Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Tommi erlebt aus heiterem Himmel eine Überraschung - und ahnt nicht, was für ein haarsträubendes Abenteuer sich daraus ergeben wird ... Geschrieben als Vorlese-Geschichte für den neunjährigen Matteo. Aber wer sagt denn, dass man Geschichten nicht auch selber lesen kann? - Niemand sagt das! Und in jedem Alter? - Klar!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 58
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Spaghetti Bolognese
Der Schlüssel
Alice
Durch die Stadt
Die Schranke
Im Parkhaus
Auskunft
Eine Verlockung
König
Tommi lernt
Drei Möglichkeiten
Count-Down
Tempo
Karussell
Heimweg
Für Matteo
„Ich habe dir heute etwas mitgebracht“, sagte Tommis Mutter beim Abendessen. Es gab Spaghetti Bolognese und grünen Salat.
„Wirklich?“, fragte Tommi. „Was ist es? Wo ist es?“
„Ich habe es unten vor der Haustür gelassen. Es ist zu groß, ich konnte es nicht die Treppe hochtragen.“
Tommi und seine Mutter wohnten im ersten Stock. Der Esstisch stand in einem Erker, der ein Stück über den Gehsteig hinausragte. Tommi stand vom Tisch auf, denn vom Fenster hinter seinem Stuhl aus konnte man auf den Gehsteig vor ihrer Haustür hinuntersehen.
Obwohl es draußen schon rasch dunkel wurde, konnte er alles noch gut erkennen.
„Ich sehe nichts“, sagte er.
Und so war es: Von einem großen Paket, zu groß zum Herauftragen, war unten, bei der Haustür oder auf dem Gehsteig vor dem Hauseingang, jedenfalls weit und breit nichts zu sehen.
Und auch sonst war nichts zu sehen ‒ nicht einmal ein Mülleimer oder eine Katze. Nur die leere Straße, auf der sich rein gar nichts bewegte. Sogar die am Gehsteig geparkten Autos standen da, als wollten sie nie wieder woanders hinfahren.
„Hey!“, sagte Tommi plötzlich, während er einen Blick auf den Akkustand seines Handys warf, das gerade zum Aufladen auf dem Fensterbrett lag, „da unten steht ein Ferrari. Glaube ich jedenfalls.“
Der Akku seines Handys war erst bei 41 Prozent, das würde noch dauern.
„Ein roter“, fügte er noch hinzu, „mit einem schwarzen Verdeck.“
„Ich weiß“, sagte seine Mutter.
„Wirklich?“ Tommi setzte sich wieder auf seinen Platz, um weiterzuessen. Er war überrascht, seine Mutter hatte sonst ja eigentlich überhaupt keinen Sinn für Autos. Sie konnte zum Beispiel ohne weiteres an einem nagelneuen Lamborghini vorbeispazieren, oder an einem perfekt auf Hochglanz polierten amerikanischen Oldtimer, ohne überhaupt zu bemerken, was für ein sensationelles Fahrzeug direkt neben ihr stand.
„Ja“, sagte seine Mutter „der Ferrari, genau. Den habe ich dir mitgebracht.“
„Ja klar“, sagte Tommi und drehte sich den nächsten Mundvoll Spaghetti auf seine Gabel. „Logisch, du hast mir einen Ferrari mitgebracht, mal eben so! Ja, sicher, selbstverständlich!“
Und er versenkte die aufgerollten Spaghetti in seinem Mund.
„Da war auch ein BMW“, fuhr seine Mutter fort. „Ein weißer. Aber der war so groß… und dann habe ich gedacht, ein rotes Auto gefällt dir wahrscheinlich sowieso besser. Wäre dir der BMW lieber gewesen?“
Tommi konnte nicht gleich antworten, er hatte den Mund voll Spaghetti. Er überlegte kurz. War heute der erste April? Nein, natürlich nicht, es war Herbst, Mitte Oktober. Was war also mit seiner Mutter los? Sie machte doch sonst keine solchen Scherze. Hatte sie vielleicht etwas gegessen, was ihr nicht gut tat? Oder hatte sie gar etwas Schlimmes erlebt, stand sie unter einem Schock?
Er schluckte die Gabelvoll Spaghetti hinunter und sagte: „Du weißt aber schon, dass ich noch zu klein bin zum Autofahren?“
Seine Mutter lächelte ihm zu. „Natürlich weiß ich das, mein Lieber. Aber du legst einfach zwei Kissen auf den Fahrersitz, dann ist das kein Problem.“
Tommi spürte, dass er langsam ungeduldig wurde.
„Noch zu jung“, sagte er etwas lauter. „Ich meine, noch zu klein im Sinne von: noch zu jung. Was ist eigentlich los mit dir? Ist alles okay?“
„Weißt du“, sagte seine Mutter, „ich habe schon immer gedacht, dass man nicht einfach an den Jahren ablesen sollte, wie alt jemand ist. Manche Kinder sind mit zehn oder zwölf Jahren schon älter, ich meine: vernünftiger als andere mit fünfzehn oder achtzehn.“
Während Tommis Gabel die nächste Ladung Spaghetti drehte, sagte er: „Aber für den Führerschein muss man wirklich achtzehn Jahre alt sein. Ich meine: echte achtzehn Jahre. Also Kalenderjahre. Das weißt du schon, oder?“
Seine Mutter antwortete nicht, sie schaute ihm nur freundlich zu, wie er die nächste Gabel Spaghetti in seinem Mund verschwinden ließ. Tommi kaute und schluckte, und als er den Mund wieder leer hatte, sagte er: „Ich weiß wirklich nicht, warum du mich ärgern willst.“
„Ärgern?“, rief seine Mutter empört. „Also, das ist ja wirklich unglaublich! Da bringe ich dir einen Ferrari mit, also bitte!, einen Ferrari, ein super Überraschungsgeschenk, und du, anstatt dich zu freuen und Danke zu sagen, bist nur unzufrieden und willst mir Dinge erklären, die ich genau so gut weiß wie du!“
„Aber“, sagte Tommi schon fast ein bisschen verzweifelt, „das kann doch gar nicht sein! Du weißt doch, dass ich nicht Auto fahren kann. Ich meine, nicht Auto fahren darf. Und überhaupt, wir haben doch gar nicht so viel Geld, dass du mir einen Ferrari kaufen könntest!“
Jetzt lachte seine Mutter ein wenig. „Aber Tommi“, sagte sie, „du hast doch nicht etwa geglaubt, dass der Ferrari neu ist? Klar, dann hätte ich ihn niemals bezahlen können. Nein, der ist natürlich gebraucht.“ Sie fuhr ihm mit der Hand durch die Haare. „Aber das stört dich doch hoffentlich nicht? Ich dachte, du freust dich auch über einen gebrauchten Ferrari. Und er ist noch gut im Schuss!“
„Mama“, stöhnte Tommi, „das ist doch alles Quatsch! Wir haben nicht mal genug Geld für einen gebrauchten Dacia. Also hör jetzt auf.“ Und er verspeiste die letzte Gabel Spaghetti.
Tommis Mutter stand auf und brachte die leeren Teller und die Salatschüssel in die Küche. „Also das ärgert mich jetzt aber schon ein bisschen, dass du dich überhaupt nicht freust“, rief sie durch die offene Küchentür. „Du könntest dich doch wenigstens mal reinsetzen, wenn du schon nicht fahren willst.“
Mama hört einfach nicht auf, dachte Tommi.
Und dann hatte er eine Idee.
„Na schön, wenn du unbedingt willst“, sagte er, als sie wieder ins Wohnzimmer kam, stand auf und streckte die Hand aus, „dann gib mir halt den Schlüssel.“
So! Jetzt würde bestimmt Schluss sein mit diesem seltsamen Spiel. Denn natürlich hatte sie den Schlüssel nicht, das war ja klar.
„Den Schlüssel?“ Seine Mutter sah ihn ganz cool an. „Den habe ich im Ferrari stecken lassen. Er ist offen, du kannst einfach einsteigen und losfahren. Ich schau vom Fenster aus zu, wie du wegfährst. Viel Spaß!“
Tommi war immer noch sicher, dass seine Mutter einen ziemlich verdrehten Scherz machte mit diesem Ferrari, den offenbar irgend jemand zufällig vor ihrer Haustür abgestellt hatte. Er verstand nur nicht, warum sie nicht endlich damit aufhörte.
Aber gut, dann spielte er halt weiter mit, wenn das unbedingt sein musste.
„Bist du wahnsinnig?!“, rief er und tat dabei so, als sei er ganz entsetzt. „Du kannst doch nicht meinen Ferrari offen und mit dem Schlüssel im Zündschloss da unten stehen lassen! Da kann doch jeder kommen und ihn klauen!“ Er fand, dass es ihm ziemlich gut gelang, künstlich aufgeregt zu tun.
„Ach geh!“ Seine Mutter blieb völlig locker. „Wer würde denn denken, dass jemand seinen Ferrari nicht abschließt! Da kommt doch keiner auf die Idee, das überhaupt zu probieren.“