Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #6 - Markus Heitz - kostenlos E-Book

Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur #6 E-Book

Markus Heitz

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Beschreibung

Sind Sie bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Sind Sie bereit, sich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für Sie! Freuen Sie sich auf die Fortsetzung von Markus Heitz' »Die Meisterin« und das fünfte Abenteuer von Ransom Riggs besonderen Kindern. Seien Sie gespannt, wie es nach »Das wandelnde Schloss« und »Der Palast im Himmel« mit der Howl-Saga von Diana Wynne Jones weitergeht. Verfolgen Sie in »Der letzte Held von Sunder City« die Ermittlungen des Privatdetektivs Fetch Phillips, der sich seinem größten Fall gegenübersieht: eine magische Welt, die ihrer Magie beraubt wird. Diese und weitere fantastische Geschichten finden Sie in der Leseproben-Sammlung zu den Fantasy- und Science Fiction-Titeln des Knaur-Verlages. Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu: - Markus Heitz, »Die Meisterin - Spiegel und Schatten« - Luke Arnold, »Der letzte Held von Sunder City« - Liza Grimm, »Talus« - Diana Wynne Jones, »Das Haus der tausend Räume« - Ransom Riggs, »Das Vermächtnis der besonderen Kinder«

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Seitenzahl: 149

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Fantastische Aussichten: Fantasy & Science Fiction bei Knaur

Ausgewählte Leseproben von Markus Heitz, Nora Bendzko, Ransom Riggs u.v.m.

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Über dieses Buch

Sind Sie bereit für eine aufregende Reise in fremde Welten? Sind Sie bereit, sich von fantastischen Geschichten verzaubern zu lassen? Dann ist dieser Leseproben-Mix genau das Richtige für Sie!

Freuen sich auf die Fortsetzung von Markus Heitz’ »Die Meisterin« und das fünfte Abenteuer von Ransom Riggs besonderen Kindern.

Seien Sie gespannt, wie es nach »Das wandelnde Schloss« und »Der Palast im Himmel« mit der Howl-Saga von Diana Wynne Jones weitergeht.

Stürzen Sie sich in die Welt der Amazonen, in der die Auserwählte der Göttin Artemis über Untergang und Errettung des Amazonen-Volkes entscheiden wird.

Verfolgen Sie in »Der letzte Held von Sunder City« die Ermittlungen des Privatdetektivs Fetch Phillips, der sich seinem größten Fall gegenübersieht: eine magische Welt, die ihrer Magie beraubt wird.

Oder möchten Sie möchten in Parallelwelten reisen? Das geht jedoch nur, wenn Sie dort bereits tot sind! In »Erde 0« muss Weltenspringerin Cara sich der Frage stellen, ob sie ihr Schicksal selbst bestimmen kann.

Diese und weitere fantastische Geschichten finden Sie in den Vorab-Leseproben zu den Fantasy & Science Fiction-Titeln des Knaur Verlages, die im Herbst und Winter 2020 erscheinen.

Das kostenlose eBook enthält Leseproben zu:

– Markus Heitz, »Die Meisterin – Spiegel und Schatten«

– Luke Arnold, »Der letzte Held von Sunder City«

– Liza Grimm, »Talus«

– Diana Wynne Jones, »Das Haus der tausend Räume«

– Ransom Riggs, »Das Vermächtnis der besonderen Kinder«

Inhaltsübersicht

VorwortMarkus Heitz – Die Meisterin. Spiegel & SchattenLuke Arnold – Der letzte Held von Sunder CityLiza Grimm – TalusDiana Wynne Jones – Das Haus der tausend RäumeRansom Riggs – Das Vermächtnis der besonderen Kinder
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Ein Reich ohne Bücher ist ein verlorenes Reich.

Markus Heitz

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Bücher eröffnen uns die Tore zu anderen Leben und die Fantastik zu anderen Universen. Im Herbst 2020 nimmt dich unser Knaur-Fantasy-Programm mit auf eine außergewöhnliche Reise durch die Welt der Vorstellungskraft.

Um dir schon jetzt einen Ausblick auf das zu geben, was dich erwartet, haben wir sorgsam einige Leseproben unserer Highlights für dich zusammengefasst. Eine kleine Vorschau, in der du dir schon jetzt aussuchen kannst, wohin die Reise im Herbst gehen wird.

Wir haben Welten im Angebot, die ihrer Magie beraubt wurden. Bieten eine Zeitreise in den Trojanischen Krieg. Öffnen die Tore zu Parallelwelten. Zeigen die Magie unter Edinburgh. Tauchen ein in die Geschichte einer Scharfrichterdynastie. Verraten, wie die Abenteuer der besonderen Kinder weitergehen. Und wir geben dir die Möglichkeit, erstmalig auf Deutsch einen wahren Klassiker der Fantasy-Literatur zu genießen.

 

Neugierig geworden? Dann stürze dich jetzt in das Reich der Bücher. Wir wünschen dir viel Spaß und freuen uns auf dein Feedback auf Instagram (@KnaurFantasy) und Facebook (Knaur Fantasy Science Fiction).

 

Dein

Droemer Knaur-Team

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Markus Heitz

Die Meisterin. Spiegel & Schatten

Das Hörspiel zu Die Meisterin ist bei Audible erschienen.

 

Das zweite düstere und actionreiche Abenteuer von Geneve Cornelius, Heilerin und letzte Erbin einer Scharfrichterdynastie: In Leipzig wird eine englische Wicca ermordet aufgefunden, und die Spur führt direkt zu Geneve. Gemeinsam mit dem Vatikan-Polizisten Alessandro Bugatti kommt sie der tödlichen Verschwörung eines mystischen Teams auf die Spur, die nicht nur ihr eigenes Leben bedroht. Doch während Geneve und Alessandro mehr als je zuvor aufeinander angewiesen sind, wachsen Geneve Zweifel an Alessandros Aufrichtigkeit …

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Kapitel I

Ich sagte Ihnen einst, dass ich Ihnen eine Geschichte erzählen werde.

Das habe ich getan. Und ich hätte noch eine weitere Episode auf Lager, die ich mit Ihnen teilen würde.

Sollten wir bisher nicht das Vergnügen miteinander gehabt haben: Mein Name ist Catharina Cornelius, und ich bin tot. Mehr brauchen Sie für den Moment nicht zu wissen.

Trafen wir bereits aufeinander, weiß ich nicht, wie viel Zeit genau seit unserer letzten Begegnung vergangen ist.

Vielleicht haben Sie sich inzwischen kundig gemacht? Jenseits dessen, was ich Ihnen berichtete.

Über die Wesen der Dunkelheit und jene Kreaturen, die im Verborgenen lauern.

Über das Gute und das Böse in all seinen Formen und wie sie unter den Menschen wandeln, um ihnen das Leben einmal schwer und einmal leichter zu machen.

Und doch wäre ich fast bereit zu wetten, dass Sie gleich etwas Neues hören werden … über einen alltäglichen Gegenstand.

Beinahe niemand kommt ohne ihn aus – und genau das ist das Perfide.

Oh, machen Sie mir danach bitte keine Vorwürfe, dass Sie nicht mehr ruhig zu Bett gehen könnten! Sie sind gewarnt, und es dient in gewisser Weise auch Ihrem Schutz. Was man kennt, kann man bekämpfen. Eine alte Weisheit, die ihre Gültigkeit im Laufe der Jahrhunderte nicht verloren hat.

Nun denn.

Beginnen wir mit meiner zweiten Geschichte dort, wo auch die erste begann: in Deutschland, in der heutigen Stadt Leipzig.

Sollten sie Klein-Paris, wie Goethe es im Faust nannte, noch nicht kennen, mache ich Ihnen die Orientierung etwas einfacher.

Wir verlassen den wunderschönen Hauptbahnhof aus der Gründerzeit, schlendern am über hundert Jahre alten Hotel Astoria vorbei und bewegen uns auf eines der höchsten modernen Gebäude zu, mit dem allenfalls der sogenannte Steile Zahn im Zentrum mithalten kann.

Ach ja, und eine weitere Sache hat sich nicht geändert, seit Sie mir das letzte Mal lauschten. Meine Empfehlung an Sie.

Wissen Sie noch?

Sie lautet: Nehmen Sie sich ein gutes Getränk Ihrer Wahl, suchen Sie sich einen gemütlichen Platz, mit dem Rücken zur Wand und dem Blick auf Türen und Fenster, und folgen Sie meinen Worten.

Danach wird Ihre Welt nicht mehr dieselbe sein …

 

Willow Tree hieß wirklich so.

Das hatte beim Einchecken im Hotel ihr Gegenüber wie immer amüsiert, denn jeder stutzte bei ihrem Namen, zumal man eine eher zierliche Frau Anfang zwanzig vor sich sah, die weder mit einer Trauerweide noch mit einem Baum im Generellen etwas gemein hatte: Die unauffällige Straßenkleidung hing nicht an ihr herab, sie war nicht grün und roch nicht nach Wald.

Normalerweise reagierte Willow stets mit einem Lächeln, einem Scherz oder auf andere charmante Weise. Aber nicht dieses Mal. Dafür fehlten ihr die Nerven und die gute Laune.

»Es wäre schön, wenn es etwas schneller ginge«, erwiderte sie stattdessen auf die nett gemeinte Anspielung des Angestellten auf ihren Namen und klammerte nebenbei ihre halblangen dunkelblonden Haare mit einer Spange am Hinterkopf fest. »Ernsthaft.«

Das Westin hatte als einziges Hotel noch Kapazitäten zur Messezeit. Mit mehr als vierhundert Zimmern auf etlichen Stockwerken und fast hundert Metern Höhe war es bestens auf den Ansturm der Besucher aus nah und fern vorbereitet. Um Willow herum herrschte rege Betriebsamkeit und Sprachengewirr, wobei es für sie als Britin einfacher war, die englischen Unterhaltungen zu verstehen.

Der errötete Angestellte steckte sich langsam sein Namensschildchen an das Jackett und wurde zu einem E. Anders. Ein Friedensangebot und die gut gemeinte Vorlage für sie, Wortspiele auf seine Kosten zu machen. »Es tut mir leid, aber das Zimmer ist noch nicht für Sie vorbereitet, Miss Tree. Wir haben gerade einen Engpass beim Housekeeping. Entschuldigen Sie bitte vielmals.«

Willow ersparte sich Witze zu seinem Nachnamen und bedauerte ihren schroffen Tonfall bereits. »Verzeihen Sie«, sagte sie und rückte dabei die schwarze Hornbrille auf der Nase zurecht. »War keine einfache Anreise. Sie können nichts dafür, Herr Anders.«

»Geschenkt, Miss Tree. Ich wollte Ihnen auch nicht zu nahe treten.« Anders lächelte mit mehr als üblicher Höflichkeit. Nonchalant legte er einen Gutschein für die Bar auf den Tresen. »Wegen meines Fauxpas und gegen Ihren Stress.«

»Vielen Dank.« Willow strich das Papier ein, das ihr einen leckeren Gin Tonic bescheren würde. Der kam ihr mehr als gelegen. »Wie lange dauert es noch?«

Anders’ roter Kopf, der seine blonden Haare und die hellen Augenbrauen unvorteilhaft betonte, nahm langsam eine normale Färbung an. Er klickte und scrollte sich durch die Listen. »Keine halbe Stunde mehr.« Er deutete auf die Lounge gegenüber der Rezeption. »Wenn Sie da warten möchten, bringe ich Ihnen eine kleine Erfrischung. Oder Sie fahren hoch in die Bar und genießen die phänomenale Aussicht, und wir sagen Ihnen Bescheid, sobald das Zimmer bereit ist.«

Willow haderte mit sich. Sie zog ihr Smartphone und ließ es eine eingespeicherte Nummer wählen.

»Hier ist die automatische Ansage von Geneve Cornelius. Leider rufen Sie außerhalb der Bereitschaftszeiten meiner Praxis an. Schreiben Sie mir gern eine …«

Mist. Willow legte auf. Das machte ihr Unterfangen nicht einfacher und den Drink notwendiger. Sie stellte eine To-do-Reihenfolge auf: E-Mail an Cornelius verfassen, Drink genießen, auf die Stadt schauen und danach zur Praxis fahren, wenn binnen einer oder zwei Stunden keine Reaktion erfolgte. Zeit war ein wichtiges Gut. Und Geneve Cornelius die einzige Person, die ihr helfen konnte.

»Miss Tree?«

Die Stimme des Angestellten riss Willow aus ihren Gedanken. Sie raffte ihre dunkelblaue Handtasche an sich, um Platz am Tresen für die wartenden Gäste zu machen. »Verzeihung. Ich fahre ...«

»Nein, wegen der Nachricht«, sagte Anders und streckte ihr den einfachen Umschlag offensiver entgegen.

»Für mich?« Willow sah irritiert auf das Kuvert. Handelsüblich, ohne Fenster, keine Marke und mit ihrem Namen darauf. Der Überbringer musste persönlich im Hotel gewesen sein. Sie rückte überrascht an ihrer Brille herum, als würden ihr die Gläser einen Blick ins Innere erlauben. »Wann wurde das abgegeben?«

»Tut mir leid, das weiß ich nicht, Miss Tree.«

Willow nahm den Umschlag entgegen. Leicht, mit nur einem Blatt, das konnte sie fühlen. Und etwas knirschte und rieb darin wie feiner Sand. Sehr ungewöhnlich. »Danke.«

»Selbstverständlich.« Anders kam um den Tresen und ergriff ihren kleinen antiken Koffer, um ihn mit einem Aufklebervermerk zu versehen und einem Gepäckmann zu überlassen.

»Ich warte da drüben, Herr Anders. Danke.« Willow ging nachdenklich zur Lounge, drehte und wendete den Umschlag, ohne weitere Auffälligkeiten zu bemerken; er roch wie harmloses Papier.

Sie setzte sich an einen freien Tisch und öffnete das Kuvert behutsam. Dabei überlegte sie, wer ihr die Nachricht übermittelt haben mochte. Sie war zum ersten Mal in Leipzig, niemand wusste, dass sie sich in Deutschland aufhielt.

Willow korrigierte erneut den Sitz der Brille. Dann zog sie das Kuvert mit spitzen Fingern auseinander.

Darin lag ein harmloser, gefalteter Brief.

Behutsam nahm sie ihn heraus, wobei glitzerndes, silbriges Pulver auf dem Tisch und ihrer Jeans landete. Daher das Knirschen. Willow kannte Spaßvögel, die Briefe mit extra viel Glitter versendeten, um dem Empfänger die Putzhölle zu bescheren.

Bei genauerem Hinsehen erwies es sich als gemahlenes, farbloses Glas, das im Licht der Lampen wie kleine Kristalle funkelte; der leichte Schmutzfilm auf ihrer Brille verstärkte den Effekt.

Willow faltete mit schlechtem Gefühl die Nachricht auf.

Bin,

wo Du bist.

Sehe,

was Du tust.

Hasse,

dass es Dich gibt.

Legion

heiße ich.

Denn wir

sind

unser viele.

Willows Puls schoss in die Höhe, ihr wurde heiß. Die Zeilen waren handgeschrieben, die Tinte schimmerte quecksilberartig. Leichter Schwindel erfasste sie, die Lounge wankte und kippelte.

Ihr Blick fiel auf das gemahlene Glaspulver auf dem Tisch. Es hatte die Züge einer unbekannten Frau angenommen, deren Mund zu einem lautlosen Lachen geöffnet war, wie um sie zu verhöhnen.

Willow ließ sich nichts anmerken, atmete tief und langsam durch. Trugbilder. Einbildung. Ihre überdrehte Vorstellungskraft und ihr Talent machten ihr zu schaffen, ausgelöst durch die handschriftliche Drohung.

Als ihr Smartphone klingelte, schreckte Willow zusammen. Unbekannte Nummer.

Es konnte der Verfasser oder die Verfasserin der bedrohlichen Zeilen sein.

Es konnte Geneve Cornelius sein, die von einem anderen Apparat anrief – und sie käme genau rechtzeitig.

Schnell atmend nahm Willow den Anruf entgegen. »Tree?«

»Wir hatten eine Verabredung.« Vorwurf und Verwunderung in einem einzigen Satz. »Wo steckst du?«

Willow hatte die Stimme ihrer Freundin bei der ersten Silbe erkannt. Immer mehr sehnte sie sich nach einem Gin Tonic. »Ich erkläre dir das alles, wenn ich zurück bin, Marian.«

»Zurück?« Die Verwunderung im Tonfall der Gesprächspartnerin stieg deutlich. »Heißt das, du bist nicht in London?«

Willow sah sich in der Lobby um, in der nach wie vor reges Treiben herrschte. Niemand schien sich für sie zu interessieren. Was sprach dagegen, dass sie verriet, wo sie steckte? Und doch wollte ihr das Wort Leipzig nicht über die Lippen kommen. Sie brachte Marian womöglich schon mit dieser vermeintlich harmlosen Information in Gefahr. »Ich … ich melde mich.«

»Bist du in Schwierigkeiten?«

»Ich melde mich«, beharrte Willow. »Morgen früh.«

»Gut. Morgen früh. Sonst suche ich nach dir. Wir alle suchen dann nach dir.« Marian legte auf.

Willow steckte den Zettel zurück in den Umschlag und wischte den Glasstaub damit vom Tisch. Sie wollte ihn nicht berühren. Glitzernd und flirrend fiel er auf den Teppich und funkelte in den kurzen Fasern weiter.

Auch wenn sie die Nachricht zurück in das Kuvert gesperrt hatte, die Worte blieben in ihrem Verstand.

Und ängstigten sie.

Bin,

wo Du bist.

Sehe,

was Du tust.

Hasse,

dass es Dich gibt.

Legion

heiße ich.

Denn wir

sind

unser viele.

Willow erhob sich und warf den Umschlag hastig zum Mülleimer, um sich der Zeilen zu entledigen, als wären sie vergiftet.

Er landete daneben und blieb hochkant stehen, als begehrte die Nachricht gegen die Entsorgung auf. Das Malheur bekam die junge Frau nicht mit. Sie eilte bereits durch die Lobby zu den Toiletten.

Dort angekommen, legte Willow die Brille ab und wusch sich das heiße, glühende Gesicht mit kaltem Wasser; ließ es sich über die Pulsadern laufen. Ihr Herz pochte viel zu schnell.

Wie gerne hätte sie eine Dusche genommen, aber solange ihr Zimmer nicht bereit war, musste es auf diese Weise gehen.

Das permanente Rauschen aus dem Hahn beruhigte sie. Ihre Augen waren auf das fließende Wasser gerichtet, das sprudelte und blubberte. Ohne die Sehhilfe war die Umgebung undeutlich und weichgezeichnet. Konzentration, Meditation, Fokussierung.

Willow war die Einzige im Waschraum. Sie atmete langsam ein und aus, genoss die Stille im Gegensatz zur hektischen Lobby.

Ihr Blick fiel auf ihre dunkelblaue Handtasche, die seitlich auf dem Waschbecken stand. Darin bewahrte Willow ihren Fund auf, dieses rätselhafte Fragment, mit dem sie nichts anzufangen wusste und über das sie zufällig gestolpert war. Schon beim ersten Blick darauf war sie neugierig geworden, beim zweiten kamen die Bedenken. Und beim dritten hatte sie auch ohne Nachforschungen gewusst: Sie brauchte eine Spezialistin.

Natürlich hatte Willow Recherche betrieben, aber nichts gefunden. Diese Erkenntnis hatte sie in ihrer Reise nach Leipzig bestärkt.

»Geht es Ihnen nicht gut?« Wie aus dem Nichts wurde Willow von einer Frau angesprochen.

»Danke, das ist gleich vorbei.« Weil es einfacher war, als den Kopf zur Seite zu drehen, während sie das Wasser über ihre Handgelenke rinnen ließ, kommunizierte sie über den Spiegel mit der hilfsbereiten Schwarzhaarigen, die Anfang dreißig sein mochte und leicht asiatische Züge hatte. So genau sah Willow die Unbekannte ohne ihre Brille nicht. »Kleine Kreislaufschwäche.«

Die Frau im schneidigen dunkelroten Dress einer Airline und mit einem bunten Schal um den Hals stand neben dem Eingang und lächelte sie an. Das Namensschild war aufgrund der Entfernung unleserlich. »Das kenne ich.«

»Wollen Sie ans Waschbecken?« Willow nahm die Brille und setzte sie auf. Die Umgebung erhielt etwas mehr Schärfe.

»Ach, nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.« Die Frau sah sich im Vorraum um. »Schön gemacht. Da kenne ich ganz andere Waschraumeinrichtungen.«

Willow grinste. »Sie kommen in Ihrem Job ordentlich rum? Beneidenswert.«

Die Halbasiatin nickte und kam langsam näher. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, wie die einer Bodenturnerin mit ausgeprägtem Körperbewusstsein. »Auf der ganzen Welt. Heute hier, morgen dort.«

»Welche Fluggesellschaft ist das? Ihre Uniform hat eine schöne Farbe.« Willow stellte das Wasser ab.

»Air China.« Die Unbekannte kam noch näher, sodass das Namensschild im Spiegel lesbar wurde, auch dank der geschliffenen Gläser vor Willows Pupillen: Jade-Aileen. »Ich hätte es schlimmer treffen können. Man glaubt ja kaum, was einem da von manchen Betreibern zugemutet wird.«

Willow wusste nicht, was es war, doch sie fühlte sich abrupt unwohl. Etwas stimmte nicht.

Langsam langte sie nach den Handtüchern und trocknete die Finger ab; das Papier raschelte überlaut in der plötzlichen Stille des Vorraumes. Es wurde dringend Zeit zu gehen.

Jade-Aileen kramte in ihrer winzigen schwarz-weißen Handtasche. »Oh je. Hätten Sie leihweise wohl einen Eyeliner? Ich fürchte, ich habe meinen verloren.«

Willows feine Nackenhärchen richteten sich warnend auf. Sie wollte gehen, aber ihre Höflichkeit verhinderte es.

»Klar.« Sie langte nach ihrer Handtasche – und bekam die Erleuchtung: das Namensschild. Es war im Spiegel zu lesen wie direkt daraufgeschrieben. Die Buchstaben waren nicht falsch herum, wie es sich für eine Reflexion gehörte.

Willow gefror in der Bewegung, ihr Puls schoss in die Höhe.

»Der Kreislauf?«, erkundigte sich Jade-Aileen vorgetäuscht besorgt und klimperte mit den langen Wimpern.

Die Stimme der Stewardess erklang nicht von hinten, wie es sein müsste.

Sondern von vorne. Aus der reflektierenden Oberfläche.

Das kann nicht sein! Langsam wandte Willow den Kopf weg vom Spiegel zum Eingang, drehte dabei leicht den Oberkörper.

Dort stand niemand.

Ansatzlos bekam Willow einen Stoß in den Rücken, der sie gegen den Papiertuchspender beförderte. Ihr Kopf knallte an die Plastikabdeckung, es rumpelte dumpf, und der Bewegungssensor spuckte gehorsam ein frisches Blatt aus. Die Hornbrille zerbrach und landete auf dem Boden.

»Oder ist es doch mehr die Erkenntnis, Miss Tree?« Jade-Aileens Arm schoss aus dem Spiegel, mit eiskalten Fingern packte sie Willow im Nacken und presste sie gegen die Wand. Mit der anderen Hand drehte sie die dunkelblaue Handtasche um und schüttelte den Inhalt ins Waschbecken. Klimpernd und klirrend ergoss sich die Flut aus persönlichen Gegenständen in die Keramik. »Wollen Sie mir verraten, was Sie herausfanden?«

Willow vermochte sich gegen die zwingende Kraft nicht zu wehren. Es fühlte sich an, als könnte die Gegnerin mit einer Bewegung ihre Wirbel zerquetschen. »Was meinen Sie?«

»Sich dumm zu stellen, wird Ihnen nichts nützen.« Jade-Aileen fluchte laut. »Wo ist er?« Brutal drosch sie die leere Handtasche an Willows Gesicht. Die Metallhalterungen des Schulterriemens hinterließen blutige Kratzer in der Haut. »Ich weiß, dass Sie ihn mitgenommen haben!«

Im ersten Moment wusste es Willow wirklich nicht.

Sie schielte schräg zur Seite, weil sie den Kopf nicht drehen konnte, und sah auf Smartphone, Geldbeutel, Taschentücher, Schminkutensilien, Schlüssel, Stift, Notizblock, Powerbank für das Telefon.