Ein Meer von Liebe - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein Meer von Liebe E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Das Ehepaar Dr. Daniel Norden und Fee sehen den Beruf nicht als Job, sondern als wirkliche Berufung an. Aber ihr wahres Glück finden sie in der Familie. Fünf Kinder erblicken das Licht der Welt. Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen. Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas. Es war ein sonniger Tag im Mai, und gutgelaunt betrat Dr. Daniel Norden seine Praxis. Pfingsten stand vor der Tür, und er wollte mit seiner Familie ein paar Tage Urlaub auf der Insel der Hoffnung machen. Hannes und Anne Cornelius freuten sich schon riesig, die ­Kinder mal wieder um sich zu haben. Hoffentlich kommt diesmal nichts dazwischen, hatte Anne gestern am Telefon gesagt. Der Vormittag fing ruhig an. Einige Patienten hatten bereits die Urlaubsreise angetreten, und manche spürten ihre Wehwehchen nicht mehr, weil endlich schönes Wetter war. Ein paar andere jammerten, daß ihr Dr. Norden ein paar Tage nicht erreichbar sein würde. Wieder andere wünschten ihm herzlich gute Erholung. Er konnte diese wirklich brauchen, denn der Winter war lang und anstrengend gewesen. Grippale Infekte mit beunruhigenden Begleit-erscheinungen hatten sehr vielen Patienten zu schaffen gemacht. Dr. Norden war froh, daß seine Familie und er einigermaßen über die Runden gekommen waren, wenngleich auch sie von Schnupfen und Husten nicht verschont geblieben waren. Wendy hatte von Dr. Norden eine Reise nach Paris geschenkt bekommen und war schon ganz aufgeregt. Er mahnte sie scherzhaft, daß sie aber ja wiederkommen solle, als noch eine Patientin kam, eine junge Dame, die sich verlegen entschuldigte, daß sie ein bißchen zu spät dran sei. »Michelle«, sagte Dr. Norden überrascht, denn beinahe hätte er sie nicht erkannt, wie sie dünn und blaß vor ihm stand.

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Familie Dr. Norden – 786 –

Ein Meer von Liebe

Unveröffentlichter Roman

Patricia Vandenberg

Es war ein sonniger Tag im Mai, und gutgelaunt betrat Dr. Daniel Norden seine Praxis. Pfingsten stand vor der Tür, und er wollte mit seiner Familie ein paar Tage Urlaub auf der Insel der Hoffnung machen.

Hannes und Anne Cornelius freuten sich schon riesig, die ­Kinder mal wieder um sich zu haben.

Hoffentlich kommt diesmal nichts dazwischen, hatte Anne gestern am Telefon gesagt.

Der Vormittag fing ruhig an. Einige Patienten hatten bereits die Urlaubsreise angetreten, und manche spürten ihre Wehwehchen nicht mehr, weil endlich schönes Wetter war. Ein paar andere jammerten, daß ihr Dr. Norden ein paar Tage nicht erreichbar sein würde. Wieder andere wünschten ihm herzlich gute Erholung. Er konnte diese wirklich brauchen, denn der Winter war lang und anstrengend gewesen. Grippale Infekte mit beunruhigenden Begleit-erscheinungen hatten sehr vielen Patienten zu schaffen gemacht.

Dr. Norden war froh, daß seine Familie und er einigermaßen über die Runden gekommen waren, wenngleich auch sie von Schnupfen und Husten nicht verschont geblieben waren.

Wendy hatte von Dr. Norden eine Reise nach Paris geschenkt bekommen und war schon ganz aufgeregt. Er mahnte sie scherzhaft, daß sie aber ja wiederkommen solle, als noch eine Patientin kam, eine junge Dame, die sich verlegen entschuldigte, daß sie ein bißchen zu spät dran sei.

»Michelle«, sagte Dr. Norden überrascht, denn beinahe hätte er sie nicht erkannt, wie sie dünn und blaß vor ihm stand.

Natürlich wußte er, daß sie nach einem schweren Unfall sehr lange in einem Reha-Zentrum gewesen war, aber es war doch ein Schock für ihn, daß dieses früher so bildhübsche und sportliche Mädchen so erschreckend verändert war.

»Wenn Sie keine Zeit mehr haben, gehe ich wieder«, sagte sie stockend.

»Selbstverständlich habe ich Zeit für Sie, Michelle«, erwiderte Dr. Norden. »Sie können ruhig gehen, Wendy, ich wünsche Ihnen schöne Tage in Paris.«

»Und ich Ihnen und der ganzen Familie eine erholsame Zeit auf der Insel der Hoffnung«, sagte Wendy. »Ihnen alles Gute, Mi-
chelle.«

Ihre Stimme verriet, wie erschrocken auch sie war über Michelles Anblick.

»Halte ich Sie wirklich nicht auf, Herr Doktor?« fragte Michelle ängstlich.

Sein Mitgefühl war so groß, daß er sie am liebsten tröstend in die Arme genommen hätte. »Sie haben viel leiden müssen, Michelle«, sagte er, »seit wann sind Sie wieder in München?«

»Erst seit zwei Tagen, ich mußte einiges regeln. Jetzt haben sie den Kerl geschnappt, und ich mußte ihn identifizieren. Es war alles wieder so gegenwärtig.«

Sie war das tragische Opfer eines Juwelendiebes, der auf der Flucht vor der Polizei Michelle als Geisel genommen, sie mit seiner Waffe bewußtlos geschlagen und dann auf der Autobahn aus dem Wagen geworfen hatte. Dort war sie noch von einem anderen Auto überfahren worden, und es war ein wahres Wunder, daß sie überhaupt überlebt hatte. Michelle war Stewardeß gewesen, aber durch diesen schrecklichen Unfall war sie nun auch arbeitslos. Es war unmöglich, daß sie diesen Beruf länger aus-üben konnte. Das war eigentlich auch nicht ihre Absicht gewesen. Sie hatte nur praktische Erfahrungen sammeln wollen, weil sie Touristik studieren wollte, aber nicht gleich einen Studienplatz bekommen hatte.

Nun war auch das hinfällig geworden. Dr. Norden mußte erschüttert feststellen, daß sie allen Mut verloren hatte.

»Sehen Sie mich doch mal an«, sagte sie bebend, »was soll ich denn tun, mich nimmt doch niemand.«

»So schwarzsehen sollten Sie nicht, Michelle. Ich würde es nur für gut halten, wenn Sie mal etwas ganz anderes machen würden vorübergehend. Was würde Ihnen auch Freude bereiten?«

»Woran kann man sich denn noch freuen, so hektisch, gereizt und egoistisch wie die Menschen sind.«

»Alle dürfen Sie nicht in einen Topf werfen. Ich kann leicht reden, werden Sie denken, aber ich hatte auch schon andere Patienten, die schlimm dran waren und sich auch wieder gefangen haben.« Ihm kam plötzlich eine Idee. »Würden Sie möglicherweise zwei Kinder betreuen in Südfrankreich?«

»In Südfrankreich?« staunte sie. »Wie kommen Sie darauf?«

»Es sind Bekannte, die eine zuverlässige Betreuerin für ihre beiden Kinder suchen, die drei und fünf Jahre sind, und deren Mutter zur Zeit auch krank ist. Näheres würden Sie erfahren, wenn Sie sich für diese Stellung interessieren. Es wird Wert gelegt auf eine intelligente junge Frau, die sich nicht nur an der Côte d’Azur amüsieren will. Damit haben sie nämlich schon ungute Erfahrungen gemacht.«

»Mir steht nicht der Sinn nach Amusement, aber man wird mir nicht zutrauen, daß ich solcher Aufgabe gewachsen bin.«

»Es werden keine schweren Arbeiten verlangt, Sie würden nur für die Kinder verantwortlich sein. Überlegen Sie es sich.«

»Da bräuchte ich nicht zu überlegen, wenn man mich nimmt«, sagte sie leise. »Wie Sie wissen, stammte meine Mutter aus der Camarque. Ich war so gern dort.«

Ihre Stimme hatte einen sehnsüchtigen Klang, und ihr schmales Gesicht hatte etwas Farbe bekommen.

»Ich werde Herrn Thomée anrufen und Ihnen dann gleich Bescheid sagen, Michelle.« Er sah sie aufmunternd an.

»Aber wahrscheinlich haben sie inzwischen schon jemand gefunden. Ich habe immer Pech.«

Vor einem Jahr hatte sie sich als Glückskind gesehen. Sie war schon viel in der Welt herumgekommen und konnte nun studieren. Sie hatte einen Freund, mit dem sie sich gut verstand.

Karlheinz Brandner war ein erfolgreicher junger Mann, aber ihm war seine Karriere dann wichtiger gewesen, als sich um die schwerverletzte Freundin zu ­kümmern. Er hatte es vorgezogen, als Börsenmakler nach Frankfurt zu gehen. Dr. Norden wollte Michelle nicht fragen, ob sie noch Kontakt zu ihm hatte.

So, wie sie aussah, war sie ein unglückliches Mädchen, dem alle Zuversicht fehlte.

Um so mehr freute es ihn, als er ihr am Nachmittag sagen konnte, daß sie ihre Koffer packen solle. Sie würde in St. Raphael erwartet.

»Sie können bis Nizza fliegen, Michelle. Buchen Sie im Reisebüro.«

»Ich fahre lieber mit dem Wagen, das ist besser, weil ich doch einiges Gepäck mitnehmen muß. Wollen die Herrschaften denn keine Referenzen haben?«

»Meine Empfehlung genügt ihnen, und sagen Sie nicht Herrschaften. Sie sind ganz moderne, aufgeschlossene Menschen. Es wird Ihnen sicher gefallen, Mi-chelle.«

»Ich werde mein Bestes tun, um Ihnen keine Schande zu machen«, erwiderte sie mit einem flüchtigen Lächeln.

»Ich kenne Sie doch, und es wird Ihnen guttun. Sie gewinnen Abstand und können vergessen.«

Sie nickte gedankenverloren. »Es war schrecklich, diesen Gangster noch einmal zu sehen, aber ich hätte dieses gemeine Gesicht sowieso nie vergessen. Zum Glück hat er ein langes Strafregister und wird so schnell nicht freikommen. Ich habe früher nie gedacht, daß ich so hassen könnte.«

»Sie werden auch wieder lernen, andere Menschen zu mögen, Michelle.«

»Wenn alle so wären wie Sie…, es wäre zu schön«, flüsterte sie.

*

»Na, heute siehst du ja sehr zufrieden aus, mein Schatz«, empfing Fee Norden ihren Mann.

»Michelle fährt nach St. Raphael, und es geht ihr schon ein bißchen besser.«

»Dann können wir uns ja freuen, das arme Hascherl! Es ist an der Zeit, daß die Sonne wieder für sie scheint.«

»Sonne wird sie da unten genug haben, und hoffentlich auch Spaß mit den Kindern.«

»Wenn sie inzwischen nicht zu sehr verzogen sind«, meinte Fee. »In dem Alter proben sie ihre Macht, und mit den Betreuerinnen hat Sebastian wahrlich kein Glück gehabt bisher.«

»Monique wird doch hoffentlich bald auf die Beine kommen.«

»Wir werden uns ja überzeugen können, wenn wir auf der Insel sind. Anne meint, daß ihre Psyche noch nicht mitspielt, und das ­müßte einen tieferen Grund haben.«

Daniel sah sie nachdenklich an. »Es gibt doch keinen Grund dafür. Sie hat alles, einen Mann, der sie liebt, zwei entzückende Kinder, Schwiegereltern, die ihr jeden Wunsch erfüllen würden.«

»Ob der Grund vielleicht bei ihrem Stiefvater zu suchen ist? Er hat ihre Mutter ganz schön ausgenommen, meine ich.«

»Das wissen wir nur vom Hörensagen, Feelein. Monique hat nie darüber gesprochen.«

»Sie hat fast gar nichts gesagt. Es war ein zu großer Schock für sie, ihre Mutter tot aufzufinden. Irgendwie ist dieser Tod doch sehr mysteriös.«

»Es war laut Polizei ein Unfall, und es ist bereits drei Monate her. Karnem kann man nichts in die Schuhe schieben, er war zu der Zeit in Ägypten. Ich weiß schon, daß du gern einen Krimi daraus gemacht hättest, Fee, aber Monique ist mit dem Wagen nur verunglückt, weil sie zu aufgeregt war und den Kombi zu spät bemerkte. Du weißt doch auch, wie es auf den französischen Straßen zugeht.«

»Hast du Sebastian auch gesagt, daß Michelle Schreckliches durchgemacht hat?«

»Ja, ich habe es ihm natürlich erzählt. Das hat wohl den Ausschlag für eine schnelle Zustimmung gegeben. Er hofft ja, daß Monique nun auch bald heimkommt, und da wäre Michelles Gesellschaft für sie besser als ein kokettes, oberflächliches Ding, das vielleicht auch auf Männerfang aus ist.«

»Ich bin froh, daß sich alles so ergibt, froh für Michelle und auch für Sebastian und die Kinder. Julien wird ja hoffentlich inzwischen seine Playboyallüren abgelegt haben.«

»Er wird sich nicht viel in St. Raphael aufhalten. Cannes, Nizza und Monte Carlo sind verlockender.«

»Und wir werden ein paar schöne Tage auf der Insel genießen«, sagte Daniel mit einem Lächeln.

»Gepackt habe ich schon, es sollte nichts mehr dazwischen-kommen.«

Es kam nichts dazwischen. Am nächsten Morgen starteten sie mit dem vollgepackten Familienauto. Lenni, die Perle der Nordens, war natürlich auch mit von der Partie.

»Mertens nehmen ihren Hund und ihre Katze mit in die Ferien«, sagte Felix.

»Das würde uns gerade noch fehlen«, meinte Daniel, der älteste der Norden-Kinder.

»Sie haben ja auch nur zwei Kinder«, meinte Anneka, »aber einen Hund hätten wir auch gern.«

»Auf die Insel könnten wir ihn aber nicht mitnehmen, das ist ein Sanatorium«, sagte Danny. »Dann hätte Lenni auch noch mehr zu tun.«

»Das meine ich auch«, sagte Fee.

»Aber Hunde mögen wir trotzdem«, erklärte Felix.

»Ich mag Elefanten«, meldete sich Jan zu Wort.

»Und ich süße Äffchen«, schloß Dési sich an.

»Bist doch selber eins«, scherzte Danny. Er liebte seine jüngsten Geschwister über alles.

»Bin keins, bin Jans Zwilling!« behauptete sie energisch.

»Und jetzt gebt ihr Ruhe«, sagte Daniel.

*

Auf der Insel der Hoffnung wurde ihnen ein freudiger Empfang bereitet. Hannes und Anne Cornelius schlossen ihre Enkelkinder liebevoll in die Arme, während Fee und Daniel lange die herrliche frische Luft einatmeten. Hier war das Wetter nie so wechselhaft wie in München, das Klima viel milder und kein Smog erreichte die Insel. Ein köstliches Begrüßungsessen erwartete sie, und fern von allem Streß schmeckte es auch Daniel richtig, nachdem sein Schwiegervater schon besorgt festgestellt hatte, daß er wieder abgenommen hätte.

»Es war ein langer harter Winter, Paps«, sagte Daniel. »Ihr merkt hier nicht soviel davon.«

»Wie geht es Monique?« sagte Fee leise zu Anne.

»Physisch zufriedenstellend, aber sie spricht sich immer noch nicht aus.«

»Meinst du denn, daß sie etwas verheimlichen will?«

»Ich meine nur, daß etwas auf ihrer Seele lastet. Ihre Ehe ist doch harmonisch?«

»Ich weiß es nicht anders.«

»Ich habe den Eindruck, daß sie gern hier ist und nicht so schnell nach Hause will. Das gibt mir doch zu denken.«

»Vielleicht komme ich an sie heran«, sagte Fee. »Daniel hat für ihre Kinder jetzt eine nette Betreuerin vermittelt, die auch ein scheckliches Erlebnis hinter sich hat, vielleicht findet Monique dadurch in ein normales Leben zurück.«

Anne sagte ihr, wo Moniques Lieblingsplatz war. Dort fand Fee sie dann auch.

Sie saß ganz in sich versunken. Fee sah das feine, klassische Profil und war erleichtert, daß die Wunden so gut verheilt waren.

»Hallo, Monique«, sagte sie.

Die andere schrak zusammen und sprang auf. Aber dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht, ein Leuchten kam in ihre schönen dunklen Augen.

»Fee, welch eine Freude!« rief sie aus. »Wir haben uns lange nicht gesehen.«

»Und du hast mich doch gleich erkannt.«

»Du veränderst dich überhaupt nicht, wie machst du das denn bloß?«

»Ich mache gar nichts. Es ist schön, dich wiederzusehen. Wir sind alle gekommen.«

»Auch die Kinder und Daniel? Wie wirst du nur mit fünf Kindern fertig?« Ihr Gesicht überschattete sich. »Ich habe Pascal und Bébé schon so lange nicht gesehen, sie werden gewachsen sein.«

»Fühlst du dich immer noch nicht wohl?«

»Doch, es geht mir gut, und hier ist es wunderschön. Dieser Frieden, und ich brauche keine Angst zu haben.«

»Wovor hast du Angst, Mo-
nique?«

Ihr Gesicht verschloß sich. »Es war jemand im Haus, aber niemand wollte mir glauben. Es war kein Unfall, Fee. Ich weiß es.«

»Quäl dich doch nicht so, Monique, befreie dich von diesen gräßlichen Gedanken!«

»Ich kann es nicht. Ich sehe Mama jede Nacht im Traum, und auch am Tage streckt sie ihre Hände nach mir aus. Ich möchte ihr helfen, ich kann es nicht. Sie hat mir gesagt, daß er es war.«

Fee wurde es bange. Verlor Monique etwa den Verstand? Steigerte sie sich so in diese Vorstellung hinein, daß sie sich von der Wirklichkeit entfernte? Aber hatte sie selbst nicht auch diese bange Ahnung, daß es kein Unfall war?

»Kannst du dich denn genau an jenen Tag erinnern, Monique? Du hattest einen schweren Unfall und warst lange bewußtlos.«

»Aber ich habe den Verstand nicht verloren, wenigstens du mußt mir glauben, Fee. Mama hatte mich angerufen. Sie sagte, daß sie ein unheimliches Gefühl hätte. Lora sei zu ihrer Tante gefahren, und sie fühle sich schon ein paar Tage nicht wohl.«

»Und du bist zu ihr gefahren.«

»Ja, aber sie lag tot in der Badewanne. Der Föhn lag neben ihrem Kopf wie eine Waffe. Ich werde diesen Anblick nie vergessen.«

»Aber du hast die Polizei angerufen.«

»Ja, ich weiß nicht, wie ich es fertigbrachte. Dann haben sie viele Fragen gestellt. Ich wußte nicht, wo mir der Kopf stand.« Sie sah Fee hilflos an, und die hatte den Eindruck, daß Monique froh sei, endlich alles sagen zu können, was sie bewegte.

»Ich verstehe, daß es furchtbar für dich ist, Monique, aber du lebst, du mußt an deinen Mann und deine Kinder denken.«

»Sebastian versteht mich nicht«, schluchzt Monique auf, »er sagt so oft, daß Mama nicht mehr bei Verstand sei, weil sie alles hinnahm, was Karnem machte und sagte. Er wollte nicht, daß ich zu ihr fahre. Sie sei zu hysterisch, und ich solle mich nicht von ihr anstecken lassen. Es dröhnt immer noch in meinen Ohren, Fee. Vielleicht wäre er froh, wenn ich bei dem Unfall gestorben wäre.«