Every Little Thing - Mehr als nur ein Sommer - Samantha Young - E-Book

Every Little Thing - Mehr als nur ein Sommer E-Book

Samantha Young

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Beschreibung

Kann dein Feind zu deiner großen Liebe werden? Bailey Hartwell heißt genauso wie der Ort, an dem sie lebt: Hartwell, Delaware. Sie stammt aus einer der ältesten Familien der Stadt und könnte sich nie vorstellen, ihre kleine Pension dort aufzugeben. Doch der gutaussehende Ex-New Yorker Vaughn Tremaine macht ihr als Manager eines Luxus-Hotels das Leben schwer. Wann immer sich die beiden treffen, gibt es Streit – auch wenn die sexuelle Spannung zwischen ihnen kaum zu leugnen ist. Doch als Bailey eine schlimme Entdeckung macht, erweist sich ausgerechnet Vaughn als Fels in der Brandung. Kann es sein, dass sie sich in ihm getäuscht hat? Oder bringt die Nähe zu Vaughn ihr Herz erst recht in Gefahr? Nach dem großen Erfolg von "The Real Thing" kommt hier der zweite Band der neuen Hartwell-Serie von Samantha Young!

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Das Buch

Bailey Hartwell liebt ihre Heimat. Der idyllische Badeort an der amerikanischen Ostküste, wo sie eine kleine Pension betreibt, bedeutet ihr alles. Allerdings gibt es einen anderen Hotelier im Ort, der ihr ständig das Leben schwermacht: Vaughn Tremaine, der gutaussehende Manager eines Luxushotels. Bailey findet, dass der gebürtige New Yorker nicht nur eingebildet und hochnäsig ist, er gibt ihr auch das Gefühl, ein provinzielles Landei zu sein.

Vaughn bewundert Bailey jedoch insgeheim, weil sie eigensinnig und loyal ist und weil sie immer sagt, was sie denkt. Außerdem ist sie die schönste Frau, die er je gesehen hat. Trotzdem bringt sie ihn mit ihrem provozierenden Verhalten regelmäßig zur Weißglut. Die Spannung zwischen den beiden ist kaum noch zu übersehen, auch wenn Bailey eigentlich schon vergeben ist. Doch als Bailey eine schlimme Entdeckung macht, ist es ausgerechnet Vaughn, der fest an ihrer Seite steht. Vielleicht hat sie ihn völlig falsch eingeschätzt? Oder steckt hinter der attraktiven Fassade ein Geheimnis, das ihr Herz erst recht in Gefahr bringt?

Die Autorin

Samantha Young wurde 1986 in Stirlingshire, Schottland, geboren. Seit ihrem Abschluss an der University of Edinburgh arbeitet sie als freie Autorin und hat bereits mehrere Jugendbuchserien geschrieben. Mit ihrer ersten Serie für Erwachsene, den Edinburgh Love Stories, wurde sie zur internationalen Bestsellerautorin.

Homepage der Autorin: authorsamanthayoung.com

Von Samantha Young sind in unserem Hause bereits erschienen:

Dublin Street – Gefährliche Sehnsucht • London Road – Geheime Leidenschaft • Jamaica Lane – Heimliche Liebe • India Place – Wilde Träume • Scotland Street – Sinnliches Versprechen • Nightingale Way – Romantische Nächte • Novella-Sammelband: Edinburgh Love StoriesHero – Ein Mann zum VerliebenInto the Deep – Herzgeflüster • Out of the Shallows – HerzsplitterThe Real Thing – Länger als eine Nacht

SAMANTHA YOUNG

EVERY LITTLE THING

Mehr als nur ein Sommer

Roman

Aus dem Englischenvon Sybille Uplegger

Ullstein

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ISBN 978-3-8437-1409-9

© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017© 2017 by Samantha YoungAll rights reserved including the right of reproductionin whole or in part in any form.This edition published by arrangement with Berkley,an imprint of Penguin Publishing Group,a division of Penguin Random House LLC.Titel der amerikanischen Originalausgabe: Every Little Thing (Berkley, 2017)Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © Getty Images/Grant Squibb

E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Für meinen Neffen Mason

Als du geboren wurdest, schrieb ich gerade an diesem Buch, deshalb ist es für dich.Aber bitte lies später nicht weiter als bis zu dieser Widmung.Das käme mir dann doch irgendwie komisch vor.Ich hab dich lieb!

KAPITEL 1

Vaughn

Es war ein trüber Morgen. Die Brandung war ein klein wenig rauer als sonst, als hätten die Wellen es eilig, und der Himmel, an dem die Möwen kreisten, hatte genau dieselbe Farbe wie das Meer: schwermütiges Grau.

Vaughn stand an einem der riesigen Fenster in der Penthouse-Suite seines Hotels, blickte nach draußen und dachte bei sich, dass das, was er da sah, eigentlich nur ein Teil der Wirklichkeit war. Die Promenade, der Strand, das Meer – von hier drinnen waren sie nichts weiter als ein bewegtes Bild. Es fehlte das Kreischen der Möwen, das er hinter der teuren Dreifachverglasung nicht hören konnte. Es fehlten auch die vielen verschiedenen Gerüche – das Salz in der Luft, die Hotdogs, Burger und die warme Süße von Zuckerwatte.

Erst all das zusammengenommen gab ihm das Gefühl, an der Promenade zu Hause zu sein.

Zu Hause.

Hmm.

Er war nach Hartwell gekommen, um vor dem Scherbenhaufen zu fliehen, den er in Manhattan hinterlassen hatte. Hartwell war klein und beschaulich. Obwohl alljährlich im Sommer Tausende von Touristen in den Ort strömten und kaum ein Wochenende ohne irgendein Festival oder eine andere Veranstaltung verging, konnte man hier selbst in der Hochsaison Ruhe und Entspannung finden.

Und Vaughn hatte diese Ruhe weiß Gott bitter nötig gehabt. Sein ursprünglicher Plan war es gewesen, nur so lange zu bleiben, bis er sich einigermaßen erholt hatte und es Zeit wurde, wieder nach New York zurückzukehren, wo der Hauptsitz seines Unternehmens lag.

Im Laufe der Zeit jedoch war Hartwell für ihn von einem Zufluchtsort zu einer Art Heimat geworden.

Wo das Herz ist, da ist man zu Hause.

Erneut ließ er den Blick über die noch fast menschenleere Promenade schweifen – und ärgerte sich, als sein Herz urplötzlich einen kleinen Satz in seiner Brust machte, weil er einen rotbraunen Haarschopf erspäht hatte. Er beugte sich vor, um besser sehen zu können.

Tatsächlich.

Sie war es.

Bailey.

Sie kam aus der Richtung ihrer Pension, dem Hart’s Inn, die Promenade hinunter. Ihre langen Haare flatterten im Wind. Vaughn trat ganz dicht an die Scheibe heran, doch von so weit oben war es unmöglich, mehr zu sehen.

Alles, was er ausmachen konnte, waren Jeans, braune Stiefeletten und ein grüner, für die frühe Morgenstunde viel zu dünner Pullover.

Er runzelte die Stirn. Die Frau musste sich wirklich mal eine anständige Jacke kaufen.

Er sah sie lächeln, und kurz darauf trat ihre Nachbarin Iris auf sie zu. Einen Moment lang beneidete er Iris um dieses Lächeln. Bailey Hartwells Lächeln hatte einen ganz besonderen Zauber, dem man sich nur schwer entziehen konnte.

Er konnte es jedenfalls nicht.

Zu seinem Leidwesen …

Zumal er sich nicht daran erinnern konnte, dass sie ihn jemals so angelächelt hätte.

Nach wenigen Schritten verschwand Bailey zusammen mit Iris aus seinem Blickfeld. Vaughn machte unwillkürlich einen Schritt nach vorn, als wolle er ihnen folgen – und stieß mit dem Kopf gegen die Fensterscheibe. »Verdammt.« Er rieb sich die Stirn und kehrte dem Fenster den Rücken.

Sein Blick wanderte quer durch den Raum zu dem großen Bett, in dem eine schlanke rothaarige Frau, deren Namen er vergessen hatte, lag und schlief.

Sein Problem war, dass er überall nur Bailey sah – sogar in anderen Frauen, obwohl er sich wirklich alle Mühe gab, seine Aufmerksamkeit auf anderes zu lenken.

Vaughn ignorierte das Ziehen in seiner Brust, nahm das weiße Hemd, das die Wäscherei für ihn gebügelt und aufgehängt hatte, und zog es an. Dann suchte er sich aus seiner Krawattensammlung ein Modell aus blauer Seide heraus, zum Schluss folgten Weste und Sakko. Sobald er fertig angezogen war, ging er zum Bett, beugte sich zu der Rothaarigen hinab und rüttelte sie sanft wach. Die Frau blinzelte stöhnend, und statt der klaren grünen Augen, die sein Blut in Wallung brachten, blickten ihn braune Augen an.

»Zeit zum Aufbruch.« Er ging, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen.

KAPITEL 2

Bailey

Ich hatte eine Mission.

Ich wollte die Kluft überwinden, die sich jüngst zwischen mir und meinem Freund Tom aufgetan hatte. Wir waren seit zehn Jahren zusammen, und dass man nach so langer Zeit auch mal eine schwierige Phase durchmachte, war ganz normal.

Aber wenn man im Bett von seinem Freund weggestoßen wird, weil er angeblich zu müde ist, um Sex zu haben, dann liegt ein ernsthaftes Problem vor.

Und ich war fest entschlossen, dieses Problem aus der Welt zu schaffen.

Im ersten Moment hatte ich ihn angebrüllt und ihn ein Arschloch genannt, denn seien wir ehrlich: So ein Verhalten ist wirklich einfach nur arschlochhaft.

Nachdem ich mich allerdings etwas beruhigt hatte, fing ich an nachzudenken. Schmiedete einen Plan, wie ich die Situation wieder ins Lot bringen konnte.

Meine Lösung: verführerische Dessous und ein Regenmantel.

Dafür brauchte ich zunächst einmal die verführerischen Dessous. Sicher, ich hatte einige heiße Teile im Schrank, aber die kannte Tom ja bereits. Ich wollte ihn mit etwas Neuem überraschen.

Die kleine Boutique Sherry’s Trousseau in der Nähe der Main Street hatte zwar gesalzene Preise, aber weder in einem der anderen Läden des Ortes noch in der Mall bei Dover gab er so hübsche Sachen wie bei Sherry. Leider barg es ein gewisses Risiko, Dessous in einer Kleinstadt zu kaufen, denn die anderen Kundinnen sowie die Ladenbesitzerin wussten natürlich sofort, dass ich auf eine heiße Nummer mit meinem Freund aus war. Und sie scheuten sich auch nicht, das Thema ganz offen anzusprechen – als hätten sie ein Anrecht auf Einzelheiten aus meinem Sexleben.

»Tom wird bestimmt seinen Spaß haben, wenn er dir das auszieht.« Sherry tippte den Preis für die rote Federboa, den BH, das Höschen, den Strapsgürtel und die hautfarbenen Seidenstrümpfe in die Registrierkasse. Ich hatte noch ein Paar rote Stilettos zu Hause, die ich zu dem neuerworbenen Ensemble tragen wollte.

»Bestimmt«, sagte ich. »Er wird vor Lust explodieren.«

Ich grinste schadenfroh, während Sherry vor Scham rot anlief. Dann verließ ich den Laden.

Was dachte sie sich eigentlich? Sie erlaubte sich eine Bemerkung über den Erregungszustand meines Mannes, und ich durfte nicht von den Folgen dieser Erregung sprechen? Tja, Pech gehabt. Eigentlich hätte sie ohnehin an meine deplatzierten Kommentare gewöhnt sein müssen. Sie machten das Leben in einer Kleinstadt erträglich. Ich sagte immer, was ich dachte, ungefiltert, und wenn die Neugier der Leute wieder mal zu groß wurde, schlug ich sie mit ihren eigenen Waffen, indem ich Einzelheiten preisgab, die selbst sie gar nicht so genau wissen wollten.

Das machte Spaß.

Ich warf einen Blick über die Schulter zurück, um nachzusehen, ob Sherry sich gerade bei Ellen Luther, der einzigen weiteren Kundin im Laden, über meinen schockierenden Kommentar ausließ, da …

»Uff!« Ich verspürte einen heftigen Schmerz im Kiefer, als ich mit etwas Hartem zusammenstieß und ins Stolpern geriet. Durch die plötzliche Bewegung machte die Papiertüte in meiner Hand einen Schlenker, einer der dünnen Henkel riss ab, und meine nagelneuen Dessous fielen heraus und landeten auf dem Gehsteig.

Mit offenem Mund starrte ich darauf. Erst nach einer Weile bemerkte ich die Schuhe.

Auf Hochglanz poliert.

Derbys aus schwarzem Leder.

Ich hätte meinen kompletten Besitz darauf verwettet, dass sie von Prada waren.

Und es gab in Hartwell nur einen einzigen Mann, der Designerklamotten trug, als wären sie eigens für ihn gemacht.

Mit einem sehr mulmigen Gefühl im Bauch sah ich auf.

Und tatsächlich: Kein Geringerer als Vaughn Tremaine stand da vor mir und betrachtete meine neue Reizwäsche, als wäre sie ein Laternenpfahl oder irgendein anderer, gänzlich uninteressanter Alltagsgegenstand. Wie immer trug er einen maßgeschneiderten Dreiteiler, in dem er absolut fabelhaft aussah.

Jetzt spürte ich nicht nur meinen Kiefer, der mit einer seiner breiten Schultern Bekanntschaft geschlossen hatte, sondern meinen ganzen Körper.

Gelähmt vor Entsetzen, sah ich zu, wie er sein Sakko aufknöpfte, bevor er in die Hocke ging, um meine Unterwäsche aufzulesen. Bei jedem anderen hätte mir das nichts ausgemacht. Aber Vaughn Tremaine war nicht jeder andere.

Er hielt meinen nagelneuen BH in der Hand, sah zu mir auf und zog fragend eine Augenbraue hoch.

Nicht zum ersten Mal wurde mir unter seinem stahlgrauen Blick ganz seltsam zumute. Das Schweigen zog sich in die Länge, während wir einander anstarrten und ich gegen den Drang ankämpfte, meinen Kram einfach liegenzulassen und die Flucht zu ergreifen. Das Problem war – na ja, ehrlich gesagt gab es im Zusammenhang mit Vaughn Tremaine eine ganze Reihe von Problemen –, dass er a) viel zu gutaussehend war und es b) als einziger Mensch schaffte, mich völlig aus der Fassung zu bringen.

So auch in diesem Augenblick. Ich konnte nicht umhin zu bemerken, mit welchem Gleichmut er meine verführerische Wäsche in der Hand hielt.

In seinen Augen war ich ungefähr so attraktiv wie eine zu lange gekochte Nudel.

Eigentlich hätte mich das gar nicht jucken sollen.

Der Kerl war absolut unmöglich.

»Da kann sich Tom wohl auf einen interessanten Abend freuen.« Vaughn hielt mir den BH hin.

Ich riss ihm das Teil aus der Hand. Meine Wangen glühten. Bestimmt war das die Rache des Universums für meine freche Bemerkung gegenüber Sherry. Als er dann auch noch nach meinem Höschen und Strapsgürtel greifen wollte, fauchte ich: »Finger weg!«

»Wo ich doch schon mal hier unten bin.« Statt meiner Aufforderung nachzukommen, hob er die zerrissene Tüte auf und legte die Dessous behutsam wieder hinein. Dann stand er auf und wollte mir die Tüte reichen.

Aus lauter Wut und Verlegenheit machte ich einen schnellen Schritt nach vorn, um sie ihm wegzunehmen, und geriet dabei aus dem Gleichgewicht. Vaughn fing mich auf. Seine starken Hände an meinen Oberarmen lösten eine regelrechte Panik in mir aus, und ich entwand mich verärgert seinem Griff.

Noch vor einem Jahr hätte ich ihn vielleicht nicht ganz so grimmig angesehen.

Ein bisschen grimmig schon. Aber nicht so grimmig.

Unser Verhältnis war immer schon feindselig gewesen, weil er mir von Tag eins an das Gefühl gegeben hatte, eine ungebildete Provinzlerin zu sein, während er selbst den weltgewandten Großstädter heraushängen ließ. Er hatte Tom und mich verspottet, und so etwas brachte mich auf die Palme. Er war kein besserer Mensch als ich, selbst wenn er das glaubte.

Zugegeben, es hatte auch Spaß gemacht, sich mit ihm zu streiten – bis zum vergangenen Sommer. Während einer unserer berüchtigten Verbalschlachten hatte er mir – vor Jess und allen anderen, deren Meinung mir etwas bedeutete – zu verstehen gegeben, dass er mich nicht leiden konnte. Und ja, vielleicht hatte ich diese Abfuhr auch ein kleines bisschen verdient. An dem Tag war ich besonders eklig zu ihm gewesen, weil ich mich kurz davor mit Tom gestritten hatte … aber … Also …

Das Schwein hatte mich gekränkt, und das konnte ich ihm einfach nicht verzeihen.

»Wie immer der perfekte Gentleman, Tremaine.«

»Ich dachte, es wäre gentlemanlike, wenn ich Ihnen helfe, Ihre Sachen aufzuheben.«

»Nein – gentlemanlike wäre es gewesen, die Situation zu analysieren, zu erkennen, dass es nicht gentlemanlike ist, die Unterwäsche einer Frau anzufassen, sondern selbige Unterwäsche zu ignorieren und Ihres Weges zu gehen, damit ich Gelegenheit habe, sie möglichst unauffällig wieder einzutüten.«

Er zog amüsiert den rechten Mundwinkel nach oben. »Ich hätte Sie nie im Leben für so ein scheues Reh gehalten, Miss Hartwell. Und ich hätte auch niemals gedacht, dass Sie sich, nur weil ich Ihr Höschen gesehen habe, gleich in selbiges machen.«

»Haha, wie geistreich.« Dass er »Miss Hartwell« zu mir sagte, überhörte ich. Zumindest versuchte ich es zu überhören. Er sollte nicht erfahren, wie sehr es mich verletzte, dass er sich standhaft weigerte, mich beim Vornamen zu nennen. Um es ihm heimzuzahlen, redete ich ihn grundsätzlich nur mit »Tremaine« an.

Er brachte wirklich meine besten Seiten zum Vorschein. Genau wie ich bei ihm.

Er grinste. »Sie werden lachen, aber ich habe festgestellt, dass ich in Ihrer Gegenwart tatsächlich geistreicher bin.«

»Ja, das passiert eben, wenn man sich mit einer überlegenen Gegnerin messen muss.«

Es gab Momente, so wie diesen, in denen glaubte ich ein Fünkchen Respekt in Vaughns Augen aufblitzen zu sehen. Aber ich wusste, dass das nur Einbildung sein konnte. Reines Wunschdenken. »Wir sind heute aber besonders kratzbürstig.«

»Ihren Pluralis Majestatis können Sie sich sonst wohin schieben, Tremaine. Mit dieser geschwollenen Ausdrucksweise beeindrucken Sie mich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: Sie kotzt mich einfach nur an.«

Er machte einen Schritt auf mich zu, und ich zwang mich, nicht vor ihm zurückzuweichen. Vaughn Tremaine durfte keinesfalls wissen, dass seine Nähe mir den Atem raubte. Er blickte mir forschend ins Gesicht. Das machte er immer, als unterzöge er jeden meiner Gesichtszüge einer eingehenden Prüfung. Ich wusste natürlich ganz genau, dass er damit nur eins bezweckte: Er wollte mich einschüchtern.

Auftrag erfüllt, würde ich sagen.

Idiot.

»Sie sollten mir lieber nicht sagen, wenn Sie etwas ankotzt«, riet er. »Sie wissen doch, dass ich es dann erst recht mache.«

Wäre er jemand anders gewesen, hätte ich mit widerwilligem Respekt gelacht. Aus seinem Mund jedoch klangen die Worte wie eine persönliche Beleidigung, und ich fühlte mich angegriffen – typisch. Wie gesagt, am Anfang war es nicht so schlimm gewesen. Vaughn war ein intelligenter Mann, und irgendwie hatte ich unsere Scharmützel sogar genossen. Aber seitdem er öffentlich gesagt hatte, dass er mich nicht mochte, fasste ich alles, was er zu mir oder über mich sagte, als Kränkung auf. Schlimmer noch: Gerade zu dem Zeitpunkt, als er zugab, mich nicht zu mögen, hatte ich begonnen, mehr in ihm zu sehen als nur den arroganten, selbstherrlichen Geschäftsmann, der keine Gelegenheit ausließ, mir seine Überlegenheit unter die Nase zu reiben.

In der Tiefe meines Herzens wusste ich, dass Vaughn kein schlechter Mensch war. Voriges Jahr hatte er zum Beispiel meinen Freunden Cooper und Jessica geholfen. Nachdem Jess sich von Cooper getrennt hatte, weil sie glaubte, ihre Beziehung hätte keine Zukunft, hatte Vaughn ihr angeboten, übergangsweise bei ihm zu wohnen. Dadurch hatte er Cooper die nötige Zeit und Gelegenheit verschafft, die er brauchte, um Jess zurückzuerobern.

Und eins durfte man nicht vergessen: Wir alle fühlten uns sicherer, seit Vaughn nach Hartwell gekommen war. Da war nämlich noch die Sache mit Ian Devlin und seinen Söhnen.

Devlin besaß zahlreiche Grundstücke und Geschäfte im Ort, so zum Beispiel das Hartwell Grand Hotel und den Vergnügungspark hinter der Promenade. Erst hatte er sich – mit nicht ganz lupenreinen Methoden – Immobilien in der begehrten, weil stark von Touristen frequentierten Main Street angeeignet. Und weil ihm das nicht genügte, hatte er es auch noch auf einige Filetstücke an der Promenade abgesehen. Er hätte alles getan, um eine Immobilie in dieser erstklassigen Lage zu erwerben. Am liebsten hätte er gleich den kompletten Nordteil der Promenade aufgekauft, denn er träumte davon, dort ein Fünf-Sterne-Resort zu errichten – ein Projekt, das die Ursprünglichkeit und den Charme der Promenade zum Großteil zerstört hätte.

Als daher das alte Hotel zum Verkauf angeboten wurde, versetzte das sämtliche Unternehmer an der Promenade in Aufruhr. Wir bildeten eine eingeschworene Gemeinschaft und dachten schon, unser letztes Stündlein hätte geschlagen. Außer Ian Devlin verfügte niemand im Ort über das nötige Kapital, um die Immobilie zu erwerben.

Doch dann erschien Vaughn Tremaine auf der Bildfläche – ein äußerst wohlhabender Hotelier mit einem Stammbaum, wie ihn selbst in Manhattan nur wenige vorweisen konnten. Aus unerfindlichen Gründen kaufte er das alte Hotel, riss es ab und baute ein neues an dieselbe Stelle.

Das Paradise Sands war zwar durch und durch modern, aber darüber hinaus wollte Tremaine nichts an der Promenade verändern. Er mochte sie so, wie sie war. Außerdem freundete er sich schon bald mit Cooper an, dem er – das musste selbst ich zähneknirschend eingestehen – stets mit großem Respekt begegnete. Und als Devlin versuchte, Coopers Bar in die Finger zu bekommen, indem er jemanden im Ordnungsamt bestach, damit Coopers Schankerlaubnis nicht erneuert wurde, nahm Vaughn zusammen mit uns den Kampf gegen ihn auf, um das Schlimmste zu verhindern.

Das war der Tag, an dem er mir eröffnete, er könne mich nicht leiden – und dummerweise auch der Moment, in dem mir ein Licht aufging und ich endlich sah, was ich die ganze Zeit nicht hatte sehen wollen.

Vaughn Tremaine mochte ein selbstgerechter, reicher, arroganter Haifisch sein – aber er hatte auch eine ehrenhafte Seite.

Mehr noch: Er war unser Bollwerk gegen Ian Devlin.

Cooper vertraute Vaughn, denn dieser hatte ihm geschworen, dass er niemals zulassen würde, dass Devlin unsere geliebte Promenade zerstörte. Und er verfügte über ausreichend Geld und Einfluss, um seinen Worten im Notfall Taten folgen zu lassen.

»Was ist? Habe ich etwas im Gesicht?«, fragte Vaughn.

Erst da wurde mir bewusst, dass ich die ganze Zeit in seine faszinierenden grauen Augen gestarrt hatte. Kein Mensch hatte das Recht auf solche Augen. Er musste doch wissen, was sie bei Frauen auslösten.

Also … bei anderen Frauen. Bei mir natürlich nicht.

»Nein.« Ich entfernte mich einen Schritt von ihm, auch auf die Gefahr hin, dass er dadurch wieder Oberwasser hatte.

»Was denn? Kein bissiger Konter? Geht es Ihnen nicht gut?« Er musterte mich mit schief gelegtem Kopf. Zwischen seinen Augen bildete sich eine steile Falte. »Sie sehen wirklich ein bisschen abgespannt aus.«

Ich schnaubte verächtlich und strich mir mit der Hand über die Haare. Ich hasste es, wenn er eine Bemerkung über mein Aussehen machte. »Sie machen wirklich die allerschönsten Komplimente, Tremaine. Ich bin überrascht, dass Ihnen nicht eine ganze Horde liebeskranker Frauen hinterherrennt. Ach nein, warten Sie. Ich bin nicht überrascht.«

Er musterte mich schweigend, was die Situation für mich nur noch unangenehmer machte, weil ich das Gefühl hatte, als könne er direkt in mich hineinsehen. Als ob er erkannte, wie unglücklich ich war und …

»Kein Wunder, dass Sie Single sind.« Ich bedachte ihn mit einem Blick, unter dem sich andere Männer vor Furcht gewunden hätten. »Sie sind ein kalter Mensch ohne Gefühle. Außer Geld können Sie einer Frau gar nichts bieten. Und jede Frau merkt irgendwann, dass alles Geld der Welt es nicht wert ist, sein ganzes Leben mit einem Nichts zu verbringen.«

Das war gemein.

Das war allerunterste Schublade.

Und es passte viel besser auf meine Situation als auf ihn.

Ich hätte meine Worte gerne zurückgenommen, aber gesagt war gesagt.

Ich und mein beschissenes Mundwerk!

Vaughn reagierte genau so, wie ich es ihm vorgeworfen hatte: Seine Miene wurde eisig. »Ich bin Single, weil ich es so will, Miss Hartwell. Im Gegensatz zu Ihnen verfüge ich über ausreichend Selbstbewusstsein, um allein durchs Leben gehen zu können. Ich muss mich nicht mit Mittelmaß zufriedengeben. Aber gleich und gleich gesellt sich eben gern, habe ich recht?«

Und mit dieser letzten schneidenden Bemerkung – ein Schuss, von dem er gar nicht wusste, wie sehr er ins Schwarze getroffen hatte – ging Vaughn Tremaine davon, seelenruhig, als hätte der bittere Wortwechsel zwischen uns überhaupt nicht stattgefunden.

Ich ließ ihn kalt.

Vollkommen kalt.

Aber er mich nicht.

Und das tat jedes Mal so verdammt weh.

Mistkerl.

Wutschnaubend stapfte ich in die andere Richtung davon, zurück zu meiner Pension. Ich versuchte seine Worte aus meinem Kopf zu verbannen und das elende Gefühl abzuschütteln, das unsere Konfrontation bei mir ausgelöst hatte.

Schließlich durfte ich auf keinen Fall wütend oder schlecht gelaunt sein, wenn ich Tom nachher in sexy Unterwäsche und Regenmantel überraschte, um wieder Schwung in unsere Beziehung zu bringen.

***

Vaughn

Nicht zum ersten Mal kämpfte Vaughn gegen den Drang an kehrtzumachen, zu Bailey zurückzugehen, sich vor ihr in den Staub zu werfen und sie um Verzeihung anzuflehen.

Niemand verstand es, ihn so zu provozieren wie Bailey Hartwell. Dabei gab es Menschen, die schon weitaus Schlimmeres zu ihm gesagt hatten – wenngleich eher auf eine passiv-aggressive, nach außen hin höflich scheinende Art, die ihn förmlich zur Weißglut trieb. Trotzdem war Bailey die Einzige, bei der er jemals die Beherrschung verlor. Nur bei ihr verspürte er das Bedürfnis, es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen. Nur bei ihr schlug er um sich wie ein dummes Kind.

Und er traf sie jedes Mal.

Sie war vollkommen anders als die Frauen in Manhattan, mit denen er aufgewachsen war – Frauen, die von Kindesbeinen an gelernt hatten, ihre wahren Gefühle zu verbergen.

Bailey war das krasse Gegenteil. Ihr konnte man ihre Gefühle noch auf mehrere Meilen Entfernung ansehen.

Zum Beispiel wusste er genau, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Er wusste auch, dass sie das rasend machte, denn sie fand ihn zwar attraktiv, aber sie mochte ihn nicht. Sie hatte ihn von Anfang an nicht gemocht, und das war mit ein Grund, weshalb er ständig und fast schon zwanghaft versuchte, sie zu verletzen.

Und manchmal, so wie gerade eben, ging er dabei eindeutig zu weit.

Ihn schauderte, als er daran dachte, was er ihr an den Kopf geworfen hatte. Das Gefühl, halb Frust, halb Sehnsucht, das er immer in ihrer Gegenwart verspürte, wurde zu einem dumpfen Druck in seiner Brust, dann zu einem Ziehen, dann zu einem brennenden Schmerz. Bailey Hartwell war nun wirklich alles andere als Mittelmaß.

In Wahrheit hatte er seine ganze Willenskraft aufbringen müssen, um beim Anblick ihrer Dessous keine Erektion zu bekommen. Er hatte zu ihr hochgeschaut, sich vorgestellt, wie sie in der roten Wäsche wohl aussehen würde, und sofort war ihm das Blut in den Schritt geschossen.

Um seiner Erregung Herr zu werden, hatte er sich gezwungen, an Tom Sutton zu denken, und seinem Frust freien Lauf gelassen. Es war eine schreiende Ungerechtigkeit, dass ein Trottel wie Tom die Ehre und das Vergnügen haben würde, Bailey in Reizwäsche zu sehen. Es war eine schreiende Ungerechtigkeit, eine Beleidigung, dass ausgerechnet er sie nachts im Arm halten und tagsüber an ihrer Seite sein durfte – und jeden Tag in den Genuss ihres strahlenden Lächelns kam! Dieses Lächeln. Er war noch nie einer Frau wie ihr begegnet. Jede Emotion, jeder ihrer Gedanken war für alle sichtbar – sie war furchtlos, immer offen und direkt. Für ihn, der aus einer Welt kam, in der kaum eine Frau aussprach, was sie wirklich dachte, sondern lieber manipulative Spielchen spielte, war es die reinste Wohltat, jemanden wie Bailey Hartwell um sich zu haben.

Und sie liebte die Menschen.

Oftmals zu sehr.

Manchmal wünschte er sich, sie würde sich ein wenig vorsehen. Er hatte Angst, sie könnte irgendwann einmal so tief verletzt werden, dass sie sich nie wieder davon erholte.

Er hatte gehört, was sie für Dahlia McGuire getan hatte, kurz nachdem diese nach Hartwell gezogen war, um den Souvenirshop ihrer Tante zu übernehmen. Es gab Gerüchte, dass Dahlia mitten in der Nacht zum Schwimmen ins Meer gegangen und um ein Haar ertrunken wäre. Bailey hatte ihr angeblich das Leben gerettet. Mittlerweile waren die beiden Frauen unzertrennlich.

Aber er hatte Baileys Menschenliebe auch schon aus der Nähe erlebt. Als Jessica Huntington nach Hartwell gekommen war, hatte Bailey sie sofort unter ihre Fittiche genommen. Es war, als hätte sie gewusst, dass Jessica ein dunkles Geheimnis quälte; als hätte sie gespürt, dass Jessica dringend jemanden brauchte. Ohne zu fragen, hatte Bailey ihr die Freundschaft angeboten.

Vaughn wusste, wie sehr Bailey ihre Heimatstadt mochte – mitsamt den Menschen, die darin lebten. Sie hatte ihn als Bedrohung wahrgenommen und nach Kräften versucht, ihm das Leben schwerzumachen – bis sie irgendwann begriffen hatte, dass er nichts Böses gegen ihr geliebtes Hartwell im Schilde führte.

Aber wenn, dann hätte sie ihn mit allen Mitteln bekämpft. Bailey, die nichts im Rücken hatte außer ihrer kleinen Pension und ihren Freunden.

Sie hätte es, ohne zu zögern, mit ihm aufgenommen. Mit Vaughn und all seinem Geld und Einfluss.

Sie hatte keine Angst.

Dafür umso mehr Feuer.

Gott, er bewunderte sie für ihr Feuer.

Tom Sutton schien gar nicht zu wissen, mit wem er das Bett teilte. Er hatte keinen blassen Schimmer, dass Bailey Hartwell ein absolut einzigartiger Mensch war.

Jemand, auf den man sich immer verlassen konnte.

All das bewunderte Vaughn an ihr. All das wollte er. Er wollte sie. In seinem Bett. Jede Nacht.

Aber zwischen ihnen stand mehr als nur Baileys Ablehnung und der Umstand, dass sie einen Freund hatte. Da war auch noch Vaughns widersinniger Drang, sie zu kränken, so wie er es Minuten zuvor getan hatte. Und vor allem hielt er nichts von festen Beziehungen. Er hatte ihnen abgeschworen, und wenn er sich einmal zu etwas entschieden hatte, konnte ihn niemand mehr umstimmen, nicht einmal eine Bailey Hartwell. Insofern war es vielleicht seltsam, Tom zu hassen, weil der etwas hatte, was Vaughn gerne gehabt hätte. Es war seltsam, sich darüber aufzuregen, dass Tom Bailey gar nicht verdient hatte. Denn sosehr er den Mann auch verachtete – er war froh, dass es ihn gab.

»Vaughn und Bailey« – das wurde niemals Realität.

Aber diese Wäsche …

Musste Bailey denn Reizwäsche tragen, damit Tom in Fahrt kam?

Sicher, Dessous waren eine schöne Sache. Und sich Bailey darin vorzustellen, war noch schöner.

Aber Vaughn hätte sie nicht gebraucht. Sie verdeckten ja nur, was er unbedingt sehen wollte.

Bailey Hartwell. Nackt. Auf seinem Bett. Ihre Augen sprühten Funken, aber ihr Körper war ganz anschmiegsam und willig. Sie war immer so verdammt feindselig und kampfeslustig … Und nichts erregte ihn mehr als die Vorstellung, einen dieser Kämpfe gegen sie zu gewinnen. Sie an sein Bett zu fesseln …

»Scheiße«, knurrte er. Ihm war ganz heiß vor Erregung.

Und er hatte auf offener Straße eine Erektion.

Zum Glück lenkte das Vibrieren seines Handys in seiner Sakkotasche ihn ab. Er holte es heraus und las »Anruf Dad« auf dem Display.

Dankbar, aus seinen gefährlichen Gedanken gerissen worden zu sein, nahm Vaughn ab.

»Ich dachte, du hast vielleicht die Nachricht über Caroline in der Zeitung gelesen«, sagte William Tremaine anstelle einer Begrüßung.

»Ja, habe ich.«

»Und? Geht es dir gut?«

Das hier, dieser Anruf, war einer der Gründe, weshalb es besser gewesen wäre, nach New York zurückzukehren.

Nachdem seine Mutter an einem angeborenen Herzfehler gestorben war, von dem niemand etwas gewusst hatte, bis ihr Herz eines Tages einfach aufhörte zu schlagen, hatte sein Vater sich ganz allein um ihn gekümmert. Vaughn war damals erst fünf gewesen, und sein Vater hätte als erfolgreicher Bauunternehmer eigentlich gar keine Zeit für ein fünfjähriges Kind gehabt.

Aber er hatte sich die Zeit genommen.

Sicher, es hatte auch Kindermädchen gegeben, aber Vaughn hatte sich nie ungeliebt gefühlt. Erst als er älter wurde, war ihm bewusstgeworden, dass das in der exklusiven Welt, in die er hineingeboren worden war, echten Seltenheitswert hatte. Er glaubte fest daran, dass auch seine Freunde von ihren Eltern geliebt wurden, allerdings war diese Liebe oft an hohe Erwartungen geknüpft.

William hatte ihn zu Fleiß und Ehrgeiz erzogen, Vaughn jedoch nie einen bestimmten Lebensentwurf aufgedrängt – ganz im Gegensatz zu den Eltern seiner Bekannten. Sein Vater war sein bester Freund. Ein Mann, den er mehr bewunderte und respektierte als jeden anderen Menschen auf der Welt.

Allein seinetwegen hätte er nach New York zurückkehren sollen.

Aber er konnte sich einfach nicht dazu durchringen.

»Mir geht es gut, Dad«, versicherte Vaughn seinem Vater.

»Klar doch. Ich wollte mich nur nach dir erkundigen. Weißt du … ich habe mir überlegt, dass ich morgen vielleicht einen Zwischenstopp in Delaware machen könnte. Ich fliege geschäftlich ein paar Tage nach London, da könnte ich doch kurz bei dir vorbeischauen.«

Vaughn musste grinsen. »Mir geht es wirklich gut.«

»Davon würde ich mich gerne selbst überzeugen.«

»Du weißt ja, dass du jederzeit herzlich willkommen bist.«

Nachdem er aufgelegt hatte, beschäftigten ihn die Gedanken an den bevorstehenden Besuch seines Vaters und an seine Begegnung mit Bailey Hartwell noch weiter. Irgendwann blieb er mitten auf der Straße stehen und stellte fest, dass er an dem Sandwichladen, in dem er sich sein Mittagessen hatte holen wollen, vorbeigegangen war.

Er sah noch immer Baileys verletzten Blick vor sich.

Er hätte einen seiner Angestellten losschicken können, um ihm dieses gottverdammte Sandwich zu besorgen. Aber nein … Er musste sich ja unbedingt die Beine vertreten.

Er hätte sich vornehmen können, dass dies bis auf weiteres sein letzter Spaziergang gewesen war, aber den ganzen Tag im Hotel zu sitzen machte ihn auf Dauer wahnsinnig.

Außerdem … so qualvoll es auch war, Bailey zu begegnen: Es war eine süße Qual. Eine Qual, die süchtig machte.

KAPITEL 3

Bailey

Ich war aufgeregt und kam mir ganz schön verrucht vor, als ich mit nichts als meiner sexy Wäsche und einem Regenmantel bekleidet ins Auto stieg. Aus Angst, dass jeder, der mich sah, sofort wissen würde, was ich vorhatte, war ich förmlich zu meinem Wagen gesprintet und hätte mir in meinen roten Stilettos beinahe den Knöchel umgeknickt.

Ich musste lachen, als ich rückwärts aus der Einfahrt setzte – über mich selbst und über die Schmetterlinge in meinem Bauch.

Es war ein gutes Gefühl, etwas Ungewöhnliches zu tun.

Als ich jedoch einige Zeit später vor Toms Wohnung hielt, hatten sich die Schmetterlinge in Luft aufgelöst, und meine freudige Erregung wurde von der Erinnerung an die grobe Zurückweisung gedämpft, die ich am Abend zuvor durch meinen Freund erlebt hatte.

Ich blickte zu seiner Wohnung hinauf, sah das Licht hinter seinem Fenster brennen und blieb einen Moment lang unschlüssig sitzen. Dann redete ich mir gut zu.

»Du trägst einen Regenmantel. Und Reizwäsche.« Ein solches Angebot konnte ein Mann doch unmöglich ausschlagen.

Dieses Wissen flößte mir Selbstvertrauen ein. Ich holte tief Luft und stieg aus dem Wagen – was gar nicht so einfach war. Als ich mit meinem Schlüssel die Haustür aufgeschlossen hatte, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und sprang förmlich die Treppe hoch – auf Zehenspitzen, damit meine Absätze nicht klackerten. Tom sollte mich nicht kommen hören.

Ich hätte mal lieber mit den Absätzen klackern sollen.

Ich hätte richtig laut klackern sollen.

Denn dann wäre mir vielleicht der Anblick seines blanken Hinterteils erspart geblieben, das sich hektisch auf und ab bewegte, während Tom in die Frau hineinstieß, die unter ihm auf dem Sofa lag.

Kaum hatte ich die Wohnung betreten, blieb ich wie angewurzelt stehen und versuchte mir einen Reim auf das zu machen, was ich sah.

Sie hatten mir den Rücken zugedreht, deshalb wussten sie nicht, dass ich dastand, außerdem verdeckte Toms Körper die Frau, so dass ich von ihr nicht viel mehr sehen konnte als die lila lackierten Fingernägel, die sie im Versuch, ihn zu noch tieferen Stößen zu animieren, in seinen Arsch gekrallt hatte.

»O Gott, ja!«, keuchte sie mit hoher Stimme.

Einer Stimme, die ich nicht kannte.

»Erin«, grunzte er. »Fuck.«

Erin?

Mein Blick wanderte weiter nach unten zu Toms Füßen. Er hatte noch seine Socken an, die an der Unterseite schmutzig waren. Er trug dreckige Socken, während er eine gewisse Erin auf der Couch vögelte.

Ich starrte auf meinen Regenmantel und kam mir unsagbar dämlich vor. Dämlich und gedemütigt.

Die ganze Zeit hatte ich mir Gedanken gemacht, wie ich unserer Beziehung neuen Schwung verleihen konnte, und was machte er? Er bumste eine andere!

Was war ich nur für eine dumme Nuss!

In einem plötzlichen Anfall von Zorn richtete ich mich kerzengerade auf. Ich war ehrlich überrascht, dass mir keine Blitze aus den Augen schossen. Ich war hier nicht die dumme Nuss. Ich war nicht dämlich! Das Arschgesicht, das mich betrog – er war die gottverdammte dumme Nuss!

Zehn beschissene Jahre!

Innerlich vor Wut kochend, streifte ich mir die Schuhe ab und ging barfuß in die Küche. Ich warf einen Blick zurück zur Couch. Die beiden waren noch beschäftigt und hatten mich nicht bemerkt. Ich riss die Kühlschranktür auf und nahm den Krug mit Eiswasser heraus, den Tom immer dort aufbewahrte.

»Was zum …« Tom hatte das Zuknallen der Kühlschranktür gehört und sah in dem Moment auf, als ich zum Sofa zurückkam. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als ich das eiskalte Wasser über ihm und seinem Betthäschen auskippte.

Erin kreischte, Tom fluchte und sprang von ihr herunter, als wäre sie von Feuerameisen attackiert worden.

Während die beiden hektisch nach etwas suchten, um ihre Blöße zu bedecken, wobei sie die ganze Zeit weiterschimpften, entdeckte ich Erins Handtasche und ging zielstrebig darauf zu.

»Bailey, ich kann das erklären.« Toms Stimme war schrill vor Panik.

Ich sah nur flüchtig in seine Richtung, während ich die Handtasche der fremden Frau durchwühlte. Er stieg in seine Jeans, und sein wirrer Blick ging zwischen Erin und mir hin und her.

Erin wiederum stand einfach nur da, wie zur Salzsäule erstarrt. Sie hatte sich eine Decke umgewickelt. Eine Decke, die ich für Toms Sofa angeschafft hatte. Eine Decke, in die ich mich kuschelte, wenn ich mit ihm zusammen Filme schaute. Sie war so sehr damit beschäftigt, betreten auf ihre Füße zu starren, dass sie gar nicht mitbekam, dass ich ihr Handy in der Hand hatte.

»Erin und ich …«

»Ihr seid das Allerletzte!«, unterbrach ich ihn.

Meine Stimme ließ Erin aufblicken, und mein Zorn, von dem ich nicht gedacht hätte, dass er noch heißer brodeln könnte, erreichte den Siedepunkt. Ich kannte sie doch. Sie war die Freundin von Rex McFarlane, einem von Toms Kollegen. Einem sehr netten, gutaussehenden, vierundzwanzigjährigen Kollegen. Und Erin … Erin war dreiundzwanzig.

Er hatte mich mit einem Mädchen betrogen, das kaum mit dem College fertig war.

Und ich hatte geglaubt, ich könnte unsere Beziehung wieder zurechtbiegen. Ich war so stolz auf meinen Plan gewesen, hatte mich so darüber gefreut, und dann war auf einmal diese riesige Wand aus Hass, Abscheu, Enttäuschung, Verrat, verletztem Stolz und blankem Zorn vor mir aufgetaucht, und ich war aus vollem Lauf dagegen geknallt!

Ich wollte, dass Tom und seine kleine, süße Erin all das fühlten, was ich gerade fühlte.

Ich war blind vor Wut.

Erins Handy hatte kein Passwort. Darüber sollte sie sich in Zukunft vielleicht mal Gedanken machen.

»Was tust du da?« Ihre unerträglich hohe Kinderstimme zitterte.

Ich scrollte durch ihre Kontakte.

REX.

Ich drückte auf »anrufen«.

»Nein! Tom, was macht sie da?«, quiekte Erin.

Ihre Stimme hätte sogar dem Hund in der Wohnung unter uns ein Winseln entlockt, aber ich zuckte mit keiner Wimper. Ich war auf einem Pfad der Verwüstung und würde keinen Schritt von ihm abweichen.

Eine tiefe, mir entfernt vertraute Männerstimme meldete sich nach dem dritten Klingeln. »Hey, Baby, bist du noch auf der Arbeit?«

Wäre mein Hirn nicht so zornvernebelt gewesen, hätte ich die Zuneigung in seiner Stimme gehört und den Mund gehalten. Aber in diesem Moment war es nicht mein Verstand, der den Ton angab – was mir leider erst später bewusst wurde. »Rex?«

»Wer ist denn da?«, fragte er verwirrt und mit leicht drohendem Unterton.

»Hier ist Bailey Hartwell, die Freundin von Tom Sutton.«

»Tom, mach, dass sie damit aufhört!«, kreischte Erin.

»Bailey, lass den Scheiß.« Tom kam auf mich zu und sah mich flehentlich an.

»War das eben Erin? Was ist denn da los?«, wollte Rex wissen.

»Ich hab gerade Tom und Erin beim Vögeln auf unserer Couch erwischt. Und da Tom gestern Abend nach dem Heimkommen als Erstes unter die Dusche gesprungen ist, bevor er zu mir ins Bett kam, und mich weggeschubst hat, als ich Sex mit ihm haben wollte, nehme ich stark an, dass es nicht das erste Mal war.«

»Was?« Rex’ Stimme klang rau und leise, als käme sie von sehr weit weg.

»Wir wurden beide betrogen, Rex. Das wollte ich dir nur sagen.« Ich legte auf und warf Erins Handy auf den nächstbesten Stuhl.

Sie stand da und klammerte sich an die Decke. Ihre Schultern bebten, so heftig schluchzte sie.

Ihr Leiden rührte mich kein bisschen.

Eine Taubheit hatte von mir Besitz ergriffen. Ich drehte mich um und starrte den Mann an, mit dem ich die letzten zehn Jahre verbracht hatte. »Ich dachte, wir zwei wären richtig füreinander. Aber das war ein Irrtum. Ich hab was Besseres verdient als dich. Ich kann nicht glauben, dass ich zehn Jahre meines Lebens mit dir verschwendet habe. Nur für den Fall, dass das nicht deutlich genug war: Mit uns ist es aus, Tom.«

Ich schlüpfte wieder in meine Stilettos und marschierte aus der Wohnung. Er wollte mich festhalten, aber ich schüttelte seine Hand ab und ignorierte ihn, als er hinter mir die Treppe hinuntergerannt kam. Seine Stimme, seine Berührung – all das war wie eine lästige Fliege, die meinen Kopf umschwirrte.

Nichts von dem, was er sagte, drang zu mir durch. Ich spürte ihn nicht und hörte auch sein Flehen und seine Beteuerungen nicht.

Stattdessen stieg ich in meinen Wagen und fuhr so schnell los, dass ich ihn beinahe gerammt hätte. Nur am Rande nahm ich wahr, wie er fluchend aus dem Weg sprang, als ich davonraste.

»Ich bring das Arschloch um!«, fauchte meine beste Freundin Jessica, während sie in ihrem Wohnzimmer vor mir auf und ab tigerte. Welpe Louis folgte jedem ihrer Schritte, so dass sich die beiden hin und wieder in die Quere kamen und übereinander stolperten.

Ich hatte gar nicht darauf geachtet, wohin ich fuhr, bis ich vor Jessicas und Coopers Haus anhielt. Cooper hatte noch in der Bar zu tun, aber Jess war zu Hause.

Irgendwie schaffte ich es, ihr zu erzählen, was passiert war, und ihre hitzige Reaktion riss mich aus der Taubheit, die von mir Besitz ergriffen hatte. Jetzt fühlte ich mich vor allem niedergeschlagen. Der Grund dafür war meine Unsicherheit, denn plötzlich …

»Jess, ich bin vierunddreißig«, unterbrach ich ihre Schimpftirade. Sie blieb stehen und sah mich an. Ihre Augen glänzten vor Mitgefühl, woraufhin sich auch meine prompt mit Tränen füllten. »Wie soll ich jetzt noch mal von vorne anfangen?«

»Ach, Bailey.« Sie setzte sich neben mich aufs Sofa und nahm mich in den Arm. Louis legte den Kopf auf ihr Knie und sah mich in hündischem Mitgefühl an. »Du findest schon einen Neuen. Aber erst mal muss dein Herz heilen.«

Aber das war es gar nicht, was mich so beunruhigte. Ich musste mich fragen, ob der Zorn, der in Toms Wohnung über mich gekommen war, wirklich mit dem zu tun hatte, was er und Erin getan hatten, oder ob er in Wahrheit nicht zum Großteil mir selbst galt.

»Ich hab’s gewusst, Jess«, flüsterte ich und ließ meinen Tränen freien Lauf. Sie würde mich ganz bestimmt nicht für das verurteilen, was ich gleich gestehen würde. »Ich wusste es schon seit einer ganzen Weile.«

»Dass Tom fremdgeht?«

»Nein, das nicht.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich wusste … Ich wusste, dass er nicht meine große Liebe war.« Ich hob den Kopf. Durch meinen Tränenschleier sah ich ihr Gesicht nur verschwommen. »Ich dachte, auf ihn ist Verlass. Ich hab mich für ihn entschieden, weil ich glaubte, mit ihm wäre es sicher. Und nicht mal das hat gestimmt.«

Jess schwieg eine Weile und hielt mich einfach nur fest, während ich weinte.

Irgendwann sagte sie: »Ich glaube, das verstehe ich nicht ganz.«

Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, löste mich aus ihrer Umarmung und stieß einen zitternden Seufzer aus. »Eigentlich müsste ich doch am Boden zerstört sein, oder?«

Sie nickte.

»Bin ich aber nicht. Ich bin verletzt, ja. Mein Stolz ist verletzt, vor allem wenn man bedenkt, dass ich gerade rote Seidenunterwäsche und einen Regenmantel trage.« Ich versuchte mich an einem schiefen Lächeln, das Jess erwiderte. »Das Ganze ist mir unsagbar peinlich, und ich fühle mich gedemütigt, aber ein gebrochenes Herz … nein. Ich bin …« Ich sog scharf die Luft ein, als hätte mir jemand einen Spieß in den Bauch gerammt.

»Was bist du?«

»Erleichtert«, gestand ich. »Ich hab Angst, aber ich bin auch erleichtert. O Gott.« Ich ließ den Kopf sinken und starrte auf die Stilettos, die meine Zehen einquetschten.

Ich streifte sie ab. »Zehn Jahre. Gott! Zehn Jahre hab ich auf einen Mann vergeudet, von dem ich die ganze Zeit wusste, dass ich nie verrückt vor Liebe nach ihm sein würde. Ich wollte einfach nur … Ich wollte einen Mann, der mir das Gefühl gibt, gut aufgehoben zu sein. Und das Gefühl hat Tom mir gegeben. Ich war einfach froh, dass ich wusste, woran ich bei ihm war. Ich dachte, er würde mir das geben, was ich mir wünsche: eine Ehe und Kinder. Als meine Eltern weggezogen sind und ich die letzte Hartwell im Ort war, habe ich sie so sehr vermisst, dass ich unbedingt so schnell wie möglich meine eigene Familie gründen wollte. Tom wusste das. Er wusste, wie wichtig mir Kinder und eine Familie sind. Ich dachte, er liebt mich genug, um mich irgendwann glücklich zu machen. Aber er konnte es nicht, und ich bin trotzdem bei ihm geblieben. Ich habe ihm die besten Jahre meines Lebens geschenkt, und dieses miese Stück Scheiße hat mich betrogen. Wie soll ich mit vierunddreißig noch mal neu anfangen?« Erneut spürte ich die Panik in mir aufsteigen, und auf einmal bekam ich kaum noch Luft.

Jess nahm meine Hände. »Tief einatmen, Bailey.« Sie atmete ein und aus und bedeutete mir, es ihr nachzumachen.

Ich hätte ihr fast die Finger gebrochen, so fest umklammerte ich ihre Hände, während ich trotz meiner Angst versuchte, mich ganz auf meinen Atemrhythmus zu konzentrieren.

Nach einer Weile spürte ich, wie sich meine Muskeln langsam entkrampften.

Ich ließ mich in die Couchpolster zurücksinken. Schon wieder kamen mir die Tränen. »Ich hab Angst.«

Auch Jessicas Augen schimmerten feucht. »Ich weiß. Dasselbe habe ich auch durchgemacht. Aber man kann immer neu anfangen, ganz egal, wie alt man ist.« Sie streichelte meine Hand. »Du hast mich, und du hast Cooper und alle anderen. Diese Stadt liebt dich, Bailey. Wir helfen dir da durch.«

»Was, wenn ich für immer allein bleibe?«

»Ausgeschlossen.« Sie sah mich mit gerunzelter Stirn an. »Du denkst doch nicht etwa darüber nach, dem Arschloch noch eine Chance zu geben, nur um nicht allein zu sein?«

»Nein«, presste ich hervor. »Weißt du, er hat mich gestern Abend weggestoßen. Ich wollte mit ihm schlafen, und er hat mich einfach weggeschubst. Natürlich ist er fremdgegangen! Was hatte ich nur für ein Brett vor dem Kopf, dass ich es nicht kapiert habe.« Ich lachte freudlos. »Ich war felsenfest davon überzeugt, dass wir beide wussten, wir würden nie jemand Besseren finden. Es ist mir keine Sekunde lang in den Sinn gekommen, dass er mich betrügen könnte.«

»Wie meinst du das, ›nie jemand Besseren finden‹?« Jess verschränkte die Arme vor der Brust.

Ich versteifte mich. Ich wollte Jess gegenüber meine Theorie nicht eingestehen, dass Tom und ich womöglich deshalb so gut zusammenpassten, weil wir beide so durchschnittlich waren. »Ich meine nur … Wir waren irgendwie auf Augenhöhe, weißt du?«

Sie schüttelte den Kopf, als glaube sie mir nicht. »Nur zu deiner Information: Jeder deiner Freunde findet, dass du was Besseres verdient hast als Tom Sutton, und die Tatsache, dass er dich betrogen hat, macht ihn zum Arschloch des Jahres. Quatsch: zum ultimativen Arschloch des Jahres.«

Ich verkniff mir ein Lächeln und nickte. »Definitiv ultimatives Arschloch des Jahres.«

Jess schnaubte.

»Jess.«

»Ja?«

»Du weißt, dass ich dich liebe, oder?«

Statt einer Antwort drückte sie meine Hand. »Wir helfen dir, Bailey. Und weißt du was? Heute erscheint dir der Gedanke an morgen vielleicht unerträglich. Aber ich verwette all mein Hab und Gut darauf, dass du morgen schon ganz anders über deinen Neuanfang denkst. Glaub mir, das wird sich großartig anfühlen.«

»Hoffentlich.«

Sie rutschte näher zu mir hin und schlang erneut die Arme um mich.

»O Gott.« Der innige Moment war vorbei, als mich auf einen Schlag furchtbare Schuldgefühle überwältigten. »O Gott, Jess. Was habe ich Rex nur angetan?« Ich sah sie an, und zum nunmehr dritten Mal schossen mir die Tränen in die Augen. Diesmal allerdings waren es Tränen der Scham. »Das war schlimm. Einfach schrecklich von mir. Ich bin so eine egoistische Kuh.«

»Sag das nicht. Du konntest nicht klar denken. Und wenn du mich fragst, hast du dem Mann einen Gefallen getan. Es ist doch gut, dass er erfahren hat, dass seine Freundin ihn betrügt.«

»Aber doch nicht so! Weil ich so gedemütigt war, habe ich ihn da mit reingezogen. Ich muss mich bei ihm entschuldigen.«

»Tu das, wenn du möchtest. Aber nicht mehr heute Abend, okay? Heute Abend bleibst du hier und guckst mit mir zusammen schlechte Filme und isst Junkfood.«

»Nein, ich will dir nicht zur Last fallen.«

»Darauf antworte ich gar nicht erst.« Sie stand auf. »Ich hole dir was zum Anziehen.«

Ich schenkte meiner Freundin ein zittriges, aber dankbares Lächeln. Kaum war sie nach oben verschwunden – Louis war ihr gefolgt, konnte mir nun also auch keinen Trost mehr spenden –, öffneten sich meine Schleusentore endgültig, und ich weinte noch viel heftiger als zuvor. Morgen würde ich mich der unangenehmen Aufgabe stellen müssen, allen, die mir irgendwie nahestanden, mitzuteilen, dass ich mich von Tom getrennt hatte. Ich würde Mom und Dad und meinen Bruder Charlie anrufen müssen … Ich würde es Dahlia und Emery, Iris und Ira sagen müssen.

O Gott, das Gerede!

Das Mitleid.

Und Vaughn Tremaine.

Es würde noch schwerer werden, mich gegen seinen Spott zur Wehr zu setzen. Es half nichts: Ich musste mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass ich zwar die Sicherheit in meinem Leben verloren hatte, nicht aber meine geliebte Promenade und die Menschen, die mir wichtig waren. Sie machten mein Leben nach wie vor zu etwas ganz Besonderem, und weder Toms Untreue noch Vaughns Meinung dazu könnten daran etwas ändern. Das fehlte gerade noch!

Allerdings beeinflusste dieses Wissen meine Gefühle nur wenig. Ich schlang mir die Arme um den Leib und schluchzte immer hemmungsloser, aber immerhin löste sich der Kloß auf, den ich die ganze Zeit in der Kehle verspürt hatte.

Wenig später fühlte ich Jess’ vertraute Arme um mich. Sie zog mich an sich und bettete meinen Kopf auf ihre Schulter. Ich schmiegte mich an sie und schluchzte in ihren Pulli, während Louis beruhigend mit seiner Nase gegen meine Hand stupste.

KAPITEL 4

Bailey

Um halb fünf Uhr morgens erwachte ich auf Jessicas und Coops Sofa und konnte nicht mehr einschlafen. Ich war hellwach.

Wenige Stunden zuvor war ich schon einmal aufgewacht. Verwirrt hatte ich die Couchlehne angestarrt und mich gefragt, wo ich war. Erst als ich Louis’ leises Bellen und Coopers gedämpfte Stimme hörte, erinnerte ich mich wieder daran, wie ich mit Jess zusammen Filme geschaut hatte. Ich musste weggedämmert sein, und statt mich zu wecken, hatte sie mich auf dem Sofa weiterschlafen lassen.

»Ja, ich sehe, dass Bailey bei uns auf der Couch schläft. Ich frage mich nur, warum?« Ich hörte die Besorgnis in Coopers Stimme. »Louis, sitz.«

»Sie hat Tom dabei erwischt, wie er mit einer anderen Sex hatte«, wisperte Jess. In ihrem Ton schwangen Wut, Empörung und Sorge mit.

»Was?«, rief Cooper laut.

Louis bellte.

»Schh, ihr beide!«

»Was?«, wiederholte Cooper in ziemlich lautem Flüsterton, aus dem deutlich seine Wut herauszuhören war.

Ich lag da und rührte mich nicht. Früher, als ich noch jung und naiv gewesen war, hatte ich Cooper angehimmelt und war ihm damit ganz schön auf den Geist gegangen. Als ich älter wurde, begann ich in ihm eher eine Art großen Bruder zu sehen. Er war ein großartiger Freund; außerdem verfügte er über einen sehr stark ausgeprägten Beschützerinstinkt.

»Ich bring den Kerl um.«

Ich hörte, wie die Tür zum Wohnzimmer aufging, und wollte mich schon aufsetzen, um ihn aufzuhalten, als Jess sagte: »Das lässt du schön bleiben.« Die Tür ging wieder zu. »So was kann Bailey jetzt nicht gebrauchen. Wichtig ist, dass wir für sie da sind.«

»Ich finde, ich bin für sie da, wenn ich dem Arschloch meine Faust ins Gesicht ramme.«

Eine tiefe Zuneigung zu Cooper erfüllte mich, und schon wieder begannen meine Tränen zu fließen.

»Mag sein«, wisperte Jess. »Aber lass uns das vertagen. Und jetzt komm mit nach oben, sonst wecken wir Bailey noch auf.«

Danach sagte Cooper nichts mehr, und ich hörte nur noch das Knarren der Stufen, als sie mit Louis die Treppe hinaufgingen. Danach kehrte die Erschöpfung zurück, und als ich das nächste Mal aufwachte, zeigte meine Uhr halb fünf an. Ich lag da und ließ die unseligen Ereignisse Revue passieren, die dazu geführt hatten, dass ich in diesen dämlichen roten Dessous in Toms Wohnung aufgekreuzt war.

Verwirrung – das war mein vorherrschendes Gefühl, als ich im Bett auf der Seite lag und im Dunkeln die Wand anstarrte. Ich war verwirrt, weil ich nicht verstand, weshalb ich die ganze Zeit, während Tom die Haustür aufschloss, eine Viertelstunde lang in der Küche rumorte und schließlich auf dem Weg zur Dusche das Schlafzimmer durchquerte, so tat, als würde ich schlafen. Ich stellte mich sogar schlafend, als er zu mir ins Bett kroch.

Wir wohnten nicht zusammen. Ich hatte ein kleines Häuschen und Tom eine Eigentumswohnung. Das war nicht meine Idee gewesen, im Gegenteil: Ich hatte mich jahrelang darüber geärgert, dass Tom sich weigerte, mit mir zusammen ein Haus zu kaufen. Und trotzdem fragte ich mich an jenem Abend, als ich mich schlafend stellte und er zu mir ins Bett stieg, warum er nicht einfach zu sich nach Hause gefahren war. Wenn er so spät noch arbeiten musste, wieso kam er danach überhaupt noch zu mir?

Als Nächstes fragte ich mich, warum ich mich nicht umdrehte und ihn mit einem Kuss begrüßte. Wie oft war er, vor allem in den letzten Jahren, abends aufgeblieben und hatte auf mich gewartet, wenn ich mal wieder so viel in der Pension zu tun hatte?

Stattdessen wartete ich, bis er eingeschlafen war. Erst dann drehte ich mich auf die andere Seite, stützte das Gesicht in die Hand und betrachtete meinen schlafenden Freund.

Eine ungewohnte, grässliche Melancholie ergriff von mir Besitz.

Denn Verwirrung war eben nicht mein vorherrschendes Gefühl.

Sondern Furcht.

Vielleicht klingt das seltsam, aber ich hatte es immer schön gefunden, andere zu vermissen. Na ja, nicht das Vermissen selbst war schön, aber das Wiedersehen … das war es, was ich liebte. Denn in dem Moment sind all die komplizierten, widersprüchlichen Gefühle, die man vielleicht für den anderen empfindet, vergessen. Alles Unangenehme tritt in den Hintergrund, und nur noch die schönen Gefühle bleiben übrig: die Liebe. Wenn ich jemanden nach längerer Zeit wiedersehe, empfinde ich ein wundervolles Gefühl der Zuneigung – und die Freude, einen geliebten Menschen endlich wieder in die Arme schließen zu können.

Ich mochte es, meine Eltern zu vermissen – meine Eltern, die ihre Zelte in der Stadt ihrer Vorfahren abgebrochen und mit Ausnahme der Pension, die nun mir und meinen Geschwistern gehörte, all ihre Besitztümer verkauft hatten. Meinen Bruder, der sich nichts aus der Pension machte, vermisste ich ebenso gern. Und meine Schwester, die ebenfalls nichts mit der Pension anfangen konnte, auch – allerdings nur so lange, bis ich fünf Minuten in ihrer Gegenwart verbracht hatte.

Aber Tom … ihn hatte ich nie gerne vermisst. Bei ihm hatte ich irgendwie immer nur die unangenehmen Seiten des Vermissens zu spüren bekommen.

Ich betrachtete also sein Gesicht, während er schlief, und erinnerte mich an die Zufriedenheit, die ich früher, am Anfang unserer Beziehung, immer dabei empfunden hatte. Wenn ich ehrlich war, hatte Tom mich nie schwindlig vor Liebe gemacht, und ich hatte seinetwegen auch nie Schmetterlinge im Bauch gehabt. Gerade das hatte mich so an ihm gereizt: Ich fühlte mich bei ihm sicher und geborgen. Ich hatte meine Gefühle im Griff.

In letzter Zeit ging es mir anders.

Ich war vierunddreißig Jahre alt. Ich wollte heiraten. Ich wollte Kinder.

Und der Mann, mit dem ich die letzten zehn Jahre verbracht hatte; der Mann, von dem ich gedacht hatte, dass ich eines Tages all das mit ihm verwirklichen würde … Dieser Mann lag neben mir und hätte genauso gut achttausend Meilen weit weg sein können.

Fünf Jahre zuvor wäre ich einfach zu ihm rübergerutscht und hätte ihn mit zärtlichen Liebesspielen geweckt. Das war eine der Eigenschaften, die Tom mit am meisten an mir liebte: meine Selbstkontrolle. Oder vielmehr: meinen Mangel an Selbstkontrolle. Ich sagte und tat immer, was ich wollte. Alle um mich herum wussten zu jedem Zeitpunkt, was ich gerade fühlte. Seiner Ansicht nach war es ein Wunder, dass ich als Pensionswirtin so erfolgreich war. Allerdings hatte mich meine Mutter von dem Augenblick an, da ich sprechen konnte, für ein Leben im Gastgewerbe geschult. In der Pension war ich ein anderer Mensch. Ich war professionell und beherrscht.

Ich glaube sogar, dass ich in meiner Freizeit hauptsächlich deswegen so vorlaut war, weil ich bei der Arbeit gewissermaßen die Disney-Version meiner selbst spielen musste: freundlich lächelnd, immer gut gelaunt – egal, wie sehr ein Gast mir auf die Nerven ging.

Tom war nicht immer ein Fan meines losen Mundwerks, aber er war ein Mann, und als solcher wusste er mein Selbstbewusstsein im Bett natürlich zu schätzen.

Was er nicht wusste, war, dass ich nur bei ihm so war.

Als wir uns kennenlernten, war ich davon überzeugt, absolut durchschnittlich zu sein. Bevor ich Tom begegnete, hatte ein anderer Mann mich so tief verletzt, dass ich mir danach dumm und klein vorkam. Ich war als Spross der Gründerfamilie des Ortes aufgewachsen. Die Leute behandelten mich mit Respekt, ich war allgemein beliebt und hatte das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Dieser Mann hatte mir all das weggenommen. Durch ihn fühlte ich mich plötzlich gewöhnlich und mittelmäßig. Aber eins hatte er mir trotz allem nicht nehmen können: meine Liebe zu Hartwell. Mein Leben an der Promenade war nach wie vor etwas ganz Außergewöhnliches für mich, denn was hätte es Schöneres geben können, als an einem so wundervollen Ort zu leben, umgeben von den Menschen, die man liebte?

Und solange das Leben um mich herum außergewöhnlich war, hatte ich kein Problem damit, bei Tom nur durchschnittlich zu sein. Wir führten eine Beziehung auf Augenhöhe. Wir passten zusammen.

Ich hatte keine Komplexe in Bezug auf mein Leben oder unseren Sex. Ich konnte jederzeit die Hand nach ihm ausstrecken und sicher sein, dass er sie ergreifen würde. Dachte ich zumindest.

Der Sex mit ihm war immer gut gewesen. Nicht der beste meines Lebens, aber gut. Tom schien glücklich damit. Glaubte ich. Ich war experimentierfreudiger als er, insofern hätte es nach meinem Geschmack ruhig etwas aufregender sein können, aber es reichte. Es war vollkommen in Ordnung.

Seit einiger Zeit allerdings lief im Bett praktisch gar nichts mehr.

Die letzten zwei Jahre hatte ich rund um die Uhr in der Pension geschuftet, weil ich keinen Manager mehr hatte. Wie aus Rache – jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass es Rache war – hatte Tom ebenfalls angefangen, abends Überstunden zu machen.

Wir redeten kaum noch miteinander, von Sex ganz zu schweigen.

Als ich nun sein Gesicht musterte, ein Gesicht, das mir beinahe so vertraut war wie mein eigenes, verspürte ich Sehnsucht nach ihm. Ich schmiegte mich an ihn und begann mit der Hand seinen Bauch zu streicheln. Meine Ängste schob ich zusammen mit der Bettdecke beiseite. Er murmelte etwas Unverständliches und regte sich im Schlaf, als ich mich rittlings auf ihn setzte. Mein Blick folgte meinen Fingerspitzen, die federleicht über seine Haut glitten. Wir waren schon zehn Jahre zusammen. Der Gedanke gab mir Mut. Sein Körper hatte sich verändert, genau wie meiner. Als wir uns kennengelernt hatten, war er schlank und drahtig gewesen, jetzt war er weich an Stellen, wo er früher fest gewesen war. Aber das störte mich nicht. Diese Weichheit gehörte dazu, wenn man gemeinsam älter wurde.

Ich betrachtete die Narben an seinem Unterleib, wo ihm vor vier Jahren der Blinddarm herausgenommen worden war. Ich hatte ihn damals selbst ins Krankenhaus gefahren. Eine kleine Narbe direkt oberhalb seines Bauchnabels, eine weitere im unteren Beckenbereich, und noch eine dritte, etwas längere vertikale Narbe unter dem Bauchnabel. Sie waren längst verheilt, aber ich konnte sie immer noch mit den Fingern erspüren. Sie erinnerten mich daran, welche Sorgen ich mir um ihn gemacht hatte, während er im OP lag.

Erneut bewegte Tom sich unter mir, und ich spürte die Anfänge seiner Erektion. Ein Kribbeln der Vorfreude breitete sich zwischen meinen Beinen aus, und ich beugte mich herab, um seinen Bauch zu küssen. Genau wie meine Brüste nicht mehr so fest waren wie noch vor zehn Jahren, hatte auch Toms Bauch etwas an Spannkraft verloren. Aber das machte mir nichts aus. Und ich hoffte, dass meine nicht mehr vierundzwanzigjährigen Brüste ihn genauso wenig störten.

Ha.

Was für ein schlechter Witz.

Aber vor zwei Nächten hatte ich noch geglaubt, dass ihn das alles wirklich nicht störte. Also hatte ich meine Verwirrung und meine Zweifel entschlossen verdrängt. Meine Lippen wanderten seinen Körper hinauf bis zu seinem Hals, während ich mit den Fingernägeln sanft über seinen Bauch kratzte.

Er stöhnte und versuchte sich auf die Seite zu drehen.

»Tom«, flüsterte ich ihm ins Ohr, bevor ich an seinem Ohrläppchen zu knabbern begann. Er schmeckte sauber und frisch von der Dusche.

»Mm, Bails?«, murmelte er, und als ich den Kopf hob, sah ich, wie er blinzelnd die Augen aufschlug. In schlaftrunkener Verwirrung sah er mich an. Ich merkte genau, wann er begriff, was ich vorhatte, denn er kniff die Augen zusammen, und sein ganzer Körper spannte sich unter mir an.

Ein beklemmendes Gefühl überkam mich.

»Was machst du da?«, brummte er.

Ich lächelte trotz meiner Angst. »Wonach sieht’s denn aus?«

Er rieb sich die Augen und hob den Kopf vom Kissen, um einen Blick auf den Wecker zu werfen. »Scheiße, Bailey, ich muss in vier Stunden aufstehen.« Er fasste mich bei den Hüften und schob mich unsanft von sich herunter.

Ich fiel zur Seite und starrte ihn völlig entgeistert an.

»Schlaf jetzt weiter.« Damit kehrte er mir den Rücken zu.

Mir schossen die Tränen in die Augen.

Das war genau die Reaktion, vor der ich Angst gehabt hatte.

Ich wollte ihm nahe sein, und er hatte mich abgewiesen.

Schlimmer noch: Er hatte mich weggestoßen.

Plötzlich packte mich die Wut. »Du kannst mich mal!« Mit einem Satz war ich aus dem Bett.

»Bailey«, stöhnte er.