Elefanten sieht man nicht - Susan Kreller - E-Book
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Elefanten sieht man nicht E-Book

Susan Kreller

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Beschreibung

Max atmete ruhig und gleichmäßig, nur manchmal schnarchte er leise. Julia hatte sich zusammengerollt, aber nicht so, als hätte sie Angst, eher, als hätte sie nichts mehr zu befürchten, weil draußen jemand Wache hält. Und auf einmal kam mir der Gedanke, dass man Menschen beschützen kann. Ich drehte mich um und schlich zur Tür. Ich hörte den Gesang der Amseln und ein Autohupen in der Ferne, und ich hörte mein schlagendes Herz. Ich schloss die Tür. Drehte den Schlüssel zweimal herum. Und dann rannte ich. Irgendetwas ist seltsam an Julia und Max, das findet Mascha von der ersten Sekunde an. Und dann sieht sie, dass Julia überall blaue Flecken hat, richtig große. Als Mascha schließlich eines Tages auf der Suche nach den beiden vom Garten aus einen Blick in ihr Haus erhascht, ist ihr klar: Sie muss ihnen irgendwie helfen. Aber wie, wenn keiner der Erwachsenen ihr zuhören will? Mascha hat eine verhängnisvolle Idee - aber manchmal ist es besser, etwas Falsches zu tun, als gar nichts.

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CARLSEN-Newsletter Tolle neue Lesetipps kostenlos per E-Mail!www.carlsen.de Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden. © 2012 by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg Umschlaggestaltung und -typografie: Kerstin Schürmann, formlabor Umschlagfotografie: © plainpicture/First_Light Lektorat: Franziska Leuchtenberger Satz und E-Book-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN: 978-3-646-92379-7 Alle Bücher im Internet unterwww.carlsen.de

Für all die anderen

The elephant in the room (engl. Redewendung): großes Thema, dessen sich jeder bewusst ist, über das aber – aus Angst oder Bequemlichkeit – keiner spricht

eins

Die Sache, die im blauen Haus passiert ist, hat mir viele böse Blicke und meinen Vater beschert. Die Blicke blieben bis zum Ende der Ferien, aber mein Vater ist schon nach zwei Stunden wieder abgereist. Ich hätte ihn gern noch länger hier gehabt und irgendwann vielleicht von ihm erfahren, dass das Falsche, das ich getan hatte, gar nicht falsch war, oder nur ein bisschen falsch, fast richtig. Aber alles, was ihm im Garten meiner Großeltern einfiel, war, ob das bitte schön nicht anders gegangen wäre.

Als er das fragte, rührte meine Großmutter ihren Kaffee kalt, während mein Großvater angestrengt im Barenburger Wochenblatt las. Auf der Rückseite stand Kühles Nass lockt Jung und Alt und Alfred Esser ist der neue Löschzugführer, und wenn man genau hinsah, stand da auch noch, dass mein Großvater zitterte, die Überschriften wackelten wie Birkenzweige bei Windstärke fünf, nur dass wir an diesem Nachmittag gar keinen Wind hatten, die Sonne drückte uns auf die Gartenstühle und am Himmel waren bloß zwei, drei Kondensstreifen zu sehen, kleine Lackschäden am Dach dieses glühenden Tages.

Und als meine Großmutter nach etwa fünfzig Umdrehungen merkte, dass wir ihr das Rühren in der Kaffeetasse nicht mehr glaubten, hielt sie den Löffel an und sagte mit schmerzverzerrtem Gesicht, sie kann nie wieder zur Rückengymnastik gehen, damit das klar ist, denn die andern reden, Sigrun redet, Trautchen, sogar Hilde, die sie immer mit dem Auto abgeholt hat. Dabei kann sie ja nichts für ihre Enkelin, nicht wahr? Mein Großvater ließ seine Zeitung nicken und mein Vater brummte etwas, in dem »dreizehn« vorkam und »alt genug«, und ich hätte am liebsten etwas Gemeines zurückgebrummt. Gesagt habe ich aber nur, wie lange bleibst du denn jetzt, und mein Vater hat dann lieber nicht geantwortet, ich bin schon fast wieder weg.

zwei

–  Geh zu den anderen.

–  Oma, die reden nicht mit mir.

–  Auch Robert nicht, von Bauers?

–  Redet nicht.

–  Die sagen nichts?

–  Gar nichts sagen die. Ich steh da nur. Kann ich auch wieder gehen.

–  Auch der Robert?

–  Hmmh.

–  Auch die anderen? Die sich immer am alten Baum treffen? Was war das noch mal, Ahorn?

–  Oma!

–  Die also auch. Dann geh zu Trautchen, die freut sich.

–  Die ist fast siebzig, was soll ich da? Eine Platane war das.

–  Dann ins Freibad.

–  Ich geh nicht ins Freibad. Die gucken nur, wenn du alleine bist.

–  Dann geh zu Trautchen, die guckt nicht.

–  Die ist halb blind, deshalb.

–  Mascha!

–  Oma.

Barenburg war die langweiligste Stadt der Welt. Und auch wenn ich in meinem Leben erst wenige Städte gesehen hatte, bin ich mir sicher, es stimmte trotzdem. Am meisten stimmte es in der Siedlung meiner Großeltern, dort, wo ich seit dem Tod meiner Mutter vor sieben Jahren die Sommerferien verbringen musste. Die Wege vor den roten Klinkerhäuschen waren ordentlich gekehrt und ohne Unkraut und fast ohne Menschen. Wenn man wie ich aus der Großstadt kam, hatte man manchmal das Gefühl, dass einem die U-Bahn direkt vor der Nase weggefahren war und man ganz allein auf dem Bahnsteig stand. Sah man hier überhaupt mal Leute, dann nur, wenn sie ihre Autos wuschen oder in die Vereine gingen oder die Hortensien in den stummen Vorgärten pflegten.

Tag, Mascha!

Was macht die Schule?

Und so selten diese Leute vorkamen, so alt waren sie auch. Sie trugen getönte Brillen und weiße Härchen auf den julibraunen Armen, und es gab nur wenige Familien mit Kindern. Diese Leute hatten entweder schon immer hier gewohnt, oder sie waren erst in den letzten Jahren in die Siedlung gezogen und zählten nicht so richtig. Jedenfalls klang das so, wenn meine Großmutter mit ihren Freundinnen über sie redete. Die anderen zählten aber schon. Die, die schon immer hier gewohnt hatten. Aber weil man sie fast nie auf der Straße sah, zählten sie nur sehr leise.

Es war so still hier.

Lautlos.

So ruhig war es in dieser Siedlung, dass die Stille wild in meinen Ohren hämmerte, und das, obwohl es genau genommen gar nicht still war, denn es gab ja hier immer irgendwen, der den Rasen mähte, vorzurückvorzurück, kurz und bündig, sonntags nie. Und da stand ich dann, eingequetscht in diese Rasenmäherstille, hatte wenig zu tun und alle Zeit der Welt.

Am Anfang war ich noch gern zu meinen Großeltern gefahren und hatte die Freizeitparks und die kleinen Radtouren und sogar die Grillabende mit den Nachbarn und die trockenen Kekse im Freibad gemocht.

Aber jetzt.

Jetzt war alles anders.

Ich hätte natürlich lesen können oder den Freundinnen schreiben, die ich zu Hause hatte. Aber manchmal geht das alles nicht, dann verschwimmen die Buchstaben, die man lesen wollte, und sogar die, die man noch gar nicht geschrieben hat, dann starrt man irgendwohin, auf das Papier oder auf eine Fliege an der Wand oder auf die nutzlose Küchenuhr, die es nicht für nötig hält, ihre Zeiger zu bewegen.

Es gab hier einfach niemanden, mit dem ich etwas anfangen konnte. Die Alten waren zu alt, die Jungen zu jung, und alle, die dazwischen und in meinem Alter waren, wollten nichts mit mir zu tun haben. Das hatte noch nicht mal einen bestimmten Grund – oder doch? Denn wenn sich die, die in meinem Alter waren und nahe der Siedlung meiner Großeltern wohnten, an der kranken Platane oder vor dem Supermarkt trafen und mich zwar nicht wegschickten, aber auch nicht beachteten, dann lag das daran, dass ich keine von ihnen war. Ich war auch keine Zugezogene. Ich war etwas Unbestimmbares, das sechs Wochen mit diesem Ort verbunden war, nur auf welche Weise, das war keinem hier klar, am wenigsten wahrscheinlich mir selbst.

Trotzdem war ich die ganze Zeit draußen, weil es drinnen bei meinen Großeltern überhaupt nichts gab, gar nichts, nicht mal ein Staubkorn. Und wenn ich sage Draußen, dann meine ich zwei Orte. Der eine war das blaue Haus, aber von dem erzähle ich später, und der andere war der Spielplatz am Rand der Siedlung. Der bestand vor allem aus Sand, Tonnen von Sand, in den sich einige Spielgeräte bohrten: Schaukeln, Wippe, Karussell. Immer wenn ich auf dem Spielplatz war, und ich war dort wirklich fast immer – immer wenn ich also auf dem Spielplatz war, saß ich mit Kopfhörern und meinem MP3-Player auf einer kleinen Holzburg und hörte Musik, während Vierjährige über eine Hängebrücke zu einer Rutsche wackelten und mich dann wieder allein ließen.

Es gab sicher Aufregenderes im Leben, aber richtig schlimm war es hier nicht. Von der Holzburg aus konnte man Mütter beobachten und ihr ängstliches Mütterschielen, wenn ihre Kinder fremdes Sandspielzeug benutzten. Man konnte Eltern sehen, die am Sandkastenrand rauchten und telefonierten, während sich ihre Kinder in aller Ruhe Sand in den Mund stopften oder nur deshalb nicht von meiner Holzburg fielen, weil ich mich immer extra an die gefährliche Stelle ohne Geländer setzte. Das war nicht viel, aber es war etwas. Und mehr konnte man in dieser Siedlung eben nicht erwarten.

Natürlich war ich zu alt für den Spielplatz. Ich war ein paar Kleinkindleben älter als die rechtmäßigen Benutzer dieser einzigen lärmenden Insel der Siedlung, und meine Großmutter schämte sich dafür, dass ich hier so oft zu sehen war. Dreizehn und auf einem Spielplatz zu sein war eine klare Niederlage. Mascha! In deinem Alter! Aber so war es nun mal, in genau diesem Alter saß ich hier, sah die Stunden über den Sand kriechen und lernte am ersten Feriensonntag und kurz vor dem viel zu warmen Mittagessen Julia und Max kennen.

drei

Julia und Max Brandner waren die Einzigen unter siebzig, die in der Siedlung mit mir redeten. Dabei ließen sie sich Zeit mit ihren Worten und sagten lange überhaupt nichts. Am Anfang, da waren sie noch nicht einmal Julia und Max. Am Anfang war Julia das Mädchen und Max war der Junge, mehr konnte man nicht erkennen.

An dem Tag, als das Mädchen mit dem gelben Pullover zum ersten Mal auf dem Spielplatz aufleuchtete, wechselte das Wetter ständig zwischen heftigen Regengüssen und brennendem Sonnenschein, als könnte es sich nicht entscheiden. Und weil ich auf der Holzburg saß und ein Dach über dem Kopf hatte, war für mich beides in Ordnung, der Regen fiel gerade so an mir vorbei, und auch die Sonne konnte mir hier nur wenig anhaben.

Am Anfang fielen mir die beiden gar nicht auf; den mädchengelben Fleck, der sich langsam über den Sand bewegte und von einem schnaufenden, dickeren Fleck begleitet wurde, hatte ich vergessen, noch bevor ich ihn überhaupt richtig wahrgenommen hatte. Ich sah nur den Regen, der hell war und nach Sand und Asphalt und der genau falschen Stadt roch. Und wahrscheinlich hätte ich die Kinder auch weiter übersehen, aber dann kletterte das Mädchen einfach auf meine Burg, während sich der Junge in das Karussell setzte und wild im Kreis fuhr, durch einen Regen, der gemein auf ihn einprasselte. Das Mädchen setzte sich neben mich, und ich tat so, als würde ich es nicht sehen, drehte meine Musik lauter und konzentrierte mich auf den Regen und auf den Jungen im Karussell, der völlig durchnässt war und ab und zu kleine Wutanfälle bekam. Er war sehr dick, sein Bauch wackelte in zwei gleich großen Ringen über der triefenden Hose, und ich konnte mir gut vorstellen, wie dieser Junge auf einem Klassenfoto aussehen würde, grimmig und stark und trotzdem so, als müsste er sich für alles Schlimme in der Welt entschuldigen.

Das Mädchen starrte mich an. Ich sah das im Augenwinkel, und ich mochte ihn nicht, diesen Blick, den ich richtig fühlen konnte auf der Haut. Der Regen fiel weiter auf das Burgdach, ich konnte die Tropfen trotz meiner Musik hören. Und vielleicht war es dieser Regen, der mich so unruhig machte, dass ich plötzlich meine Kopfhörer absetzte, mich zu dem Mädchen drehte und ihm direkt ins Gesicht blickte.

Dieses Gesicht.

Es war sehr hübsch, und mein erstes Gefühl war Neid, Neid auf ein so hübsches Gesicht. Ich stellte mir dieses Gesicht in der Schule vor, froh umzingelt von anderen Gesichtern, überall Freundinnen und gemeinsame Hofpausen und erste Liebesbriefe, ich stellte mir vor, wie beliebt und gar nicht unsichtbar dieses Gesicht in der Schule war. Das Mädchen hatte lange braune Haare und grüne Augen mit einem goldenen Klecks. Es trug höchstens fünf Sommersprossen auf der Nase, und die Nase unter den fünf Sommersprossen war klein und ihre Spitze zeigte gerade so sehr nach oben, dass die Eltern dieser Nase und alle Verwandten, Freundinnen und Liebesbriefschreiber entzückt sein mussten.

Von meiner Nase war noch nie jemand entzückt gewesen. Man hätte sie mit tausend Worten beschreiben können, man konnte aber auch sagen, sie war groß und krumm, fertig.

Hakennase, Blumenvase!

Mascha nicht, Krummgesicht!

Bei manchen Leuten fielen solche Nasen nicht weiter auf, bei mir aber schon, weil ich so klein war. Ich hatte auch Sommersprossen, und zwar mehr als fünf, viel mehr. Meine Hautfarbe war eher sommersprossig als hautfarben, und wenn man alles zusammenrechnete, die Nase und die Größe und die Sommersprossen, dann konnte man mit mir zwar Pferde stehlen, aber keinen Blumentopf gewinnen. So jedenfalls sagte es meine Großmutter. Und auch wenn ich mich irren konnte und sie nie etwas von Pferden gesagt hatte – die Sache mit dem Blumentopf stammte auf jeden Fall von ihr.

–  Blöder Regen, hmmh?

–  Ich hab dich noch nie hier gesehen. Der da, ist das dein Bruder?

–  Seid hier gerade erst hergezogen? Letzten Sommer wart ihr noch nicht hier!

–  Äh.

–  Warum sagst du denn nichts?

–  Guck mal, der schlägt den Regen. Sieht aus, als würde der den Regen verprügeln. Ist das jetzt dein Bruder oder nicht?

Und als hätte der Regen die Nase voll gehabt von den wilden Schlägen, hörte er, zack, einfach auf. Mit einem so plötzlichen Sinneswandel hatten die Kinder aber nicht gerechnet, vor allem der Junge nicht, denn der hielt vor Schreck das Karussell an und blieb dann reglos sitzen, als würde man schneller trocken werden, wenn man sich nicht bewegt.

Und die gelbe Fremde mit dem Hofpausengesicht, die die ganze Zeit nur ein kleines Stückchen Burgdach über dem Kopf hatte, sie bemerkte plötzlich etwas, das ich schon längst gesehen hatte. Die linke Seite ihres Pullovers war nass, das Gelb sah an dieser Stelle grün und müde aus. Sie hob den Pullover an und begann so verzweifelt, die nassen Stellen auszuwringen, dass ich schnell zu dem dicken Jungen sehen musste, der sich jetzt mit zwei anderen Kindern unterhielt, die wie aus dem Nichts aufgetaucht waren. Oder nein, er unterhielt sich ja gar nicht, nur die Kinder sprachen und brüllten den Blick des Jungen nach unten, Elefantenbaby, schrien sie, Elefantenbaby!

Währenddessen wollte der Pullover des Mädchens neben mir einfach nicht trocken werden, so dass es ihn mit einem Ruck über den Kopf zog, aus Versehen auch das Shirt darunter zu fassen kriegte und dadurch für ein paar Sekunden seinen nackten Bauch zeigte. Es war Zufall, dass es dieselben Sekunden waren, in denen mein Blick wieder auf das Mädchen fiel, auch wenn es wirklich nur ein winziger Augenblick war. Und als dieser Augenblick vorüber war, zog das Mädchen sein Shirt erschrocken wieder herunter und machte die riesigen lilabraunen und gelb geränderten Flecken auf seinem Bauch mit einer einzigen Handbewegung ungeschehen.

vier

Es gibt auf der Welt mehr Möglichkeiten, sich blaue Flecken zu holen, als es Schokoladensorten oder Fernsehprogramme gibt, und wenn sich einer die Mühe machen und all diese Möglichkeiten aufschreiben würde, dann käme da ein dickes Buch heraus. Blaue Flecken kriegt man, wenn man beim Fahrradfahren mit dem Schienbein gegen das Pedal stößt, man kriegt sie, wenn man in der großen Pause von jemandem angerempelt wird, der auch als Erster in der Cafeteria sein will. Sie kommen, wenn man im Winter mit dem Schlitten umkippt, sie bleiben nicht mal dann aus, wenn man nachts zum Kühlschrank geht und unterwegs mit der Hüfte am Küchentisch hängenbleibt, und eigentlich gibt es im Leben keinen einzigen Moment, in dem diese Flecken nicht blau und grün und gelb und braun hinter der nächsten Straßenecke lauern.

Was ich mir nach meiner ersten Begegnung mit dem Mädchen auf dem Spielplatz aber überhaupt nicht vorstellen konnte, war, wie diese riesigen Flecken ausgerechnet auf dem Bauch landen konnten, wo sie doch an ganz andere Körperteile gehörten. Vielleicht war das Mädchen im Freibad vom Drei-Meter-Turm gesprungen und hatte nur nicht gesehen, dass im Wasser noch ein Spielzeug schwamm. Es konnte aber auch sein, dass das Mädchen unter einem Apfelbaum gelegen hatte und ihm ein paar Äpfel auf den Bauch gefallen waren, obwohl ich so was ehrlich gesagt noch nie gehört hatte.

Richtig zufrieden war ich mit dem Spielzeug und den Äpfeln aber nicht, da war etwas anderes, was das Mädchen unter seinem Shirt versteckte, und auch wenn ich es damals noch gar nicht wissen konnte, spürte ich, dass es nichts besonders Gutes war.

Aber wissen, nein, wissen konnte ich das nicht.

Trotzdem wartete ich auf die Kinder.

Vier Tage lang wartete ich auf sie.

Als ich sie wiedersah, das Mädchen und den Jungen, war alles wie beim ersten Mal, das Mädchen schwieg sich die Holzburg herauf und der Junge drehte sich wild auf dem Karussell, alles schon mal da gewesen, der Nächste bitte. Aber weil es diesmal nicht regnete, waren wir nicht die Einzigen auf dem Spielplatz, auch wenn mir das irgendwie so vorkam.

Nach einer Weile sprang der dicke Junge vom Karussell und stapfte schwer auf die Holzburg zu. Als er angekommen war, war er einfach nur da, nichts weiter, und wenn jemand denkt, die beiden hätten jetzt endlich mal geredet, der Junge und das Mädchen, dann ist das leider vollkommen falsch gedacht. Die Sache mit dem Reden, die übernahmen dieselben Jungen, die schon beim letzten Mal aus dem Nichts aufgetaucht waren, hey, Fettsack, wie viel frisst denn ein Elefant?

Besonders einfallsreich schienen sie nicht zu sein, mehr als Elefanten hatten sie jedenfalls nicht zu bieten. Der Junge zuckte leicht zusammen, aber er stellte sich taub und tat so, als gäbe es auf der Welt nichts Wichtigeres zu tun, als den Zeigefingernagel in den Pfahl einer fast leeren Holzburg zu bohren.

Was tut man, wenn jemand beleidigt wird und man selber zufällig dabeisteht? Mein Vater hatte irgendwann mal erlebt, wie im Bus eine Frau von ein paar Jugendlichen beleidigt wurde. Die Frau saß ganz alleine da und hatte ein Feuermal im Gesicht, die ganze linke Seite war rot und die Jugendlichen dachten sich mindestens zwanzig Schimpfwörter für sie aus. Irgendwann konnte mein Vater das nicht mehr aushalten; er stand von seinem Platz auf und setzte sich direkt neben die fremde Frau, und dann sagte er zu ihr, Mensch, hallo, dass ich dich hier treffe! Die Jugendlichen hörten auf mit ihren Beleidigungen, aber die Frau fand das trotzdem nicht in Ordnung und herrschte meinen Vater an, lassen Sie mich in Ruhe!

Mein Vater kam an diesem Abend rot vor Wut und ein wenig trauriger als sonst nach Hause und sagte zu mir, Mascha, hilf am besten niemandem, ich sag’s dir, die wollen das alle nicht. Und das war dann schon seltsam, ihn so reden zu hören, denn immerhin ist er Dokumentarfilmer und dreht vor allem Filme über Menschen, denen dringend mal einer helfen sollte.

Dem Jungen auf dem Spielplatz, dem half aber keiner. Und während ihm nach all den Schimpfwörtern Tränen in die Augen schossen, weil ihm das Taubsein nicht mehr gelingen wollte, da hörte ich zum allerersten Mal die Stimme des Mädchens. Ich erschrak richtig, weil ich nicht damit gerechnet hatte, aber trotzdem, direkt neben mir saß das Mädchen und sagte klar und deutlich, erzähl ihm bloß nichts von Elefanten!

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