Flowers of Passion – Verlockende Azaleen - Layla Hagen - E-Book

Flowers of Passion – Verlockende Azaleen E-Book

Layla Hagen

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Beschreibung

Das prickelnde Finale der »Flowers of Passion«! Als seine Ex-Freundin private Beziehungsdetails veröffentlicht, steht der zurückhaltende, aufstrebende Hotelier Reid plötzlich im Rampenlicht. Auch seine Eltern und seine Schwester werden von der Presse belagert. Reid engagiert die charmante PR-Agentin Hailey Connor, dank deren Einsatz seine Familie bald aufatmen kann. Der Hotelier widmet sich wieder seiner Arbeit – und seinen Gefühlen für Hailey. Doch seine Ex lässt nicht locker: Sie hat Reid zusammen mit Hailey gesehen und stellt ihn nun als Frauenheld dar. Sind Hailey und Reid bereit, sich zu ihrer Liebe zu bekennen? Verführerisch, leidenschaftlich, sexy – die »Flowers of Passion« von Bestsellerautorin Layla Hagen! Wer die »Diamonds for Love« geliebt hat, kommt an dieser Reihe nicht vorbei!

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Aus dem Amerikanischen von Vanessa Lamatsch

© Layla Hagen 2019

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Always with You«, Verlag, Independently Published 2019

© der deutschsprachigen Ausgabe:

Piper Verlag GmbH, München 2021

Redaktion: Anita Hirtreiter

Covergestaltung: zero-media.net, München

Covermotiv: FinePic®, München

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Inhalt

Cover & Impressum

1 – Reid

2 – Hailey

3 – Reid

4 – Hailey

1

Reid

»Auf keinen Fall«, blaffte ich.

»Reid, mach die Sache nicht komplizierter, als sie ohnehin schon ist.«

»Wir haben eine fähige PR-Abteilung. Lass die das alles regeln. Ich vertraue mein Privatleben keiner Fremden an.« Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass die Wände des Büros auf mich zukamen.

Deborah, meine Assistentin, seufzte. »Unsere PR-Abteilung kümmert sich um Firmenthemen, worauf sie spezialisiert ist. Aber die Mitarbeiter sind keine Profis, wenn es darum geht, wie man deinen Namen aus den Klatschblättern heraushält – was der Grund dafür ist, dass du ein gefundenes Fressen für die Medien bist.«

Ich stand von meinem Bürostuhl auf. »Das ist mir egal. Irgendwann wird das Interesse an mir verblassen.« Meine Ex war der Star. Ich war nur der Idiot, der den Fehler begangen hatte, mit ihr auszugehen.

»Die Situation macht alle nervös.«

»Na und?«

»Also habe ich einen Termin mit einer PR-Managerin ausgemacht, die auf … Hollywood-Skandale spezialisiert ist.«

»Sag das Treffen ab.«

»Zu spät. Sie ist bereits auf dem Weg hierher.«

Ich zog die Augenbrauen hoch. »Du hast das hinter meinem Rücken arrangiert?«

»Nein. Ich habe bloß … vergessen, dich zu informieren.«

Mit Mühe unterdrückte ich eine bissige Antwort. Ich respektierte Deborah zu sehr, um sie anzublaffen, und ich wusste, dass sie nur mein Bestes wollte. Sie war früher Dads Assistentin gewesen und hatte mir als unschätzbar wertvolle Mentorin zur Seite gestanden, seitdem ich das Hotel-Business übernommen hatte. Deborah hielt mir immer den Rücken frei. Oder zumindest war es bis jetzt so gewesen.

»Ihr Name ist Hailey Connor. Sie ist dein nächster Termin. Sei nett zu ihr«, meinte Deborah.

»Das entspricht nicht meinem Charakter.«

»Bemüh dich.«

»Deborah, sag den verdammten Termin einfach ab.«

»Zu spät. Oh, Bianca hat angerufen und mich gebeten, dich an ihre Aufführung zu erinnern.«

»Ich werde kommen.« Meine Mundwinkel hoben sich. Ich traute meiner kleinen Schwester durchaus zu, dass sie in mein Büro stürmen und mich zur Rede zu stellen würde, sollte ich ihren Auftritt verpassen.

»Okay. Dann lasse ich dich mal allein.«

Ich hatte nicht genau verfolgt, was meine Ex Marion alles in der Klatschpresse gesagt hatte. Wie schlimm war das Problem geworden, dass Deborah sich genötigt gefühlt hatte, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen?

Hatte meine Familie etwas mitbekommen? Bianca las den neuesten Klatsch im Internet. Ich konnte mir nicht sicher sein, dass Mom und Dad das nicht auch taten. Frustriert fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar, dann ließ ich mich wieder auf meinen Bürostuhl sinken. Meine Familie hatte seit Dads Schlaganfall vor zehn Jahren darauf vertraut, dass ich die richtigen Entscheidungen traf, und ich hatte sie nicht enttäuscht. Zu Beginn hatten wir noch gehofft, dass Dad sich vollständig erholen würde; doch als klar wurde, dass diese Hoffnung unrealistisch war, hatte es sich zu einem echten Wettlauf mit der Zeit entwickelt, mich schnell genug in das Geschäft einzuarbeiten, bevor Spekulanten uns ruinierten.

Dad hatte immer darauf geachtet, seine Kinder aus dem Rampenlicht zu halten, obwohl ich als der Sohn des Besitzers von Hollywoods größten und renommiertesten Hotels aufgewachsen war. Auch als Erwachsener hatte ich immer darauf geachtet, dass niemand etwas über mein Privatleben erfuhr – was der Grund war, warum ich nicht wollte, dass eine Fremde sich um die Angelegenheit kümmerte. Meine eigene PR-Abteilung, in der ich jede Personalentscheidung bestätigt hatte, war etwas anderes.

Ich wollte niemanden um mich haben, der regelmäßig mit Hollywood-Gestalten verkehrte. Schließlich steckte ich nur deswegen überhaupt in diesen Schwierigkeiten.

Bis heute war mir schleierhaft, wie ich in Bezug auf meine Ex-Freundin so blind hatte sein können. Wieso ich auf Marions Gerede hereingefallen war und mir eingeredet hatte, sie wäre tatsächlich in mich verliebt. Das Ergebnis war, dass sie jetzt mein Privatleben öffentlich gemacht hatte. Gefiel mir das? Natürlich überhaupt nicht.

War ich der Meinung, dass ich die Dienste einer Hollywood-PR-Expertin in Anspruch nehmen musste? Nein, verdammt!

2

Hailey

Ich strich mein Haar und meine Bluse glatt, während ich das Business-Hotel Davenport vor mir anstarrte. Es war ein modernes zehnstöckiges Gebäude mit Balkonen bis in den fünften Stock. Reid Davenport besaß zwei Hotels in Los Angeles. Das erste stand genau in der Mitte von Hollywood … und dann gab es noch dieses neuere Gebäude, in dem sich auch die Büros der Verwaltung befanden.

Da ich eine Viertelstunde zu früh angekommen war, nutzte ich die Zeit, um meinen Bruder Landon anzurufen. Ich hatte angeboten, heute Abend auf meine Nichte Willow aufzupassen, damit er seine Frau Maddie zum Abendessen ausführen konnte.

»Hey, Bruderherz«, sagte ich, als er abhob.

»Hailey! Ich wollte dich gerade anrufen.«

»Hast du es dir in Bezug auf heute Abend bereits anders überlegt?«, zog ich ihn auf.

Er lachte. »Das hängt ganz davon ab. Was hast du ge-plant?«

»Nur … Shopping.«

»Oh, ich verstehe. Du willst sie zu einer Shopaholic machen, habe ich recht?«

Verdammt. Landon hörte es meiner Stimme meistens schon an, wenn ich ein schlechtes Gewissen hatte. Das durfte ich nicht vergessen. Ich hatte fünf Geschwister. Wir waren alle ziemlich gut darin, uns gegenseitig zu durchschauen, aber Landon konnte niemand etwas vormachen.

»Stimmt. Das wird dir das Leben als Dad nicht leichter machen, da will ich gar nichts beschönigen. Wann soll ich sie abholen?«

»Um sechs?«

»Abgemacht.«

»Was genau willst du ihr kaufen?«

»Stell keine Fragen, wenn du die Antwort lieber gar nicht hören willst. Ich muss jetzt los. Ich treffe mich mit einem potenziellen Klienten.«

»Oder du versuchst lediglich, meinen Fragen auszuweichen.«

Ich grinste. »Das werde ich weder bestätigen noch abstreiten.«

Sobald ich aufgelegt hatte, strich ich mir noch mal mit der Hand über mein glattes dunkelbraunes Haar. Es war so lang, dass es mir fast bis auf die Ellbogen fiel, und der starke Wind hatte es verknotet. Als der nächste Windstoß mir Schmutz in die Augen wehte, bis sie tränten, beschloss ich, nicht länger hier draußen herumzustehen.

Die Lobby des Hotels war in Schattierungen von Erdbraun und Dunkelgrün eingerichtet, ein willkommener Kontrast zur grauen Fassade. Ich ging direkt zur Damentoilette, um kurz in den Spiegel zu blicken.

Ich hatte meine Mascara nicht verschmiert, und mein hellgoldener Lidschatten betonte wunderbar meine Augen. Gut. Es konnte losgehen.

Als mein Chef mich gefragt hatte, ob mein Terminplan es zuließ, dass ich noch einen Klienten annahm, hatte ich eigentlich erklären wollen, dass ich ziemlich ausgelastet war. Stattdessen hatte ich mich aber für folgende Antwort entschieden: »Für ein Projekt kann ich vielleicht noch Platz schaffen.«

Schon eine halbe Stunde später – nach Lektüre der aktuellsten Klatschseiten – fürchtete ich, meine Zustimmung zu schnell gegeben zu haben. Grundsätzlich mochte ich Herausforderungen … aber mit diesem Fall mutete ich mir vielleicht doch etwas zu viel zu. Reid Davenport, ein zweiunddreißigjähriger Hotelmogul, hatte ein ruhiges Leben geführt, bevor seine Ex-Freundin das Aus ihrer Beziehung durch alle Medien zerrte. Jetzt wusste jeder in Hollywood, wer dieser Mann war.

Und ehrlich, sie wussten auch, wer er nicht war. Allein die Wahrheit von den Lügen zu trennen dürfte eine Herausforderung darstellen. Seitdem ich mich Camerons PR-Agentur angeschlossen hatte, arbeitete ich an einer Reihe von Projekten und hatte sie alle erfolgreich abgeschlossen. Ich musste mich selbst daran erinnern, dass auch einige von diesen Projekten zu Beginn wie hoffnungslose Fälle gewirkt hatten, genau wie dieses hier. Bisher war kein Vertrag unterschrieben, aber ich wollte Cameron nicht enttäuschen. Er war in vielerlei Hinsicht eine Vaterfigur für mich. Also musste ich wohl einfach die Ärmel hochkrempeln und mich dieser Sache Schritt für Schritt annehmen.

Oberstes Ziel des heutigen Treffens war es, herauszufinden, ob Reid Davenport zu unserer PR-Agentur passte.

Fünf Minuten vor meinem Termin stellte ich mich der Rezeptionistin vor. Sie reichte mir einen Besucherausweis und teilte mir mit, dass ich im siebten Stock erwartet wurde.

Daraufhin stieg ich zusammen mit einigen Männern und Frauen in Business-Kleidung in den Aufzug; drei von ihnen stiegen zusammen mit mir aus.

Ich wurde von einer Frau mit grauem Haar empfangen.

»Ms Connor, ich bin Deborah, Mr Davenports Assistentin. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«

»Ebenso.«

»Mr Davenport erwartet Sie. Bitte folgen Sie mir.«

Sie führte mich einen langen Flur mit einer Menge Türen entlang, bis wir ein Büro am Ende erreichten.

»Hier ist es.«

Sie klopfte kurz, dann betraten wir den Raum.

»Reid, Ms Connor ist da.«

Nachdem Deborah uns allein gelassen hatte, nickte Reid mir kurz zu und deutete auf die Ledercouch neben seinem Schreibtisch. »Ms Connor.«

Er stand vor dem großen Fenster hinter seinem Schreibtisch. Trotz der öffentlichen Aufmerksamkeit, die auf ihn gerichtet war, hatten ihn die Paparazzi noch nicht ins Visier genommen, also stammten die wenigen Bilder, die öffentlich kursierten, von Events, die er mit seiner Ex-Freundin besucht hatte. Außerdem gab es noch das Profilbild von seiner Webseite. Reid Davenport erinnerte an einen dieser alten Hollywood-Stars. Ich konnte ihn mir mühelos als Held in jedem Film vorstellen … oder vielleicht auch als Bösewicht – die Art Schurke, die schnell zum Liebling der Fans aufsteigt, weil er die Gefahr sexy und anziehend wirken lässt. Er strahlte diese Aura finsterer Attraktivität aus, die von Risiko sprach.

Reid beobachtete mich schweigend, als ich mich auf die Couch setzte. Er hatte dunkelbraunes, fast schwarzes Haar und blaugraue Augen, die so kalt wirkten, dass sich mir der Eindruck aufdrängte, er wollte mich nicht hierhaben. Über die Jahre hatte ich gelernt, solche nonverbalen Signale zu deuten. Kooperationsunwillige Klienten waren reine Zeitverschwendung. Ich konnte nur hoffen, dass mein Gefühl mich täuschte. Reid setzte sich auf den Ledersessel, der im rechten Winkel zur Couch stand, dann senkte sich für mehrere Sekunden unangenehmes Schweigen über den Raum.

»Mr Davenport, Ihr Team hat mir Ihr Problem in groben Zügen dargelegt. Ich habe auch online recherchiert, aber es wäre am besten, wenn Sie mir mit Ihren eigenen Worten schildern könnten, wie es zu dieser Situation gekommen ist.«

»Was genau wollen Sie wissen?«

»Entsprechen Marions Behauptungen der Wahrheit?«

»Ich lese keine Klatschseiten oder Klatschmagazine, aber Sie können grundsätzlich nichts von dem glauben, was Marion behauptet.«

Offensichtlich hatte er nicht vor, mir meinen Job einfacher zu machen. Ich rutschte auf der Couch herum. Reid strahlte eine Energie aus, die ich deutlich spüren konnte, obwohl er ein Stück entfernt saß. Intensiv. Überwältigend.

Ich hoffte immer noch auf mehr Informationen. »Wann hat die Beziehung zwischen Marion und Ihnen begonnen sich zu verschlechtern?«

»Das ist irrelevant.«

Bei seinem scharfen Tonfall zuckte ich leicht zusammen, dann nahm ich die Schultern zurück. »Diese Information ist sehr wohl relevant, sonst hätte ich nicht danach gefragt. Ich versuche herauszufinden, was das alles ausgelöst hat.«

»Ausgelöst? Wollen Sie damit unterstellen, ich hätte etwas getan, um diese Behandlung zu verdienen?«

»Keineswegs. Wie schon gesagt, ich brauche Fakten …«

»Dann fragen Sie jemanden aus meinem Team. Ich bin mir sicher, man wird Sie gerne aufklären. Fragen Sie De-borah. Meine PR-Abteilung. Jeden, der bereit ist, mit Ihnen zu reden. Das, was sie wissen, wird ausreichen.«

Meine Intuition hatte mich nicht getrogen. »Sie wollen mich nicht hierhaben.«

»Nein. Jemand aus meinem Team hat ohne meine Zustimmung Kontakt zu Ihnen aufgenommen und diesen Termin angesetzt. Ich würde vorschlagen, Sie kommunizieren mit dieser Person.«

»Ich habe viele Fälle wie diesen bearbeitet, Mr Davenport. Ich weiß, wie man solche Feuer eindämmt. Und noch wichtiger, ich weiß auch, wie man sie löscht, bevor zusätzlich auch noch Unschuldige darunter leiden.«

Ein Gefühl blitzte in seinen Augen auf – ich konnte es nicht genau bestimmen, aber es war keine Verärgerung. Das war das erste Mal, dass ich ein Gefühl jenseits von Feindseligkeit von ihm auffing. Tatsächlich wirkte er für einen Moment fast verletzlich.

Ich tat diesen Gedanken als ein Hirngespinst ab, als er sich aus dem Ledersessel erhob, zu seinem Schreibtisch ging und sich mit diesem knackigen Hintern dagegenlehnte, um die Arme vor der Brust zu verschränken. Die ganze Zeit über sah ich ihm in die Augen, weil ich mich weigerte, meinem Blick zu erlauben, über diese muskulösen Arme oder die beeindruckende Brust zu gleiten. Dann stand ich ebenfalls auf.

»Sprechen Sie mit Deborah oder irgendjemand anderem. Mir ist egal, mit wem.«

Arschloch. »Um den Fall so schnell und schmerzlos wie möglich abzuschließen, brauche ich Ihre volle Kooperation, und Sie müssen meine Anweisungen befolgen. Allerdings wirken Sie in jeder Hinsicht abgeneigt.«

»Sie scheinen mich gut einschätzen zu können.« Erneut erkannte ich nichts als Kälte in seinen blaugrauen Augen.

Er löste sich vom Schreibtisch und kam auf mich zu, um direkt vor mir stehen zu bleiben. Da ich High Heels trug, war er nur ein kleines Stück größer als ich, aber aus irgendeinem Grund hatte ich trotzdem das Gefühl, dass er die Situation dominierte. Die Anspannung, die Reid Davenport ausstrahlte, beeinflusste auch mich und ließ mich deutlich empfinden, wie nahe er mir war. Ich vermochte meine Augen nicht abzuwenden, ohne wie ein Feigling zu wirken, doch gleichzeitig schien den Blickkontakt zu halten auf eine Art und Weise gefährlich, die ich nicht beschreiben und noch weniger verstehen konnte. Reid war wie aus dem Ei gepellt. Die Haut an Gesicht und Kinn war glatt, und ein Hauch von Aftershave verriet, dass er sich heute Morgen rasiert hatte. Sein graues Anzugsjackett betonte perfekt seine Schultern und Arme.

»Ich arbeite nicht gut mit Fremden zusammen, und ich tue niemals, was andere mir sagen«, erklärte er leise.

»Dann fürchte ich, dass ich nur Ihre Zeit verschwende. Und Sie meine.«

Er reagierte gereizt. Ich hätte darauf gewettet, dass es kaum jemanden gab, der es wagte, diesem Mann zu sagen, dass er anderer Leute Zeit verschwendete. Ich wartete darauf, dass er mich herausforderte, weil ich mir sicher war, dass noch mehr folgen würde, doch er musterte mich nur eingehend. Die Muskeln in meinem Unterleib spannten sich an, und mir stockte der Atem. Allerdings war ich entschlossen, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr dieser Mann mich beeinflusste. Ich war wütend auf mich selbst, weil ich Reid trotz seiner Feindseligkeit attraktiv fand. Eigentlich war ich niemand, der sich von gutem Aussehen blenden ließ. Ich suchte immer nach einer echten Verbindung. So etwas gab es hier nicht, aber trotzdem spürte ich den Drang, zu bleiben und zu helfen, obwohl er mich offensichtlich nicht hierhaben wollte.

»Nun, Ms Connor, dann ist es sicherlich klüger, wenn wir getrennte Wege gehen. Auf diese Art verschwendet niemand die Zeit von irgendwem. Sie können mir die heute aufgewendete Zeit in Rechnung stellen.« Damit kehrte er zu seinem Schreibtisch zurück, um sich erneut dagegenzulehnen.

»Das ist nicht notwendig.«

Er war wirklich ein harter Knochen, hm? Ein Vertrag war sinnlos. Cameron würde mir zustimmen. Schwierige Klienten kosteten nur Zeit.

Ich hätte einfach gehen sollen, doch ich stand wie angewurzelt da.

Vielleicht lag es daran, dass Marion in meinen Recherchen wie eine manipulative Goldgräberin gewirkt hatte; oder daran, dass keine öffentliche Reaktion für gewöhnlich bedeutete, dass die schweigende Partei entweder total überrascht worden war oder immer noch trauerte.

Natürlich konnte es auch sein, dass ich die Situation vollkommen falsch einschätzte. Reid konnte durchaus der unsensible Mistkerl sein, als den Marion ihn darstellte. Mit jeder Minute, die verging, wurde die Mistkerl-Theorie glaubwürdiger, doch ich fühlte mich verpflichtet, einen letzten Versuch zu starten. Statt also einfach das Zimmer zu verlassen, ging ich auf ihn zu, zog eine Visitenkarte aus meiner Tasche und legte sie neben ihn auf den Schreibtisch.

»Ich bin sehr gut in meinem Job, Mr Davenport. Für den Fall, dass Sie Ihre Meinung ändern … hier ist meine Nummer. Aber bitte rufen Sie nur an, wenn Sie bereit sind, ein wenig nachzugeben.«

3

Reid

»Oooh. Ist dir eigentlich klar, dass mir nur in solchen Momenten wirklich bewusst wird, wie sehr du mich liebst?«, fragte Bianca, als sie den breiten Gürtel schloss und sich im Spiegel betrachtete.

»Und den Rest der Zeit weißt du das nicht?«

»Nun, doch. Aber ich weiß, wie sehr du Shopping hasst, und trotzdem … bist du hier. In letzter Zeit habe ich fast das Gefühl, dass niemand außer mir dich aus deiner Höhle locken kann.«

»Bee-Bee«, warnte ich, auch wenn sie mit ihren Worten nicht ganz unrecht hatte.

Sie stach mit dem Finger in meine Richtung. »Ich habe dich gebeten, mich nicht so zu nennen. Was würden meine Freunde sagen, wenn sie dich hören könnten?«

»Dass dein älterer Bruder auf deiner Seite steht und sie dir besser nicht dumm kommen sollten.«

»Hmmm. Damit gewinne ich sicher eine Menge Freunde. Oooh, schau. Das will ich auch noch anprobieren.«

Ich seufzte. Ich hatte mir das selbst eingebrockt, also konnte ich niemand anderem die Schuld geben. Ich war mit Bianca zum Shoppen auf dem Rodeo Drive. Das war ihre Lieblingsbeschäftigung – und ich machte sie gerne glücklich. »Lass uns in die Abteilung für Abendkleider gehen. Ich verspreche dir, das ist der letzte Laden.« Sie klimperte flehend mit den Wimpern.

»Das hast du vor drei Geschäften auch schon gesagt.«

»Nun, wir sind danach gut vorangekommen, oder nicht?«

Ich nickte. Sie eilte in die Abendkleiderabteilung und hielt direkt auf eine Verkäuferin zu. Mit siebzehn Jahren war Bianca immer noch so voller Energie wie als Kleinkind. Der Altersunterschied zwischen uns war groß, weil Bianca eine Art Wunderkind für meine Eltern gewesen war. Ich war fünfzehn Jahre älter als sie … und von dem Moment an, in dem meine Eltern sie nach Hause gebracht hatten, hatte ich sie geliebt. Mir fiel nur schwer zu glauben, dass meine kleine Schwester jetzt Kleider für ihren Abschlussball anprobierte. Inzwischen war sie eine junge Frau, obwohl sie viel jünger aussah, wenn sie ihr schwarzes Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz gebunden hatte wie heute.

»Hmmm … keines der Kleider hier ist schön genug für den Abschlussball. Aber dieses kleine Schwarze hier könnte ich für Moms Partys kaufen. Was denkst du?«

»Nimm es, wenn es dir gefällt.«

Sie wackelte grinsend mit den Augenbrauen.

»Wie läuft es in der Schule?«, fragte ich, nachdem ich gezahlt hatte und wir gemeinsam in die gleißende Nachmittagssonne traten.

»Oh, du weißt schon. Wie immer. Stinklangweilig.«

Der angespannte Unterton in ihrer Stimme verriet mir, dass irgendetwas nicht stimmte.

»Macht dir jemand Ärger?«

Sie wich meinem Blick aus und verbrachte stattdessen viel zu viel Zeit damit, die Schnalle an ihrer Tasche zu schließen.

»Sag es mir.«

»Ich will dich nicht aufregen.«

Verdammt. Was ging hier vor sich?

»Bianca, was ist los?«

»Na ja … seitdem Marion all dieses Zeug über dich behauptet, haben ein paar Idioten in der Schule auf dir rumgehackt, um mich auf die Palme zu bringen.«

»Bianca, du weißt schon, dass das alles nicht stimmt, oder?«

Ich hatte mich nicht mit allem beschäftigt, was Marion der Presse erzählt hatte. Nachdem der erste Artikel erschienen war, hatte ich kein einziges weiteres Wort mehr lesen wollen. Ich ging davon aus, dass ich das nicht musste, weil ja sowieso nichts davon stimmte.

Bianca richtete sich höher auf. »Natürlich weiß ich das. Und ich habe es ihnen gezeigt!«

»Was meinst du damit?«

Sie wandte den Blick ab. »Ähm … ich bin suspendiert worden, weil ich mich geprügelt habe.«

Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag. »Bianca …«

Meine Schwester hatte sich noch nie in Schwierigkeiten gebracht. Sie war ein anständiges Mädchen. Zwar ging sie lieber ins Kino als in die Schule, und ihre Noten waren nicht allzu toll, aber bis jetzt hatte sie sich nie geprügelt. Und sie war auch nie suspendiert worden.

Sie zuckte mit den Achseln. »Keine große Sache. Waren nur drei Tage.«

»Wann ist das passiert?«

»Ist schon eine Weile her.«

»Wieso hast du es mir nicht erzählt? Wieso haben Mom und Dad mir nichts davon gesagt?«

»Wir waren alle der Meinung, dass du bereits genug um die Ohren hast. Es ist wirklich keine große Sache.«

Doch, war es. Das war unfassbar. Schulhoftyrannen hatten meinetwegen meine Schwester ins Visier genommen. Ich atmete tief durch, aber das half auch nicht, mich zu beruhigen. Wie hatte ich es so weit kommen lassen können? Ich hatte die Klatschblätter ignoriert, weil mir egal war, was Marion behauptete oder was irgendwer über mich dachte. Doch ich hätte mir nie ausgemalt, dass die Situation so eskalieren könnte. Mussten sich meine Eltern ebenfalls mit unangenehmen Fragen herumschlagen? Hatten sie das vor mir geheim gehalten, um mir keine Sorgen zu bereiten? Ich war zweiunddreißig. Sie mussten mich nicht mehr beschützen.

Ich musste das in Ordnung bringen.

Hatte Hailey Connor so etwas gemeint, als sie erklärt hatte, Unschuldige könnten darunter leiden?

Fast gegen meinen Willen hatte ich Haileys Visitenkarte in meinen Geldbeutel geschoben, nachdem sie letzte Woche mein Büro verlassen hatte. Ich lächelte, als ich daran zurückdachte, wie unverfroren diese Frau mir Kontra gegeben und dabei die braunen Augen zusammengekniffen hatte. Mir gefiel, wie scharf sie darauf gewesen war, ihren Job zu erledigen. Ich bewunderte ihre Beharrlichkeit, auch wenn ich wütend auf mein Team gewesen war, dass sie mich mit diesem Termin überrumpelt hatten. Aber Hailey hatte sich von mir nicht einschüchtern lassen. Das war unglaublich sexy gewesen. Und die Art, wie ihr dunkles Haar bis auf ihre Brüste fiel und damit ihre schmale Taille betonte, hatte mir noch besser gefallen.

Als sie die Karte auf meinen Schreibtisch legte, hatte ich mich davon abhalten müssen, einen Arm um ihre Taille zu schlingen und sie an mich zu ziehen, um sie zu küssen. Offensichtlich war ich wahnsinnig geworden.

Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass ich die Situation vollkommen falsch angegangen war. Ich hatte gedacht, ich müsste mich nicht um den Skandal kümmern, weil er von alleine verschwinden würde. Ich war immer noch davon überzeugt, dass sich nach einer Weile schon alles beruhigen würde, aber wenn das Risiko bestand, dass vorher die Leute verletzt wurden, die mir nahestanden, würde ich tun, was eben nötig war.

»Hast du gehört, was ich gerade gesagt habe?«, fragte Bianca, als wir zum Auto gingen.

»Tut mir leid, ich war in Gedanken.«

»Hmmm … hast du an eine Frau gedacht?«

»Nein.«

»Hast du wohl. Du hast viel zu schnell verneint.«

»Kümmere dich um deinen eigenen Kram, Bee-Bee.«

»Lass uns eine Abmachung treffen: Du hörst auf, mich so zu nennen, und ich höre auf, dich zu nerven. Aber wenn ich so darüber nachdenke … nein, ich nerve dich einfach zu gerne. Also … an wen hast du gedacht?«

»Bee-Bee«, sagte ich warnend.

»Schön, behalte dein Geheimnis für dich. Ich hoffe nur, ich lerne sie bald kennen.«

Ich antwortete nicht, denn ich wollte die Hoffnungen meiner Schwester nicht enttäuschen. Bianca war zu jung, um zu verstehen, wie schrecklich ein solcher Verrat in einer Beziehung war; dass man wahnsinnig enttäuscht und verletzt sein und sich deshalb einfach nicht mehr vorstellen konnte, sich jemals wieder jemandem zu öffnen.

Ich hoffte inständig, dass sie auch nie erfahren würde, wie sich so etwas anfühlte. Als großer Bruder würde ich mein Bestes geben, um sicherzustellen, dass kein Mistkerl ihr jemals das Herz brach. Andererseits war es offensichtlich mit meiner Menschenkenntnis nicht allzu weit her, sonst hätte ich Marion ihr Theater nicht abgekauft.

Sobald ich meine Schwester zu Hause abgesetzt hatte, rief ich Deborah an.

»Reid, ich will gerade das Büro verlassen. Brauchst du noch etwas von mir?«

»Hör mal, Bianca hat mir gerade etwas Beunruhigendes erzählt. Es gibt Kinder in der Schule, die wegen der Klatschartikel auf ihr herumhacken.«

»Ah …«

»Bist du dir absolut sicher, dass sich niemand in unserer PR-Abteilung um das Problem kümmern kann?«

»Sie wären nicht halb so geschickt wie jemand, der regelmäßig mit Klatschseiten und Klatschmagazinen zu tun hat. Ich habe eine Liste anderer Agenturen, die auf solche Probleme spezialisiert sind. Ich werde eine davon anrufen und einen Termin für dich ausmachen, da das mit Ms Connor und dir ja offensichtlich nicht funktioniert hat.«

Ich packte das Lenkrad fester, als ich über diesen Vorschlag nachdachte. Angesichts der Tatsache, dass ich bei Hailey Connor als Erstes an ihren Hüftschwung beim Verlassen meines Büros dachte, sollte ich Deborah wahrscheinlich besser jemand anderen beauftragen lassen. Doch ich konnte das Gefühl nicht unterdrücken, dass Hailey die Richtige für diesen Job war.

»Nein, ist schon okay. Ich werde Ms Connor selbst kontaktieren.«

Ich musste dieses Chaos in Ordnung bringen. Und der erste Schritt musste heißen, Hailey Connor versöhnlich zu stimmen.

4

Hailey

»Val, dein Käsekuchen macht süchtig«, sagte ich.

»Hey, danke, Schwesterherz.«

Ich nippte an meinem Chardonnay und rieb mir den Bauch. Meine Familie hatte sich zum freitäglichen Abendessen im Haus meiner ältesten Schwester versammelt. Wir hatten uns gerade im Wohnzimmer das Dessert schmecken lassen. Wie so oft in letzter Zeit sprachen wir über bevorstehende Vermählungen. Die Hochzeitssaison war eröffnet.

Mein Bruder Jace würde im kommenden August heiraten, nachdem erst vor drei Wochen die letzte Hochzeit stattgefunden hatte. Val hatte an Weihnachten erfahren, dass sie von ihrem Freund Carter im dritten Monat schwanger war, woraufhin sich die beiden entschieden, noch schnell Mitte Februar zu heiraten.

Die Neuigkeit hatte mich begeistert. Ich wusste, wie sehr meine Schwester sich ein Kind wünschte. Und wenn ich ehrlich war, freute auch ich mich auf ein neues Baby in der Familie. Ich drückte meiner Nichte Willow einen Kuss auf den Kopf. Sie saß auf meinem Schoß, damit ich ihr Haar flechten konnte. Inzwischen war sie schon zweieinhalb Jahre alt, und ich dachte wehmütig an die Zeit zurück, als sie noch ein Baby war. Meine Nichte Evelyn, die Tochter meiner Schwester Lori, war noch klein – aber ich war der Meinung: je mehr Babys, desto besser.

»Also, Hailey, hast du vor, jemanden zur Hochzeit mitzubringen?«, fragte Jace.

Außer mir war keiner von uns Geschwistern mehr Single. Will war der Einzige, der noch keine Heirat plante, obwohl er mit einer fantastischen Frau verlobt war. Aber ich rechnete jederzeit damit, dass sie ein Datum festsetzten.

Ich bemühte mich sehr, ernst zu klingen. »Ja, habe ich.«

Jace und Will wechselten einen Blick. Selbst Landon richtete sich ein wenig höher auf und sah mich an. Oh, Brüder.

»Kennen wir ihn? Muss etwas Ernstes sein, wenn du glaubst, dass es ihn im August noch geben wird«, meinte Will.

»Wir müssen ihn zuerst der Bruder-Behandlung unterziehen.« Jace lächelte, doch ich wusste, dass seine Aussage zum Teil durchaus ernst gemeint war.

Als Landon beiläufig sagte: »Du kannst ihn ja vor der Hochzeit mal zum Abendessen mitbringen«, wusste ich, dass ich auspacken musste.

Ich konnte mein Lachen einfach nicht mehr zurückhalten. »War nur ein Witz. Ich wollte euch bloß auf den Arm nehmen. Ich hatte bei Vals Hochzeit keine Begleitung. Wie sollte ich inzwischen jemanden gefunden haben?«

Jace grinste. »Verdammt. Du wirst immer besser darin, uns zu verarschen.«

»Allerdings. Oh, Val, ich hatte dir doch gesagt, dass sie mir auf den Leim gehen werden.«

»Stimmt.«

»Wir hätten darauf wetten sollen.«

Val schüttelte sich gespielt theatralisch. »Auf keinen Fall, Schwesterherz. In letzter Zeit gewinnst du jedes Mal.«

Nun, was sollte ich dazu sagen? Das stimmte. Die Angewohnheit meiner Brüder, bei jeder Gelegenheit zu wetten, hatte auf uns abgefärbt. Es machte Spaß. Besonders, wenn ich gewann.

Willow inspizierte ihren Zopf, dann drückte sie mir einen feuchten Kuss auf die Wange, bevor sie von meinem Schoß glitt und zu ihrer Mom lief. Vor ein paar Tagen hatte ich ein wunderbares Blumenmädchenkleid gesehen, das der Kleinen perfekt stehen würde.

Mir machte es nichts aus, allein auf die Hochzeiten meiner Geschwister zu gehen.

Diese Feiern waren eine sehr gute Gelegenheit, akzeptable Junggesellen zu treffen und auszutesten. Sowohl auf Landons als auch auf Loris Hochzeit hatte ich mir Dates gesichert, obwohl sich daraus nichts weiter ergeben hatte. Keiner der beiden Kandidaten war zum freitäglichen Abendessen eingeladen worden. Aber man konnte nie wissen, wann man vielleicht den Richtigen traf. Also freute ich mich schon auf Jace’ Hochzeit.

 

Nachdem ich das Haus meiner Schwester verlassen hatte, wurde ich ein wenig melancholisch. Mom und Dad hätten all diese Hochzeiten geliebt. Sie waren gestorben, als ich elf Jahre alt war. Landon und Val hatten uns andere großgezogen. Sie waren wunderbare Vorbilder gewesen, aber selbst mit neunundzwanzig vermisste ich meine Eltern sehr, besonders bei Hochzeiten.

Sobald ich zu Hause war, setzte ich mich auf die Couch, bereit für einen Abend mit meiner Lieblingsserie auf Netflix. O ja. Es ging doch nichts über sexy Rechtsanwälte, um der Woche einen angenehmen Abschluss zu verleihen.

Davor zog ich aber noch schnell mein Handy aus der Tasche, um kurz nach dringenden Anrufen oder Nachrichten zu schauen. Das war einer der Nachteile meines Berufes. Skandale konnten jederzeit hochkochen, und eine zeitnahe Reaktion war unerlässlich. Doch um ehrlich zu sein, hatte mein ehemaliger Job als Unternehmensberaterin auch oft von mir verlangt, dass ich bis spät in die Nacht arbeitete. Zumindest machte mir meine aktuelle Tätigkeit wirklich Spaß.

Ich fand eine Nachricht von einer unbekannten Nummer.

Unbekannt: Wir hatten einen holprigen Start.Könnten wir noch mal neu anfangen?

 

Hailey: Wer sind Sie?

 

Erst nachdem ich die Nachricht bereits abgesendet hatte, bemerkte ich, dass ich von derselben Nummer auch einen verpassten Anruf und eine Mailboxnachricht hatte.

Unbekannt: Stauchen Sie potenzielle Klienten oft zusammen?

 

Ah, langsam ahnte ich, wer der Absender war.

Hailey: Wenn sie förmlich darum betteln, ja.

 

Da seit dem Termin in Reid Davenports Büro eine Woche vergangen war, hatte ich ihn als Klienten eigentlich abgeschrieben. Das hatte mich allerdings nicht davon abgehalten, noch eine Online-Recherche über ihn zu starten. Eventuell hatte ich das getan, um mehr Bilder von ihm zu finden. Eventuell. Aber wer konnte mir das übel nehmen? Der Mann war unglaublich heiß.

Genau wie bei meiner ersten Recherche hatte ich auch diesmal nicht viel herausgefunden. Nur, dass er in sehr jungem Alter die Hotelgeschäfte von seinem Vater übernommen und dessen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar noch ein zweites Hotel eröffnet hatte.

Abgesehen davon, war er ein Rätsel. War er vielleicht eine Art Einsiedler?

Falls ja, musste er sich bewusst dazu entschieden haben. Andere Hotelbesitzer in der Stadt ließen sich oft mit Stars sehen und waren dementsprechend Lieblinge der Medien.

Mein Magen machte einen Sprung, als mein Display aufleuchtete. Er rief mich an.

»Hallo.«

»Ms Connor, hi. Hier spricht Reid Davenport.«

»Hatte ich mir schon gedacht.«

Seine Stimme war tief und sinnlich. Am Telefon klang sie noch verlockender als bei unserem persönlichen Gespräch. Mein gesamter Körper reagierte darauf. Meine Haut kribbelte.

»Wegen letzter Woche … Sie haben mich auf dem falschen Fuß erwischt, und ich möchte mich entschuldigen. Könnten wir noch mal von vorne anfangen?«

»Wieso haben Sie Ihre Meinung geändert?«

»Das ist kompliziert.«

»Ich verstehe. Ich werde immer noch um jede Information ringen müssen, habe ich recht?«

Er lachte. »Wahrscheinlich, aber das geht nicht gegen Sie. Ich bin es einfach nicht gewöhnt, mit Fremden über mein Privatleben zu reden.«

»Aber Sie sind bereit, es zu versuchen.« Ich hatte meine Äußerung absichtlich nicht als Frage formuliert, aber trotzdem erwartete ich eine Bestätigung. Als er nicht antwortete, hakte ich nach. »Ein weiteres Treffen hat wirklich keinen Sinn, wenn ich nicht davon überzeugt bin, dass Sie die Sache durchziehen wollen.«

Er lachte wieder, ein tiefes, raues Geräusch. Sexy. Was war nur in mich gefahren? Der Mann hatte mich in seinem Büro bestmöglich gegen sich aufgebracht. Es konnte einfach nicht sein, dass ich mich von ihm angezogen fühlte.

»Sie gehen hart mit mir ins Gericht, Hailey. Das bewundere ich. Ich bin überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Aber ich warne Sie besser gleich, dass es wahrscheinlich dennoch nicht einfach wird.«

»Damit kann ich arbeiten. Ich werde in meinen Terminkalender schauen und mich dann bei Ihnen melden. Vermutlich kann ich irgendwann nächste Woche ein Treffen einschieben. Könnte allerdings sein, dass es eher Abend wird.«

»Wir können uns auch gerne an einem anderen Ort treffen, wenn Ihnen das besser passt.«

»Oh?«

Seine plötzliche Großmut machte mich misstrauisch, da er sich in seinem Büro wie ein Idiot aufgeführt hatte. Ein atemberaubender, hochattraktiver Idiot, aber trotzdem ein Idiot. Was war geschehen?

»Sie sind den ganzen Weg bis zu meinem Büro gefahren, und ich war nicht kooperativ. Wie kann ich das wiedergutmachen?«

»Ist das eine Fangfrage? Meine Gunst zu gewinnen könnte sich als anstrengend entpuppen. Ich kann sehr fordernd sein«, zog ich ihn auf. Das war zwar nicht besonders professionell von mir, aber ich konnte einfach nicht anders. Außerdem hatte ich noch gar nicht entschieden, ob ich ihn wirklich als Klienten annehmen wollte.

»Soll das eine Warnung sein?«

»O ja.«

»Was genau haben Sie für mich auf Lager?«

»Da bin ich mir noch nicht sicher.«

»Dann werde ich mich besser auf alle Eventualitäten vorbereiten, Ms Connor.«

Meinte er das doppeldeutig, oder bildete ich mir das nur ein? Ich leckte mir die Lippen, als mir bewusst wurde, dass der grüblerische, mysteriöse Reid Davenport mich aufzog. Vielleicht war er ja doch kein Idiot. Vielleicht hatte er insgeheim was von Mr Darcy.

Verdammt, nein! Wo kam dieser Gedanke her? Ich hatte eine echte Schwäche für Mr Darcy: grüblerischer, missverstandener Traummann. Aber so war Davenport nicht. Ich stellte ihn mir eher als Wolf im Schafspelz vor, weil ich ihm seine totale Kehrtwende einfach nicht abkaufte.

»Ich werde in meinen Terminkalender schauen und mich melden.«

»Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie so bald wie möglich Zeit für mich finden könnten.«

In meinem Kopf begannen Alarmglocken zu schrillen. Es musste definitiv etwas vorgefallen sein, dass er seine Haltung so geändert hatte. Hatte sein Team ihn irgendwie unter Druck gesetzt?

Ich war in Versuchung, bereits am Telefon nachzuhaken, doch gleichzeitig konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass er noch damit beschäftigt war, sich selbst von der Richtigkeit seiner Handlungen zu überzeugen. Wenn ich zu früh Druck ausübte, würde er nur wieder dichtmachen. Reid war nicht mein erster schwieriger Klient. Abwehrverhalten war nichts Neues für mich.

Für gewöhnlich lernte ich meine Klienten zu Zeiten kennen, in denen sie sehr verletzlich waren und ihre Instinkte darauf drängten, sich in einem Schneckenhaus zu verkriechen, daher war ich bereit, ihnen einen Vertrauensbonus einzuräumen. Vielleicht war Reid doch kein Idiot. Vielleicht hatte er sich nur tiefer in seinem Schneckenhaus verkrochen, als ich bisher verstanden hatte.

»Ich werde eine Lösung finden«, versprach ich.

»Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.«

Da kam mir eine Idee. »Ich habe dieses Wochenende nichts vor. Wir könnten uns morgen oder am Sonntag treffen.«

»Wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht?« Er war definitiv verzweifelt.

»Möchten Sie sich in der Hotelbar treffen?«, fragte ich.

»Um meine Privatsphäre zu wahren, wäre mir ein weniger öffentlicher Ort lieber. Mein Penthouse?«

Mich überraschte sehr, dass er bereit war, sich in seinem Zuhause mit mir zu treffen, aber ich deutete das als Zeichen, dass er es wirklich ernst meinte und nicht noch mal meine Zeit verschwenden würde.

»Gerne. Wo muss ich hin?«

»Ich wohne im Hotel.«

»Oh. Okay.« Jetzt sah ich ihn wirklich als Einsiedler, mit dem Hotel als seiner Festung. Wenn er in dem Hotel mitten in Hollywood leben würde, wäre es ihm schwerer gefallen, das Rampenlicht zu meiden. »Morgen Abend um acht?«

»Im Hotel findet eine Veranstaltung statt, daher wird die Tiefgarage voll sein. Ich werde Ihnen einen Fahrer schicken.«

»Das ist nicht nötig.«

»Doch, ist es. Ich schicke Ihnen einen Wagen.«

Ein Schauder lief mir über den Rücken. Ich konnte mich dem Vorschlag widersetzen, aber wahrscheinlich würden wir noch oft genug aneinandergeraten. In diesem Punkt wollte ich nachgeben, um ihm die Illusion zu vermitteln, er hätte das Sagen. »Sagen Sie ihm, dass er um halb acht an meinem Haus sein soll. Vielen Dank.«

»Wir sehen uns dann morgen Abend. Ich … stehe in Ihrer Schuld.«

»Vorsicht mit solchen Aussagen. Ich werde das im Kopf behalten.«

Er lachte wieder. »Etwas anderes hätte ich von Ihnen auch nicht erwartet, Ms Connor. Schicken Sie mir Ihre Adresse per SMS.«

Als ich auflegte, atmete ich flach. Du lieber Gott. Wie konnte ein einfaches Telefonat mich so aus der Fassung bringen? Mich so nervös machen?

Ich hatte keine Ahnung, was mich morgen erwartete. Aber vielleicht würde Davenport sich erneut wie ein Idiot benehmen und es mir so leicht machen, ihn nicht als Klienten anzunehmen.

5

Reid

Bahnen zu schwimmen beruhigte mich und half mir, meine Gedanken zu ordnen. Ich war nie ein Fan von Fitnessstudios gewesen, auch wenn ich jeden Nachmittag auf meinem Hometrainer Fahrrad fuhr. Aber Schwimmen liebte ich. Als ich meine drei Kilometer geschwommen war, wurde die Zeit langsam knapp. Ich eilte zurück ins Penthouse und hatte gerade meine Jeans geschlossen, als die Rezeptionistin anrief.

»Reid, Ms Connor ist soeben in den Aufzug gestiegen.«

»Danke.«

Ein paar Sekunden später bimmelte der Fahrstuhl. Mir stockte der Atem, als Hailey Connor ausstieg.

Ich steckte in echten Schwierigkeiten.

Ich hatte mir eingeredet, meine Reaktion auf sie in meinem Büro wäre eine einmalige Sache gewesen. Doch ich hatte mich geirrt. Ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie trug ein einfaches weißes Kleid und dazu wie beim letzten Mal mörderisch hohe High Heels, sodass ich mir einfach vorstellen musste, wie sie die Beine um mich schlang.

Ich streckte ihr die Hand entgegen. »Ms Connor, danke, dass Sie hergekommen sind, und das auch noch am Wochenende.« Ich schüttelte ihr die Hand, entschlossen, mich an die Anstandsregeln zu halten und die plötzliche Enge in meinen Jeans zu ignorieren. Allerdings schnitt ich mir damit ins eigene Fleisch, denn sobald ich sie berührt hatte, wollte ich sie näher an mich ziehen.

»Kein Problem. Bei unserem Telefonat klang es, als wollten Sie die Sache so schnell wie möglich ins Rollen bringen, also hielt ich es für das Beste, uns baldmöglichst zu treffen. Das Eisen schmieden, solange es heiß ist und all das. Bevor Sie Ihre Meinung noch mal ändern.« Ihr Tonfall verriet mir deutlich, dass sie mir noch nicht verziehen hatte.

»Ich möchte mich noch einmal entschuldigen. Meine Assistentin hatte mich ungefähr fünf Minuten vor Ihrem Erscheinen über das Treffen informiert. Zweifellos wollte sie verhindern, dass ich den Termin absage. Allerdings mag ich es überhaupt nicht, überrumpelt zu werden.«

»Das ist offensichtlich. Lassen Sie uns ein paar Dinge gleich klarstellen. So wird unsere Zusammenarbeit laufen: Ich werde Ihnen Fragen stellen. Einige davon mögen Ihnen unangenehm sein. Es ist unabdingbar, dass Sie trotzdem antworten. Und Sie müssen absolut ehrlich sein. Außerdem müssen Sie meine Ratschläge befolgen. Das sind meine Bedingungen.« Sie schenkte mir ein herausforderndes Lächeln. Ich konnte die Leute, die es wagten, mir zu widersprechen oder mich wirklich herauszufordern, an einer Hand abzählen.

»Das sind Ihre Bedingungen?«, fragte ich ungläubig.

»Ja.«

»Das hier läuft zu meinen Bedingungen. Ich bin der Klient.« Ich trat näher an sie heran und beobachtete angetan, wie sie sich die Unterlippe leckte.

Sie richtete sich höher auf und schob das Kinn vor, doch gleichzeitig röteten sich ihre Wangen. »Nein, sind Sie nicht. Nicht, bis ich beschließe, den Vertrag zu unterschreiben.«

Ihre braunen Augen blitzten bei dieser Aussage. Ihre gesamte Körpersprache verriet mir, dass sie nicht von ihren Forderungen abweichen würde. Und je länger ich ihr in die Augen sah, desto entschlossener wurde ihr Blick.

Die Zusammenarbeit mit ihr würde sicher nicht einfach. Davon war ich überzeugt. Ich hätte ihr erklären sollen, dass ich jederzeit eine andere PR-Agentur kontaktieren konnte, aber stattdessen wünschte ich mir nichts anderes, als den Abstand zwischen uns zu überwinden, sie zu meinen Bedingungen zu küssen und dafür zu sorgen, dass sie sich meinen Regeln beugte.

»Ich habe versprochen, mich kooperativ zu verhalten. Also werde ich das auch tun.« Ich trat einen Schritt zurück und deutete Richtung Wohnzimmer. »Kommen Sie rein. Möchten Sie einen Drink?«

»Warum nicht, schließlich muss ich ja nicht Auto fahren.«

Ich führte sie zu der langen Bar, die durch eine Glasscheibe vom Rest des Wohnzimmers abgetrennt war. Das Penthouse war eingerichtet worden, um Gäste zu empfangen – was ich allerdings nie tat. Ich war schon immer zurückhaltend gewesen. Noch so ein Punkt, den Marion an mir gestört hatte. Ich lebte allein aus dem Grund hier, weil es praktisch war. Schließlich brauchte ich nur drei Minuten, um in mein Büro zu kommen.

»Was möchten Sie?«

»Können Sie mir einen trockenen Martini mixen?«

»Natürlich. Lassen Sie mich nach den Zutaten schauen.«

Ende der Leseprobe