Erlebnispädagogik im Wald - Hajo Bach - E-Book

Erlebnispädagogik im Wald E-Book

Hajo Bach

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Beschreibung

Handys müssen draußen bleiben. Und dann: hinein ins Abenteuer! Denn richtig spannend wird's erst, wenn kaum Hilfsmittel aus der Zivilisation zur Verfügung stehen. Im Naturcamp übernachten die Kinder und Jugendlichen in selbstgebauten Hütten. Sie hangeln sich an Seilen über Schluchten und Gewässer, fangen Fische ohne Angel und lernen, giftige von essbaren Pflanzen zu unterscheiden. Knotenkunde, Strickleitern und Floße bauen, klettern, sich abseilen und orientieren, Feuer machen - all das gehört dazu. Wildnistrainings gibt es für Eltern mit Kindern und für Erwachsene. Die Autoren, beide Erlebnispädagogen und Überlebensexperten, geben auch für Führungskräfte Hinweise, wie Problemlösungen mit Teams unter erschwerten Bedingungen trainiert werden können.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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erleben & lernen

Band 12

Herausgegeben von

Prof. em. Dr. Michael Jagenlauf, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg

Prof. Dr. Werner Michl, Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule, Nürnberg

Dipl. Soz.-Päd. Holger Seidel, M.S.M., Ostfalia, Hochschule für angewandte Wissenschaften, Braunschweig/Wolfenbüttel

Hajo Bach, Viechtach, verstorben 2017, war Erlebnispädagoge, Naturcamp-Leiter, Outdoor- und Überlebensexperte, Jäger, Fischer und Erlebnistherapeut.

Tobias Bach, Cuxhaven, ist Erlebnispädagoge, Outdoor- und Überlebensexperte, Hochseilgarten Ropes Course-Trainer (ERCA) und Leiter Haus zur Sahlenburg.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03040-8 (Print)

ISBN 978-3-497-61458-5 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61459-2 (EPUB)

ISSN 1612-8966

4. Auflage

© 2021 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in EU

Coverfoto und Fotos im Innenteil: Hajo und Tobias Bach, Viechtach

Zeichnungen: Hajo Bach und Ingrid Posmann, Viechtach und München

Satz: Fotosatz Reinhard Amann, Aichstetten

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Einleitung

I Lernen in der Natur: zwölf Themen für die Praxis

1 Lager und Behelfsunterkünfte im Wald bauen

1.1 Das Waldlager

1.2 Das Waldläuferbett

1.3 Spitzdach und Tipi

1.4 Nothütte und Wohnhütte

1.5 Reflexion und Gedanken zur Nachhaltigkeit

2 Hilfsmittel herstellen

2.1 Situationsbeschreibung

2.2 Werkzeuge, Waffen und Fallen

2.3 Projektarbeit für Hilfsmittel

3 Feuer entfachen und Feuer unterhalten

3.1 Natürliche und künstliche Anzünder

3.2 Feuerstellen vorbereiten

3.3 Der Feuerstellenparcours

4 Fische fangen und zubereiten

4.1 Fangmethoden

4.2 Zubereitungsarten

4.3 Organisatorische und methodische Hinweise

5 Kulinarisches aus Wald und Wiese

5.1 Teezubereitung

5.2 Salatzubereitung

5.3 Warme Gerichte

5.4 Konservierung von Nahrung

5.5 Organisatorische und methodische Hinweise

6 Einen Orientierungsgarten errichten und betreiben

6.1 Natürliche Orientierungsmittel

6.2 Künstliche Orientierungsmittel

6.3 Die Stock-Schatten-Sonnenuhr

6.4 Die Orientierungsübung

7 Abseilen und Klettern am Baum und im Fels

7.1 Knotenüben

7.2 Baumklettern

7.3 Abseilen

7.4 Gehen im Steilgelände

8 Schluchten und Gewässer überwinden

8.1 Einfacher Seilsteg

8.2 Doppelter Seilsteg

8.3 Dschungelsteg

8.4 Übersetzmittel

9 Eine Baumspinne aufbauen und benutzen

9.1 Material- und Konstruktionshinweise

9.2 Betreiben und Erfolgskontrolle

9.3 Methodische Hinweise

10 Erste-Hilfe-Maßnahmen unter extremen Bedingungen

10.1 Vitalfunktionen

10.2 Sofortmaßnahmen

10.3 Tragegriffe

10.4 Bau von Behelfstragen

11 Die Sinnesübung

11.1 Besonderheiten bei Nacht

11.2 Licht- und Geräuschdisziplin

11.3 Wahrnehmungsstationen

11.4 Der Sinnesparcours

12 Der Lagerfeuerabend

12.1 Wie bereitet man einen Lagerfeuerabend vor?

12.2 Was ist bei der Durchführung zu beachten?

12.3 Der Tag danach

II Erlebnispädagogische Angebote planen und organisieren

13 Seminararten im Erlebnisbereich

13.1 Erwartungshaltung der Teilnehmer

13.2 Mögliche Programmpunkte bei allen Seminararten

13.3 Veranstaltungen für Schulklassen und Jugendgruppen

13.4 Ferien-Erlebnistage für Kinder

13.5 Eltern-Kind-Erlebnistage

13.6 Wildnistraining für Erwachsene

13.7 Outdoor-Tagesveranstaltungen

14 Führungskräftetraining

14.1 Problemorientiertes Lernen

14.2 Ablauf und Methode

15 Aufbau eines Naturcamps

15.1 Einrichtung und Betrieb

15.2 Lage und Auswahlkriterien

15.3 Organisatorische Besonderheiten

15.4 Absprachen und Genehmigungsverfahren

16 Erlebnispädagogische Anlagen einrichten und nutzen

16.1 Bogenschießanlage im Freien

16.2 Aufbau und Betreiben eines Waldläuferparcours

16.3 Pflanzenparcous

17 Personelle und materielle Grundlagen

17.1 Mitarbeiterauswahl und Qualifikationskriterien

17.2 Aus- und Weiterbildung im Team

17.3 Materialwirtschaft und Bestimmungen

Anhang

Überlebenspäckchen

Adressen

Weiterführende Literatur

Einleitung

„Boot fahren“ statt „canoeing“ und „Kraxeln“ statt „climbing“ – meine damalige Partnerin Bärbel Kiener, die 2004 verstarb, war Englisch- und Deutschlehrerin an einem Gymnasium und hatte die seltene Begabung, Kinder im Naturcamp in einer fachlich korrekten, aber sehr einfachen Sprache für ihre Ziele zu begeistern. Sie hat die ersten vier Jahre des Naturcamp- Projekts wesentlich mitgestaltet. Ihr zu Ehren möchten wir in diesem Buch möglichst auf Fremdwörter und eine allzu wissenschaftliche Sprache verzichten. Die erzählende und erläuternde Beschreibung unserer Aktivitäten soll Bärbel Kieners Pädagogik der zuwendenden, einfachen und leicht verständlichen Art entsprechen.

Dazu kommen die Erfahrungen meiner vier Kinder Tobias, Simon, Iris und Birte sowie den vielen jungen pädagogischen Mitarbeitern wie Richard, Angi, Marco, Wolfi, Sabine, Andreas, Gaby, Gerhard, Sylvia, Marcus, Beate, Wolfgang, Robert, Christiane, Götz und anderen. Und schließlich hatte ich in meiner langjährigen Praxis als Berufsoffizier die Verantwortung für die Aus- und Weiterbildung von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften. Die Grundsätze der modernen Erwachsenenbildung und Menschenführung, die bei dieser Tätigkeit zum Einsatz kamen, sollen sich auch in diesem Buch widerspiegeln. Wenn in diesem Buch von „ich“ und „wir“ die Rede ist, so wird damit die für uns alle gemeinsame und intensive Arbeit zum Ausdruck gebracht. Der Generationsunterschied beeinflusst die Herangehensweise an die verantwortungsvolle Tätigkeit und das pädagogische Ergebnis in positiver Weise. Auf der einen Seite ist es die etwas strenge militärische Erfahrung in der Organisation, in der Menschenführung und im Sicherheitsdenken, auf der anderen Seite die unbeschwerte, freie Herangehensweise der jungen fachlich versierten Mitarbeiter, was im Gesamten zu konstruktiven und kreativen Ergebnissen führt.

Wir versuchen im Mittel zwischen Lebenserfahrung, fachlicher Kompetenz und jungen Ideen einen breiten Leserkreis anzusprechen, besonders aber alle, die Jugendliche erziehen und ausbilden. Da ist z. B. der 14-Jährige, der in einer Jugendgruppe tätig ist und anfängt, Gruppen zu leiten und Verantwortung zu übernehmen. Er ist für vier bis sechs zehnjährige Kinder zuständig, die er in einem Ferienlager betreut. Er kann dieses Buch als Handbuch verwenden und wird die Arbeit mit der Gruppe besser verstehen und neue Übungen anwenden können. Eltern werden sich beim Lesen und Ausprobieren mit ihren Kindern oft an ihre eigene Jugend erinnert fühlen und können die Angebote dieses Buches als Ideengeber nutzen. Der Pädagoge, Erzieher, Ausbilder und Outdoor-Trainer findet hoffentlich alles, was er sich wünscht: eine Vielfalt an Themen, Informationen zur Vorbereitung und Durchführung erlebnispädagogischer Aktivitäten im Wald, methodische und Sicherheitshinweise.

Die besondere Bedeutung des praxisbezogenen und handlungsorientierten Lernens im Bereich der Erlebnispädagogik wird nicht nur von Pädagogen und Psychologen an Hochschulen erkannt und seit Jahren gefordert, sondern auch von den Eltern unserer Kinder als Weg zu einer intensiven, ausgleichenden und Freude bereitenden Lernmöglichkeit gesehen. Es kommt dabei nicht darauf an, theoretisches Wissen an Kinder oder Erwachsene zu vermitteln, sondern in erster Linie auf das körperliche Engagement und den Einsatz aller Sinne des Lernenden. Kurzum: Es geht um das wirkungsvolle und nachhaltige Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“. Dieses Ziel kann nicht ausschließlich in Unterrichtsräumen erreicht werden, das liegt auf der Hand. Deshalb soll die Natur und in unserer Arbeit speziell der Wald – als Gegenpol zum Lernen am Schreibtisch – einen Lernraum für das Leben darstellen.

Moderne und zukunftsweisende Erlebnispädagogik bedeutet aus unserer Sicht noch wesentlich mehr als all das Gute und Sinnvolle, aber meist auf Kurzlebigkeit Ausgerichtete. Uns geht es einfach darum, dass unsere Projekte nachhaltig wirken und dass Erlerntes in den Alltag übertragen wird (Transfer). Es gehören in der Regel immer mehrere aufeinander folgende Abschnitte zusammen, die einem Projekt zu nachhaltigem Erfolg verhelfen.

Wir sehen es als eine wichtige Aufgabe, Pädagogen notwendiges „Handwerkszeug“ an die Hand zu geben sowie den politisch Verantwortlichen aufzuzeigen, wie wichtig es geworden ist, der Erlebnispädagogik den berechtigten Einzug in die Allgemeinpädagogik an unseren Schulen zu ermöglichen und die vom Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e. V. beklagte Kopflastigkeit durch handlungsorientierte Lernprozesse abzubauen. Wir müssen dazu kommen, überladene und kopflastige Lerninhalte zu entrümpeln zu Gunsten einer naturorientierten, individuelleren und bewussteren Persönlichkeitsentwicklung unserer jungen Menschen. Damit es nicht nur beim Nachdenken bleibt, haben wir unsere langjährigen und guten Erfahrungen als praktische Hilfestellungen oder Handreichungen für Pädagogen, Ausbilder und Erzieher in diesem Buch zusammengefasst. Wir zeigen Wege auf, wie Verantwortliche von Veranstaltungen auf ihre Aufgaben vorbereitet werden können, wie sie versicherungstechnisch und auch organisatorisch von den Behörden unterstützt werden können und ihnen dadurch der Rücken frei gehalten wird.

Erlebnispädagogik und Survival-Training

Ein Freund bemerkte beim Durchlesen der Gliederung dieses Buches: „Aha, hier geht´s wieder darum, Würmer und Maden zu futtern.“ Darüber habe ich mich geärgert. Denn – und das erlebe ich oft – sobald der Begriff „Überleben“ benutzt wird, wird er von Laien mit Klischees belegt. Ich kenne viele Überlebensexperten persönlich oder aus ihren Büchern und respektiere ihre Arbeit. Ihre Darstellungen und Anleitungen sind aber eher für Einzelgänger und Abenteurer gedacht, die auf der ganzen Welt Extreme und eigene Grenzen suchen und finden wollen. Die Erlebnispädagogik distanziert sich von diesen Formen des Extremsports, ihr geht es um pädagogische Ziele in der Jugendbildung und -arbeit. In unseren Angeboten, Notsituationen bewältigen zu lernen, sind auch Ausschnitte eines „Soft-Survival-Programms“ enthalten. Ich stoße bis heute – und sicherlich auch noch weiterhin – auf Widerstände, wenn der Begriff „Survival“ oder „Überleben“ verwendet wird. Deshalb ist mir wichtig zu betonen, dass unter dem Begriff „Überleben“ auch methodisch hochwertige, pädagogische Arbeit in der Natur gemeint sein kann.

In unseren Seminaren gelingt es, gegen die erwähnten Klischees anzugehen. Gleich zum Einstieg machen wir den Teilnehmern z. B. klar, dass es zu jeder Jahreszeit kulinarisch Wertvolles in der Natur gibt und wir auf die Ernährung durch Kleintiere wie Würmer, Maden, Ameisen, Raupen, Frösche und Schnecken verzichten können. Abgesehen davon stehen diese Kleintiere fast alle unter Artenschutz. Beeren, Pilze, Pflanzen und Früchte aus der Natur schmecken gut und eignen sich für die Zubereitung unterschiedlicher Speisen. Dazu finden Sie mehr in Kapitel 5.

Eine neue Zusatzqualifikation

Wir stellen leider immer wieder fest, dass naturverbundene Lehrer es heutzutage kaum wagen, mit einer Schulklasse mehrere Tage und Nächte in einer einfachen Hütte mitten im Wald zu verbringen. Manchen fehlt eine geeignete Fort- oder Weiterbildung als Gruppenleiter, oder die Vorgesetzten bzw. Aufsichtsbehörden geben den Lehrern nicht den nötigen Rückhalt. Manche wissen nicht, dass sie die zuständigen Stellen im Landratsamt informieren müssen: die Untere Naturschutzbehörde, die Umweltschutzbehörde, die Untere Jagdbehörde und andere (siehe hierzu Abschnitt II).

Es wäre ideal, wenn Lehrer von Behördenseite stärkere Unterstützung bei erlebnispädagogischen Angeboten erhielten.

In der Bundeswehr bezeichnet man ein solches Verfahren mit dem Begriff „Hoheitlicher Auftrag“. Ein staatliches Interesse wird per Dekret über das der untergeordneten Gemeinschaft oder des Einzelnen gestellt. Wenn die Bundeswehr im Wald und im freien Gelände üben will, muss ein Formblatt bei der „Zivil-Militärischen-Genehmigungsstelle“ eingereicht werden und geht anschließend an das zuständige Landratsamt. Dort wird die wesentliche Leistung erbracht, nämlich die Information aller betroffenen staatlichen und zivilen Stellen. Warum kann es keinen vergleichbaren „Hoheitlichen Auftrag“ für die Jugendarbeit geben? Warum können Geländeteile für erlebnispädagogische Veranstaltungen nicht vermehrt zur Verfügung gestellt werden?

Mit unserer Naturcamparbeit haben wir uns entschieden, unseren Beitrag für ein neues Erziehungs- und Bildungsangebot zu leisten. In unserer Seminarreihe bieten wir außerdem eine neue Zusatzqualifikation in der Erlebnispädagogik an und bilden so Lehrer, Erzieher, Ausbilder und Trainer fort.

Die Zusatzqualifikation „Erlebnispädagogik im Wald“ wird in vier Modulen an Wochenenden im Sommerhalbjahr angeboten. Die Teilnehmer sind Lehrer, Erzieher, Outdoor-Trainer und Führungskräfte/Personalentwickler aus der Wirtschaft. Die Teilnehmer bekommen die Methoden und Inhalte zur verantwortlichen Leitung von ein- oder mehrtägigen erlebnispädagogischen Veranstaltungen im Lernfeld Wald vermittelt. Die Praxisausbildung mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und das handlungsorientierte Lernen in Einfachheit, unter Entbehrungen und mit Improvisation ist der Schwerpunkt dieser Ausbildung. Erlebnispädagogische Themen sind: Errichten von Behelfsunterkünften, Nahrung aus der Natur, Herstellen von Werkzeugen, Bogenbau, Feuer entfachen, Orientieren bei Tag und Nacht, Hindernisse überwinden, Gewässer überqueren, Erste Hilfe, Sinnesübungen, Gestaltung von Lagerfeuerabenden (siehe Kap. 1–12).

Die wesentlichen Aspekte der Sicherheit und zur Verhütung von Unfällen ziehen sich durch alle Themen hindurch, so dass auch in alle Bestimmungen beim Umgang mit Seilen nach den verbindlichen Vorschriften des Deutschen Alpenvereins (DAV) und der European-Ropes-Course-Association (ERCA) eingewiesen wird. Auch auf die relevanten Gesetzesinhalte und Bestimmungen im Naturschutz, im Umweltschutz und im Tierschutz wird in der Fortbildung nicht verzichtet. Wir legen größten Wert auf die Schaffung, Einhaltung und Weitergabe von Qualitätsgrundlagen und arbeiten deshalb in Arbeitsgruppen im „Bundesverband für Individual- und Erlebnispädagogik“ mit und lassen uns selbst qualifizieren. Zum Jahresende 2009 erfolgte die Zertifizierung durch das Berliner „Bundesforum Kinderund Jugendreisen“ mit dem QJM-Siegel. QMJ steht für „Qualitätsmanagement Kinder und Jugendreisen – sicher gut“. Die Re-Zertifizierung QMJ fand nach drei Jahren ebenfalls wieder mit gutem Erfolg für die Naturcamps Bayerischer Wald und Hunsrück vor Ort im Hunsrück statt. Parallel dazu hatten wir uns 2012 erstmalig für das neu eingeführte Qualitätszeichen „beQ“ beworben und mit „Bravour“ bestanden.

Das Verfahren „beQ“ wurde vom Bundesverband für Individual- und Erlebnispädagogik eingeführt. „beQ“ steht für „Qualität erlebnispädagogischer Programme und Anbieter – mit Sicherheit pädagogisch!“. Die jetzt ebenfalls nach drei Jahren zu wiederholende Prüfung mit nochmals erweiterten Kriterien findet im Januar 2016 statt. Eine neue Broschüre des Bundesverbandes hat die Überschrift „Erlebnispädagogik, die man sehen kann“. In ihr wird die Verantwortung der Anbieter, das Vertrauen in die Sicherheit hervorgehoben. Wir unterstützen diese Bewertung des Bundesverbandes für das Qualitätssiegel „beQ“ und möchten noch ein Stück weiter gehen: Für jeden erlebnispädagogischen Anbieter sollte es eine freiwillige und selbstverständliche Pflicht sein, sich diesen Qualitätskontrollen zu unterziehen, um danach auch mit ruhigem Gewissen „Flagge zeigen“ zu können.

Wir alle haben ein Ziel, ein Berufsziel: Wir brauchen künftig sehr viele, gut ausgebildete Erlebnispädagoginnen und -pädagogen, die in einem hochwertig anerkannten und geschützten Berufsbild den kontinuierlich steigenden Anforderungen gerecht werden können.

Wir bitten um Verständnis, dass wir in unseren Beschreibungen nicht immer ausdrücklich die weibliche und die männliche Form gewählt haben, sondern der Einfachheit und der flüssigeren Schreibweise halber bei der männlichen verblieben sind.

An dieser Stelle möchte ich Götz Esser danken, der seit letztem Jahr die Naturcamp-Arbeit im Bayerischen Wald leitet. Er wird tatkräftig durch ein engagiertes Team von Frauen und Männern unterstützt, welche in besonderem Maße fachlich sowie pädagogisch qualifiziert sind. Ebenso gilt mein Dank Beate Thome, die nun seit 2013 ebenfalls erfolgreich die Arbeit in den Naturcamps im Hunsrück sicherstellt.

Seit dem Sommer 2009 tragen wir in allen Seminaren mit Kindern und Jugendlichen fachlich zur „Sucht- und Gewaltprävention“ bei und führen erlebnispädagogische Seminare mit der Zielsetzung einer Zusatzqualifikation „Erlebnispädagogik im Wald“ durch. Zusätzlich vermittelt ein pädagogisch hochqualifiziertes Team aus Erziehern und Lehrern in verstärktem Maße Elemente und Übungen aus den Bereichen Nachhaltigkeit und Umweltschutz, Werteerziehung und -vermittlung sowie Achtsamkeit gegenüber Mensch und Natur. Hier kommen verstärkt erlebnispädagogische Übungen sowohl für den Einzelnen als auch für die Gruppe zielgerichtet zum Einsatz. Mit weiteren Vorträgen und Veröffentlichungen soll die Bedeutsamkeit der Erlebnispädagogik für die genannten Wirkungsfelder auch der breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht werden.

Tobias Bach leitet mit seiner Lebensgefährtin Dr. Inka Zschiedrich erfolgreich das Haus zur Sahlenburg bei Cuxhaven. Er leistet nun an diesem Ort seinen Beitrag zur Erlebnispädagogik und ist daher nicht mehr im Bayerischen Wald oder im Hunsrück tätig.

In den letzten fünfzehn Jahren stellte ich vor dem Hintergrund meiner praktischen Erfahrung in allen Seminaren und mittels zielgerichteter Reflexionen die Präventionsarbeit in den Vordergrund. Diesem oft ausgesprochenen Begriff sollte inhaltlich und praktisch wesentlich mehr Bedeutung zugemessen werden.

Die Erlebnispädagogik ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Prävention, die dazu führt, dass bei gefährdeten Jugendlichen keine Therapien mehr nötig sind. Mein bisheriger Einsatz für die Erlebnispädagogik zeigte auf politischer Ebene dahingehend Erfolge, dass in einigen Bundesländern Lehrerfortbildungen zu diesem Thema an mich herangetragen und mit gutem Erfolg durchgeführt wurden. Darüber hinaus führte dieses Engagement zu einer Offenheit und Bereitschaft der jeweiligen Entscheidungsträger, eine Expansion bzw. Verbreitung der Naturcamp-Arbeit von „Natur-Erfahren und lernen“ zu befürworten und zu unterstützen. Ein weiteres Ziel ist nun die Anerkennung des Berufsbildes „Erlebnispädagogin/Erlebnispädagoge“ durch die IHK.

Wir haben unser Wisssen nach besten Erfahrungen weitergegeben und übernehmen keine Haftung bei fehlerhafter Anwendung oder Umsetzung in die Praxis. Für Hinweise auf bessere Darstellungen, Ergänzungen und für Verbesserungsvorschläge sind wir dankbar.

Hajo und Tobias Bach

Viechtach, im Januar 2016

I

Lernen in der Natur: zwölf Themen für die Praxis

Wir haben aus der breiten Palette des Themenangebotes in der freien Natur zwölf Themen ausgewählt, die bedeutende erlebnispädagogische Wirkungsfelder des handlungsorientierten Lernansatzes für einen breiten Interessentenkreis darstellen. Sie sind nur und ausschließlich in der Natur, also im Freien, durchführbar, und sie konzentrieren sich auf den Erlebnisraum Wald, der uns noch mehr geöffnet werden soll. Die Themen stammen zum einen aus meiner frühen Erfahrung und Erinnerung an spannende Pfadfinder-Aktivitäten vom Wölfling bis zum Stammesführer bei der DPSG (Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg) und aus der Frage: Was ist da eigentlich hängengeblieben? Was ich persönlich aus dieser frühen Lernphase noch weiß, möchte ich als nachhaltig bezeichnen und übernehme es daher in gewisser Weise unkritisch, so es den heutigen ethisch-moralischen Wertvorstellungen und pädagogischen Grundsätzen der Jugenderziehung entspricht.

Der zweite Einfluss auf diese Themenauswahl ergibt sich aus meiner mehr als 30-jährigen konzentrierten, beruflichen und auch privaten Erfahrung im In- und Ausland unter den Aspekten der „Überlebensfähigkeit“ unter unangenehmen oder sogar widrigen Bedingungen. Da diese Tätigkeiten mit hoher Führungsverantwortung verbunden waren, war mir die physische und psychische Unversehrtheit der mir anvertrauten Teilnehmer besonders wichtig und ist mit in diese Themenauswahl eingeflossen. Nicht zuletzt aber sind es der Eindruck und die Erfahrung der letzten acht praktischen Jahre in der Naturcamp-Arbeit, die diese zwölf Themen festlegten.

1 Lager und Behelfsunterkünfte im Wald bauen

Wir sehen den Schwerpunkt unserer erlebnispädagogischen Arbeit im Wald unserer heimischen Regionen, der als Lern- und Lebensraum eine neue Dimension erfahren soll. Uns ist dabei bewusst, dass wir nicht überall und auf Anhieb auf Begeisterung stoßen und erst einmal weniger Fürsprache haben als geglaubt oder erhofft. Staatliche Forstverantwortliche, private Waldbesitzer, Gemeindeverwaltungen, Feuerwehr und Jägerschaft sehen hier grundsätzlich einmal – und mit Recht – große Bedenken. Deshalb ist es unser Bestreben, die erlebnispädagogischen Aktivitäten in zugewiesenen und mit den Behörden abgestimmten Räumen, auch in Privatwäldern, in der Nähe von bewohnbaren Anwesen – in Naturcamps – durchführen zu können. Mehr über diese wichtigen Aspekte ist in den Kapiteln 15 und 16 zu lesen. Viele naturbegeisterte Erwachsene haben private Camping- oder gar Lagerleben-Erfahrungen als Pfadfinder oder in einer anderen organisierten und naturorientierten Jugendgruppe. Für die Nutzung des Lernund Lebensraumes Wald ist das eine gute Voraussetzung, auf die aufgebaut werden kann. Kaum jemand hat aber tatsächlich schon längere Zeit im Wald geschlafen, ob zum Spaß oder aus einer Notsituation heraus. Das heißt, dass sich jeder Teilnehmer an solchen Unternehmungen mental auf eine völlig neue Situation einlassen muss – auf eine Situation, die bei dem einen Spannung und Abenteuerlust und bei dem anderen durchaus Ungewissheit und Ängste erwecken kann. Es gilt also, Unsicherheit schaffende Einflussfaktoren abzubauen und die vielfältigen Möglichkeiten aufzuzeigen, die uns die Natur bietet, ein angenehmes Nachtlager für mehrere Nächte zu bereiten. Dabei stehen die Erhaltung der körperlichen Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie die Einhaltung vielfältiger Natur-, Umweltschutz- und Sicherheitsbestimmungen im Vordergrund.

1.1Das Waldlager

Zunächst gibt es einige Kriterien, die die Wahl eines geeigneten Waldlagerplatzes beeinflussen. Es besteht die allgemeine Vorstellung, dass der beste Platz für ein gemütliches Lager neben einem Bach, Teich, See oder anderem Gewässer ist. Dort finden sich auch vielerorts die Campingplätze. Sicherlich kann ein solches Plätzchen ein idyllisches Bild abgeben, wir wissen aber aus Erfahrung, dass es nicht der beste Ort zum Übernachten im Freien ist. Bekanntlich senkt sich die Kälte nachts in den Niederungen auf den Boden und die warme Luft steigt auf. Folglich ist es in unmittelbarer Nähe von Gewässern und an tiefen Punkten kälter und feuchter als an den höher gelegenen. Außerdem befinden sich im Sommer in Feuchtniederungen lästige Bremsen, Stechmücken und auch Zecken. Nach einem unerwarteten Wolkenbruch besteht dort außerdem die Gefahr einer plötzlichen Überschwemmung. Die höchste Stelle einer Erhebung oder eines Hügels ist ebenfalls nicht besonders günstig, da dort andere Windverhältnisse vorherrschen können und bei Sturm die Gefahr des Windbruchs besteht. Daher ist der beste Platz oberhalb eines Gewässers an einem leichten Schräghang in der Tiefe des Waldes zu wählen.

Was stellen wir uns unter einem Waldlager vor? Ein Waldlager ist eine Zuordnung von Arbeitsbereichen in einem bestimmten Teil eines Waldes, nämlich Schlafstellen, Sitz-, Koch-, Spül-, Abstell- und Holzhack- sowie Säge- und Lagerungsmöglichkeiten (siehe Abb. 1). Diese müssen allerdings in einer gewissen Ordnung festgelegt werden, so dass ein gutes Zusammenlager wirken in der Gemeinschaft sichergestellt ist. Wir möchten hier ganz bewusst die Wörter „Disziplin“ und „Ablauforganisation“ verwenden. Disziplin verwenden wir im positiven Sinne. Wir nennen auch die Begriffe

Abb. 1: Waldlager

„Feuerdisziplin“ oder „Licht- und Geräuschdisziplin“ an anderer Stelle und begründen diese. „Ablauforganisation“ ist ein Begriff aus der Betriebs- und Organisationswissenschaft, der aber genauso gut auch hier passt. In einem Waldlager, in dem bis zu 30 unterschiedliche Menschen über einen längeren Zeitraum aufeinander angewiesen sind, kann nicht jeder tun und lassen, was er will. Es gilt, festgelegte Plätze zu kennen und sinnvolle Vorgaben bezüglich bestimmter Abläufe einhalten zu können. Folgende Plätze und Zuordnungen haben sich im inneren Aufenthaltsbereich eines Waldlagers als zweckmäßig erwiesen:

Eine zentrale Feuer- und Versammlungsstelle bildet den „Dreh- und Angelpunkt“ eines Waldlagers. Wir empfehlen das Aufbauen von zwei Balkendreiecken, in deren Spitzen ein Querbalken von vier Metern Länge in zwei Metern Höhe waagerecht gelegt wird. Durch Auseinander- und Engerstellen der Dreiecksfüße kann die Höhe verändert werden. Am Querbalken können massive Henkeltöpfe oder ein Grillrost mit starken Drähten gut angebracht und einfach auch wieder abgehängt werden.

Die Feuerstelle besteht aus einer Feuerwanne mit Luftlöchern, die in 40 cm über dem Boden auf Steinen aufgestellt wird. Die Wanne ist ein rundes Grillblech mit erhöhtem Rand, in das mit Hammer und großem Nagel 30–40 Löcher eingebracht wurden. Diese dienen der Luftzufuhr für das Brennmaterial. Unter der Feuerwanne befindet sich eine weitere Wanne gleicher Art, aber ohne Löcher, die immer mit Wasser gefüllt sein muss. Dadurch wird die Gefahr eines unbemerkten Schwelbrandes im Boden ausgeschlossen und der Boden wird durch die Hitze nicht in Mitleidenschaft gezogen. Um die Feuerstelle herum können in einem Sicherheitsabstand feste Sitzgelegenheiten aus Baumstämmen arrangiert werden. In den Lücken, auch davor oder dahinter, ist noch genügend Platz für bewegliche Sitzgelegenheiten, die aus dicken Stammblöcken oder Indianersitzen bestehen können. Der Indianersitz besteht aus zwei stabilen Brettern gleicher Länge, die jeweils in der Mitte zu einem Drittel mit einem Schnitt in Brettdicke eingesägt und dann ineinander gesteckt werden. Dadurch ergibt sich ein Stuhl in der Form eines schrägen X, auf dem man bequem zurückgelehnt sitzen kann. Zu beachten ist, dass die Teilnehmer, die zur Unterhaltung des Feuers oder zum Kochen eingeteilt sind, immer noch genügend Bewegungsfreiheit haben und sich nicht durch Stolpern oder Flammennähe gefährden. Die Sitzgelegenheiten dürfen auch nicht zu nahe an der Feuerstelle sein, sonst verlockt das vor allem dort sitzende Kinder zum ständigen Stochern oder Anbrennen von Stöcken (Feuerdisziplin!).

Zentral über die Feuerstelle kann ein Rundkappenfallschirm als Feuerglocke gespannt werden. Er hat eine zentrale Aufhängung an einer großen Stange in der Mitte oben an der Kappenschlaufe und wird rundherum gleichmäßig mit Schnüren abgespannt.

Der Fallschirm bläht sich durch die aufsteigende Luft als Glocke auf und verhindert dadurch den Funkenflug. Er weist auch Regen und pralle Sonne ab und sorgt für Gemütlichkeit. Die Gruppe fühlt sich unter einem gemeinsamen Dach geborgener. Ein ausgesonderter Fallschirm ist in einem guten Outdoorladen (siehe Anhang), über einen Sportspringer-Club oder über das Militär einfach und kostengünstig zu beziehen.

Besonderheit: Feuer darf nur in einer Entfernung von 100 Metern zum Wald unterhalten werden. Ausnahmen kann es in einem Privatwald des Veranstalters geben, diese muss die Behörde aber genehmigen. Dieses Kriterium ist ebenfalls bei der Erkundung eines Waldlagerplatzes zu beachten.

Neben der Feuerglocke, in Reichweite für die „Feuerverantwortlichen“, richten wir einen überdachten Holzlagerplatz für trockenes und zerkleinertes Brennholz ein.

Unmittelbar dahinter ist der Spalt- und Sägeplatz. Zwei schwere Holzblöcke, in fünf Metern Entfernung voneinander, sollen dort fest und sicher auf dem Boden stehen oder in diesen eingelassen werden. Weitere fünf Meter davon entfernt befindet sich ein selbst gebauter Sägebock. Äxte, Beile und Sägen hängen übersichtlich an einem Astgestell und nur die Teilnehmer dürfen sie mit Erlaubnis benutzen, die sich erfolgreich einer Überprüfung unterzogen haben (siehe Abb. 2). Kinder bekommen nach dieser Überprüfung die „Lizenz zum Hacken und Sägen“ erteilt – oder auch noch nicht, wenn sie der weiteren Anleitung bedürfen. Auch Erwachsenen sollte man auf die Finger schauen und in Fällen, in denen Gefahr für Leib und Leben besteht, besser den Umgang mit der Axt und mit der Säge verbieten.

Auf der gegenüberliegenden Seite wird der Wasch- und Ablageplatz für Geschirr festgelegt. Zugunsten der Übersichtlichkeit sollte er zehn Meter vom Versammlungs- und Essensplatz entfernt sein. Die Teilnehmer spülen dort das Geschirr in bereitgestellten Wannen und legen es zum Trocknen auf Längsbretter, die 40 cm über dem Boden fest installiert wurden. Das Essgeschirr bleibt nach der Nutzung immer dort liegen. Es muss dann nicht ständig zwischen „Bett und Essen“ hin und her getragen werden. Außerdem ist mit dieser Methode für alle erkennbar, wer sein Geschirr nicht sauber gewaschen hat – eine einfache Art, Selbstdisziplin zu üben.

Zur dritten Seite des Bereiches wird eine Ablage für das Material vorgesehen. Dieser Bereich soll so zwischen mehreren Bäumen gewählt werden, dass eine große Plane von etwa 16 Quadratmetern in der Form eines Hausdaches über ein Seil gespannt werden kann. Dort lagern regensicher in Weidenkörben und auf „Naturbänken“ Schnüre, Drähte, Werkzeuge, Seile, Lampen und weiteres Lager- und Ausbildungsmaterial. Sanitätskiste, Gitarre und Liederbücher sind dort auch zu finden.

Unweit davon, aber auch noch unter dem Regenschutz, wird die Verpflegung, die Gewürze und das gesamte „Küchenmaterial“ gelagert. Daneben sollen stabile Lagertische aus massiven, halbierten Baumstämmen und schweren Brettern die Essenszubereitung ermöglichen.

Die Behelfsunterkünfte stehen am besten im Halbkreis um den zentralen Platz seitlich und am Hang aufwärts in einer Entfernung von 20–50 Metern. Die Leitung sollte ihre Behelfsunterkünfte zwischen den Teilnehmern wählen. Die Möglichkeiten und der Aufbau werden im nachfolgenden Kapitel ausführlich beschrieben.

Der letzte Bereich, der einer Lagerorganisation zugeordnet sein muss, ist der sanitäre Bereich. Ordnung, Sauberkeit und das bestmögliche Hygiene-Angebot sind für das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum unerlässlich. Die Hygiene wird gerade bei Kindern unter den Bedingungen der Einfachheit und der Improvisation gerne vernachlässigt. Deshalb sind hier Anleitungen und Erklärungen in der Gemeinschaft notlager wendig. Die Toilette oder „Behelfs-Latrine“ wird ungefähr 100–200 Meter entfernt von den Unterkünften und auf der vom Wind abgewandten Seite gebaut. Sie entspricht den Bestimmungen des Umweltschutzes, dem persönlichen Hygienebedürfnis und der geforderten Intimität. Für den Bedarfsfall muss eine Ausweichmöglichkeit im benachbarten Anwesen vorhanden sein.

Ausführlich werden die Punkte und Bestimmungen hierzu im Kapitel 6 beschrieben.

Die Waschstelle für die Körperpflege am Morgen und auch für zwischendurch ist an dem nahe gelegenen Fließgewässer eines Baches oder Flusses vorgesehen. Diese Stelle soll ca. 200–300 Meter vom Lagerbereich entfernt und unkompliziert erreichbar sein. Sie wird so vorbereitet und markiert, dass sich mehrere Personen nebeneinander waschen können. In der Einweisung und Belehrung muss auf das Verbot der Nutzung von Laugen und herkömmlichen Waschmitteln hingewiesen werden. Sinnvollerweise werden Kernseife und biologisch abbaubare Mittel bereitgehalten und zur Verfügung gestellt. Die ausgespuckte Zahnpasta hingegen schadet dem Wasser und den darin heimischen Lebewesen nicht.

Abb. 2: Sägeprüfung

1.2Das Waldläuferbett

In dem erkundeten und für eine größere Gruppe festgelegten Bereich des Waldlagers wählen wir nun die einzelnen Plätze zum Aufbau einer Behelfsunterkunft. Zum Übernachten in der freien Natur ist diese Lagerstätte für den Einzelnen und für das Team von großer Bedeutung. Das Bauen und Herrichten eines Bettes ist für den Ungeübten allerdings sehr schwierig. Wir kennen die Sprüche, die so locker für das Schlafen auf dem Waldboden plädieren und eine gesunde Härte unterstreichen sollen. Man sei das gewohnt, es ginge schon, kalt wäre es nicht und Regen sei sowieso keiner zu erwarten. Überzogenes Überlebensdenken, vielleicht auch Unsicherheit, Bequemlichkeit oder Unvermögen begünstigen hier eine „Laissez-Faire-Haltung“. Dem möchten wir entschieden entgegentreten, allein dadurch, dass die nötige Zeit, das Material für den Aufbau und die verbindliche Vorführung eines mustergültigen Waldläuferbettes eingeplant werden.

Ausschlaggebend ist die Platzwahl, weil davon auch die Art der Überdachung abhängig ist. Ein erstes Kriterium für die Auswahl der Stelle in dem zugewiesenen oder verfügbaren Raum ist der Schutz vor Witterungseinflüssen wie Regen, Schnee, Hagel oder Sonne. Von der Seite rechnen wir mit Wind, Kälte oder auch mit Regen. Von unten müssen wir uns auf Kälte aus dem Boden, auf Wind (Zug) oder auf abfließendes Wasser einstellen (siehe Abb. 3).

Abb. 3: Waldläuferbett im Winter

Als Grundsätze gelten deshalb: Vom Boden hoch bauen, der Liegeplatz muss weich und trocken sein, nach oben und an den Seiten abdecken! Ein Waldläuferbett wird 15–30 cm über dem Boden gebaut. An einem Schräghang kann es sein, dass die Höhe im oberen Bereich nur 20 cm, hangabwärts aber bis zu einem Meter betragen muss. Es sei schon vorweggenommen: Wenn das Waldläuferbett nicht waagerecht gebaut wird, kann die Nacht zur Rutschpartie für die Bewohner werden. Im oberen Bereich darf es keine Bodenberührung haben, sonst fließt das den Hang hinablaufende Wasser ins Bett. Die beste Stelle ist dort, wo an einem leicht schrägen Hang die Anlehnung an zwei Nadel- oder Laubbäume gegeben ist. Gleichzeitig schützt das Baumdach zusätzlich vor Regen, Schnee und Sonne (siehe Abb. 4).

Die wichtigsten Konstruktionshinweise: Zuerst beschreiben wir den Bau einer Lagerstätte, die sehr behelfsmäßig und nur für den kurzen Aufenthalt von einer oder wenigen Nächten gedacht ist. Alles Material zum Bauen eines Waldläuferbettes kann man im Wald unmittelbar vor Ort finden. Es gibt kaum einen Wald, der so gesäubert ist, dass nicht alte Stangen herumliegen. Mit diesen baut man das „Gerippe“, das zum Abhang hin auf Steine, abgeschnittene Baumstümpfe oder Rundhölzer aufgebockt wird. Die Liegefläche kann mit Hölzern und Knüppeln vom Waldboden belegt werden. Darauf wird dann reichlich dünnes Material wie Laub, Nadeln oder Gräser verstreut. Auch das dünne Astmaterial von gefällten Fichten ist gut geeignet. Aus Naturschutzgründen benutzen wir keine Moose, Farne oder Beelager rensträucher als Bodenbelag. Die benötigte Zeit für den Bau eines Waldläuferbetts für ein oder zwei Personen beträgt ungefähr eine Stunde.

Abb. 4: Bau eines Waldläuferbetts

Nun zu der etwas luxuriöseren Variante dieses Waldläuferbettes, die wir auch Waldläuferhütte nennen können. Sie ist für mehrmalige Nutzungen gedacht und kommt dem Thema „ein Haus bauen“ näher (siehe Abb. 5). Diese Variante einer kleinen Holzvilla, die schon einem Baumhaus ähnelt, bedarf einiger Vorbereitungen. Ein wesentlich größerer Zeitaufwand und mehr Personal sind notwendig. Nicht nur Anleitung und Erklärung, sondern auch handwerkliche Unterstützung brauchen Kinder in Ferienlagern und Schulklassen beim Wochenaufenthalt. Der Zeitbedarf für das Aufbauen dieser beständigeren Unterkunft durch zwei bis vier Personen liegt realistisch bei drei bis fünf Stunden. Bereitgestellt werden müssen:

für Waldläuferbett ein bis zwei Personen: 5 Rundhölzer 1 m und 15 Rundhölzer 3 m

für Waldläuferhütte drei bis fünf Personen: 15 Rundhölzer 2 m und 30 Rundhölzer 4 m

günstige Schwartling-Bretter, das sind äußere Rindenbretter, die sich aufgrund ihrer Stabilität sehr gut zum Budenbau eignen, und Abfallholz aus dem Sägewerk

2 bis 3 Hängerladungen frischer Fichtenzweige. Sie werden mit Erlaubnis des Privatbesitzers oder der Forstverwaltung aus dem Wald geholt, in dem die Holzfällerarbeiten durchgeführt wurden.

Beile, Handsägen, Äxte, Hämmer, Nägel und genügend Schnüre. Wichtig ist, dass die Teilnehmer – vorrangig die Kinder – eine Hacke-, Sägeund Nagelprüfung absolvieren, bevor sie die Werkzeuge in die Hand bekommen.

Table of Contents

Cover

Titlepage

Impressum

Inhalt

Einleitung

I Lernen in der Natur: zwölf Themen für die Praxis

1 Lager und Behelfsunterkünfte im Wald bauen

1.1 Das Waldlager

1.2 Das Waldläuferbett

1.3 Spitzdach und Tipi

1.4 Nothütte und Wohnhütte

1.5 Reflexion und Gedanken zur Nachhaltigkeit

2 Hilfsmittel herstellen

2.1 Situationsbeschreibung

2.2 Werkzeuge, Waffen und Fallen

2.3 Projektarbeit für Hilfsmittel

3 Feuer entfachen und Feuer unterhalten

3.1 Natürliche und künstliche Anzünder

3.2 Feuerstellen vorbereiten

3.3 Der Feuerstellenparcours

4 Fische fangen und zubereiten

4.1 Fangmethoden

4.2 Zubereitungsarten

4.3 Organisatorische und methodische Hinweise

5 Kulinarisches aus Wald und Wiese

5.1 Teezubereitung

5.2 Salatzubereitung

5.3 Warme Gerichte

5.4 Konservierung von Nahrung

5.5 Organisatorische und methodische Hinweise

6 Einen Orientierungsgarten errichten und betreiben

6.1 Natürliche Orientierungsmittel

6.2 Künstliche Orientierungsmittel

6.3 Die Stock-Schatten-Sonnenuhr

6.4 Die Orientierungsübung

7 Abseilen und Klettern am Baum und im Fels

7.1 Knotenüben

7.2 Baumklettern

7.3 Abseilen

7.4 Gehen im Steilgelände

8 Schluchten und Gewässer überwinden

8.1 Einfacher Seilsteg

8.2 Doppelter Seilsteg

8.3 Dschungelsteg

8.4 Übersetzmittel

9 Eine Baumspinne aufbauen und benutzen

9.1 Material- und Konstruktionshinweise

9.2 Betreiben und Erfolgskontrolle

9.3 Methodische Hinweise

10 Erste-Hilfe-Maßnahmen unter extremen Bedingungen

10.1 Vitalfunktionen

10.2 Sofortmaßnahmen

10.3 Tragegriffe

10.4 Bau von Behelfstragen

11 Die Sinnesübung

11.1 Besonderheiten bei Nacht

11.2 Licht- und Geräuschdisziplin

11.3 Wahrnehmungsstationen

11.4 Der Sinnesparcours

12 Der Lagerfeuerabend

12.1 Wie bereitet man einen Lagerfeuerabend vor?

12.2 Was ist bei der Durchführung zu beachten?

12.3 Der Tag danach

II Erlebnispädagogische Angebote planen und organisieren

13 Seminararten im Erlebnisbereich

13.1 Erwartungshaltung der Teilnehmer

13.2 Mögliche Programmpunkte bei allen Seminararten

13.3 Veranstaltungen für Schulklassen und Jugendgruppen

13.4 Ferien-Erlebnistage für Kinder

13.5 Eltern-Kind-Erlebnistage

13.6 Wildnistraining für Erwachsene

13.7 Outdoor-Tagesveranstaltungen

14 Führungskräftetraining

14.1 Problemorientiertes Lernen

14.2 Ablauf und Methode

15 Aufbau eines Naturcamps

15.1 Einrichtung und Betrieb

15.2 Lage und Auswahlkriterien

15.3 Organisatorische Besonderheiten

15.4 Absprachen und Genehmigungsverfahren

16 Erlebnispädagogische Anlagen einrichten und nutzen

16.1 Bogenschießanlage im Freien

16.2 Aufbau und Betreiben eines Waldläuferparcours

16.3 Pflanzenparcous

17 Personelle und materielle Grundlagen

17.1 Mitarbeiterauswahl und Qualifikationskriterien

17.2 Aus- und Weiterbildung im Team

17.3 Materialwirtschaft und Bestimmungen

Anhang

Überlebenspäckchen

Adressen

Weiterführende Literatur

Rückseite

Guide

Cover

Titlepage

Impressum

Inhalt

Einleitung

I Lernen in der Natur: zwölf Themen für die Praxis

1 Lager und Behelfsunterkünfte im Wald bauen

1.1 Das Waldlager

1.2 Das Waldläuferbett

1.3 Spitzdach und Tipi

1.4 Nothütte und Wohnhütte

1.5 Reflexion und Gedanken zur Nachhaltigkeit

2 Hilfsmittel herstellen

2.1 Situationsbeschreibung

2.2 Werkzeuge, Waffen und Fallen

2.3 Projektarbeit für Hilfsmittel

3 Feuer entfachen und Feuer unterhalten

3.1 Natürliche und künstliche Anzünder

3.2 Feuerstellen vorbereiten

3.3 Der Feuerstellenparcours

4 Fische fangen und zubereiten

4.1 Fangmethoden

4.2 Zubereitungsarten

4.3 Organisatorische und methodische Hinweise

5 Kulinarisches aus Wald und Wiese

5.1 Teezubereitung

5.2 Salatzubereitung

5.3 Warme Gerichte

5.4 Konservierung von Nahrung

5.5 Organisatorische und methodische Hinweise

6 Einen Orientierungsgarten errichten und betreiben

6.1 Natürliche Orientierungsmittel

6.2 Künstliche Orientierungsmittel

6.3 Die Stock-Schatten-Sonnenuhr

6.4 Die Orientierungsübung

7 Abseilen und Klettern am Baum und im Fels

7.1 Knotenüben

7.2 Baumklettern

7.3 Abseilen

7.4 Gehen im Steilgelände

8 Schluchten und Gewässer überwinden

8.1 Einfacher Seilsteg

8.2 Doppelter Seilsteg

8.3 Dschungelsteg

8.4 Übersetzmittel

9 Eine Baumspinne aufbauen und benutzen

9.1 Material- und Konstruktionshinweise

9.2 Betreiben und Erfolgskontrolle

9.3 Methodische Hinweise

10 Erste-Hilfe-Maßnahmen unter extremen Bedingungen

10.1 Vitalfunktionen

10.2 Sofortmaßnahmen

10.3 Tragegriffe

10.4 Bau von Behelfstragen

11 Die Sinnesübung

11.1 Besonderheiten bei Nacht

11.2 Licht- und Geräuschdisziplin

11.3 Wahrnehmungsstationen

11.4 Der Sinnesparcours

12 Der Lagerfeuerabend

12.1 Wie bereitet man einen Lagerfeuerabend vor?

12.2 Was ist bei der Durchführung zu beachten?

12.3 Der Tag danach

II Erlebnispädagogische Angebote planen und organisieren

13 Seminararten im Erlebnisbereich

13.1 Erwartungshaltung der Teilnehmer

13.2 Mögliche Programmpunkte bei allen Seminararten

13.3 Veranstaltungen für Schulklassen und Jugendgruppen

13.4 Ferien-Erlebnistage für Kinder

13.5 Eltern-Kind-Erlebnistage

13.6 Wildnistraining für Erwachsene

13.7 Outdoor-Tagesveranstaltungen

14 Führungskräftetraining

14.1 Problemorientiertes Lernen

14.2 Ablauf und Methode

15 Aufbau eines Naturcamps

15.1 Einrichtung und Betrieb

15.2 Lage und Auswahlkriterien

15.3 Organisatorische Besonderheiten

15.4 Absprachen und Genehmigungsverfahren

16 Erlebnispädagogische Anlagen einrichten und nutzen

16.1 Bogenschießanlage im Freien

16.2 Aufbau und Betreiben eines Waldläuferparcours

16.3 Pflanzenparcous

17 Personelle und materielle Grundlagen

17.1 Mitarbeiterauswahl und Qualifikationskriterien

17.2 Aus- und Weiterbildung im Team

17.3 Materialwirtschaft und Bestimmungen

Anhang

Überlebenspäckchen

Adressen

Weiterführende Literatur

Rückseite