willen nicht als Paar vorstellen, aber wenn der Abschied dieser Jan ihm so zu schaffen machte, warum versuchte er dann nicht, sie zum Bleiben zu überreden?

Lukkas nickte wieder. „Ja. Sie heiratet so einen Engländer, den sie bei den Dreharbeiten für My Wild Irish Rose kennengelernt hat.“ Erst jetzt schien ihm zu dämmern, dass Theresa ihn gründlich missverstanden hatte. Hier ging es nicht um eine Herzensangelegenheit. „Verstehen Sie mich nicht falsch“, fügte er hastig hinzu. „Ich freue mich für Jan, aber ich weiß nicht, wie ich ohne sie klarkommen soll.“

„Warum?“, fragte Theresa. „Was macht sie denn so Wichtiges für Sie?“

„Sie organisiert mich“, antwortete Lukkas schlicht. „Ich habe die Ideen und die Inspiration, und Jan ist diejenige, die für eine möglichst reibungslose Umsetzung sorgt.“

Bestimmt kein leichter Job, dachte Theresa. „Und Sie kennen niemanden, der sie ersetzen kann?“

Theresa fand es ehrlich gesagt bedauerlich, dass seine Assistentin schon unter der Haube war. Sie und ihre beiden Freundinnen Maizie und Cecilia hatten nämlich seit fast einem Monat kein Projekt mehr gehabt. Sie liebten ihre Jobs, aber nichts war befriedigender, als Menschen zu verkuppeln, die einander normalerweise nie begegnet wären.

Plötzlich fiel ihr das Pokerspiel vom vorherigen Montag ein. Hatte Cecilia dabei nicht eine junge Frau namens Yohanna Sowieso erwähnt, die gerade ihren Job verloren hatte und viel zu sympathisch und hübsch war, um „ohne Seelengefährten zu leben“ – Cecilias Worte?

„Nein“, antwortete Lukkas. „Es wird nicht einfach, Jan zu ersetzen. Vielleicht sogar unmöglich.“

Theresa schmunzelte. Der Produzent war berühmt. Er war Single. Er sah fantastisch aus. Mit anderen Worten – er war perfekt. „Da wäre ich mir nicht so sicher“, sagte sie geheimnisvoll.

Verdutzt sah er sie an. „Kennen Sie vielleicht jemanden?“

Theresas Lächeln war so liebenswert wie aufrichtig – und aufmunternd. „Mein lieber Junge, ich kenne immer jemanden.“ Ihre Augen funkelten verschmitzt.

„Erzählen Sie mir mehr!“

Keine vierundzwanzig Stunden später stand Yohanna Andrzejewski vor Lukkas Spaders Tür. Der Tür des Lukkas Spader wohlgemerkt – Produzent einiger ihrer Lieblingsfilme.

Sie glaubte immer noch zu träumen. Gleichzeitig war sie so nervös, dass ihr die Knie zitterten.

Sie holte tief Luft, fasste sich ein Herz und drückte auf den Klingelknopf. Sofort musste sie lächeln. Der Klingelton bestand nämlich aus den Anfangstakten der Titelmusik zu seiner ersten Produktion: Dreamland. Sie schloss die Augen, während sie das Stück im Geiste weitersummte.

Und so sah Lukkas sie das erste Mal – mit geschlossenen Augen auf seiner Türschwelle stehend und sich zu einer Melodie wiegend, die nur in ihrem Kopf existierte.

„Kann ich Ihnen helfen?“

Die männliche Stimme, die Yohanna aus ihrer Trance riss, klang tief und sexy. Erschrocken schlug sie die Augen auf.

Der Typ sah ja sogar noch besser aus als auf Fotos. So gut, dass sein Anblick ihr glatt die Sprache verschlug und sie nicht mehr klar denken konnte. Sie brauchte eine Weile, um ihre Fassung zurückzugewinnen.

„Mein Name ist …“, begann sie heiser und räusperte sich verlegen, „… Yohanna Andrzejewski. Ich bin wegen des Jobs hier“, fügte sie überflüssigerweise hinzu.

Lukkas hatte zwar mit ihr gerechnet, aber sie war etwas zu früh dran – was ihm nur recht war. „Das habe ich mir fast schon gedacht.“ Er hielt ihr die Tür auf. „Kommen Sie rein.“

Sie betrat das Haus. „Sie öffnen Ihre Tür ja selbst“, sagte sie verwundert.

„Was bleibt mir anderes übrig? Sie hat noch nicht gelernt, von allein aufzugehen.“

Yohanna musste lachen. „Ich war überrascht, dass Sie ein Haus in Newport Beach haben“, sagte sie. „Ich wohne gar nicht so weit weg.“ Sie hatte mit einer längeren Anfahrt zu den Filmstudios gerechnet und war ehrlich gesagt erleichtert gewesen, dass er sie heute bei sich daheim in Orange County empfing.

„Es ist noch etwas chaotisch hier“, entschuldigte er sich. „Ich bin noch nicht ganz eingerichtet. Das hier ist für mich eine Art Ausweichzuhause. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe Hollywood.“ Er führte Yohanna in sein Büro im Erdgeschoss. Er setzte sich an den Schreibtisch und zeigte auf den Sessel gegenüber. „Aber manchmal habe ich einfach das Bedürfnis, mich zurückzuziehen.“

„Das kann ich verstehen, Sir.“

Lukkas fand ihr scheues Lächeln niedlich, aber es machte ihn auch etwas skeptisch. Würde diese zierliche, attraktive junge Frau diesem Job auch wirklich gewachsen sein?

„In Ihren Bewerbungsunterlagen steht, dass Sie zuletzt in einer Anwaltskanzlei gearbeitet haben? Sind Sie selbst Anwältin?“ Er wusste, dass die meisten Jura-Absolventen erst mal ganz unten anfangen mussten. Falls sie überhaupt einen Job fanden.

„Nein, Sir.“

„Lassen Sie das bitte.“

Yohanna hatte keine Ahnung, wovon er sprach. „Was soll ich lassen, Sir?“

„Mich ‚Sir‘ zu nennen. Dabei komme ich mir vor wie mein eigener Vater.“

„Sorry, Si…“, verhaspelte Yohanna sich, korrigierte sich jedoch in letzter Sekunde: „Mr. Spader.“

„Das ist ja noch schlimmer! Mein Name ist Lukkas. Glauben Sie, Sie schaffen es, mich so zu nennen?“

Yohanna nickte.

„Gut.“ Er legte ihre Bewerbungsunterlagen auf den Schreibtisch, rückte seinen Stuhl dichter heran und beugte sich vor. „Jetzt sagen Sie mal, Yohanna mit dem unaussprechbaren Nachnamen – was, glauben Sie, befähigt Sie zu diesem Job?“

Yohanna neigte zu Bescheidenheit, aber sie hatte das Gefühl, dass dieser Mann ein gesundes Selbstvertrauen bevorzugte. Und Ehrlichkeit. Und ihr Gefühl trog sie nur selten. Sie hatte schon immer eine gute Menschenkenntnis gehabt. „Mrs. Parnell hat mir …“

Er hob eine Hand, um sie zu unterbrechen. „Wer ist Mrs. Parnell?“

„Eine Freundin von Theresa Manetti, der Frau, die …“

Wieder hob er die Hand. „Ich weiß, wer Theresa Manetti ist. Fahren Sie mit Ihrer Antwort auf meine Frage fort.“

Yohanna machte da weiter, wo sie aufgehört hatte. „Sie hat gesagt, Sie suchen jemanden, der zuverlässig Ihre Termine und die Projektabläufe koordiniert.“

Er musterte sie eindringlich. Yohanna wurde nicht schlau aus seinem Gesichtsausdruck. „Und das können Sie?“, fragte er schließlich.

In seiner Frage schwangen weder Belustigung noch Skepsis mit. Er war irgendwie schwerer zu durchschauen als die meisten anderen Menschen. Außerdem machte er sie nervös. Nicht nur, weil er so gut aussah, sondern weil sie diesen Job unbedingt haben wollte. Müßiggang war einfach nicht ihr Ding.

Yohanna versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. „Ja, das kann ich.“ Innerlich beglückwünschte sie sich zu ihrer festen Stimme.

Zu ihrer Erleichterung breitete sich ein Lächeln über das Gesicht des Produzenten. Das ihn noch attraktiver machte, als er ohnehin schon war. Sie versuchte, ihr Herzklopfen zu ignorieren.

Kein leichtes Unterfangen.

„Sie sind ganz schön von sich überzeugt, oder?“, fragte er amüsiert.

Yohanna hob etwas das Kinn. „Ich kenne meine Stärken.“

„Mrs. Manetti offensichtlich auch. Sie hat Ihre Fähigkeiten in den höchsten Tönen gelobt, und ich vertraue Mrs. Manettis Urteil.“ Er sah Yohanna wieder so eindringlich, als wolle er so herausfinden, ob sie wirklich so gut war, wie die Frau vom Catering-Service behauptet hatte.

Ein längeres Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus.

Yohanna war Theresa Manetti nur flüchtig begegnet. Sie hatten ein paar Worte gewechselt, bevor sie das Vorstellungsgespräch in die Wege geleitet hatte. Mrs. Manetti hatte daher gar nicht die Zeit gehabt, sich ein Urteil über sie zu bilden.

Yohannas Nervosität wuchs. Sie brauchte diesen Job, und zwar dringend! Sie war zwar erst seit ein paar Tagen arbeitslos, aber der erzwungene Stillstand trieb sie allmählich in den Wahnsinn. Außerdem hatte sie gerade mal genug Geld auf dem Konto, um einen Monat zu überbrücken – anderthalb vielleicht, wenn sie nichts aß.

Zur Not konnte sie zwar auch zu ihrer Mutter ziehen, aber da würde sie lieber unter einer Autobahnbrücke leben. Seit acht Jahren kannte Elizabeth Andrzejewski nämlich nur ein Thema: Ehe und Kinder. Und nichts davon zeichnete sich zurzeit in Yohannas Leben ab.

„Als meine Assistentin hätten Sie keine geregelten Arbeitszeiten“, sagte Lukkas. „Und Sie müssten rund um die Uhr erreichbar sein. Ist das für Sie überhaupt zumutbar?“ Wieder sah er sie forschend an.

„Natürlich“, versicherte sie ihm wie aus der Pistole geschossen.

Lukkas war immer noch skeptisch. „Dann werden Sie also nicht in zwei Wochen in Tränen aufgelöst vor mir stehen, weil Ihr Mann sich über die Anzahl Ihrer Überstunden beschwert und Sie unbedingt geregeltere Arbeitszeiten wollen?“

„Eher unwahrscheinlich, da ich keinen Ehemann habe.“

Lukkas war immer noch nicht zufriedengestellt. „Was ist mit einem Verlobten? Oder einem Freund?“

„Nein und nein.“

„Im Ernst? Sie haben noch nicht mal einen Freund?“ Er sah sie so durchbohrend an, als halte er sich für einen menschlichen Lügendetektor.

„Nein, noch nicht mal das“, versicherte sie ihm.

„Das ist ein Witz, oder?“

Bei jemandem, der so aussah wie diese junge Frau hier, standen die Männer doch bestimmt Schlange. Lukkas war natürlich klar, dass ihn das nichts anging und es auch ziemlich indiskret war zu fragen, aber seine Neugier war stärker.

„Nein“, antwortete sie. „Es hat mich einfach noch nicht … erwischt, Si… Lukkas“, korrigierte sie sich hastig.

„Erwischt?“, wiederholte er verwirrt. „Was meinen Sie damit?“

„Na ja, ich bin noch nie einem Mann begegnet, bei dem es gefunkt hat. Und ohne das hat das alles doch keinen Sinn, oder?“, fügte sie achselzuckend hinzu.

„Allerdings“, murmelte er.

Er musste an sein einsames Leben denken. Es war nicht immer so gewesen.

Da Yohanna nicht gern über sich selbst redete, kehrte sie rasch zum Thema zurück. „Um es kurz zu machen – es gibt niemanden, der sich über meine Arbeitszeiten beschweren wird, egal, wie viel ich arbeiten muss.“

„Gut zu wissen. Ich mache nämlich eine Menge Überstunden, was dann auch für Sie gelten würde.“ Wieder sah er sie eindringlich an. „Sind Sie sicher, dass das okay für Sie ist?“

„Absolut.“

„Sie haben noch gar nicht nach Ihrem Gehalt gefragt.“

„Ich gehe davon aus, dass Sie mich fair bezahlen werden.“

Verblüfft sah er sie an. „Und wie kommen Sie darauf?“

„Na ja, wegen Ihrer Filme.“

„Das müssen Sie mir jetzt näher erläutern.“

„Ihre Filme sind alle Feel-good-Movies.“

In Yohannas Kindheit war der Fernseher ihr bester Freund gewesen. Ihre Eltern waren so oft unterwegs, dass sie sich die Zeit mit Filmen vertrieben hatte. „Hätten Sie eine dunkle Seite oder wären hinterhältig, würden Sie ganz andere Filme produzieren.“

„Vielleicht lockt mich ja nur das Geld.“

Yohanna schüttelte den Kopf. „Ab und zu vielleicht, aber das ist nicht das, was Sie hauptsächlich antreibt. Dafür sind Sie einfach zu integer. Zumindest behaupten das die Medien.“

Lukkas lachte kurz auf. „Sie haben anscheinend gut recherchiert.“ Er war beeindruckt.

„Das gehört zu meinem Job. Außerdem erlebt man so keine bösen Überraschungen.“

In dieser Frau steckt mehr, als ich dachte, schoss Lukkas durch den Kopf. „Wann können Sie anfangen?“

Yohannas Herzschlag beschleunigte sich. Sollte sie den Job tatsächlich bekommen? „Wann soll ich denn anfangen?“, warf sie den Ball zurück.

Er lachte. „Am liebsten gestern.“

„Das schaffe ich leider nicht“, antwortete sie trocken. „Aber wenn Sie wollen, fange ich morgen an.“

Hat sie den Job so dringend nötig? fragte Lukkas sich. Oder war sie aus einem anderen Grund so versessen darauf, für ihn zu arbeiten?