Evi und Lorraine im Tal der Heidschnucken - Lucie Lepelbet - E-Book

Evi und Lorraine im Tal der Heidschnucken E-Book

Lucie Lepelbet

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Beschreibung

Zwei der schönsten Mädchen am Ort sind auf der Suche nach der Liebe fürs Leben. Lorraine, 22 Jahre alt, ist vom Schicksal begünstigt. Sie ist wunderschön, groß, schlank, mit langen, schwarzen Haaren, sehr sexy und trotzdem nett. Im Beruf läuft es gut, aber im Privatleben eher schlecht.
Die Psychologiestudentin Evi, nur wenig jünger und mit dem Aussehen einer Karibikschönheit, wurde vom Schicksal stark benachteiligt. Aber sie akzeptiert es.
Trotz ihrer Lebensfreude sind beide aus ganz unterschiedlichen Gründen einsam und begegnen sich zufällig im angesagtesten Club der Stadt. Geschickt verbirgt Evi ihre Beeinträchtigungen zu Beginn des Abends, um ein erstes Kennenlernen zu ermöglichen. Doch sie weiß, dass der kritische Moment kommen wird. Evi und Lorraine mögen sich sehr, aber haben sie eine Chance?
Neuauflage des Buches "Kaffee geht auch mit Strohhalm oder Heidschnucke in Love", etwas überarbeitet und unter zum neuen Cover passenden Titel.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Lucie Lepelbet

Evi und Lorraine im Tal der Heidschnucken

Wenn Legenden wahr werden ... - Heideromanze

UUID: 40a0cd4e-8570-4f08-b9e3-6b14b5ab052d
Dieses eBook wurde mit Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Prolog: Im westlichen Irland, 1966

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Epilog: Im westlichen Irland, 2024

Zitat

Quellenangaben

Erklärung

Widmung

Über diese Kurzgeschichte ...

Danke ...

Impressum

Virtueller Buchrückentext

Prolog: Im westlichen Irland, 1966

Kinder und Enkelkinder sind unsere Verbindung zur Zukunft.

Sie können der Quell größter Freude oder tiefsten Schmerzes sein.

Unser Junge ist, wie wir es uns immer gewünscht haben.

Er hat uns stets mit Freude erfüllt und stolz gemacht.

Nun wird er uns verlassen, um die empfangene Liebe weiterzugeben.

Werden wir uns an die Leere gewöhnen, die er hinterlässt?

Doch es ist tröstlich, zu wissen, dass er vier Seelen glücklich macht:

Die Seele seiner Zukünftigen, seine eigene, und auch die unseren.

Wie weit wird der Zweig unserer Familie in die Zukunft hineinwachsen?

Irgendwann mag er enden, aber die Liebe für unsere Kindeskinder wird für immer und ohne Bedingungen sein ...

Vor ihnen lag der See mit der Pinieninsel. Dahinter war grünes, felsiges Land und der weit über ihm ziehende Nebel. Im grauen Dunst verborgen waren die höheren Lagen der Berge mit ihren weithin bekannten Gipfeln, den Na Beanna Beola oder Twelve Bens. Die Felsbasis jedoch war den Blicken der Betrachter nicht entzogen, an diesem Septembermorgen.

»Du liebst es, hier zu sein, oder?«, fragte der jüngere der beiden Männer, während er die Szenerie betrachtete.

Den Älteren trennte ein Vierteljahrhundert von dem Jüngeren. Sie waren sich trotzdem sehr ähnlich. »Du nicht, mein Sohn?«, fragte er, die Antwort bereits kennend.

»Doch, natürlich.« Es entsprach der Wahrheit. Auch er bewunderte die Natur, und vor allem den Ort, an dem sie sich in diesem Moment befanden, und der eine Mischung aus Schönheit, Rauheit und Ursprünglichkeit darstellte. Alles wirkte so frei und unberührt, sobald man die Städte oder Dörfer hinter sich ließ. Der Wind kam ihm hier viel stärker vor, aber das konnte auch Einbildung sein.

Der Vater war zufrieden, als er die Antwort hörte. Sie bewies, dass seine Saat aufgegangen war. Sein Sohn schätzte das Land wie er selbst und wie sein Vater und Großvater vor ihm. Er war stolz auf seinen Jungen, für den er sehr viel Liebe empfand, und er spürte, dass sein Sohn auch ihn liebte, obwohl es bei den jungen Leuten üblich war, dies nicht allzusehr zu zeigen. Man wollte lieber lässig und unabhängig wirken. Typisch, dachte er lächelnd. Nur nicht zuviel Gefühl zeigen, um von den Gleichaltrigen nicht verspottet zu werden. Vermutlich waren die jungen Leute überall gleich.

Und es zog sie in die Ferne, weg von der Heimat, die ein hartes Leben, aber wenig Möglichkeiten bot. Sie hatten Träume, die sie zu verwirklichen suchten. Doch manchmal war die Liebe der Grund für den Wegzug. Kaum zu glauben, dass der Junge sich in eine Deutsche verliebt hat ..., dachte er. Aber er fand das Mädchen in Ordnung. Sie war sympathisch mit dem Herz auf dem richtigen Fleck.

Schade war nur, dass sein Junge sich entschlossen hatte, die Heimat zu verlassen. Dies konnte Eltern das Herz brechen; dem Vater ebenso wie der Mutter. Aber die Hauptsache war immer, dass die Kinder glücklich wurden, und so wünschte er von Herzen, dass sein Sohn mit seiner zukünftigen Frau in der Ferne sein Glück fand. Und er zweifelte nicht daran: Beide würden alles richtig machen und eine tolle Familie gründen, mit tollen Kindern und tollen Enkelkindern, auf die sie zu recht stolz sein konnten.

Sein Junge hatte ein erstaunliches Sprachtalent und mit Hilfe seiner zukünftigen Frau schon mehr als nur ein paar Wörter der deutschen Sprache gelernt. Er würde in Deutschland seinen Weg gehen, denn tüchtige Männer wurden überall gebraucht.

»Sag mal was auf deutsch, mein Junge. Nur, dass ich sicher sein kann, dass du drüben, in Hamburg, auch klarkommst ...«, sagte der Vater.

» Ich-liebe-Brigitte-sehr ...« Die Pausen zwischen den Wörtern waren sehr kurz. Alles hörte sich fast perfekt an.

»Und- ich-liebe- dich ...«, sagte der Ältere, ebenfalls auf deutsch, und tat sich dabei etwas schwerer.

Sein Sohn lächelte. »Ich liebe dich auch, Dad. Und ich liebe Mutter ...«

»Sie weiß es. Aber bitte sag ihr das trotzdem, bevor ihr uns verlasst.«

»Natürlich sag ich es ihr ...«

Es würde schwierig sein, ihn ziehen zu lassen, aber es würde ein Trost sein, zu wissen, dass er in guten Händen war. Trotzdem war es nicht einfach, und die veränderte Zukunft drückte bereits aufs Gemüt.

Sein Sohn spürte es: »Wir werden wenigstens ein Mal pro Jahr zu Besuch kommen«, sagte er aufmunternd. »Vermutlich auch zwei Mal.« Dann ergänzte er lächelnd: »Und wenn ihr euch endlich mal ein Telefon anschafft, wie alle anderen normalen Leute, dann können wir regelmäßig telefonieren.«

»Ein sehr guter Grund, es endlich mal zu tun ...« Sie waren bislang ohne ausgekommen, aber zukünftig würde es nicht mehr möglich sein. Wenigstens die Stimme seines Sohnes müsste er ab und zu hören, wenn er ihn schon nicht mehr zu Gesicht bekommen würde. »Wir werden aber keine Dauergespräche mit dir führen, nur, um uns letztendlich arm zu telefonieren! Für Dauergespräche müsste ihr euch schon hierher bemühen!«, sagte er nicht ganz ernst gemeint.

Sein Sohn grinste. »Geht klar, Dad!«

»Übrigens hab ich hier was für dich ...« Der fünfzig Jahre alte Mann holte aus seiner Jackentasche einen Gegenstand und reichte ihn seinem Sohn, der ihn entgegennahm. Es war ein silbernes Feuerzeug, und es sah alt aus, aber trotzdem gut erhalten. »Hab mich entschlossen, das Rauchen aufzugeben. Es ist noch von vor dem Krieg; stammt aus österreichischer Produktion. Ein Qualitätsfeuerzeug. Hat deinem Großvater gehört. Es hatte ihm immer Glück gebracht. Ich möchte, dass du es jetzt nimmst. Es ist der richtige Zeitpunkt, es an dich weiterzugeben ... Ich hoffe, dass ich dir ein ebensoguter Vater bin, wie dein Großvater mir gewesen ist ...«

»Ich kannte ihn ja leider nicht, aber ... bestimmt bist du es ...« Er wiegte es in der Hand und sagte leise: »Ich werde gut darauf aufpassen.«

Der Vater sah ihn streng an. »Das will ich auch hoffen. Es ist nämlich ein gutes Feuerzeug!« Aber dann lächelte er, da sein Sohn ihm die Autoritätsnummer sowieso nicht abnahm.

Vielmehr sah ihn der junge Mann bittend an. »Spielst du nochmal ein paar deiner Stücke?«, fragte er. »Ich werde sie ja für lange Zeit nicht mehr hören ...«

Sie hatten schon oft an diesem Fleckchen Erde gestanden oder gesessen und auf den See, die Insel mit den Kiefern und die Gebirgskette im Hintergrund geschaut, und fast jedes Mal hatte er, der Vater, sich irgendwann auf einen Stein oder Baumstamm gesetzt und sein Instrument gespielt, die Uilleann Pipe.

Das komplizierte und schwierig zu spielende Instrument ähnelte grob einem Dudelsack, war jedoch kleiner, wurde im Sitzen gespielt und nicht mit dem Mund mit Luft versorgt, sondern durch einen mit dem Ellenbogen zu bedienenden Blasebalg. Außerdem gab es weitere Bedienelemente für die Hände. Der resultierende Klang war zarter und im Vergleich zum Dudelsack weniger durchdringend. Aber auch er reichte weit.

Und so setzten sie sich auch an diesem Septembermorgen auf einen Baumstamm und blickten auf den See, während die keltische Musik wie ein Gruß an die Ahnen bis zu dem Nebel getragen wurde, der die Bergspitzen geheimnisvoll verhüllte ...

Kapitel 1

Ich weiß, dass man kein Recht auf Liebe hat.

Sehnen sich die meisten von uns nicht trotzdem nach ihr? Doch wie viele Beziehungen sind nicht selbstzerstörerisch? Wie ehrlich ist das Zusammensein von "Liebenden"?

Manchmal ist es nur eine Zweckgemeinschaft "Ficken". Und man kann ja auch an den falschen Menschen geraten.

Aber das ist gar nicht mein Problem. Ich bin allein.

Eine Partnerschaft ohne Liebe sei Verschwendung der Seele, heißt es. Aber ein Leben ganz allein sei Verschwendung des Körpers.

Ich bin so liebenswert wie jede andere, aber mein Körper ist unvollkommen.

Diese Unvollkommenheit erschwert meine Suche. Bin ich bereit, die Einsamkeit um jeden Preis zu beenden? Nur die Zukunft wird zeigen, wie verletzbar meine Seele ist ...

Es waren Semesterferien im Sommer 2012, und es war Donnerstagabend. Seit einer Woche hielt sie sich nicht mehr in Hamburg auf, sondern bei ihren Eltern in Lüneburg. Sie freuten sich, sie für eine Weile wieder bei sich zu haben und verwöhnen zu können. Evi, eigentlich Evelyn, genoss die Zeit der Entspannung und Erholung. Sie nahm es gern an, umsorgt zu werden, und betrachtete es als Urlaub, als Möglichkeit, sich zu regenerieren und Kraft zu sammeln, am Ort ihres Ursprungs, im Kreis ihrer sie liebenden Familie.

Doch normalerweise legte sie größten Wert auf ihre Selbständigkeit und war stolz darauf. Das konnte sie auch sein, denn der Alltag war für sie schwieriger als für die meisten Menschen. Dennoch war sie sehr aktiv und wollte viel vom Leben haben. Nichtstun und sich hängen lassen waren verlorene Zeit. Und so sehr sie den Aufenthalt bei ihren Eltern genoss: Es stellte sich schon jetzt etwas Langeweile ein.

Das gelegentliche Mittrainieren bei ihrem ehemaligen Tischtennisverein konnte auch nichts daran ändern. Alle waren sehr freundlich, gingen privat aber ihre eigenen Wege – auch untereinander; es hatte nichts mit Evi zu tun.

Besonders die Abende zogen sich in die Länge, und so war es Zeit, für etwas Abwechslung zu sorgen. Und es gab einen weiteren Punkt, den sie gern geändert hätte: Sie wurde sportlich anerkannt und hatte Freunde und Studienkollegen in Hamburg, mit denen sie gut auskam. Sie gehörte dazu und man nahm sie, wie sie war. Das war auch ganz einfach, denn sie war eine tolle junge Frau mit viel Herz und Verstand, einem hübschen Gesicht und wunderbaren Haaren. Evi war mit einem Aussehen gesegnet, das an eine Karibikschönheit erinnerte. Aber sie war auch auf eine andere Weise nicht wie alle anderen.

Anfangs waren alle ein wenig befangen und verunsichert gewesen, doch das gehörte längst der Vergangenheit an. Es tat gut, normal behandelt und weder ausgegrenzt noch bemitleidet zu werden. Dazugehören und respektiert werden war, was sie wollte und zu 100 Prozent verdient hatte.

Man ging mit ihr ins Kino, traf sich zum Plaudern und Spaß haben, sie wurde zu Partys und Geburtstagen eingeladen, war ein beliebtes und effektives Mitglied von Lern- und Arbeitsgruppen und ein ebenso beliebtes Mitglied der Wohngemeinschaft. Aber es gab eine Grenze, die sich nur selten überwinden ließ, selbst dann, wenn sie es gern wollte: Die Nächte verbrachte sie fast immer allein. Meistens war ihr dies ja recht und auch selbstgewählt. Aber die dreieinhalb Neugier- und Mitleidsnächte in ihrem bisher 20-jährigen Leben waren ihr nun eindeutig zu wenig. Und sie war bereit, durch eine Hölle von Enttäuschungen und Zurückweisungen zu gehen, um diese Bilanz aufzubessern und jemanden zu finden, der beziehungsfähig war, und für den die Wörter wahre Liebe keine Fremdwörter waren.

Allerdings war es schwierig, so jemanden zu finden. Erstens waren lesbische Mädels sowieso in der Minderheit, und solche, die sich nicht in einer Beziehung befanden, noch mehr, und zweitens ... Naja, es war eine Tatsache, dass die meisten lieber eine Freundin ohne körperliche Beeinträchtigungen bevorzugten. Evi selbst kam übrigens auch gut mit dem Wort Behinderung klar. Behinderung, Beeinträchtigung, Benachteiligung - also die drei bekanntesten B's in diesem Zusammenhang -, Handicap, Schicksalsschlag ... Was auch immer sie oder andere sagen würden, es machte keinen Unterschied: Sie hatte es schwerer als die meisten anderen, und dies blieb eine unveränderliche Tatsache bis zum Ende ihres Lebens. Aber sie jammerte nicht, machte das Beste daraus und stellte sich den Herausforderungen des Alltags. Ihre positive Einstellung war jedenfalls die Gegenwart, und sie hoffte, dass es auch so bleiben würde.

Evi kam mit ihrem Leben klar, aber es erforderte zweifellos ein Kämpferherz. Und was das Thema Zweisamkeit betraf, so war es für sie beruhigend zu wissen, dass sie notfalls auch weiterhin solo bleiben konnte. Solo ist nicht unbedingt das Schlechteste. Han Solo ist der beste Beweis, und Evelyn Solo hört sich eigentlich auch verdammt gut an ..., dachte sie manchmal.

Wie auch immer, seit einigen Tagen war ihr mal wieder danach, ihr Glück auf die Probe zu stellen. Es gab einen tollen Club in der Stadt, der von Publikum jeglicher sexuellen Ausrichtung besucht wurde, eine Insel der Toleranz war und den klangvollen Namen Green Mountains of Ireland trug. Morgen, am Freitagabend, würde Showtime sein, mit ungewissem Ausgang. Diese positive Grundeinstellung ließ sich Evi nicht nehmen ...

.....

Endlich war Freitagabend und somit eine gute Gelegenheit, auf andere Gedanken zu kommen. Das mit Alexandra hatte sich zerschlagen, und zwar trotz gewisser Vorahnungen schnell und unerwartet. Lorraine hatte angenommen, noch etwas mehr Zeit zu haben, um entstandene Risse zu kitten oder auf natürliche Selbstheilungskräfte zu vertrauen. Die meisten Verletzungen heilten schließlich auch von selbst. Aber dies war ein großer Irrtum gewesen. In Beziehungsfragen galten wohl andere Regeln.

Mit einer Mischung aus Traurigkeit, Wut, Enttäuschung und Trotz, aber auch neu aufflammender Sehnsucht nach der großen Liebe, strebte Lorraine dem Eingang des Green Mountains entgegen. Wenn Alex glaubte, dass sie ihretwegen kummervoll zu Hause sitzen würde, dann hatte sie sich geschnitten.

Trotzdem: Der Ärger und der verletzte Stolz ließen sich nicht leugnen. Verlassen werden tat immer weh und wurmte bis zum Gehtnichtmehr. Selbst jetzt, nach einer Woche, hätte Lorraine immer noch vor Frust platzen können. Außerdem hatte sie Alex wirklich geliebt, was die Trennung zu einer schmerzhaften Erfahrung machte.

Das Schmollen, Verputzen von Schokolade und Süßigkeiten und sich in den Schlaf Heulen in ihrer Wohnung waren ebenso ineffektiv gewesen, diese Erfahrung zu verarbeiten, wie das Frustjoggen und laute Musik Hören. Alles hatte sich als Unfug erwiesen. Den Druck etwas genommen hatten Bestellungen in ihren Lieblings-Fashion-Online-Shops und Streifzüge durch diverse Boutiquen, insbesondere die von dort mitgebrachte Beute. Nur war die Wirkung 24 Stunden später fast schon wieder verflogen gewesen.

Letztendlich kam sie zu dem Ergebnis, dass nur eines helfen würde: Sollte Alex mit ihrem blonden Flittchen glücklich werden, denn auch andere Mütter hatten hübsche Töchter. Sie würde heute garantiert nicht allein nach Hause gehen, und ihre Beute würde aufregend und sexy sein. Das war ihr festes Ziel und die einzige Chance, den Liebeskummer zu überwinden und ihr angekratztes Selbstwertgefühl wieder auf Hochglanz zu polieren. Es wäre doch gelacht, wenn sich an diesem Abend kein lesbisches Mädchen finden ließe, das ebenfalls einsam war, von Zärtlichkeit und Liebe träumte, und dem sie gefallen würde. Showtime!

.....

Wenig später trank Lorraine einen alkoholfreien Drink und beobachtete von ihrem Platz aus die anderen Besucher des Clubs. Die gute Laune und das ausgelassene Tanzen der Gäste nervten sie an diesem Abend, obwohl sie selbst normalerweise dazugehörte.

Emotional degenerierte Zombies mit Dauergrinsen im Gesicht! Die 22-jährige runzelte die Stirn. Hatte sie im glückseligen Zustand ihrer Beziehung mit Alex genauso ausgesehen? Irritiert schüttelte sie den Kopf.

Egal, Vergangenheit! Die Gegenwart präsentierte sich ihr zum Beispiel in Gestalt eines Mädchens mit dunkelbraunem Lockenkopf, das an der Bar saß und einen Drink mit einem Strohhalm trank. Attraktiv und hübsch. Sehr hübsch! Nicht groß, aber wie Lorraine schlank und insgesamt sehr gefällig. Wie eine kleine Schwester von DS Camille Bordey, der vielleicht schönsten Frau der Karibik, und somit wesentlich interessanter als Alex’ neue Flamme, jedenfalls nach Lorraines Verständnis.

Das Outfit des rassigen Mädchens mit dem dunklen Teint war nicht spektakulär, aber durchaus schick: Ein langer, schwarzer Rock mit Dehnbund, dazu ein dunkelgrünes Top und ebensolche Stiefel aus Samt. Die Ärmel der dunkelblauen Jeansjacke waren eindeutig zu lang und reichten sogar über die Hände. Also mich würde das nerven, aber das ist ihre Sache. Wenn sie doch bloß mal rübersehen würde ... Komm schon, Schöne, hier interessiert sich jemand für dich ...

Als hätte die Brünette es gehört, drehte sie den Kopf und sah in Lorraines Richtung. Ihre Blicke trafen sich. Ja, sie ist auch interessiert! Aber Lorraine erkannte auch etwas anderes in dem hübschen Gesicht. Unsicherheit? Skepsis? Egal, sie würde schon dafür sorgen, dass sich etwaige Bedenken verflüchtigten. Zurückhaltung sich in Luft auflösen lassen war leichter als Interesse wecken, und dieses war deutlich erkennbar, denn erneut sah das Mädchen, das aussah wie eine Karibikschönheit, hinüber. Lorraine lächelte und war auf die Reaktion gespannt.

.....

Sie hatte ein bequemes Outfit angezogen und war mit dem Bus zum Green Mountains of Ireland gefahren. Die Stiefel hatten, wie alle ihre Schuhe, keinen hohen Absatz, denn auf flachen Sohlen konnte sie einfach besser laufen. Jetzt saß sie an der Bar, hatte vor sich einen alkoholfreien Drink und nahm hin und wieder einen Schluck durch den Strohhalm. Sie befand sich in einer Welt, die eigentlich nicht ihre war, denn normalerweise ging sie nicht so gern aus, schon gar nicht allein. Aber die Chancen für das Erreichen ihres Missionsziels stufte sie trotzdem als recht ordentlich ein, zumindest bis zur Kennenlernphase. Danach würde man sehen ...

Nach einer ersten Unsicherheit veränderte sich ihre Stimmung und sie ging davon aus, den anderen zu gefallen. Zu Beginn gefiel sie immer allen sehr gut. Sie wurde im Laufe des Abends von vier Jungs angesprochen und von fast jedem angesehen, lehnte aber jedesmal freundlich ab. Die jungen Männer wirkten zwar nett und sympathisch und hätten bei anderen Mädchen bestimmt gute Chancen gehabt, aber sie passten geschlechtsbedingt nicht in ihr Beuteschema.

Es war nunmal so. Niemand suchte es sich aus, aber Evi war mit ihrer Präferenz sehr im Reinen. Weibliche Ästhetik zu weiblicher Ästhetik. Es war eine Tatsache, dass Frauen schöner waren als Männer, und warum sollte man dem nicht auch als Frau Rechnung tragen dürfen? Alle Welt sehnte sich nach weiblicher Schönheit und verehrte sie. Es gab keinen Grund, warum dies nur ein Privileg für die männliche Hälfte der Bevölkerung sein sollte. Nur die unbarmherzige Koditionierung durch die engstirnigen Regeln des neidvollen Patriarchats verhinderte, dass mehr Frauen so dachten und Evi immer noch einer klaren Minderheit angehörte. Ob sich dies jemals ändern würde? Vermutlich nicht, denn die meisten Frauen waren, entsprechend den Plänen der Natur, an Fortpflanzung interessiert und brauchten dafür einen geeigneten Partner. Das böse Erwachen kam oftmals Jahre später, aber häufig ging es auch gut. Evi jedenfalls fühlte sich in weiblicher Gesellschaft wohler.

Irgendwann bemerkte sie eine junge Frau, die allein in den Club gekommen war und aufgrund ihres Aussehens ständig Blicke auf sich zog, was sie jedoch ignorierte. Sie wirkte eher schlecht gelaunt, als hätte sie den Ort nur aufgesucht, um sich abzulenken oder den Kopf freizubekommen. Trotzdem gefiel sie Evi; sehr sogar, und auch altersmäßig würde es passen. Wenn sie doch nur lesbisch und solo wäre, dachte Evi verträumt.

Dass die Unbekannte mehr als einen halben Kopf größer war, machte nichts. Sie trug eine schwarze Lackhose, ein enges, silbernes Metallic-Top, das jede Rundung klar erkennen ließ, knallrote High Heels und eine dunkelblaue Jeansjacke, deren silbernen Knöpfe im Licht der Beleuchtung funkelten und glänzten. Sie war eine absolute Schönheit, mit mehr als schulterlangen, schwarzen Haaren. Ihre Augen waren stark schwarz betont. Das Gleiche traf auf Evis Augen zu, und so war es beinahe zwangsläufig, dass sie sich immer wieder ansahen, nachdem sie sich gegenseitig bemerkt hatten. Offensichtlich gab es ähnliche Interessen, und die hatten nichts mit Jungs zu tun. Glück gehabt, dachte Evi, zufrieden damit, dass manchmal auch geringe Chancen genügten.

Als sich ihre Blicke erneut trafen, lächelte die schlanke Schwarzhaarige. Evi lächelte zurück und betrachtete das andere Gesicht genauer. Das Mädchen sah wunderschön und taff aus: Wach wirkende, große Augen, ein perfekter Mund mit vollen Lippen und dazu die rassigen, langen Haare. Was sie sah, gefiel Evi, und ihr Lächeln verstärkte sich, denn die Unbekannte übererfüllte zwar ihr Beuteschema auf eine fast beängstigende Weise, war aber selbst auch interessiert. Sie würde es vermutlich wert sein, das Risiko einer Enttäuschung einzugehen.

Als die Schwarzhaarige aufstand und in ihre Richtung kam, beschleunigte sich Evis Herzschlag, denn mit einer solchen Begegnung hatte sie nicht gerechnet ...

.....

»Darf ich?«, fragte Lorraine und blickte kurz auf den freien Hocker neben der gelockten Brünetten. Aus der Nähe bestätigte sich Lorraines erste Wahrnehmung, dass deren Haut einen leicht dunklen Teint hatte. Vermutlich hatte das Mädchen vor kurzem Urlaub in der Mittelmeerregion gemacht.

»Klar!«, erklang es freundlich aus dem zu einem Lächeln geformten Mund der jungen Frau, die Lorraines Alter haben mochte. Ihre schneeweißen Zähne schienen zu strahlen. Lorraine fand, dass die Augen erwartungs- und verheißungsvoll blickten, und es mochte sein, dass die Wangen leicht gerötet waren, obwohl dies bei der mutmaßlichen Urlaubsbräune schwer zu erkennen war.

Lorraine spürte ein leichtes Kribbeln auf ihrer Haut und eine Spur Aufregung in ihrem Innern. Zum Teufel mit Alex! Wenn dieses Mädchen hielt, was es versprach ...

Doch plötzlich war sie unsicher und nervös. Okay, cool bleiben, Lory. Du siehst hot aus, bist nett und so intelligent wie jeder hier, oder zumindest nicht blöd. Es gibt also keinen Grund, warum es nicht gut laufen sollte. Sag einfach irgendwas Geistreiches ... Sie überlegte noch, wie sie ein Gespräch eröffnen sollte, als sie aus den Augenwinkeln plötzlich Alex und ihre neue Freundin sah. Lorraine kannte das Mädchen, und es stand fest, dass man sich nicht mochte. Das kann doch jetzt nicht wahr sein, oder?Na super, die haben gerade noch gefehlt!

Ihre Blicke trafen sich, und Lorraine hatte keine Lust, den Abend im selben Club wie Alex zu verbringen. Schnell richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die hotte Brünette, die sie freundlich und erwartungsvoll ansah. Eigentlich recht passend, dass Alex mit ihrer Neuen ausgerechnet jetzt auftauchte. Dann wusste sie wenigstens, dass es für Lorraine noch ein Leben nach ihr gab!

Leider konnte Lorraine nicht verhindern, dass ihre Nachfolgerin zu ihr kam und abfällig sagte: »Du hast dich angezogen wie eine Nutte. Scheinst es ja nötig zu haben ...«

Alex war das offensichtlich peinlich. Sie sagte: »Komm schon!«, fasste ihre Freundin am Arm und zog sie von Lorraine weg.

Lorraine ärgerte sich, aber bemühte sich erfolgreich um ein freundliches Gesicht, als sie sich auf DI Bordeys kleine Schwester konzentrierte, die so tat als hätte sie den Spruch von Alex' neuer Freundin nicht gehört. »Ich heiße Lorraine. Und du?«

»Evelyn. Aber du kannst Evi sagen.«

Lorraine lächelte. »Was ist, Evi, sollen wir gehen?«

Evi blickte überrascht, da Lorraines überfallartige Offensivtaktik unerwartet war. »Zu dir?«

»Mhm!«

»Wow! Hast du’s immer so eilig?«

»Nein, nur wenn mir meine Ex mit meiner Nachfolgerin über den Weg läuft.«

»Ach so! Na dann ... Aber ich muss meinen Drink noch bezahlen.«

»Kein Problem, das übernehme ich«, entschied Lorraine spontan, damit sie abgelenkt war und erst gar nicht in Versuchung geriet, Alex' neue Freundin mit Blicken töten zu wollen. Das wäre bei Evi bestimmt nicht gut angekommen.

Evi war insgeheim froh, sonst wäre die Kennenlernphase möglicherweise jetzt schon vorbei gewesen, ob sie selbst nun rassig aussah oder nicht. Sie bedankte sich artig und beobachtete, wie Lorraine in ihre knallrote Handtasche griff und bezahlte.