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Annette Dölken

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Beschreibung

Merle ist stinksauer, denn sie muss aus Frankfurt weg. Ohne sie zu fragen, haben ihre Eltern beschlossen, aufs Land zu ziehen. Nur weil ihre Mutter ein heruntergekommenes Bauernhaus geerbt hat. Und das einzige gleichaltrige Mädchen am Ort soll nun gleich Merles Freundin werden. Auch das hat ihre Mutter schon geregelt. Wie peinlich! Aber was soll man tun, wenn diese Lena einfach meganett ist?

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Veröffentlichungsjahr: 2017

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Annette Dölken

Ein Hahn für den Hinkelhof

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Kapitel 1

Bis vor kurzem wohnte ich mit meinen Eltern in Frankfurt. In einer kleinen Wohnung direkt am Zoo. Wenn ich in meinem Zimmer auf dem Bett lag, konnte ich die Schreie der Affen und die Rufe der Vögel hören. Dann träumte ich davon, einmal im Zoo zu arbeiten. Als Tierpflegerin oder als Zoodirektorin. Als Tierpflegerin würde ich Gorillababys oder kleine Bären mit der Flasche aufziehen. Vielleicht würde ich aber auch nur die Gehege schrubben und die Kacke von Zebras und Kamelen wegräumen. Als Zoodirektorin musste man das natürlich nicht machen. Auf jeden Fall hätte ich keinen weiten Weg zur Arbeit. Ich konnte mir keinen besseren Ort zum Leben vorstellen.

 

Eines Abends saßen wir beim Essen und Mama guckte mich ganz komisch an.

„Merle, Schatz, ich habe doch letztes Jahr das Haus von Onkel Ewald geerbt, den Hinkelhof. Leider will ihn niemand kaufen, und jetzt überlegen wir, einfach selber ein­zu­zie­hen.“

Mir fiel fast das Essen aus dem Gesicht.

„Ich zieh doch nicht in so ein Kuhdorf!“

„Du kennst Kleinkrähwinkel doch kaum“, sagte Papa. „Es ist wirklich nett dort, und zu dem Hof gehören auch noch drei Hühner. Im Moment sind sie woanders ein­quar­tiert.“

„Du könntest dich als Tierpflegerin üben“, fügte Mama hinzu.

Natürlich erinnerte ich mich an Klein­kräh­win­kel. Ein Kaff am Arsch der Welt.

„Meint ihr, drei Hühner können mich von Frankfurt weglocken? Vergesst es!“ Ich wollte wei­ter­es­sen. Aber mein Hals war auf einmal so eng, dass ich kaum schlucken konnte. Ich schob den Teller weg.

Papa sah mich an.

„Um ehrlich zu sein, haben wir keine andere Wahl. Die Miete hier in Frankfurt ist viel zu hoch. Mein letztes Buch hat sich gar nicht gut verkauft."

„Und ich will mir eine richtig große Werkstatt einrichten“, sagte Mama. „Dann kann ich Kurse geben, 'Ke­ra­mik-Work­shops auf dem Hinkelhof'. Das hört sich doch gut an!“

Für mich hörte sich das überhaupt nicht gut an. Wir zogen aus Frankfurt weg und keiner hatte mich gefragt. Und das nur, weil Mama und Papa keine normalen Berufe hatten. Konnten sie nicht wie andere Leute morgens in irgendein Bü­ro­hoch­haus gehen und Geld verdienen? Statt­dessen schrieb Papa Rat­ge­ber­bü­cher über alles Mögliche und Mama töpferte krumme, pickelige Vasen, die man in keinem an­stän­digen Laden kaufen konnte.

 

Drei Tage lang sprach ich sehr wenig. Noch weniger als sonst. Das fiel meinen Eltern allerdings nicht auf. Sie dachten nur noch an den Umzug.

 

Kapitel 2

Von da an war ich viel allein. Mama und Papa renovierten mit ein paar Hand­wer­kern das Haus in Klein­kräh­winkel. Jedes Mal, wenn sie dorthin fuhren, nahmen sie in unserem alten Trans­por­ter ein paar Möbel mit, jedes Mal ein Stück von meinem Zu­hau­se.

Einmal fuhr ich mit zum Hinkelhof und schaute ihn mir genauer an. Vor den morschen Holzfenstern des Wohnhauses hingen die Rollläden schief herunter. Überall blätterte der Putz ab. Vom Dach der Scheune waren Ziegel auf die ver­bo­ge­nen Re­gen­rin­nen gerutscht.

„Onkel Ewald konnte sich eben nicht mehr um alles kümmern“, sagte Papa.

Ich fand das ganze Haus ab­bruch­reif. Das Ein­zi­ge, was ich mochte, war die große Wiese mit den alten Obst­bäu­men, auf der es stand. In den Hecken um das Grundstück nisteten bestimmt immer viele Vögel. Ich mag Vögel gern. Man kann überall welche sehen, auch in der Stadt. Im Frühling nehme ich ihre Stimmen mit dem Handy auf. Ich habe schon eine richtige Sammlung.

Hinter Onkel Ewalds Haus entdeckte ich den Hühnerstall mit dem großen umzäunten Auslauf. Die drei Hühner waren noch nicht wieder eingezogen. Und das sollte nun der Ersatz für den Frank­fur­ter Zoo sein.

Später half ich Mama. Wir lösten im Erd­ge­schoss alte Tapeten von den Wänden. Papa werkelte im Ober­ge­schoss herum.

„Sibylle, Merle!“, rief er plötzlich. „Unter dem Bo­den­be­lag im Kin­der­zim­mer liegen noch die alten Holz­boh­len. Die lassen wir ab­schlei­fen. Das wird toll aus­sehen!“

 

An den kommenden Wochenenden blieb ich in Frankfurt. Mama und Papa hatten im Auto keinen Platz für mich und außerdem fanden sie die Arbeit auf der Bau­stel­le zu gefährlich. Deshalb packte ich freitags meine Sachen und zog zu Pia.

Pia ist die Tochter von Mamas Freundin Doris. Mama hätte gerne, dass sie meine Freundin wäre, aber wir können uns nicht leiden. Pia ist so ein Superhirn. Ich muss mit ihr jedes Mal lang­wei­lige Denk­spie­le spielen, bei denen sie immer gewinnt. Zum Beispiel Gobang oder Schach. Wenn ich beim Schach wieder mal nicht weiß, wie eine Figur zieht, verdreht Pia die Augen.

Am Wochenende vor unserem Umzug gab mir Mama ein Geschenk für Pia mit, ein Tier- und Naturquiz. Jetzt gewinne ich auch mal, dachte ich. Aber Pia wollte das Spiel nicht spielen.

„Da bist du ja im Vorteil“, sagte sie.