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Bei Holger und Freya sind die Rollen klar verteilt: Er geht arbeiten, während sie die fünf Kinder versorgt und den Haushalt organisiert. Das geregelte Familienleben gerät jedoch aus den Fugen, als Freya einen Kreislaufzusammenbruch erleidet und die Ärzte sie für mehrere Wochen in Kur schicken.
Holger sieht sich plötzlich einer Schar hungriger Mäuler, einem Riesenberg Wäsche und anderen unliebsamen Herausforderungen gegenüber. Er hat die Leistung seiner Frau eindeutig unterschätzt. Doch diese Erkenntnis bringt ihm angesichts hoffnungslos verfärbter Wäsche, angebranntem, ungenießbarem Essen und quengelnder Kinder erst einmal gar nichts ...
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Seitenzahl: 112
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Kinder, Küche, Katastrophen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shurkin_son / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9587-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Kinder, Küche, Katastrophen
Mitreißender Roman um eine Rasselbande
Von Michaela Andrée
Bei Holger und Freya sind die Rollen klar verteilt: Er geht arbeiten, während sie die fünf Kinder versorgt und den Haushalt organisiert. Das geregelte Familienleben gerät jedoch aus den Fugen, als Freya einen Kreislaufzusammenbruch erleidet und die Ärzte sie für mehrere Woche weit entfernt in Kur schicken.
Holger sieht sich plötzlich einer Schar hungriger Mäuler, einem Riesenberg Wäsche und anderen unliebsamen Herausforderungen gegenüber. Er hat die Leistung seiner Frau eindeutig unterschätzt. Doch diese Erkenntnis bringt ihm angesichts hoffnungslos verfärbter Wäsche, angebranntem, ungenießbarem Essen und quengelnder Kinder erst einmal gar nichts …
Vom fröhlichen Gurgeln der Kaffeemaschine begleitet, tröpfelte das koffeinhaltige Heißgetränk in die Glaskanne. Sein verlockender Duft erfüllte die ganze Wohnung.
Holger Klausner schnupperte sehnsüchtig und sprang behände aus dem Bett. Freya war doch einfach ein Schatz. Zufrieden schlurfte er ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche, um endgültig wach zu werden. Sein Dienst im Ticketcenter auf dem Hauptbahnhof fing um halb sieben an.
Wie jeden Morgen richtete Freya Klausner ihrem Mann schnell ein Frühstück und schmierte ihm für die Arbeit ein paar Brote. Sie lächelte ihm liebevoll zu, als er in die Küche trat, und schenkte ihm eine Tasse Kaffee ein. Beide sprachen kaum ein Wort. Es war einfach noch zu früh dafür.
Bevor Holger sich auf den Weg machte, drückte er seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
„Lass es dir gutgehen, Schatz!“
Manchmal beneidete er sie darum, dass sie nicht zur Arbeit musste. Sie konnte zu Hause bleiben und sich ihren Tag selbst einteilen. Seine Freya war eine wundervolle Partnerin. Sie hatte es verdient, vom Leben verwöhnt zu werden.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihrem Mann geschlossen, ließ sich Freya erschöpft auf einen Küchenstuhl sinken. Paulchen hatte die Nacht fast durchgemacht. Der kleine Schatz war sechs Wochen alt, und normalerweise war er ein ungewöhnlich friedfertiges und pflegeleichtes Baby. Im Vergleich zu seinen vier Geschwistern war er ein richtiger Engel. Er hatte sich sogar an den geplanten Geburtstermin gehalten, und das wollte wirklich etwas heißen. Paulchen ließ sich stillen, trank ausreichend und schlief leicht ein. Er brüllte für gewöhnlich nur, wenn er triftige Gründe dafür hatte. Was konnte eine Mutter mehr wollen.
Dennoch nahm dieses Baby sie wesentlich mehr mit als seine Vorgänger. Sie war noch immer müde von der Geburt und sehnte sich nach Ruhe. Du wirst eben alt, meine Gute. Mit zweiundvierzig steckt man so etwas nicht mehr so einfach weg, aber was uns nicht tötet, dient zur Abhärtung.
Freya zwang sich zu lächeln und machte sich an ihr Tagwerk.
Ihre zwei Großen mussten geweckt werden. Jan war zwölf, Katja acht Jahre alt. Zum Glück lag die Grundschule direkt neben dem Gymnasium, so dass Jan seine Schwester mitnehmen konnte. Der Kindergarten für Moritz, ihren Fünfjährigen, fing erst um acht Uhr an. Er konnte also noch fünfundvierzig Minuten schlafen. Leider tat er das aber meist nicht, weil er Angst hatte, etwas Spannendes zu verpassen. Leni – zwei Jahre alt und bis vor sechs Wochen das Nesthäkchen – dagegen wehrte sich mit Händen und Füßen, wenn ihre Mutter sie aus dem Schlaf riss, aber es half nichts. Freya konnte das Kind nicht einfach allein in der Wohnung lassen, wenn sie Moritz zum Kindergarten brachte, denn der lag leider nicht gerade ums Eck. Der Kindergarten in der Nähe war hoffnungslos überlastet, und Freya hoffte nur, dass sie zumindest Leni im kommenden Jahr dort unterbringen konnte.
„Mami! Mami!“, klagte Katja weinerlich aus dem Badezimmer. „Jan lässt mich nicht ans Waschbecken, aber ich bin dran. Er steht da schon volle zehn Minuten! Außerdem spielt er wieder mit Papas Rasierwasser herum.“
„Alte Petze!“, schimpfte ihr Bruder wutentbrannt, und kurz darauf fing das Mädchen an zu weinen.
Wahrscheinlich hatte er sie wieder einmal an den Haaren gezogen. Der Lärm zog Moritz magisch an. Er stand im Flur und beobachtete alles voller Neugierde. Leni fing an zu plärren, weil der Krach sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Natürlich quäkte dann auch noch Paulchen los. Er gehörte schließlich auch zur Familie.
Freya eilte an den Ort des Geschehens und sorgte für einen Waffenstillstand.
„Jan, deine Schwester muss sich auch noch fertig machen. Dein Kakao steht auf dem Tisch. Katja, morgen früh darfst du zuerst ins Bad. Moritz, du Ganove, hatten wir nicht vereinbart, dass du noch ein bisschen im Bett bleibst? Leni, Schätzchen, es ist doch alles gut. Schlaf noch ein bisschen. Mami ist doch da.“
Als die Großen gegangen waren, zog Freya Moritz und Leni an. Leni bekam ein Fläschchen und nuckelte im Halbschlaf daran herum, während Freya Paulchen die Brust gab, um ihn zu beruhigen. Moritz rannte ängstlich zwischen der Küche und der Wohnungstür hin und her.
„Mami, ich komme ganz bestimmt wieder zu spät, ganz bestimmt. Die Erzieherin schimpft Karl und mich immer aus. Mami, bitte …“
Freya lächelte gequält. „Komm mal her, Schatz. Siehst du da oben die Uhr. Wo ist denn der große Zeiger?“
Moritz war für eine Weile damit beschäftigt, die Uhrzeit zu ermitteln, kaum hatte er festgestellt, dass sie noch etwas Zeit hatten, fing er schon wieder an zu drängen. Es schien dem kleinen Jungen eine Ewigkeit, bis Leni endlich im Kindersitz und Paulchen in der Babytragetasche verstaut waren.
Auf dem Weg zum Kindergarten sammelte Freya noch den Sohn einer Nachbarin ein. Die Frauen halfen sich gegenseitig. Freya nahm Karl morgens mit zum Kindergarten, und Tanja brachte Moritz nachmittags mit heim. Auf diese Art sparten beide einen Weg. Die Jungen fanden das toll, denn sie waren die besten Freunde und hatten sich immer viel zu erzählen. Erleichtert winkte Freya den beiden, bis die Kindergartentür hinter ihnen ins Schloss fiel.
Leni trällerte gut gelaunt vor sich hin. Sie sah sich aufmerksam um, während Paulchen wieder tief und selig eingeschlafen war.
„Weißt du was, Leni, wir machen heute unseren Großeinkauf. Das wird lustig“, wandte sich die Mutter an das Mädchen.
Leni strahlte über das ganze Gesicht, denn im Einkaufswagen zu fahren war das Größte für sie. Ungern ließ Freya das schlafende Baby im Wagen, aber es ging nicht anders. Sie mussten sich eben beeilen.
Um neun Uhr war nicht viel los im Supermarkt, und eigentlich hätte sie den Einkauf schnell hinter sich bringen können, aber an diesem Morgen war ihr einfach nicht gut. Seit sie aufgestanden war, überkam sie immer wieder eine schreckliche Übelkeit. Die Frau stützte sich mehr auf den Einkaufswagen, als dass sie ihn schob, und quälte sich von Regal zu Regal. Am besten kochte sie etwas, was nicht lange dauerte und versuchte, sich zumindest für ein paar Minuten aufs Ohr zu legen. Grießbrei – die Kinder liebten Grießbrei, und bis Holger abends kam, ging es ihr sicher besser, dann konnte sie ihm eine Suppe machen. Doch, so war es wohl am besten. Da fiel ihr der Wäscheberg ein, der zu Hause auf sie wartete. Nein, hinlegen konnte sie sich beim besten Willen nicht. Die Kinder hatten fast nichts mehr anzuziehen. Es würde schon gut werden.
Als sie den schweren Familienpack Waschmittel hochhievte, verlor sie fast das Gleichgewicht und wäre beinahe gefallen.
Leni sah ihre Mutter verständnislos an. Was hatte die Mami denn? Freya wollte das Kind beruhigen, als der Schwindel erneut über ihr zusammenschlug, und diesmal konnte sie sich nicht mehr dagegen wehren. Sie sackte in sich zusammen und verlor das Bewusstsein.
Notarzt und Krankenwagen waren schnell zur Stelle und nahmen die Frau und ihre zwei Kinder mit.
♥♥♥
Holger Klausner wurde totenbleich, als der Anruf aus dem Krankenhaus ihn erreichte.
„Meine Frau?“, stammelte er verständnislos. „Aber, aber was ist denn mit Freya? So reden Sie doch!“ Entsetzt lauschte er den sachlichen Ausführungen des Arztes.
„Herr Klausner, Ihre Frau hatte einen Kreislaufzusammenbruch. Es geht ihr den Umständen entsprechend gut, aber lassen Sie uns in aller Ruhe darüber sprechen, wenn Sie kommen. Übrigens, könnten Sie ihre Kinder hier abholen?“
„Natürlich … natürlich, ich … ich komme, so schnell es geht.“ Mit zitternden Händen legte Holger den Hörer auf.
Sein Chef reagierte unerwartet teilnahmsvoll.
„Gehen Sie schon, Klausner, für den Rest der Woche stelle ich Sie frei. Falls es länger dauert, geben Sie mir Bescheid. Da kann man nichts machen, das ist höhere Gewalt. Die Hauptsache ist, dass Ihre Frau bald wieder gesund ist. Richten Sie ihr bitte Grüße von mir aus.“
Wie von Sinnen eilte Holger ins Krankenhaus und fühlte sich erst etwas besser, als er Freyas liebevolles Lächeln erwiderte. Erschüttert registrierte er, wie bleich und erschöpft sie aussah. Ihr Gesicht wirkte zart und zerbrechlich auf dem weißen Kissen, und ihre Augen glitzerten fiebrig. Holgers Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
„Na, da habe ich dir einen richtigen Schreck eingejagt. Tut mir leid, Schatz“, scherzte sie mit schwacher Stimme.
„Du hast vielleicht Sorgen, mein Liebling. Werd nur wieder gesund.“ Zärtlich nahm er ihre Hand und streichelte sie unbeholfen. Anschließend erhob er sich. „Jetzt muss ich aber nach unserem Nachwuchs sehen, sonst stellt Leni noch das Krankenhaus auf den Kopf.“
Sie nickte müde. Kaum hatte er das Zimmer verlassen, fielen ihr die Augen wieder zu, und sie schlief ein.
Auf dem Flur lief Holger Klausner dem jungen Stationsarzt direkt in die Arme.
„Keine Bange, Ihre zwei sind auf der Babystation vorerst gut aufgehoben, und ich würde mich gerne in aller Ruhe mit Ihnen unterhalten. Der Zustand Ihrer Frau bereitet mir Sorgen. Sie …“
„O Gott, schwebt sie etwa in Lebensgefahr?“, unterbrach Holger ihn ängstlich.
„Nein, nein! Für den Augenblick hat sich ihr Zustand stabilisiert, aber ihre Frau ist sehr geschwächt, und die extreme Belastung so kurz nach einer anstrengenden Geburt hat ihr Herz angegriffen. Herr Klausner, Ihre Frau braucht dringend eine Pause, sonst kann ich für nichts garantieren.“
Ungläubig sah Holger ihn an. „Eine Pause? Wir haben fünf Kinder, und ich muss zur Arbeit.“
„Genau darüber wollte ich mit Ihnen sprechen. Ich möchte Ihre Frau noch für einige Tage zur Beobachtung hierbehalten. Anschließend wäre ein vierwöchiger Kuraufenthalt äußerst wichtig. Im Fall Ihrer Frau könnte ich bewirken, dass sie die Kur sofort antreten kann. Das Problem sind die Kinder. Natürlich würde man Baby und Mutter nicht trennen. Aber es bleiben noch vier Kinder zu versorgen. Haben Sie vielleicht Verwandte oder Freunde, die in dieser Notlage einspringen könnten?“
Ohne auch nur nachzudenken, schüttelte Holger den Kopf. Da gab es absolut niemanden, an den er sich wenden konnte.
„Schade. Das wäre die einfachste Lösung gewesen. Sicher wird man Ihnen eine Familienpflegerin bewilligen. Das Problem ist nur, dass in dem Bereich wie überall Personalmangel herrscht. Es kommt erfahrungsgemäß häufig zu längeren Wartezeiten, bis eine Familienpflegerin frei wird. Können Sie diese Durststrecke überbrücken?“ Der Arzt sah Holger Klausner ernst an. „Für Ihre Frau wäre diese Kur wirklich äußerst wichtig.“
„Momentan zählt allein die Gesundheit meiner Frau. Alles andere muss irgendwie gehen, und das wird es auch. Kümmern Sie sich bitte um einen Kurplatz.“
Freya schlief, als sich ihr Mann noch einmal leise an ihr Bett schlich und sie liebevoll betrachtete.
„Es wird alles gut, mein Schatz“, flüsterte er lautlos. „Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass es dir nicht gut ging? Ich hätte es sehen müssen, verdammt, ich hätte es sehen müssen, aber du weißt doch, dass ich manchmal ein blinder alter Esel bin. Ich liebe dich.“
Vorsichtig ging er aus dem Zimmer und holte Leni ab. Paulchen blieb im Krankenhaus, damit Freya ihn weiterhin stillen konnte.
Katja und Jan hatten zwar einen eigenen Schlüssel, aber es kam sehr selten vor, dass ihre Mutter nicht zu Hause war, wenn sie von der Schule zurückkamen. Die beiden fühlten sich nicht wohl in ihrer Haut und rannten ihrem Vater stürmisch entgegen, als sich sein Schlüssel im Schloss drehte.
„Papa? Was machst du denn jetzt schon hier? Wo ist Mami?“ Die Kinder waren ziemlich aufgeregt und spähten ins Treppenhaus, um nach Freya Ausschau zu halten.
„Familientreffen im Wohnzimmer in fünf Minuten“, verkündete Holger und setzte Leni ab, die auf dem gesamten Rückweg von der Klinik nach ihrer Mutter gebrüllt hatte. Ihre Fäuste waren geballt und ihr Gesicht dunkelrot angelaufen. Holger putzte ihr die Nase und zog ihr Hausschuhe an, dann trug er sie ins Wohnzimmer, wo Katja und Jan ungeduldig warteten.
„Kinder, eurer Mutter geht es gut, aber sie muss sich ein paar Wochen erholen. Wir müssen einige Zeit ohne sie auskommen. Also ich habe mir das so vorgestellt …“
Katjas Weinen unterbrach ihn.
„Mami ist tot!“, schluchzte das Mädchen verzweifelt. Selbst in Jans Augen standen Tränen, die er aber schnell wegwischte, in der Hoffnung, dass sie niemand gesehen hatte.
„Aber nein, ihr Süßen. Eure Mutter ist im Krankenhaus, das ist alles“, versuchte Holger, sie zu beruhigen, aber Katja glaubte ihm nicht.
„War es ein Autounfall?“, fragte Jan leise. „Tobis Vater ist auch bei einem Autounfall gestorben.“
Genervt gab Holger auf und schilderte ihnen genau, was sich ereignet hatte. Katja putzte sich lautstark die Nase. Sie war beruhigt.
„Wir müssen jetzt alle zusammenhalten, und jeder muss ein bisschen helfen. Mami soll doch wissen, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Sie soll sich so richtig auskurieren. Wir kommen doch klar, oder?“
„Okivenoki“, stimmten Katja und Jan einträchtig zu.
Am Abend sah Holger noch einmal bei seiner Frau vorbei.
„Die Kinder und ich, wir kommen klar, Schatz. Kein Problem. Katja und Jan können schließlich schon mit anpacken. Mach dir bloß keine Sorgen.“