Eine Weihnachtsgeschichte - Charles Dickens - E-Book

Eine Weihnachtsgeschichte E-Book

Charles Dickens.

4,9

Beschreibung

"Die "Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens erzählt die Geschichte des geizigen und unverbesserlichen Geschäftsmanns Ebenezer Scrooge, der kurz vor Weihnachten von drei Geistern besucht wird. Die Geister zeigen ihm Szenen aus seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und bringen ihm bei, was es bedeutet, ein guter Mensch zu sein. Zu Beginn der Geschichte ist Scrooge ein hartherziger Mann, der kein Interesse an Weihnachten hat und alle Formen von Freude und Mitgefühl ablehnt. Er lebt zurückgezogen und meidet den Kontakt mit anderen Menschen, einschließlich seines Neffen und seines treuen Angestellten Bob Cratchit, der in ärmlichen Verhältnissen lebt.

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Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel: Marleys Geist

Zweites Kapitel: Der erste der drei Geister

Drittes Kapitel: Der zweite der drei Geister

Viertes Kapitel: Der letzte der drei Geister

Fünftes Kapitel: Das Ende

Erstes Kapitel

Marleys Geist

Marley war tot, damit wollen wir anfangen. Ein Zweifel darüber kann nicht stattfinden. Der Schein über seine Bestattung wurde von dem Geistlichen, dem Küster, dem Leichenbesorger und den vornehmsten Leidtragenden unterschrieben. Scrooge unterschrieb ihn und Scrooges Name wurde auf der Börse respektiert, wo er ihn nur hinschrieb. Der alte Marley war so tot wie ein Türnagel.

Merkt wohl auf! Ich will nicht etwa sagen, dass ein Türnagel etwas besonders Totes für mich hätte. Ich selbst möchte fast zu der Meinung geneigt sein, ein Sargnagel sei das toteste Stück Eisenwerk auf der Welt. Aber die Weisheit unserer Altvorderen liegt in dem Gleichniss und meine unheiligen Hände sollen sie dort nicht stören, sonst wäre es um das Vaterland geschehen. Man wird mir daher erlauben, mit besonderem Nachdruck zu wiederholen, dass Marley so tot wie ein Türnagel war.

Scrooge wusste, dass er tot war? Natürlich wusste er es. Wie konnte es auch anders sein? Scrooge und er waren, ich weiß nicht seit wie vielen Jahren, Handlungsgesellschafter. Scrooge war sein einziger Testamentsvollstrecker, sein einziger Administrator, sein einziger Erbe, sein einziger Freund und sein einziger Leidtragender. Und selbst Scrooge war von dem traurigen Ereignis nicht so entsetzlich gerührt, dass er selbst an dem Begräbnistag nicht ein vortrefflicher Geschäftsmann gewesen wäre und ihn mit einem unzweifelhaft guten Handel gefeiert hätte.

Die Erwähnung von Marleys Begräbnistag bringt mich zu dem Ausgangspunkt meiner Erzählung wieder zurück. Es ist unzweifelhaft, dass Marley tot war. Das muss scharf ins Auge gefasst werden, sonst kann in der Geschichte, die ich eben erzählen will, nichts Wunderbares geschehen. Wenn wir nicht vollkommen fest überzeugt wären, dass Hamlets Vater tot ist, ehe das Stück beginnt, würde durchaus nichts Merkwürdiges in seinem nächtlichen Spaziergang bei scharfem Ostwind auf den Mauern seines eignen Schlosses sein. Nicht mehr, als bei jedem anderen Herrn in mittleren Jahren, der sich nach Sonnenuntergang rasch zu einem Spaziergang auf einem luftigen Platz, zum Beispiel Sankt Pauls Kirchhof, entschließt, bloß um seinen schwachen Sohn in Erstaunen zu setzen.

Scrooge ließ Marleys Namen nicht ausstreichen. Noch nach Jahren stand über der Tür des Speichers »Scrooge und Marley.« Die Firma war unter dem Namen Scrooge und Marley bekannt. Zuweilen nannten Leute, die ihn noch nicht kannten, Scrooge und zuweilen Marley; aber er hörte auf beide Namen, denn es war ihm ganz gleich.

Oh, er war ein wahrer Blutsauger, der Scrooge! Ein gieriger, zusammenscharrender, festhaltender, geiziger, alter Sünder; hart und scharf wie ein Kiesel, aus dem noch kein Stahl einen warmen Funken geschlagen hat; verschlossen und selbstbegnügt und für sich, wie eine Auster. Die Kälte in seinem Herzen machte seine alten Züge erstarren, seine spitze Nase noch spitzer, sein Gesicht von Runzeln, seinen Gang steif, seine Augen rot, seine dünnen Lippen blau, und klang aus seiner krächzenden Stimme heraus. Ein frostiger Reif lag auf seinem Haupt, auf seinen Augenbrauen, auf den starken kurzen Haaren seines Bartes. Er schleppte seine eigene niedere Temperatur immer mit sich herum; in den Hundstagen kühlte er sein Comptoir wie mit Eis; zur Weihnachtszeit wärmte er es nicht um einen Grad.

Äußere Hitze und Kälte wirkten wenig auf Scrooge. Keine Wärme konnte ihn wärmen, keine Kälte ihn frösteln machen. Kein Wind war schneidender als er, kein fallender Schnee mehr auf seinen Zweck bedacht, kein schlagender Regen einer Bitte weniger zugänglich. Schlechtes Wetter konnte ihm nichts anhaben. Der ärgste Regen, Schnee oder Hagel konnten sich nur in einer Art rühmen, besser zu sein als er: Sie gaben oft im Überfluss, und das tat Scrooge nie.

Niemals trat ihm jemand auf der Straße entgegen, um mit freundlichem Gesicht zu ihm zu sagen: Mein lieber Scrooge, wie geht es, wann werden Sie mich einmal besuchen? Kein Bettler sprach ihn um eine Kleinigkeit an, kein Kind frug ihn, welche Zeit es sei, kein Mann und kein Weib hat ihn je in seinem Leben um den Weg gefragt. Selbst der Hund des Blinden schien ihn zu kennen, und wenn er ihn kommen sah, zupfte er seinen Herrn, dass er in ein Haus trete und wedelte dann mit dem Schwanz, als wollte er sagen: kein Auge ist besser als ein böses Auge, blinder Herr.

Doch was kümmerte das Scrooge? Gerade das gefiel ihm. Allein seinen Weg durch die gedrängten Pfade des Lebens zu gehen, jedem menschlichen Gefühl zu sagen: bleib' mir fern! Das war das, was Scrooge gefiel.

Einmal, es war von allen guten Tagen im Jahr der beste, der Christabend, saß der alte Scrooge in seinem Comptoir. Es war draußen schneidend kalt und nebelig und er konnte hören, wie die Leute im Hof draußen prustend auf und nieder gingen, die Hände zusammenschlugen und mit den Füßen stampften, um sich zu erwärmen. Es hatte eben erst Drei geschlagen, war aber schon ganz finster. Den ganzen Tag über war es nicht hell geworden und aus den Fenstern der benachbarten Comptoirs erblickte man Lichter, wie rote Flecken auf der dicken, braunen Luft. Der Nebel drang durch jede Spalte und durch jedes Schlüsselloch und war draußen so dick, die gegenüberstehenden Häuser des sehr kleinen Hofes wie ihre eigenen Geister aussahen. Wenn man die trübe, dicke Wolke, alles verfinsternd, heruntersinken sah, hätte man meinen können, die Natur wohne dicht nebenan und braue en gros.

Die Tür von Scrooges Comptoir stand offen, damit er seinen Commis beaufsichtigen könne, welcher in einem unheimlich feuchten, kleinen Raum, einer Art Burgverließ, Briefe kopierte. Scrooge hatte nur ein sehr kleines Feuer, aber des Dieners Feuer war um so viel kleiner, es wie eine einzige Kohle aussah. Er konnte aber nicht nachlegen, denn Scrooge hatte den Kohlenkasten in seinem Zimmer und immer, wenn der Diener, mit der Kohlenschaufel in der Hand, hereinkam, meinte der Herr, es würde wohl nötig sein, dass sie sich trennten, worauf der Diener seinen weißen Schal umband und versuchte, sich an dem Licht zu wärmen, was, da er ein Mann von nicht zu starker Einbildungskraft war, immer fehlschlug.

»Fröhliche Weihnachten, Onkel, Gott erhalte Sie!«, rief eine heitere Stimme. Es war die Stimme von Scrooges Neffen, der ihm so schnell auf den Hals kam, dieser Gruß die erste Ankündigung seiner Annäherung war.

»Pah«, sagte Scrooge, »dummes Zeug!«

Der Neffe war vom schnellen Laufen so warm geworden, dass er über und über glühte; sein Gesicht war rot und hübsch, seine Augen glänzten und sein Atem rauchte.

»Weihnachten dummes Zeug, Onkel?«, sagte Scrooges Neffe. »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«

»Es ist mein Ernst«, sagte Scrooge. »Fröhliche Weihnachten? Was für ein Recht hast du, fröhlich zu sein? Was für einen Grund, fröhlich zu sein? Du bist arm genug.«

»Nun«, antwortete der Neffe heiter, »was für ein Recht haben Sie, grämlich zu sein? Was für einen Grund, mürrisch zu sein? Sie sind reich genug.«

Scrooge, der im Augenblick keine bessere Antwort bereit hatte, sagte noch einmal »Pah!« und brummte ein »Dummes Zeug!« hinterher.

»Seien Sie nicht bös, Onkel«, sagte der Neffe.

»Was soll ich anders sein«, antwortete der Onkel, »wenn ich in einer Welt voll solcher Narren lebe? Fröhliche Weihnachten! Der Henker hole die fröhlichen Weihnachten! Was ist Weihnachten für dich anders, als ein Tag, wo du Rechnungen bezahlen sollst, ohne Geld zu haben, ein Tag, wo du dich um ein Jahr älter und nicht um eine Stunde reicher findest, ein Tag, wo du deine Bücher abschließt und in jedem Posten durch ein volles Dutzend von Monaten ein Defizit siehst? Wenn es nach mir ginge«, sagte Scrooge heftig, »so müsste jeder Narr, der mit seinem fröhlichen Weihnachten herumläuft, mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Pfahl von Stecheiche im Herzen begraben werden.«

»Onkel!«, sagte der Neffe.

»Neffe!«, antwortete der Onkel heftig. »Feiere du Weihnachten nach deiner Art und lass es mich nach meiner feiern.«

»Feiern!«, wiederholte Scrooges Neffe. »Aber Sie feiern es nicht.«

»Lass mich ungeschoren«, sagte Scrooge. »Mag es dir Nutzen bringen! Viel genützt hat es dir schon.«

»Es gibt viele Dinge, die mir hätten nützen können und die ich nicht benutzt habe, das weiß ich«, antwortete der Neffe, »und Weihnachten ist eins von denen. Aber ich weiß gewiss, dass ich Weihnachten, wenn es gekommen ist, abgesehen von der Verehrung, die wir seinem heiligen Namen und Ursprung schuldig sind, immer als eine gute Zeit betrachtet habe, als eine liebe Zeit, als die Zeit der Vergebung und Barmherzigkeit, als die einzige Zeit, die ich in dem ganzen langen Jahreskalender kenne, wo die Menschen einträchtig ihre verschlossenen Herzen auftun und die anderen Menschen betrachten, als wenn sie wirklich Reisegefährten zum Grab wären und nicht eine ganz andere Art von Geschöpfen, die einen ganz anderen Weg gehen. Und daher, Onkel, ob es mir gleich niemals ein Stück Gold oder Silber in die Tasche gebracht hat, glaube ich doch, es hat mir Gutes getan und es wird mir Gutes tun, und ich sage: Gott segne es!«

Der Diener in dem Burgverließ draußen applaudierte unwillkürlich; aber den Augenblick darauf fühlte er auch die Unschicklichkeit seines Betragens, schürte die Kohlen und verlöschte den letzten kleinen Funken auf immer.

»Wenn Sie mich noch einen einzigen Laut hören lassen«, sagte Scrooge, »so feiern Sie Ihre Weihnachten mit dem Verlust Ihrer Stelle. Du bist ein gewaltiger Redner«, fügte er hinzu, sich zu seinem Neffen wendend. »Es wundert mich, dass du nicht ins Parlament kommst.«

»Seien Sie nicht böse, Onkel. Essen Sie morgen mit uns.«

Scrooge sagte, dass er ihn erst verdammt sehen wollte, ja wahrhaftig, er sprach sich ganz deutlich aus.

»Aber warum?«, rief Scrooges Neffe. »Warum?«

»Warum hast du dich verheiratet?«, sagte Scrooge.

»Weil ich mich verliebte.«

»Weil er sich verliebte!«, brummte Scrooge, als ob dass das einzige Ding in der Welt wäre, noch lächerlicher als eine fröhliche Weihnacht. »Guten Nachmittag!«

»Aber, Onkel, Sie haben mich ja auch nie vorher besucht. Warum soll es da ein Grund sein, mich jetzt nicht zu besuchen?«

»Guten Nachmittag!«, sagte Scrooge.

»Ich brauche nichts von Ihnen, ich verlange nichts von Ihnen, warum können wir nicht gute Freunde sein?«

»Guten Nachmittag!«, sagte Scrooge.

»Ich bedaure wirklich von Herzen, Sie so hartnäckig zu finden. Wir haben nie einen Zank miteinander gehabt, an dem ich schuld gewesen wäre. Aber ich habe den Versuch gemacht, Weihnachten zu Ehren und ich will meine Weihnachtsstimmung bis zuletzt behalten. Fröhliche Weihnachten, Onkel!«

»Guten Nachmittag!«, sagte Scrooge.

»Und ein glückliches Neujahr!«

»Guten Nachmittag!«, sagte Scrooge.

Aber doch verließ der Neffe das Zimmer ohne ein böses Wort. An der Haustür blieb er noch stehen, um mit dem Glückwunsch des Tages den Diener zu begrüßen, der bei aller Kälte doch noch wärmer als Scrooge war, denn er gab den Gruß freundlich zurück.

»Das ist auch so ein Kerl«, brummte Scrooge, der es hörte. »Mein Diener, mit fünfzehn Schilling die Woche und Frau und Kindern, spricht von fröhlichen Weihnachten. Ich gehe nach Bedlam.«

Der Diener hatte, indem er den Neffen hinausließ, zwei andere Personen eingelassen. Es waren zwei behäbige, wohlansehnliche Herren, die jetzt, den Hut in der Hand, in Scrooges Comptoir standen. Sie hatten Bücher und Papiere in der Hand und verbeugten sich.

»Scrooge und Marley, glaube ich«, sagte einer der Herren, indem er auf seine Liste sah. »Habe ich die Ehre, mit Mr. Scrooge oder mit Mr. Marley zu sprechen?«

»Mr. Marley ist seit sieben Jahren tot«, antwortete Scrooge. »Er starb heute vor sieben Jahren.«

»Wir zweifeln nicht, dass sein überlebender Compagnon ganz seine Freigiebigkeit besitzen wird«, sagte der Herr, indem er sein Beglaubigungsschreiben hinreichte.

Er hatte auch ganz recht, denn es waren zwei verwandte Seelen gewesen. Bei dem ominösen Wort Freigiebigkeit runzelte Scrooge die Stirn, schüttelte den Kopf und gab das Papier zurück.

»An diesem festlichen Tag des Jahres, Mr. Scrooge«, sagte der Herr, eine Feder ergreifend, »ist es mehr als gewöhnlich wünschenswert, einigermaßen wenigstens für die Armut zu sorgen, die zu dieser Zeit in großer Bedrängnis ist. Vielen Tausenden fehlen selbst die notwendigsten Bedürfnisse, Hunderttausenden die notdürftigsten Bequemlichkeiten des Lebens.«

»Gibt es keine Gefängnisse?«, fragte Scrooge.

»Überfluss von Gefängnissen«, sagte der Herr, die Feder wieder hinlegend.

»Und die Union-Armenhäuser?«, fragte Scrooge. »Bestehen sie noch?«

»Allerdings. Aber doch«, antwortete der Herr, »wünschte ich, sie brauchten weniger in Anspruch genommen zu werden.«

»Tretmühle und Armengesetz sind in voller Kraft«, sagte Scrooge. »Beide haben alle Hände voll zu tun.«

»So? Nach dem, was Sie zuerst sagten, fürchtete ich, es halte sie etwas in ihrem nützlichen Laufe auf«, sagte Scrooge. »Ich freue mich, das zu hören.«

»In der Überzeugung, dass sie doch wohl kaum fähig sind, der Seele oder dem Leib der Armen christliche Stärkung zu geben«, antwortete der Herr, »sind einige von uns zur Veranstaltung einer Sammlung zusammengetreten, um für die Armen Nahrungsmittel und Feuerung anzuschaffen. Wir wählen diese Zeit, weil sie vor allen andern eine Zeit ist, wo der Mangel am bittersten gefühlt wird und der Reiche sich freut. Welche Summe soll ich für Sie aufschreiben?«

»Nichts«, antwortete Scrooge.

»Sie wünschen ungenannt zu bleiben?«

»Ich wünsche, dass man mich zufriedenlasse«, sagte Scrooge. »Da Sie mich fragen, was ich wünsche, meine Herren, so ist das meine Antwort. Ich freue mich selbst nicht zu Weihnachten und habe nicht die Mittel, mit meinem Geld Faulenzern Freude zu machen. Ich trage meinen Teil zu den Anstalten bei, die ich genannt habe; sie kosten genug, und wem es schlecht geht, der mag dorthin gehen!«

»Viele können nicht hingehen und viele würden lieber sterben.«

»Wenn sie lieber sterben würden«, sagte Scrooge, »so wäre es gut, wenn sie es täten, und die überflüssige Bevölkerung verminderten. Übrigens, Sie werden mich entschuldigen, weiß ich nichts davon.«

»Aber Sie könnten es wissen«, bemerkte der Herr.

»Es geht mich nichts an«, antwortete Scrooge. »Es genügt, wenn ein Mann sein eigenes Geschäft versteht und sich nicht in das anderer Leute mischt. Das meinige nimmt meine ganze Zeit in Anspruch. Guten Nachmittag, meine Herren!«

Da sie deutlich sahen, wie vergeblich weitere Versuche sein würden, zogen sich die Herren zurück. Scrooge setzte sich wieder mit einer erhöhten Meinung von sich selbst, und in einer besseren Laune als gewöhnlich, an die Arbeit.

Unterdessen hatten Nebel und Finsternis so zugenommen, dass Leute mit brennenden Fackeln herumliefen, um den Wagen vorzuleuchten. Der Kirchturm, dessen brummende alte Glocke immer aus einem alten gotischen Fenster in der Mauer gar schlau auf Scrooge herabsah, wurde unsichtbar und schlug die Stunden und Viertel in den Wolken mit einem zitternden Nachklang, als wenn in dem erfrorenen Knopf droben die Zähne klapperten. Die Kälte wurde immer schneidender. In der Hauptstraße an der Ecke der Sackgasse wurden die Gasröhren ausgebessert und die Arbeiter hatten ein großes Feuer in einer Kohlenpfanne angezündet, um welche sich einige zerlumpte Männer und Knaben drängten, sich die Hände wärmend und mit den Augen blinzelnd vor der behaglichen Flamme. Die Wasserrohre, sich selbst überlassen, strömte ungehindert ihr Wasser aus; aber bald war es zu Eis erstarrt. Der Schimmer der Läden, in denen Stecheichenzweige und Beeren in der Lampenwärme der Fenster knisterten, rötete die bleichen Gesichter der Vorübergehenden. Die Gewölbe der Geflügel- und Materialwarenhändler sahen aus wie ein glänzendes, fröhliches Märchen, mit dem es fast unmöglich schien, den Gedanken von einer so ernsten Sache, wie Kauf und Verkauf, zu verbinden. Der Lord Mayor gab in den inneren Gemächern des Mansion-House seinen fünfzig Köchen und Kellermeistern Befehl, Weihnachten zu feiern, wie es eines Lord Mayors würdig ist, und selbst der kleine Schneider, den er am Montag vorher wegen Trunkenheit und öffentlich ausgesprochenen Blutdurstes um fünf Schilling gestraft hatte, rührte den Morgenpudding in seinem Dachkämmerchen um, während sein abgemagertes Weib mit dem Säugling auf dem Arm ausging, um den Rinderbraten zu kaufen.

Immer nebeliger und kälter wurde es, durchdringend, schneidend kalt. Wenn der gute, heilige Dunstan des Gottseibeiuns Nase nur mit einem Hauch von diesem Wetter gefasst hätte, anstatt seine gewöhnlichen Waffen zu brauchen, dann würde er erst recht gebrüllt haben. Der Inhaber einer kleinen, jungen Nase, benagt und angebissen von der hungrigen Kälte, wie Knochen von Hunden benagt werden, legte sich an Scrooges Schlüsselloch, um ihn mit einem Weihnachtslied zu erfreuen. Aber bei dem ersten Ton des Liedes ergriff Scrooge das Lineal mit einer solchen Energie, dass der Sänger voll Schrecken entfloh und das Schlüsselloch dem Nebel und der noch verwandteren Kälte überließ.

Endlich kam die Feierabendstunde. Unwillig stieg Scrooge von seinem Sessel und gab dem harrenden Diener in dem Verließ stillschweigend die Einwilligung, worauf dieser sogleich das Licht auslöschte und den Hut aufsetzte.