Ein Schotte zum Heiraten - Katherine Collins - E-Book

Ein Schotte zum Heiraten E-Book

Katherine Collins

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Beschreibung

Eine Traumhochzeit in den Highlands und ein Bräutigam, der nicht so recht will …
Die romantische Komödie für Fans von Schottland-Liebesromanen

Der Schotte Ewan Kennedy versucht als Schauspieler fußzufassen. Dass die alternde Diva Sara King ein Auge auf ihn wirft, kommt ihm da sehr gelegen. Um beider Karrieren anzukurbeln, gehen die beiden eine Publicityehe ein. Im luxuriösen Schlosshotel seines Cousins Lachlan McDermitt soll innerhalb von zwei Wochen die prunkvolle Hochzeit abgehalten werden. Ewan soll sich dabei zusammen mit der hübschen Hochzeitsplanerin Iona Campbell um die Vorbereitungen kümmern. Ihm fallen direkt spannendere Dinge ein, mit denen sie sich beschäftigen könnten, als die Auswahl von Blumen, Menüfragen und die Erinnerung daran, dass er nicht mit Iona flirten sollte. Wie es das Schicksal so will, hält Iona Ewan für einen Freund des Bräutigams und lässt sich auf eine prickelnde Nacht mit ihm ein. Aber bald gerät Ewans Lügengerüst ins Wanken und die Presse wartet nur auf den nächsten Skandal …

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Erste Leserstimmen
„Mit viel Witz und Charme schafft es Katherine Collins, mich bestens zu unterhalten.“
„Eine romantische Liebesgeschichte inmitten der prachtvollen Kulisse eines Luxushotels in den schottischen Highlands.“
„Liebevoll gezeichnete Charaktere sorgen beim Lesen für eine angenehme Atmosphäre.“
„Was für eine abwechslungsreiche und spaßige Geschichte!“
„Diese romantische Komödie verspricht genau das, was ich erwartet habe.“

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Seitenzahl: 462

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Über dieses E-Book

Der Schotte Ewan Kennedy versucht als Schauspieler fußzufassen. Dass die alternde Diva Sara King ein Auge auf ihn wirft, kommt ihm da sehr gelegen. Um beider Karrieren anzukurbeln, gehen die beiden eine Publicityehe ein. Im luxuriösen Schlosshotel seines Cousins Lachlan McDermitt soll innerhalb von zwei Wochen die prunkvolle Hochzeit abgehalten werden. Ewan soll sich dabei zusammen mit der hübschen Hochzeitsplanerin Iona Campbell um die Vorbereitungen kümmern. Ihm fallen direkt spannendere Dinge ein, mit denen sie sich beschäftigen könnten, als die Auswahl von Blumen, Menüfragen und die Erinnerung daran, dass er nicht mit Iona flirten sollte. Wie es das Schicksal so will, hält Iona Ewan für einen Freund des Bräutigams und lässt sich auf eine prickelnde Nacht mit ihm ein. Aber bald gerät Ewans Lügengerüst ins Wanken und die Presse wartet nur auf den nächsten Skandal …

Impressum

Erstausgabe Oktober 2021

Copyright © 2023 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-96817-572-0 Taschenbuch-ISBN: 978-3-96817-669-7

Covergestaltung: Buchgewand unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com: © Pecold stock.adobe.com: © Taiga, © CesareFerrari depositphotos.com: © VitalikRadko Lektorat: Buchgezeiten

E-Book-Version 23.08.2023, 11:38:42.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Ein Schotte zum Heiraten

Prolog: Der Tanz mit der Diva

Ewan blieb in Position. Soeben wurde der Take erneut abgebrochen, weil Sara King die Schrittfolge vergessen hatte.

»Verdammt noch mal, wer hat sich den Mist ausgedacht?« Ihr stechender Blick fuhr über die versammelte Crew, bevor er sich auf Chris Cross einschoss. »Wie soll ich an zwei Stellen zur selben Zeit sein?«

»Sara, Liebes, es ist ganz einfach.« Chris wieselte durch die Reihe der Tänzer, die sich zur Hauptfigur des Videos umgedreht hatten. Genau wie Ewan selbst wollten sie abschätzen, ob es sich lohnte, die Aufstellung zu verlassen. Die Pop-Diva stemmte die Hände in die Hüften. Ihre blauen Augen verengten sich und warnten einen aufmerksamen Beobachter, ihr nicht zu widersprechen. Chris jedoch stellte sich neben sie und demonstrierte, wie einfach es war, die Schrittfolge einzuhalten.

Ewan wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er verfolgte amüsiert, wie Sara Chris mit brennenden Augen durchlöcherte. Das erwartete Donnerwetter blieb jedoch aus. Ewan kannte Sara nicht persönlich, war von seinem Agenten aber eingehend instruiert worden, wie er mit der Diva umgehen sollte: kein Widerspruch, kein Unmut und auf keinen Fall starren. Nun, dass sie ein explosives Gemüt hatte, war weltweit bekannt. Ewan blieb fasziniert. Seine Mutter hatte er als sanfte Person in Erinnerung und da wunderte es ihn, dass sie die Musikerin so verehrt haben sollte. Aber es gab sogar Videomaterial, auf dem sie – mit Ewan zusammen – zu der Musik der Diva tanzte.

»Und jetzt folge mir.« Chris wiederholte die Moves langsamer. »Komm, Sara, Herzchen, ich weiß, wie agil du bist. Beweg deine Hüften und nun …« Chris stellte sich hinter die Sängerin und legte die Hände gespreizt an ihre Taille. »Und nun …«

Mit langsamen Bewegungen führte er sie durch die Schritte. »Perfekt, Sara, Liebes, diese Moves sind für dich gemacht!«

Der neue Durchgang erfolgte in schnellerem Tempo. Saras Gesicht leuchtete auf und ließ sie gute zehn Jahre jünger aussehen, als sie ohnehin geschminkt war.

»Siehst du?« Chris führte sie erneut durch die Schrittfolge, wobei er dicht hinter ihr stand. Seine Hand rutschte auf ihren Unterbauch. Ewan schüttelte den Kopf. Es war zu intim und ließ Fragen offen.

Jason, einer der anderen Tänzer, gesellte sich zu ihm. Er verschränkte die Arme vor der Brust und wippte auf seinen Fußballen. »Wenn ich nicht wüsste«, sagte er mit einem bedeutenden Blick auf das Duo, »dass er schwul ist, müsste ich denken, dass da was läuft.«

Ewan schmunzelte und zuckte die Achseln. »Selbst wenn nicht …« Jeder musste selbst wissen, wie angreifbar er sich machen wollte, und wenn es den beiden gefiel, vor der gesamten Crew herumzumachen, war es deren Problem.

Jason runzelte die Stirn. »Ich frage mich, wie sie wohl ohne Make-up aussieht.«

Auch diesen Kommentar wischte Ewan mit einem Schulterzucken fort.

»Du nicht?« Jason wandte dem Paar den Rücken zu und musterte ihn. »Komm schon!«

»Nein.«

Der Kollege verdrehte die Augen. »Ich nehme an, du fragst dich eher, was Chris in der Hose hat.« Mit der Bemerkung ließ Jason ihn stehen. Ewan presste die Lippen aufeinander, um seine Meinung für sich zu behalten. Noch ein Tipp von Marc: Nicht denken, nur nicken. Natürlich zielte der Ratschlag auf Sara ab und nicht auf die anderen Mitwirkenden an dem Musikvideo, aber letztlich war es wohl besser, generell die Klappe zu halten.

»Musik!«, rief Chris enthusiastisch, was Ewan ablenkte. Der Durchgang lief ohne Patzer in Originalgeschwindigkeit.

»Wie für mich gemacht!« Sara sah sich um. Sie atmete schwer, Schweiß lief ihr über die Schläfen und verwischte ihr Make-up. »Dann machen wir den Take endlich!«

Ewan lockerte die Muskeln, als Chris in seinem üblichen fröhlichen Singsang widersprach.

»Zuckerschnute, zunächst richten wir dich wieder her.« Er legte den Arm um die Schultern der Diva und führte sie unter gutem Zureden aus dem ausgeleuchteten Bereich. Damit zerstreuten sich die Backgroundtänzer, die bisher ihre Position eingehalten hatten. Jede Pause war Gold wert und konnte sinnvoller zugebracht werden als damit, in die Luft zu starren. Ewan schnappte sich seine Flasche Wasser und ließ das Set hinter sich. Nur Sara hatte einen Raum, in den sie sich zurückziehen konnte, die restlichen Anwesenden mussten sich damit begnügen, auf dem Boden zu sitzen, denn die Location bot keinerlei Komfort. Der Take wurde in einer abgewrackten Lagerhalle in den Docks von Seattle aufgenommen, bevor die gesamte Entourage nach Florida weiterzog. Fünf Tage waren für den Dreh angesetzt, was bedeutete, dass sie diesen Take zwingend heute abschließen mussten. Ewan lehnte sich gegen einen Pfeiler und legte den Kopf in den Nacken. Schon der Vortag war anstrengend gewesen, schließlich hatten sie nur den einen Tag gehabt, um die Choreographie zu lernen, und das, nachdem er einen Fünfzehn-Stunden-Flug hinter sich gebracht hatte.

Ein Pfiff schreckte ihn auf. Alex Gray winkte ihm zu. Der Freund und Kollege befand sich bereits wieder auf seinem Platz und auch die anderen Tänzer beeilten sich, ihre Positionen wieder einzunehmen. Ewan lief los, irritiert, dass Saras Instandsetzung so rasch vonstattengegangen sein sollte. Allerdings war es nicht die Diva, die in der Mitte der Bühne stand, sondern eine Blondine in identischer Kostümierung.

Chris flatterte um sie herum und rief den männlichen Tänzern Anweisungen zu. »Wir haben dreißig Minuten, nutzen wir sie weise!«

Ewan war der Letzte in der Rautenformation und schüttelte die Arme und Beine aus, um die Muskeln zu lockern. Die Musik setzte ein und er spulte seine Schrittfolge ab, bis die Melodie abbrach. Chris klatschte begeistert.

»Wundervoll! Genau so habe ich es mir vorgestellt! Noch einmal, aber Liv, dieses Mal schmiegst du dich bitte an ihn.« Seine Hand flatterte vor Jasons Nase herum. »Sara möchte es intensiver.« Der Choreograph verdrehte für jeden offensichtlich die Augen. »Geben wir ihr Frischfleisch!« Er demonstrierte es, indem er sich auf Jason warf, den Arm um seinen Nacken schlang und das Bein anhob. »Na komm schon!« Er schnappte sich Jasons Hand und wollte sie an sein Bein legen, aber der Tänzer entwand sich ihm schnell.

»Bist du sicher, dass Sara das will?«, blaffte er. »Ich glaube, dir gefällt einfach nur die Vorstellung, uns alle begrapschen zu können!«

Chris’sonst so fröhliche Miene verkniff sich. »Und ich glaube, wir brauchen einen qualifizierteren Tänzer im Herzen der Aufnahme.«

»Ich bin der …« Jason trat drohend auf den schmaleren Mann zu, der ihm gelassen den Rücken kehrte.

»Also, wer traut sich zu, die Rolle zu übernehmen?« Sein Blick sprang von einem zum anderen und blieb erst bei Ewan hängen. Chris verengte die Augen und spitzte die Lippen, wobei er den Kopf wiegte. »Kennedy, oder?«

Ewan stieß den Atem aus, schließlich legte sich auch der schneidende Blick des zu ersetzenden Kollegen auf ihn.

»Du warst Saras erste Wahl.« Er winkte ihn zu sich. »Deine Zusage kam nur zu spät. Na komm schon.«

Ewan zuckte die Achseln. Er konnte mit Jasons Groll leben, wenn er dadurch die Stelle als erster Tänzer bekam. Lediglich die neue Schrittfolge machte ihm Sorge. Chris’Blick fiel anerkennend an ihm herab, als Ewan vor ihn trat. Sein Grinsen bezeugte, dass es ihm durchaus gefiel, Saras Rolle kurz zu übernehmen. »Irgendwelche Einwände?«

Ewan schüttelte den Kopf. Chris vergewisserte sich, dass Liv zuschaute, bevor er sich an ihn klammerte wie zuvor an Jason. Vorgewarnt fing Ewan Chris’Knie auf und drehte sich in die erste Figur.

Chris lachte auf. »Dein Enthusiasmus gefällt mir.« Sein Zwinkern war eindeutig.

Ewan stellte ihn ab. »Ich frage mich nur, wie wir die Position wechseln wollen, wenn wir faktisch aneinanderkleben.« Ursprünglich war vorgesehen, dass Jason und seine Tanznachbarn Lars und Alex um die Grande Dame des Pop herumtanzten.

Chris wischte die Bemerkung mit einem Wedeln seiner manikürten Finger davon. »Du drehst Sara zur Seite, damit Alex sie übernehmen kann, und siehst zu, dass du nicht aus dem Takt gerätst.« Er klatschte in die Hände. »Aufstellung, Mädels!«

Ewan schüttelte innerlich den Kopf. Momentan gab es nur Liv am Set, wodurch Mädels fast beleidigend klang.

»Ach, und wo soll ich hin?«, fragte Jason. Sein Blick war so ätzend, dass Ewan erwartete, Chris würde augenblicklich in Flammen stehen. Die Antwort des Choreographen ließ jedoch auf sich warten. Zunächst wandte er sich absolut gelassen dem dampfenden Tänzer zu, bevor sein Blick über ihn glitt und nichts als Verdruss zeigte.

»An die freie Stelle natürlich.«

Jason lief rosa an. »Ich kenne die Schrittfolge aber nicht!«

Chris verdrehte die Augen. »Warum werden Dilettanten eingestellt?«

Der verunglimpfte Tänzer machte einen Schritt auf ihn zu, stoppte dann aber von selbst. Seine Wut blieb trotzdem sichtbar, denn er schob das Kinn vor und ballte die Fäuste.

»Na gut, alle, die wissen, was sie zu tun haben, machen zehn Minuten Pause!«

Ewan blieb nichts anderes übrig, als auf der provisorischen Bühne zu bleiben. Chris fing seinen Blick auf. »Du zuerst. Schau gut zu!«

Ewan nickte und verfolgte die Schrittfolge, um sie zu kopieren. Es waren im Grunde seine Schritte, die er am Ende der Formation ausgeführt hätte, mit wenigen Ausnahmen.

»Wunderbar, und nun die kleine Änderung.« Chris nahm die Position in der Mitte ihrer Formierung ein, die später Sara ausfüllte. Mit dem Einsetzen der Musik landete er wieder in Ewans Armen, rekelte sich lasziv an ihm und ließ sich dann fortschieben. »Ein Naturtalent.« Chris tätschelte seine Brust. »Mach deine Pause. Ewan, nicht wahr? Schotte.« Es war mehr ein Gurren, trotzdem behielt Ewan seine Gelassenheit.

»Aye.«

Chris lachte, tappte wieder auf seine Brust und zwinkerte ihm zu. »Kein Wunder, dass du ihr gefällst.« Damit drehte er sich weg und fasste Jason ins Auge.

Ewan folgte seinem Blick, weshalb er die mühsam in Schach gehaltene Aggression des Kollegen bemerkte.

»Kommen wir zu dir.« Chris stemmte die Hände in die Hüften. »Alex!«, rief er. »Zeig ihm seine Schritte. Der Rest: noch fünf Minuten.«

Abgefertigt. Ewan hatte Mitleid mit Jason, allerdings war das Showbiz ein hartes Pflaster und es waren unzählige Kompromisse nötig, um dort zu bestehen. Zur Not fraß man eben Fliegen – oder flirtete mit Partnern, die nicht der eigenen Vorliebe entsprachen.

Eine Hochzeit in den Highlands

»Zwei Dinge, Iona!« Sina drehte sich zu mir um, als müsste sie sich vergewissern, dass ich ihr zuhörte. »Sie ist eine Bitch.« Ihr Finger wedelte vor meinem Gesicht herum. »Und er ein Opportunist.«

Ich riss vor Überraschung die Augen auf. Meine Chefin war eine Geschäftsfrau durch und durch, daher war es mehr als ungewöhnlich, sie abfällige Worte über unsere Kunden oder deren Gäste sagen zu hören.

»Ich erwarte trotzdem absolute Professionalität von dir.«

Ich nickte schnell. »Natürlich.«

Sie lächelte mir zu und zwinkerte. »Du siehst verschreckt aus. Habe ich dich etwa schockiert?« Ihr blondes Haar war aufgesteckt, genau wie meines, und wir trugen identische Kleidung: einen knielangen, schwarzen Rock, eine weiße Bluse und einen taillierten Blazer. Darunter versteckte sich eine unauffällige Gürteltasche für Schlüsselkarte und Telefon.

»Irgendwie schon.« Wir befanden uns vor der Location unserer nächsten Hochzeit, dem Schlosshotel Farquhar, in dem einige unserer Aufträge abgewickelt wurden. Es war windig, wie üblich so weit oben im Norden, aber das war ich gewohnt.

»Wir sind leidgeprüft, aber diese Nummer wird noch einmal haarig.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Sei freundlich, reiß dir ein Bein aus, das Übliche eben. Auch wenn wir uns mit diesem Auftrag keine Freunde machen, aber ein Versprechen ist nun mal ein Versprechen.« Sie sog tief den Atem ein. »Auf geht’s!«

Das war mal eine merkwürdige Ansprache. »Sina«, hielt ich sie schnell zurück. »Was für ein Versprechen?«

Sie zuckte die Achseln. »Geht dich nichts an.« Sie zwinkerte wieder, drehte sich weg und joggte die Stufen zum Tor hinauf. »Beweg deinen sexy Hintern, Iona!«

Ich schnaubte verdrossen. Immer Zuckerbrot und Peitsche gleichzeitig, und ich wusste nie, wo ich tatsächlich bei ihr stand. Wir teilten uns die Aufgabenbereiche, arbeiteten dadurch eng zusammen, aber freundschaftlich ließe sich unser Verhältnis nicht nennen. Nun, das war wohl auch besser so, denn eigentlich war ich eine fiese Spionin, die sie für ihren Freund, den Viscount of Kinross, im Auge behielt.

»Selber!«, gab ich flachsig zurück. Die Stufen sprang ich hoch, um als Erste oben anzukommen und ihr die Tür aufzuhalten. »Mylady.« Die Betitelung stände ihr offiziell zu, wenn sie besagten Viscount, der zufällig auch noch über Ecken mit mir verwandt war und mit dem ich sozusagen aufgewachsen war, heiratete. Denn Islay Campbell war nicht nur der Viscount of Kinross, sondern auch der Erbe des Earl of Kinbrace, der wiederum das Oberhaupt des Clans Campbell war.

»Nicht lustig!«, warnte sie, als sie an mir vorbeiging. »Und wenn du mich weiter mit dem verfluchten Titel aufziehst, schmeiß ich dich raus.«

Ich brauchte keine weitere Bestätigung, dass sie sich immer noch nicht dazu entschlossen hatte, in den sauren Apfel zu beißen und meinen Cousin Islay zu heiraten. Dabei war er gar nicht so übel. Etwas unsicher, aber ich mochte ihn. Auch wenn ich die Bespitzelung seiner Freundin schon für leicht daneben hielt – ich wäre fuchsteufelswild, wenn ich an ihrer Stelle wäre und nicht nur kontrolliert, sondern von meinem engsten Umfeld auch noch belogen werden würde. Aber generell war Islay eben … Islay. Und meine Loyalität galt ihm. Er war das Nächste, was ich an Familie noch hatte, auch wenn es nur sehr weitläufig war.

Ich folgte Sina in die imposante Lobby. Farquhar besaß dieses altertümliche Flair, das einen gleich gefangen nahm. Es war opulent restauriert worden, daher strahlte das Blattgold mit den riesigen Kristalllüstern um die Wette. Die Fresken waren beeindruckend, die Gemälde atemberaubend und das gesamte Schloss ein Traum.

»Sina!« Die Besitzerin des Hotels kam um den Tresen der Anmeldung herum und flog auf meine Chefin zu, um sie zu umarmen. »Na endlich!«

»Entschuldige«, murmelte diese, wobei sie Mrs Carolina McDermitt an sich presste. »Islay dreht durch.« Sie verdrehte die Augen, löste sich und wandte sich zu mir um. »Du erinnerst dich an Iona?«

»Natürlich, schließlich hat sie dich mehr als einmal vertreten und …« Mrs McDermitt brach ab, zuckte die Achseln mit einem verlegenen Lächeln und streckte die Hand aus, um meine zu schütteln. »Schön, Sie wieder hier zu haben.«

»Ich freue mich auch. Farquhar ist meine Lieblingslocation.« Ich zog die Hand zurück und wartete, dass Sina den nächsten Schritt vorgab. Die strahlte aber die Hausherrin an.

»Ich habe dir so viel zu erzählen.«

Mrs McDermitt winkte ab. »Du treibst deinen Mann in den Wahnsinn, weil du nicht bei ihm und den Kindern bleiben willst.«

Ich horchte auf. Die Tochter meiner Chefin war zwei Jahre alt und ein Einzelkind.

Sina lachte. »Diese Petze!«

»Tja, er hofft wohl auf einen Erben.« Carolina McDermitt zwinkerte. »Schließlich hast du versprochen, ihn zu heiraten, wenn du einen Jungen erwartest.«

Sina verkniff die Lippen. »Dieser verfluchte Titel.« Sie warf mir einen Blick zu, fing sich aber schnell. »Na ja, konzentrieren wir uns doch erst einmal auf das Mega-Event!«

»Wie du willst. Ihr habt eure üblichen Zimmer und dich sehe ich hoffentlich zum Abendessen.« Mrs McDermitt lenkte ihre Schritte zur Rezeption und verschwand dahinter, um unsere Schlüsselkarten herauszuholen. »Wenn du etwas brauchst …« Sie zuckte die Achseln.

»Same procedure as always.« Sina grinste breit. »Ich freue mich auf später.« Dann warf sie mir einen Blick zu. »Beziehen wir die Zimmer und treffen uns in einer halben Stunde im Salon.«

Der Salon war unser Büro, wenn wir hier eine Hochzeit planten, und war mit Multimedia-Tools ausgestattet.

»Okay.«

Sina machte keine Anstalten, die Rezeption zu verlassen. Ich drehte mich irritiert fort, nur um wieder zurückzuschauen. Sie lächelte freundlich, folgte mir aber nicht. Ich hatte, genau wie sie, einen Schlüssel für den Van und war damit nicht auf ihre Begleitung angewiesen. Also wandte ich mich um und verließ das Schloss. Wir standen unerwünschterweise direkt in dem gekiesten Rondell vor dem Haus. Eigentlich sollten Wagen auf dem Parkplatz eine Meile entfernt geparkt werden, aber für Sina wurde häufig eine Ausnahme gemacht. Ich sperrte gerade den Fond auf, als ein Korso an Limousinen die Auffahrt hinunterkam. Ich schaute ihnen entgegen, wobei ich haderte, ob ich nicht besser den Wagen fortfuhr. Das Rondell war zwar groß, aber bei Weitem nicht so riesig, dass fünf Stretchlimousinen in ihm halten konnten, wenn auch noch ein Van im Weg stand.

Das erste Fahrzeug blieb stehen, das Fenster glitt herab und ein männlicher Kopf streckte sich heraus.

»Fahren Sie den Wagen weg!«

Meine Reaktion bestand aus einem hoffentlich trotzigen Blick.

»Machen Sie Platz!«

Die Flügeltür wurde geöffnet und aus dem Hotel strömte ein Heer an Dienstboten nebst Mrs McDermitt. Ich fing ihren Blick auf, der die Bitte trug, den Weg zu räumen, obwohl sie sich die verbale Aufforderung verbiss. Also schlug ich die Türen wieder zu, umrundete den Van und stieg brav ein, um ihn an seinem vorgeschriebenen Platz zu parken. Auch wenn das hieß, meinen Koffer und das Equipment eine Meile durch die Gegend schleppen zu müssen. Im Rückspiegel verfolgte ich, wie der Korso sich ebenfalls in Bewegung setzte, um die Insassen einen nach dem anderen genau am Fuß der Treppe herauszulassen. Waren das unsere Hochzeitsgäste? Wohl nicht, schließlich hatten wir zwei Wochen Planungszeit eingerechnet und trafen meist erst wenige Tage vor der eigentlichen Hochzeit auf das Brautpaar.

Mein Telefon klingelte und ich hielt an, um es aus meiner Gürteltasche zu kramen. Da ich mich nicht angeschnallt hatte, war es kein Problem.

»Campbell.«

»Wo willst du hin?«, fragte Sina belustigt.

»Ich musste das Rondell räumen.«

»Seh ich. Stell dich einfach wieder an. Die Limousinen dürfen auch nicht stehen bleiben und du willst unser Equipment nicht vom Parkplatz zum Hotel schleppen, oder?« Sina lachte an meinem Ohr. »Dreh um.«

»Okay, wie du meinst.« Ich legte auf und wendete. Vor mir stieg eine Frau aus der mittleren Limousine. Sie sah sich langsam um. Ihre Sonnenbrille war für die in Schottland üblichen Lichtverhältnisse übertrieben und sollte sicherlich eher das Gesicht verstecken. Die Gläser waren riesig und erinnerten an die Siebziger. Ihr Mantel stand offen, wodurch ich ihre Hot Pants und das kurze Top sehen konnte, das an der Seite geknotet war. Ein Stilbruch, schließlich hatte man Knoten in den Shirts ein Jahrzehnt nach den Sonnenbrillen getragen, und die Cowboystiefel passten auch nicht unbedingt. Aber sexy war sie, das musste ich ihr zugestehen. Mrs McDermitt sprach sie an und geleitete sie persönlich die Stufen hinauf. Aus dem nächsten Wagen stiegen sechs Personen, die sich beeilten, ins Haus zu gelangen, und aus dem letzten kletterte ein Männerquintett, das wiederum keine Eile hatte. Sie scherzten lauthals miteinander und standen den Bediensteten im Weg, die die Koffer aus dem Heck holen wollten. Alle fünf waren groß und muskulös. Sie sahen in ihren Jeans und abgerissenen Shirts nicht aus, als könnten sie sich einen Aufenthalt auf Farquhar leisten.

Endlich fuhr die letzte Limousine los und ich konnte deren Platz einnehmen. Die fünf Männer flachsten immer noch auf den Stufen herum, ansonsten hatten sich alle Personen ins Schloss zurückgezogen. Damit stand ich trotzdem allein mit dem Equipment da. Ich sprang aus dem Van, schlug die Tür zu und schob mein Telefon zurück in die Hüfttasche.

Neben den Laptops gab es die Ordner des jeweiligen Auftrags, in denen alles noch einmal auf Papier festgehalten wurde für den Fall, dass die Elektronik versagte. In ihnen stand alles Notwendige abgeheftet. Nummern und Adressen der Lieferanten und wichtigen Gäste. Verträge, Absprachen, Sonderwünsche, alles, was von irgendeiner Bedeutung war und griffbereit sein sollte. Der Van war damit überproportional, aber Sina war stets lieber zu gut vorbereitet, als dass es zu Ausfällen kam. Es nervte zwar gewaltig, hatte aber auch seine Vorteile. Wenn etwas schiefging, war ein Backup bereits vorhanden.

Ich stopfte mir die Ordner unter die Arme, nachdem ich mir die Laptoptaschen umgehängt hatte, und stieß die Hecktür mit der Hüfte zu. Schwer beladen stieg ich die Stufen hoch.

»Na komm schon, Ewan!«

»Ich bin doch kein Idiot!«

Ein Dritter lachte. »Doch, bist du. Schlag ein!«

»Jetzt lasst ihn doch.«

Ich sah auf, da ich den Stimmen näher kam, und wich den Männern aus. Trotzdem rettete ich mich nicht.

»Hey«, sprach mich einer der Typen an. Er war brünett und sein Grinsen war eindeutig. Zwar war er nicht schlecht anzusehen und offensichtlich gut trainiert, aber das machte ihn nicht attraktiver. »Wer bist denn du?« Sein Englisch klang ungewöhnlich. Quakend, zu lang gezogen und irgendwie falsch.

»Ich müsste hier durch, Sir.« Ich machte auf der Stufe einen Schritt zur Seite, um an ihm vorbeizugehen, aber er schnitt mir erneut den Weg ab.

»Lass mich dir helfen, Süße.« Er griff nach einem der Ordner, wobei er an meiner Brust vorbei schrappte.

»Hey!«

»Komm schon, ich will dir doch nur helfen.« Er kam eine Stufe hinunter, damit ich ihm nicht ausweichen konnte.

»Jason.« Einer der anderen trat von hinten an uns heran. »Die Lady ist beschäftigt und du betrunken. Lass sie durch.«

»Danke, Sir.« Ich sah zu ihm rüber und nickte. »Wenn ich nun meinen Weg fortsetzen könnte.« Meinen Blick richtete ich wieder auf Jason. »Das Hotel besitzt eine Bar. Dort finden Sie sicher Anschluss.« Zwar war ich davon nicht überzeugt, aber es war besser, ihn abzulenken, als es auf eine Konfrontation ankommen zu lassen.

»Das klingt doch geil!« Eine Hand schlug auf die Schulter des Mannes vor mir, bevor der dazugehörige Typ in mein Blickfeld trat. »Komm schon, Jason. Plündern wir die Bar. Alex, du auch!«

»Darf ich Ihnen einen der Ordner abnehmen?«, sprach mich der schwarzhaarige Typ an, der Jason zuvor ablenken wollte. Alex. Nicht, dass ich vorhatte, mir die Namen zu merken! »Die sehen schwer aus.«

»Danke, aber wenn man mich durchließe, wären die Ordner kein Problem für mich.«

Sein Grinsen wurde breiter. »Jason, Alex, lasst sie durch.« Sein Akzent war kaum herauszuhören, aber er war ebenfalls kein Brite.

»Wenn ihr mich fragt, solltet ihr euren Rausch ausschlafen und keine Bediensteten belästigen.« Der jedoch, ebenfalls schwarzhaarig und muskelbepackt, war definitiv ein Landsmann. Er kam auf uns zu und griff nach dem Shirt meines Hindernisses, um es fortzuziehen. »Rein mit euch. Wir müssen uns noch anmelden, und hungrig bin ich auch.« Er schubste Jason und deutete mit dem Kopf in Richtung Haupttor, während er den Blick der anderen beiden Männer auffing.

»Ewan hat recht«, rief der andere Blonde auf seinem Weg nach oben. »Lasst uns einchecken und eine Pause einlegen.«

Ich seufzte und nutzte den freien Weg, um die Barrikade zu durchbrechen. Die Tür wurde mir aufgehalten, wofür ich mich bedankte. Ich bog links ab, dann in den Südtrakt und nahm dort die erste Tür. Die Anordnung der Tische hatte sich geändert, wodurch ich mich erst zurechtfinden musste. Die Ordner parkte ich auf dem ersten Tisch. Die Laptoptaschen folgten, dann drehte ich mich im Kreis, um mich zu sortieren. Sina schätzte Ordnung und Gradlinigkeit und ich konnte mir vorstellen, was sie hierzu zu sagen hatte. Seufzend machte ich mich an die Arbeit und stellte alles um.

»Was genau treibst du hier?« Sinas Stimme ließ mich aufschrecken. Ich fuhr herum, wobei meine Hand an den Hals sprang.

»Herrgott!«

Sina lehnte in der Tür, hatte die Arme verschränkt und den Kopf schräg gelegt. »Habe ich dich schon wieder erschreckt? Hast du etwa ein schlechtes Gewissen?«

Mein Herz sackte ab, aber ich überspielte es mit einem Schulterzucken. »Ich wollte um eine Gehaltserhöhung bitten, sobald wir zurück in Kinbrace sind. Deswegen strenge ich mich besonders an.« Das hatte ich mir zwar aus den Fingern gesogen, aber so schlecht war die Idee am Ende gar nicht. Eigentlich bemühte ich mich nur redlich, meinen Job gut zu machen. Nicht den der Hochzeitsplanerin, denn eigentlich konnte ich nicht gut mit Menschen umgehen, sondern den der Hüterin meiner Chefin. Sie machte es mir nicht sonderlich schwer, schließlich flirtete sie nie oder saß stundenlang an der Bar. Daher hatte ich vielleicht ein klitzekleines schlechtes Gewissen.

Sie schnaubte verdrossen. »Du bist ein Aasgeier, Iona.«

»Ich spare, das weißt du doch.«

Sina nickte bedeutend. »Raus damit, was machst du hier?«

Wieder hob ich die Schultern. »Die Tische waren verstellt. Ich wollte dir dein Arbeitsumfeld vorbereiten.«

Ihr Blick wanderte durch den Raum. »Du hast alles umgestellt?«

»Ja.« Ich gab dem Tisch, an dem ich stand, einen Schubs. »Damit alles so ist wie sonst.«

»Hast du ein Problem mit Veränderungen?«

Perplex sperrte ich den Mund auf, bevor ich stotterte: »Wie bitte?«

»Mir ist es ziemlich gleich, wie die Tische stehen, solange wir Licht, Strom und Platz haben.« Sie deutete in den Raum. »Du hättest nichts umstellen müssen, es sei denn, es stört dich, wie es war.«

»Ähm.« Was sollte ich dazu sagen? »Eigentlich dachte ich …«

Ihr Blick ließ mich abbrechen.

»Okay, da habe ich mich wohl geirrt. Mittagessen?« Damit durchquerte ich den Salon und blieb vor ihr stehen. »Mir fehlen noch die Details.«

Sie nickte. »Stimmt.« Sie deutete in den Flur. »Wir sollten uns beeilen, bevor die Küche schließt.«

Ich folgte ihr zwei Räume weiter in den ehemaligen Prunkspeisesaal des Schlosses, der nun ein erstklassiges Restaurant war. Sina wählte den Tisch, den wir immer nahmen, und setzte sich auf die übliche Seite. Aber natürlich war sie kein Gewohnheitstier. Ich verkniff mir noch gerade so mein Schnauben, das sie sicherlich hinterfragt hätte, und nahm selbst Platz. »Also?«

»Ich schicke dir das Portfolio, dann hast du alles schwarz auf weiß.« Sie drehte sich um und schaute nach der Bedienung.

»Willst du mich echt auf heißen Kohlen sitzen lassen nach deiner Ansage?« Ich sparte mir die Wiederholung, schließlich kam die Kellnerin auf uns zu und es wäre nicht gut, Sinas uncharmante Bezeichnung unserer neuen Klienten zu wiederholen, wenn man mich hören konnte.

Sina zwinkerte, bevor sie sich an die Bedienung wandte: »Irgendwas mit Pfeffer, und Wasser Medium, bitte.«

Ich lächelte freundlich. »Ich brauche noch Inspiration.« Innerlich schüttelte ich den Kopf. Etwas mit Pfeffer? Das war fürchterlich ungenau für meine Chefin. »Und eine Coke Zero, bitte.«

Die Kellnerin nickte und verschwand wieder.

Ich richtete meinen Blick erwartungsvoll auf Sina, damit sie endlich mit der Sprache herausrückte. »Also?«

»Sagt dir Sara King etwas?«, fragte sie hintergründig, wobei sie sich auf dem Tisch abstützte und sich vorbeugte.

»Klar.« Ich zuckte die Achseln und ahmte ihre Haltung nach. »Die Pop-Diva schlechthin.« Um die kam man nicht herum, wenn man Radio hörte, und ich war eine ausgemachte Nostalgikerin. Ich hörte nicht nur im Auto, sondern auch zu Hause bevorzugt Sender und kaufte mir nur sehr selten ein Album.

»Ach, ich vergaß.« Sie verdrehte die Augen. »Radio.« Sie prustete. »Du bist jünger als ich und doch so verschroben!«

»Meine Mum liebte das Radio«, verteidigte ich mich angefressen und lehnte mich zurück. Sina verengte die Augen.

»Aha. Sie war nicht zufällig ein großer Fan von Sara King?«

Alarmiert schaute ich auf. Mein Herz pochte hart in meiner Brust und ein Frosch saß mir quer im Hals. Mein oberster Auftrag lautete, die Verbindung zwischen ihrem Lebenspartner und mir nicht zu offenbaren. Islay hatte zwar unsere lose Verwandtschaft eingeräumt, aber verschwiegen, dass ich die Tochter der Haushälterin war, die ihn praktisch aufgezogen hatte. Es würde Sina nur unnötig vorsichtig in meiner Gegenwart machen und das Ausspionieren schwieriger gestalten. Eigentlich konnten wir uns das längst sparen, da sie ihm offensichtlich treu war, aber ich wollte Islay nicht vorgreifen. Es war an ihm, die Wahrheit zu sagen. Oder? Nervös und unsicher hob ich die Mundwinkel. »Viele Frauen im Alter meiner Mutter werden Sara King gut finden.«

Sina hob eine Braue. »Vermutlich.«

Da es angeraten war, schnell abzulenken, gab ich dem Gespräch eine kleine Wendung. »Also, was ist mit Sara King? Wird sie auftreten? Dann haben wir eine verdammt illustre Gesellschaft zu erwarten, hm? Und sicherlich keine blutjunge Braut.«

Sina schnaubte. »Sicherlich keine junge Braut.«

»Komm schon, wer ist es? Irgendwer Royales?« Da gab es zwar kaum mehr Auswahl, aber ein paar Verwandte des Königshauses fand man immer. Vielleicht Andrew oder Louis Spencer? Ich grinste begeistert. Zwar konnte ich auf den Prinzen gut verzichten, aber Viscount Althorp war durchaus interessant.

»Das hättest du wohl gern, hm?« Ihr Augenaufschlag war deutlich. Sie hielt mich für eine Mitgiftjägerin.

Ich lachte auf. »Hey, ich bin eine Campbell, ich erkämpfe mir, was ich haben will. Ohne Rücksicht auf Verluste!«

»Danke für die Warnung.« Sie lehnte sich zurück, da die Bedienung wieder da war und mir die Karte reichte, bevor sie die Getränke auf den Tisch stellte. »Euer Familienmotto, hm?«

Da klang etwas mit, was mich augenblicklich auf der Hut sein ließ. Mir war bewusst, dass zwischen ihr und Islay häufig mal die Fetzen flogen, und wollte nicht der Grund dafür sein. »Zielstrebigkeit ist keine schlechte Eigenschaft«, griff ich auf. »Und manchmal muss man eben ruchlos sein.«

Sie nickte bedeutend. »Wie warst du noch einmal mit meinem Mann verwandt?«, erkundigte sie sich sanft. »Wie viele Ecken waren es?«

»Soll ich dir den Stammbaum aufmalen?« Mein Achselzucken sollte sie beruhigen. »Wir sind Cousins fünften Grades. Meine Mutter und sein Vater haben einen gemeinsamen Vorfahren, der irgendwann Ende des 19. Jahrhunderts gelebt hat.«

»Hm.«

»Was so weitläufig ist, dass wir sagen können, nicht verwandt zu sein.« Mein Glas lockte und ich nippte schnell an der prickelnden Cola. »Aber lassen wir uns nicht ablenken. Wer ist unsere bezaubernde Braut und wen hat sie sich angelacht?« Mir kam ihre Bemerkung in den Sinn und ich stutzte. Eine Bitch und ein Opportunist? Dann war wohl kein Royal involviert, es sei denn, die Braut war vermögend.

»Sara King.«

Mir klappte der Mund auf. »Wirklich?« Innerlich kreischte ich wie ein Teenie, der auf sein Idol treffen sollte. Na ja, weit entfernt lag die Realität nicht, nur dass ich eben in den Zwanzigern war.

Sina nickte bedeutend. »Höchstselbst.«

»Nicht zu fassen!« Meine Stimme quietschte unangenehm. »Ich habe gar nicht gehört, dass sie liiert sein soll. Wen heiratet sie denn so überstürzt?«

Sinas Hand wedelte in der Luft herum. »Einen Niemand. Einen ihrer Backgroundtänzer.«

»Aha.« Was für ein abgeschmacktes Klischee. Trotzdem ging ich gedanklich Bild für Bild ihres letzten Musikvideos durch. Es waren gut ein Dutzend Männer in ihm, womit ich den Kreis nicht einengen konnte. Jedoch fiel mir auf, dass sich die Kerle von der Treppe durchaus zuordnen ließen. »Echt?« Auf den ersten Blick waren alle fünf sexy, aber ausgemachte Arschgeigen. Ich verdrehte die Augen. »Na, wo die Liebe hinfällt.«

Sinas Braue verschwand unter ihrem Pony. »So naiv wirst du nicht sein.«

Das ärgerte mich. »Und du nicht so voller Vorurteile.« Immerhin war sie seit Jahren mit einem Viscount zusammen, der sie heiraten wollte.

Sina lachte auf. »Okay. Im Zweifel für den Angeklagten, aber … ich bekam die Anfrage letzte Woche. Ich wollte absagen, weil ich es bevorzuge, genügend Zeit für die Planung zu haben.«

»Aber?«

»Islay bat mich, den Auftrag anzunehmen.« Sie zuckte die Achseln. »Zu Ehren seiner toten Tante, die ein Riesenfan von Sara King gewesen sein soll, und eines Cousins.«

Hitze stieg mir in die Wangen und seine Geste rührte mein Herz. »Tja«, krächzte ich. »Sicher sind einige Campbells …«

»Aber sicher.«

Um mich abzulenken, blätterte ich schnell durch die Speisekarte.

»Der Punkt ist, dass ich mir mit dem Auftrag keinen Gefallen tue. Sie hat fünf britische Agenturen angefragt und keine wollte sie nehmen.«

Das klang ernst. »Vielleicht wegen der Kurzfristigkeit.«

»Oh, das weißt du besser.«

Mein Seufzen kam aus tiefstem Herzen. »Sie ist eine fürchterliche Diva.« Es gab genügend Reportagen über sie und ebenso viele Enthüllungsgeschichten von ehemaligen Angestellten, aber auch Hotelmanagern, die sie nicht mehr auf die Gästeliste setzten. »Weiß Mrs McDermitt, worauf sie sich einlässt?«

»Wohl nicht«, murrte Sina. »Denn sie war vollauf begeistert.«

»Tatsächlich?«

»Dieser ominöse Cousin ist vielleicht ein Verwandter der McDermitts. Bei den ganzen Cousins blicke ich nicht durch. Ach, und Mrs McCollum, ihre Haushälterin, ist ebenfalls ein Fan. Für die würde Carolina sogar den Teufel höchstpersönlich beherbergen.« Sina machte eine entnervte Miene. »Wir werden allerhand zu tun haben, die Fans auf Abstand zu halten.«

»Also erhöhtes Securitylevel.« Mein Nicken war obligatorisch. »Hast du die Lieferanten bereits kontaktiert?«

»Nein.« Sina nippte an ihrem Wasser, als die Kellnerin zurückkam und nach meinen Wünschen fragte.

»Oh, den Lachs. Danke.« Ich wartete, bis sie aus meinem Sichtfeld verschwunden war, bevor ich den Faden wieder aufnahm. »Ist das mein Job?«

»Wir haben noch keine endgültige Speisenauswahl.« Die Anspannung war aus ihrer Stimme herauszuhören. »Obwohl ich hervorhob, wie wichtig eine schnelle Festlegung sei, und auch täglich nachhake. Gestern ließ sie fragen, ob ich nichts Besseres zu tun hätte, als sie mit dem Menü zu belästigen!«

»Wow. Ein wahres Herzblatt.« Und das, was ich erwartet hatte. Sara King trug den Titel der Diva zu Recht.

»Oh, ja!« Sina rieb sich über die Stirn. »Am liebsten hätte ich dich gleich aus dem Urlaub zurückgeholt, aber ich habe mir immer geschworen, das nie zu tun.«

»Tja, ich saß zu Hause rum und habe mich gelangweilt.« Mein Achselzucken war beredt.

Sina lachte schallend. »Oh ja, und eines Tages verlange ich dann von dir, dass du sogar die Hochzeit deiner besten Freundin sausen lässt, weil ich eine Hochzeit zu viel angenommen habe!« Sie schüttelte den Kopf. »Das wird nicht passieren, Iona.«

Mein Grinsen war nur zu ihrer Beruhigung gedacht, denn innerlich wand ich mich. Das war ein Thema, das ich tunlichst vermeiden sollte, ebenso wie jedes, das ein schlechtes Licht auf Islay warf. Die da wären: Adel, Kinder, Ehe, Altersunterschiede und alles, was auf Sex hinauslief.

»Gut, ich meinte ja nur.« Wieder hob ich die Achseln. »Ich kläre also die Zulieferer ab, auch wenn wir noch nicht wissen, was gereicht werden soll. Gibt es eine Tendenz?«

Sina seufzte getragen. »Warum bist du eigentlich Single?«

Mein Blick schoss zu ihr. »Wie bitte?«

»Seit wir uns kennen, habe ich dich nie von einem Freund sprechen hören, nicht einmal von Dates. Irgendwie seltsam, wenn man es so bedenkt.«

Mir wurde heiß, aber ich konnte es tatsächlich erklären. »Ich habe keine Zeit für etwas Festes.«

Sie lachte wieder. »Klar!«

»Männer sind anstrengend«, stellte ich zurückhaltend fest. »Besonders in einer Beziehung.«

Sina schnaubte verdrossen. »Wem erzählst du das? Islay ist sicherlich der unsicherste Kerl in ganz Schottland!« Sie verdrehte die Augen und ein bitterer Zug legte sich um ihre Lippen. »Auf die Streitereien könnte ich auch sehr gut verzichten.«

Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl herum. »Aber es hat auch seine Vorteile. Du weißt, was du von ihm zu erwarten hast, und kommst zu jemandem nach Hause.« Mein Hals kratzte. »Mich begrüßt nur dieses alte, kalte Haus.«

»Zieh um«, riet meine Chefin knapp. »Nichts gegen Nostalgie, aber sie erdrückt dich.«

Das Cottage, in dem ich lebte, hatten bereits meine Mutter und Großeltern bewohnt und alles in ihm erinnerte mich an sie, weshalb ich eben nicht einfach wegziehen konnte. Es war alles, was ich von ihr noch hatte: die Erinnerung.

Ich senkte den Blick auf die Tischdecke vor mir und schluckte.

Sie streckte sich, um meine kalten Finger zu berühren. »Ich weiß, wie schwer es fällt, loszulassen, glaube mir.«

Tränen brannten in meinen Augen und der Kloß in meinem Hals nahm ein gigantisches Ausmaß an.

»Trotzdem: Zieh in eine Großstadt, damit du dein Leben noch genießen kannst, bevor du …« Sie brach ab, presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. »Tja, manchmal frage ich mich, warum es Hochzeiten sein müssen. Vielleicht sollte ich mich auf die Ausrichtung von Trauerfeiern verlegen.«

Nun schluckte ich erst recht. »Bist du unglücklich?« Eigentlich wollte ich es gar nicht wissen, schließlich müsste ich es Islay sagen. »Ich dachte, ihr liebt euch und …«

Sinas Brauen zuckten. »Im Vertrauen?« Ihre blauen Augen bohrten sich in mich.

Erneut kämpfte ich gegen den Kloß in meinem Hals an. Wie sollte ich meinen Cousin warnen, wenn sie es mir im Vertrauen sagte? Trotzdem nickte ich.

»Ich habe das Gefühl, dass Islay mich nur noch anrührt, um mich zu schwängern.« Ärger glomm in ihren Augen. »Er ist so scharf auf eine Hochzeit, dass ich mir manchmal überlege, einfach die Sachen zu packen, den Floh zu greifen und abzuhauen.«

Mein Herz stand still. Das war schlimmer als erwartet. »Oh.«

»Ja. Oh!« Sie verdrehte die Augen und lehnte sich zurück. Hinter ihr tauchte die Bedienung aus der Küche auf, was mir ersparte, das Thema weiter zu verfolgen. Die Teller wurden vor uns abgestellt.

»Darf es noch etwas sein? Dann einen guten Appetit, Ms Conrad. Ms Campbell.« Sie ließ uns nach einem Nicken allein.

Sina nahm ihr Besteck auf und musterte ihr Medaillon. »Mrs McCollum war schon eine Koryphäe, aber der Koch, den sie für das Hotel angeheuert haben, ist mein absolutes Highlight hier. Na ja, neben Carolina und den Zwillingen natürlich.«

Ich suchte nach einer Belanglosigkeit, die Sina völlig von unserem unangenehmen Thema ablenken würde, da brach es bereits wieder aus ihr heraus.

»Gott, wenn dieser Auftrag meinen Ruf ruiniert, war es das!« Sina ließ das Besteck fallen und hob die Hände. »Entschuldige, ich bin so rasend wütend!«

Mein Magen drehte sich. Offenbar war da einiges im Argen und ich musste die Kohlen aus dem Feuer holen. Aber das war ich auch nicht anders gewohnt.

»Ich bereue es dermaßen, dass ich diesen Auftrag angenommen habe, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Ich habe gewusst, dass es Ärger geben wird, und schau, wie sie mich boykottiert!« Ihr brennender Blick traf mich. »Das wird mich ruinieren, das habe ich einfach im Gefühl.«

Mir fielen keine aufbauenden oder ablenkenden Worte ein, so sehr ich nach ihnen suchte.

Sina ballte die Fäuste. »Ich weiß nicht, was ich dann mache, Iona. Aber momentan steht mir der Kopf danach, einfach abzuhauen.«

Und Islay zu verlassen. Es schwang mit, auch wenn sie es nicht aussprach. Es fröstelte mich, und obwohl der Lachs super war, bekam ich keinen Bissen mehr hinunter. »Beschrei es nicht«, murmelte ich. Es war offensichtlich, dass es an mir lag, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen, oder mein Cousin verlor Frau und Kind. Und das würde er niemals verkraften. Allerdings sah ich da durchaus ein Problem: Sara King war eine Diva und ich ein Mensch, der explosiv auf Einflüsse reagierte. Da kam auf mich einiges zu!

Ich zwang ein Lächeln auf meine Lippen. So aufgebracht, wie Sina war, war ich vielleicht trotzdem die bessere Wahl, um dieses Problem zu lösen. »Sara King ist sicherlich eine missverstandene Seele und braucht nur etwas Zuspruch. Soll ich mich mit ihr bezüglich des Menüs auseinandersetzen?«

»Iona …«, griff Sina dunkel auf und seufzte dann verzweifelt. »Ich weiß es nicht.« Sie versteckte das Gesicht hinter den Händen. Also beugte ich mich vor, um ihren Arm zu berühren. Das machte mir jetzt tatsächlich Angst, denn so kannte ich Sina nicht. Sie wusste immer, was zu tun war, und verzweifelte nicht!

»Hey, vielleicht nimmst du dir den Tag frei und plauderst mit Carolina? Spiel mit den Zwillingen, lies ein Buch, nur kümmere dich nicht um diesen Quatsch hier. Ich gehe durch dein Portfolio und setze mich mit Ms King auseinander, damit wir morgen das Menü ordern können.«

Sie schüttelte hinter ihren Händen den Kopf. »Es wird ein Desaster, Iona, spürst du das nicht?«

»Wir werden unser Bestes geben und nein, ich spüre lediglich die Aufregung vor einem neuen Projekt.« Meine Finger tappten erneut auf ihren Arm. »Ruh dich aus. Ich mache das schon.«

Sie seufzte und ließ die Hände abrutschen. »Meinst du wirklich …«

»Ja!«

Sie seufzte wieder. »Also gut, aber du meldest dich bei Problemen. Verstanden?«

»Natürlich. Also, ich gehe ins Büro und richte mich ein.« Die Stuhlbeine schabten über den Holzboden, als ich aufstand. »Ich habe mein Handy dabei und bin absolut kompetent, den Job zu erledigen.«

Sina lächelte müde. »Ich weiß, sonst hätte ich dich nicht eingestellt.«

»Siehst du?« Ich grinste so breit, wie es mir möglich war. »Alles wird laufen wie am Schnürchen, du wirst schon sehen.«

Sina prustete. »Du gibst nichts auf Enthüllungsberichte, hm?«

»Du doch auch nicht.« Ich zwinkerte ihr zu. »Da du zum Abendessen verabredet bist, sehen wir uns zum Frühstück. Schlaf gut.«

Immerhin grinste meine Chefin, als ich sie sitzen ließ, und haderte, so hoffte ich, nicht mehr mit ihrer Beziehung. Bei mir sah das anders aus. Es juckte mir in den Fingern, Islay anzurufen. Nur was sollte ich ihm sagen? Machte ich es nicht nur schlimmer, wenn ich ihn alarmierte und er in typischer Islay-Manier hier hereinschneite und noch mehr Chaos stiftete?

Das Büro erwartete mich in üblicher Kälte. Obwohl ich die Tische so platziert hatte, dass sie zwei separate Arbeitsbereiche bildeten, fehlte es deutlich an Gemütlichkeit. Lediglich die Ohrensessel vor dem Kamin lockten mit etwas Behaglichkeit. Ich schnappte mir meinen Laptop und machte es mir in einem der Sessel bequem. Das Portfolio war erschreckend in seiner Unvollkommenheit. Zumindest auf den Termin hatte sich Sara King festlegen können, aber sonst war kaum ein Fixpunkt abgehakt. Ich scrollte durch die Seiten und fand die Kontaktnummer, die ich gleich anwählte. Bei so vielen Fragezeichen durfte keine Zeit vertrödelt werden.

Eine heikle Konfrontation

Am Abend war ich ebenso frustriert wie Sina. Es war unmöglich, Sara King ans Telefon zu bekommen, und die Assistentin hatte schlicht von nichts eine Ahnung. Damit blieb mein Problem bestehen, schließlich ließ sich nichts organisieren, bevor die Eckpunkte abgesteckt waren. Verzweifelt, wie ich war, plante ich einen Überfall. Ich ließ mich informieren, wann die King des Pop zum Dinner ging, und wartete gerade lange genug, dass abzuschätzen war, dass sie die Mahlzeit bekommen hatte, bevor ich selbst ins Speisezimmer ging. Es gab andere Gäste, wobei ich jene nur nicht zur Entourage der Diva zählte, weil sie weit abseits der Gruppe saßen, in der besagte Sängerin Hof hielt.

Aufregung wusch über mich und machte mich ungewohnt schüchtern. Für einen Moment zog ich sogar meinen Plan zurück, tat ihn als übertrieben und aufdringlich ab, dann siegte meine Vernunft. Es war nötig. Ohne eine klare Ansage kamen wir in der Planung nicht weiter und steuerten auf die Katastrophe zu, die sich Sina bereits zu deutlich ausgemalt hatte. Also Zähne zusammenbeißen und durch!

Saras genaues Alter war ein Geheimnis, über das wild spekuliert wurde, aber da sie seit fünfundvierzig Jahren im Showgeschäft war, musste sie jenseits der fünfzig sein. Das sah man ihr aber auf den ersten Blick nicht an. Ihr Gesicht war faltenfrei und in ihrem blonden Haar blitzten keine weißen Haare hervor. Natürlich waren die im hellen Schopf besser zu verbergen als in einem dunkleren, trotzdem blieb ich beeindruckt. Ihre Lippen hatten sich mit den Jahren immer mehr aufgebauscht und ja, sicherlich hatte sie die eine oder andere kosmetische Operation hinter sich. Ihre Augen waren auf alten Bildern nicht so schräg stehend gewesen, aber sie hatte es geschafft, das Maß nicht zu überschreiten, das aus einer schönen Person einen Freak machte.

Als ich mich der Gruppe näherte, bemerkte ich die Typen, die mich am Vormittag belästigt hatten, und verkniff die Lippen. Zwar hatte ich sie bereits als Backgroundtänzer der Diva erkannt, aber doch gehofft, nicht weiter mit ihnen interagieren zu müssen. Ich drängte mich an dem Schwarzhaarigen vorbei, der seinen Stuhl unnötig weit vom Tisch abgerückt hatte, und näherte mich der Diva mit trockenem Mund.

Sara war mit einem blonden Mann beschäftigt, den ich nicht kannte und den ich für ihren Zukünftigen hielt, da ihre Hand vertraulich auf seinem Schenkel lag. Ich räusperte mich zittrig. »Ms King?« Sie reagierte nicht, also sprach ich sie erneut an, lauter dieses Mal.

»Sara hört Sie absichtlich nicht, Sie stören«, fasste der Kerl zusammen, an dem ich mich vorbeigemogelt hatte. Ich warf ihm einen zögerlichen Blick zu, obwohl es nicht der Zeitpunkt für Zweifel war. Er war einer der fünf Typen, die mich am Tor abgefangen hatten, und zwar der Landsmann, sofern ich den Akzent richtig deutete. Vermutlich hatte ich bessere Chancen, wenn ich ihn um Mithilfe bat.

»So leid es mir tut, aber ich benötige einige Angaben von Ms King, die dringend erforderlich sind.«

Er hing auf seinem Stuhl. Der eine Arm lag um die Rückenlehne geschlungen, um ihm Halt zu geben, der andere lag locker auf seinem Bauch. Die Beine waren geöffnet, als bräuchte er Platz zwischen ihnen. Die Vorstellung nahm mir eine gehörige Portion meiner Anspannung.

»Da sprechen Sie besser Melinda an.«

Mein Grinsen fiel für den Bruchteil einer Sekunde. »Die Assistentin konnte mir nicht eine meiner Fragen beantworten, weshalb ich mich genötigt sehe, Ms King beim Dinner zu stören.« Damit wandte ich mich direkt an die besagte Person. »Ich bin Ihre neue Ansprechpartnerin Ihrer Hochzeitsplanungsagentur. Ohne Ihre Mithilfe sieht es derzeit danach aus, als gäbe es keine Eheschließung.«

Zumindest weckte dies die Aufmerksamkeit der Diva. Ihr Blick durchbohrte mich. »Ist das eine Drohung, Ms Conrad?«

»Campbell«, korrigierte ich fest. Es war gewagt, ihr die Pistole auf die Brust zu setzen, aber ich befürchtete, dass sie mich ansonsten einfach ignorieren würde. »Und es ist eine Vorhersehung, denn ohne zu wissen, wie das Menü aussehen soll, welche Blumen in der Deko verarbeitet werden sollen oder welche Art von Zeremonie Sie sich vorstellen, wird es definitiv keine Hochzeit geben.« Mein Herz pochte hart in meiner Brust, schließlich sah die Sängerin aus, als würde sie mich in der nächsten Sekunde in der Luft zerreißen. »So leid es mir tut, ich muss darauf bestehen, dass Sie sich die Zeit nehmen und mir einige Fragen beantworten oder sich eine andere Agentur suchen.«

»Sie sind unglaublich frech«, spie Sara, wobei ihre Musterung mich in die Knie zwingen sollte. Ihre Miene zeugte von ihrer Abneigung, aber meine beließ ich freundlich. »Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?«

»Ms Campbell, zu Ihren Diensten, Madam. Ihre zukünftig ehemalige Hochzeitsplanerin.« Bei jedem anderen Klienten war es sicherlich nicht klug, patzig zu erscheinen oder Druck aufzubauen, aber ich wusste, dass man bei der King nicht vorankam, wenn man bat. Sie hatte es in einem Interview einmal sehr nett zusammengefasst: Eine Bitte ist lediglich der Wunsch nach einem Arschtritt. Nun, auf den konnte ich gut verzichten.

Hinter mir lachte jemand. Vermutlich der schwarzhaarige Schotte. Er fiel damit der Pop-Diva negativ auf. Ihre eisblauen Augen legten sich auf ihn. Ich rutschte unauffällig etwas zur Seite, um ihrem Blick ja nicht im Weg zu sein.

»Was findest du so lustig?«, fragte sie ebenso klirrend, wie sie zuvor mit mir gesprochen hatte.

»Du wolltest in Schottland heiraten, das hast du nun davon.« Er zuckte die Achseln. »Der Hadrianswall wurde seinerzeit nicht erbaut, um die Schotten vor den Römern zu schützen, sondern andersherum. Seither hat sich die Mentalität hier nicht sehr verändert.«

»Du hältst dich für clever, hm?«, zischte Sara und verengte die Augen.

Er schüttelte den Kopf. »Ich kenne nur die Leute hier, Sara.« Er hob die Hände. »Die hier ist eine Campbell. Wenn sie eine der Hochland-Campbells ist, kannst du sie ähnlich wie Rasputin vergiften, erdrosseln, erstechen und erschießen und sie würde dir immer noch hinterherkriechen, bis du ihr endlich eine Antwort gibst.« Wieder hoben sich seine Schultern. »Nimm dir die Zeit.«

Mein Herz sprudelte über vor Dankbarkeit. Schotten waren eben die besten Kerle der Welt. Sara empfand anders, denn sie wirkte, als wolle sie mindestens drei der angesprochenen Todesarten gleich an ihm ausprobieren. Ihre Finger krümmten sich um die Lehnen ihres Stuhls. »So? Tja, dann sei doch so gut und kümmere dich darum, Ewan.«

Er verengte die Augen. »Das ist Sache der Braut.«

Sara wedelte mit der Hand, als müsse sie lästige Insekten vertreiben. »Ich vertraue dir vollauf.«

»Schön«, griff ich auf. »Allerdings erwarte ich, die unterschriebenen Ergebnisse dieses Plausches bis morgen früh auf meinem Schreibtisch zu haben, Ms King. Ansonsten werden wir die Zusammenarbeit beenden müssen.«

Ihr Blick zuckte zu mir. »Ach, müssen Sie das?«

Ich nickte langsam. »So ist es. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, Ms King. Wir laufen Ihnen seit einer Woche hinterher, und dies hört nun auf. Wir haben gewöhnlich einen Vorlauf von zirka sechs Wochen und haben Sie lediglich ins Programm genommen, weil der Viscount of Kinross darum bat.« Und sicher hatte er nicht gewusst, in welche Bedrängnis er sich damit brachte. Herrje, ich musste mir ein Bein ausreißen, selbst wenn ich bei jedem freundlichen Wort zu ersticken drohte!

Also zurückrudern? Aber letztendlich hatte ich lediglich die Tatsachen dargelegt. Ich sollte es nun mit Freundlichkeit versuchen.

Ein Grinsen schlich sich auf Sara Kings Lippen. »So? Da habe ich hier also einen Fan?«

»Nur den einen«, beschied ich knapp und war damit nicht freundlich. Innerlich wand ich mich. Ich machte es nur schlimmer. »Ich werde mich nun in mein Büro zurückziehen und auf«, ich wandte mich halb zu dem schwarzhaarigen Mann, »den Herrn hier warten.« Ich nickte ihr zu. »Einen schönen Abend noch, Ms King, genießen Sie bitte das hervorragende Dinner. Die Herrschaften.« Als ich einen Schritt rückwärts machte, prallte ich gegen einen Körper. Ich sah über die Schulter, um mich zu vergewissern, dass ich tatsächlich in den Typen gelaufen war, der mir mit der Planung helfen sollte, und musste meinen Kopf in den Nacken legen. »Sorry.«

»Nae problem.« Er hatte hübsche Augen, was mich ihn deutlich zu lange anstarren ließ.

Schnell riss ich mich fort und räusperte mich. »Mein Büro ist am Ende des Gangs. Ich warte dann auf Sie.«

»Nicht nötig.« Er wich mir aus und zeigte durch den Saal. »Sie haben angedeutet, dass es eilt. Warum Zeit verschwenden?«

Bingo! Obwohl mir mein Starren noch peinlich war, grinste ich ihn an. »Hervorragend. Folgen Sie mir bitte.« Ich trat eilig an ihm vorbei. »Ich verspreche, Sie nicht länger als nötig aufzuhalten.« Im Flur ließ ich ihn zu mir aufschließen. »Sie können sich sicherlich bald wieder Ihren Freunden anschließen.«

»Ich sollte mich wohl für Jasons Benehmen entschuldigen. Oder für Sara.« Ich spürte seinen Blick auf mir und die Erwartung, dass ich auf ihn einging.

»Nicht nötig«, beschied ich daher knapp. »Dafür sind Sie nicht verantwortlich. Hier hinein.« Ich hielt ihm die Tür auf. Er zögerte für einen Moment, trat dann aber vor mir in den umfunktionierten Salon. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, umrundete ich ihn, um an meinen Schreibtisch zu treten. Dann deutete ich auf den freien Stuhl und setzte mich, um meinen Laptop hochzufahren. »Dringlich sind die Fragen rund um die Verpflegung und die Blumen-Arrangements. Genaueres können wir gern in den nächsten Tagen festhalten.«

Mit meinem Laptop beschäftigt, merkte ich nicht, dass sich Ewan nicht gesetzt hatte. Erst als ich aufsah und ins Leere schaute, fiel es auf. Ich sah mich um. Er lehnte lässig am Kamin und beobachtete mich, denn ich fing seinen Blick auf. Er grinste mit dieser gewissen Note, die Interesse bekundete. Hitze schoss durch mich hindurch und verschonte meine Wangen nicht, aber eine unwillkürliche Reaktion verunsicherte mich schon lange nicht mehr. Ich hob die Braue.

»Sie stehen lieber?«

Sein Lächeln wurde tiefer, als durchschaue er mein Ablenkungsmanöver. »Ich bewundere Sie.«

»Dann ist Ihnen leicht zu imponieren. Wollen wir beginnen?« Ich deutete erneut auf den Stuhl.

»Ich kenne niemanden, der es wagt, so mit Sara zu sprechen. Alle kuschen und versuchen, es ihr recht zu machen.« Er blieb am Kamin stehen.

»Nun, wie Sie bereits feststellten, hat sich Ms King im Land geirrt, wenn sie Speichellecker sucht.« Ich neigte den Kopf zur Seite. »Wie wäre es mit den Ohrensesseln? Die sind bequemer.«

Mit dem Laptop war ich mobil und brauchte das schummrige Licht nicht, das durch die hohen Fenster fiel.

»Vielleicht hätte ich mit meiner Warnung deutlicher sein sollen, allerdings hört sie mir auch nicht wirklich zu.« Er stieß sich ab und überwand den Schritt zu dem Ohrensessel zur Rechten. »Vielleicht vergeuden wir hier unsere Zeit.«

Mein Lachen brach nur so aus mir heraus. »Dann wird sie morgen ihr blaues Wunder erleben, denn ich mache keine hohlen Drohungen.«

»Dann war es also doch eine Drohung?« Er grinste breit. »Ich habe die schottischen Mädchen vermisst.«

»Für Mädchen sind Sie zu alt.« Ich zog die Stecker und trug meinen Laptop zum freien Sessel. »Nun. Womit sollen wir beginnen? Essen oder Deko?«

Sein Grinsen verschwand schlagartig. »Deko?« Er rutschte auf seinem Platz herum. »Ich fürchte, ich überschreite hier meine Kompetenz.«

»Tja, leider müssen Sie da durch. Also? Erst das Menü?« Ich öffnete schon mal meine Tabelle, an der ich mich mit meinen Fragen entlanghangeln konnte.

»Sie wollen mich festnageln, oder?«

Mein Schulterzucken war keine gute Idee, denn mein Gerät rutschte von meinen Schenkeln. »Wer auch immer in meine Fänge gerät …«

Er lachte. Es war ein angenehmer, warmer Ton, der mich gleich aufheizte. »Die Warnung ist angekommen, Lassie.«

Meinem spitzen Blick hielt er stand. War es Absicht, dass er mich mit der absolut unpassenden Bezeichnung Mädchen betitelte? Dann verdiente er einen Tritt in den wohlgeformten Hintern, den ich mir leider verkneifen musste. Aber es gab andere Wege, ihm eine Lektion zu erteilen. Er sollte also besser kein Chauvi sein, sonst würde ich ihn mit Freuden die Nacht über festhalten, um über absolut unmännliche Themen wie Blumen und Deko zu sprechen. Nicht, dass ich generell davon ausging, dass echte Männer dafür kein Interesse aufbringen konnten, aber jene, die Frauen kleinhalten wollten, wären davon sicherlich genervt. Mädchen! Kaum etwas konnte mich mehr auf die Palme bringen als Geringschätzung!

»Sie irren sich, Laddie. Ich bin kein Mädchen, sondern eine Frau.« Auch ich brach den Blickkontakt nicht ab, schließlich fühlte ich mich durch seine Betitelung als Mädchen herabgesetzt, wie er sich sicherlich nun ebenfalls, da ich ihn einen Burschen genannt hatte.

»Ich heiße Ewan, und meine Granny nennt mich tatsächlich immer noch Laddie. Ich argwöhne, dass sie sich meinen Namen einfach nicht merken kann.« Er zuckte die Achseln. »Sie ist viel älter als wir beide.«

»Ich bin das Lassie schon eine Weile los«, sagte ich mit bedeutendem Unterton. Ihm sollte doch klar sein, dass man eine erwachsene Frau nicht Mädchen nannte! »Und bin froh darüber.« Ich schaute auf meine Tabelle.

»Mein Beileid.«

»Wie bitte?« Ich schüttelte den Kopf.

»Zum Tod Ihrer Großeltern. Meine haben mich aufgezogen. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne sie täte.« Er legte den Knöchel auf sein Knie und wippte mit dem Bein.

Für einen Moment konnte ich ihn nur anstarren, dann befeuchtete ich meine Lippen und runzelte die Stirn. »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie mir ausweichen, Ewan.«

Er nickte. »Sie sollten stets auf Ihr Gefühl vertrauen, es scheint Sie gut zu beraten.« Er seufzte tief. »Mir ist nicht danach, über … Menüs und Dekorationen zu sprechen.«

»Und ich habe keine Zeit für Ihre Lebensgeschichte, so interessant sie sicherlich auch ist.« Ich kratzte an den Resten des Stickers gleich neben dem Touchpad. »Es macht mir nichts aus, die ganze Nacht hier zu sitzen, Ewan, aber ich brauche die Unterschrift trotzdem bis morgen früh.« Und jede Stunde Verzögerung würde ich den Auftraggebern in Rechnung stellen, ganz gleich, worüber er sprechen wollte.