Familie mit Herz 129 - Marlene Menzel - E-Book

Familie mit Herz 129 E-Book

Marlene Menzel

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Beschreibung

Bei Familie Claasen hängt der Haussegen schief, und das ausgerechnet kurz vor Mutter Miriams fünfzigstem Geburtstag.
Während Vater Jörg immer später aus der Kanzlei heimkehrt, wirft seine enttäuschte Frau dem attraktiven Gärtner verführerische Blicke zu. Teenagertochter Kira und ihr kleiner Bruder Christoph müssen entsetzt mit ansehen, wie die Ehe ihrer Eltern allmählich in die Brüche geht und ihre Mutter aus lauter Panik vor dem Älterwerden völlig die Nerven verliert. Streit und Zank sind an der Tagesordnung, besonders seit Miriam in Jörgs Handy den Nachrichtenverlauf mit seiner neuen Sekretärin gefunden und Kira erfahren hat, dass ihre »viel zu alte« Mutter heimlich mit dem Gärtner flirtet.
Die Atmosphäre im Hause Claasen könnte nicht geladener sein, als der Tag von Miriams großer Geburtstagsparty anbricht und die ersten Verwandten eintreffen ...


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Inhalt

Cover

Jetzt fängt der Spaß erst richtig an

Vorschau

Impressum

Jetzt fängt der Spaß erst richtig an

Auf der Geburtstagsparty platzt die Bombe

Von Marlene Menzel

Bei Familie Claasen hängt der Haussegen schief, und das ausgerechnet kurz vor Mutter Miriams fünfzigstem Geburtstag.

Während Vater Jörg immer später aus der Kanzlei heimkehrt, wirft seine enttäuschte Frau dem attraktiven Gärtner verführerische Blicke zu. Teenagertochter Kira und ihr kleiner Bruder Christoph müssen entsetzt mit ansehen, wie die Ehe ihrer Eltern allmählich in die Brüche geht und ihre Mutter aus lauter Panik vor dem Älterwerden völlig die Nerven verliert.

Die Atmosphäre im Hause Claasen könnte nicht geladener sein, als der Tag von Miriams großer Geburtstagsparty anbricht und die ersten Verwandten eintreffen ...

»Möchtest du meine Cousine Inga nicht vielleicht doch einladen?«, fragte Jörg Claasen nun bereits zum dritten Mal. »Dieses Biest wird mir sonst ständig in den Ohren liegen, warum alle dabei sein durften, nur sie nicht. Dass sich deine Feier bis zu ihr herumspricht, müsste dir bewusst sein, Liebes.«

Heimlich verdrehte Miriam die großen braunen Augen, während sie für ihren Mann und die Kinder ein ausschweifendes Sonntagsfrühstück mit Rührei und Speck auf den Tisch zauberte.

Jörg hätte ihre abweisende Mimik zwar in der Spiegelung des verglasten Kühlschranks sehen können, doch dafür war der dunkelhaarige Mittfünfziger viel zu tief in sein Mobiltelefon versunken.

Miriam hingegen beobachtete ihren abwesenden Mann eine Weile mit einer Mischung aus Argwohn und Traurigkeit. Sie fragte sich schon seit Längerem, wieso Jörg das dämliche Ding nicht wenigstens am Familiensonntag beiseitelegen und ihr ein wenig zur Hand gehen konnte. Aber das tat er nicht einmal mehr an Tagen wie Weihnachten oder dem Valentinstag, der ihm während ihrer anfänglichen Liebe vor mehr als fünfundzwanzig Jahren noch immens wichtig gewesen war.

Damals, als ihre beiden Kinder Kira und Christoph noch nicht geboren waren und das Paar spontan von heute auf morgen in den Urlaub ans Meer hatte aufbrechen können.

Miriam vermisste diese aufregende und sorglosere Zeit. Manchmal glaubte sie, durch ihre Wechseljahre sogar sentimental zu werden. Hin und wieder verdrückte sie sogar eine kleine Träne, wenn sie ihre Beziehung von damals mit der heutigen verglich. Doch ihre Kinder bekommen zu haben, bereute sie keine Sekunde. Gegen nichts in der Welt würde sie Kira und Christoph eintauschen. Sie gab den beiden auch nicht die Schuld an Jörgs fehlender Liebe. Vielmehr glaubte sie, selbst der Grund dafür zu sein.

Oft fragte sich Miriam, was sie tun könnte, um Jörgs Aufmerksamkeit wieder etwas mehr auf sie zu lenken. Gerade die körperliche Nähe zu ihrem Mann fehlte ihr inzwischen ungemein. Von Sex konnte sie schon lange nur noch träumen. Sogar eine lange Umarmung oder ein zärtlicher Kuss waren zur absoluten Seltenheit geworden. Das Paar hing im Alltagstrott zwischen Teenagerproblemen und Arbeitsstress fest.

Ihr Mann hatte sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Früher war er für sie und ihre beiden Kinder der Fels in der Brandung gewesen. Immer hatte sie sich auf ihn verlassen können, er hatte stets Ruhe und Zuversicht ausgestrahlt. Doch seit seiner Beförderung hatte sich Jörg in einen gleichgültigen, zumeist abwesenden Mitbewohner ohne eigene Meinung verwandelt. Sogar ihren baldigen fünfzigsten Geburtstag musste Miriam überwiegend allein organisieren. Alles blieb an ihr hängen. Unterstützung? Fehlanzeige!

Und nun begann Jörg auch noch, unwillkommene Namen aus dem Verwandtenkreis in den Raum zu werfen. Er brachte dadurch bloß noch mehr Chaos in die Vorbereitungen und erschwerte Miriam die Planung.

»Inga ist – wie du es so treffend bezeichnet hast – ein Biest. Ich möchte auf meinem runden Geburtstag nur Menschen versammeln, denen auch etwas an mir liegt. Eine alte Tratschtante kann ich da nicht gebrauchen. Sie würde die gesamte Stimmung kippen.«

»Na, wenn du das meinst. In den letzten Jahren war die Stimmung aber auch nicht gerade besonders. Es ist nun einmal die Familie, da gibt es immer irgendwo Streit und Rangeleien.«

»Das liegt aber nicht an mir«, betonte Miriam gereizt. »Ich kann schließlich nichts dafür, dass Inga herumerzählt, sie habe Großonkel Albert in flagranti mit einem Mann erwischt, während seine Frau danebensteht und zuhört. Ich möchte diese Gans an meinem besonderen Tag nicht dabeihaben. Immerhin wird man nur einmal fünfzig.«

»Na schön. Aber beschwere dich später nicht bei mir, dass sie hinter unserem Rücken schlecht über unsere Familie redet. Du kennst sie schließlich. Inga verbeißt sich in die kleinsten Dinge und schmiert sie dir noch Jahre später aufs Brot.«

»Wann habe ich mich je bei dir über etwas beschwert?«

Jörg antwortete nicht. Das Thema war für ihn offenbar erledigt.

Miriam stellte eine Karaffe Orangensaft geräuschvoll direkt vor Jörgs Nase.

Ihr Mann hob nicht einmal den Blick, während er das Getränk beiseitestellte. Stattdessen huschten erst seine Augen und daraufhin seine Finger wieder wild über den Touchscreen seines Handys.

Miriam seufzte leise und holte die Brötchen aus dem Ofen.

Sie kannte dieses Spielchen bereits. Jörg verfasste zahlreiche E-Mails an Kollegen aus der großen Kanzlei. Die Arbeit nahm ihn sogar am Wochenende und an den Feiertagen völlig ein.

»Verlieren deine Kollegen nicht endlich einmal die Lust an der Arbeit?«, fragte sie ihren Mann möglichst beiläufig. »Ihr schreibt tagein, tagaus miteinander. Wann habt ihr denn Feierabend? So interessant und aufwendig können eure Mandanten doch gar nicht sein.«

Nun blickte Jörg doch endlich auf. Ein irritierter Ausdruck aus grünen Augen streifte Miriam. Er sah seine Frau eine Weile über den Rand seiner Brille an. Statt einer Antwort lächelte er verhalten und schüttelte den Kopf, als habe Miriam etwas völlig Unsinniges von sich gegeben. Dann wandte er sich erneut seinem Handy zu.

Den Kindern zuliebe, deren Zimmertüren sich in diesem Moment beide öffneten, ließ Miriam das Thema in der Luft hängen. Es würde sich schon noch eine Gelegenheit ergeben, endlich ein ernstes Wort mit Jörg zum Thema Trennung von Arbeit und Freizeit zu wechseln. Die Badezimmer im Obergeschoss schlug zu, gleichzeitig trappelten Füße die Treppe hinunter.

♥♥♥

»Lecker, Rührei!«, rief die siebzehnjährige Kira aus. Sie band sich ihre langen braunen Haare zu einem lockeren Dutt nach oben, als sie sich an den großen hölzernen Tisch neben der offenen Küche setzte. »Gibt's was zu feiern?«

Miriam schmunzelte. Wenigstens eine Person bemerkte, dass sie großzügiger auftischte als gewöhnlich.

Erstaunlicherweise schien Kira heute außerdem besser gelaunt zu sein als sonst um diese Uhrzeit. Ihre Tochter liebte es, am Wochenende lange und ausgiebig in den Federn zu liegen. Meistens zog sie Freitagabend mit ein paar Freundinnen um die Häuser und war am Samstagmorgen entsprechend unausstehlich und träge.

»Eigentlich nicht. Mein Geburtstag ist erst in zwei Wochen. Ich dachte mir, dass wir heute mal alle zu viert gemütlich zu Hause entspannen und einen Familientag bei Film und Fernsehen veranstalten. Wir könnten Pancakes machen. Wie klingt das?«

Kira zog eine wenig begeisterte Schnute.

»Na ja, ich wollte heute schon mit Lotte ins Kino. Dann müsste ich ihr extra absagen, aber sie freut sich bereits darauf. Und Chris muss heute noch zum Fußballtraining.«

Miriam lächelte ihre Enttäuschung beiseite.

»Das ist wahr. Vielleicht schaffen wir es ja, den Abend wenigstens gemeinsam zu verbringen, ehe wir uns alle wieder in die stressige Woche werfen.«

Endlich legte Jörg das Handy beiseite und verschränkte die Finger vor seinem leichten Bäuchlein.

Für sein Alter war er überaus attraktiv und gut trainiert, was daran liegen mochte, dass er gerade in den letzten Jahren deutlich mehr Zeit in dem kleinen Fitnessstudio verbrachte, das seine Firma extra für ihre Mitarbeiter eingerichtet hatte.

Er hob eine dunkle Augenbraue misstrauisch und richtete sein Blick fest auf Kira.

»Du bist ziemlich spät nach Hause gekommen.«

»Ja, und?«, entgegnete Kira. Sofort schossen Blitze aus ihren dunklen Augen. Der Teenager war direkt in Alarmbereitschaft und warf seiner Mutter hilfesuchende Blicke zu. »Mama hat es mir erlaubt.«

»Aber ich nicht. Du bist noch keine achtzehn. Wir hatten ausgemacht, dass du immer um Mitternacht daheim bist.«

»Jetzt nimm ihr nicht den Spaß, Jörg«, wandte sich Miriam beschützend an ihren Gatten. »Du warst doch auch mal jung. Kira weiß, worauf es ankommt. Sie war bloß mit Saskia und Lotte in einem dieser neuen Clubs. Du hast mich damals doch auch in einer Disco kennengelernt.«

»Diskothek! Das wird ja immer besser!«, brauste Jörg auf. »Da lungern Kerle herum, die Mädchen K.-o.-Tropfen verabreichen. Du wirst dort auf keinen Fall mehr hingehen.«

Kira warf ihre Gabel lautstark auf den Teller und sprang auf. Sie funkelte ihren Vater erbost an.

»Ja, so Kerle wie du, wie ich gerade gehört habe! Halt dich gefälligst aus meinem Leben raus! Ich esse auf meinem Zimmer! Schönen Dank auch für das tolle Frühstück!«

»Kira, warte ...«, versuchte es Miriam zaghaft, aber das große, schlanke Mädchen war bereits samt Teller im oberen Stockwerk verschwunden.

Eine Tür knallte lautstark in ihr Schloss.

♥♥♥

Miriam hatte schon lange das Durchsetzungsvermögen gegenüber ihrem Nachwuchs verloren. Sie war zwar Ansprechpartnerin Nummer eins, wenn es um Sorgen und Nöte ihrer Kinder ging, doch gleichzeitig entfernten sich die beiden immer weiter von ihr.

Sie nahm sich ein Brötchen aus dem Korb und schnitt es wütend auf, bis es völlig zerfleddert vor ihr lag. Hätte es sprechen können, hätte es Miriam nach dieser Tortur sicherlich um einen schnellen Gnadentod angefleht.

Nun verbrannte sich Jörg leicht die Hand an seinem Bagel.

»Au, kannst du die nicht erst mal abkühlen lassen?«, nörgelte er sofort.

»Das tue ich doch gerade«, erwiderte seine Frau betont ruhig, aber der aufbrausende Zorn stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie legte ihr Messer lieber beiseite, da sie sonst in der Luft damit herumgefuchtelt hätte. Stattdessen gebrauchte sie nun ihren Finger, dessen Spitze Jörg mit mulmigem Blick folgte. »Unsere Tochter hat auch ein Leben und einen eigenen Kopf. Kannst du dich denn gar nicht mehr an früher erinnern, an deine Jugend? Je mehr Verbote es gibt, desto geheimniskrämerischer sind Kinder. Und alles, was man ihnen verbietet, ist plötzlich das Spannendste auf Erden.«

»Das gilt vielleicht für kleine Kinder, aber doch nicht mehr für unsere Kira. Soll ich ihr jetzt auch noch Kokain und Marihuana schmackhaft machen, damit sie letztlich die Finger davon lässt? Man muss nicht alles im Leben ausprobiert haben. Es gibt auch völlig normale Grenzen, die von vorneherein eingehalten werden müssen. Ich mag diesen alternativen Erziehungsstil nicht. So verzieht man seine Kinder bloß.«

»Na sicher«, pflichtete Miriam ihm bei, woraufhin Jörg beschwichtigt nickte. »Aber sie war gestern bloß mit ihren beiden besten Freundinnen unterwegs. Ich wusste sogar davon. Sie hat es mir selbst gesagt und tatsächlich um Erlaubnis gefragt. Daran ist nichts verwerflich. Du steigerst dich da zu sehr hinein.«

»Das mit den Freundinnen glaubst vielleicht du. Es war mindestens ein Kerl dabei, sage ich dir«, vermutete Jörg in verschwörerischem Tonfall.

Er fuhr sich durch das lichter werdende, dunkelbraune Haar.

»Wir können sie doch nicht hier einsperren. Sie ist siebzehn, also fast volljährig. Natürlich hat sie in ihrem Alter Jungs im Kopf. Das war bei mir nicht anders. Du treibst sie bloß immer weiter von uns fort.«

»Und du verwöhnst Kira zu sehr.«

»Ja, mein Lieber. Du zeigst auch nicht gerade viel Einsatz, wenn es um Kinder oder Haushalt geht«, warf Miriam nun ein. »Irgendwer muss sich schließlich darum kümmern.«

Jörg starrte sie entgeistert an, als habe sie ihn aus seiner Traumblase zurück in die Realität geholt.

»Das ist nicht wahr, Miri-Schatz. Ich kümmere mich genauso wie du um die Familie. Du vergisst, dass ich tagsüber hart für unseren Lebensstandard, die Vereine der Kinder, unsere Autos, den Gärtner und deine Hobbys arbeite. Ohne mein Einkommen würden wir deutlich schlechter dastehen. Oder meinst du, die paar Einnahmen in deinem Häkelkränzchen halten eine vierköpfige Familie samt Haus und Garten über Wasser?«

Miriam biss sich auf die Zunge. Sie war zu weit gegangen. Natürlich konnte sich Jörg jetzt wieder in seinem Recht sonnen, was ihr missfiel.

Seine Frau arbeitete halbtags in einem kleinen Laden für Handarbeits- und Bastelbedarf. Ihr gefiel das Miteinander mit ihrer Kollegin und Chefin Bettina Hentz, die zu einer echten Freundin geworden war. Aber auch die beschauliche Atmosphäre des Geschäftes mitten in der Vorstadt war Gold wert für ihre Seele. Nebenbei legte Miriam eigene Werke ins Schaufenster, die sie während der Wartezeit auf Kundschaft anfertigte.

Aber natürlich blieb es mehr ein Zeitvertreib und ein kleines Taschengeld, während Jörg die vier mit seinem gut bezahlten Anwaltsjob ernährte. Zudem arbeitete er deutlich länger am Tag als Miriam. Und in letzter Zeit machte er zusätzlich ständig Überstunden bis spät in die Nacht, für die ihm ein satter Bonus winkte, wie er betonte.

»Ja, das ist wahr. Entschuldige bitte. Aber unsere Kinder sind bereits alt genug, um sich über ihr Tun im Klaren zu sein. Wir können sie von nichts mehr großartig abhalten, selbst wenn wir wollten. Wir sollten vielmehr als gutes Beispiel vorausgehen, gerade für Christoph. Wenn du bei jemandem ansetzen willst, dann bei ihm. Aber unseren Sohn berührst du wie zerbrechliches Porzellan. Kein Wunder, dass sich Kira unfair behandelt fühlt.«

»Er ist zehn. Und bis jetzt fiel mir nie etwas Ungewöhnliches an ihm auf. Im Gegensatz zu Kira benimmt er sich wenigstens und bringt immer gute Noten nach Hause. Sein Sportlehrer schwärmt außerdem beständig von ihm.«

»Die Pubertät steht bei ihm allerdings erst noch vor der Tür, Jörg. Du weißt bestimmt, wie du dich in seinem Alter benommen hast.«

Miriams Mann zuckte mit den Schultern, nickte aber.

Sie fuhr sich mit der Hand durch ihre dunkelblonden Locken. Mit der anderen rieb sie sich ihre müden Augenlider, ohne dabei die zarte Schminke zu verwischen.

»Ich habe nun einmal etwas mehr mit ihnen zu tun als du«, fuhr Miriam fort. »Du verlässt morgens das Haus und kommst spätabends zurück. Ich habe das Gefühl, du wohnst mehr in deiner Kanzlei als hier bei uns. Wir vermissen dich jeden zweiten Tag beim Abendessen. Manche Tage sehen dich die Kinder überhaupt nicht.«

»Ich muss meine neue Sekretärin einarbeiten. So etwas dauert.«

Miriam horchte auf. Von einer neuen Angestellten sprach Jörg gerade das erste Mal.

Mehr erzählte er zu diesem Thema jedoch auch nicht, sondern widmete sich lieber seinem aufleuchtenden Smartphone.

Seine Ehefrau empfand diese Bewegung als etwas zu hastig. Argwöhnisch beobachtete sie ihn.

Niemand kannte Jörg besser als sie. Ihre Alarmglocken schrillten. Eine neue Sekretärin also? Und ihretwegen blieb Jörg so lange im Büro, rief nicht einmal zurück und sagte auch seiner Familie nicht Bescheid, dass es später wurde?

»Ach, seit wann ist sie denn da?«, hakte Miriam nach.

Sie versuchte, betont gleichgültig zu klingen, obwohl ihr Inneres regelrecht verkrampfte. Ihre Stimme erzitterte beinahe. Sie musste sich räuspern, um wieder Halt zu finden. Ihr Herz stauchte sich schmerzhaft zusammen.

Seit ihrer Menopause nagte sie die Eifersucht beinahe unerträglich an ihr. Immer, wenn Jörg die attraktiven, gestylten Models auf Plakaten oder in Zeitschriften zu lange anstarrte, verfiel Miriam sofort in eine innere Krise. Dann stellte sie sich stundenlang vor den Badezimmerspiegel und blickte in ihre müden Augen, die von Falten umrahmt waren.

Sie wurde alt, doch dagegen war Miriam machtlos. Von Botox und Operationen nahm sie allerdings gehörigen Abstand, weil sie wusste, welche Gefahren solche Dinge bargen. Früher hatte Jörg gewusst, was er an seiner Ehefrau hatte. Ob ihr Mann inzwischen eine andere Angebetete sah, wenn er Miriam in die Augen blickte? Stellte er sich vor, eine fremde Frau statt ihrer im Arm zu halten?

»Hast du Kira ... also ... hast du sie ...«, stammelte Jörg nun unsicher und riss sie damit aus ihren dunklen Gedanken, ohne auf Miriams vorherige Frage einzugehen.

Er lenkt geschickt vom Thema ab, dachte sie.

Sie wusste jedoch sofort, was er meinte. Jörg war nicht gut darin, unangenehme Themen anzusprechen und auf den Punkt zu bringen.

»Ja, natürlich. Kira ist mehr als nur aufgeklärt. Sie hat eine Mutter, die sich um sie kümmert. Aber sie wie eine Helikoptermutter Tag und Nacht umkreisen, kann ich trotzdem nicht – Aufsichtspflicht hin oder her. Unsere Große hat schon seit der Pubertät ihren ganz eigenen Kopf. Man muss nur wissen, wo man ihr die Grenzen setzt, dann hält sie jene auch ein.«

Seine Augen wurden groß.

Miriam verlor sich einen kurzen Moment wieder in dem strahlenden Grün. In der Sonne erinnerte es sie an glitzernde Smaragde. Eine ganz besondere Farbe. Sie liebte auch Jörgs lange dichte Wimpern und sein Lächeln, das er seit der verpatzten Griechenlandreise immer weniger zeigte.