Flow. Das Geheimnis des Glücks - Mihaly Csikszentmihalyi - E-Book
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Flow. Das Geheimnis des Glücks E-Book

Mihaly Csikszentmihalyi

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Beschreibung

Glück kommt nicht von außen, Glück ist das, was wir aus unseren Erfahrungen machen. Dieses Buch zeigt, dass Menschen dadurch, dass sie ihr eigenes Erleben kontrollieren, die Kontrolle über ihre Lebensqualität selbst in die eigene Hand nehmen. Auf diese Weise kommen sie dem Glück immer näher. "Csikszentmihalyi beweist, was Philosophen schon seit Jahrhunderten sagen: Der Weg zum Glücklichsein liegt nicht in hohler Vergnügungssucht, sondern in sinnvoller Herausforderung." The New York Times Wer das Glück will, muss das Chaos im eigenen Kopf beherrschen. Wer frei sein will, muss nur seine Ziele kennen. Das Buch fasst jahrzehntelange Forschung über die positiven Aspekte menschlicher Erfahrungen zusammen: Freude, Kreativität und den Prozess vollständigen Einsseins mit dem Leben, den der Autor FLOW nennt. Glück ist nichts, was man mit Geld kaufen könnte. Glück ist flow. Jeder hat dieses Gefühl schon erlebt: über sich selbst zu verfügen, im Einklang mit sich und der Welt zu sein und sein Schicksal in die eigene Hand nehmen zu können. Bei diesen seltenen Gelegenheiten spürt man ein Gefühl von Hochstimmung, von tiefer Freude, das lange anhält und zu einem Maßstab dafür wird, wie das Leben aussehen sollte. "FLOW" ist ein Buch der praktischen Lebensweisheit. Zwar gibt es keinen Königsweg zum flow, auch erfordert die Einzigartigkeit jedes Menschen einen individuellen Zugang; aber wer versteht, was flow ist, dem wird es möglich, das eigene Leben zu verändern. Diese Veränderungen hängen nicht so sehr von äußeren Ereignissen ab, sondern eher davon, wie wir sie deuten. - Glück ist ein Zustand, für den man bereit sein muss, den jeder einzelne kultivieren und für sich verteidigen muss. Menschen, die lernen, ihre innere Erfahrung zu kontrollieren, können ihre Lebensqualität bestimmen; und das kommt dem, was wir gewöhnlich Glück nennen, wohl am allernächsten. ""Flow. Das Geheimnis des Glücks" zeigt, dass Glück nicht vom Himmel fällt. Die Fähigkeit zum Glücklichsein und FLOW zu empfinden, steckt in jedem. Mit Konzentration auf das, was man tut, kann man den Zustand des FLOW erreichen. Ein tolles Buch, das Lust auf Leistung macht." Wolfgang Joop Flow bezeichnet einen Zustand des Glücksgefühls, in den Menschen geraten, wenn sie gänzlich in einer Beschäftigung "aufgehen". Entgegen ersten Erwartungen erreichen wir diesen Zustand nahezu euphorischer Stimmung meistens nicht beim Nichtstun oder im Urlaub, sondern wenn wir uns intensiv der Arbeit oder einer schwierigen Aufgabe widmen. Laut The Independent gehört Mihaly Csikszentmihalys "Flow. Das Geheimnis des Glücks" zu den 33 Büchern, die man gelesen haben muss, bevor man 30 wird.

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Seitenzahl: 769

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Mihaly Csikszentmihalyi

Flow

Das Geheimnis des Glücks

Aus dem Amerikanischen von Annette Charpentier

Klett-Cotta

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

Die Originalausgabe erschien

unter dem Titel »FLOW – The Psychology of Optimal Experience«

im Verlag Harper & Row, New York

© 1990 by Mihaly Csikszentmihalyi

Für die deutsche Ausgabe

© 1992/2017 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Printed in Germany

Umschlag: Atelier Versen

Datenkonvertierung: Eberl & Koesel Studio, Kempten

Printausgabe: ISBN 978-3-608-96148-5

E-Book: ISBN 978-3-608-11003-6

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Inhalt

Vorwort

Glück – ein Überblick

Einführung

Überblick

Die Wurzeln der Unzufriedenheit

Schutzschilde der Kultur

Die Neubesinnung auf die Erfahrung

Wege der Befreiung

II 

Die Anatomie des Bewusstseins

Die Grenzen des Bewusstseins

Aufmerksamkeit als psychische Energie

Und nun zum Selbst

Unordnung im Bewusstsein: psychische Entropie

Ordnung im Bewusstsein:

flow

Komplexität und das Wachstum des Selbst

III 

Freude und Lebensqualität

Vergnügen und Freude

Die Komponenten der Freude

Die autotelische Erfahrung

IV 

Die Grundbedingungen für

flow

Flow

-Aktivitäten

Flow

und Kultur

Die autotelische Persönlichkeit

Flow

-Menschen

Der Körper im

flow

-Zustand

Höher, schneller, stärker

Die Freuden der Bewegung

Sex als

flow

Die absolute Kontrolle: Yoga und Kampfsportarten

Flow

mit den Sinnesorganen: Die Freude des Sehens

Flow

in der Musik

Freude am Schmecken

VI 

Flow

der Gedanken

Die Mutter der Wissenschaften

Die Regeln von Gedankenspielen

Das Spiel mit Worten

Freundschaft mit Clio

Die Freuden der Naturwissenschaften

Liebende Weisheit

Amateure und Professionelle

Die Herausforderung lebenslangen Lernens

VII 

Arbeit als

flow

Autotelische Arbeiter

Autotelische Berufe

Das Paradox der Arbeit

Die Verschwendung der Freizeit

VIII 

Freude am Alleinsein und am Zusammensein mit anderen Menschen

Der Konflikt zwischen Alleinsein und Geselligkeit

Der Schmerz der Einsamkeit

Wie man die Einsamkeit zähmt

Flow

und die Familie

Wie man Freundschaften genießt

Die größere Gemeinschaft

IX 

Der Sieg über das Chaos

Tragödien – einmal anders betrachtet

Stressbewältigung

Die Macht dissipativer Strukturen

Das autotelische Selbst: Eine Zusammenfassung

Die Entstehung von Sinn

Was ist Sinn?

Die Kultivierung des Sinns

Entschiedenheit

Die Wiedergewinnung der Harmonie

Die Vereinheitlichung des Sinns in Lebensthemen

Anmerkungen

Kapitel I

Kapitel

II

Kapitel

III

Kapitel

IV

Kapitel V

Kapitel

VI

Kapitel

VII

Kapitel

VIII

Kapitel

IX

Kapitel X

Bibliografie

Register

Für Isabella, Mark und Christopher

Vorwort

Dieses Buch fasst – für ein breiteres Publikum – jahrzehntelange Forschung über die positiven Aspekte menschlicher Erfahrungen zusammen: Freude(1), Kreativität(1) und(1) den Prozess vollständigen Einsseins mit dem Leben, den ich flow nenne. Dieser Schritt birgt einige Gefahren, denn sobald man sich von der strengen Orientierung wissenschaftlicher Texte löst, wird man leicht unbekümmert und, besonders bei einem solchen Thema, zu überschwänglich. Hier liegt allerdings kein Buch vor, das einem Insidertipps vermittelt, wie man glücklich wird(1). Das wäre auch unmöglich, da ein Leben voller Freude eine einzigartige Schöpfung ist, die man nicht nach Rezept vollziehen kann. Dieses Buch versucht statt dessen, allgemeine Prinzipien vorzustellen, verbunden mit konkreten Beispielen, wie manche Menschen diese Prinzipien angewendet haben, um ein langweiliges, sinnloses Leben(1) in eines voller Freude zu verwandeln. Ich verspreche hier keine Rezepte für diesen Weg. Doch der Leser, dem solche Dinge am Herzen liegen, sollte ausreichend Informationen finden, um den Übergang von der Theorie zur Praxis zu bewältigen.

Um das Buch so verständlich und leserfreundlich wie möglich zu gestalten, habe ich auf einen Apparat verzichtet, wie ihn Wissenschaftler in(1) ihren Schriften gewöhnlich einsetzen. Vielmehr habe ich versucht, die Ergebnisse der psychologischen Forschung und die Gedanken vorzustellen(1), die man aus der Interpretation solcher Forschung gewinnt. Jeder Leser kann sie aufgreifen und in seinem Alltag anwenden, ohne dazu über spezialisiertes Grundwissen verfügen(1) zu müssen.

Jene Leser jedoch, die neugierig genug sind, den wissenschaftlichen Quellen(2) nachzugehen, auf denen meine Schlussfolgerungen beruhen, finden am Ende eingehende Anmerkungen, in denen der jeweilige Gegenstand diskutiert wird. »Glück«(1) (Anmerkung 1) wird beispielsweise im ersten Kapitel über »Glück – ein Überblick« erwähnt, in der Anmerkung gebe ich dann meine wissenschaftlichen Quellen dazu an. Leser, die sich dafür interessieren, auf welche Bücher ich meine Annahmen stütze, finden in den »Anmerkungen« beispielsweise Ausführungen zur Auffassung des Aristoteles(1) über »Glück« sowie Hinweise zur gegenwärtigen Forschung über dieses Thema mit den einschlägigen Zitaten. Die Anmerkungen können als zweite, stark komprimierte und technischere Schattenversion des Originaltextes gelesen werden.

Zu Anfang eines jeden Buches ist es eigentlich üblich, denen zu danken, die zu seiner Entwicklung beigetragen haben. Das ist in diesem Fall unmöglich, da die Namensliste fast ebenso lang wäre wie das Buch selbst. Jedoch bin ich bestimmten Personen zu besonderem Dank verpflichtet, und dazu möchte ich diese Gelegenheit nutzen: Zuerst einmal danke ich Isabella, die als meine Frau und Freundin seit über fünfundzwanzig Jahren mein Leben bereichert und deren Stilsicherheit half, das Buch zu gestalten, Mark und Christopher, unseren Söhnen, von denen ich vielleicht ebenso viel gelernt habe wie sie von mir, und Jacob Getzels, meinem(1) früheren und jetzigen Mentor. Von meinen Freunden und Kollegen möchte ich herausheben: Donald Campbell, Howard(1) Gardner, Jan(1) Hamilton, Philip(1) Hefner, Hiroaki(1) Imamura, David(1) Kipper, Doug(1) Kleiber, George(1) Klein, Fausto(1) Massimini, Elisabeth(1) Noelle-Neumann, Jerome(1) Singer, James(1) Stigler und(1) Brian Sutton-Smith – die(1) mir alle, auf die eine oder andere Weise, mit ihrer Hilfe, Inspiration und Ermutigung großzügig zur Seite standen.

Von meinen ehemaligen Studenten und Mitarbeitern haben Ronald Graef, Robert(1) Kubey, Reed(1) Larson, Jean(1) Nakamura, Kevin(1) Rathunde, Rick(1) Robinson, Ikuya(1) Sato, Sam(1) Whalen und(1) Maria Wong die(1) größten Beiträge zu der Forschung geleistet, die den auf den folgenden Seiten entwickelten Gedanken zugrunde(2) liegt. John Brockman und Richard P. Kot haben dieses Projekt umsichtig und professionell unterstützt und von Anfang bis zum Ende mitgeholfen. Zuletzt möchte ich dankbar die Spencer Foundation erwähnen, die die Sammlung und Analyse von Daten in den letzten zehn Jahren großzügig finanzierte. Besonders verbunden bin ich ihrem ehemaligen Präsidenten H. Thomas James, ihrem gegenwärtigen Präsidenten Lawrence A. Cremin und Marion Faldet, Vizepräsidentin der Stiftung. Keiner der hier Erwähnten ist natürlich für das verantwortlich, was in diesem Buch vielleicht unrichtig sein mag – dafür stehe ich allein gerade.

Chicago, März 1990

I

Glück – ein(2) Überblick

Einführung

Vor zweitausenddreihundert Jahren kam Aristoteles zu(2) der Schlussfolgerung, dass der Mensch vor allem Glück[1] sucht(1)(3). Glück wird um seiner selbst willen angestrebt, während jedes andere Ziel – Gesundheit(1), Schönheit(1), Geld(1) oder(1) Macht – nur(1) geschätzt wird, weil man erwartet, dass es glücklich machen(2) wird. Seit Aristoteles’ Zeiten hat sich vieles verändert. Unser Verständnis von der Welt der Sterne und Atome hat sich stärker erweitert, als wir uns das je hätten vorstellen können. Die Götter der Griechen waren(1), verglichen mit der heutigen Menschheit und der von ihr innegehaltenen Macht, hilflose Kinder. Aber in diesem wichtigsten Bereich hat sich in den vergangenen Jahrhunderten nur sehr wenig geändert. Was Glück ist, begreifen wir nicht besser als Aristoteles, und was das Lernen angeht, wie man diesen gesegneten Zustand erreicht, so könnte man behaupten, wir hätten überhaupt keine Fortschritte gemacht.

Obwohl(2) wir heute gesünder sind und älter werden, obwohl selbst die Ärmsten unter uns heute von materiellem Luxus[2] umgeben sind, von dem man vor nur wenigen Jahrzehnten nicht einmal träumte (im Palast des Sonnenkönigs gab es nur wenige Badezimmer, und kein römischer Kaiser konnte seinen Fernseher anstellen, wenn er sich langweilte), trotz(1) der ungeheuren wissenschaftlichen Erkenntnisse(3), die wir auf Knopfdruck abrufen können, verfestigt sich bei vielen Menschen der Eindruck, sie hätten ihr Leben verschwendet und ihre Jahre nicht erfüllt von Glück, sondern(4) voller Unsicherheit und(1) Langeweile verbracht. Liegt es daran, dass es Schicksal des Menschen ist, unerfüllt zu bleiben und immer mehr zu wollen, als man haben kann? Oder(3) ist das alles beherrschende Leiden, das selbst die kostbarsten Augenblicke versauert, die Folge davon, dass wir am falschen Ort nach dem Glück suchen? Absicht dieses Buches ist es, mit den Methoden der modernen Psychologie der uralten Frage nachzugehen: Wann fühlen sich Menschen am glücklichsten? Wenn(3) wir darauf eine Antwort finden, könnten wir vielleicht irgendwann fähig sein, unser Leben so zu gestalten, dass das Glück eine größere Rolle darin spielt. Fünfundzwanzig Jahre vor dem Niederschreiben dieser Zeilen machte ich eine Entdeckung, doch ich habe die gesamte seitdem verstrichene Zeit gebraucht, um das zu bemerken. Vielleicht ist es irreführend, es eine »Entdeckung« zu nennen, denn der Mensch ist sich seit Anbeginn der Zeit dessen bewusst. Dennoch ist das Wort angemessen, denn meine Entdeckung war zwar an sich wohlbekannt, doch war sie von den entsprechenden Gelehrten, in(1) diesem Fall den Psychologen, noch nicht beschrieben und theoretisch erklärt worden. So verbrachte ich das folgende Vierteljahrhundert damit, dieses flüchtige Phänomen zu untersuchen.

Was ich »entdeckte«, war, dass Glück nicht(5) etwas ist, das einfach geschieht. Es ist keine Folge von angenehmen Zufällen. Es ist nichts, was man mit Geld kaufen(2) oder mit Macht bestimmen(2) kann. Es hängt nicht von äußeren Ereignissen ab, sondern eher davon, wie wir diese deuten – Glück ist vielmehr ein Zustand, für den man bereit sein muss, den jeder Einzelne kultivieren und für sich verteidigen muss. Menschen, die lernen, ihre(1) inneren Erfahrungen zu(2) steuern, können ihre Lebensqualität bestimmen(1); dies kommt dem, was wir Glück nennen(4), wohl am allernächsten.

Doch wir können das Glück nicht(4) erreichen, indem wir bewusst danach suchen. »Frage(5) dich, ob du glücklich bist«, schrieb J. S. Mill, »und(1) du hörst auf, es zu sein.« Glück finden wir, wenn wir vollständig eins sind mit jeder Einzelheit unseres Lebens, gleich, ob gut oder schlecht, nicht, indem wir direkt danach suchen. Viktor Frankl, der(1) österreichische Psychologe, fasste es im Vorwort seines Buches Der Mensch auf der Suche nach Sinn zusammen(1): »Peile keinen Erfolg an(1) – je mehr du es darauf anlegst und ihn zum Ziel erklärst(2), umso mehr wirst du ihn verfehlen. Denn Erfolg kann wie Glück nicht verfolgt werden; er muss erfolgen … als unbeabsichtigte Nebenwirkung, wenn sich ein Mensch einer Sache widmet, die größer ist als er selbst.«

Wie(2) können wir also dieses flüchtige Ziel erreichen(3), das nicht auf direktem Weg verfolgt werden kann? Ein Vierteljahrhundert Forschung hat mich überzeugt, dass es einen Weg gibt. Es ist ein gewundener Pfad, der bei der Kontrolle über(1) den Inhalt des eigenen Bewusstseins seinen(1) Ausgang nimmt.

Unsere Wahrnehmung ist das Ergebnis vieler Kräfte, die Erfahrungen prägen, von denen eine jede Einfluss darauf hat, ob man sich gut oder schlecht fühlt. Die meisten dieser Kräfte können nicht kontrolliert werden. Man kann nicht viel an seinem Aussehen, Temperament(1) und der allgemeinen Konstitution ändern. Man kann nicht entscheiden – zumindest bislang nicht –, wie groß oder wie klug man wird. Man kann sich weder die Eltern noch(1) Zeit und Ort seiner Geburt aussuchen, und es liegt weder in Ihrer Macht noch(3) in meiner zu entscheiden, ob es einen Krieg geben wird oder ob wir eine Wirtschaftskrise bekommen. Die Anweisungen in unseren Genen, die Schwerkraft, der(1) Pollengehalt der Luft, die historische Epoche, in die wir hineingeboren wurden – diese und unzählig viele andere Bedingungen bestimmen, was wir sehen, fühlen(1) und tun. Es überrascht daher nicht, wenn häufig geglaubt wird, das Schicksal würde vornehmlich von äußeren Kräften bestimmt. Doch jeder hat schon erlebt, dass man, statt von anonymen Kräften herumgestoßen zu werden, sich in Kontrolle der eigenen Handlungen, als(1)(2) Herr des eigenen Schicksals fühlt. Bei diesen seltenen Gelegenheiten spürt man ein Gefühl von(1) Hochstimmung, von tiefer Freude, das(2) lange anhält und zu einem Maßstab dafür wird, wie das Leben aussehen sollte.

Und genau das ist es, was ich mit optimaler Erfahrung meine(1). Es ist das, was ein Segler auf(1) richtigem Kurs fühlt, wenn der Wind sein Haar peitscht und sein Boot wie ein junges Pferd durch die Wellen prescht – Segel, Kiel, Wind und Meer summen in Harmonie, die(1) in den Adern des Menschen am Steuer vibriert. Es ist das, was der Maler fühlt, wenn die Farben auf der Leinwand eine magnetische Spannung zueinander aufbauen, und etwas Neues, ein lebendiges Wesen, nimmt vor den Augen seines erstaunten Schöpfers Gestalt an. Es ist das Gefühl eines(2) Vaters, wenn sein Kind zum(1) ersten Mal auf sein Lächeln reagiert. Solche Ereignisse finden jedoch nicht nur statt, wenn die äußeren Bedingungen günstig sind: Menschen, die Konzentrationslager überlebten oder fast tödliche Gefahren überstanden, erinnern sich häufig, dass sie mitten in ihrem Leiden ungewöhnlich intensive Freude bei(3) einem schlichten Ereignis erlebten, wie beim Singen eines Vogels im Wald, der Lösung einer schweren Aufgabe oder wenn sie eine Brotkruste mit einem Freund teilten.

Gegen unsere Überzeugung sind solche Momente, die besten Momente im Leben, nicht passiv, rezeptiv, entspannend – obwohl auch solche Erfahrungen nach(3) schwerer Anstrengung erfreulich(1) sein können. Die besten Momente ereignen sich gewöhnlich, wenn Körper und(1) Seele eines Menschen bis an die Grenzen angespannt sind, in dem freiwilligen Bemühen, etwas Schwieriges und etwas Wertvolles zu erreichen. Optimale Erfahrung ist daher etwas, das wir herbeiführen. Ein Kind etwa(2) erlebt das, wenn es mit zitternden Fingern die letzten Klötze auf einen Turm legt, der höher als jeder andere ist, den es bislang gebaut hat; für einen Schwimmer ist es vielleicht der Versuch, den eigenen Rekord zu brechen, für einen Geiger, eine(1) komplizierte Passage zu beherrschen. Für jeden Menschen gibt es Tausende von Gelegenheiten – Herausforderungen –, über(1) sich selbst hinauszugehen.

Solche Erlebnisse sind aber nicht notwendigerweise angenehm. Die Muskeln des Schwimmers haben vielleicht in dem denkwürdigen Rennen stark geschmerzt, seine(1) Lungen fühlten sich der Explosion nahe, und ihm war vielleicht schwindlig vor Erschöpfung – dennoch können dies die besten Momente seines Lebens sein. Es ist niemals leicht, Kontrolle über(3) das Leben zu gewinnen, und manchmal ist es sogar eindeutig schmerzhaft. Doch(2) auf längere Sicht geben optimale Erfahrungen einem(2) ein Gefühl von(3) Kontrolle über sich selbst – vielleicht(1) besser ein Gefühl, teilzuhaben(4) an der Festlegung dessen, was den Sinn des(2) Lebens ausmacht – und das ist dem, was wir gewöhnlich unter Glück verstehen(6), so nahe, wie man ihm jemals gelangen kann.

Ich(6) versuchte bei meinen Untersuchungen so genau wie möglich zu verstehen, wie sich Menschen fühlen, wenn sie größte Freude empfinden(4), und(1) warum. Meine ersten Arbeiten[3] befassten sich mit ein paar hundert »Experten« – Malern(1), Athleten, Musikern, Schachmeistern(1)(2) und(1) Chirurgen – mit(1) anderen Worten, Menschen, die ihre Zeit mit genau den Aktivitäten zubrachten, die ihnen am liebsten waren. Aufgrund ihrer Berichte, was sie dabei empfanden, das zu tun, was sie taten, entwickelte ich eine Theorie der optimalen Erfahrung, die(3) auf der Annahme von flow beruht – jenem Zustand, bei dem man in eine Tätigkeit so vertieft ist(1), dass nichts anders eine Rolle zu spielen scheint; die Erfahrung an sich ist so erfreulich, dass man es selbst um einen hohen Preis tut, einfach, um flow zu erreichen.

Mit Hilfe dieses theoretischen Modells interviewten mein Forschungsteam an der Universität von Chicago und anschließend Kollegen in der ganzen Welt Tausende von Menschen aus den verschiedensten Lebensbereichen. Diese Studien legten den Schluss nahe, dass optimale Erfahrung von(4) Männern und Frauen, jung und alt, ungeachtet kultureller Unterschiede(1) immer gleich beschrieben wurde. Die flow-Erfahrung war also nicht bloß eine Besonderheit reicher Eliten in Industrienationen. Sie wurde in grundsätzlich gleichen Worten von alten Frauen in Korea geschildert(1), von Erwachsenen in Thailand und(1) Indien, von(1) Teenagern in(1) Tokio, von(1) Navajo-Hirten, Bauern(1) in den italienischen Alpen und Arbeitern am(1) Fließband in(1) Chicago.

Zu Anfang beruhten unsere Daten auf Interviews und Fragebögen. Um größere Zuverlässigkeit zu erzielen, entwickelten wir mit der Zeit eine neue Methode für die Messung der Qualität subjektiver Erfahrung. Diese(4) Technik, von uns ESM[4] – experience(1) sampling method (Verfahren zum Registrieren von Erlebnissen) – genannt, arbeitet so, dass bestimmte Individuen eine(1) Woche lang ein elektronisches Gerät tragen und dass sie, immer wenn dieses Gerät summt, aufschreiben, was sie denken und(1) wie sie sich fühlen. Am Ende der Woche liefert jeder Beteiligte seine Aufzeichnung ab, einen aufgeschriebenen Film über sein oder ihr Leben, zusammengestellt aus repräsentativen Momenten. Inzwischen wurden über hunderttausend solcher Querschnitte der Erfahrung in(5) verschiedenen Teilen der Welt gesammelt. Die Schlussfolgerungen in diesem Buch beruhen auf diesen Daten.

Die wissenschaftliche Beschäftigung(4) mit flow, die ich an der Universität von Chicago begann, wird inzwischen weltweit vorangetrieben. Forscher in Kanada, Deutschland(1), Italien(1), Japan und(2) Australien haben(1) mit ihren Studien begonnen. Die umfangreichste Sammlung von Daten außerhalb Chicagos ist gegenwärtig beim Institut für Psychologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Mailand zu finden. Die flow-Theorie wurde von Psychologen für nützlich befunden, die Glück, Lebenszufriedenheit(7) und(1) intrinsische Motivation studieren(1), von Soziologen, die(1) dieses Konzept als Gegenteil von fehlender sozialer Ordnung und(1) Entfremdung betrachten(1), von Anthropologen, die(1) sich für das Phänomen der kollektiven Begeisterung und für Rituale interessieren(1). Einige haben den Begriff flow erweitert, um die Entwicklung der Menschheit zu begreifen, andere, um religiöse Erfahrungen(1) zu(1) beleuchten. Aber flow ist nicht bloß ein akademisches Thema. Nur wenige Jahre nach der ersten Veröffentlichung wurde die Theorie in verschiedenen praktischen Bereichen angewendet.[5] Immer wenn das Ziel Verbesserung(4) der Lebensqualität heißt(2), kann die flow-Theorie den Weg weisen. Sie hat experimentelle Lehrpläne angeregt, die Ausbildung von Managern, das(1) Design von Freizeitprodukten und(1) -dienstleistungen. Flow wird genutzt, um Ideen und Behandlungsmethoden in der klinischen Psychologie anzuregen, Tagesabläufe in Altersheimen, das Design von Museumsausstellungen und Beschäftigungstherapie mit Behinderten. All(1) dies geschah nach den ersten Artikeln über flow in wissenschaftlichen Zeitschriften(5), und alles weist darauf hin, dass der Einfluss dieser Theorie noch stärker werden wird.

Überblick

Über flow wurden bislang zahlreiche wissenschaftliche Artikel(6) und Fachbücher geschrieben, doch hier soll die Forschung über optimale Erfahrung zum(5) ersten Mal einem allgemeinen Publikum vorgestellt und ihre Wirkung auf den einzelnen diskutiert werden. Wir haben es allerdings nicht mit einem Ratgeber zu tun. Es gibt praktisch Tausende solcher Rezeptbücher, in denen erklärt wird, wie man reich, mächtig, geliebt oder schlank wird. Wie Kochbücher geben sie Hinweise, wie man ein bestimmtes begrenztes Ziel erreicht(5), und manch einer folgt diesen Rezepten tatsächlich. Doch selbst wenn alle diese Ratschläge Erfolg(3) hätten, was erreicht man schon, wenn man sich anschließend in eine schlanke, geliebte, mächtige Millionärin verwandelt? Gewöhnlich findet sich der oder die Betreffende wieder am Anfang, mit einer neuen Wunschliste und ebenso unzufrieden wie(1) zuvor. Was den Menschen wirklich befriedigt, ist(1) nicht, schlank oder reich zu sein, sondern sich in seinem eigenen Leben wohlzufühlen. Teillösungen funktionieren bei der Suche nach dem Glück meist(8) nicht.

Wie gut die Absicht dabei auch sein mag, Bücher können einem keine Rezepte vermitteln, wie man glücklich wird. Da optimale Erfahrung von(6) der Fähigkeit abhängt(1), zu steuern, was sich jeden Augenblick im Bewusstsein abspielt(1), muss jeder Mensch dies auf der Grundlage seiner eigenen individuellen Bemühungen(2) und seiner Kreativität erreichen(2). Ein Buch kann jedoch – und das vorliegende versucht, dies zu leisten – Beispiele geben, wie das Leben erfreulicher werden kann, und zwar im Rahmen einer Theorie, damit der Leser darüber nachdenken und seine eigenen Schlüsse ziehen kann.

Statt daher eine Liste von Ratschlägen und Verboten aufzustellen, beabsichtigt dieses Buch eine Reise durch das Reich des Bewusstseins, bewaffnet(2) mit den Landkarten der Wissenschaft. Wie(7) alle Abenteuer, die es wert sind, bestanden zu werden, wird dies nicht leicht. Ohne intellektuelle Anstrengung und(2) die Verpflichtung, zu(1) überlegen und über die eigenen Erfahrungen nachzudenken, wird(2) man aus dem folgenden kaum großen Nutzen ziehen.

Flow

Dieses Buch wird den Prozess untersuchen, wie man Glück durch(9) die Kontrolle über(4) das eigene Innenleben gewinnt. Wir beginnen, indem wir überlegen, wie das Bewusstsein funktioniert(3) und wie es gesteuert wird (Kapitel II), denn nur wenn wir begreifen, wie der subjektive Zustand entsteht, können wir ihn kontrollieren. Alles, was wir erleben – Freude und(5) Schmerz, Interesse(3) oder(1) Langeweile –, wird im Bewusstsein als Information dargestellt. Wenn wir in der Lage sind, diese Informationen zu kontrollieren, können(5) wir bestimmen, wie unser Leben aussieht.

Beim optimalen Zustand innerer Erfahrung herrscht(6)Ordnung im(1) Bewusstsein. Dies(1) tritt ein, wenn psychische Energie – oder(1) Aufmerksamkeit – für(1) realistische Ziele verwendet(1) wird und die Fähigkeiten den(2) Handlungsmöglichkeiten entsprechen(1). Die Verfolgung eines Ziels[6] bringt Ordnung ins(2) Bewusstsein, weil man die Aufmerksamkeit auf die gegebene Aufgabe richten und zeitweise alles andere vergessen muss. Diese Phasen des Ringens um die Bewältigung einer(1) Herausforderung werden(2) allgemein als die erfreulichsten Momente des Lebens betrachtet (Kapitel III). Wenn man Kontrolle über(6) die psychische Energie erlangt(2) und sie für bewusst ausgesuchte Ziele verwendet hat, muss man einfach zu einer komplexeren Persönlichkeit reifen(1). Man wird durch die Entwicklung seiner Fähigkeiten und mit der Annahme immer größerer Herausforderungen zunehmend(3) zu einem ungewöhnlicheren Individuum.

Um(3) zu begreifen, warum manche Dinge, die wir unternehmen, erfreulicher sind als andere, werden wir die Bedingungen der flow-Erfahrung untersuchen(7) (Kapitel IV). Als flow beschreiben Menschen(1) ihren seelischen Zustand in Augenblicken, wenn das Bewusstsein harmonisch(4) geordnet(1) ist und sie etwas um der Sache selbst willen tun. Durch die Beschreibung einiger Aktivitäten, die beständig flow auslösen – wie Sport, Spiel(1), Kunst(1) und(1) Hobbys –, versteht(1) man leichter, was den Menschen glücklich macht(5). Doch man kann sich nicht ausschließlich auf Spiele und Kunst verlassen, um die Lebensqualität zu(3) verbessern. Um Kontrolle über(7) das zu erlangen, was im Bewusstsein geschieht, kann man fast unendlich viele Gelegenheiten zur Freude finden(6) – etwa durch die Nutzung körperlicher Kräfte(2) und sensorischer Fähigkeiten, bei(3) Sport, Musik(2) oder(1) Yoga (Kapitel V), oder durch die Entwicklung symbolischer Fähigkeiten, wie bei Poesie, Philosophie(1) oder(1) Mathematik (Kapitel VI).

Die meisten Menschen verbringen einen Großteil ihres Lebens mit Arbeit und(1) in Interaktion mit(1) anderen, besonders mit Familienangehörigen. Daher(1) ist es überaus wichtig, zu lernen, wie(2) man Arbeit in eine flow-erzeugende Aktivität verwandelt (Kapitel VII) und sich Wege ausdenkt, wie man die Beziehungen mit Eltern, Partner(2), Kindern(1) und(3) Freunden erfreulicher(1) gestaltet (Kapitel VIII).

Oft wird das Leben durch ein tragisches Ereignis gestört, und selbst die glücklichsten Menschen(6) unterliegen Belastungen verschiedenster Art. Doch solche Schicksalsschläge beeinträchtigen nicht unbedingt das Glücklichsein. Die Reaktion eines Menschen auf Belastungen bestimmt, ob er dem Unglück etwas abgewinnt oder unglücklich wird. In Kapitel IX wird beschrieben, wie Menschen sich trotz widriger Umstände am Leben freuen können.

Als letzten Schritt beschreibe ich, wie es Menschen gelingt, alle Erfahrungen zu(8) einem sinnvollen Muster zu verknüpfen (Kapitel X). Wenn dies gelingt, wenn ein Mensch sein Leben in die eigene Hand nimmt und es für sinnvoll hält, bleibt nichts zu w(1)ünschen übrig. Die Tatsache, dass man nicht schlank, reich oder mächtig ist, spielt keine Rolle mehr. Die Springflut von Erwartungen und(1) unerfüllten Wünschen stört(2) einen nicht weiter. Selbst die chaotischsten Erlebnisse werden erfreulich.

In diesen Schritten wird das Buch untersuchen, was dazu beiträgt, dieses Ziel zu(6) erreichen. Wie kann man das Bewusstsein steuern(5)? Wie wird es geordnet, damit Erfahrungen erfreulich(9) werden? Wie kann Komplexität erreicht(1) werden? Wie kann man schließlich Sinn schaffen(2)? Die Erreichung dieser Ziele ist der Theorie nach ziemlich einfach, doch die Praxis gestaltet sich schwieriger. Die Regeln selbst(1) sind recht deutlich und für jedermann zugänglich. Doch viele Kräfte, in einem selbst und in der Umwelt eines(1) Menschen, stehen dem entgegen. Es ist ein bisschen wie eine Schlankheitskur. Jeder weiß, wie man es macht, jeder will es schaffen, aber für viele ist es fast unmöglich. Das Ziel ist(7) hier jedoch höher gesteckt. Es geht nicht bloß darum, ein paar Pfunde zu verlieren. Es geht darum, ein lebenswertes Leben zu führen.

Ehe beschrieben wird, wie man optimale flow-Erfahrung erreichen(7) kann, ist es notwendig, einige widrige Aspekte zu betrachten, die ein erfülltes menschliches Leben beeinträchtigen. In alten Märchen musste sich der Held bei seinen Abenteuern, ehe er auf immer glücklich weiterleben durfte, wilden Drachen und bösen Zauberern stellen. Diese Metapher passt auch auf die Erforschung der Psyche. Ich werde die These aufstellen, dass das wichtigste Hindernis für Glückserfahrung damit(1) zusammenhängt, dass das Universum, trotz der Mythen, die(1) die Menschheit entwickelte, um sich zu beruhigen, nicht geschaffen wurde, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Frustration ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Und immer wenn unsere Bedürfnisse vorübergehend erfüllt werden, beginnen wir sogleich, neue zu entwickeln. Diese chronische Unzufriedenheit ist(2) das zweite Hindernis auf dem Weg zum Glück.

Um(10) diese Hindernisse zu bewältigen, entwickelt(2) jede Kultur irgendwann(2) schützende Methoden – Religionen, Philosophien(2), Künste(2) und Tröstungen –, die uns bei der Abschirmung vor dem Chaos[7] helfen(1). Sie helfen uns, zu glauben, dass wir beherrschen, was vor sich geht, und geben uns Gründe, mit unserem Los zufrieden zu(2) sein. Aber diese Schutzschilde wirken nur eine Zeit lang: Nach ein paar Jahrhunderten, manchmal nach nur einigen Jahrzehnten, nutzt sich eine Religion oder(3) ein Glaube ab, und im Vergleich zu früher haben sie heute nicht mehr diesen Wert.

Wenn Menschen versuchen, allein, ohne die Stützung durch den Glauben, Glückserfahrung(1) zu(2) erreichen, versuchen(7) sie gewöhnlich, die Freuden zu maximieren, die entweder biologisch in ihren Genen vorprogrammiert sind oder in der Gesellschaft heute(1) als erstrebenswert gelten, in der sie leben. Reichtum, Macht(1) und(4) Sex werden(1) zu den Hauptzielen, die(8) ihrem Sehnen eine Richtung geben. Aber die Lebensqualität kann(4) auf diese Weise nicht verbessert werden. Nur die direkte Kontrolle der(8) Erfahrung, die(10) Fähigkeit, jeden(4) Moment Freude an(7) allem, was man tut, zu empfinden, kann(2) die Hindernisse auf dem Weg zu einem erfüllten Leben überwinden.

Die Wurzeln der Unzufriedenheit

Glück(3) ist(11) unter anderem so schwer zu erreichen, weil das Universum nicht erschaffen wurde, damit die Menschen sich wohlfühlen. Es ist fast unermesslich groß, vorwiegend feindselig, leer und kalt. Es ist Schauplatz ungeheurer Gewalt, wenn etwa gelegentlich ein Stern explodiert und alles im Umkreis von Milliarden von Kilometern zu Asche verwandelt. Der seltene Planet, dessen Schwerkraftfeld nicht unsere Knochen zermalmen würde, schwimmt vermutlich in giftigen Gasen. Selbst unser Planet Erde, der so idyllisch und lieblich sein kann, ist für uns nicht selbstverständlich. Um auf ihm zu überleben, mussten Männer und Frauen seit Millionen von Jahren gegen Eis, Feuer, Fluten, wilde Tiere und unsichtbare Mikroorganismen kämpfen, die aus dem Nichts auftauchen, um uns auszulöschen.

Es scheint, dass jedes Mal, wenn eine drohende Gefahr gebannt wird, eine neue und kompliziertere am Horizont auftaucht. Sobald wir eine neue Substanz erfinden, beginnen ihre Nebenwirkungen unsere Umwelt zu(2) vergiften. Im Verlauf unserer Geschichte stellten sich Waffen, die erfunden wurden, um Sicherheit zu(1) garantieren, immer wieder als Bedrohungen heraus, die eventuell ihre Erfinder vernichten werden. Wenn eine Krankheit eingedämmt(1) wird, flammt eine neue auf, und wenn eine Zeitlang die Sterblichkeit reduziert wird, droht uns Überbevölkerung. Die Apokalypse ist nie in weiter Ferne. Die Erde ist vielleicht unsere einzige Heimat, aber sie ist ein Haus voller Tretminen, die jeden Moment zu explodieren drohen.

Das Universum ist jedoch nicht im abstrakt mathematischen Sinne zufällig. Die Bewegungen der Sterne, die Umwandlung von Energien können vorhergesagt und ausreichend erklärt werden. Aber die natürlichen Prozesse ziehen menschliche Wünsche nicht(3) mit in Betracht. Sie sind unseren Bedürfnissen gegenüber blind und taub und daher im Vergleich zur Ordnung, die(1) wir durch unsere Ziele zu(9) errichten hoffen, zufällig. Ein Meteor auf Kollisionskurs mit New York gehorcht vielleicht allen Gesetzen des Universums, aber wäre immer noch sehr unangenehm. Der Bazillus, der die Zellen eines Mozart angriff, erfüllte bloß seine natürliche Aufgabe, fügte jedoch der Menschheit einen großen Verlust zu. »Das Universum ist weder feindselig noch freundlich«, schrieb J. H. Holmes, »es(1) ist schlicht gleichgültig.«

Chaos ist(2) eines der ältesten Motive in Mythen und(2) Religion. Der(4) Physik und(1) Biologie ist diese Vorstellung ziemlich fremd, weil nach deren Gesetzen die Ereignisse im Kosmos perfekt verständlich sind. Die »Chaostheorie« der Wissenschaften versucht(8) etwa, Regelmäßigkeiten in dem zu beschreiben, was unendlich zufällig erscheint. Aber in der Psychologie und den anderen Geisteswissenschaften hat das Chaos andere Bedeutung, denn wenn man menschliche Ziele und(10) Wünsche als(4) Ausgangspunkt nimmt, herrscht im Kosmos unversöhnliche Unordnung.

Wir als Individuen können(4) nicht viel gegen den Lauf des Universums unternehmen. Innerhalb unserer Lebensspanne können wir nur wenig Einfluss auf die Kräfte ausüben, die unser Wohlbefinden beeinträchtigen. Es ist wichtig, zu tun, was man kann, um einen Atomkrieg zu vermeiden, soziale Ungerechtigkeit abzuschaffen, Hunger und Krankheiten auszurotten(2). Aber man erwartet vernünftigerweise nicht, dass unsere Anstrengungen die(3) äußeren Bedingungen ändern, die unsere Lebensqualität unmittelbar(5) verbessern. John Stuart Mill schrieb(2): »Große Änderungen sind für die Menschheit nicht möglich, es sei denn, es findet eine große Veränderung in den grundsätzlichen Bedingungen ihres Denkens statt(3).«

Wie wir uns fühlen, die Freude, die(8) wir dem Leben abgewinnen, hängt letztendlich davon ab, wie der Verstand die tagtäglichen Erfahrungen filtert(11) und deutet. Ob wir glücklich sind(7), hängt von innerer Harmonie ab(1), nicht von der Kontrolle, die wir über die großen Kräfte des Universums ausüben können. Sicher sollten wir weiterhin versuchen, zu erforschen, wie wir unsere Umwelt beherrschen(3) können, weil unser körperliches Überleben(3) vielleicht davon abhängt. Aber solche Herrschaft wird(1) nicht einen Deut dazu beitragen, wie gut wir uns als Individuen fühlen, oder das Chaos der(3) Welt reduzieren, wie wir sie erleben. Um das zu erreichen, müssen wir lernen, unser(3) Bewusstsein selbst(6) zu beherrschen.

Jeder Mensch hat ein Bild vor Augen, gleich wie verschwommen, was er vor seinem Tod erreichen(1) möchte. Wie nahe wir an dieses Ziel herankommen(11), wird zum Maßstab für unsere Lebensqualität. Wenn(6) es außerhalb unserer Reichweite bleibt, werden wir vorwurfsvoll und resignieren; wenn es zumindest teilweise erreicht wird, erleben wir Glück und(12) Zufriedenheit.

Für(3) die Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten sind die Lebensziele schlicht(1): Überleben, Kinder hinterlassen(4), die wiederum überleben, und wenn möglich, dies alles mit gewisser Bequemlichkeit und Würde. In den favelas um die großen südamerikanischen Städte, in den von Dürre heimgesuchten Zonen Afrikas, unter(1) den Millionen von Asiaten, die Tag für Tag ihre Ernährungsprobleme lösen müssen(1), gibt es kaum etwas anderes zu hoffen.

Doch sobald diese Grundprobleme des Überlebens gelöst sind(2), reichen genügend Nahrung und ein Obdach nicht mehr, um den Menschen zufrieden zu(4) machen. Neue Bedürfnisse[8] werden wahrgenommen, neue Wünsche tauchen(5) auf. Zu Reichtum und(2) Macht gesellen(5) sich wachsende Erwartungen, und(2) mit zunehmendem Reichtum und Annehmlichkeiten weicht das Gefühl von(5) Wohlbefinden, das wir zu erreichen hofften, weiter in die Ferne. Als Kyros der(1) Große zehntausend Köche hatte, die neue Speisen für seine Tafel zubereiteten, hatte das übrige Persien kaum genug zu essen. Heutzutage hat jeder Haushalt in der »ersten Welt« Zugang zu Rezepten aus den verschiedensten Ländern und kann die Feste vergangener Kaiser nachvollziehen. Aber macht uns das zufriedener?

Dieses(5) Paradox wachsender Erwartungen[9] legt(1) den Schluss nahe, dass die Verbesserung der Lebensqualität eine(7) unerfüllbare Aufgabe darstellt. Unser Bedürfnis, unsere Ziele immer höher zu schrauben, stellt auch kein Problem dar, solange man den Kampf darum genießt. Das Problem entsteht erst, wenn man sich so sehr auf das Ziel, das(12) man erreichen möchte, versteift, dass einem die Gegenwart keine Freude mehr(9) bereitet. Wenn das eintritt, verliert man jede Chance auf Zufriedenheit.

Alle(6) Anzeichen deuten darauf hin, dass die meisten Menschen in der frustrierenden Tretmühle steigender Erwartungen gefangen(3) werden, doch viele haben einen Ausweg daraus gefunden. Es handelt sich um Menschen, die unabhängig von ihren materiellen Voraussetzungen ihre Lebensqualität verbessern(8) konnten, die zufrieden sind(7) und auch die Personen in ihrer Umgebung ein wenig glücklicher machen können.

Solche Menschen führen ein anstrengendes Leben, das einer Reihe von Erfahrungen offen(12) steht; sie lernen bis(4) zur Stunde ihres Todes und haben enge Bindungen und(1) Verpflichtungen an(2) andere und ihre Umwelt. Sie(4) haben an allem, was sie tun, Spaß, gleich(1) wie öde oder schwierig es ist; sie sind nur selten gelangweilt und(2) werden mit allem fertig, was das Leben ihnen bietet. Ihre größte Stärke liegt vielleicht darin, dass sie ihr Leben selbst steuern.[10] Wir werden im Verlauf dieses Buches erklären, wie sie diesen Zustand erreichten. Doch zuvor müssen wir uns einige der Techniken ansehen, die sie im Laufe der Zeit als Schutz gegen das drohende Chaos entwickelten(4), sowie die Gründe, warum solche äußeren Methoden oft nicht funktionieren.

Schutzschilde der Kultur

Im(3) Verlauf der menschlichen Evolution, als(1) sich die Menschen allmählich ihrer ungeheuren Isolation im Kosmos und ihrer schlechten Überlebenschancen bewusst wurden, entwickelten sie Mythen und(3) Überzeugungen, um die zufälligen, zerstörerischen Kräfte des Universums in handhabbare oder zumindest verständliche Muster umzuwandeln. Eine der Hauptfunktionen jeder Kultur[11] war(4) es, ihre Angehörigen vor dem Chaos zu(5) schützen und ihnen Bedeutung und schließlich Erfolg zuzusichern(4). Der Eskimo, der Jäger im(1) Amazonasbecken, der Chinese, der Navajo, der(2) australische Ureinwohner, der(2) New Yorker – alle glauben selbstverständlich daran, im Zentrum des Universums zu leben und eine besondere Ausnahmegenehmigung zu haben, die sie auf schnellstem Weg in die Zukunft befördert. Ohne ein solches Vertrauen auf(1) exklusive Privilegien wäre es sehr schwierig, sich den Schicksalsschlägen zu stellen.

So sollte es auch sein. Aber es gibt Phasen, in denen das Gefühl, man habe Sicherheit am(2) Busen eines freundlichen Kosmos gefunden, gefährlich wird. Ein unrealistisches Vertrauen in(1) die Schutzschilde, in die kulturellen Mythen(5), kann(4) zu ähnlich extremer Desillusionierung führen, wenn diese versagen. Dies scheint immer dann zu passieren, wenn eine Kultur eine(6) Glücksphase erlebt(13) hat, wenn sie eine Weile anscheinend tatsächlich einen Weg gefunden hat, die Kräfte der Natur zu beherrschen. An diesem Punkt ist es nur logisch, wenn(1) die Menschen zu glauben beginnen, sie seien das auserwählte Volk,[12] das keine größeren Rückschläge zu befürchten hat. Die Römer erreichten(1) diesen kritischen Punkt nach jahrhundertelanger Beherrschung des Mittelmeerraums, die Chinesen waren(1) vor der mongolischen Invasion von ihrer unverletzlichen Überlegenheit überzeugt, die Azteken vor(1) der Ankunft der Spanier.

Diese kulturelle Hybris(7), diese arrogante Annahme, dass wir bestimmte Rechte von einem Universum zugeteilt bekommen, das grundsätzlich menschlichen Bedürfnissen gleichgültig gegenübersteht, hat früher oder später ein böses Erwachen zur Folge. Wenn Menschen zu glauben beginnen, Fortschritt sei unvermeidlich und das Leben schön, verlieren sie angesichts der ersten Anzeichen von Not ihren ganzen Mut und(1) ihre Entschlossenheit. Wenn sie merken, dass das, was sie geglaubt haben, nicht ganz stimmt, verlieren sie den Glauben an(2) alles, was sie bisher gelernt haben. Ohne die gewohnte Unterstützung der(1) kulturellen Werte(8) zappeln(1) sie in einem Morast der Angst und(1) Apathie.

Derartige(1) Symptome für Desillusionierung sind gegenwärtig kaum zu beobachten. Die offensichtlichsten drücken sich eher in einer alles durchdringenden Teilnahmslosigkeit aus, die so viele Leben beeinträchtigt. Wirklich glückliche Individuen gibt(8)(5) es nur sehr selten. Wie viele Menschen kennen Sie, die gern tun, was sie tun, die mit ihrem Los relativ zufrieden sind(8), die die Vergangenheit nicht bedauern und mit echtem Vertrauen in d(1)ie Zukunft blicken? Wenn Diogenes mit(1) seiner Laterne vor zweitausenddreihundert Jahren Mühe hatte, einen ehrlichen Menschen zu finden, dann hätte er heute vermutlich mehr Schwierigkeiten, einen glücklichen zu(9) finden.

Diese allgemeine Malaise hat nicht nur mit äußeren Gründen zu tun. Im Gegensatz zu vielen anderen Nationen unserer heutigen Welt können wir1 unsere Probleme nicht mit einer feindseligen Umwelt erklären(5), nicht mit verbreiteter Armut oder(1) der Bedrückung durch eine fremde Besatzerarmee. Die Wurzeln der Unzufriedenheit liegen(4) tiefer, und jeder Mensch muss sie persönlich mit eigener Kraft ergründen. Die Schutzschilde, die in der Vergangenheit funktionierten – die Ordnung, die(2) Religionen, Patriotismus(5), ethnische(1) Traditionen und(1) Lebensgewohnheiten, die(1) die gesellschaftlichen Klassen boten(1) – haben für eine zunehmende Anzahl von Menschen keine Wirkung mehr, und sie fühlen sich den rauhen Winden des Chaos ausgesetzt(6).

Der Mangel an innerer Ordnung manifestiert(1) sich in dem subjektiven Zustand, den manche ontologische Angst[13](1) oder(2) existentielle Furcht nennen(1). Grundsätzlich handelt es sich um Angst vor dem Sein, ein Gefühl, das(6) Leben habe keinen Sinn[14] und(3) die Existenz sei es nicht wert, fortgeführt zu werden. Nichts scheint einen Sinn zu ergeben. In den letzten Generationen versetzte die Drohung eines Atomkriegs unseren Hoffnungen einen unvorhergesehenen Schlag. Die historischen Bemühungen der Menschheit scheinen keine Bedeutung mehr zu haben. Wir sind bloß vergessene Staubkörnchen, die durch die große Leere treiben. Mit jedem Jahr wird sich die Erdbevölkerung des Chaos im(7) physikalischen Universum bewusster.

Beim Gang durchs Leben, von der hoffnungsvollen Ignoranz der Jugend zum ernüchterten Erwachsenendasein, steht man früher oder später vor der immer drängenderen Frage: »Ist das alles?« Die Kindheit kann(1) schmerzlich sein, die Jugend verwirrend, aber die meisten Menschen erwarten, dass anschließend, wenn man erwachsen ist, alles besser wird. In den ersten Jahren des Erwachsenenlebens sieht die Zukunft immer noch vielversprechend aus, die Hoffnung bleibt bestehen, dass man seine Ziele verwirklichen(13) wird. Doch unvermeidlich zeigt einem der Spiegel die ersten grauen Haare und bestätigt die Tatsache, dass jene paar Pfunde Übergewicht nicht mehr verschwinden werden; unweigerlich lässt die Sehkraft nach, und mysteriöse Schmerzen durchschießen(4) den Körper. Wie(4) Kellner in einem Restaurant, die schon die Frühstückstische decken, während man noch beim Abendessen sitzt, erinnern einen diese Hinweise auf die Sterblichkeit daran: »Deine Zeit ist um; es ist Zeit, weiterzugehen.« Wenn das geschieht, sind nur die wenigsten Menschen darauf vorbereitet. »Warte noch, das kann doch mir nicht passieren. Ich habe doch noch gar nicht mit dem Leben begonnen. Wo ist das Geld, das(3) ich zu verdienen hoffte? Wo sind die guten Zeiten, die ich schon immer erleben wollte?«

Verständliche Folge dieser Erkenntnis ist ein Gefühl, an(7) der Nase herumgeführt, getäuscht worden zu sein. Von den frühesten Jahren an hat man uns in dem Glauben konditioniert(3), dass ein gütiges Schicksal für uns sorgen werde. Alle schienen doch übereinzustimmen, dass wir das große Glück hatten(14), in dem reichsten Land aufzuwachsen, das es jemals gab, in der wissenschaftlich fortschrittlichsten Periode der menschlichen Geschichte, umgeben von höchst effizienter Technologie, geschützt(1) durch eine der durchdachtesten Verfassungen. Daher konnte man sinnvollerweise erwarten, man würde ein reicheres, bedeutsameres Leben(4) führen als frühere Vertreter der Menschheit. Wenn unsere Großeltern in dieser lächerlich primitiven Vergangenheit zufrieden sein(9) konnten, wie glücklich würden(10) wir erst werden? Die Wissenschaftler bestätigten(9) es uns, man predigte es von allen Kanzeln, und es wurde von Abertausenden von Fernsehwerbespots bestätigt, die das gute Leben feierten. Doch trotz all dieser Zusicherungen wachen wir früher oder später allein auf(1) und spüren, dass uns diese reiche, wissenschaftliche, komplizierte(10) Welt niemals Glückserfahrungen bieten(3) wird.

Auf das langsame Einsickern dieser Erkenntnis reagiert jeder anders. Manche Menschen versuchen, sie zu ignorieren, und strengen sich verstärkt an, mehr Dinge zu erwerben, die angeblich das Leben schön machen: größere Autos und Häuser, mehr Status im(1) Beruf, einen(1) prächtigeren Lebensstil. Sie(1) verstärken ihre Bemühungen, immer noch entschlossen, die Zufriedenheit zu(10) erreichen, die ihnen bislang versagt blieb. Manchmal klappt es mit dieser Lösung, weil man so in den allgemeinen Wettbewerb hineingezogen(1) wird und dadurch keine Zeit hat, zu erkennen, dass das Ziel keinen(14) Deut nähergerückt ist. Doch wenn man sich dann die Zeit zum Nachdenken nimmt(4), kehrt die Desillusionierung zurück; nach jedem Erfolg(5) wird deutlicher, dass Geld, Macht(4), Status(6) und(2) Besitztümer an(1) sich nicht notwendigerweise die Lebensqualität verbessern(9).

Andere beschließen, die bedrohlichen Symptome direkt anzugehen. Wenn ein alternder Körper das(5) erste Alarmzeichen auslöst, essen sie Diät, halten sich fit oder unterziehen sich einer kosmetischen Operation. Wenn das Problem scheinbar darin besteht, dass niemand ihnen irgendwelche Aufmerksamkeit schenkt(2), kaufen sie sich Bücher darüber(3), wie man Macht erlangt(7) oder Freunde gewinnt(2), oder sie besuchen Selbstbehauptungskurse. Nach einer Weile wird jedoch offensichtlich, dass diese Teillösungen auch nicht klappen. Wie viel Energie man auch hineinsteckt, der Körper gibt(6) irgendwann nach. Wenn man lernt, selbstbewusster zu(1) sein, entfremdet man(2) sich vielleicht unfreiwillig von seinen Freunden. Und wenn man zu viel Zeit damit zubringt, neue Freundschaften zu(3) pflegen, bedroht man vielleicht die Beziehungen mit dem Partner und(2) der Familie. Immerhin stehen viele Dämme kurz vor dem Bersten, und es gibt nur wenig Zeit, sie alle abzustützen.

Niedergeschlagen wegen der Erfolglosigkeit(6) ihrer Anstrengungen, allen(4) Anforderungen gerecht(1) zu werden, die unmöglich erfüllt werden können, geben manche Menschen einfach auf und ziehen sich aufs Altenteil zurück. Nach Candides Rat geben sie die Welt auf und pflegen ihren kleinen Garten. Sie ergreifen vielleicht eine vornehme Flucht und entwickeln ein harmloses Hobby, sammeln(2) abstrakte Gemälde oder Porzellanfigurinen. Vielleicht verlieren sie sich auch im Alkohol oder(1) der Traumwelt der Drogen. Exotische(1) Freuden und teure Urlaube lenken die Gedanken vorübergehend(3) von der Grundfrage ab: »Ist das alles?«, doch nur wenige können behaupten, auf diese Weise eine Antwort gefunden zu haben.

Traditionellerweise wurde(2) das Problem der Existenz am direktesten durch die Religion[15] aufgeworfen, und(6) eine immer größere Zahl von Desillusionierten wendet sich ihr erneut zu, entweder einer der weit verbreiteten Glaubensrichtungen oder(4) einer esoterischeren östlichen Variante. Doch Religionen sind(7) nur vorübergehend erfolgreiche(7) Versuche, mit dem Sinnmangel(5) im Leben fertig zu werden; sie geben keine dauerhaften Antworten. In bestimmten Zeiten der Geschichte haben(1) sie überzeugend erklären können, was mit dem Menschen nicht stimmte, und glaubwürdige Antworten geliefert. Vom vierten bis achten Jahrhundert unserer Zeitrechnung verbreitete sich das Christentum in(1) Europa, im Nahen Osten nahm der Islam Aufschwung(1), und der Buddhismus eroberte(1) Asien. Jahrhundertelang gaben diese Religionen den(8) Menschen befriedigende Ziele(2), denen(15) sie ihr ganzes Leben lang nachgingen. Doch heute ist es schwieriger, ihre Weltsichten als endgültig zu akzeptieren. Die Form, in der Religionen ihre(9) Wahrheiten dargestellt haben – Mythen, Offenbarungen(5), heilige Texte –, zwingen in einem Zeitalter wissenschaftlicher Rationalität keinen(1) Glauben mehr(5) herbei, auch wenn die Substanz jener Wahrheiten unverändert geblieben ist. Vielleicht entsteht eines Tages eine lebendige neue Religion. Derweil zahlen diejenigen, die Trost bei den existierenden Kirchen suchen, oft den Preis für ihren Seelenfrieden, indem sie stillschweigend einen Großteil dessen ignorieren, was sie über den Lauf der Welt wissen. Man kann unwiderlegbar beweisen, dass diese Lösungen nicht sehr wirksam sind. Unsere Gesellschaft leidet(2) in der Blüte materieller Pracht an einer erstaunlichen Vielfalt von seltsamen Übeln. Die Profite aufgrund der weitverbreiteten Abhängigkeit von illegalen Drogen machen(2) Mörder und Terroristen reicher. Es scheint möglich, dass wir in absehbarer Zukunft von einer Oligarchie ehemaliger Drogenhändler regiert werden, die auf Kosten rechtschaffener Bürger rasch Reichtum und(3) Macht anhäufen(8). Im Sexualbereich haben(2) wir zerstörerische Viren aufeinander losgelassen, indem wir die Bindungen der »heuchlerischen« Moral abstreiften.

Diese Entwicklungen[16] sind oftmals so verstörend, dass wir nervös werden und abschalten, sobald wir die neuesten Statistiken hören. Doch diese Vogel-Strauß-Politik zur Vermeidung schlechter Nachrichten ist kaum produktiv; es ist besser, sich den Tatsachen zu stellen und aufzupassen, dass man nicht selbst zu einer Nummer in der Statistik wird. Es gibt aber auch Zahlen, die für einige beruhigend sind. In den letzten dreißig Jahren haben wir zum Beispiel unseren Pro-Kopf-Verbrauch an Energie verdoppelt – das meiste aufgrund einer Verfünffachung elektrischer Hilfsmittel und Geräte. Andere Entwicklungen dagegen wiegen niemanden in Sicherheit. 1984(3) gab es in den Vereinigten Staaten immer noch vierunddreißig Millionen Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze lebten (Jahreseinkommen unter $ 10 609 für eine vierköpfige Familie), eine Anzahl, die sich seit Generationen kaum verändert hat.

In den Vereinigten Staaten nahm die Häufigkeit von Gewaltverbrechen – Mord(1), Vergewaltigung, Raub und Überfälle – zwischen 1960 und 1986 um 300 % zu. Zwischen 1950 und 1984 stieg die Scheidungsrate um 400 %. In diesem Zeitraum verdreifachten sich die Fälle von (3)Geschlechtskrankheiten. Seit den 90er Jahren nimmt aber sowohl die Häufigkeit von Gewaltverbrechen als auch von Scheidungen kontinuierlich ab.

Der drei- bis vierfache Anstieg sozial bedingter Krankheiten während(4) der letzten Generation erstreckt sich auf erstaunlich viele Bereiche. Im Jahr 1955 gab es zum Beispiel 1 700 700 Einweisungen von psychisch Kranken;[17] 1975(1)(5) war diese Zahl auf 6 400 400 gestiegen. Vielleicht ist dies ein Zufall, doch ähnliche Zahlen verdeutlichen diesen Anstieg unseres nationalen Verfolgungswahns: Im Jahrzehnt zwischen 1975 und 1985 stieg das Budget des Verteidigungsministeriums von 87,9 Milliarden auf 284,7 Milliarden – eine mehr als dreifache Zunahme. Sicher, das Budget für Erziehung und(1) Bildung verdreifachte(1) sich ebenfalls in diesem Zeitraum, aber dies machte 1985 »nur« 17,4 Milliarden aus. Zumindest was die Verteilung der Mittel angeht, ist das Schwert etwa sechzehnmal mächtiger als die Feder.

Die Zukunft sieht auch nicht rosiger aus. Heutige Teenager weisen(2) Symptome der Malaise auf, die ihre Eltern ebenfalls(3) heimsucht, manchmal sogar in heftigerer Form. Immer weniger junge Leute wachsen in Familien auf(2), in der beide Eltern[18] sich die Verantwortung für die Kindererziehung teilen(2). 1960 lebte einer von zehn Jugendlichen in(3) einer Einelternfamilie. 1980(4) hatte sich der Anteil verdoppelt, und man erwartete für 1990 die Verdreifachung. 1982 saßen 80 000 Jugendliche – Durchschnittsalter(4) fünfzehn Jahre – in Gefängnissen. Die Statistiken für Drogenkonsum, Geschlechtskrankheiten(3), Fortlaufen(6) von Zuhause und nichteheliche Schwangerschaften sind sämtlich bedrückend, entwickeln sich jedoch vermutlich in eine noch ungünstigere Richtung. Zwischen 1950 und 1980 stiegen Teenagerselbstmorde[19] um(2) 300 % an, besonders unter weißen jungen Männern der wohlhabenden Mittelklasse. Von(2) den 29 253 Selbstmorden im Jahr 1985 waren 1339 weiße Jungen zwischen 15 und 19, viermal weniger weiße Mädchen und zehnmal weniger schwarze Jungen. Junge Schwarze holen allerdings bei Mord als Todesursache rasant auf. Und schließlich scheint der Bildungsstand der(2) Bevölkerung immer mehr zu sinken. Bei bundesweiten Tests in mathematischen und verbalen Fähigkeiten sinken(5) die Durchschnittsergebnisse ständig. Man könnte diese trüben Statistiken endlos fortsetzen. Warum sind wir anscheinend so viel hilfloser bei(1) der Bewältigung unseres(3) Lebens als unsere mit weniger Privilegien ausgestatteten Vorfahren, obwohl(1) wir Wunder an Fortschritten erreichten, von denen man damals kaum zu träumen wagte? Die Antwort scheint klar: Die Menschheit hat zwar kollektiv ihre materielle Leistungsfähigkeit vertausendfacht(1), ist aber dabei nicht viel weiter vorangekommen, den Gehalt ihrer eigenen Erfahrungen zu(13) kultivieren.

Die Neubesinnung auf die Erfahrung

Es(14) gibt aus dieser Zwangslage keinen anderen Ausweg für das Individuum, als(6) die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Wenn Werte und(2) Institutionen keinen stützenden Rahmen mehr darstellen wie früher, muss man alle zur Verfügung stehenden Instrumente anwenden, um sich ein sinnvolles, erfülltes(6) Leben zu schaffen. Eines der wichtigsten Instrumente bei dieser Suche stellt die Psychologie dar. Bislang war der Hauptbeitrag dieser jungen Wissenschaft, zu(11) entdecken, wie vergangene Ereignisse Licht auf gegenwärtiges Verhalten werfen. Dies hat uns zu Bewusstsein gebracht, wie die Irrationalität von(1) Erwachsenen oft Folge von Frustrationen der Kindheit ist(2). Doch man kann die Disziplin der Psychologie auch noch anders nutzen. Sie kann uns bei der Beantwortung der Frage helfen: Was kann ich tun, um die Zukunft zu verbessern, wenn ich mich nehme, wie ich bin, mit allen Verdrängungen und Stimmungstiefs?

Um die Ängste und(3) Depressionen des(1) heutigen Lebens zu überwinden, muss das Individuum in(7) einem Maße von der gesellschaftlichen Umwelt(6) unabhängig werden, dass es nicht mehr ausschließlich in deren Begriffen von Belohnung und Strafe reagiert. Um eine solche Autonomie zu erreichen, muss der Mensch lernen, sich(5) selbst Belohnungen zu geben. Er muss die Fähigkeit entwickeln(6), Freude und(10) Sinn unabhängig(3) von äußeren Umständen zu finden. Diese Herausforderung ist(4) gleichzeitig leichter und schwieriger, als es klingt: leichter, weil diese Fähigkeit völlig(7) von der jeweiligen Person abhängt, und schwierig, weil man dazu einer Disziplin und(1) Ausdauer bedarf, die in jeder Ära relativ selten sind, besonders aber vielleicht in der gegenwärtigen. Vor allem muss man, um Kontrolle über(9) die eigenen Erfahrungen zu(15) gewinnen, drastisch verändern, was man für wichtig hält und was nicht. Wir wachsen mit der Überzeugung auf, dass zukünftige Ereignisse im Leben am wichtigsten sind. Eltern bringen(5) Kindern bei(5), dass es ihnen als Erwachsenen besser ergeht, wenn sie früh gute Manieren lernen. Lehrer behaupten(1) ihren Schülern gegenüber, dass die langweiligen Schulstunden(3) ihnen später einmal Nutzen bringen, wenn sie studiert haben und eine Stelle suchen. Der Vizepräsident einer Firma sagt zu den jüngeren Angestellten, sie sollten geduldig sein und fleißig arbeiten, weil irgendwann einer von ihnen aufsteigen wird. Am Ende des langen Strebens nach Aufstieg winken die goldenen Jahre der Pensionierung. »Wir stehen immer kurz davor zu leben«, sagte Ralph Waldo Emerson, »aber(1) wir leben nie.« Die kleine Frances lernte im Kinderbuch, dass es Marmelade immer erst morgen zum Brot gibt, niemals heute.

Natürlich ist dieser Belohnungsaufschub in gewissem Maß unvermeidlich. Freud und viele andere vor ihm haben erkannt, dass die Zivilisation auf(1) der Unterdrückung individueller Wünsche aufgebaut(1) ist. Man könnte unmöglich irgendeine gesellschaftliche Ordnung, irgendeine(2) komplexe Arbeitsteilung aufrechterhalten, wenn die Mitglieder der Gesellschaft nicht(3) gezwungen würden, diejenigen Gewohnheiten und(1) Fähigkeiten zu(8) übernehmen, die die Kultur braucht(9), ob dies nun dem Einzelwesen gefällt oder nicht. Die Sozialisation[20] oder Transformation eines menschlichen Organismus in eine Persönlichkeit, die(2) erfolgreich(8) innerhalb eines sozialen Systems funktioniert, kann nicht vermieden werden. Das Wesentliche an dieser Sozialisation ist, den Menschen von sozialer Kontrolle[21] abhängig zu machen, sodass er vorhersehbar auf Belohnungen und Strafen reagiert. Und die wirksamste Form der Sozialisation wird erreicht, wenn die Menschen sich so stark mit der gesellschaftlichen Ordnung identifizieren(3), dass(1) sie sich nicht länger vorstellen können, eine ihrer Regeln zu(1) brechen.

Der Gesellschaft stehen(4), wenn sie uns dazu bringt, für ihre Ziele zu(16) arbeiten, einige mächtige Verbündete zur Seite: unsere biologischen Bedürfnisse und die genetische Konditionierung. Alle sozialen Kontrollen beruhen beispielsweise auf der Bedrohung des Überlebensinstinktes. Menschen(1) in einem besetzten Land gehorchen den Unterdrückern, weil sie überleben wollen. Bis vor Kurzem wurde die Einhaltung der Gesetze selbst in den zivilisiertesten Ländern(2), wie Großbritannien, durch(1) die Drohung mit Schlägen, Auspeitschen, Verstümmelung oder Tod erzwungen(2).

Wenn ein gesellschaftliches System nicht auf Schmerz beruht(5), setzt es Freude als(11) Anreiz ein, die Normen zu(1) akzeptieren. Das »gute Leben«, das als Belohnung für jahrelange Arbeit und(2) die Befolgung der Gesetze verheißen wird, stützt sich auf die Sehnsüchte, die uns genetisch einprogrammiert sind. Praktisch jeder Trieb, der(1) zum Teil der menschlichen Natur geworden ist, von der Sexualität bis(3) zur Aggression, von(1) der Sehnsucht nach Sicherheit bis(4) zur Empfänglichkeit für Veränderung, wurde von Politikern, Kirchen, Firmen und Werbeagenturen als Basis für eine soziale Kontrolle ausgenutzt. Um Rekruten in die Armee zu locken, versprachen türkische Sultane des sechzehnten Jahrhunderts ihren Soldaten die Belohnung, Frauen in den unterworfenen Ländern vergewaltigen zu dürfen. Heute versprechen Poster jungen Männern, sie würden »die Welt sehen«, wenn sie zum Militär gehen.

Es ist wichtig, zu erkennen, dass das Streben nach(1) Lust eine(1) genetische Reflexreaktion[22] zur Erhaltung der Art ist und nicht zu unserem persönlichen Vorteil geschaffen wurde. Lust am Essen etwa(1) sorgt auf wirksame Weise dafür, dass der Köper die Nahrung erhält, die er braucht. Die Lust beim(2) Geschlechtsverkehr ist eine praktische Methode der Gene, den Körper zu(7) veranlassen, sich fortzupflanzen und so die Fortdauer dieser Gene zu sichern. Wenn ein Mann und eine Frau sich körperlich voneinander(8) angezogen fühlen, stellen sie sich gewöhnlich vor – nehmen wir einmal an, dass man überhaupt dabei denkt –, dass diese Begierde Ausdruck der eigenen, individuellen Interessen sei(1), Folge von Absichten. In(1) Wirklichkeit wird das Interesse häufiger einfach durch einen unsichtbaren genetischen Code manipuliert, der seinen eigenen Plänen folgt. Solange die Anziehung ein Reflex ist, der auf rein körperlichen Reaktionen(9) beruht, spielt der bewusste Plan des betreffenden Menschen nur eine minimale Rolle. Es ist nicht schlimm, diesem genetischen Programm zu folgen und sich an dem daraus resultierenden Vergnügen zu(1) freuen, solange wir es als das erkennen, was es ist, solange wir die Kontrolle darüber behalten, wenn es notwendig sein sollte, andere Ziele zu(17) verfolgen, denen wir vielleicht Priorität einräumen.

Problematisch ist jedoch, dass es in der letzten Zeit Mode geworden ist, alles, was wir in uns spüren, als die wahre Stimme der Natur zu empfinden. Die(3) einzige Autorität, der manche Menschen heutzutage trauen, ist der Instinkt. Wenn(2) sich etwas gut anfühlt, wenn es natürlich und spontan ist, dann muss es richtig sein. Doch wenn wir den Anregungen der genetischen und sozialen Instruktionen fraglos(1) folgen, geben wir die Kontrolle über(10) das Bewusstsein auf(7) und werden zum hilflosen Spielball(2) unpersönlicher Kräfte. Wenn jemand dem Essen oder(2) dem Alkohol nicht(2) widerstehen kann oder er sich in Gedanken ständig(4) mit Sex beschäftigt(4), ist er nicht frei, seine(1) psychische Energie gezielt(3) einzusetzen.

Diese »befreite« Sicht der menschlichen Natur, die jeden Instinkt oder(3) Trieb, den(2) wir zufällig empfinden, akzeptiert(4) und bestätigt, einfach, weil es ihn gibt, hat Konsequenzen, die ziemlich reaktionär sind. Ein Großteil des zeitgenössischen »Realismus« stellt sich nur als eine Variante des guten, alten Fatalismus heraus: Der Mensch fühlt sich von Verantwortung befreit, indem er sich einem Konzept von »Natur« unterwirft. Der Natur nach werden wir jedoch unwissend geboren. Sollten wir daher etwa nicht versuchen zu lernen? Manche(6) Menschen produzieren überdurchschnittlich viel Androgen und sind daher äußerst aggressiv. Heißt(2) das, sie sollten ihrer Gewalt freien Lauf geben? Wir können die Tatsachen der Natur nicht verleugnen, aber wir sollten gewiss versuchen, sie in positive Richtung zu wenden.

Die Unterwerfung unter das genetische Programm kann recht gefährlich werden, weil sie uns hilflos macht(3). Jemand, der nicht fähig ist, genetische Instruktionen, wenn(1) nötig, zu missachten, ist immer verletzlich. Statt zu entscheiden, wie man auf ein persönliches Ziel reagiert(18), muss man sich den Dingen unterwerfen, auf die der Körper vorprogrammiert(10) (oder fehlprogrammiert) wurde. Man muss besonders über seine instinktiven Triebe(4) Kontrolle(3) erlangen, um eine gesunde Unabhängigkeit von der Gesellschaft zu(5) gewinnen, denn solange wir berechenbar auf das reagieren, was sich gut oder schlecht anfühlt, ist es für andere leicht, diese Vorlieben zu eigenen Zwecken auszunutzen.

Ein gründlich sozialisierter Mensch strebt nur die Belohnungen an, die ihm die anderen in seiner Umgebung übereinstimmend zubilligen – Belohnungen, die oft auf genetisch vorprogrammierte Wünsche aufgepflanzt(6) wurden. Er begegnet vielleicht Tausenden von potentiell erfüllenden Erfahrungen, bemerkt(16) sie aber nicht, weil sie nicht zu den Dingen gehören, nach denen er sich sehnt. Wichtig ist nicht, was er zur Zeit hat, sondern was er erlangen kann, wenn er sich so verhält, wie die anderen es von ihm erwarten. In dieser Tretmühle sozialer Kontrollen strebt dieser Mensch immer weiter nach dem Preis, der sich stets in seinen Händen auflöst. In einer komplexen Gesellschaft sind(6) viele mächtige Gruppen an(1) der Sozialisierung beteiligt, manchmal mit scheinbar widersprüchlichen Zielen. Offizielle(19) Institutionen wie Schulen, Kirchen(2) und Banken einerseits versuchen uns zu verantwortungsbewussten Bürgern zu erziehen, die gewillt sind, fleißig zu arbeiten und zu sparen. Andererseits werden wir ständig von Händlern, Produzenten und Werbeagenturen umschwärmt, unseren Verdienst an Produkte zu verschwenden, die den höchsten Profit für sie bringen. Und schließlich verspricht uns das Untergrundsystem der verbotenen Freuden, geleitet von Spielern, Zuhältern und Drogenhändlern und(4) dialektisch mit den offiziellen Institutionen verknüpft, seine eigenen Belohnungen der leichten Zerstreuung – solange wir zahlen. Die Botschaften fallen sehr unterschiedlich aus, aber das Ergebnis ist grundsätzlich das gleiche: Sie machen uns von einem Gesellschaftssystem abhängig(1), das unsere Energien für die eigenen Zwecke ausbeutet.

Es gibt keinen Zweifel, dass(1) es notwendig ist, für äußere Ziele zu(1) arbeiten und unmittelbare Belohnungen aufzuschieben, um insbesondere in einer komplexen Gesellschaft zu(7) überleben. Aber man braucht dazu nicht in eine Marionette verwandelt zu werden, die von sozialen Kontrollen geführt wird. Die Lösung besteht darin, allmählich von den gesellschaftlichen Vorteilen unabhängig zu werden und zu lernen, wie(7) man sie durch Belohnungen ersetzt, die man selbst in der Hand hat. Das bedeutet nicht, jedes Ziel aufzugeben(1), das die Gesellschaft bietet, sondern eher, ein Reihe eigener Ziele zusätzlich oder anstelle derjenigen zu entwickeln, mit denen andere versuchen, uns zu bestechen.

Der wichtigste Schritt bei der Befreiung von(2) sozialen Kontrollen ist die Fähigkeit, Belohnungen(9) in den Ereignissen des Augenblicks zu finden. Wenn man lernt, in dem fortlaufenden Strom von Erfahrungen, im(17) Prozess des Lebens selbst, Freude und(12) Sinn zu(7) finden, fällt einem die Last der sozialen Kontrolle automatisch von den Schultern. Die Macht liegt(9) wieder beim einzelnen, wenn die Belohnungen nicht mehr äußeren Kräften überlassen werden. Es ist nicht mehr nötig, sich für Ziele abzustrampeln(20), die immer weiter in die Zukunft zu weichen scheinen, einen langweiligen Tag(4) in der Hoffnung auf den morgigen Tag zu beschließen, an dem vielleicht etwas Schönes passiert. Statt auf ewig gequält nach dem Preis zu hangeln, der nach einem bekannten Bild wie die Karotte vor der Nase der Mähre baumelt, beginnt man die echten Belohnungen des Lebens zu ernten. Doch nicht durch Hingabe an instinktive Sehnsüchte(5) befreien wir uns von sozialen Kontrollen. Wir müssen zudem frei werden(3) vom Diktat des Körpers und(11) lernen, das(8) zu steuern, was im Bewusstsein geschieht(8). Schmerz und(6) Lust finden(3) im Bewusstsein statt und existieren ausschließlich dort. Solange wir den gesellschaftlich konditionierten Reiz-Reaktionsmustern gehorchen, die unsere biologischen Neigungen ausnutzen, werden wir von außen kontrolliert. Wir sind nicht frei, den(4) Inhalt unserer Erfahrungen zu(18) bestimmen, und zwar in einem Ausmaß, dass eine glänzende Werbeanzeige uns das Wasser im Mund nach dem angepriesenen Produkt zusammenlaufen lässt oder ein Stirnrunzeln des Chefs uns den Tag verdirbt. Da das, was wir erleben, die Realität ist, können wir diese Realität so verwandeln, dass wir das, was im Bewusstsein geschieht, beeinflussen und uns so von den Drohungen und Schmeicheleien der Außenwelt befreien können. »Die Menschen haben keine Angst vor(4) den Dingen, sondern davor, wie sie sie betrachten«, sagte Epiktet vor langer Zeit. Und der große Kaiser Mark Aurel schrieb(1): »Wenn dich äußere Dinge quälen, so sind nicht diese es, die dich stören, sondern dein eigenes Urteil über sie. Und es steht in deiner eigenen Macht, dieses(10) Urteil auszulöschen.«

Wege der Befreiung[23]

Diese(5) einfache Wahrheit – dass die Kontrolle des(11) Bewusstseins die(9) Lebensqualität bestimmt(10) – ist schon lange bekannt, eigentlich schon, seit es menschliche Aufzeichnungen gibt. Der Rat des antiken Orakels(1) von Delphi: »Erkenne dich selbst« bedeutete(1) genau dies. Sie wurde deutlich von Aristoteles erkannt(3), dessen Gedanke von der »tugendhaften Aktivität der Seele« in(1) vieler Hinsicht die Argumente dieses Buchs vorwegnahm; in der klassischen Antike wurde(2) sie von den Philosophen der(1) Stoa entwickelt. Christliche Mönchsorden(2) perfektionierten die verschiedensten Methoden, wie man lernt, Gedanken und(5) Wünsche zu(7) lenken. Ignatius von(1) Loyola rationalisierte sie(1) in seinen berühmten spirituellen Übungen. Der letzte große Versuch, das Bewusstsein von der Herrschaft der(1) Impulse und sozialer Kontrolle zu befreien, war die Psychoanalyse. Freud(1) beschrieb die beiden Tyrannen, die um die Kontrolle des Bewusstseins[24] ringen(10)(12), Es und Überich – ersteres Diener der Gene, letzteres ein Lakai der Gesellschaft – die(8) beide das »andere« repräsentieren. Ihnen gegenüber stand das Ich, das die echten Bedürfnisse des Selbst in(1) Verbindung mit seiner konkreten Umwelt darstellt(7)