Finja & Franzi - Da haben wir den Salat - Christine Fehér - E-Book

Finja & Franzi - Da haben wir den Salat E-Book

Christine Fehér

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Beschreibung

Hanni & Nanni war gestern – jetzt kommen Finja & Franzi

Zickenkrieg im Internat Hummelmühle: Finja und Josy sind gehörig genervt von Ariane aus der 9. Klasse, die sich eines der Katzenbabys unter den Nagel reißen will und ständig um den Tierpfleger Hanno herumscharwenzelt. Und Franzi blitzt beim Versuch ab, zur Halloween-Party der älteren Schüler eingeladen zu werden. Zum Glück gibt es den gut aussehenden neuen Englischlehrer Mr. Williams, der wieder Schwung in den Schulalltag bringt. Doch als herauskommt, mit wem er sich heimlich am Nachmittag trifft, droht erneut Ärger ...

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Kinder- und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House

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1. Auflage 2014

© 2014 by cbt Verlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Susanne Uhlhorn, München

Umschlag- und Innenillustrationen: Melanie Garanin

MI · Herstellung: KW

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-14239-1V002www.cbt-buecher.de

Aller Alltag ist schwer …...

»Hat eigentlich irgendwer von euch Mathe geübt?«, fragt Franzi, als sie mit ihrer eineiigen Zwillingsschwester Finja und den Freunden Annabelle, Marius, Jan, Josefine, Nisi, Katinka und Gloria am Montagmorgen vom Internatsgebäude hinüber zur Schule geht. Seit gut sechs Wochen besuchen die Zwillinge nun schon das Internat »Hummelmühle«, nachdem ihre etwas verrückte Tante Tilda, die sie zuvor nachmittags betreut hatte, geheiratet hat und nach Mallorca ausgewandert ist. Anfangs waren Finja und Franzi genauso skeptisch wie ihre Eltern Britta und Ewald, die nie zuvor darüber nachgedacht hatten, ihre Töchter in ein Internat zu geben. Die Insel »Hummelmühle« mit dem hellen, modernen Wohngebäude, der alten Mühle als Speisesaal und den vielen Freizeitmöglichkeiten für die Internatsbewohner hat jedoch alle rasch überzeugt. Finja und Franzi haben sich schnell eingelebt und innerhalb kurzer Zeit ihren Platz in der Gemeinschaft sowie neue Hobbys gefunden. Das Beste aber war bisher die Mitternachtsparty, die sie mit ihren Freunden vorgestern heimlich am Strand gefeiert haben. Nicht alles ist dabei glattgegangen: Die externe Mitschülerin Nisi, die unbedingt dabei sein wollte und von Franzi versteckt wurde, hat sich auf dem Weg zur Party vor einer unheimlichen Gestalt gegruselt und unter einem Boot versteckt. Die anderen haben sie gesucht, bis sich herausstellte, dass das vermeintliche Gespenst nur der allseits beliebte Tierpfleger Hanno war, der ein wenig mitfeiern wollte. Und Finja und Josy verließen die Party früher als geplant, weil sie unbedingt bei einer Katzengeburt dabei sein wollten. Alle sind sich jedoch einig, dass gerade diese Ereignisse die Mitternachtsparty so unvergesslich gemacht haben.

An die Schule hat in den letzten Tagen keiner intensiver gedacht als nötig. Deshalb schütteln jetzt alle auf Franzis Frage hin den Kopf, sogar Finja, die nie versäumt, ihre Hausaufgaben zu erledigen oder für eine Klassenarbeit zu üben.

»Ich auch nicht«, seufzt Franzi. »Ihr wisst aber schon, dass wir heute Mathe schreiben?«

»Heute?« Marius, in den Franzi ein wenig verknallt ist, bleibt so abrupt stehen, dass sie gegen ihn prallt.

»In der dritten Stunde«, bestätigt sie. »Binomische Formeln. Frau Wolff freut sich bestimmt schon, uns verzweifeln zu sehen.«

»O nein.« Auch Franzis beste Freundin Annabelle wird blass. »Die binomischen Formeln kann ich null! Ich kapiere einfach nicht, wieso man mit Buchstaben rechnen soll! Buchstaben sind zum Lesen und Schreiben da und rechnen tut man mit Zahlen!« Josy und Gloria pflichten ihr bei.

»So schwer ist das gar nicht«, versucht Finja sie zu beruhigen. »Jeder Buchstabe, also die in Klammern stehenden a und b, werden ja durch Zahlen ersetzt. Bei der ersten binomischen Formel musst du nur die Klammern ausmultiplizieren und dann …«

»Hör auf«, jammert Gloria. »Ich bekomme schon vom Zuhören Kopfschmerzen! Klammern ausmultiplizieren, was soll denn das heißen? Ich verstehe das alles nicht!«

»Jetzt regt euch nicht auf. Frau Wiese lässt uns bestimmt in ihrem Unterricht noch mal üben, wenn wir sie ganz freundlich bitten!«

»Hoffentlich«, bemerkt Marius düster, setzt sich wieder in Bewegung und kickt einen Kieselstein vor sich her. »Ich traue ihr eher zu, dass sie eine CD mit Entspannungsmusik einlegt und uns mit einer Fantasiereise einlullen will.«

»Wär doch super«, meint Franzi. »Was wir bisher nicht kapiert haben, schnallen wir in der kurzen Zeit vor der Klassenarbeit sowieso nicht mehr. Dann lieber noch etwas chillen.«

»Ich könnte euch das Wichtigste noch mal erklären, wenn Frau Wiese uns Zeit dafür gibt«, bietet Finja erneut an. »Damit ihr die Formeln anwenden könnt. Die Rechenaufgaben selbst sind meistens gar nicht so schwer.«

»Ja, wenn man gut darin ist«, erwidert Gloria. »Kann Frau Wolff nicht krank sein?«

»Die ist nie krank. Und wenn doch, ist das für sie noch lange kein Grund zu fehlen. Die würde noch auf der Totenbahre unterrichten.« Jan verdreht die Augen und lässt seine Zunge seitlich heraushängen. Wenigstens er hat seinen Humor noch nicht verloren, denkt Franzi.

»Da würde sie auch nicht schlechter erklären als jetzt«, seufzt sie. »Aber was soll’s, da müssen wir jetzt durch. Ganz so schlimm wie Herr Kratzke ist sie zum Glück nicht, mehr wie eine strenge und manchmal doch ganz liebe Omi.«

»Außer an ihren bad-hair-Tagen«, erwidert Franzi. »Wenn sie frisch vom Friseur kommt und mit frisch aufgedrehten Locken in die Schule kommt, ist sie immer supergut drauf, aber danach sinkt ihre Laune von Tag zu Tag. Zum Schluss liegen ihre Haare platt und fettig am Kopf, bis sie sich endlich wieder unter die Trockenhaube setzt.«

»Dann könnten wir heute Glück haben«, hofft Katinka. »Zum Friseur geht sie immer samstags, dann sitzen die Haare montags noch gut. Freitags ist ihre Laune auf dem Gefrierpunkt.«

»Typisch«, meint Jan. »Also, wer bezirzt Frau Wiese, damit sie uns noch üben lässt?«

Die Klassenlehrerin der 7a ist leicht zu überreden, wenn es darum geht, ihren Schülern zu mehr Wohlbehagen und weniger Angst zu verhelfen. Franzi übernimmt selbst die Aufgabe, ihr mit atemloser Verzweiflung zu erzählen, weshalb mehr als die Hälfte der Klasse vor der bevorstehenden Mathearbeit zittert und einige sogar solche Bauchschmerzen haben, dass sie im Speisesaal nicht einmal richtig frühstücken konnten. Selbst die externen Mitschüler, die nicht an der Mitternachtsparty teilgenommen haben, pflichten ihr bei. So verzichtet Frau Wiese darauf, den Arbeitsbogen im Fach Biologie auszuteilen, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte. Stattdessen teilt sie »Notfallbonbons« aus und spricht mit ihnen über die Angst vor den schwierigen Aufgaben. Nach einer Entspannungsübung darf Finja tatsächlich nach vorn kommen, um am Whiteboard allen noch einmal die binomischen Formeln und deren Anwendung zu erklären. Die Schülerinnen und Schüler, die sich darin bereits sicher fühlen, nutzen die Zeit, um sich selbst Aufgaben zu stellen.

Dann ist die dritte Stunde und damit die Mathearbeit dran. Frau Wolff war tatsächlich beim Friseur, ihre grauen Locken liegen akkurat um den Kopf, sie trägt eine frisch gestärkte hellblaue Bluse und einen dunkelgrauen Faltenrock mit passender Silberkette und lächelt ihre verängstigten Schüler an.

»Ihr seht aus wie Kaninchen vor dem bösen Wolf«, amüsiert sie sich. »Aber wer fleißig geübt hat, muss nichts Schlimmes befürchten, das wisst ihr doch.« Dann teilt sie die Blätter aus. Franzi beobachtet beunruhigt, wie sich die meisten ihrer Mitschüler eifrig über die gestellten Aufgaben beugen und munter drauflosrechnen. Sie selbst hat Mühe, Finjas Erklärungen umzusetzen, und beginnt nur zögernd. Selten fühlt sie sich so entmutigt wie ausgerechnet bei Mathearbeiten. Da nützt es ihr auch nichts, dass sie versucht, sich mit dem Gedanken zu trösten, dass sie dafür in Englisch bessere Noten erzielt als ihre Zwillingsschwester. Als die Stunde um ist, hat Franzi nur gute sieben von zehn Aufgaben gelöst; bei dreien ist sie sich nicht einmal sicher, ob die Ergebnisse richtig sind. Finja dagegen lächelt zufrieden, als Frau Wolff schließlich die Arbeiten einsammelt.

»Auf Wiedersehen, ihr Herzchen«, verabschiedet sich die Mathelehrerin gut gelaunt. Die Klasse stöhnt auf, als sie endlich verschwunden ist.

»War das schwer«, beklagt sich Gloria in der Pause. »Bestimmt verstehe ich die Aufgaben wieder erst, wenn wir die Berichtigung machen. Und dann ist es zu spät.«

»Zu spät ist es nie«, erwidert Finja. »Auf die erste und zweite binomische Formel baut vieles auf. Wenn du die erst mal kapiert hast, fällt dir später vieles von dem neuen Stoff leichter. Viel schlimmer finde ich, dass wir jetzt Englisch haben.« Sie fischt bereits ihr Vokabelheft aus der Schultasche, um noch rasch einen Blick darauf zu werfen.

»Wieso? Herr Kratzke ist bestimmt sowieso noch krank«, vermutet Marius. Tatsächlich erscheint anstelle des Englischlehrers erneut Frau Wiese. Sie versucht, Englisch zu vertreten, so gut sie kann, und teilt ein Lesestück mit verteilten Rollen aus. Anschließend lernen die Schüler noch ein englischsprachiges Lied, das sie sogar aus den Charts kennen. Die CD, die Frau Wiese mitgebracht hat, beinhaltet jedoch eine ältere Fassung des Songs.

»Wann kommt Herr Kratzke wieder?«, fragt Jan die Klassenlehrerin. Frau Wiese wiegt den Kopf hin und her.

»Darüber ist uns nichts bekannt«, antwortet sie. »Vor den Herbstferien wahrscheinlich nicht mehr, aber auch wie es danach weitergeht, ist noch nicht bekannt.«

»Hat er was Schlimmes?«, will Fabian wissen.

»Ich kann euch dazu keine Auskunft geben«, bedauert Frau Wiese erneut. »Aber was haltet ihr davon, wenn wir ihm alle zusammen einen lieben Brief schreiben und ihm ganz viel positive Energie schicken? Dann wird er bestimmt schneller gesund.« Schon teilt sie leere Blätter aus. Froh, fürs Erste nicht länger büffeln zu müssen, formulieren die Schüler ihre Genesungswünsche an den strengen, aber auch etwas zerstreuten Englischlehrer. Das »Versenden positiver Energie« überlassen sie aber lieber der Lehrerin selbst.

»Ich möchte zu gern wissen, was sie zum ollen Kratze hingebeamt hat, als sie am Lehrertisch saß, die Augen zu und dieses entrückte Lächeln.« Franzi lacht sich in der Erinnerung noch kaputt, als alle zusammen mit ihren Pausenbroten auf den Schulhof gehen. »Ich hab nur den Kopf auf den Tisch gelegt und gechillt. Aber das kann der Kratzke ja vielleicht auch mal gebrauchen – ein bisschen Entspannung.«

In den letzten beiden Stunden wird noch für einen bevorstehenden Test in Biologie geübt.

»Nerven und Nervenzellen, so was Langweiliges«, stöhnt Franzi, als sie am Nachmittag im Gemeinschaftsraum des Internats über den Büchern brütet. »Das will genauso wenig in meinen Kopf rein wie diese blöden binomischen Formeln! Warum können wir nicht mal was Witziges lernen?«

»Wie Pupse entstehen zum Beispiel«, pflichtet Jan ihr bei, aber da hält sich Franzi schnell die Nase zu, steht von ihrem Platz auf und setzt sich zu Manja und Rieke, den beiden Mädchen aus der Elften, die sie aus der Segel-AG kennt, und erzählt ihnen, was die 7a lernen muss und von ihren Schwierigkeiten mit dem Stoff. Zum Glück ist Rieke ein Ass in Bio und geht alles mit ihr durch. Auch Annabelle, Marius und Gloria gesellen sich dazu. Rieke erklärt ihnen, was Synapsen und Dendriten sind, welche Aufgabe das Axon hat und wie Botenstoffe wirken. Die Siebtklässler stellen Fragen, notieren Informationen und lesen Texte in ihrem Biobuch nach, bis alle meinen, nun bestimmt eine Eins im Test zu schreiben.

»Wenn ihr euch verliebt, ist das auch alles nur Chemie«, schließt Rieke nach mehr als einer Stunde und klappt ihren Schreibblock zu, auf dem sie für die Jüngeren Schaubilder gezeichnet hat, um ihnen alles noch besser zu verdeutlichen. »Dabei werden Endorphine freigesetzt, das sind Neurotransmitter, die im Gehirn Glücksgefühle auslösen.«

»So wie bei Franzi und Marius«, witzelt Jan. »Wenn die sich ansehen, schweben lauter kleine rosa Glitzerherzchen durch die Luft.«

»Blödmann«, kontert Marius und boxt seinem Freund gegen die Schulter. »Und was ist mit dir und Gloria?«

»Gar nichts ist da«, zischt Gloria, noch ehe Jan überhaupt rot werden kann. Alle räumen ihr Schreibzeug und die Schulsachen zusammen; nachdem sie so lange intensiv gepaukt haben, drängt es sie ins Freie. Nur Franzi sagt, sie käme gleich nach, und trödelt noch ein wenig bei den Älteren herum.

»Dürfen wir euch öfter mal was fragen, wenn wir mit dem Lernstoff nicht klarkommen?«, fragt sie. Rieke und Manja heben die Augenbrauen.

»Im Prinzip schon«, antworten sie. »Nur wenn wir selber viel lernen müssen, vor Klausuren und mündlichen Prüfungen, dann wird es eng.«

»Und sonst … macht ihr auch mal wieder eine Party? An Halloween vielleicht?«

»Ach, darauf willst du hinaus!« Rieke lacht. »Du willst mitfeiern, wenn wir im Discoraum sind. Bisher ist nichts geplant. Und ehrlich gesagt – die meisten von uns reagieren ein bisschen allergisch, wenn die Jüngsten bei unseren Partys mitmischen wollen. Die AGs sind ja schon altersgemischt – da sind wir beim Feiern ganz gerne unter uns. Nimm’s mir nicht übel, Franzi.«

»Schon gut.« Franzi steht auf und drückt ihren Bücherstapel an die Brust. »War ja nur eine Frage. Wir sehen uns beim Segeln! Und danke noch mal fürs Erklären!«

»Viel Glück beim Test«, antworten Rieke und Manja wie aus einem Munde.

Wie weit sie schon sind, denkt Franzi, während sie ihr und Annabelles Zimmer ansteuert, um rasch ihre Schulsachen abzulegen. Und wie cool und erwachsen ihre Klamotten, der Modeschmuck, die Frisuren. Wenn die eine Party machen, will ich dahin! Das werden wir noch sehen, ob ich das nicht hinkriege!

Ein neuer Plan

Die Lehrer haben das Arbeitstempo für ihre Schüler angezogen. Alle Klassen in der »Hummelmühle« sind nachmittags mit Lernen beschäftigt, weil in allen Fächern die ersten Arbeiten und Tests geschrieben werden. Besonders Franzi ist genervt davon, jetzt weniger Freizeit zu haben als in den ersten Wochen.

»So langsam kriege ich einen Internatskoller«, schimpft sie eines Morgens. Zusammen mit Finja, Annabelle und Josy steht sie am Ufer, um auf die Fähre mit den externen Schülern zu warten und ihre Freundin Nisi abzuholen. »Wenn wir nur zum Pauken verdammt sind, nützen mir die vielen AGs und Freizeitangebote auch nichts. Die Mitternachtsparty war super, aber jetzt möchte ich mal wieder was anderes sehen als immer nur die Insel.«

»In zwei Wochen sind Herbstferien«, erinnert Finja sie. »Da fliegen wir mit Mama und Papa zu Tilda nach Mallorca, also siehst du bald genug anderes.«

»Ich weiß«, entgegnet Franzi. »Aber ich kann nicht mehr warten. Zu dumm, dass wir nicht in der Nähe der Insel wohnen, so wie Nisi! Die kann nachmittags machen, was sie will; shoppen gehen, ins Kino, ins Spaßbad … das Wasser im See ist inzwischen sogar mir zu kalt.«

Annabelle will etwas erwidern, schlägt sich jedoch plötzlich mit der Hand auf den Mund. »Leute – ich bin heute mit meinem Referat in Geschichte dran. Römisches Reich und Völkerwanderung. Bestimmt habe ich das totale Blackout! Wer von euch fragt mich noch mal schnell ab und kommt mit zu Frau Wiese, damit sie rechtzeitig meinen Handzettel kopieren kann?«

»Ich«, antworten Finja und Josy wie aus einem Munde.

»Danke, ihr seid sooo lieb«, japst Annabelle und setzt sich bereits in Bewegung. »Macht es dir auch nichts aus, wenn du alleine hier warten musst, Franzi?«

»Geht nur«, meint diese, noch immer in düsterer Stimmung. Die drei eilen zum Schulgebäude, Franzi bleibt stehen und blickt aufs Wasser, beobachtet die Fähre, die sich gemächlich durch das ruhige Wasser pflügt. Als sie fast schon anlegt, erscheint ungefähr fünfzig Meter hinter ihr ein Boot, in dem drei ältere Jungs sitzen und rudern, als ginge es um ihr Leben, um noch pünktlich zur ersten Stunde die Insel zu erreichen.

Rudern, denkt Franzi. Einfach mal mit Finja und den Freundinnen hinüberrudern, dann erst mal zu Nisi nach Hause oder gleich mit dem Bus weiter in die Stadt, um endlich mal was zu erleben. Neue Klamotten kaufen, Eis essen gehen, eine Gegend unsicher machen, die wir noch nicht kennen. Das wäre so toll!

Die Fähre legt an, Franzi hält Ausschau nach Nisi und eilt auf sie zu, sobald sie sie in der Menge entdeckt hat. Atemlos erzählt sie der Freundin von ihrer Idee.

»Das machen wir!«, jubelt Nisi sofort begeistert. »Wer ist alles dabei? Machen die Jungs auch mit?«

»Lieber nicht«, antwortet Franzi mit gedämpfter Stimme. »Wenn so viele von uns nicht hier sind, fällt es nur unnötig auf. Ich dachte erst mal an Finja, Annabelle und vielleicht noch Josy.«

»Du hast ihnen noch nichts gesagt?«

Franzi schüttelt den Kopf. »Wir müssen das genau planen. Einfach abzuhauen, ist bestimmt richtig verboten. Aber ich habe solche Lust, mal in die Stadt zu gehen!«

»Ihr könntet Anke fragen, ob sie mit eurer ganzen Gruppe geht«, überlegt Nisi laut. Franzi winkt ab.

»Das ist es doch gerade! Ich will mal was ohne Erwachsene machen. Bevor wir im Internat waren, sind Finja und ich auch mit unseren Freundinnen alleine losgezogen, ohne dass immer ein Aufpasser dabei war. Es wird schon nichts passieren. Außerdem bist du dabei und kennst dich aus.«

»Der Ort ist auch total friedlich«, stimmt Nisi zu. »Das Aufregendste, was da passiert, ist das Herbstfest diese Woche. Aber das ist auch nicht gerade groß, ein paar Imbissbuden, Stände von den Geschäften ringsum, Kunsthandwerk, Verlosungen und eine Bühne in der Fußgängerzone, weiter nichts.«

»Immerhin!« Franzi strahlt. »Herbstfest ist super, da müssen wir unbedingt hin! Aber jetzt komm, es klingelt gleich, und Annabelle ist ganz aufgeregt wegen ihres Referats. Wir müssen ihr beistehen!«

Sie erreichen den Klassenraum in letzter Sekunde. Annabelle sitzt bereits tief über ihre Unterlagen gebeugt am Tisch, Finja und Josy stehen links und rechts von ihr und streicheln beruhigend ihre Schultern. Fast gleichzeitig mit Franzi und Nisi kommt Frau Wiese herein und lächelt Annabelle beruhigend zu. Nach ein paar einführenden Sätzen bittet sie sie, nach vorne zu kommen.

»Oder möchtest du, dass wir zuerst eine kleine Entspannungsübung machen?«, vergewissert sie sich.

»Nicht nötig«, beeilt sich Annabelle zu sagen, und aus den Reihen der anderen Schüler ist ein erleichtertes Stöhnen zu vernehmen. Annabelle geht also nach vorn, stellt ihr Thema vor und legt los. Anfangs verhaspelt sie sich noch einige Male, wird dann jedoch sicherer und schafft es, ihr Referat ohne den gefürchteten Blackout zu Ende zu bringen.

Franzi allerdings bekommt nicht viel vom Vortrag ihrer besten Freundin mit. Ihr entgeht, dass die deutschen Städte Trier und Worms eigentlich römische Provinzstädte waren, die im Frühmittelalter entstanden sind, weil die Germanen damals versuchten, die Baukunst und den Lebensstil der Römer nachzuahmen. Sie hört kaum zu, als Annabelle erklärt, wie sich die vielen germanischen Stämme während der Völkerwanderung in Bewegung setzten, immer mehr ins Römische Reich drängten und Germanenreiche z. B. in Italien, Frankreich und Nordafrika gründeten, wobei sie nach und nach die fortschrittlicheren Techniken von den Römern übernahmen. Auch als Annabelle schließlich ihren Handzettel austeilt, starrt Franzi nur darauf, ohne zu verstehen, was darauf geschrieben steht. Ihre Idee, einmal die Insel zu verlassen und mit Nisi heimlich zum Festland zu rudern, beschäftigt sie den ganzen Vormittag lang.

Erst nach dem Unterricht findet sie eine Gelegenheit, um mit Finja, Annabelle und Josy darüber zu sprechen. Annabelle ist sofort Feuer und Flamme; nach dem anstrengenden Referat hat sie große Lust, etwas Verrücktes zu tun und dem Internat wenigstens für ein paar Stunden den Rücken zu kehren.

»Für mich ist das nichts«, wehrt Finja jedoch ab. »Ich hätte viel zu viel Angst, dass uns irgendjemand sucht und dann merkt, dass wir abgehauen sind. Was dann passiert, kann man sich ja denken. Ich will keinen Stress.«

»Ich auch nicht«, pflichtet Josy ihr bei. »Außerdem will ich nachmittags lieber zum Stall, gerade jetzt, wo Milly ihre Babys bekommen hat. Es ist so süß, sie aufwachsen zu sehen.«

»Okay.« Franzis Gesicht verrät, dass sie nicht besonders verwundert ist. »Dann fahren wir eben alleine. Aber falls jemand nach uns fragt, haltet ihr doch dicht, oder?«

»Nein, wir möchten euch endlich mal beim Hausarrest zusehen und mit dem Smartphone filmen, wenn du unter Frau Hansens Aufsicht die Fußböden schrubbst. – Quatsch, natürlich halten wir dicht«, beruhigt ihre Zwillingsschwester sie. »Aber bringt uns was mit! Lakritz vom Straßenfest oder irgendwas für die Katzenbabys.«

»In der Fußgängerzone gibt’s eine tolle Zoohandlung, da finden wir bestimmt was«, meint Nisi.

»Shoppen? Ich höre immer Shoppen«, tönt eine Stimme hinter ihnen. Franzi und Annabelle fahren herum und blicken in Glorias aufmerksame Augen. »Was habt ihr vor?«

Franzi überlegt. Noch vor wenigen Wochen war Gloria die Außenseiterin in der Gruppe gewesen, weil sie sich den anderen gegenüber arrogant verhalten und sie oft bei ihrer älteren Schwester Amanda verpetzt hatte. Zudem hatte Gloria ständig damit geprahlt, eine Halbamerikanerin zu sein, bis Franzis Schwarm Marius schließlich herausgefunden hatte, dass dies nicht der Wahrheit entspricht: Gloria leidet einfach nur darunter, dass sie ihren Vater so selten sieht, weil der sich oft beruflich in den USA aufhält und sie im Internat leben muss. Seitdem hat sich das Verhältnis zwischen ihr und den anderen Mädchen deutlich gebessert, Gloria ist sogar noch in letzter Minute zur Mitternachtsparty am Strand eingeladen worden. Aber ausgerechnet mit ihr heimlich ans Festland türmen? Ob das gut geht?

»Ist nicht so wichtig«, beeilt sich Annabelle zu sagen. »Wir haben nur darüber geredet, wie gerne wir mal wieder in die Stadt gehen würden. Aber das geht ja von hier aus nicht.«

»Die Oberstufenschüler dürfen«, seufzt Gloria. »Aber mit Amanda ist da nicht zu rechnen, die würde nie Anke fragen, ob ich mal mitgehen darf. Echt blöd.«

Franzi, Nisi und Annabelle blicken sich an. Franzi erkennt, dass ihre Freundinnen dieselben Bedenken haben wie sie, aber ebenfalls der Meinung sind, jeder habe eine zweite Chance verdient. Und bei der Mitternachtsparty ist auf Gloria Verlass gewesen. Zunächst noch zögernd, dann immer eifriger weiht Franzi Gloria nun doch in die Pläne ein. Glorias Augen beginnen zu strahlen.

»Ich bin ganz gut im Rudern«, berichtet sie. »Wenn wir unentdeckt bleiben wollen, sollten wir einen Umweg über die Rückseite der Insel aus nehmen, dann fällt es weniger auf. So können wir uns abwechseln und sind schneller. Oder ihr – aufdrängen will ich mich nicht.«

»Das klingt gut«, überlegt Franzi laut. »Gloria, du bist dabei.« Sie hebt ihre rechte Hand und Gloria, Annabelle und Nisi schlagen ein.