Eine Warnung mit Folgen! - Friederike von Buchner - E-Book

Eine Warnung mit Folgen! E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Gina Aumüller ging in die Teeküche und schaltete die Espressomaschine ein. Während sie wartete, schaute sie gedankenverloren aus dem Fenster des Rathauses. »He, Gina, was ist?« Gina erschrak und drehte sich um. Bürgermeister Fritz Fellbacher stand im Türrahmen. »Wo warst du nur mit deinen Gedanken? Ich habe dich schon zwei Mal angesprochen, Frau Gemeindesekretärin. Du hast es überhaupt nicht bemerkt.« Gina bekam einen roten Kopf. »Tut mir leid, Herr Bürgermeister. Ja, ich war in Gedanken. Ich weiß nicht mehr weiter«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, ich trinke einen Espresso und denke nach. Trinken Sie einen mit?« Bürgermeister Fellbacher verneinte. Er kannte Ginas Vorliebe für starken Espresso. »Danke, ich bleibe bei meinem Kaffee. Was macht dir Kopfzerbrechen?« »Herr Bürgermeister, jetzt suche ich schon drei Tage im Archiv nach Unterlagen über die Gemarkung, auf der die Brücke stand.

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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Toni der Hüttenwirt – 262 –Eine Warnung mit Folgen!

Zu charmant, um ehrlich zu sein?

Friederike von Buchner

Gina Aumüller ging in die Teeküche und schaltete die Espressomaschine ein. Während sie wartete, schaute sie gedankenverloren aus dem Fenster des Rathauses.

»He, Gina, was ist?«

Gina erschrak und drehte sich um. Bürgermeister Fritz Fellbacher stand im Türrahmen.

»Wo warst du nur mit deinen Gedanken? Ich habe dich schon zwei Mal angesprochen, Frau Gemeindesekretärin. Du hast es überhaupt nicht bemerkt.«

Gina bekam einen roten Kopf.

»Tut mir leid, Herr Bürgermeister. Ja, ich war in Gedanken. Ich weiß nicht mehr weiter«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, ich trinke einen Espresso und denke nach. Trinken Sie einen mit?«

Bürgermeister Fellbacher verneinte. Er kannte Ginas Vorliebe für starken Espresso.

»Danke, ich bleibe bei meinem Kaffee. Was macht dir Kopfzerbrechen?«

»Herr Bürgermeister, jetzt suche ich schon drei Tage im Archiv nach Unterlagen über die Gemarkung, auf der die Brücke stand. Ich kann nichts finden.«

»Ein bisserl merkwürdig ist das schon. Ich dachte, der Teil des Waldes gehöre zum Gemeindegrund, dann wäre nämlich die Gemeinde Waldkogel verantwortlich für die eingestürzte Brücke. Lorenz Hofer, unser Förster, hat mich darauf hingewiesen, dass das nicht der Fall ist. Irgendwann muss also die Grundstücksgrenze verschoben worden sein. Aber wann und von wem? Und vor allem, warum gibt es darüber keine Unterlagen?«

Gina seufzte. »Ich weiß nicht mehr, wo ich suchen soll, Herr Bürgermeister. Ich bin mit meinem Latein am Ende und das, obwohl ich Italienerin bin. Bekanntlich sprachen die Römer Lateinisch und sind unsere Vorfahren.«

»Gut, dass du deinen Humor nicht verloren hast! Wenn du nichts gefunden hast, dann gibt es nichts.«

Gina schüttelte den Kopf. »Herr Bürgermeister, das wäre ziemlich peinlich für die Gemeinde und für Sie, wenn die Unterlagen nicht gefunden würden.«

Daran musste sie Fellbacher nicht extra erinnern. Deswegen hatte er schon schlaflose Nächte. Mit gemischten Gefühlen schaute er der nächsten Gemeinderatssitzung entgegen. Franz Huber, Ruppert Schwarzers Bazi, würde mit Sicherheit Rechenschaft verlangen. Es lag auf der Hand, dass er versuchen würde, Bürgermeister Fellbacher eine Schlamperei im Amt nachzuweisen. War die Gemeinde Waldkogel ihrer Sorgfaltspflicht nicht angekommen, dann war sie für Folgeschäden und Kosten haftbar, die durch den Einsturz der Brücke entstanden waren, vor allem die Behandlungskosten für Hildegard Oberländers Unfall. Oder die Gemeinde Waldkogel hatte zu wenig Grundsteuer kassiert. Beides waren Verfehlungen, die seine Feinde im Gemeinderat Bürgermeister Fellbacher anlasten würden.

»Es ist, wie es ist, Gina. Zaubern kann ich nicht. Es muss doch zu klären sein, wem dieses kleine Stück Land gehört.«

Der Espresso war fertig. Gina lehnte sich an die Fensterbank und trank.

»Haben Sie mit dem Grafen gesprochen?«, fragte Gina. »Seine Besitzungen grenzen an den Bach. Vielleicht weiß er etwas?«

Die Gesichtszüge Fellbachers hellten sich auf.

»Gina, du bist nicht nur ein fesches Madl und eine gute Gemeindesekretärin, du bist ein Genie. Ich fahre sofort zu Tassilo. Derweil kannst du die Suche einstellen.«

»Fahren Sie noch einmal beim Förster vorbei! Er wollte auch nach Unterlagen suchen.«

»Das mache ich«, sagte Bürgermeister Fellbacher und eilte davon.

Tassilo Graf von Teufen-Thurmann saß in seinem Musikzimmer und studierte eine Partitur. Die Tür öffnete sich. Wütend schimpfte er: »Ich will nicht gestört werden. Wie oft muss ich das denn noch sagen!«

Zenzi stand in der Tür, Tassilos alte Haushälterin, die einst sein Kindermädchen gewesen war.

»Hör auf zu Brummen, Tassilo! Es gibt etwas Wichtiges. Fellbacher ist hier.«

Der Bürgermeister trat ein.

»Fritz, was gibt es?«, fragte Tassilo. »Du siehst nicht gut aus.«

Fritz Fellbacher wischte sich mit dem Taschentuch die Stirn und den Nacken. Tassilo bat ihn, sich zu setzen, dann holte er den Obstler. Sie prosteten sich wortlos zu und tranken.

»Ich wollte dich nicht stören, Tassilo. Ich mache es auch kurz«, sagte Fellbacher. »Du weißt, dass die Brücke da oben zusammengekracht ist, mitsamt der armen Hilda... Und jetzt geht es darum, wem das Land mit der Brücke gehört, wegen der Haftung, verstehst du?«

»Theoretisch schon! Hat die Gemeinde Ärger? Macht Hilda Ärger?«

»Naa, die ist inzwischen froh, dass ihr net mehr passiert ist, Tassilo. Doch der Hofer Lorenz musste den Vorfall der oberen Forstbehörden melden. Das ist Vorschrift, und die haben ihm einen ganzen Packen Papier mit Fragen geschickt.«

»Darüber regst du dich auf?«

»In dem Fall rege ich mich auf, Tassilo. Der Lorenz, eifrig wie er ist, hat nachgemessen, von Grenzstein zu Grenzstein. Dabei kam heraus, dass die Grenze mehrmals hin und her verschoben worden ist. Es geht nur um ein paar Meter. Aber diese paar Meter sind entscheidend. Jetzt geht es darum, den rechtmäßigen Eigentümer ausfindig zu machen. Die kleine Holzbrücke hat seit Jahrzehnten niemanden interessiert. Eigentlich hat sie kaum jemand benutzt. Früher, als Autos in Waldkogel noch selten waren, mag sie wichtig gewesen sein. Aber das ist lange her. Die Brücke ist recht schmal und für Fahrzeuge ungeeignet.«

»Auf was willst du jetzt hinaus, Fritz?«

»Ich suche den Eigentümer.«

»Du willst mir doch nicht etwa die Sache anhängen? Mein Grundstück endet am Bachufer.«

»Schmarrn! Nix will ich dir anhängen, Tassilo. Ich kann verflixt noch mal nicht herausfinden, wie das ist, mit dem Stückchen Land. Entweder es gehört der Gemeinde, dann gibt es Ärger, weil die Gemeinde Waldkogel hätte mehr aufpassen müssen. Oder das Land gehört irgendwem und dann hat die Gemeinde die Grundsteuer falsch berechnet. Mei, ich kann das grinsende Gesicht vom Huber Franz schon vor mir sehen. Endlich hat er etwas gegen mich in der Hand. Das kann mich meinen Stuhl als Bürgermeister kosten.«

Tassilo lachte. »Fritz, Fritz, jetzt übertreibst du gewaltig. Geh zum Martin und lass dir ein paar Pillen geben! Das sind ja schon Wahnvorstellungen. Warum steigerst du dich da so hinein?«

»Du hast leicht reden, Tassilo. Gina durchsucht schon seit Tagen die alten Akten im Archiv. Sie kann nix finden. Wie soll jetzt einer wissen, wer die Verantwortung trägt? Es ist sonderbar. Es ist so, als gehöre des bisserl Grund rund um die Brücke niemandem. So etwas gibt es nicht.«

Tassilo wollte etwas einwenden. Aber Fellbacher gab ihm ein Zeichen, dass er ihn ausreden lassen solle.

»Hofer hat es so beschrieben: es ist Niemandsland, ein weißer Fleck auf der Landkarte. Ich ärgere mich, dass ich das nie kontrolliert habe. Ich hätte an die Brücke denken müssen.«

»Schmarrn, Fritz! Ich habe auch nicht mehr an die Brücke gedacht. Erst als ich hörte, dass Hilda den Unfall hatte, habe ich mich erinnert. Außerdem war dort alles zugewachsen. Wie ist Hilda nur auf die Idee gekommen, diese Abkürzung zu nehmen?«

Bürgermeister Fellbacher seufzte.

»Tassilo, ich will dir nix Böses. Aber hast du Unterlagen, was deinen Grundbesitz betrifft? Alte Pläne müssten doch da sein. Deine Familie gehört zu den ältesten Familien hier. Die Grafen von Teufen– Thurmann sind seit vielen Jahrhunderten hier angesiedelt.«

»Wenn es dich beruhigt, Fritz, werde ich nachsehen.«

»Das ist schon mal ein Anfang«, sagte Fellbacher.

»Fritz, warte einfach ab! Dich kann doch sonst auch nix so schnell aus der Ruhe bringen.«

»Ja, aber ich spüre die schwarze Wolke, die sich über mir zusammenbraut. Außerdem laufen kriminaltechnische und sonstige Untersuchungen.«

»Großer Gott, haben die bei den Behörden nix anderes zu tun?«, schimpfte Tassilo. »Gut, die Brücke ist eingekracht. Hilda ist ins Wasser gefallen, mit bekannten Folgen. Wir sollten alle froh sein, dass es so glimpflich abgegangen ist.«

»Wir sind auch alle froh. Aber das befreit mich nicht von der Verantwortung. Auf jeder Seite des Ufers hat Hofer zwei Grenzsteine gefunden. Die sind erst zu Tage gekommen, als seine Waldarbeiter das Ufer freigelegt hatten. Und es gibt keine Unterlagen über den Besitz zwischen den Grenzsteinen, immerhin ein paar Meter, links und rechts der Brücke. Eingraviert ist drauf auch nichts. Vielmehr: die Zeichen lassen sich nicht lesen.«

Der Graf rieb sich das Kinn. »Fritz, ich gestehe, dass mir die Sache mittlerweile auch sehr merkwürdig vorkommt.«

»Danke, das tut mir gut«, seufzte Fritz Fellbacher.

»Jetzt machst du am besten erst mal nix. Und rede vor allem mit niemand darüber! Wer weiß noch von dem Rätsel?«

»Verbergen ließ sich das nicht. Hofer weiß es und sicher auch die Waldarbeiter.«

»Dann sollen die des Maul halten!«, sagte Tassilo.

»So einfach geht das nicht. Außerdem könnte das als Vertuschungsversuch ausgelegt werden.«

»Da hast du auch wieder recht, Fritz. Du kannst sie nicht darum bitten. Aber ich kann es tun. Die Zeiten sind zwar lange vorbei, dass Grafen die Herren waren und amtlich etwas zu melden hatten. Aber ein bisserl Glanz, Anerkennung und Ehrfurcht sind bis heute geblieben. Überlasse das mir! Ich rede mit Hofer und den Arbeitern.«

Fellbacher wiegte unsicher und nachdenklich den Kopf hin und her.

»Meinst du nicht, das ist verdächtig?«, fragte Fellbacher schließlich.

»Sei nicht so pessimistisch, Fritz! Es geht doch nur darum, dass du Zeit gewinnst, damit du in Ruhe die Sache ordnen kannst.«

»Ja, das stimmt. Damit hast du völlig Recht, Tassilo. Weißt du, ich bin auch nur ein Mensch. Und ich sage dir, der Ruppert Schwarzer führt wieder etwas im Schilde. Ich spüre das.«

»So? Was macht dich da so sicher?«

»Dass sein Bazi im Gemeinderat so brav ist. Seit Wochen ist er freundlich und stimmt nie gegen etwas. Er macht auf lieb Kind, sage ich dir.«

»Er will dich einlullen.«

»Genau, das denke ich mir auch, Tassilo. Wiege den Gegner in Sicherheit und dann schlage zu, das ist eine bewährte Taktik. So ist es. Er stellt sich sogar auf meine Seite. Das ist mir direkt unheimlich. Aber nicht nur mir. Alle im Gemeinderat staunen und trauen ihren Ohren nicht. Du kannst den Weißgerber fragen, Tassilo.«

»Wenn du mir das sagst, dann genügt mir das.«

Tassilo schenkte noch einmal ein, und sie tranken.

»So und jetzt tust du Folgendes: Wenn dich jemand fragt, dann sagst du, dass alles seinen Weg gehe und du auf die Untersuchungsergebnisse wartest.«

»Ja, so mache ich das, Tassilo. Dass ich da nicht selbst drauf gekommen bin?«

Tassilo lächelte milde.

»Fritz, ich kann dich verstehen. Manchmal sieht man vor lauter Wald keine Bäume mehr. Du musst zur Ruhe kommen. Nimm doch deine Familie und mache eine schöne Wanderung.«

»Mal sehen, ich überlege es mir.« Bürgermeister Fritz Fellbacher stand auf. Er nahm seinen Hut. »Ich muss gehen, Tassilo. Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast.«

»Was ist mir denn anderes übriggeblieben, als du so hereingeplatzt kamst? Aber es ist schon in Ordnung. Ein junger Künstler hat mir seine Noten eingereicht. Er hofft natürlich auf einen Vertrag in meiner Musikproduktion.«

»Und hat er Talent?«

»Ich denke schon. Aber ich will mir alles noch genauer ansehen.«

»Dann wünsche ich dir viel Erfolg, Tassilo.«

»Ich dir ebenso, Fritz. Und ich bitte dich noch einmal eindringlich, steigere dich da nicht hinein! Ich habe im Leben oft die Erfahrung gemacht, dass sich viele Dinge von allein erledigen und sich plötzlich in Luft auflösen. Hinterher fragt man sich dann, warum man sich so viele Gedanken gemacht hat.«

Fellbacher nickte. Tassilo ging mit ihm zum Auto. Der Graf blieb stehen und sah ihm nach, wie er langsam über das Anwesen davon fuhr. Dann drehte er sich um und ging zu Zenzi in die Küche.

Die alte Zenzi warf Tassilo einen Blick zu.

»Was gibt’s?«, fragte sie.

»Ich hätte gern eine Tasse Kakao.«

Zenzi stützte die Hände in die Seite und schaute ihn an. »Darum hast du mich schon ewig nimmer gebeten. Als du noch ein Bub warst, habe ich dir immer Kakao gekocht, wenn du Kummer hattest. Was ist passiert? Hat es etwas mit dem Fellbacher zu tun?«

»Ja, ich bin besorgt um Fritz. Er ist sehr beunruhigt.«

»Wegen der Brücke?«

Tassilo schaute die alte Zenzi überrascht an. »Woher weißt du das?«

»Weil ich im Nebenzimmer Staub gewischt habe. Die Tür war nicht ganz geschlossen.«

»Zenzi, du hast gelauscht?«

»Schau mich nicht so entrüstet an, Tassilo! Ich habe nicht gelauscht. Das war Zufall. Gut, ich hätte später Staub wischen können. Aber ich hatte mich nun einmal dazu entschlossen, es sofort zu tun. Hast du was dagegen?«

Tassilo lachte. »Zenzi, du überraschst mich immer noch.«

»Ja, einer muss ja den Überblick behalten, was hier vor sich geht.«

»Und das bist du?«

»Wenn du das sagst, Tassilo, dann wird es stimmen.«

Inzwischen war die Milch heiß. Zenzi rührte sorgfältig im Becher Zucker und Kakaopulver an und füllte mit der Milch auf. Augenblicke später setzte sie sich an den Tisch und schob Tassilo den großen, getupften Becher hin.

Tassilo lächelte. Kindheitserinnerungen stiegen in ihm auf.

»Fritz ist eine ganze Portion jünger als ich. Ich habe ihn immer gemocht. Es würde mir leid tun, wenn er seinen Posten als Bürgermeister verlieren würde«, sagte Tassilo. »Er macht wirklich alles gut, was er für die Gemeinde tut.«

»Deshalb hat er Neider, Tassilo. Aber das wird schon. Wie heißt es? Die Suppe wird nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Und der Fritz, der sollte mal Urlaub machen. Dass er wandern gehen soll, das war ein guter Rat von dir.«

Tassilo trank das duftende Getränk in kleinen Schlucken.

»Weißt du etwas, Zenzi? Wurde mal die Grenze geändert? Wann wurde die alte Brücke eigentlich gebaut?«

»Mei, Tassilo, du stellst Fragen. Da war mal etwas, da war ich noch ganz jung. Das muss gleich nach meiner Schulzeit gewesen sein, als ich hier angefangen habe.«

»Und was war damals? Erinnerst dich?«

»Tassilo, gib mir etwas Zeit. Ich werde darüber nachdenken. Ich erinnere mich nur dunkel, dass dein Großvater wegen dem Bach Ärger hatte und es auch um die Brücke ging. Ich werde in meinem Gedächtnis kramen und auch mit der Ella Waldner reden. Vielleicht können wir beiden Alten gemeinsam die Erinnerungsfetzen sortieren, dass ein Ganzes daraus wird. Und bis dahin tust du fein abwarten!«

Zenzi sah Tassilo streng an. Er versprach es ihr. Nachdem er ausgetrunken hatte und gegangen war, setzte sich Zenzi an den Tisch und dachte nach, wen sie nach den damaligen Ereignissen fragen könnte. Sie nahm sich vor, Ella Waldner sobald wie möglich zu besuchen.

*

Es war ein herrlicher Sommertag. Die Hitze flimmerte über München. Nina parkte ihr zweisitziges Cabriolet unter den Bäumen, auf dem elterlichen Grundstück.

Der Kies knirschte, als sie zum großen Portal der Villa ging. Sie blieb kurz stehen und schaute an der Hauswand hinauf. Seit vier Generationen war die Villa im Besitz der Familie Fuchs.

Nina trat ein. Es war angenehm kühl in der Halle. Gedämpftes Licht fiel durch die hohen Buntglasfenster. Dicke Teppiche verschluckten jeden Trittschall. Sie stellte ihre Tasche ab und lauschte an der Tür des Arbeitszimmers ihres Vaters. Leise war Musik zu hören. Sie lächelte. Ihr Vater hörte gern instrumentale Volksmusik, während er arbeitete.

Nina klopfte kurz und trat ein.

»Hallo Nina!«, rief ihr Vater und lächelte sie an.

»Hallo Papa!«

Sie ging hinter den großen dunklen Schreibtisch und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Dann setzte sie sich auf die Kante des Schreibtischs und verschränkte die Arme.

Ihr Vater runzelte die Stirn. »Du schaust aus, als hättest du mir etwas zu sagen. Du hast diesen typischen Blick. So hattest du mich schon angesehen, als du noch ein kleines Mädchen warst und mit deinen großen Sorgen zu mir kamst.« Er schmunzelte. »Meistens waren die Sorgen nicht so groß.«

Nina zuckte mit den Schultern. »Es kommt immer auf den Maßstab an, Papa. Das sagst du doch immer.«

»Das stimmt. Und nie in die Extreme fallen, weder nach unten noch nach oben. Die Mitte ist immer gut. Dort ist man auf sicherem Boden.«

Ferdinand Fuchs stand auf und legte dem Arm um die Schulter seiner Tochter und führte sie in die Sitzecke.

»Setz dich! Was willst du trinken? Ich nehme mir einen Cognac.«

Nina nahm eine Cola mit Eis und einem Stück Zitrone.

Stumm prosteten sie sich zu und tranken.

»Nun mal raus mit der Sprache, Nina«, forderte sie ihr Vater auf.