Ein Herz voller Zweifel - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein Herz voller Zweifel E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Extra Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Irene und Lars Kellert saßen Dr. Norden gegenüber. »Ich freue mich, Sie zu sehen«, sagte Dr. Daniel Norden, »und auch darüber, daß ich wohl in aller Welt Freunde habe, die mich schätzen.« Lars Kellert hatte sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem diplomatischen Dienst beurlauben lassen. Er war lange in Kolumbien gewesen. Sowohl er als seine Frau hatten Schwierigkeiten mit dem Klima gehabt. Bei einer Untersuchung dort hatte ihm Professor Jörgens empfohlen, Dr. Norden aufzusuchen, wenn sie in München wären. »Professor Jörgens ist ein groß­artiger Arzt«, sagte Dr. Norden nachdenklich, »ich habe ihm viel zu verdanken. Er war mein Doktorvater.« »Er hat auch in den höchsten Tönen von Ihnen geredet«, sagte Lars Kellert. Wendy, Dr. Nordens Sprechstundenhilfe, kam herein und bat Frau Kellert in den Behandlungsraum. Lars ließ seiner Frau galant den Vortritt. Irene war im dritten Monat schwanger und sehr ängstlich, denn sie hatte schon zwei Fehlgeburten gehabt und wünschte sich doch so sehnlich ein Kind.

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Dr. Norden Extra – 7 –

Ein Herz voller Zweifel

… doch die Liebe siegt

Patricia Vandenberg

Irene und Lars Kellert saßen Dr. Norden gegenüber.

»Ich freue mich, Sie zu sehen«, sagte Dr. Daniel Norden, »und auch darüber, daß ich wohl in aller Welt Freunde habe, die mich schätzen.«

Lars Kellert hatte sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem diplomatischen Dienst beurlauben lassen. Er war lange in Kolumbien gewesen. Sowohl er als seine Frau hatten Schwierigkeiten mit dem Klima gehabt. Bei einer Untersuchung dort hatte ihm Professor Jörgens empfohlen, Dr. Norden aufzusuchen, wenn sie in München wären.

»Professor Jörgens ist ein groß­artiger Arzt«, sagte Dr. Norden nachdenklich, »ich habe ihm viel zu verdanken. Er war mein Doktorvater.«

»Er hat auch in den höchsten Tönen von Ihnen geredet«, sagte Lars Kellert.

Wendy, Dr. Nordens Sprechstundenhilfe, kam herein und bat Frau Kellert in den Behandlungsraum.

Lars ließ seiner Frau galant den Vortritt.

Irene war im dritten Monat schwanger und sehr ängstlich, denn sie hatte schon zwei Fehlgeburten gehabt und wünschte sich doch so sehnlich ein Kind.

Dr. Norden stellte fest, daß sie zwar nicht gerade kräftig, aber doch gesund war. »Sie müssen nur Ihre Abwehrkräfte stabilisieren«, sagte er später zu ihr, »sonst ist alles in bester Ordnung. Viel spazierengehen, frisches Obst und Gemüse, dann wird alles gutgehen.«

»Danke«, sagte Irene. Sie sah gleich viel frischer aus.

»Dann empfehle ich dringend, daß Sie sich in der Leitner-Klinik zur regelmäßigen Kontrolle anmelden und einen Mutterpaß bekommen.«

»Einen Mutterpaß?« fragte Irene erstaunt.

Sie war so lange im Ausland gewesen, daß sie sich mit den medizinischen Gepflogenheiten nicht auskannte.

»Darin wird die Entwicklung des Kindes eingetragen, Ihre Gewichtszunahme und so weiter. Dr. Leitner wird Ihnen alles genau erklären. Er ist mein Freund.«

Dr. Leitner würde er später anrufen und ihm die Patientin besonders ans Herz legen, auf Schorsch konnte er sich verlassen.

Die Untersuchung bei Lars Kellert fiel nicht so günstig aus. Das EKG war nicht gut, auch der Kreislauf war instabil.

»Ich weiß«, sagte Lars, als er Dr. Nordens ernste Miene sah. »Mein gesundheitlicher Zustand ist nicht besonders gut. Es kommt so vieles zusammen. Die Sorge um Irene, sie braucht mich doch gerade jetzt, und der Jüngste bin ich auch nicht mehr. Wir freuen uns doch auf das Kind. Und sonst – Sorgen habe ich auch…«

Das sieht man ihm an, dachte Daniel Norden. »Da hätte ich einen Vorschlag«, sagte er. »Sie gehen für eine Woche in die Behnisch-Klinik und lassen sich gründlich durchchecken.«

»Wie erkläre ich das Irene?«

»Kein Problem. Sie bringen wir für eine Woche in die Frauenklinik, auch zur gründlichen Untersuchung und sagen ihr, daß Sie das auch machen. Dr. Behnisch ist ebenso mein Freund wie Dr. Leitner. Sie beide sind dort in guten Händen.«

»Danke Ihnen, Dr. Norden. Ich bin Professor Jörgens sehr dankbar für die Empfehlung.«

*

»Ist ja sonderbar«, sagte Fee am Abend zu ihrem Mann, als er ihr von Professor Jörgens und dem Ehepaar erzählte, das dieser an ihn verwiesen hatte.

»Ich war heute nachmittag in der Behnisch-Klinik, um nach Frau Koll zu sehen.«

Fee Norden kümmerte sich immer um einsame alte Patienten, die ihr Mann ins Krankenhaus einweisen mußte.

»Da hat mir Dieter erzählt, daß er jetzt eine junge Ärztin hat, die mit Empfehlung Professor Jörgens’ gekommen ist. Sie soll sehr tüchtig sein und kommt, um sich um einen Patienten zu kümmern, der mit Schußverletzungen eingeliefert worden ist und noch im Koma liegt. Der Professor bittet darum, ihr die Möglichkeit zu geben, sich persönlich um den Patienten zu kümmern. Sie war als Entwicklungshelferin in Kolumbien, wohl aus persönlichen Gründen, deutete Dieter an.«

»Da wird sich Dieter ja freuen, eine Unterstützung zu haben. Schußverletzung? Da steht Ihnen hoffentlich nicht wieder ein dramatischer Fall ins Haus!«

»Wir werden es erfahren«, meinte Fee lächelnd, »aber jetzt genießen wir unseren wohlverdienten Feierabend.«

Dagegen hatte Dr. Norden nichts einzuwenden.

*

Dr. Behnisch blickte auf, als Irene Engelhardt eintrat. Er war in Gedanken noch ganz bei der Krankengeschichte von Dr. Haidt, der nun schon sechs Tage im Koma in der Behnisch-Klinik lag. Es war ein tragischer Fall, der Dr. Behnisch genauso beschäftigte, wie seinen Kollegen Dr. Daniel Norden.

»Sie ist da«, sagte Jenny, seine Frau.

»Wer ist da?« fragte er irritiert.

»Dr. Bettina Illinger, und ich muß sagen… Aber du wirst sie ja gleich sehen!«

»Sie ist schnell gekommen«, stellte er gedankenvoll fest.

Als Bettina Illinger eintrat, hielt er unwillkürlich den Atem an. Sie war eine bildhübsche Frau, und sie sollte nach Professor Jörgens’ Auskunft auch immens tüchtig sein. Professor Jörgens hatte darum gebeten, der Ärztin die Möglichkeit zu geben, sich persönlich um den Patienten Dr. Haidt zu kümmern.

Ein eigenartiges Anliegen war das schon, aber nun hoffte Dr. Behnisch, über den Grund mehr zu erfahren.

»Ich bedanke mich, daß Sie mir entgegenkommen, Herr Kollege«, sagte Bettina mit einer weichen, dunklen Stimme, die sich sofort in sein Ohr schmeichelte.

»Bitte, nehmen Sie Platz, Frau

Illinger. Es wäre mir in diesem besonderen Fall willkommen, wenn wir uns in aller Offenheit unterhalten könnten.«

Sie wich seinem Blick nicht aus. Sie hatte wunderschöne topasfarbene Augen, die von einem dichten Kranz langer Wimpern umgeben waren, und sie hatte ein so ausdrucksvolles Gesicht, daß er darin lesen konnte, welche zwiespältigen Empfindungen sie bewegten.

»Darf ich zuerst wissen, wie es Herrn Haidt geht?« fragte sie stockend.

»Er liegt immer noch im Koma.«

»Und welcher Art sind die Verletzungen?«

»Schädelbruch, Rippenbrüche… und ein Lungendurchschuß.«

Als er das ausgesprochen hatte, weiteten sich ihre Augen schreckensvoll. Blankes Entsetzen war ihr jetzt im Gesicht abzulesen.

»Es wurde auf ihn geschossen?« fragte sie bebend.

»Ja. Und daraufhin fuhr er mit dem Wagen über die Böschung. Ein Wunder, daß das Auto nicht in den Fluß stürzte, ein noch größeres Wunder, daß unser Kollege überlebt hat, wenigstens bisher.«

Bettinas schönes Gesicht war bleich. Sie konnte sich nur mühsam beherrschen, und ihre Stimme zitterte, als sie fragte: »Und was ist mit meiner Cousine?«

»Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Dr. Behnisch war konsterniert.

»Meine Cousine, Uta Illinger, ist mit Achim Haidt verlobt. Sie ist seit dem Unfall verschwunden. Jedenfalls hat Achim nichts von ihr gehört, und er behauptet, daß sie mit Holger weggefahren sei. Es ist alles sehr verwirrend und rätselhaft, auch für mich. Ich wurde aus Kolumbien zurückgeholt und habe bisher nur mäßige und sehr widersprüchliche Informationen bekommen. Niemand sagte mir zum Beispiel, daß auf Holger geschossen wurde.«

»Und uns wurde bisher nicht mitgeteilt, daß eine Frau in seiner Begleitung war. Dr. Haidts Bruder hat uns gegenüber nichts davon erwähnt.«

Sie sah Dr. Behnisch an. »Das ist wie ein Puzzle, aber nichts paßt zusammen. Ich glaube, nur Holger kann da weiterhelfen.«

»Aber er müßte erst aus dem Koma erwachen. Und es fragt sich, wie es dann um sein Erinnerungsvermögen bestellt sein wird. Es ist ein ganz komplizierter Schädelbruch.«

»Kann ich ihn sehen, bevor wir weitersprechen? Darf ich mich überzeugen, ob es sich wirklich um Holger Haidt handelt?«

Erschrocken sah Dr. Behnisch sie an. »Sie zweifeln? Aber hier ist er bekannt, deshalb ist er auch in unsere Klinik gebracht worden. In seinem Notizbuch stand: ›Für den Notfall Behnisch-Klinik.‹ Wenigstens seine Identität gibt keine Rätsel auf.«

Bettina schloß kurz die Augen. »Wenn ich Klarheit schaffen will, ist es eine sehr lange Geschichte, Herr Kollege, und auch die Vorgeschichte dürfte Ihre Zeit sehr in Anspruch nehmen.«

»Das macht nichts. Aber gehen wir doch zur Station. Sie können den Patienten sehen, und dann können wir miteinander reden. Sie lernen dann auch gleich meine Frau und Dr. Jensen kennen, denen es zu verdanken ist, daß Haidt noch lebt.«

*

»Oh, là, là«, sagte der Assistenzarzt Dr. Möller zu Schwester Ina, als Dr. Behnisch mit der jungen Ärztin zur Chirurgischen Station ging. »Wer ist denn das?«

»Ich vermute, daß es die Ärztin ist, die für einige Wochen hier Erfahrungen sammeln möchte«, erwiderte Schwester Ina diplomatisch. »Protektion von Professor Jörgens.«

»Da könnte es aber Wirbel geben bei soviel Schönheit«, sagte Dr. Möller ahnungsvoll.

Ina warf ihm einen schrägen Blick zu. »Dr. Jensen ist glücklich verheiratet, und Sie haben in der Abteilung nichts zu suchen«, meinte sie neckend.

»Ich wäre wohl auch nicht der richtige Typ für sie«, erwiderte er. »Keine Angst, Schwester Ina, ich bin Realist.«

Bettina hatte weitaus größere Sorgen, als auf die bewundernden Blicke zu achten, die ihr auch von Patienten, die herumspazierten, nachgeschickt wurden.

Erst vor zwei Tagen war sie

nach Deutschland zurückgekehrt. Achim hatte ihr telefonisch mitgeteilt, daß Holger verunglückt und Uta verschwunden sei. Sie wußte nicht, was sie davon halten sollte, aber da sie schon zwei Jahre keinen Urlaub mehr gemacht hatte, konnte niemand etwas dagegen einwenden, daß sie wegen einer so dringenden Angelegenheit in die Heimat fliegen wollte.

Ihre Informationen waren so spärlich, daß sie sich zuerst an Professor Jörgens wandte, ihren Doktorvater, der auch der einzige Mensch war, zu dem sie Kontakt behalten hatte.

Aber auch er war nicht in der Lage, ihr genaue Auskünfte zu erteilen. Er wußte nur, daß Holger in der Behnisch-Klinik lag. Er hatte sich demzufolge mit Dr. Behnisch in Verbindung gesetzt, der ihm dann mitgeteilt hatte, daß er Dr. Illinger gern empfangen würde.

Bettina hatte nicht erwartet, daß man sie vorbehaltlos und mit offenen Armen aufnehmen würde, aber von Dr. Behnischs sympathischer Art war sie doch sehr angetan. Und als sie nun auch dessen Frau und Dr. Jensen kennenlernte, konnte sie schon zuversichtlich sein, daß man ihr hier entgegenkommen würde. Sie wollte ja keine Bezahlung für ihre Arbeit.

Schmerzliche Erinnerungen erwachten in ihr, als sie Holger Haidt betrachtete, aber sie wollte diesen keinen Raum geben. Sie hatte jetzt nur den einen Wunsch, alle Rätsel zu lösen, die seit zwei Jahren ihre Seele nicht zur Ruhe kommen ließen.

»Wo ist es eigentlich passiert?« fragte sie leise.

»Am Lech.«

»Warum wurde er nicht zu seiner Klinik gebracht? Er war doch Chefarzt im Klinikum!«

»Schon seit einem Jahr nicht mehr.«

»Wieso nicht? Ich wußte das nicht.«

»Ich weiß nichts Genaues«, redete sich Dr. Behnisch heraus. »Jedenfalls hat er eine Praxis übernommen und ist Dozent für Nuklearmedizin.«

»Und wer vertritt ihn jetzt?«

»Soviel ich weiß, sein Bruder.«

Ihre feinen Augenbrauen schoben sich zusammen. »Seltsam, davon hat Achim mir nichts gesagt!«

»Haben Sie ihn hier denn getroffen?«

»Nein, wir haben nur miteinander telefoniert. Wir wollen uns heute abend treffen, aber ich denke, ich muß meine Gedanken ordnen. Da herrscht ein schreckliches Durcheinander.«

»Erfahre ich trotzdem die Vorgeschichte? Für Herrn Haidt können wir momentan noch nicht mehr tun, als schon getan wird, und wir können nur hoffen, daß er bald zu sich kommt und weiterhelfen kann zur Aufklärung dieses mysteriösen Geschehens. Die Polizei tappt völlig im Dunkeln.«

»Und ich verstehe überhaupt nichts mehr.« Die Stimme wollte ihr nicht gehorchen. Sie fragte, ob sie etwas zu trinken haben könnte.

Dr. Behnisch schaute auf die Uhr. »Das Essen wird auch gleich serviert«, sagte er mit einem flüchtigen Lächeln. »Man sagt uns nach, daß unsere Küche gut ist. Sie werden es hoffentlich bestätigen.«

»Ich möchte Ihre Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.«

»Keine Bange. Wir wollen doch versuchen, etwas mehr Licht in dieses Geschehen zu bringen. Hatte Holger Haidt Feinde?«

»Holger? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Er ist Arzt mit Leib und Seele. Er war immer tolerant.«

»Sie kennen ihn sehr gut?«

»Ich lernte ihn vor drei Jahren kennen. Ich bekam die Stellung als seine Assistenzärztin.« Ihre Gedanken schweiften ab. »Wer wurde denn sein Nachfolger?«

»Da bin ich überfragt. Es wurde allerhand umbesetzt. Ich möchte jetzt keinen Klatsch verbreiten, aber soviel mir bekannt ist, räumte Haidt das Feld wegen einer Ärztin.«

»Dr. Mirja Lorenz vielleicht?«

Dr. Behnischs Augenbrauen hoben sich leicht. »Ja, genau. Die kannten Sie auch?«

»Allerdings. Sie war der Anlaß für meine Entscheidung, nach Kolumbien zu gehen.«

»Aber sie hat sich gehalten, sie ist immer noch da.«

*

Es wäre interessant für sie gewesen, zu hören, was sich eben jetzt um Dr. Mirja Lorenz tat.

Der Chefarzt der Klinik hieß jetzt Dr. Bertner, und er war ein recht attraktiver Mann. Es gab da auch ein paar junge Ärzte, die ihre Witze rissen, als Dr. Wolf Bertner Mirja Lorenz zu sich rief.

»Da werden wohl gleich die Fetzen fliegen«, sagte Dieter Struck. »Aber wenn er ihr nicht mal richtig die Meinung sagt, kann er auch gehen.«

Daß Dr. Mirja Lorenz eine sehr ehrgeizige Frau war, wußte jeder, daß sie sich aber auch einen Mann, der ihr gefiel, angeln wollte, konnte man nur vermuten, denn diesbezüglich verstand sie es, ihre Kollegen und das Personal zu täuschen.

Dr. Bertner ließ sich allerdings nicht mehr täuschen. Er hatte diese Frau voll durchschaut.

So hatte sich die Unterhaltung mit ihr auch bald zugespitzt.

»Sie wissen also Bescheid. Frau Haller hat sich beschwert, daß Sie mit ihrem Mann geflirtet haben, und es gibt noch schwerwiegendere Anlässe, Sie zu ersuchen, Ihre Kündigung einzureichen, bevor diese von mir ausgeht.«

Wolf Bertner konnte sich schon siegesgewiß fühlen, als er in ihr abweisendes Gesicht sah. Er lehnte sich in seinen Sessel zurück, und sein schmales Gesicht drückte eisige Abwehr aus.

Mirja Lorenz lächelte nicht mehr arrogant. Sie wußte jetzt, daß sie bei ihm nicht landen konnte. Bei Bertner hatte sie restlos versagt, und er war auch kein Typ, der sich etwas anhängen ließ.

»Eigentlich haben Sie es doch mir zu verdanken, daß Sie hier Chefarzt sind«, sagte sie dennoch mit einem letzten Versuch, ihn einzuschüchtern. »Wenn Haidt nicht gegangen wäre, säße er immer noch auf diesem Stuhl.«

»Und ich weiß jetzt, daß er nur ging, weil er sich gegen Ihre hinterhältigen Intrigen in seiner Gutmütigkeit nicht mehr zu wehren vermochte. Ich aber bin nicht gutmütig, und ich verstehe mich zu wehren.«

»Ihre Vorwürfe sind völlig unberechtigt«, stieß sie hervor.

»Ich werde das Gegenteil beweisen, wenn Sie es darauf ankommen lassen. Es ist eine lange Liste, die zusammenkommt. Sie können sich ab sofort als beurlaubt betrachten. Haidt haben Sie auf dem Gewissen, und Dr. Illinger dazu!«

»Auf die hatten Sie es wohl abgesehen«, stieß Mirja wütend hervor. Sie konnte sich nicht mehr beherrschen, und das schadete ihr noch mehr. »Jetzt fehlt nur noch, daß Sie mir auch noch anhängen wollen, daß ich an Haidts Unfall schuld bin«, zischte sie.

Er erhob sich. »Nun, vielleicht ist es für manche Leute von Interesse, zu erfahren, wie intim Sie mit seinem Bruder waren oder noch sind.«

»Sie werden sich noch wundern«, sagte Mirja außer sich vor Zorn. »Sie werden von meinem Anwalt hören!«

»Erstatten Sie doch gleich Anzeige gegen mich«, konterte er sarkastisch. »Ich sehe dem ruhigen Gewissens entgegen.«

*

Für Bettina und Dr. Behnisch wäre es sehr interessant gewesen, dieses Gespräch belauschen zu können, aber Bettina war jetzt dabei, Dr. Behnisch zu erzählen, wie sie zu Holger Haidt gekommen und was dort alles geschehen war.