Faisals Aufgebot - Thomas Edward Lawrence - E-Book

Faisals Aufgebot E-Book

Thomas Edward Lawrence

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Beschreibung

"Faisals Aufgebot" ist ein 1935 erschienener autobiografischer Kriegsbericht des Briten T.E. Lawrence, bekannt geworden als "Lawrence von Arabien". In dem Werk beschreibt er den von ihm organisierten arabischen Aufstand gegen das Osmanische Reich in den Jahren 1917/1918.

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Seitenzahl: 63

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Faisals Aufgebot

Faisals AufgebotImpressum

Faisals Aufgebot

Die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel, und wir ließen die Kamele über das gleichmäßige Kiesgeröll zwischen den Bäumen in ständigem Trab gehen, um den Brunnen von Masturah zu erreichen, der ersten Station auf der Pilgerstraße von Rabegh, wo wir tränken und etwas rasten wollten. Ich war ganz entzückt von meinem Kamel, denn ich hatte nie vorher auf einem so trefflichen Tier gesessen. In Ägypten gibt es keine guten Kamele, und die aus der Sinaiwüste, obgleich kräftig und abgehärtet, sind nicht dressiert auf diesen sanften, gleichmäßigen und raschen Gang, wie die prächtigen Tiere der arabischen Fürsten.

Doch blieben die Fertigkeiten meines Kamels an diesem Tage durchaus ungenützt, denn sie konnten nur Reitern zugute kommen, die sich darauf verstanden und den Kniff weg hatten, nicht aber mir, der ich lediglich getragen zu werden erwartete und von dieser Reitkunst wenig Ahnung hatte. Es ist nicht schwer, auf dem Buckel eines Kamels zu sitzen, ohne herunterzufallen; aber mit Verständnis das Beste aus ihm herauszuholen, ohne bei langer Reise Reiter und Tier zu überanstrengen, dazu gehört allerlei. Tafas gab mir unterwegs einige Winke in dieser Beziehung; und das war in der Tat so ziemlich das einzige, worüber er mit mir sprach. Der Befehl, mich von jeder Berührung mit Menschen fernzuhalten, schien auch seine eigenen Lippen verschlossen zu haben. Schade, denn sein Dialekt interessierte mich.

Nahe am Nordrand der Masturah trafen wir auf den Brunnen. Neben ihm standen verfallene Steinmauern, wahrscheinlich einst eine Hütte, und gegenüber einige Schutzdächer aus Zweigen und Palmblättern, unter denen ein paar Beduinen hockten, wir grüßten sie nicht, sondern Tafas bog hinter die Mauerruinen, und wir stiegen ab. Dort blieb ich im Schatten sitzen, während Tafas und sein Sohn Abdulla die Kamele tränkten und für sich wie für mich einen Trunk Wasser schöpften. Der Brunnen war alt und geräumig, mit einer gut erhaltenen steinernen Einfassung und einer starken Mauerkappe über der Öffnung. Er war ungefähr zwanzig Fuß tief, und zur Bequemlichkeit für Reisende, die, wie wir, keine Seile bei sich hatten, war in dem Mauerwerk ein Schacht ausgespart mit Stützen für Hand und Fuß, so daß jedermann hinabsteigen und seinen Ziegenschlauch füllen konnte.

Unnütze Hände hatten Steine in den Brunnen geworfen, so daß der Grund zum Teil verstopft war und wenig Wasser gab. Abdulla band seine flatternden Ärmel über der Schulter zusammen, schürzte das lange Gewand unter dem Patronengürtel, und, hurtig ab und auf kletternd, brachte er jedesmal vier bis fünf Gallonen1herauf, die er für die Kamele in einen Steintrog neben dem Brunnen goß. Jedes von ihnen soff etwa fünf Gallonen, denn sie waren zuletzt am Tage vorher in Rabegh getränkt worden. Dann ließen wir sie etwas umherschweifen, während wir friedlich beieinandersaßen und die leichte Brise vom See atmeten. Abdulla rauchte eine Zigarette zur Belohnung für seine Mühen.

Einige Harb kamen heran mit einer großen Herde Kamelfohlen und begannen sie zu tränken. Ein Mann stieg in den Brunnen hinab, um den schweren Ledereimer zu füllen, den dann die anderen Hand vor Hand mit lautem Stakkato-Gesang heraufzogen.

Während wir ihnen zusahen, näherten sich von Norden her zwei Reiter auf rasch und leicht trabenden Vollblutkamelen. Beide waren junge Männer. Der eine trug kostbare Kaschmir-Gewänder und ein reich mit Seide gesticktes Kopftuch; der andere war in einfachen weißen Baumwollstoff gekleidet, mit einem Kopftuch aus rotem Kattun. Sie machten neben dem Brunnen halt; der Reichgekleidete glitt anmutig zur Erde, ohne sein Kamel niedergehen zu lassen, warf seinem Begleiter den Halfter zu und sagte nachlässig: »Tränke sie, ich gehe derweil mich ausruhen.« Dann schlenderte er zu uns herüber und ließ sich im Schatten der Mauer nieder, nachdem er einen Blick gemachter Gleichgültigkeit auf uns geworfen hatte. Er bot mir eine frisch gedrehte und geklebte Zigarette an und sagte: »Ihr kommt aus Syrien herunter?« Ich wich höflich aus, indem ich der Vermutung Ausdruck gab, er komme von Mekka, worauf er ebensowenig direkte Antwort gab. Wir sprachen dann noch einiges über den Krieg und die Magerkeit der Kamelfohlen der Harb.

Der andere Reiter stand mittlerweile bei dem Brunnen, müßig die Halfter haltend, und schien zu warten, bis die Harb ihre Herde getränkt hätten und an ihn die Reihe käme. Sein junger Herr rief ihm zu: »Was soll das, Mustafa? Gib sofort den Tieren zu trinken!« Der Diener kam zu uns und sagte betrübt: »Sie wollen mich nicht heranlassen.« »Zum Teufel!« rief sein Herr wütend, sprang auf und schlug dem unglücklichen Mustafa mit dem Reitstock drei- oder viermal über Kopf und Schultern. »Geh und frage sie!« Mustafa machte eine beleidigte, verdutzte und zornige Miene, fast als wollte er zurückschlagen, besann sich aber eines besseren und eilte zum Brunnen.

Die betroffenen Harb machten ihm mitleidig Platz und ließen seine zwei Kamele aus ihrem Wassertrog saufen. Sie flüsterten: »Wer ist er?« und Mustafa sagte: »Der Vetter unseres Herrn von Mekka.« Sofort liefen sie hin, knüpften ein Bündel von einem ihrer Sättel los und streuten daraus den beiden Reitkamelen Futter von grünen Blättern und Dornstrauchknospen. Diese sammeln sie, indem sie mit schweren Stöcken auf die niedrigen Büsche schlagen, bis die abgebrochenen Zweigspitzen auf das darunter ausgebreitete Tuch herniederregnen.

Der junge Scherif sah ihnen befriedigt zu. Als sein Kamel gefressen hatte, kletterte er leicht und ohne jede Anstrengung über den Hals in den Sattel, setzte sich lässig zurecht und nahm salbungsvoll Abschied von uns, indem er des Himmels reiche Gnade auf die Araber herabrief. Sie wünschten ihm gute Reise, und er ritt nach Süden zu davon, während wir, nachdem Abdulla unsere Kamele herbeigebracht hatte, uns nach Norden wandten. Zehn Minuten später hörte ich den alten Tafas kichern und sah vergnügte Fältchen zwischen seinem grauen Schnurrund Vollbart.

»Was hast du, Tafas?« fragte ich.

»Herr, du sahst jene beiden Reiter am Brunnen?«

»Den Scherif und seinen Diener?«

»Ja; aber es war der Scherif Ali ibn el Hussein von Modhig und sein Vetter, Scherif Mohsin, die Oberherren der Harith, die Todfeinde der Masruh. Sie fürchteten, angehalten oder vom Wasser vertrieben zu werden, wenn die Araber sie erkannten. So gaben sie sich als Herr und Diener aus, von Mekka kommend. Habt ihr den Zorn Mohsins gesehen, als Ali ihn schlug? Ali ist ein Teufel. Mit elf Jahren floh er aus seines Vaters Haus zu seinem Onkel, dessen Gewerbe das Berauben von Pilgern war, und lebte bei ihm viele Monate, bis sein Vater ihn wieder einfing. Vom ersten Tage der Schlacht bei Medina war er bei unserm Herrn Faisal und führte die Ateiba an in den Ebenen rund um Aar und Bir Derwisch. Hier waren die Kamelgefechte, und Ali wollte keinen Mann bei sich haben, der es ihm nicht gleichtun konnte: neben dem Kamel herlaufen und sich mit einer Hand in den Sattel schwingen, während die andere die schußbereite Büchse hielt. Die Kinder der Harith sind Kinder der Schlacht.« Zum erstenmal floß der Mund des alten Mannes über von Worten.

Während er sprach, durcheilten wir die blendende, fast baumlose Ebene, deren Boden nach und nach weicher wurde. Anfangs war es graues Geröll gewesen,