Entführt – Missbraucht – Ermordet - Walter Brendel - E-Book

Entführt – Missbraucht – Ermordet E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Die Taten eines Kindermörders erschütterten Belgien und traumatisieren es bis heute. Es ist der Albtraum aller Eltern: Am 24. Juni 1995 verschwinden die achtjährigen Mädchen Melissa und Julie bei einem Spaziergang nahe der belgischen Stadt Lüttich spurlos. Zunächst suchen die Mütter, dann die Polizei, später auch die Öffentlichkeit. Vergeblich. Erst 420 Tage später herrscht traurige Gewissheit: Die Kinder sind tot – grausam verhungert im Keller eines Vergewaltigers. Gekidnappt, missbraucht, gefoltert: Verantwortlich für die Tat ist der heute 65-jährige Marc Dutroux. Sechs Mädchen und junge Frauen hat er in den 90ern entführt, nur zwei von ihnen konnten rechtzeitig gerettet werden. Der grausame Kriminalfall bewegt das Land bis heute. Unser Buch soll das Geschehen aufarbeiten und das Leid der Angehörigen ebenso wie die zahlreichen Merkwürdigkeiten bei den Ermittlungen zeigen. Den Eltern der Opfer ist es zu verdanken, dass sich nicht nur die Polizei- und die Justizbehörden Belgiens, sondern die ganze Gesellschaft nachhaltig veränderten. Das Buch ist Julie Lejeune, Mélissa Russo, Eefje Lambrecks, An Marchal, Sabine Dardenne und Laetitia Delhez gewidmet.

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Walter Brendel

Entführt – Missbraucht -Ermordet

Julie Lejeune, Mélissa Russo, Eefje Lambrecks, An Marchal, Sabine Dardenne und Laetitia Delhez gewidmet

Entführt – Missbraucht -Ermordet

Der Fall Dutroux

Walter Brendel

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:© Copyright by Walter Brendel

Verlag:Das historische Buch, 2022

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Einführung

Entführt

Die Opfer

Aufklärungsversuche und Spagetti-Urteil

Der Täter

Die Gerichtsverhandlung

Tote reden nicht mehr

Fazit

Quellen

In ewigen Gedenken

Julie Lejeune Mélissa Russo

Eefje Lambrecks An Marchal

Einführung

Die Taten des Kindermörders Dutroux erschütterten Belgien und traumatisieren es bis heute. Es ist der Albtraum aller Eltern: Am 24. Juni 1995 verschwinden die achtjährigen Mädchen Melissa und Julie bei einem Spaziergang nahe der belgischen Stadt Lüttich spurlos. Zunächst suchen die Mütter, dann die Polizei, später auch die Öffentlichkeit. Vergeblich. Erst 420 Tage später herrscht traurige Gewissheit: Die Kinder sind tot – grausam verhungert im Keller eines Vergewaltigers.

Gekidnappt, missbraucht, gefoltert: Verantwortlich für die Tat ist der heute 65-jährige Marc Dutroux. Sechs Mädchen und junge Frauen hat er in den 90ern entführt, nur zwei von ihnen konnten rechtzeitig gerettet werden. Der grausame Kriminalfall bewegt das Land bis heute. Unser Buch soll das Geschehen aufarbeiten und das Leid der Angehörigen ebenso wie die zahlreichen Merkwürdigkeiten bei den Ermittlungen zeigen.

Am 13. August 1996 nehmen Polizisten Marc Dutroux in Gewahrsam. Aussagen von Augenzeugen hatten die Ermittler auf seine Spur gebracht. Er war bei der Polizei nicht unbekannt: „Ich wusste, das Dutroux bereits 1989 wegen Vergewaltigung verurteilt und mehrfach vorbestraft war“, erzählt Chefermittler Michel Demoulin. „Ich verhörte ihn und beschäftigte mich permanent mit ihm.“

Auch Dutroux´ Ehefrau Michelle Martin und ein Komplize wurden verhaftet. In einem gut versteckten Kellerverlies unter dem Haus der Verdächtigten entdeckten die Beamten schließlich zwei junge Frauen, von denen eine bereits mehrere Monate zuvor gekidnappt worden war. Immerhin konnten sie lebend befreit werden. Von den anderen vier verschwundenen Mädchen fehlt jedoch jede Spur. Ihre Leichen finden die Ermittler später verscharrt an verschiedenen Orten, ebenso wie die sterblichen Überresten eines Komplizen von Marx Dutroux.

Besonders tragisch Ein Ermittler hat das Horrorhaus nur wenige Monate zuvor durchsucht, als Dutroux wegen Autodiebstahls verhaftet worden war. Das Verlies entdeckte er trotz der leisen Kinderschreie nicht. Ein tödlicher Fehler: Während Dutroux im Gefängnis einsaß, verhungerten die eingangs erwähnten Mädchen Melissa und Julie qualvoll. Die anderen beiden tötete er nach seiner Rückkehr auf brutalste Weise. Ein Grauen, das nicht nur die Angehörigen, sondern ganz Belgien in Schockstarre versetzt.

Der Fall stellt die Polizei vor immer größer werdende Herausforderungen: „Wir prüften, ob Dutroux nicht womöglich eine Zwischenstation für all die vermissten Kinder war“, so Frederic Arce, kriminaltechnischer Leiter. „Es war eine unvorstellbar gewaltige Aufgabe.“

Die Bearbeitung wird von schwerwiegenden, teils grotesken Pannen überschattet: 1998 entreißt Dutroux einen Bewacher die Waffe und kann vorübergehend fliehen. Insgesamt 27 Zeugen und Menschen aus dem Umfeld der Ermittlungen kommen auf teils mysteriöse Weise ums Leben. Steckt dahinter der Versuch, etwas Größeres zu vertuschen? Das Gerücht, dass Marc Dutroux einem Pädophilen Netzwerk, dem Prominente angehören, zuarbeitete, hält sich hartnäckig und sorgt für Fassungs-losigkeit.

Etwa 300.000 Menschen demonstrieren 1996 beim sogenannten „Weißen Marsch“ in Brüssel gegen Pädophilie, die Taten traumatisieren das Land bis heute. Bereits 2012 gingen die Menschen auf die Straße, als die Mittäterin Michelle Martin aus der Haft nach 16 Jahren entlassen wurde¸ obwohl sie zu 30 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Gegenüber dem Tatort erinnert eine Tafel an Kinder, die Opfer von Verbrechen wurden.

Marc Dutroux wurde von einem Schwurgericht am 22. Juni 2004 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Geschworenen befanden ihn für schuldig, in den Jahren 1995 und 1996 zwei Mädchen und einen Komplizen ermordet sowie insgesamt sechs Mädchen und junge Frauen entführt und vergewaltigt zu haben. Zudem wurde er für den Tod von zwei achtjährigen Mädchen verantwortlich gemacht, die eingesperrt verhungerten, während er im Gefängnis saß.

Marc Dutroux selber verbüßt eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung und der juristische Versuch, für ihn eine vorzeitige Haftentlassung vorzuschlagen, scheiterte bereits mehrmals an psychiatrischen Gutachten. Dutroux sitzt seit rund 25 Jahren im Gefängnis.

In Marcinelle bei Charleroi in der Provinz Hennegau ist am Dienstag, den 7. Juni 2023 mit dem Abriss des Hauses von Kinderschänder Marc Dutroux begonnen worden. Der Abriss soll zehn Tage dauern. Auf Bitten der Eltern der hier ums Leben gekommenen Mädchen Julie und Melissa wird dieser Keller aber nicht abgebrochen. Anstelle des Hauses soll hier, quasi über dem Keller, ein Erinnerungsgarten entstehen, damit die Opfer von Marc Dutroux nicht vergessen werden. Dieser Garten soll 2023 eröffnet werden.

Entführt

Es ist ein Fall, den man zu kennen glaubt, aber eigentlich nicht kennt. Stark mediengerecht fabriziert, aber oft falsch erzählt. Zwischen Juni 1995 und August 1996 wurden in Belgien sechs Mädchen entführt. Innerhalb von 14 Monaten verschwinden also sechs Mädchen spurlos. Im Juni 1995 werden zwei achtjährige Mädchen in der Region um Lüttich als vermisst gemeldet. Zwei Monate später eine 17- und eine 19-Jährige an der belgischen Nordsee. Im Mai 1996 dann eine Zwölfjährige aus der Gegend von Tournai. Wenige Wochen später kehrt ein Mädchen vom Schwimmbadbesuch in Bertrix nicht mehr nach Hause zurück. Es lassen sich bei den Vermissten keinerlei Gemeinsamkeiten erkennen: weder das Alter noch der Wohnort oder ihre Gewohnheiten. Nur die Verzweiflung der Eltern ist bei allen dieselbe. Sie wünschen sich Nichts sehnlicher als die Rückkehr ihrer Töchter – sie wohlauf und unversehrt zu Hause empfangen zu können. Doch ihre Kinder bleiben verschwunden und alle Bemühungen sie wiederzufinden scheinen ins Leere zu laufen.

Die Familien setzen Himmel und Hölle in Bewegung, um Gehör zu finden. Den Familien der ersten vier verschwundenen Mädchen – den Lejeunes, Russos, Lambrecks und Marchals – stehen bange Wochen bevor. Erst als das sechste Mädchen verschwindet, nimmt die Ungewissheit ein Ende – ein unfassbares Ende.

Die Mädchen wurden eingesperrt und vergewaltigt. Vier Mädchen starben nach einem Martyrium, was hätte verhindert werden können. Zwei wurden lebend gefunden und sofort den Medien ausgeliefert. Doch es ist mehr als nur ein Fall für die Boulevardpresse, mehr als nur der Fall Dutroux, benannt nach dem Mann, der 2004 für schuldig befunden und verurteilt wurde.

Es ist die Geschichte von Kindern, die nichts miteinander verband, außer eines Tages den Weg eines pädophilen Serientäters zu kreuzen. Es ist die Geschichte von Familien auf Wahrheitssuche und die allein gelassen worden. Die Geschichte eines Polizei- und Justizapparats, die Pannen und Schlampereien häuften. Die Geschichte einer neuen Wahrnehmung der pädophilen Kriminalität, die endlich als das erkannt wurde, was sie ist. Physische psychische Gewalt gegen Kinder.

In chronologischer Reihenfolge wollen wir uns mit den Akteuren dieser Geschichte beschäftigen. Obwohl über zwei Jahrzehnte vergangen sind, ist es nach wie vor eine Geschichte, die alle betrifft, auch außerhalb von Belgien.

Die verzweifelten Eltern rufen über die Medien tief erschüttert nach ihren verschwundenen Mädchen. So die Nachricht von der Mutter an Julie. „Schatz, ich habe Dir oft genug gesagt, ich liebe Dich. Wir wollen inständig hoffen, dass wir Dich bald finden. Papa, Mama, Maxim und die ganze Familie.“

Die Mutter von Melissa sendet die Nachricht an ihr Kind. „Melissa, mein Schatz. Wisse, dass Deine Mama, Dein Papa, Dein Bruder, die ganze Familie, all unsere Freunde nur noch eines wollen, seit Du weg bist: Wir suchen und warten auf Dich und alle denken sehr an Dich.“

Was ist diesen Aufruf vorangegangen, was hat die tiefe Sorge der Elter von Julie und Melissa ausgelöst?

Die Eltern von Julie Lejeune (li.) und Mélissa Russo (re.) sprechen zu den Entführern ihrer vermissten Töchter.

24. Juni 1995, gegen 15.00 Uhr, einen Samstag. Im Wohnort von Melissa, kam ihre Freundin Julie zum Spielen in das Wohnhaus der Familie Russo. Dann sind sie kurz in den Garten gegangen, kehrten zurück und fragten Frau Russo, ob sie einen Spaziergang machen durften.

Melissa

Die Mutter erlaubte es ihnen, beschränkte aber Zeit und Umkreis des Spazierganges. Sie durften nicht über einen bestimmten Ort hinaus, etwa 200 Meter von Haus entfernt und eine halbe Stunde später sollten sie zurück sein. Gegen 17.00 Uhr sind sie losgegangen. Eine halbe Stunde später kam Frau Russo auf die Idee, den Mädchen mit dem Fahrrade entgegenzufahren. Sie drehte eine Runde, fand sie Kinder aber nicht. Auch nach weiteren Fahrradrunden nicht. Da fing sie an, sich Sorgen zu machen. Gegen sechs Uhr kam die Mutter der Freundin, Louisa Albert, um ihre Tochter abzuholen. Die beiden Frauen suchten nun noch einmal gemeinsam die Gegend ab und verständigten gegen 19 Uhr die Polizei. In Windeseile sprach sich im Wohnort herum, dass zwei Mädchen verschwunden sind. Die Nachbarn und Freunde beteiligten sich an der Suche. Die Polizei kam mit einem Suchhund. Der Spürhund blieb an der kleinen Brücke stehen, wo das Ziel der Mädchen war. Dort verlor sich die Spur.

Immer mehr Menschen kamen jeden Tag in das Dorf und wollten bei der Suche helfen. Sie suchten einen Führer für eine effiziente Suche. Doch schon bald fühlten sich die Eltern allein gelassen. Sie vermissten die Aktivität der Polizei und die Untersuchungsrichterin war verreist. Es gab keine Hilfe von den Behörden. Die Eltern mussten also selbst Lösungen suchen. Ein gemeinnütziger Verein half von Anfang an und ließ gleich nach Verschwinden der Mädchen Plakate drucken.

Plakate zur Suche nach den Kindern

Die Eltern wendeten sich weiterhin mit öffentlichen Botschaften an die verschwundenen Kinder. Sie wendeten sich an die Entführer, wollten nur ihre Kinder zurück. Am 4. Juli 1995 waren die Kinder bereits 12 Tage vermisst. Es gab immer noch keine Nachrichten von den beiden verschwundenen Mädchen. Die Eltern sind weiterhin in großer Sorge….