Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #3 - Markus Heitz - kostenlos E-Book

Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #3 E-Book

Markus Heitz

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Beschreibung

Möchten Sie fantastische Romane lesen, die Sie in fremde Welten entführen? Haben Sie Lust, Markus Heitz' neue Abenteurerin in ein Szenario des 30 Jährigen Krieges voll finsterer Mächte und Magie zu begleiten? Wollen Sie wissen, wie es mit Liza Grimms göttlichen Helden von Midgard weitergeht? Warten Sie vielleicht nur auf ein neues packendes High-Fantasy-Epos, bei dem sich die Toten aus der Erde erheben? Fasziniert Sie die Geschichte eines Barden, der inmitten großer Schlachten, Magie und politischer Intrigen den Lauf der Zeit verändern will? Fiebern Sie gern mit Außenseitern mit, die trotz aller Widerstände ihren Weg gehen? Gibt es Wartezeiten zu überbrücken, bis der neue Roman ihres Lieblingsautors erscheint? Oder ist es einfach mal wieder Zeit für eine Auszeit vom Alltag und damit für ein magisches Buch? Dann sind die Fantastischen Aussichten, die Leseproben-Sammlung zu den Fantasy-Titeln des Knaur Verlages, genau das Richtige für Sie. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Markus Heitz »Die dunklen Lande« - Liza Grimm »Die Helden von Midgard« - Katharina Haderer »Das Schwert der Totengöttin« - Anna Smith-Spark »Das Reich der zerbrochenen Klingen« - Kevin Hearne »Das Spiel des Barden« - Lisa Maxwell »Der letzte Magier von Manhattan«

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Seitenzahl: 206

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Fantastische Aussichten:Fantasy & Science Fiction bei Knaur

Leseproben Frühjahr 2019

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Über dieses Buch

Möchten Sie fantastische Romane lesen, die Sie in fremde Welten entführen? Haben Sie Lust, Markus Heitz’ neue Abenteurerin in ein Szenario des 30 Jährigen Krieges voll finsterer Mächte und Magie zu begleiten? Wollen Sie wissen, wie es mit Liza Grimms göttlichen Helden von Midgard weitergeht? Warten Sie vielleicht nur auf ein neues packendes High-Fantasy-Epos, bei dem sich die Toten aus der Erde erheben? Fasziniert Sie die Geschichte eines Barden, der inmitten großer Schlachten, Magie und politischer Intrigen den Lauf der Zeit verändern will? Fiebern Sie gern mit Außenseitern mit, die trotz aller Widerstände ihren Weg gehen? Gibt es Wartezeiten zu überbrücken, bis der neue Roman ihres Lieblingsautors erscheint? Oder ist es einfach mal wieder Zeit für eine Auszeit vom Alltag und damit für ein magisches Buch? Hier sind Ihre fantastischen Aussichten für das Frühjahr 2019! Vorab-Leseproben zu den Fantasy-Titeln des Knaur Verlages, die im Frühjahr 2019 erscheinen. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Markus Heitz »Die dunklen Lande« - Liza Grimm »Die Helden von Midgard« - Katharina Haderer »Das Schwert der Totengöttin« - Anna Smith-Spark »Das Reich der zerbrochenen Klingen« - Kevin Hearne »Das Spiel des Barden« - Lisa Maxwell »Der letzte Magier von Manhattan«

Inhaltsübersicht

Markus HeitzDie dunklen LandeLisa MaxwellDer letzte Magier von ManhattanLiza GrimmDie Helden von MidgardAnna Smith SparkDas Reich der zerbrochenen KlingenKevin HearneDas Spiel des BardenKatharina V. HadererDas Schwert der Totengöttin
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Markus Heitz

Die dunklen Lande

»Die Erde, deren Gewohnheit ist, die Toten zu bedecken, war damals an selbigem Ort selbst mit Toten überstreut, welche auf unterschiedliche Manier gezeichnet waren, Köpf lagen dorten, welche ihre natürlichen Herren verloren hatten, und hingegen Leiber, die ihrer Köpf mangelten; etliche hatten grausam- und jämmerlicher Weis das Ingeweid heraus, und andern war der Kopf zerschmettert, und das Hirn zerspritzt.«

 

Aus: Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch (1668)

über die Schlacht bei Wittstock am 4. Oktober 1636

von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen

 

Capitulum I

 

Altona, nahe der Freien Reichsstadt Hamburg, April 1629

 

Her mit dem Bier, verflucht!«, brüllte Statius quer durch die Schenke. Sie trug den schönen Namen Kaventsmann und lag unmittelbar an der Elbe nahe der Fähre, mit der er und seine zwei Begleiter übergesetzt hatten. »Weib, wie lange müssen wir noch warten? Weißt du nicht, dass es gefährlich ist, Männer des Krieges darben zu lassen?«

»Gleich, gleich«, rief verzagt die Schankmaid, die allenfalls vierzehn Jahre alt war, und füllte den Trunk aus einer großen Kanne in die Humpen.

Die restlichen Besucher duckten sich hinter ihre Krüge und redeten leise, vier Kartenspieler mühten sich, die Blätter leise abzulegen, um die Aufmerksamkeit und damit den Unmut der Söldner nicht auf sich zu ziehen.

»Und das Essen? Was ist mit dem Essen?«, setzte Statius nach, dessen Kleidung ebenso bunt wie die seiner beiden Freunde am Tisch war. Sie trugen mehrfarbig gestreifte Hemden mit bauschigen Ärmeln, geplusterte Schlitzhosen sowie Barette und Hüte mit langen, gefärbten Federn. Stolz machten sie deutlich, dass sie nichts mit den einfachen Menschen gemein hatten. Ihre Bärte waren sauber gestutzt, Statius’ Schnauzer war an den Enden verwegen waagrecht gedreht.

»Ja, Mama ist schon dabei«, versicherte das Mädchen und schleppte die Krüge an den Tisch. »Hier, bitte sehr.« Kaum hatten die Böden der Behältnisse die Platte berührt, hastete sie von dannen, um nicht von einem der Männer auf den Schoß gezogen zu werden. »Wohl bekomm’s.«

»Das hoffe ich. Sonst wirst du mir heute Nacht wohl bekommen.« Statius verteilte die Krüge. »Ein Hoch auf das Leben, das uns wiederhat, meine Freunde!«

Jacob, der Kleinste und Schmalste von ihnen, den alle nur Jäcklein nannten, hob seinen Humpen und stieß mit Statius an. »Jawoll! Mögen die Klingen der Gegner stets stumpf sein.«

Nicolas, der Älteste und ein Baum von einem Kerl, warf einen Blick aus dem offenen Fenster, durch den der Rauch der zahlreichen glühenden Pfeifen abzog. Sein Augenmerk galt dem Wagen, auf dem sich ihr Zelt, die Rüstungen und Stangenwaffen befanden, sowie dem daneben angebundenen Pferd. Er hätte Karren und Tier lieber in einer Scheune gewusst, aber Jacob und Statius hatten beim Anblick der Schenke keinen Schritt mehr gemacht. Ohnehin wage es niemand, sich daran zu vergreifen, meinten sie.

Letztlich blieb Altona eine armselige Ansammlung von Bauernhöfen, Fischerkaten und Wirtshäusern, ungeliebt von der blühenden Schwester Hamburg. Die Grafen von Schauenburg hatten die Ansiedlung von verfolgten Protestanten aus den spanischen Niederlanden, Mennoniten sowie deutschen und portugiesischen Juden veranlasst. Nachdem die Dänen Altona besetzt hatten, kamen die Kaiserlichen und tobten. Und nach ihnen die Pest. Etliche Häuser standen leer, andere trugen noch die Pestmarkierung.

Nicolas kannte das aus anderen Regionen, in denen er gewesen war. Ohne nach dem Krug zu sehen, packte er ihn. »Mögen die Klingen stumpf sein«, stimmte er zu und leerte das Bier in einem Zug; es schmeckte bitter und wässrig, doch es löschte den Durst. Dann wandte er sich seinen Freunden zu. »Ist nun wieder mit euch zu reden?«

»Mit mir immer«, sagte Jäcklein und wischte sich Schaum von der Oberlippe.

»Mit mir erst, wenn ich gegessen habe.« Statius schlug mit der Faust rhythmisch auf den Tisch und rief: »Hunger, Hunger, Hunger!«

»Lass es sein«, herrschte ihn Nicolas an. »Die Kleine fürchtet sich vor dir zu Tode.«

»Dann fügt sie sich leichter, wenn ich sie nachher –«Er unterbrach sich, als er den bösen Blick seines Anführers sah. »Ist gut. Ich lass sie. Aber ich wette mit dir um dein Mahl, dass sie schon mehr als ein Dutzend Schwänze in sich hatte.« Er zeigte durch den Innenraum. »Ist doch ein gutes Zubrot für ein hübsches Ding wie sie. Wer weiß, wie lange sie noch hübsch ist?«

Nicolas ging nicht darauf ein. Statius war ein grober Kerl, oft zu laut und zu derb, ganz genau dem entsprechend, was über Landsknechte zu hören und lesen war. Aber in der Schlacht konnte man sich auf ihn verlassen. Das war überlebenswichtig, wenn man in einem Tercio stand und um sein Dasein focht. Wenn die Reiterei nahte und in die Reihen schoss, wenn der Gegner heranmarschierte, Musketenkugeln flogen und die Piken wie überlange Dorne zustachen; wenn man vor Pulverdampf nichts mehr sah – dann war Statius an Nicolas’ Seite. Daher tolerierte der Anführer vieles von dem, was sich Statius abseits der Gefechte leistete.

Jäcklein nahm noch einen Schluck und betrachtete Nicolas. »Was denkst du? Lassen sie uns nach Hamburg rein?«

»Hängt davon ab, wie er sich benimmt.« Nicolas zeigte auf Statius. »Der Rat mag umherziehende Landsknechte nicht sonderlich. Sagt man.«

»Oh, ich kann fromm wie ein Lamm sein.«

Jäcklein lachte. »Du wärst das erste Lamm mit Klauen und Reißzähnen.«

»Und immer noch fromm.« Statius erhob sich und warf den Krug hinter den Tresen. »Vollmachen, Mädchen. Oder ich mach dich voll.«

Einige Gäste packten ihre Karten ein und verließen das kleine Gasthaus, murrend und protestierend paffend gingen sie hinaus.

Nicolas sah aus dem Fenster, damit sie nicht auf den Gedanken kamen, sich am Wagen zu schaffen zu machen. Einer pisste gegen das Rad, was Nicolas nichts ausmachte. Nur wenn der Strahl die Ladung getroffen hätte, wäre er eingeschritten.

Er wandte den Blick wieder in die Stube, auf den schartigen Bidenhänder, der neben ihm an der Wand lehnte. Es war seiner. Er trug ihn im Kampf auf dem Rücken, während er eine Hellebarde gegen Kürassiere und Musketenschützen führte. Erst wenn die gegnerische Formation nahe genug herangekommen war, löste er sich aus dem Tercio und mähte sich mit dem Zweihänder durch die gegnerischen Reihen von Pikenieren und Musketieren. Die schwere Klinge knackte Knochen, Schädel und Holzschäfte gleichermaßen.

In seinem Kopf stiegen die grausamen Erinnerungen an die letzte Schlacht empor. »Branntwein, Mädchen«, rief er rasch. Er musste die Bilder bekämpfen, um nicht in Trübsinn zu verfallen.

Jeder Söldner ging damit anders um. Jäcklein flüchtete sich in Witz und Schalk, Statius in Unflätigkeit und unentwegte Prügeleien. Nicolas fand den Rausch lindernd.

»Gleich, mein Herr.« Die Schankmaid brachte zuerst neues Bier, wobei sie darauf achtete, es nahe bei Jäcklein abzustellen, um nicht an Statius heranzumüssen, danach stellte sie eine Flasche Schnaps dazu und brachte Teller mit dampfendem Eintopf, der aus fettigem Fleisch in Hafergrütze bestand. »Mahlzeit.«

Blitzschnell schnappte Statius nach ihrem linken Handgelenk. »Sag, meine Kleine, wie ist dein Name? Hättest du nicht Lust, die Welt zu sehen? Ich brauch noch jemand, der mich näht und bekocht und auf meine Dinge schaut, während wir über die Schlachtfelder ziehen.«

»Nein, nein. Ich mag die Welt in Altona«, gab sie stammelnd zurück und sah hilfesuchend zu den beiden anderen Söldnern. »Osanna heiße ich.«

»Iss jetzt«, befahl Nicolas. »Wir finden schon willige Seelen.«

»Schade, Kind. Du wärst mir recht gekommen.« Statius ließ sie ziehen und machte sich über das Essen her. »Hab schon schlechter gefressen«, murmelte er zwischen den Bissen, die er runterschlang. Eine Angewohnheit aus dem Feld. Was man im Bauch hatte, konnte einem nicht mehr genommen werden.

»Also, wir gehen nach Hamburg«, nahm Jäcklein die Unterredung auf. »Hören uns um, wo die nächste Schlacht ansteht, und sputen uns, damit wir einen Werber finden, der uns aufnimmt. Das ist unser Vorgehen?« Er aß langsam und kaute mehr als zwanzigmal. Es machte so mehr satt.

Nicolas nickte. »Bringen wir uns bei den Pfeffersäcken auf den Stand der Dinge. Die Hafenstadt weiß, wo Bedarf für unsere Piken und Klingen ist. Die Dänen mögen sich verpissen, aber auf die Schweden ist Verlass. Die lassen ihre Protestanten nicht im Stich.« Er sah löffelnd in die Runde. »Wie sieht es mit den Ersparnissen aus? Reicht es bei jemandem für eine Muskete? Eine Pistole?«

»Ich wäre froh, ich könnte mir den Harnisch ausbessern lassen«, erwiderte Statius und rülpste laut.

»So eine Muskete, das wär was Feines! Aber nicht mit einer blöden Lunte, die mir mit den glimmenden Funken den Bart versengt. Ich hab gehört, es gibt schon wieder neue. Mit einem Schloss, das dem Radschloss ähnelt, aber weniger umständlich ist.« Jäckleins Gesicht verklärte sich vor Entzücken. »Dagegen würde ich meine Pike tauschen.«

»Wer nimmt denn ein altes Eisen mit einem Holzstiel und gibt dir dafür ein Gewehr?« Statius lachte ihn aus. »Wir haben es doch gut, oder nicht?«

Nicolas hörte vor allem eines heraus: Ihnen fehlte es an Geld. Noch zehn lausige Dukaten, ein paar Heller und Batzen steckten in seiner Börse, die seines Erachtens weniger wogen, als sie sollten. Er hatte gehört, dass manche Münzstätten heimlich auf Befehl der Fürsten den Anteil von edlem Metall verringerten. Betrug allerorten.

»Dann bleiben uns wenig Möglichkeiten, wählerisch zu sein«, sprach er in die Runde. »Sobald wir in Hamburg sind, suchen wir uns eine ordentliche Schlacht.«

»Gegen die Katholiken oder gegen die Protestanten?«, wollte Statius wissen und warf den Löffel nach dem Mädchen. »Hey! Bring mir den wieder, zusammen mit einer zweiten vollen Schüssel und Bier.«

Osanna machte sich ans Werk.

»Meinem Eisen ist es gleich, wen es durchbohrt.« Jäcklein hatte nicht mal die Hälfte des Eintopfs gegessen. »Für Wallenstein würd ich gerne mal fechten. Schade war’s um den Manfeld. Der verstand sich auf Kampf und List. Für das Fernbleiben im Gefecht beim Weißen Berg hat er hunderttausend Taler eingesackt! So ein Fuchs!«

»Und tot ist er dennoch.« Nicolas dachte nach. »Wallenstein. Warum nicht? Ja, mal sehen, ob er Leute sucht. Ansonsten Tilly. Oder Wachdienste. Oder doch aufs Meer und in die Südsee, dahin, wo die anderen Schlachten der Länder geschlagen werden.« Er scharrte die Reste in der Schüssel zusammen, während Statius ein neuer Schmaus und Bier gebracht wurden.

»Aufs Meer? Nein, nicht für hunderttausend Gulden!« Jäcklein beobachtete ihren Anführer. »Was war das eigentlich? Letztens?«

»Ich weiß nicht, was du meinst.« Nicolas wusste es genau.

»Als wir ins Feld zogen.« Der kleine, sehnige Mann zog mit dem runden Ende des Löffels eine Linie auf dem grob gezimmerten Tisch. »Eine Schneise hast du geschlagen, quer durch das ganze Tercio, als wäre der Teufel hinter dir her.«

»Und nicht eine Wunde.« Statius schlug sich gegen die Brust. »Du hast doch einen Schutzbrief bei dir, gib’s ruhig zu. Ich hab auch einen. Hilft immer.«

Nicolas erinnerte sich nur schemenhaft daran. Im Getümmel war er in einen Rausch verfallen, wie einer dieser Berserker, von denen die Römer einst sprachen. Wie ein Dämon, den man von der Kette gelassen hatte, war er über die Gegner gekommen. Nichts davon wusste er mehr wirklich.

»Der leibhaftige Schnitter, Nicolas. So was habe ich in den letzten Jahren noch nie bei dir gesehen.« Jäcklein klang nicht besorgt. »Du solltest mehr Sold für dich verlangen.«

»Für uns! Denn wir folgen ihm, vergiss das nicht«, warf Statius sogleich ein. Dann schaute er verschwörerisch drein. »Sagt mal, hattet ihr auch das Gefühl, dass da einige Kerle, denen wir die Köpfe von den Schultern schlugen, gar stark stanken? Wie Tote?«

»Es waren Tote.« Daran erinnerte sich Nicolas wiederum sehr genau.

»Sie haben die Gestorbenen aus den Gräbern gezerrt und sie mit unheiligem Leben erfüllt«, bestätigte Jäcklein abgebrüht. »Meiner Treu! Das muss die Wiederauferstehung sein, von der alle sprechen. Ich hätt sie mir anders vorgestellt. Im Paradiese sind wir nicht, edle Herren!«

Die drei Söldner lachten.

»Wie geht das?« Statius schob die zweite leere Schale von sich. »Wie macht man Leichen lebendig? Das kann doch kein Christenzauber sein.«

»Ich habe gehört, dass man den Pestopfern befehlen kann, wenn man ihnen die Zunge herausschneidet.« Jäcklein zuckte mit den Achseln. »Oder die Männer wussten nicht, dass sie tot sind, und taten ihre Pflicht.«

»Pest.« Nicolas dachte an die vielen markierten Häuser in Altona, in denen die Pest gehaust hatte oder immer noch hauste. Etliche Bewohner waren der Seuche zum Opfer gefallen, nachdem sie die Heimsuchung durch die Dänen überstanden hatten.

»Die Dörfer der Toten«, sagte eine leise Frauenstimme neben ihnen. Die Söldner wandten sich erstaunt um, und Osanna legte ihnen ein Flugblatt hin. »Davon erzählen manche. Landstriche voller Bosheit, in denen die Dunkelheit und Dämonen ihre Reiche errichtet haben. Und das ist erst der Anfang.«

Jäcklein warf einen Blick auf das fleckige Blatt, das durch viele Hände gegangen war. »Ah. Verfasst von einem Pfaffen«, sagte er. »Was auch sonst?«

»Dämonen«, wiederholte Statius und schauderte, dann bekreuzigte er sich. Lesen konnte er das Flugblatt nicht, aber die Bilder reichten aus, um zu verstehen, worum es ging. Er sah zu Osanna. »Dörfer voller Toter?«

»Ja, Herr. Sie streifen umher, manche fallen über die Lebenden her, andere lassen sich anwerben, erzählt man sich.«

»Für Geld?« Jäcklein lachte. »Was säuft und frisst so ein Toter?«

»Die Lebenden. Das ist ihr größter Antrieb. Und die frisch Gefallenen gehören ihnen.« Osanna räumte die leeren Schalen ab und kehrte zurück hinter den Tresen.

»Da furz mir einer ins Gesicht«, rief Statius nach einer Weile des Schweigens. »Jetzt hat die Kleine mir Angst gemacht. Herrgott, die hat es faustdick hinter den Ohren!« Er lachte laut. Laut und falsch. Die Angst vertrieb das nicht.

Nicolas sah Jäcklein an, dass er sich ebenfalls sorgte.

Sie stießen nicht zum ersten Mal auf Seltsamkeiten bei ihren Zügen durch die deutschen Reiche und Fürstentümer und Städte. Deutlich in Erinnerung war Nicolas der verrückte Wanderprediger in bunter Kleidung, wie ein Pfau, dem eine Schar grün angemalter und singender Kinder gefolgt war. Er hatte ihnen zugerufen, dass die Dunklen Lande um sich griffen, in denen die Knechtschaft der Menschen begann. In denen Dämonen, Hexen, Zauberer und die Bestien der Finsternis herrschten. Dann war er vorüber gewesen. Zwei Städte weiter hatten sie erfahren, dass man den Irren in den Kerker geworfen hatte, wegen Gotteslästerung. Die Kinder waren von ihm entführt worden.

»Die Dunklen Lande«, wiederholte Nicolas leise. Der Begriff ließ ihn nicht mehr los.

Sie hatten bereits Dämonen im Kampf gesehen, wie diesen Schemen auf einem Feuerpferd oder die Gestalt mit Fledermausschwingen, die in Getümmel und Pulverdampf erschienen waren und darauf vertrauten, dass man sie dort nicht bemerkte. Aber Nicolas, Statius und Jäcklein hatten sie gesehen. Genauso wie sie die leuchtend roten Augen eines Obristen gesehen hatten, der Fangzähne entblößt hatte, bevor er sich fauchend in die Feinde warf.

»Wir brauchen dringend Geld. Für größere Waffen«, sagte Nicolas zu seinen Freunden.

»Und Schutzbriefchen.« Statius pochte erneut gegen die Brust. »Ich werd mir noch den Christophorus malen lassen. Und den Judas. Die binde ich mir um.«

»Den Judas?« Jäcklein lachte auf. »Meiner Treu, soll ich im Kampf besser auf meinen Rücken achten, Kerl?«

»Er war ein Attentäter. Sichelkämpfer. Der wird mich schon schützen.« Statius deutete auf das Flugblatt zu den Dörfern der Toten. »Einritzen lass ich mir seinen Namen besser. In die Haut und über das Herz, damit mir der Beistand nicht flöten geht.«

Die Tür zum Kaventsmann öffnete sich, und der Rahmen füllte sich sogleich mit einem titanischen Umriss, der sich gebeugt ins Innere schob. Erst als der Neuankömmling über die Schwelle getreten war, konnte er sich zu seiner gesamten Größe aufrichten und ragte mehr als zwei Schritte in die Höhe.

»Guten Tag«, grüßte er artig und blickte sich um. Seine Kleidung bestand aus Hemd und Hose, die Schuhe waren geflickt, auf dem Rücken hing ein Tragesack und ein zerschlissener Schäfermantel gegen die Kälte.

An sämtlichen Tischen erstarben die Gespräche. Jeder starrte den Gast an.

»Scheiß mir die Stiefel voll«, entfuhr es Statius. »Der Bursche ist nicht mal fünfzehn, aber groß und breit wie ein kleiner Riese.«

»Der hat seine Geschwister gefressen und danach seine Eltern«, sagte Jäcklein überzeugt und stopfte seine Pfeife. »Jetzt sehe ich zum ersten Mal einen Mann, der es mit dir spielend aufnehmen kann, Nicolas.«

»Er ist ja nicht mal ein Mann.«

»Ah, ihr müsst das sein, denen der Karren mit den Piken und Zelten gehört.« Der juvenile Gast machte zwei Schritte mit seinen langen Beinen und erhob sich neben dem Tisch der Söldner. »Mein Name ist Moritz Mühler, aus dem schönen Bremen. Und ich will das Kriegshandwerk lernen. Nehmt ihr mich und bildet mich aus? Die Hälfte meines Solds sollt ihr dafür bekommen.«

»Den schickt uns der Himmel«, raunte Statius.

»Oder der Teufel«, fügte Jäcklein hinzu.

Nicolas deutete in die Runde und stellte sich sowie seine Freunde knapp vor. »Wie alt bist du, Moritz Mühler?«

»Fünfzehn, Herr.«

»Lass das Herr sein«, sagte er freundlich. »Warum willst du Landsknecht werden?«

»Geld verdienen will ich. Und was erleben. Ein Kriegsheld sein«, ratterte der turmhohe Junge runter, dessen Muskeln breit waren wie sein Lächeln. Er riss sich die Mütze vom Kopf, und schwarze Locken fielen auf die Schulter. »Zu Hause hab ich’s nicht mehr ausgehalten. Das war mir zu beschaulich.«

»Beschaulich!«, brach es aus Jäcklein. »Herrjemine! Da tauscht er Beschaulichkeit gegen Hauen und Stechen.«

Moritz lachte einfach mit, und es war das freundlichste Lachen, das Nicolas in seinem Leben gehört hatte. Es würde dem Jungen alsbald auf dem Schlachtfeld vergehen. Noch war fraglich, ob er zurückgeblieben oder ein unbekümmerter Geist war, der sich um den Tod keine Gedanken machte.

»Was warst du vorher, Moritz Mühler?«

»Baumfäller. Aber die halten still, wenn man auf sie eindrischt. Das ist mir zu langweilig.«

Statius prustete sein Bier neben den Tisch. »Potz Blitz, den brauchen wir! Am beschissensten Tag wird dieser Knabe Scherze reißen.«

»Das war kein Scherz. Ich meine es so.« Moritz sah bittend in die Runde. »Lasst mich mit euch ziehen. Ich will ein Landsknecht sein!«

»Hast du schon mal gekämpft?«, fragte Nicolas und kannte die Antwort bereits.

»Nur gegen Fichten und Tannen. Ein paar Eichen werden noch unter meinen Opfern gewesen sein«, zählte Moritz grinsend auf. »Ach ja, doch! Mehlsäcke habe ich geworfen, dass ihnen Hören und Sehen verging.«

»Der ist zu schade für das Gemetzel.« Jäcklein hob die Pfeife und ließ sich von der Schankmaid einen Span bringen. »Bleib weg vom Krieg. Du bist zu nett, Bursche. Such dir ein anderes Handwerk, nimm dir eine hübsche Frau wie diese Tresenblume und mach Kinder.« Er setzte den Tabak in Brand und paffte schnell

»Kann ich immer noch. Als Landsknecht.« Moritz blieb eisern.

»Nimm den Zweihänder, Junge.« Nicolas reichte ihm das schwere Schwert. »Und jetzt zeige uns, welche Kraft in dir steckt.«

»Wenn ich den Tisch durchschlage, nehmt ihr mich dann mit?« Die braunen Augen des Jungen funkelten.

»Einverstanden«, sagte Statius, ohne zu zögern. »Ich nehm ihn, wenn keiner von euch ihn lehren will.«

»Da hast du es gehört. Gelingt dir der Streich, bist du einer von uns«, stimmte Nicolas zu. Jäcklein enthielt sich und paffte voll Unmut. Die drei Söldner nahmen ihre Humpen vorsichtshalber vom Tisch.

Moritz holte nicht einmal Schwung, sondern drosch mit einer Hand zu, als wöge der Bidenhänder so wenig wie ein Rohrstock.

Die Klinge hackte ins Holz und brach den Tisch mit den dicken Bohlen mitten entzwei. Doch damit nicht genug. Moritz hob übermütig eine Hälfte und hielt sie mit seiner kräftigen linken Hand senkrecht, um sie mühelos in der Mitte zu spalten.

Die drei Söldner waren aufgesprungen, die Gäste im Schankhaus riefen überrascht und begeistert durcheinander. So etwas hatte man in Altona bislang nicht gesehen.

»Nun bin ich wohl dabei«, sagte Moritz und wollte den Zweihänder an Nicolas zurückgeben.

»Behalt ihn. Den schenke ich dir«, erwiderte er und reichte ihm die Hand. »Willkommen, Moritz Mühler.« Er zwinkerte der erschrockenen Osanna zu. »Für den Schaden komme ich auf.«

»Bei meiner unsterblichen Seele! Du hackst einen Kürassier samt Pferd in Scheiben! Bald werden sie dich Mannspalter nennen«, prophezeite Jäcklein. »Wenn du nicht vorher von einer Musketenkugel zu Fall gebracht wirst.« Auch er schüttelte dem Hünen die Hand, Statius schloss sich an.

»Das kann nicht geschehen«, entgegnete Moritz leichthin.

Ein Junge erschien in der Schankstube, der sogleich auf die auffällige Gruppe zusteuerte. »Hier, eine Einladung«, krähte er gewichtig und hielt ihnen einen gefalteten und gesiegelten Brief entgegen.

»Wir?« Jäcklein sah sich um. »Bist du sicher, Knabe?«

»Was ist an eurem Karren und euren Monturen missverständlich?«, gab der Junge zurück.

»Frag doch nicht«, zischte Statius. »Das riecht nach Geld. Und wenn es für einen anderen Haufen gedacht war, kann es uns egal sein.«

»Danke, Kleiner.« Nicolas nahm das Schreiben entgegen. Es standen keine Namen darauf, nur Den Landsknechten in Altona.

Er sah es wie Statius: Sie brauchten Geld. Und sie waren Landsknechte. In Altona. Sollte es weitere geben, denen sie einen Auftrag wegschnappten, betrachtete er es als Vorsehung.

»Ich bekomme einen Pfennig«, verlangte der Junge. »Das hat man mir versprochen.«

»Statius, bezahl ihn«, ordnete Nicolas an.

»Wieso ich?«

»Weil du bald die Hälfte des Solds von Moritz bekommst. Du wirst der Reichste von uns.« Er brach das Siegel auf. Auf sein Gesicht legte sich ein breites Grinsen, als er die Zeilen überflog. »Das klingt nach fettem Lohn, ihr feinen Herren.«

Statius warf dem Boten einen Heller zu und schlug ihm leicht an den Hinterkopf, um ihn zu verscheuchen. Fluchend eilte der Junge hinaus.

»Na, wer braucht unsere Klingen? Eine holde Maid in Not?« Jäcklein stellte sich auf die Zehenspitzen und linste auf das Papier. Im Gegensatz zu Statius vermochte er zu lesen. »Oder ein König?«

»Besser. Jemand, der reichlich Münzen sein Eigen nennt.« Nicolas hielt die Botschaft so, dass seine Freunde den Stempel sahen, der auf der Unterschrift prangte. »Die West-Indische Compagnie.«

* * *

»Better to reign in Hell, than serve in Heav’n.«

- Lieber in der Hölle regieren, als im Himmel dienen.

 

aus: Paradise Lost (1667)

von John Milton

* * *

Freie Reichsstadt Hamburg, April 1629

 

Aenlin fiel in dem Getümmel und Gewusel des Niederhafens auf. Und das aus gleich mehreren Gründen.

Zum einen stand sie inmitten des Treibens still, an einen Stapel mit Kisten voller Kanonenkugeln gelehnt. Zudem trug sie helle Kleidung von aufwendigem Schnitt, einschließlich eines hellgrauen breitkrempigen Huts mit schwarzem Band auf den langen, dunklen Haaren. Aber vor allem fiel sie auf, weil es Männerkleidung war. Zudem trug sie die Waffen sichtbar unter ihrem offen stehenden Mantel.

Sie achtete nicht auf die Blicke, die ihr von den schwirrenden Knechten, den Mägden, den Krämern, Kaufleuten und Tagelöhnern zugeworfen wurden. Gedankenverloren las sie den Brief ihres Vaters, der ihrer Mutter zugestellt worden war. Vor langer, langer Zeit.

Geliebte Bess,

 

es mag der Tag kommen, an dem ich nicht mehr zurückkehre. An dem ich im Kampf gegen das Böse mein Leben verloren habe.

Gräme Dich nicht. Ich habe mich darum gekümmert, dass Du in einem solchen Fall ausgesorgt hast.

Wie wir beide die letzten Jahre verbracht haben, weiß ich nicht in diesen Stunden, in denen ich den Brief an Dich aufsetze. Aber wisse: Jedes Mal, wenn mich meine Aufgabe von Dir wegzog, blieb ich in Gedanken bei Dir. Du gabst mir neben meinem Glauben Kraft, gegen die Bestien der Finsternis anzutreten, Bess.

 

Nun verhält es sich so, dass ich ein bescheidenes Vermögen und einige Artefakte zusammentragen konnte, die ich Dir hinterlasse. Da es sich um einen nicht unbeträchtlichen Wert handelt, traf ich Vorkehrungen, um sie gegen unbefugten Zugriff zu sichern.