Ein tragisches Geheimnis - Julian Hawthorne - E-Book

Ein tragisches Geheimnis E-Book

Julian Hawthorne

0,0

Beschreibung

Ein früher Meisterkrimi um den New Yorker Inspektor Byrnes. Inspektor Byrnes muss Ein tragisches Geheimnis klären. Der New Yorker Ladenbesitzer Hanier wird ermordet aufgefunden. Doch die Tat scheint sinnlos, nichts wurde gestohlen. Alles deutet auf eine anderes, privateres Motiv als Raubmord. Null Papier Verlag

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 272

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Julian Hawthorne

Ein tragisches Geheimnis

Kriminalroman

Julian Hawthorne

Ein tragisches Geheimnis

Kriminalroman

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019Übersetzung: Margarete Jacobi EV: Robert Lutz, Stuttgart, 1914 (271 S.) 1. Auflage, ISBN 978-3-962813-95-6

null-papier.de/593

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ers­tes Ka­pi­tel. – Dun­kel­heit

Zwei­tes Ka­pi­tel. – Mord!

Drit­tes Ka­pi­tel. – Im Zim­mer des In­spek­tors

Vier­tes Ka­pi­tel. – Irr­lich­ter

Fünf­tes Ka­pi­tel. – Das sil­ber­ne Ci­ga­ret­te­ne­tui

Sechs­tes Ka­pi­tel. – Eine Nacht­eu­le

Sie­ben­tes Ka­pi­tel. – Von Sin­nen?

Ach­tes Ka­pi­tel. – Die Bar­bier­stu­be

Neun­tes Ka­pi­tel. – Ein häus­li­cher Sturm

Zehn­tes Ka­pi­tel. – Die Ge­heim­schrift

Elf­tes Ka­pi­tel. – In Goo­leys Schen­ke

Zwölf­tes Ka­pi­tel. – Mas­ken­ball

Drei­zehn­tes Ka­pi­tel. – Kreuz­ver­hör

Vier­zehn­tes Ka­pi­tel. – Oberst Des­mond

Fünf­zehn­tes Ka­pi­tel. – Schat­ten

Sech­zehn­tes Ka­pi­tel. – Eine Ver­trau­te

Sieb­zehn­tes Ka­pi­tel. – Ent­hül­lun­gen

Acht­zehn­tes Ka­pi­tel. – Ver­haf­tet

Neun­zehn­tes Ka­pi­tel. – Das Ge­ständ­nis

Dan­ke

Dan­ke, dass Sie sich für ein E-Book aus mei­nem Ver­lag ent­schie­den ha­ben.

Soll­ten Sie Hil­fe be­nö­ti­gen oder eine Fra­ge ha­ben, schrei­ben Sie mir.

Ihr

Newslet­ter abon­nie­ren

Der Newslet­ter in­for­miert Sie über:

die Neu­er­schei­nun­gen aus dem Pro­gramm

Neu­ig­kei­ten über un­se­re Au­to­ren

Vi­deos, Lese- und Hör­pro­ben

at­trak­ti­ve Ge­winn­spie­le, Ak­tio­nen und vie­les mehr

htt­ps://null-pa­pier.de/newslet­ter

Erstes Kapitel. – Dunkelheit

Um das Jahr 1881 be­gann sich das Wes­ten­de der 26. Stra­ße von New York jen­seits der sechs­ten Ave­nue aus­zu­deh­nen und sich gleich­zei­tig, wie man es zu nen­nen be­liebt, zu »ver­schö­nern«. Die al­ten Häu­ser mach­ten neu­en Platz. An die Stel­le der un­re­gel­mä­ßi­gen Bau­art frü­he­rer Jahr­zehn­te trat die stren­ge Ein­för­mig­keit, wel­che die heu­ti­ge Archi­tek­tur ver­langt.

Wer mit den bau­li­chen Ein­rich­tun­gen der größ­ten Stadt Ame­ri­kas ver­traut ist, kann sich leicht vor­stel­len, dass sol­che so­ge­nann­ten Ver­schö­ne­run­gen dem äs­the­ti­schen Sinn we­nig Be­frie­di­gung bie­ten. Wie wün­schens­wert, ja not­wen­dig die Ver­bes­se­run­gen sein mö­gen, durch wel­che, ge­nau nach Win­kel­maß und Li­ne­al auf­ge­rich­tet, gleich­ar­ti­ge Ge­bäu­de und ge­ra­de Häu­ser­rei­hen ent­ste­hen – die Städ­te er­schei­nen uns doch weit ma­le­ri­scher im Ver­fall, und un­se­re Vor­lie­be für un­ter­bro­che­ne und ge­bo­ge­ne Li­ni­en, für Häu­ser, die sich so­zu­sa­gen den Ei­gen­hei­ten und Selt­sam­kei­ten ih­rer Be­woh­ner an­pas­sen – ist eine echt mensch­li­che Schwä­che. Ei­nen ganz un­er­freu­li­chen An­blick aber ge­währt es, wenn solch ein al­tes Ge­bäu­de zwi­schen den großen ein­för­mi­gen Vier­e­cken von Back­stein und Mör­tel ein­ge­zwängt ist. Man denkt da­bei un­will­kür­lich dar­an, was uns in der Zu­kunft be­vor­steht, wenn das Gleich­heits­prin­zip zur vol­len Herr­schaft ge­lan­gen wird, und Häu­ser so­wohl als Men­schen ein­an­der so ähn­lich sind wie ein Ei dem an­de­ren. Je­der wird dann das Ver­gnü­gen ha­ben, auf der Stra­ße nur Eben­bil­dern von sei­nem ei­ge­nen teu­ern, lang­wei­li­gen und un­be­deu­ten­den Ich zu be­geg­nen.

In dem äl­tes­ten und ohne Fra­ge dem un­mo­d­erns­ten von al­len Häu­sern im Wes­ten­de der 26. Stra­ße be­fand sich eine fran­zö­si­sche Wein­hand­lung. Die Fran­zo­sen, die doch in der Mode und al­len Neue­run­gen den Ton an­ge­ben wol­len, hän­gen in Wahr­heit un­ter den Völ­kern Eu­ro­pas fast am zä­he­s­ten an ih­ren na­tio­na­len Ei­gen­hei­ten. Über­all tra­gen sie ihr Frank­reich mit sich und die fran­zö­si­schen Ein­wan­de­rer ver­schmel­zen sich eben­so schwer mit der üb­ri­gen Be­völ­ke­rung als die Chi­ne­sen. Was sie be­rüh­ren, er­hält einen gal­li­schen An­strich und Bei­ge­schmack. Selbst wenn sie ih­rer Be­wun­de­rung für un­se­re so­zia­len Zu­stän­de Luft ma­chen, hört man den Pa­ri­ser Ak­zent durch: ihre li­ber­té ist to­tal ver­schie­den von ame­ri­ka­ni­scher Frei­heit. – Wie dem auch sei, so bil­den sie doch einen sehr acht­ba­ren Teil un­se­rer nicht ein­ge­bo­re­nen Bür­ger­schaft, füh­ren ein ge­re­gel­tes, fried­li­ches Le­ben, er­wer­ben ih­ren red­li­chen Un­ter­halt und brin­gen sich sel­ten in Un­ge­le­gen­hei­ten, we­der in ih­ren häus­li­chen noch in ih­ren öf­fent­li­chen Be­zie­hun­gen. Sich sel­ber spre­chen zu hö­ren – na­tür­lich ihre ei­ge­ne Spra­che – und in ih­rer klei­nen Welt sich eine Art Ab­bild der hei­mi­schen Bou­le­vards und Kaf­fee­häu­ser zu ver­schaf­fen, ist ihr höchs­tes Stre­ben und im All­ge­mei­nen las­sen die an­de­ren Na­tio­nen sie auch ru­hig ge­wäh­ren. In der Nach­bar­schaft der klei­nen Wein­hand­lung hat­te sich eine förm­li­che Ko­lo­nie von Fran­zo­sen ge­bil­det. Je­den Nach­mit­tag und Abend konn­te man sie dort in Grup­pen an den Ti­schen sit­zen se­hen, wo sie ih­ren Wein schlürf­ten, Do­mi­no spiel­ten, und nach ih­rer Wei­se un­ter leb­haf­ten Ge­bär­den de­bat­tier­ten und schwatz­ten.

Die Wein­hand­lung oder Re­stau­ra­ti­on war ein höl­zer­nes zwei­stö­cki­ges Ge­bäu­de, das auf ei­ner Sei­te an ein ho­hes Back­stein­haus, auf der an­de­ren an einen al­ten Holz­hof stieß, wel­cher durch einen ho­hen Bret­ter­zaun von der Stra­ße ge­schie­den und mit ge­schich­te­tem Bau­holz, Spä­nen und al­ler­hand Schutt und Ge­rüm­pel an­ge­füllt war. Die Vor­der­sei­te des Hau­ses zier­te ein alt­mo­di­scher ge­deck­ter Vor­bau, nach hin­ten rag­te ein mor­scher Al­tan in den Hof hin­aus. Über der Rei­he von Fla­schen im La­den­fens­ter, den ein­ge­rahm­ten An­zei­gen und Wein­mar­ken, hin­gen ver­welk­te, stau­bi­ge Fest­ge­win­de von Win­ter­grün, die Über­res­te des Weih­nachts­aus­put­zes; denn der An­fang un­se­rer Ge­schich­te fällt in die Wo­che zwi­schen Weih­nach­ten und Neu­jahr. – Bei Nacht wur­de die nied­ri­ge schma­le Ein­gangs­tür, de­ren obe­re Hälf­te noch dazu aus Glas be­stand, nur ein­fach mit Schloss und Rie­gel ver­wahrt; der red­li­che Be­sit­zer moch­te wohl glau­ben, dass in sei­ner ar­men Be­hau­sung für Ein­bre­cher nichts zu ho­len sei. Be­trat man den La­den, so be­fand man sich in ei­nem klei­nen Raum mit sau­ber ta­pe­zier­ten Wän­den, des­sen eine Sei­te der La­den­tisch ein­nahm und aus dem man in ein hin­te­res Ge­bäu­de ge­lang­te, wo Ti­sche und Stüh­le für die Gäs­te stan­den, Fla­schen auf den Bret­tern an den Wän­den ent­lang und ein Bier­fass mit dem Hahn im Spun­de auf ei­nem Ge­stell.

Im vor­de­ren La­den wa­ren zum Schmuck ei­ni­ge bil­li­ge Far­ben­druck­bil­der auf­ge­hängt und auf ei­nem Ge­sims über der Geld­schub­la­de stand eine Gips­fi­gur, gleich­sam als Wäch­ter. – Dem La­den­tisch ge­gen­über kam man durch eine Tür in die Haus­flur, aus wel­cher die Trep­pe zum obe­ren Stock­werk hin­auf­führ­te. Dort lag nach der Stra­ße zu das Schlaf­zim­mer des Wein­händ­lers und sei­ner Frau, wäh­rend die Kin­der nach hin­ten hin­aus schlie­fen. In dem Kel­ler un­ter dem Hau­se hat­ten die Fla­schen­kis­ten, Wein- und Li­queur­fäs­ser und al­ler­lei Ge­rüm­pel Platz ge­fun­den, das man in den obe­ren Räu­men nicht ge­brau­chen konn­te. Im Gan­zen mach­te der La­den wohl einen freund­li­chen Ein­druck, aber das Haus war doch schon recht al­ters­schwach und pass­te nicht mehr in un­se­re Zeit des Fort­schritts – es saß nicht recht fest in den Fu­gen, die Die­len krach­ten bei je­dem Tritt, kurz der Tag schi­en nicht mehr fer­ne, an dem die mor­schen Pfei­ler und Bal­ken un­ter dem Schutt und Ab­fall des be­nach­bar­ten Holz­hofs Platz neh­men wür­den. – Einst­wei­len kam je­doch die Mie­te nicht zu hoch zu ste­hen und die Stamm­gäs­te sa­hen über die Män­gel an äu­ße­rem Glanz hin­weg, so­lan­ge nur der Cla­ret und Ab­sin­the von gu­ter Qua­li­tät wa­ren und die Prei­se mä­ßig.

In die­sem Teil der 26. Stra­ße – zwi­schen der sechs­ten und sie­ben­ten Ave­nue – war nur ge­rin­ger Ver­kehr. Der Lärm der Groß­stadt drang kaum bis zu der ab­ge­le­ge­nen Wein­stu­be. Wohl hör­te man das Ge­bim­mel der Pfer­de­bahnglo­cken vom Ende der Stra­ße her und das Rol­len und Ras­seln der Züge auf der er­höh­ten Stadt­bahn, aber die Geräusche klan­gen doch nur wie aus der Fer­ne her­über. Der klei­ne La­den lag ab­seits von der großen Welt und bis zum Mor­gen des 30. De­zem­ber 1881 wuss­ten un­ter den an­dert­halb Mil­lio­nen Ein­woh­nern New Yorks kaum ein paar Dut­zend et­was da­von, dass ein Mann wie Louis Ha­nier über­haupt exis­tier­te und in dem düs­tern al­ten Hau­se ne­ben dem Holz­hof sein Ge­schäft be­trieb. – Dann aber wur­de plötz­lich, wie durch Zau­ber­schlag die be­schei­de­ne Wein­stu­be zum Ge­gen­stand des all­ge­meins­ten In­ter­es­ses und zahl­lo­ser Mut­ma­ßun­gen; der Name ih­res Be­sit­zers war in al­ler Mun­de, wer nur Au­gen und Ohren hat­te, nahm teil an al­len Er­eig­nis­sen sei­ner un­be­deu­ten­den Le­bens­ge­schich­te – und al­les das ein­zig und al­lein des­halb, weil der Mann auf so plötz­li­che tra­gi­sche und völ­lig ge­heim­nis­vol­le Wei­se um­ge­kom­men war.

Die Nacht des 29. De­zem­ber war reg­ne­risch, stür­misch und un­ge­wöhn­lich dun­kel. Bei so ab­scheu­li­chem Wet­ter moch­te nie­mand drau­ßen sein und trotz der Weih­nachts­wo­che wa­ren die Stra­ßen wie ge­fegt. Auch Louis Ha­niers Gäs­te hat­ten sich bald ver­zo­gen und da er noch von der An­stren­gung der Fest­zeit er­mü­det war, schloss er den La­den frü­her als ge­wöhn­lich. Spä­tes­tens um Mit­ter­nacht schlief er be­reits nebst sei­ner Frau in gu­ter Ruhe. Wer nicht ob­dach­los um­her­schweif­te, son­dern un­ter ei­nem schüt­zen­den Dach weich und warm ge­bet­tet lag, dem ge­währ­te das Klat­schen des Re­gens, das Gur­geln und Sprit­zen der Was­ser­röh­ren drau­ßen noch ein er­höh­te­res Be­ha­gen. Hof­fen wir, dass Louis Ha­niers letz­ter Schlaf auf Er­den fest und fried­lich war und ihn hei­te­re Träu­me um­gau­kel­ten. Er hat­te ein rei­nes Ge­wis­sen, stand in gu­tem Ruf bei sei­nen Ne­ben­menschen und sei­ne Aus­sich­ten für die Zu­kunft wa­ren auch kei­nes­wegs un­güns­tig.

Sch­lief Louis Ha­nier aber auch tief, so schlief er doch nicht lan­ge. Es moch­te ge­gen ein Uhr sein, als sei­ne Frau plötz­lich aus ei­nem leich­ten Schlum­mer em­por­schreck­te. – Was war das? – Zu­erst woll­te sie ih­ren Mann nicht we­cken. Sie setz­te sich im Bet­te auf und horch­te. – In ei­nem so al­ten bau­fäl­li­gen Hau­se kom­men na­tür­lich al­ler­hand selt­sa­me, un­er­klär­li­che Geräusche vor, noch dazu bei stür­mi­scher Nacht: viel­leicht kra­chen die Bal­ken und Die­len, der Ruß fällt den Ka­min her­un­ter, oder Rat­ten und Mäu­se na­gen im Holz­werk. An sol­chen und ähn­li­chen Lärm, der wohl einen Frem­den er­schreckt hät­te, war Frau Ha­nier längst ge­wöhnt. Aber heu­te klang es ganz an­ders als sonst und es be­schlich sie ein un­heim­li­ches Ge­fühl, eine un­be­stimm­te Furcht vor Un­heil und Ge­fahr. Eine Mut­ter von sechs Kin­dern, eine Frau, die ih­ren Mann liebt, ist wach­sa­mer und be­sitzt schär­fe­re Sin­ne, als an­de­re Sterb­li­che. Ei­ni­ge Vor­fäl­le, die sich noch am spä­ten Abend zu­ge­tra­gen, ka­men ihr wie­der ins Ge­dächt­nis und be­stärk­ten sie in dem Glau­ben, dass rohe Ge­walt­tä­tig­keit und Ver­der­ben ih­ren stil­len Haus­halt be­droh­ten. Jetzt be­gann der Lärm von neu­em. Sie er­trug die Angst nicht län­ger und weck­te ih­ren Mann. Müh­sam öff­ne­te Ha­nier die Au­gen – zum letz­ten­mal in die­sem Le­ben.

Sei­ne Frau teil­te ihm ihre Be­fürch­tun­gen mit; er ver­such­te sie ihr aus­zu­re­den, doch ver­ge­bens. Nun horch­te und er selbst muss­te ge­ste­hen, dass die Geräusche au­ßer­ge­wöhn­li­cher Art wa­ren. Man ver­nahm lei­se Fuß­trit­te, Stim­men­ge­flüs­ter und selt­sa­me Töne, die das Ohr nicht zu un­ter­schei­den ver­moch­te, dann ein Klir­ren wie von Glas. Gera­de un­ter dem Schlaf­zim­mer be­fand sich der La­den, von dort her schie­nen die Töne zu kom­men. Soll­ten Die­be ein­ge­drun­gen sein, um den La­den aus­zu­plün­dern?

Un­mög­lich war das nicht. Ha­nier hat­te zwar noch zu­letzt den Rie­gel vor­ge­scho­ben, aber ein Ein­bre­cher konn­te leicht die Türe spren­gen, wenn es ihm um der ge­rin­gen Beu­te wil­len, die zu er­war­ten stand, der Mühe ver­lohn­te. Doch Ha­nier, der noch et­was schlaf­trun­ken war, glaub­te die Ur­sa­che der nächt­li­chen Stö­rung zu ken­nen. Er dach­te, er wis­se wer un­ten sei, und wenn er recht ver­mu­te­te, so lag kei­ner­lei Ge­fahr vor, ob­gleich die Sa­che im­mer­hin der Auf­klä­rung be­durf­te. In kur­z­en Wor­ten teil­te er sei­ner Frau die­se An­sicht mit, stand auf, fuhr in sei­ne Bein­klei­der und schick­te sich an hin­ab­zu­ge­hen, um der Sa­che auf den Grund zu kom­men. Zur sel­ben Zeit hat­te sich auch Frau Ha­nier er­ho­ben und in das Ne­ben­zim­mer be­ge­ben, wo die Kin­der schlie­fen. Sie weck­te ih­ren äl­tes­ten Sohn, einen zehn­jäh­ri­gen Kna­ben, da­mit er sei­nem Va­ter bei­ste­hen sol­le. Ih­rer Über­zeu­gung nach wa­ren Die­be ein­ge­bro­chen, die sie ver­scheu­chen woll­te, ohne dass es zum Kamp­fe kam.

Als der Kna­be mun­ter war, eil­te sie in ihr Schlaf­zim­mer zu­rück, um ih­ren Mann zur Vor­sicht zu mah­nen und ihn zu bit­ten sich kei­ner Ge­fahr aus­zu­set­zen. Doch sie fand das Zim­mer leer. Ha­nier war schon im Haus­flur. Es herrsch­te un­durch­dring­li­che Dun­kel­heit, aber sie hör­te ein lo­ses Brett un­ter den Trit­ten ih­res Man­nes kra­chen und wuss­te, dass er an der obers­ten Trep­pen­stu­fe stand. Mitt­ler­wei­le war un­ten eine plötz­li­che Stil­le ent­stan­den, als ob die Ein­dring­lin­ge auch auf­horch­ten. Der Re­gen ström­te her­nie­der, der Wind rüt­tel­te an den Schei­ben, sonst war kein Geräusch ver­nehm­bar. Auf ein­mal hör­te man schnel­le Fuß­trit­te im La­den, eine Tür dreh­te sich in den An­geln, ein plötz­li­cher Wind­stoß fuhr durch das Haus. Die Die­be mach­ten sich aus dem Stau­be.

Das dach­te Frau Ha­nier. Und auch Ha­nier selbst teil­te wahr­schein­lich die­se Mei­nung. Er stand oben an der Trep­pe, die so schmal und steil war, dass zwei Per­so­nen nicht ne­ben­ein­an­der vor­bei­kom­men konn­ten, und starr­te in den schwar­zen Ab­grund hin­ab. War er wirk­lich be­raubt wor­den, und hat­ten sich die Bö­se­wich­ter mit dem In­halt sei­ner La­den­kas­se da­von ge­macht? – Bis jetzt hat­te er, wie ge­sagt, et­was ganz an­de­res ver­mu­tet; nun aber, als er ein­sah, um was es sich hand­le, dräng­te es ihn, die Räu­ber sei­nes Ei­gen­tums zu ver­fol­gen und er be­gann rasch die Trep­pe hin­ab­zu­stei­gen.

Sei­ne Frau war eben­falls in die Haus­flur ge­tre­ten. Plötz­lich er­hell­te ein grel­ler Schein die Trep­pe, ein kur­z­er durch­drin­gen­der Knall folg­te. Sie sah die Ge­stalt ih­res Man­nes einen Mo­ment lang in schar­fen Um­ris­sen sich ge­gen das Licht ab­he­ben und rück­wärts schwan­ken – dann ver­schwand al­les wie­der in der dich­ten Fins­ter­nis. Aber ne­ben ihr tau­mel­te je­mand vor­bei, wank­te müh­sam in das Kin­der­zim­mer und hin­durch auf den mor­schen Al­tan, der nach dem al­ten Holz­hof hin­aus­ging. Es muss­te ihr Mann ge­we­sen sein, denn jetzt hör­te sie sei­ne Stim­me wie mit äu­ßers­ter An­stren­gung einen hei­se­ren, wil­den Schrei aus­sto­ßen, in die Nacht hin­aus. Was er rief, ver­nahm sie nicht. Schre­cken und Grau­sen über­mann­ten sie, das Klat­schen des Re­gens, das Heu­len und Äch­zen des Stur­mes um das alte ver­wit­ter­te Haus ver­schlan­gen den Schall. Die Fuß­trit­te ka­men zu­rück, blind tapp­te es durch das Ge­mach. Ha­nier tau­mel­te nach dem Bett, fiel vorn­über dar­auf hin, roll­te dann schwer zu Bo­den und lag auf dem Rücken, ohne ein Glied zu re­gen; auch auf alle Fra­gen und Be­schwö­run­gen sei­ner ver­zwei­feln­den Frau gab er kei­ne Ant­wort. Der bra­ve, red­li­che Mann war tot. Schau­dernd sank sein Weib ne­ben dem Leich­nam auf die Knie; noch gell­te ihr der Schuss in den Ohren, der ih­rem Man­ne das Le­ben ge­raubt.

Ein ge­walt­sa­mer Tod hat stets et­was Grau­si­ges, das hier noch durch die Dun­kel­heit, die Ver­wir­rung, das Ent­setz­li­che des Vor­gangs er­höht wur­de. Frau Ha­nier war zu­erst au­ßer stan­de zu be­grei­fen, dass ihr Mann, eine Mi­nu­te zu­vor noch voll Kraft und Le­bens­fri­sche, ihr für im­mer ent­ris­sen sei. Der Wech­sel war zu plötz­lich, zu fürch­ter­lich! Mit wahn­sin­ni­ger Angst rich­te­te sie den Leb­lo­sen auf und müh­te sich ab, ihn zu er­we­cken, in­dem sie ihn bei Na­men rief. Aus sei­ner tie­fen Brust­wun­de, die sie bei der herr­schen­den Dun­kel­heit nicht ge­wahr­te, floss ihr das Blut über die Hän­de, über das Nacht­ge­wand und es dau­er­te meh­re­re Mi­nu­ten, bis das un­glück­li­che Weib zu der ent­setz­li­chen Kennt­nis kam, dass sie nichts als die ent­seel­te Hül­le ih­res Man­nes in den Ar­men hal­te. –

Un­ter­des­sen war ihr Sohn bei dem Knall des Re­vol­vers in die Haus­flur ge­lau­fen und zu­rück in das Hin­ter­zim­mer, wo er in der Fins­ter­nis, ohne es zu wis­sen, an sei­nem Va­ter vor­bei­ge­kom­men sein muss­te. Hat­te der Kna­be die Fuß­trit­te des flie­hen­den Mör­ders ge­hört und ge­meint, die­ser wer­de über den Holz­hof kom­men? Er schlüpf­te auf den Al­tan und schau­te hin­ab. Das Licht der Stra­ßen­la­ter­ne be­leuch­te­te eine Ecke des Ho­fes mit düs­te­rem Schein und durch den Re­gen und die schwar­ze Nacht glaub­te der Kna­be, an die­ser Stel­le den Schat­ten ei­ner mensch­li­chen Ge­stalt zu er­ken­nen, der plötz­lich auf­tauch­te und wie­der im Dun­keln ver­schwand. Es war nur ein Au­gen­blick – ob die Ge­stalt groß oder klein sei, Mann oder Frau, ja, ob die gan­ze Er­schei­nung nicht viel­leicht nur eine Täu­schung sei­ner Sin­ne ge­we­sen, ver­moch­te er nicht zu ent­schei­den. »Hal­tet den Dieb!« schrie er aufs Ge­ra­te­wohl; aber drun­ten blieb al­les still und er sah nichts mehr.

Nun ver­ließ der Kna­be den Al­tan, tas­te­te sich durch das Hin­ter­zim­mer und die Trep­pe hin­un­ter bis zu dem La­den, wo eine nied­ri­ge Gas­flam­me ein schwa­ches Licht ver­brei­te­te. Nie­mand war dort; mit ei­ni­gen Zünd­höl­zern ver­se­hen, die er aus der Büch­se vom La­den­tisch nahm und nach­ein­an­der ent­zün­de­te, stieg der Kna­be in den Kel­ler hin­ab. Die­ser war gleich­falls leer und er be­gab sich die Trep­pe wie­der hin­auf in das Schlaf­zim­mer. Ein bren­nen­des Zünd­holz in der Hand trat er in das Ge­mach sei­ner El­tern und er­blick­te ein grau­si­ges Bild.

Auf dem Bo­den ne­ben dem Bett über­ein­an­der hin­ge­wor­fen la­gen sein Va­ter und sei­ne Mut­ter von Blut über­strömt. Ent­setzt er­kann­te der Sohn, der bis­her kei­ne Ah­nung von dem Ge­sche­he­nen ge­habt, wo­her das Blut kom­me und dass sein Va­ter tot sei. Auch Frau Ha­nier, die jetzt zum ers­ten Mal mit Au­gen sah, was sie vor­dem nur mit ih­ren Hän­den hat­te be­füh­len kön­nen, schreck­te bei dem fürch­ter­li­chen An­blick wie ra­send em­por. Sie sprang an das Fens­ter, riss es auf und: »Mord! Mord!« hall­te es gel­lend in die vom Sturm durch­heul­te men­schen­lee­re Stra­ße hin­aus. –

Zweites Kapitel. – Mord!

Sel­ten bleibt die­ser Ruf lan­ge ohne Ant­wort. Doch hier mit­ten in New York schick­te ein ver­zwei­feln­des Weib ihn wie­der und wie­der hin­aus und im­mer ver­ge­bens; es schi­en als habe die grau­si­ge Nacht al­les Le­ben ver­schlun­gen und die gan­ze Rie­sen­stadt in ein Grab ver­wan­delt. –

End­lich je­doch er­weck­te der Schre­ckens­schrei zwei Fran­zo­sen, die eine klei­ne Ba­ra­cke in der Nähe be­wohn­ten und bei Ha­niers ihre Mahl­zei­ten ein­nah­men. Sie be­tra­ten das Haus und nichts Gu­tes ah­nend, tas­te­ten sie sich die Trep­pe hin­auf. Der Kna­be hat­te in­zwi­schen eine klei­ne Lam­pe ent­zün­det, bei de­ren un­si­che­rem Schein sie schau­dernd ge­wahr­ten, wel­che blu­ti­ge Tat hier ver­übt wor­den war. Starr vor Schre­cken blie­ben die Män­ner in der Tür des Schlaf­zim­mers ste­hen. Al­les war mit Blut be­deckt. Blut quoll aus der Brust des to­ten Man­nes, es färb­te Arm und Hals der trost­lo­sen Wit­we, be­fleck­te so­gar die Nacht­ge­wän­der der Kin­der, die von dem Lärm er­mun­tert, schrei­end und zit­ternd her­bei­ge­eilt wa­ren und mit den Fü­ßen in die Blut­la­che am Bo­den tra­ten. Die Män­ner stan­den wie fest­ge­wur­zelt, bis end­lich nach wie­der­hol­ter Auf­for­de­rung der Frau Ha­nier ei­ner von ih­nen da­vo­neil­te, um die Po­li­zei zu ho­len. Nicht lan­ge, so hör­te man die Po­li­zei­be­am­ten zum Zei­chen ih­rer An­kunft mit den Knit­teln auf das Stra­ßen­pflas­ter sto­ßen; drei Schutz­leu­te in was­ser­dich­ten Män­teln und Kopf­be­de­ckun­gen ka­men die Trep­pe hin­auf ins Zim­mer mar­schiert.

Louis Ha­nier brauch­te kei­nen Arzt mehr, das lag au­ßer al­lem Zwei­fel. Er war tot – ins Herz ge­schos­sen, al­ler mensch­li­chen Hil­fe ent­rückt. Die Po­li­zei­die­ner frag­ten Frau Ha­nier aus und sie be­rich­te­te un­ter Schluch­zen und ver­zwei­feln­den Ge­bär­den, was ge­sche­hen sei. Des Kna­ben Aus­sa­ge war we­ni­ger ver­wirrt, ge­währ­te aber eben­so­we­nig einen Auf­schluss über die Mis­se­tä­ter, die das Ver­bre­chen be­gan­gen. Nach­dem die Schutz­leu­te sich alle Aus­kunft ver­schafft hat­ten, die zu er­lan­gen war, be­gab sich ei­ner zur Mel­dung des Vor­ge­fal­le­nen nach dem nächs­ten Po­li­zei­amt, wäh­rend die bei­den an­de­ren die Mut­ter mit den Kin­dern in das Hin­ter­zim­mer schick­ten und ne­ben der Lei­che Platz nah­men, um die An­kunft der Run­de ab­zu­war­ten.

Von die­sen zwei Po­li­zis­ten kann­te ei­ner, der schon län­ge­re Zeit den Dienst in die­sem Stadt­teil ver­sah, den To­ten und sei­ne Fa­mi­li­en­ver­hält­nis­se; der an­de­re je­doch, der erst kürz­lich den Pos­ten an­ge­tre­ten, war ge­neigt, Frau Ha­niers Be­zie­hung zu der An­ge­le­gen­heit in un­güns­ti­gem Licht zu be­trach­ten. Ihre ver­wirr­ten Au­gen, ihr schreck­li­ches Aus­se­hen und die große Un­wahr­schein­lich­keit ver­schie­de­ner Punk­te in ih­rem Be­richt schie­nen ihm auf eine ge­naue­re Kennt­nis der Um­stän­de hin­zu­wei­sen, un­ter de­nen das Ver­bre­chen be­gan­gen wor­den. Wuss­te sie mehr als sie zu­ge­ste­hen woll­te? War sie nicht eine Fran­zö­sin? Fran­zö­sin­nen ha­ben zu­wei­len Lieb­ha­ber. Vi­el­leicht hat­te Frau Ha­niers Lieb­ha­ber ihr einen Be­such ab­ge­stat­tet und ihr Mann die bei­den über­rascht. Dies wür­de ge­nü­gen, um die Ka­ta­stro­phe zu er­klä­ren. Zu­dem gab Frau Ha­niers Be­haup­tung, dass ihr Mann im Dun­keln er­schos­sen wor­den, dem Zwei­fel Raum. Soll­te die im Dun­keln ab­ge­schos­se­ne Ku­gel den Mann ge­ra­de mit­ten ins Herz ge­trof­fen ha­ben? Über­dies soll­te Ha­nier die To­des­wun­de er­hal­ten ha­ben, wäh­rend er die Trep­pe hin­ab­stieg. Wie kam es dann, dass der Leich­nam etwa zwan­zig Fuß da­von ne­ben dem Bet­te lag? Wür­de er nicht hin­ab­ge­stürzt und am Fuß der Trep­pe lie­gen ge­blie­ben sein? – Alle die­se Um­stän­de tru­gen ein ziem­lich ver­däch­ti­ges An­se­hen und ver­dien­ten ge­naue Be­ach­tung.

Der äl­te­re Po­li­zist ver­warf je­doch die­se sämt­li­chen An­nah­men, be­rief sich auf sei­ne Be­kannt­schaft mit der Fa­mi­lie, be­stritt die Lieb­ha­bertheo­rie und er­klär­te, er sei von der gänz­li­chen Un­schuld der Frau über­zeugt. Ihre Er­zäh­lung lau­te zwar be­fremd­lich, wür­de sich viel­leicht auch nicht in al­len Ein­zeln­hei­ten als zu­tref­fend er­wei­sen; denn wer, der bei stock­fins­te­rer Nacht aus dem Schlaf er­weckt wird, hat gleich alle Sin­ne bei­sam­men? – Aber der Ab­sicht nach und im we­sent­li­chen sei­en sie ge­wiss recht be­rich­tet wor­den. Das Ende der Be­weis­füh­rung war (wie dies in un­se­rer recht­ha­be­ri­schen Welt meist der Fall ist) dass je­der bei sei­ner Mei­nung blieb, bis die An­kunft der Wa­che dem Streit ein Ende mach­te.

Vom Fuße der Trep­pe klang die Stim­me des Po­li­zis­ten, der die Run­de hat­te, zu ih­nen her­auf: »Hier un­ten ist ein­ge­bro­chen wor­den und der La­den aus­ge­plün­dert. Kommt ein­mal her­ab.« –

Der Mann über­trieb nicht. Zwar war die Ein­rich­tung un­ten im­mer ein­fach ge­we­sen, aber sau­ber und or­dent­lich, jetzt lag in dem La­den das Un­ters­te zu oberst ge­kehrt. Beim Schein der nun hell bren­nen­den Gas­flam­me sah man um­ge­wor­fe­ne Stüh­le, aus­ge­trun­ke­ne und zer­bro­che­ne Fla­schen um­her­lie­gen, die Bil­der wa­ren von der Wand ge­ris­sen, die Gips­fi­gur über der Geld­schub­la­de zer­trüm­mert, die Schub­la­de selbst stand halb of­fen, ih­res In­halts be­raubt. Spu­ren mut­wil­li­ger Zer­stö­rung zeig­ten sich über­all. Ein Po­li­zei­die­ner trat mit ei­nem Fuß in eine dunkle Flüs­sig­keit, die sich in ei­ner Sen­kung des Bo­dens bei der Wand an­ge­sam­melt hat­te und schreck­te zu­rück. War es Blut? Nach dem Auf­tritt im obe­ren Stock lag der Ge­dan­ke nahe; aber dies war nicht Blut, son­dern der In­halt ei­nes Bier­fas­ses, des­sen Spund her­aus­ge­zo­gen wor­den. Über­leg­te Bos­heit und Freu­de an nutz­lo­ser Zer­stö­rung hat­te hier ihr Werk ge­trie­ben! Die Po­li­zis­ten sa­hen ein­an­der ver­blüfft und be­tre­ten an.

»Zu­erst wol­len wir ein­mal se­hen, wie sie her­ein­ge­kom­men sind«, mein­te der Füh­rer der Run­de.

Dar­über konn­te kein Zwei­fel sein. Die Ein­gangs­tür war ge­sprengt wor­den. Der Rie­gel und das fes­te Schloss hat­ten zwar dem ge­walt­sa­men Druck von au­ßen wi­der­stan­den, aber die ei­ser­nen Klam­mern, mit de­nen sie be­fes­tigt wa­ren, hat­ten sich aus den al­ten mor­schen Pfos­ten ge­löst und hin­gen nun samt den Schrau­ben her­ab. Der Schlüs­sel steck­te noch von in­nen im Schlüs­sel­loch. – Der Po­li­zist be­trach­te­te das Ei­sen­werk ge­nau. Kein Ein­bre­cher hat­te mit sei­nen In­stru­men­ten dar­an her­um­han­tiert. Die­be von Pro­fes­si­on ver­lie­ren ihre Zeit nicht da­mit, Fla­schen zu zer­bre­chen und Bier­fäs­ser zu lee­ren; auch schla­gen sie kei­ne Tü­ren ein, die sie eben­so schnell und weit ge­räusch­lo­ser mit ei­gens dazu be­stimm­ten Werk­zeu­gen öff­nen kön­nen. Ihr Zweck ist, sich in Be­sitz des Gel­des zu set­zen, nicht ihr Müt­chen zu küh­len, ih­ren Hass zu be­frie­di­gen. Louis Ha­niers Mör­der hat­ten zwar sei­ne Kas­se ge­leert, aber doch schi­en es, als hät­ten sie noch an­de­re Ab­sich­ten bei ih­rem Ein­bruch ver­folgt. Für einen Mord war, so­weit sich die Lage der Din­ge bis jetzt über­se­hen ließ, nicht der ge­rings­te Grund vor­han­den. Die Die­be wa­ren nicht in die Enge ge­trie­ben wor­den, der Weg zur Flucht stand ih­nen of­fen. Hat­ten sie viel­leicht ab­sicht­lich den Lärm ver­ur­sacht, um Ha­nier zu we­cken und so vor die Mün­dung ih­rer Pis­to­len zu be­kom­men? –

Nach­dem die ers­te Lo­kal­be­sich­ti­gung be­en­det war, kehr­te der obers­te Schutz­mann zum Po­li­zei­amt zu­rück, um Be­richt zu er­stat­ten; nur ein Po­li­zei­die­ner hielt Wa­che im La­den, da­mit an Ort und Stel­le nichts ver­än­dert wer­de, denn der Fall ge­hör­te un­zwei­fel­haft vor die Ge­heim­po­li­zei.

Die Nacht ver­ging lang­sam; all­mäh­lich hör­te der Sturm auf und ein kal­ter grau­er Mor­gen brach an. Das Gerücht, dass ein Mord be­gan­gen wor­den, hat­te sich in der Nach­bar­schaft ver­brei­tet; die Kun­de ge­lang­te auch in die Zei­tungs­bü­ros der Groß­stadt. Schon früh am Mor­gen stell­ten sich die Re­por­ter ein; nach Vor­zei­gung ih­rer Kar­ten ge­stat­te­te ih­nen der Po­li­zist das Haus zu be­tre­ten. Sie stie­gen ins obe­re Stock­werk hin­auf und be­trach­te­ten den Leich­nam, der starr und steif auf dem blut­be­fleck­ten Bet­te lag; sie nah­men die Ver­wüs­tung des La­dens in Au­gen­schein, war­fen einen Blick auf den Holz­hof, zeich­ne­ten die Lage der Trep­pe auf und schrie­ben ei­ni­ge Be­mer­kun­gen in ihre No­tiz­bü­cher; dann hiel­ten sie noch eine Un­ter­re­dung mit dem Schutz­mann und ei­ni­gen Zuschau­ern auf der Stra­ße, wor­auf sie sich wie­der zu­rück­zo­gen, um ih­ren Be­richt über das tra­gi­sche Er­eig­nis auf­zu­set­zen. – Die Neu­gie­ri­gen blie­ben in Men­ge vor dem Hau­se ste­hen und starr­ten die ver­wit­ter­ten Mau­ern an, als könn­ten sie dort eine Er­klä­rung des Ge­heim­nis­ses le­sen. Wer zu den Be­woh­nern der Stra­ße ge­hör­te, fühl­te sich ge­wis­ser­ma­ßen in sei­nem Selbst­ge­fühl ge­ho­ben: ein gräss­li­cher Mord war in ih­rer Mit­te ver­übt wor­den, das er­höh­te ihre Wich­tig­keit, ob­gleich sie na­tür­lich be­dau­er­ten, dass ein Ehren­mann wie Ha­nier zum Op­fer ge­fal­len war.

Auf dem Haupt­po­li­zei­amt in der Mul­ber­ry­stra­ße wa­ren schon längst über das Ver­bre­chen Be­ra­tun­gen ge­pflo­gen wor­den, ehe man noch an­ders­wo beim Früh­stück saß. Ge­gen neun Uhr stieg ein ein­fach ge­klei­de­ter Mann die Stu­fen her­un­ter, streif­te an ei­ner Grup­pe mü­ßi­ger Pflas­ter­tre­ter vor­bei und schlug rasch die Rich­tung nach der Blee­cker-Stra­ße ein. Ei­ner der Gaf­fer blick­te ihm nach und wand­te sich dann mit schlau­er Mie­ne zu sei­nem Ge­fähr­ten: »Da geht ein Spür­hund, um eine Fähr­te zu su­chen.« sag­te er.

Der Mann, auf wel­chen sich die­se Be­mer­kung be­zog, ver­folg­te sei­nen Weg in die Stadt hin­ein. Er war von mitt­ler­er Grö­ße mit et­was ge­wölb­ten Schul­tern, sonst aber stark und wohl­ge­baut. Auf den ers­ten Blick hät­te man ihn für jung ge­hal­ten, be­trach­te­te man ihn aber ge­nau­er, so fand man es schwie­rig, sein Al­ter zu be­stim­men; er konn­te zwi­schen fünf­und­zwan­zig und fünf­zig zäh­len. Ob es die Jah­re wa­ren oder schwe­re Er­fah­run­gen, wel­che ihm die tie­fen Run­zeln auf die Stir­ne ge­drückt, ließ sich nicht ent­schei­den. Er moch­te zu der Klas­se von Men­schen ge­hö­ren, wel­che früh ein dür­res, ver­knö­cher­tes We­sen an­neh­men, dann kei­ne merk­li­che Ver­än­de­rung mehr durch­zu­ma­chen ha­ben. Aus sei­nem blas­sen ma­ge­ren Ge­sich­te blick­ten ein paar wah­re Luchsau­gen. Sein An­zug hat­te nichts Auf­fäl­li­ges, über­haupt war sei­ne gan­ze Per­sön­lich­keit durch­aus nicht dazu an­ge­tan, be­son­de­re Auf­merk­sam­keit zu er­re­gen. Das ein­zi­ge Ei­gen­tüm­li­che an ihm war sein halb schlep­pen­der, halb schlei­chen­der Gang.

»Schlepp­fuß« (so nen­nen wir ihn der Ein­fach­heit we­gen) fuhr mit der Pfer­de­bahn die sechs­te Ave­nue hin­un­ter bis zur 26. Stra­ße. Dort stieg er aus und hat­te in we­nig Mi­nu­ten den Schau­platz des Mor­des er­reicht. Er blieb ste­hen, wie je­mand, der et­was sieht, das sei­ne Neu­gier reizt, blick­te am Haus in die Höhe, be­trach­te­te den hand­fes­ten Po­li­zis­ten an der Ein­gangs­tür, das ge­spreng­te Schloss, und wand­te sich schließ­lich den ver­schie­de­nen Grup­pen zu, die um­her­stan­den. Auf den Ge­sich­tern der Leu­te war lee­re Schau­lust ge­schrie­ben, sonst nichts. Nur eine Frau – au­gen­schein­lich den hö­he­ren Klas­sen an­ge­hö­rig, ob­gleich ein lan­ger grau­er Re­gen­man­tel ihre sons­ti­ge Klei­dung ver­hüll­te – zeig­te mehr An­teil. Sie war rasch die Stra­ße her­auf­ge­kom­men in Beglei­tung ei­nes großen breit­schul­te­ri­gen Man­nes in dunklem Über­rock, der den Schirm sei­ner Pelz­müt­ze tief ins Ge­sicht ge­zo­gen hat­te.

Vor der Wein­hand­lung stan­den bei­de still und schau­ten aufs an­ge­le­gent­lichs­te nach dem Haus hin­über. Sie trug eine Art Schlei­er um den Hals, der den un­tern Teil ih­res Ge­sichts ver­hüll­te, wäh­rend ihr Hut die Stirn ver­deck­te; nur die fein­ge­schnit­te­ne Nase und ein paar sehr aus­drucks­vol­le blaue Au­gen blie­ben sicht­bar. »Schlepp­fuß« glaub­te zu be­mer­ken, dass die­se Au­gen sich beim Um­bli­cken mit Trä­nen füll­ten; dar­auf schi­en sie sich mit bit­ten­der Ge­bär­de an ih­ren Beglei­ter zu wen­den, doch die­ser – ein schon ält­li­cher Mann mit dich­ten schwar­zen Au­gen­brau­en und ei­nem Bart, der stark ins Graue spiel­te – schüt­tel­te sehr be­stimmt mit dem Kopf. Er war un­ru­hig, als wün­sche er den Ort zu ver­las­sen und die Wor­te, die er ei­ni­ge­ma­le an sie rich­te­te, ent­hiel­ten wohl eine Auf­for­de­rung wei­ter zu ge­hen. Sie aber hielt ihn zu­rück, ja mach­te so­gar Mie­ne über die Stra­ße zu ge­hen, um in das Haus zu tre­ten, wor­auf er ihr je­doch kurz und ge­bie­te­risch den Arm reich­te und sie fast mit Ge­walt in der Rich­tung nach der 6. Ave­nue auf dem Wege zu­rück­führ­te, den sie ge­kom­men wa­ren.

Schlepp­fuß hat­te nicht übel Lust, ihm zu fol­gen – viel­leicht wäre da­durch man­che Mühe er­spart wor­den – doch hielt ihn der Auf­trag, den er hat­te: an Ort und Stel­le nach den nä­he­ren Um­stän­den zu for­schen, da­von zu­rück. Am Ende war die Wahr­schein­lich­keit, dass die­se bei­den Per­so­nen oder eine der­sel­ben et­was mit dem Mord zu schaf­fen hat­ten, doch zu ge­ring, um einen Auf­schub sei­nes Ge­schäfts zu recht­fer­ti­gen. So wand­te er sich denn von ih­nen ab und rich­te­te sei­ne Auf­merk­sam­keit auf eine Grup­pe Fran­zo­sen, die nicht weit von der Haus­tür aufs leb­haf­tes­te mit­ein­an­der spra­chen und ges­ti­ku­lier­ten.

Dass Schlepp­fuß der fran­zö­si­schen Spra­che mäch­tig war, hat­te den Aus­schlag bei sei­ner Wahl für die­se An­ge­le­gen­heit ge­ge­ben. So ge­sell­te er sich denn zu der Grup­pe und hör­te ih­rer Un­ter­hal­tung zu, die sich um den tra­gi­schen Tod ih­res Lands­manns dreh­te.

Dem einen war Ha­nier schon von Pa­ris her be­kannt, wo er Be­sit­zer ei­ner Li­queur­fa­brik und ein ver­mög­li­cher Mann ge­we­sen. Dann hat­te er Un­glück ge­habt und war aus­ge­wan­dert. Ein an­de­rer er­wähn­te, dass sie bei­de Mit­glie­der der­sel­ben so­zia­len Ver­bin­dung sei­en und dass die Trau­er­kun­de in der Ge­sell­schaft ge­wiss großes Leid­we­sen er­re­gen wer­de. Auch von den üb­ri­gen hat­te je­der ein Wort des Lo­bes und der Aner­ken­nung für den er­mor­de­ten Freund. Nun tra­ten noch die zwei Män­ner hin­zu, wel­che zu­erst auf Frau Ha­niers Hil­fe­ruf in der Nacht her­bei­ge­eilt wa­ren und sa­hen sich so­fort mit Fra­gen be­stürmt. Es er­gab sich, dass sie zu den letz­ten ge­hör­ten, die Ha­nier noch im Le­ben ge­se­hen. Sie hat­ten den ver­gan­ge­nen Abend in der Wein­stu­be zu­ge­bracht und die­sel­be erst kur­ze Zeit ver­las­sen, ehe der La­den ge­schlos­sen wur­de.

Ei­ner von ih­nen schi­en plötz­lich von ei­nem neu­en Ge­dan­ken er­grif­fen; er stieß sei­nen Ge­fähr­ten an und rief:

»Tiens mon ami! Jetzt geht mir ein Licht auf. Das Lum­pen­ge­sin­del! Ja, die müs­sen es ge­we­sen sein!« –

»Von wem sprichst du denn?« –

»Na­tür­lich von den Spitz­bu­ben, die wäh­rend wir da­sa­ßen, her­ein­ka­men und das Geld aus dem Schub­kas­ten steh­len woll­ten. Aber Ha­nier verd­arb ih­nen den Spaß und sie mach­ten sich aus dem Stau­be. Die Sa­che liegt ganz klar. Weil sie ihre Ab­sicht nicht aus­füh­ren konn­ten, sind sie her­nach wie­der ge­kom­men, ha­ben den La­den ge­plün­dert und den Mord ver­übt.«

Die­se Mit­tei­lung er­reg­te großes Auf­se­hen. Vie­le Stim­men spra­chen und schri­en durch­ein­an­der und meh­re­re Mi­nu­ten lang ent­stand ein wah­res Kreuz­feu­er von Fra­gen, Ant­wor­ten und Ver­mu­tun­gen. – Man schi­en wirk­lich auf die rech­te Fähr­te ge­ra­ten zu sein. Schlepp­fuß war ganz Ohr. Nach­dem die Sa­che noch eine Zeit lang hin und her be­spro­chen wor­den, be­schlos­sen die bei­den Fran­zo­sen in das Haus zu ge­hen und Frau Ha­nier ih­ren Ver­dacht mit­zu­tei­len. An der Tür wur­den sie von dem Po­li­zei­die­ner an­ge­hal­ten; als sie ihm aber ihre Ab­sicht kund­ta­ten, ließ er sie durch. Schlepp­fuß folg­te ih­nen in den obe­ren Stock.

In dem Schlaf­zim­mer lag und stand noch al­les wie zu­vor, nur über den Leich­nam hat­te man ein Tuch ge­wor­fen. Frau Ha­nier saß am Bet­te, die Kin­der wa­ren in ihr Zim­mer ver­wie­sen wor­den. Die Fran­zo­sen be­rich­te­ten der Wit­we, dass am letz­ten Abend ei­ni­ge Män­ner in den La­den ge­tre­ten sei­en und wäh­rend zwei von ih­nen die Auf­merk­sam­keit ih­res Man­nes ab­zu­len­ken ge­sucht, habe der drit­te den Geld­kas­ten plün­dern wol­len, sei aber da­bei ent­deckt wor­den, wor­auf alle drei über Hals und Kopf die Flucht er­grif­fen hät­ten. Die Frau be­sann sich, dass Ha­nier den Vor­fall er­wähnt habe, sie sel­ber sei aber nicht zu­ge­gen ge­we­sen, kön­ne da­her die Spitz­bu­ben nicht wie­der er­ken­nen im Fall sie fest­ge­nom­men wür­den. Sie war noch wie be­täubt von dem Un­glück, das sie be­trof­fen, und selbst die Hoff­nung, dass man den Mör­dern auf der Spur sei, schi­en ih­ren Ein­druck auf sie zu ver­feh­len. Das Ver­bre­chen war ja nicht wie­der un­ge­sche­hen zu ma­chen, selbst wenn die Mis­se­tä­ter ihre ge­rech­te Stra­fe er­lit­ten!

Die Fran­zo­sen ent­fern­ten sich schließ­lich, über­zeugt, dass sie die rich­ti­ge Spur ge­fun­den und im­stan­de sein wür­den, die drei Die­be wie­der zu er­ken­nen, wenn sich die Ge­le­gen­heit böte. Das Si­gna­le­ment der Spitz­bu­ben wur­de von dem wach­ha­ben­den Po­li­zis­ten auf­ge­schrie­ben und der Te­le­graf trug es nach al­len Rich­tun­gen hin. Aber Leu­te des Schla­ges gibt es in New York zu Tau­sen­den; wer bürg­te da­für, dass man der rich­ti­gen hab­haft wür­de!

In­zwi­schen mach­te Schlepp­fuß Frau Ha­nier in ih­rer ei­ge­nen Spra­che Mit­tei­lung von sei­nem Auf­trag und dem Zweck sei­nes Be­su­ches. Er setz­te ihr aus­ein­an­der, dass die den Mord be­glei­ten­den Um­stän­de die Ver­mu­tung nahe leg­ten, der Tä­ter habe Ra­che an sei­nem Op­fer neh­men wol­len. Um ihm auf die Spur zu kom­men, sei da­her das bes­te Mit­tel, sich alle Er­eig­nis­se aus Ha­niers Le­ben ge­nau ins Ge­dächt­nis zu­rück­zu­ru­fen, so­wie die Na­men der­je­ni­gen, mit wel­chen er in en­ge­rem Ver­kehr ge­stan­den. Nur so dür­fe man auf Er­folg hof­fen und Frau Ha­nier sei na­tür­lich am bes­ten im­stan­de, die er­for­der­li­che Aus­kunft zu ge­ben.

Auf die­se Auf­for­de­rung hin riss sich die un­glück­li­che Frau end­lich aus ih­rer dump­fen Er­star­rung; sie be­ant­wor­te­te die an sie ge­stell­ten Fra­gen und er­zähl­te Louis Ha­niers Le­bens­ge­schich­te. – Meh­re­re Stun­den spä­ter kehr­te Schlepp­fuß, im Be­sitz ver­schie­de­ner Tat­sa­chen von grö­ße­rer oder ge­rin­ge­rer Trag­wei­te, nach dem Haupt­quar­tier der Ge­heim­po­li­zei in der Mul­ber­ry-Stra­ße zu­rück und klopf­te an die Tür des Po­li­zei­in­spek­tors.

Drittes Kapitel. – Im Zimmer des Inspektors

Die stei­ner­ne Front des Haupt­po­li­zei­amts von New York geht nach ei­ner Stra­ße hin­aus, die Back­stein­sei­te nach ei­ner an­de­ren. Im Mit­tel­punkt des­sel­ben be­fin­det sich ein vier­e­cki­ges Zim­mer, das sein Licht von dem in­nern Hof emp­fängt, den das große Ge­bäu­de um­gibt.

Die Ein­rich­tung die­ses Zim­mers ist fast lu­xu­ri­ös zu nen­nen. Auf dem di­cken dun­kel­far­bi­gen Tep­pich glei­tet der Fuß ge­räusch­los da­hin; bei der Mach­art der Stüh­le ist we­ni­ger auf Prunk als auf äu­ßers­te Be­quem­lich­keit ge­se­hen; die star­ken Ti­sche, die mit grü­nem Tuch über­zo­gen sind, ha­ben eine ge­fäl­li­ge Form. Kurz, die Net­tig­keit und Ge­müt­lich­keit des Ge­machs wür­de an­ge­nehm auf­fal­len, wä­ren nur die mäch­ti­gen Glas­käs­ten an den Wän­den nicht da.

Sol­cher Käs­ten gibt es drei; sie rei­chen vom Bo­den bis zur De­cke hin­auf und zei­gen dem Ein­tre­ten­den eine Samm­lung der selt­sams­ten und un­zu­sam­men­hän­gends­ten Ge­gen­stän­de. Hier lie­gen ver­schie­de­ne In­stru­men­te, die wie stäh­ler­ne Brech­stan­gen aus­se­hen, dort eine An­zahl Sä­gen und Kur­beln; da­ne­ben hängt ein Bün­del Me­tall­knöp­fe an merk­wür­dig ver­schlun­ge­nen Stri­cken an ei­nem Ha­ken her­ab und an ei­ner an­de­ren Stel­le sind Waf­fen al­ler Art zu se­hen, die zu feind­se­li­gem, heim­tücki­schem Ge­brauch be­stimmt schei­nen, vom Dolch des Malayen und dem ge­fürch­te­ten Mes­ser des Ma­tro­sen bis zum Re­vol­ver neues­ter Kon­struk­ti­on.