Es war eine heiße Nacht - Emily Dalton - E-Book

Es war eine heiße Nacht E-Book

Emily Dalton

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Verliebt wie noch nie, gibt sich Cassie einem fast Fremden hin, den sie erst wenige Stunden kennt. Am nächsten Morgen muss er überstürzt abreisen - Cassie hat weder eine Adresse, noch den richtigen Namen von ihm. Erst fünf Jahre später entdeckt sie sein Foto in einer Kontaktanzeige. Sofort antwortet Cassie - sie will ihn unbedingt wiedersehen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 206

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

Es war eine heiße Nacht erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1999 by Danice Jo Allen Originaltitel: „Instant Daddy“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCABand 1203 - 2000 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer

Umschlagsmotive: cokacoka/GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733754723

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

„Hier, Cass, sieh dir das mal an. Vielleicht findest du deinen Traummann ja in Alaska.“

Automatisch fing Cassie die Zeitschrift auf, die Susan ihr durch den Buchladen zuwarf. Sie musterte das glänzende Titelbild, das einen lächelnden Mann in rotem Flanellhemd und engen Jeans vor einer majestätischen Bergkette zeigte. Als sie die Überschrift Ledige Männer von Alaska las, legte sie das Heft sofort beiseite und fuhrt fort, Magazine auszupacken und auf den Regalen zu arrangieren.

„Wir öffnen in zwanzig Minuten, Susan. Ich habe – wir haben keine Zeit für derartige Spinnereien. Es bleiben noch drei volle Kartons mit Frauenzeitschriften auszupacken.“

„Nur Arbeit und kein Vergnügen ist langweilig. Bist du denn gar nicht versucht, dir all die tollen Typen anzusehen, die am eisigen Ende der Welt nach Gesellschaft annoncieren?“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ein guter Fang sind, wenn sie annoncieren müssen“, konterte Cass trocken.

Susan schüttelte heftig den Kopf, sodass ihre kastanienbraunen Locken hüpften. „Da irrst du dich. Sie inserieren aus dem einfachen Grund, dass in Alaska ungefähr fünfmal so viele Männer wie Frauen leben.“ Sie nahm die Zeitschrift zur Hand, blätterte darin und hielt sie geöffnet vor Cassies Nase. „Sehen diese Männer etwa wie Verlierer aus?“

Cassie seufzte, nahm das Heft und setzte sich auf die Tischkante. „Also gut. Wenn du mich dann in Ruhe weiterarbeiten lässt, sehe ich es mir an. Aber nur für eine Minute. Vergiss nicht, dass ich einen festen Freund habe.“

Susan verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte verächtlich. „Meinst du etwa Brad?“

„Wen sonst? Wir gehen schließlich seit zwei Jahren miteinander.“

„Eben. Ihr geht nur miteinander, aber ihr schlaft nicht miteinander.“

„Du weißt genau, dass ich nichts davon halte, die Dinge zu überstürzen. Ich will mir meiner Gefühle ganz sicher sein, bevor ich mit Brad intim werde.“

„Das kann ich allerdings gut verstehen. Ich meine nach dem, was dir passiert ist …“

Cassie schwieg. All ihre Freunde waren der Meinung, dass ihr vor fünf Jahren das Schlimmste zugestoßen war, was einer Frau widerfahren konnte. Sie selbst teilte diese Ansicht nicht. Aber es hatte keinen Sinn zu widersprechen.

„Ich verstehe trotzdem nicht, wie du zwei Jahre lang mit einem Mann gehen und enthaltsam bleiben kannst. Es sei denn, es funkt nicht zwischen euch. Fairerweise solltest du entweder eine Bindung mit ihm eingehen oder ihm den Laufpass geben. Manchmal glaube ich, dass du eure Beziehung nur als Vorwand benutzt, um dich mit keinem anderen einzulassen, in den du dich wirklich verlieben könntest.“

Das Klingeln des Telefons unterbrach Susans Standpauke. Mit einem letzten strafenden Blick wandte sie sich ab und griff zum Hörer. Bisher hatte sie zwar gelegentlich ihr Missfallen zu diesem Thema geäußert, aber nie zuvor so nachdrücklich.

Cassie senkte betroffen den Kopf und blätterte zerstreut in der Zeitschrift. Ihr war nie in den Sinn gekommen, dass sie Brad benutzte, und sie hatte es gewiss nie vorsätzlich getan. Doch in einem Punkt hatte Susan recht. Er verdiente zu wissen, woran er bei ihr war.

Cassie sollte wirklich eine Entscheidung fällen. Doch jedes Mal, wenn er ihr nahe kam oder von Heirat die Rede war, bekam sie kalte Füße, obwohl nichts an ihm auszusetzen war.

Brad Callahan war gut aussehend, nett und erfolgreich. Immerhin war es ihm gelungen, die kleine, heruntergekommene Ranch, die er von seinem Onkel geerbt hatte, innerhalb von drei Jahren in ein aufblühendes Unternehmen zu verwandeln.

Seine Ranch lag fünf Meilen außerhalb der Stadt, direkt neben Cassies Zuhause, der wesentlich größeren Ranch ihres Vaters, Jasper Montgomery. Im überwiegend ländlichen Montana pflegten die Nachbarn über den Zaun hinweg miteinander zu plaudern, während sie ihrer Arbeit nachgingen. Im Laufe der Zeit hatte Jasper sich mit Brad angefreundet. Inzwischen sah er in ihm eher einen Sohn als einen Nachbarn und hätte ihn gern als Schwiegersohn bekommen.

Auch Tyler betete Brad an. Doch Cassie hielt ihn mit seinen knapp vier Jahren für zu jung für eine sachliche Beurteilung. Vor allem über einen Mann, der stets Süßigkeiten bei sich trug und nicht zögerte, sie als Bestechungsmittel einzusetzen.

Cassies Herz schwoll vor Liebe, als sie an den wichtigsten Mann in ihrem Leben dachte. Tyler mochte ein Fehler sein in den Augen der übrigen Bewohner der Kleinstadt Nye, in der sie geboren und aufgewachsen war und nun eine Kombination aus Buchladen und Café namens The Buzz betrieb. Doch sie hatte jene Nacht der Leidenschaft nicht eine Sekunde lang bereut. Ganz im Gegenteil. Mit verklärter Miene versank sie in Erinnerungen …

Im Geiste war sie wieder knapp zwanzig Jahre alt. Mit drei Freundinnen war sie zu dem Volksfest gegangen, das jedes Jahr am vierten Juli stattfand. Nye hatte sich größtenteils die urtümliche Atmosphäre aus der Zeit der ersten Goldgräber bewahrt, die im vorigen Jahrhundert in Scharen herbeigeströmt waren, als Gold in den umliegenden Bergen entdeckt worden war. Daher kamen im Sommer zahlreiche Touristen, um sich an diesem Ambiente zu erfreuen und die verwinkelten, bemalten Holzhäuser zu bestaunen, die immer noch entlang der Hauptstraße standen.

Daher waren Cassie und ihre Freundinnen nicht überrascht, zahlreiche fremde Gesichter zu sehen, während sie über den Jahrmarkt schlenderten und Zuckerwatte aßen. Als sich jedoch ein junger Mann aus der Menge zu ihnen gesellte und ein Gespräch anknüpfte, waren sie geradezu überwältigt. Selten hatte Nye ein solch attraktives Mannsbild gesehen. Mit seinen markanten Zügen und dem phantastischen Lächeln, den dunklen Haaren und himmelblauen Augen wirkte er so umwerfend wie ein Filmstar.

Er erzählte ihnen, dass er nur auf der Durchreise war, und erkundigte sich, an welchem Stand es die besten Hotdogs gäbe. Während er über die Stadt, den Jahrmarkt und das milde Juliwetter plauderte, strahlte er einen unglaublichen Charme aus.

Jamie, die mutigste und koketteste der Gruppe, lud ihn ein, den Abend mit ihnen zu verbringen. Bereitwillig stimmte er zu. Doch im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass nicht Jamie, sondern Cassie das Objekt seines Interesses darstellte. Als schüchterner Bücherwurm mit glatten blonden Haaren, grauen Augen und blassem Teint war sie nur auf unauffällige Weise hübsch und mehr überrascht über seine Aufmerksamkeit als alle anderen.

Sie fuhren zusammen Riesenrad. Er gewann ein großes Stofftier an einer Schießbude für sie. Sie aßen Hotdogs und Liebesäpfel, und dann wurde ihnen beinahe schlecht auf dem Karussell. Als er sie am Ende der Fahrt schließlich von dem hölzernen, bunt bemalten Pferd hob, regte sich in ihr ein sexuelles Verlangen, wie sie es nie zuvor erlebt hatte.

Später, während die anderen Mädchen in Jamies Wagen nach Hause fuhren, begleitete Cassie den attraktiven Fremden zu der Pension, in der er abgestiegen war. Sie schlich sich mit ihm in sein Zimmer und blieb die ganze Nacht.

Nie zuvor war ihr etwas Derartiges passiert. Bis zu jener Nacht war sie Jungfrau geblieben und nie in Versuchung geraten, es zu ändern. Doch dieser Fremde, der ihr nur seinen Spitznamen Bogie, den er als Fan von Humphrey Bogart von seinem Bruder erhalten hatte, verraten wollte, hatte mit seinem Charisma ihr Herz im Sturm erobert.

Im Morgengauen begleitete er sie zu ihrem Wagen, küsste sie innig durch das geöffnete Fenster und verabredete sich mit ihr zu einem Picknick am selben Tag.

Aufgeregt packte sie einen Korb voller Nahrungsmittel und fuhr zu dem Park, in dem das Stelldichein stattfinden sollte. Eine Stunde lang wartete sie vergeblich auf sein Erscheinen. Dann begab sie sich zu der Pension und erfuhr, dass Mr. Bogart, unter welchem Namen er sich tatsächlich eingeschrieben hatte, am frühen Morgen ein Ferngespräch erhalten hatte und überstürzt abgereist war.

Cassie war sehr enttäuscht. Doch das Leben ging weiter, und die Erinnerung an jene romantische Nacht wäre verblasst, hätten nicht morgendliche Übelkeit und ein positiver Schwangerschaftstest ihr Leben für immer verändert …

„Cassie? Wo steckst du mit deinen Gedanken?“ Susan nahm ihr die Zeitschrift aus der Hand und betrachtete die Seite, die Cass zufällig aufgeschlagen hatte. „Wow! Wenn dir der nicht gefällt, dann stimmt bei dir wirklich etwas nicht. Und was für ein toller Name! Adam Baranof. Klingt russisch. Haben sich nicht vor einer Ewigkeit ein paar von diesen Tolstoy-Typen in Alaska angesiedelt? Oh, er ist sogar Meeresbiologe. Muskulös und gescheit dazu. Was kannst du dir mehr wünschen?“

Desinteressiert warf Cassie einen Blick auf das Foto, das Susan ihr unter die Nase hielt. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus und pochte dann heftig. Mit zitternden Fingern nahm sie die Zeitschrift und starrte ungläubig auf das Bild eines dunkelhaarigen Mannes mit himmelblauen Augen. „Das ist … das ist er.“

„Was soll das heißen? Kennst du ihn etwa?“

Cassie nickte bedächtig. „Ich kenne ihn sogar sehr intim.“

„Aber ich dachte, du hättest nie mit jemand anderem geschlafen als Tylers …“ Susan verstummte mit offenem Mund.

„Ja, das ist Tylers Vater“, bestätigte Cassie in rauem Ton. „Ich dachte, ich könnte meinem Sohn niemals sagen, wer sein Vater ist. Aber jetzt weiß ich es.“

„Bist du … bist du ganz sicher?“

„Dieses Gesicht könnte ich niemals vergessen.“

„Das verstehe ich allerdings.“

Beide verfielen in Schweigen und starrten auf das Foto von Adam Baranof.

Der Name passt zu ihm, dachte Cassie. Zumindest entsprach der romantische Klang den Erinnerungen, die sie an ihn und seinen Charme hegte. Auch der Wortlaut des Inserats passte irgendwie. Er suchte nicht wie die anderen Männer in der Zeitschrift nach einer Ehefrau oder langfristigen Beziehung, sondern nach einer Freundin, mit der er schöne Stunden verbringen und Spaziergänge am Strand unternehmen wollte. Er war bereit, der richtigen Frau ein Flugticket erster Klasse für ein Wochenende zu zweit in Alaska zu schicken. Seldovia in Alaska, um genau zu sein – wo immer das sein mochte.

Cassie schüttelte den Kopf. Nach fünf Jahren und zahlreichen vergeblichen Versuchen, Tylers Vater aufzuspüren, erschien es ihr unglaublich, dass seine Identität auf diese verrückte, zufällige Weise aufgedeckt wurde.

„Und was willst du jetzt tun?“, erkundigte Susan sich sanft.

Eine gute Frage, dachte Cassie. „Ich weiß es nicht. Ich wollte nie finanzielle Unterstützung oder so was von ihm, aber ich war immer der Meinung, dass er von seinem Sohn erfahren sollte. Aber es ist schon so lange her. Vielleicht erinnert er sich gar nicht an mich. Vielleicht will er es gar nicht wissen.“

„Nun, ich finde, er sollte es erfahren. Offensichtlich war er nicht gerade vorsichtig in jener Nacht. Und am nächsten Morgen hat er Hals über Kopf die Stadt verlassen und dich die Tortur allein durchstehen lassen.“

„Es war keine Tortur“, wandte Cassie entschieden ein. „Ich habe jede Minute der Schwangerschaft genossen, und Tyler ist das Zentrum meines Universums.“

„Das weiß ich doch“, versicherte Susan hastig. „Ich meine doch nur, dass Männer nicht herumlaufen und Frauen schwängern sollten, ohne die Verantwortung dafür zu übernehmen.“

„Er wusste doch nicht, dass ich schwanger war.“

„Aber er wusste, dass du es sein konntest.“

„Wir haben beide nicht an mögliche Konsequenzen gedacht, Susan. Es war genauso meine Schuld wie seine.“ Sie errötete. „Wir haben uns beide … von unserer Leidenschaft hinreißen lassen.“

Susan nahm sie bei den Schultern und musterte sie eindringlich. „Du bist immer noch heiß auf diesen Typ, oder?“

„Natürlich nicht“, wehrte Cassie verlegen und verwirrt ab.

„Aber ich wette, dass du weder die Nacht noch den Mann je vergisst.“

„Es war eine ziemlich zauberhafte Nacht. Und er war …“ Cassie seufzte und lächelte. „… ziemlich unglaublich.“

„Und ziemlich unvergesslich. Wenn die Nacht so großartig war, denkt er bestimmt genauso über dich.“

„Das bezweifle ich. Schließlich hat er keinerlei Versuch unternommen, mich zu kontaktieren. Offensichtlich habe ich auf ihn nicht so einen Eindruck gemacht wie er auf mich.“

„Es gibt nur einen Weg, um das herauszufinden. Antworte auf seine Annonce. Schick ihm ein Foto. Dann stellt sich sehr bald heraus, ob er sich an dich erinnert.“

Aufgeregt lief Cassie umher. „Wenn ich mich bei ihm melde, dann bestimmt nicht, um unsere Beziehung aufzufrischen, sondern nur, um ihn von Tylers Existenz zu unterrichten.“

Nachdenklich wandte Susan ein: „Was weißt du eigentlich von ihm, außer dass er großartig im Bett ist?“

Cassie blieb stehen und wirbelte zu ihr herum. „Ich weiß wesentlich mehr als das!“

„Ach ja? Was denn? Er hat die Stadt verlassen, ohne dir seinen richtigen Namen zu sagen. Wusstest du, dass er Wissenschaftler ist?“

„Nein, aber …“

„Kein Aber. Du weißt eigentlich gar nichts von ihm. Was ist, wenn er kein netter Mensch ist? Was ist, wenn er keine Kinder mag? Was ist, wenn er sie mag und verlangt, dass Tyler sechs Monate im Jahr bei ihm in Alaska verbringt?“

„Willst du mir Angst einjagen?“

„Nein. Ich will damit nur sagen, dass du ihn kennen lernen solltest, bevor du ihm von Tyler erzählst.“

„Und wie soll ich das anstellen?“

„Nichts leichter als das. Antworte einfach auf die Annonce.“

Kühe grasten auf den Weiden neben der Straße, und ein Kojote jagte eine Feldmaus, als Cassie zum Mittagessen nach Hause fuhr. Fieberhaft überlegte sie, ob sie Adams Annonce beantworten sollte. Aus Susans Munde hatte die Entscheidung so leicht geklungen, aber so einfach war es nicht. Die wichtigste Person in ihrem Leben komplizierte die Sache. Tyler.

Würde er es ihr eines Tages vorhalten, falls sie die Chance nicht nutzte und sich nicht mit seinem Vater in Verbindung setzte? Wenn sie nicht sofort an Adam schrieb, verschwand er womöglich so rasch wieder aus ihrem Leben, wie er zufällig aufgetaucht war.

Aber ihn zu kontaktieren, löste womöglich einen Umbruch in ihrem Dasein aus, von dem sie sich nie wieder erholten. Was war, wenn er an Tylers Erziehung teilhaben wollte? Was war, wenn er wieder ein Teil ihres eigenen Lebens sein wollte?

Cassie verdrängte diesen Gedanken hastig, bevor sie wie Aschenbrödel davon zu träumen begann, mit einem russischen Prinzen in einem palastartigen, abgeschiedenen Blockhaus in Alaska glücklich bis an ihr Ende zu leben.

Eine Familie zu gründen und weitere Kinder von einem Mann zu bekommen, von dem sie zumindest den vollständigen Namen kannte, war ein lang gehegter Traum. Doch die Erfüllung dieses Traumes war eher möglich mit einem beständigen Mann von nebenan wie Brad als mit einem Meeresbiologen, der in einer entlegenen Stadt namens Seldovia im entfernten Alaska eine Freundin suchte.

Schneller als gewöhnlich fuhr Cassie durch das offene Gatter der Ranch und die Auffahrt hinauf. Sie brannte darauf, Tyler zu sehen und mit ihrem Vater über ihre unglaubliche Entdeckung zu sprechen.

Staub spritzte auf, als sie ihren Geländewagen vor dem Haupthaus aus Feldstein und Holzbalken zum Stehen brachte. Sie klemmte sich die Zeitschrift unter den Arm, stieg aus und heftete hoffnungsvoll den Blick auf die Haustür.

Sie wurde nicht enttäuscht. Die Tür flog auf, und Tyler stürmte heraus. Sein Granddad folgte ihm mit langen, gemächlichen Schritten.

„Hi, Ty! Wie geht es meinem kleinen Cowboy?“

„Ich und Granddad haben zwei Forellen gefangen“, verkündete er, als Cassie ihn auf die Arme hob und küsste. „Und Sylvie macht sie zum Mittagessen.“

„Das klingt köstlich“, sagte sie in begeistertem Ton, obwohl sie bezweifelte, dass sie angesichts ihrer Aufregung auch nur einen Bissen hinunterbringen konnte. Sie lächelte Tyler an und wunderte sich erneut, wie schon beim Anblick von Adams Foto, wie sehr die beiden sich ähnelten. Das gleiche dunkle Haar, die gleichen blauen Augen, das gleiche Grübchen im Kinn.

„Du bist ja mit Bleifuß über die Auffahrt gefahren“, bemerkte ihr Vater auf seine typisch lakonische Weise. „Dachtest du, du hättest Rauch vom Haus aufsteigen sehen, oder hast du nur Hunger?“

Cassie musterte seine große, hagere Gestalt in Jeans und sein wettergegerbtes Gesicht mit dem herabhängenden, grauen Schnauzer, der ihn älter als seine siebenundfünfzig Jahre aussehen ließ. An diesem Tag lag ein belustigtes Funkeln in seinen blassblauen Augen. Doch fünf Jahre zuvor hatten sie vor Zorn geglüht, als er erfahren hatte, dass ein Durchreisender seine Tochter geschwängert und sich aus dem Staub gemacht hatte.

Die Zeit hatte wahre Wunder bewirkt, und schon seit langem hatte er sich mit den Umständen abgefunden. Nun war er einfach dankbar für Tylers Existenz, die so viel Freude und Lebendigkeit in die kleine Familie brachte und die Trostlosigkeit nach dem Tod von Cassies Mutter vor sechs Jahren vertrieben hatte.

Jasper verbrachte viel Zeit mit dem Jungen, teilte die Höhen und Tiefen der Erziehung mit Cassie und Sylvie, die als Haushälterin und Kindermädchen fungierte. Sein Einfluss als Rancher war unübersehbar. Obwohl Ty erst vier Jahre alt war, konnte er bereits reiten und geschickt mit einem Lasso umgehen. Er ging mit seinen Stiefeln ins Bett, die ihm nach dem Einschlafen ausgezogen werden mussten, und verließ nie das Haus ohne seinen Stetson.

„Kein Rauch. Ich hatte es nur eilig, nach Hause zu kommen“, erwiderte Cassie, während sie mit Tyler an der Hand neben Jasper zum Haus ging. Leise fügte sie hinzu: „Ich möchte etwas mit dir besprechen, Dad. Etwas Wichtiges.“

Er warf ihr einen forschenden Blick zu. „In Ordnung, Honey. Gleich nach dem Mittagessen, wenn Ty sein Nickerchen hält.“

Cassie stand in Jaspers Arbeitszimmer, das mit knorrigem Pinienholz getäfelt war, und beobachtete sein Gesicht, als er das Foto von Tylers Vater zum ersten Mal erblickte. Er lächelte nicht.

„Das ist also der verdammte Schuft“, knurrte er.

„Dad! Ich dachte, du hättest den Drang überwunden, ihm den Hals umzudrehen.“

„Das dachte ich auch. Ich habe mich wohl geirrt.“

„Wie du weißt, war ich erwachsen und einverstanden. Ich war sogar mehr als willig.“

Jasper zog eine Grimasse und seufzte dann. „Ja, ich weiß. Aber erspare mir bitte die Einzelheiten.“ Er warf die Zeitschrift auf seinen Schreibtisch, verschränkte die langen Arme vor der breiten Brust und spähte unter streng zusammengezogenen Augenbrauen zu ihr hinauf. „Und ich nehme an, du bist auf die dumme Idee gekommen, dem Kerl zu schreiben, wie?“

Cassie wandte den Blick ab und strich nervös mit einem Finger über die glatte Tischplatte aus Walnussholz. „Du glaubst, ich sollte es nicht tun?“

„Ich glaube, dass das, was ich glaube, nichts ändert. Du hast dich bestimmt schon entschieden und wirst genau wie deine Ma tun, was du willst, egal, was ich glaube.“

Cassie blickte auf. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie sich tatsächlich entschieden hatte. „Dad, ich muss mich an ihn wenden. Es ist nur fair.“

„Wem gegenüber? Ich war durchaus dafür, den Kerl zu suchen, als du schwanger warst und sogar später, als Tyler noch ein Baby war. Aber jetzt ist er vier Jahre alt. Er ist an uns gewöhnt … und wir sind an ihn gewöhnt.“ Seine Miene verfinsterte sich.

Zum zweiten Mal entdeckte Cassie Angst in den Augen ihres zähen Vaters. Beim ersten Mal war bei ihrer Mutter Krebs festgestellt worden. Sie trat zu ihm und legte ihm sanft eine Hand auf den Arm. „Du glaubst doch wohl nicht, dass ich ihn Tyler wegnehmen lasse, oder?“

„Als Vater wird er Rechte haben. Womöglich will er gemeinsames Sorgerecht.“

„Es ist viel wahrscheinlicher, dass er nichts von Tyler wissen will. Falls ich ihm schreibe, falls er mir antwortet und falls ich ihn besuche, stelle ich vielleicht fest, dass er ein Schuft ist. Falls das der Fall ist, sage ich ihm gar nichts von Tyler. Schließlich kenne ich ihn eigentlich gar nicht. Wir waren nur kurze Zeit zusammen und haben nicht gerade Anekdoten über unser Leben, unsere Familien oder unsere Ziele getauscht. Womöglich ist er ein Mann, den wir gar nicht an Tylers Leben teilhaben lassen wollen.“

Jasper schwieg lange Zeit. Seine Miene war immer noch finster, aber der ängstliche Blick verschwand. „Ich weiß nicht, ob es richtig ist, Cass. Aber wenn Tyler einen Vater bekommen soll, dann müssen wir uns vergewissern, dass es ein guter ist. Antworte auf die Annonce, und dann sehen wir weiter. Wenn du willst, dann fahr nach Alaska und hüte dein Geheimnis so lange wie nötig. Du hast den Jungen vier Jahre lang großgezogen und hast wesentlich mehr Rechte als dieser Baranof. Geh Schritt für Schritt vor, das rate ich dir.“

Cassie lächelte erleichtert. „Danke für deinen Beistand.“

„Darauf kannst du immer zählen. Das weißt du. Und jetzt schreib diesen Brief. Wenn es getan werden muss, dann hat es keinen Sinn, es auf die lange Bank zu schieben. Du kannst meinen Schreibtisch und mein Briefpapier benutzen.“ Er stand auf, klopfte ihr auf die Schulter und ging zur Tür.

„Danke, Dad.“ Sie setzte sich in seinen weichen Ledersessel und griff zu einem Kugelschreiber. „Ach, Dad?“

Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. „Ja?“

„Tu mir bitte einen Gefallen und sag Brad vorläufig nichts davon.“

Er zögerte flüchtig. „Okay. Aber du kannst mir auch einen Gefallen tun.“

„Welchen denn?“

„Sei diesmal vorsichtig, ja?“

Cassie wusste, dass er nicht nur von Geburtenkontrolle sprach. Das Wiedersehen mit Adam konnte das Leben der ganzen Familie beeinflussen. Sie hoffte, dass ihr Lächeln mehr Zuversicht ausstrahlte, als sie empfand. „Keine Sorge, Dad. Ich werde erst wägen, dann wagen.“

2. KAPITEL

In einem weißen Frotteemantel und Laufschuhen joggte Adam zum Briefkasten, der eine halbe Meile von seinem Häuschen entfernt an der entlegenen Straße stand. Er zerrte die zahlreichen Umschläge heraus, rannte zurück in das warme Haus und warf die Briefe auf den Küchentisch. Seit dem Erscheinen der letzten Ausgabe von Ledige Männer von Alaska wuchs der Stapel Antwortschreiben mit jedem Tag. Er konnte es kaum erwarten, einen Weg zu finden, sich an seinem Bruder für die eigenmächtig aufgegebene, dumme Annonce zu rächen.

Adam versuchte, seinen wachsenden Zorn zu ignorieren, während er die Briefe durchblätterte. Er hoffte, dass sich irgendwo in diesem Stapel das fand, worauf er wirklich wartete – die Bewilligung eines Forschungszuschusses von der National Science Foundation in Washington. Er war derzeit völlig ausgelastet als Berater des Komitees, das den Bau des neuen Aquariums in Seward beaufsichtigte, aber sein sehnlichster Wunsch war, noch in diesem Sommer seine Studien über das Verhalten der Meeressäuger fortzusetzen.

Als sich der letzte Umschlag als rosa und mit herzförmigen Aufklebern übersät erwies, war Adam sich ziemlich sicher, dass er nicht von einem Wissenschaftler stammte.

Er verdrängte seine Enttäuschung, nahm einen Schluck Kaffee und griff zum Brieföffner. Widerstrebend hatte er seinem Bruder versprochen, alle Briefe zumindest zu lesen, auch wenn er keineswegs beabsichtigte, auch nur einen einzigen zu beantworten. Einige der Frauen wirkten zwar durchaus attraktiv und interessant, doch er verspürte momentan einfach nicht den Drang nach einer Beziehung.

Als Erstes öffnete er den rosa Umschlag. Ein Foto fiel heraus. Die Frau darauf war stark geschminkt, und eine rosa Federboa lag auf ihren nackten Schultern. Ihr Name lautete Sugar.

Er zwang sich, ihr blumiges Gekritzel zu entziffern. Sie ersehnte sich Dinner bei Kerzenschein, Spaziergänge im Regen, langstielige Rosen auf dem Kopfkissen … und eine gefüllte Brieftasche. Außerdem erkundigte sie sich, ob er bereit wäre, von Alaska an einen lebhafteren Ort wie vielleicht Las Vegas zu ziehen.

Der Brief landete direkt im Papierkorb, gefolgt von vielen weiteren. Adam war nicht länger schockiert, wenn er Nacktfotos oder aufdringliche sexuelle Angebote erhielt. Aber er war ebenso wenig interessiert, wenn die Frauen normal, klug und nett wirkten.

Der letzte Umschlag war schlicht weiß – eine willkommene Abwechslung von all den grellen Farben. Adam blickte auf den Absender. Er stammte aus Montana, und die Schrift war klar und sauber, ohne all die Schnörkel und Verzierungen, die manche Frauen für nötig zu halten schienen, um Romantik auszudrücken.

Er öffnete den Umschlag, nahm das Foto heraus und sah es sich ohne besonderes Interesse an. Eine junge Frau in Jeans und gelber Bluse, groß und schlank und blond, stand neben einem braunen Pferd. Den Hintergrund bildeten bewaldete Berge und ein tiefblauer Himmel.

Er legte das Foto nieder, nahm es dann erneut zur Hand. Irgendetwas erregte sein Interesse. Das frische Gesicht, die lässige Haltung, die schulterlangen, windzerzausten Haare wirkten so natürlich und erfrischend. Sie war sehr attraktiv. Sehr reizvoll.

Er griff zum Brief und las ihn. Ihr Name lautete Cassandra Montgomery. Die meisten Leute nannten sie Cassie. Er fand, dass es ein hübscher Name war, der zu ihrer natürlichen Erscheinung passte. Sie besaß einen Buchladen mit Café in einer Kleinstadt namens Nye.