Flüpterikse im All - Harald Böttcher - E-Book

Flüpterikse im All E-Book

Harald Böttcher

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Beschreibung

"Flüpterikse im All" ist ein Kinderbuch ab 10 Jahren. Auf 380 Seiten erleben die beiden 14-jährigen Protagonisten Pynki und Fabian ein buntes Weltraumabenteuer. Sechs liebevoll gezeichnete Illustrationen sind im Text enthalten. Worum geht es? "Pynki ist im All verschwunden." Dieser Anruf reißt Fabian komplett aus seinem Schulalltag heraus. Wo kann seine Freundin vom Planeten Mycra nur sein? Und wie kann er sie finden? Mit einem frechen Weltraumtaxi heben Fabian und sein Freund Grünling von der Erde ab, um Pynki zu suchen. Sorgenvoll, aber auch voller Mut, fliegen sie mitten hinein in ein chaotisches Abenteuer. Doch plötzlich breitet sich überall ein mysteriöser, blauer Nebel aus, der die ganze Milchstraße bedroht. Die Zeit für Pynki und Fabian wird ziemlich knapp. Gibt es überhaupt noch Hoffnung für sie? Ungewissheit, Verzweiflung, Angst, Hoffnung, Freundschaft, Liebe, Mut, Glück und Albernheiten, viele Gefühle sind in der Geschichte enthalten. Den beiden Hauptfiguren begegnen auf ihrer Reise durch die Milchstraße seltsame, schusselige, gefährliche und vor allem ungewöhnliche Außerirdische.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 349

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Wo gibt es noch Abenteuer, die keiner kennt?

Auf der Erde?

Woanders?

Im Weltall vielleicht?

Flüpterikse im All.

Was sind das für geheimnisvolle Wesen?

Und wo leben sie?

Sind sie wichtig?

Irgendwie gefährlich?

Oder harmlos?

Das müsst ihr alles selbst herausfinden. Ganz viel Spaß beim Lesen wünscht euch

Harald Böttcher

Für Barbara

Harald Böttcher

Flüpterikse im All

© 2025 Harald Böttcher

Umschlag: Barbara Böttcher-Walkowiak

Illustrationen: Harald Böttcher

Lektorat, Korrektorat: Jana Stiller

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5,

22926 Ahrensburg, Deutschland

ISBN

Paperback

978-3-384-52554-3

Hardcover

978-3-384-52555-0

e-Book

978-3-384-52556-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland. Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Inhalt

Cover

Widmung

Titelblatt

Urheberrechte

1 Pynki

2 Fabian

3 Pynki

4 Fabian

5 Pynki

6 Fabian

7 Pynki

8 Fabian

9 Fabian

10 Pynki

11 Fabian

12 Gardine

13 Pynki

14 Fabian

15 Pynki

16 Flüpterikse

17 Fabian

18 Pynki

19 Fabian

20 Pynki

21 Fabian

22 Pynki

23 Fabian

24 Gardine

25 Fabian

26 Pynki

27 Fabian

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29 Fabian

30 Gardine

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37a Fabian

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Danksagung

Flüpterikse im All

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Widmung

Titelblatt

Urheberrechte

1 Pynki

Danksagung

Flüpterikse im All

Cover

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1 Pynki

Heute wird sich meine Welt verändern. Aber davon weiß ich bis jetzt noch nichts. Auch nicht, dass mich ein Monster retten wird.

Es ist Morgen. Ich schaue nach oben und sehe die zartgelbe Sonne über meiner Schule aufgehen.

Gelb ist meine absolute Lieblingsfarbe, weil Gelb so leuchtet wie … die Hoffnung in einer Blumenwiese voller Schmetterlinge und Bienen. Blau ist auch meine Lieblingsfarbe, vor allem weil Blau unendlich ist und voller Geheimnisse steckt …

„Hi Pynki, immer noch zu Fuß unterwegs?“ Meine Freundin Ellie schwebt mit ihren neuen, weißen Flugschuhen an mir vorbei.

Weiß ist eine interessante Farbe, weil sie offen ist für alles – ich mag sie besonders …

„Ja klar, ich laufe lieber, Ellie.“

Und Schwarz ist – ich schaue in den Himmel – ziemlich bedrohlich. Dunkle Wolken ziehen hinten auf.

Heute ist mein letzter Schultag.

Ich hoffe, ich glaube und ich weiß es. Fast bin ich ein bisschen traurig – aber nur fast.

Dafür muss ich jetzt nur noch die mündliche Prüfung bestehen. Und ich bin schon etwas spät dran.

Ich renne los, der Wind weht mir ins Gesicht. Ich überhole Ellie, die nur lachend ihren Kopf schüttelt, und hetze die Schultreppe hinauf.

Über Braun als Farbe habe ich mir eigentlich nie richtig Gedanken gemacht, denn braun sind meine Haare und Augen. Allerdings schimmern meine Augen auch etwas bläulich, wie …

„Halt, wo ist deine Prüfungsnummer?“, fragt Tobi, der Schulrobo, und stellt sich mir in den Weg.

Oh, die hab ich ganz vergessen. Sie klebt zu Hause am Spiegel und die Zeit reicht nicht mehr, sie zu holen, denn meine Prüfung fängt absolut gleich an. Aber Tobi, der Schulrobo, hat einen großen Vorteil gegenüber allen Lehrern. Er glaubt mir so gut wie alles – also nutze ich meine Chance.

„Du meinst die silberne 22, stimmts, Tobi?“

Tobi schaut auf seinen leuchtenden Arm. „Ja, hier steht, du hättest für deine Prüfungen eine 22 auf einem Silberschild bekommen. Zeigst du sie mir bitte?“

„Ja, die 22, genau … die war aber auf einem Keks, den ich heute früh vor Aufregung total aus Versehen gegessen habe. Und nun ist sie in meinem Magen …“ Ellie drängelt sich heran.

„Hallo Tobi, hier ist meine 23“, sagt Ellie, lässt sie von Tobi einscannen und schwebt an uns vorbei.

„… aber ich könnte sie dir morgen geben, wenn du willst.“, beende ich meinen Satz.

Tobis Augen fangen leicht an zu blinken und seine Ohren zucken hübsch. „Nein, Pynki, ist okay, bitte geh einfach durch, und äh – viel Glück.“

Na bitte, wenn Tobi mir Glück wünscht, dann hilft das ganz sicher. „Danke, Tobi!“, rufe ich und flitze den langen Gang hinunter, stoppe knapp vor der großen, grauen Holztür und klopfe viel zu laut an.

Moment, die Farbe Grau …

„Herein!“

Mein Herz schlägt voll schnell, ich muss mich zusammenreißen, damit ich nicht vor Übermut in den Prüfungsraum springe.

Ich öffne die Tür und schleiche hinein.

Vierzig Minuten später habe ich geredet so viel ich konnte.

„So, Fräulein Pynki, bitte sagen Sie uns zum Abschluss noch, wie viele Sterne und Planeten leuchten denn so in der Milchstraße?“

Eine fiese Frage. Darauf bin ich nicht vorbereitet, aber antworten muss ich.

„In unserer Galaxie leuchten Abermilliarden von Sternen, so viele, wie es Wassertropfen in unserem Dorfteich gibt, oder so viele, wie ich Atome in meinem Körper habe. Aber von den Planeten leuchtet kein einziger in der gesamten Milchstraße, außer vielleicht Blaumega, der Planet aus der Fabel von Unki und Onki, den beiden …“

„Fräulein Pynki, erzählen Sie uns keine Märchen, sondern definieren Sie diese Abermilliarden mal etwas präziser.“

Die Prüfer wollen es genau wissen. Mist. Vielleicht hilft es, wenn ich ihnen Honig auf die Nase schmiere.

„Abermilliarden sind so unzählbar wie ihre Gehirnzellen, wenn sie sich Netze spinnen und ihre Intelligenz darauf Schlittschuhlaufen kann.“

Die Prüfer glotzen mich entsetzt an: „Wie meinen Sie das?“

Mit der Antwort versuche ich mich nun selbst zu übertrumpfen, obwohl mir mein Gefühl sagt: „Lass es, Pynki.“ Egal, ich bin im Endspurt: „Die Abermilliarden sind so unglaublich fantastisch, weil sie sich in einer Spirale bis weit hinein in die magische Unendlichkeit erstrecken.“

Die Prüfer rutschen nervös auf ihren Stühlen hin und her und vermeiden den Blickkontakt mit mir. Ich sehe, sie wissen nicht, wie meine Antworten gemeint sind, und wollen sich nichts anmerken lassen.

„Gut, wir müssen uns beraten. Bitte warten Sie draußen, Frau Pynki.“

Ich setze mich in den Flur um die Ecke und lehne mich an die Wand. Fast zwei Jahre Schulzeit, etliche Verspätungen, drei Strafarbeiten, eine Verweigerung, aber meistens einigermaßen gute Noten auf der Ynterstella-Schule liegen hinter mir. Das müsste reichen. Nur noch die bestandene Prüfung heute – dann würde ich … ja, was eigentlich genau? Ich bekäme endlich ein eigenes Raumschiff auf Probe, könnte ein bisschen herumdüsen – wenn ich Pech hätte, unter Aufsicht der Prüfer. Oh, wie blöd. Aber mit etwas Glück wäre vielleicht sogar auch ein Flug zur Erde möglich. Ich hoffe ja insgeheim sehr darauf …

Ich krame das Foto aus meiner Tasche hervor, schaue es wehmütig an, und sofort ist die Erinnerung wieder da. Fabian blickt mich darauf von der Seite an und ich sehe in die Kamera. Wir stehen in diesem alten Gewächshaus. Er in der zerknitterten Jacke mit seinen verwuschelten blonden Haaren, ich mit einem bedeutungsvollen Ausdruck im Gesicht. Seine Hand liegt auf meiner Schulter.

Ich hatte damals echt gedacht, dass eine tolle Zeit vor uns läge. Aber nun? Ich weiß es nicht. Ich stecke traurig das Foto weg und seufze. Dann stehe ich auf, biege meinen Rücken durch und hüpfe ein paarmal auf der Stelle und versuche, etwas Hoffnung einzufangen.

Plötzlich kommt Tobi um die Ecke und hält mir einen Brief vor die Nase. Das Prüfungsergebnis. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus und greife zu, doch Tobi lässt einfach nicht los.

„Möchtest du ein Trinkgeld, Tobi?“, frage ich amüsiert.

„Ein Schmieröl, bitte.“

„Soso.“ Ich krame ein Fläschchen Öl hervor und träufele ihm davon etwas hinters Ohr.

„Nein, da nicht“, quietscht Tobi, als ob es ihn kitzelt.

„Wo denn dann?“

„Da!“, sagt Tobi und zieht wieder am Brief.

„Okay, also aufs Handgelenk.“ Ich träufle einige Tropfen Öl auf das Gelenk.

„Danke“, Tobi lässt endlich locker und ich reiße ungeduldig den Brief auf.

„BESTANDEN – Die Code-Nummer für ihr Raumschiff lautet: Ö4alt – Glückwunsch, die Prüfer.“

Geschafft, geschafft, geschafft!!! Das ist so cool. Vor Freude stupse ich Tobi voll an die Schulter, und weil er damit nicht gerechnet hat, fällt er doch tatsächlich um und rollt ein paar Meter den Flur entlang. Ich springe in die Höhe und atme danach abgrundtief aus – pffffffft!

Tobi ist völlig perplex, als ich ihm wiederaufhelfe. Er sagt kein Wort und glotzt wie ein Frosch.

„Danke, Tobi. Du hast echt Glück, du kannst mir gratulieren: Ich habe jetzt ein Raumschiff! Mein Allererstes! Ich muss es nur abholen.“ Voller Freude stecke ich den Brief hastig in meine Tasche.

„Da ist noch etwas.“ Tobi blickt mich strahlend an. „Du bist in der Auswahl, Pynki.“

Ich zucke erschrocken zusammen. „Das kann nicht sein.“ Meine Mutter war bei der Schutztruppe und seitdem …

„Die fünf besten Schülerinnen sind in der Auswahl und du bist auf Platz fünf.“

Tobi hält mir einen Ring entgegen.

„Tobi, nein! Vor einem Jahr – meine Mutter …“, es fällt mir schwer weiterzusprechen, meine Stimme wird schwach. „Meine Mutter ist von ihrem letzten Einsatz nicht zurückgekehrt. Ich weiß nicht, ob sie tot ist oder noch lebt. Bevor sie ging, hat sie zu mir gesagt: ‚Pynki, egal, was du auch machst, werde niemals die Beste.‘“

Sie wollte nicht, dass ich mich in Gefahr begebe.

Tobi schaut mich traurig an.

„Pynki, du musst den Ring nehmen.“

„Nein Tobi, ich kann nicht. Nie, nie, nie. Ich gehe nicht zur Schutztruppe der Galaxis. Dann muss ich alles tun, was sie mir vorschreiben. Ich möchte frei sein und selber entscheiden, welche Abenteuer ich erlebe.“ Ich schüttele den Kopf. „Wieso sind überhaupt fünf in der Auswahl, sonst haben sie doch nur die eine Beste haben wollen?“

„Ich habe keine weiteren Informationen, Pynki. Wenn du den Ring nicht nimmst, verlierst du deinen Schulabschluss ganz. Du kennst die Regeln. Bitte, nimm ihn.“

Vielleicht hat Tobi recht. Wenn ich ablehne, dürfte ich nur noch Taxi fliegen, und das auch nur in Bjyjo und Umgebung.

„Aber Tobi, du verstehst das nicht. Sie sind schuld am Tod meiner Mutter.“ Ich werde immer verzweifelter.

„Pynki, das weißt du nicht.“, beruhigt mich Tobi mit seiner leisen Roboterstimme.

„Meine Mutter hätte mich niemals alleine gelassen.“ Dessen bin ich mir absolut sicher. Vielleicht muss ich selbst herausfinden, was mit ihr geschehen ist. Vielleicht ist das jetzt meine Chance. Aber ich will nicht zur Schutztruppe. Scheiße, ich weiß nicht, was ich tun soll. Es tut immer noch weh. Sie fehlt mir jeden Tag.

Aber ich treffe jetzt eine Entscheidung.

„Okay, Tobi. Gib mir den Ring.“

Ich nehme ihn. Wenn ich ihn an meinen Finger anstecke, werde ich ihn nie wieder abnehmen können. Er wird sich fest anschmiegen, mein Leben lang. Er wird wie eine Fessel sein. Aber ich will es für meine Mutter tun.

Plötzlich ertönt eine Durchsage über die Lautsprecher: „Die fünf Raumkapitäninnen, die es in die Auswahl geschafft haben, melden sich bitte sofort beim Schulleiter. Ich wiederhole: Alle fünf Schülerinnen der Auswahl möchten bitte sofort zum Schulleiter kommen.“

Ich stecke den Ring tief in meine Hosentasche. Jetzt nur keinen Fehler machen. Ich habe ein ungutes Gefühl im Bauch und drehe mich noch einmal zu Tobi um.

„Tobi, danke für alles. Ich wünsche mir sehr, wir sehen uns wieder. Mach es gut.“

Eigentlich wollte ich in ein paar Wochen hier meine Flugurkunde abholen und sie zusammengefaltet in einem Medaillon um den Hals tragen. Aber wo werde ich in ein paar Wochen sein? Vielleicht schon ganz weit weg.

Ich betrete das Büro des Schulleiters und stoße auf die anderen vier aus der Auswahl. Ellie ist auch dabei, was für ein Glück. Ich freue mich für sie, denn sie wollte – im Unterschied zu mir – immer dazugehören.

Der Schulleiter erhebt sich feierlich von seinem Schreibtisch.

„Das sind unsere fünf besten Schülerinnen aus diesem Jahrgang, Herr Ausbilder. Bitte, Sie haben jetzt das Wort.“

Ich sehe den Ausbilder an und denke, dass er uns mit seinem stechenden Blick imponieren will. Er hat etwas unangenehm Militärisches an sich und er grinst so, als würde er es genießen, dass er Macht über uns hat. Aber die wird er nie haben, nicht über mich.

Ich bin mit meinen Gedanken plötzlich wieder bei Fabian – er müsste jetzt auch vierzehn Jahre alt sein – und kriege kaum mit, was der Ausbilder sagt.

„Wir fliegen sofort los. Alles, was ihr braucht, bekommt ihr im Hauptquartier. Folgt mir.“

„Ist das nicht toll, Pynki?“ Ellie fasst mich am Arm und ist ganz aufgeregt.

Schon laufen wir durch die Flure, hinaus auf den Schulhof. Vor uns wartet eine Raumfähre. Wir steigen ein und sie bringt uns bis nach oben ins eigentliche Raumschiff. Es schwebt im Orbit, knapp außerhalb der Atmosphäre von Mycra. Hier beginnt das Weltall. Es ist beeindruckend und beängstigend zugleich.

Wie viele neue Mitglieder wollen sie denn einsammeln? Etwa aus der gesamten Milchstraße welche? Von jeder Schule die Besten? Jeder eine Nummer auf einer Liste? Und wenn man verloren geht, holen sie sich dann neue?

Während ich noch überlege und mir vorstelle, wie das Trainingslager überquellen muss, bringen uns gut gelaunte Besatzungsmitglieder ins Unterdeck. Hier sitzen bereits andere Schulabgänger angeschnallt auf ihren Plätzen.

„Start ist in acht Minuten“, sagt eine Frau neben mir. In ihrer bunten Uniform lächelt sie mich an und flüstert mir noch zu: „Meine Tochter lernt so fleißig. Im nächsten Jahr wird sie auch dabei sein.“

Ich bekomme Panik. Ich will das alles nicht. Ich muss hier weg. „Ich muss aufs Klo. Bitte, wo ist das hier?“ frage ich sie so harmlos, wie ich es kann.

Sie geht mit mir in den Gang und zeigt auf eine Tür.

„Dort hinten links. Wenn du fertig bist, kommst du schnell zurück und schnallst dich auf einem Sitz an. Beeil dich, wir starten gleich.“

Ich laufe den Gang hinunter und sehe plötzlich einen beleuchteten Pfeil. “Schleuse – Notausstieg“, steht darauf. Ich blicke mich um, aber niemand ist im Gang, niemand sieht mich.

Intuitiv folge ich dem Pfeil nach rechts Richtung Schleuse.

„Weltraumanzüge: klein, mittel, groß“, steht auf einem Display an der Wand. Ungeduldig tippe ich auf mittel – bloß nicht zu klein.

Viel zu langsam öffnet sich die Schleuse und ein Anzug mit Helm und Stiefeln schwebt vor mir.

Keine Ahnung, wie man das macht, ich greife zu, steige in den Anzug, ziehe hektisch meine Schuhe aus und die Stiefel an – überall Verschlüsse, doppelt und dreifach. Es dauert ewig.

Auf einer Uhr läuft die Zeit rückwärts. Start in 60 Sekunden, 59, 58, 57 …

Jetzt noch schnell den Helm. Er passt – super.

Ein Sprung aus dem Weltall bis hinunter auf meinen Planeten Mycra ist gefährlich. Daran darf ich jetzt nicht denken. Ich muss, nein, ich WILL es wagen! Schade um meine schönen Schuhe, ich lasse sie in der Schleuse zurück. Vielleicht freut sich Ellie darüber, falls sie sie findet.

Ich drücke die Tür nach draußen auf und bete, dass der Fallschirm sich öffnet. Dann springe ich.

2 Fabian

Ich lebe mit ungefähr zweihundertzwanzig Gardinen auf dem Miniplaneten Citrus, ziemlich am Rande der Milchstraße.

Aber ich bin die einzige grüne Gardine unter all den anderen. Sie benehmen sich wie Chamäleons, wenn sie so im Gestrüpp herumstehen, in ihrer Gestrüpp-Farbe, und glauben, ich erkenne sie nur, wenn sie mal niesen – völlig gaga.

Deshalb bin auch weg von da.

Und das ist solch ein Gefühl von Freiheit. Ich kann es euch kaum beschreiben. Gestern Abend habe ich mich spontan bei „Beschütze die Galaxie“ beworben. Das sind die Guten aus der Milchstraße. Ich habe geschrieben: „Hallo, ich heiße Gardine und mein größter Wunsch ist es, unsere Galaxie zu beschützen“, und es hat sofort geklappt. Das war alles.

Sie haben mir Ivo geschickt, ein nettes Raumschiff, was mich jetzt ins Trainingslager fliegt, damit ich noch schnell was lerne, bevor es richtig losgeht. Ich bin ja so aufgeregt.

„Gardine, du darfst mich auch mal steuern“, sagt Ivo plötzlich.

„Und, und, und … wie geht das?“

„Ganz ruhig. Lege einfach deine Hände vor dir aufs Pult und bewege sie vorsichtig.“

„Ist gut, Ivo.“ Ich traue mich kaum, schiebe meine Hände etwas vor und wieder zurück. Ivo wird schneller und wieder langsamer.

„Klappt prima, Ivo.“ Ich schiebe meine Hände nach rechts, und wirklich, Ivo zieht nach rechts rüber. Das gefällt mir. Mal sehen, ob ich ihn überraschen kann.

„Pass auf, Ivo!“ Ich drehe meine Hände im Kreis herum, so als ob ich Sahne schlage.

„Iiiiiiiieh!“, schreie ich. Wir drehen uns wie in einem Karussell. Ich kralle mich am Sitz fest.

Peng! Plötzlich knallt es laut. Vor Schreck falle ich vom Sitz und rolle in die Ecke. Schnell mache ich die Augen zu und verschränke die Arme über meinem Kopf.

„Oh nein!“, ruft Ivo und trudelt langsam aus.

„Was ist passiert?“, frage ich.

„Schnall dich an, Gardine, wir müssen hinterher!“

Ich hopse wieder auf meinen Sitz, und – wirklich: Da ist ein mit Sternschnuppen gemusterter Anschnallgurt. Wie konnte ich den nur übersehen?

„Wo genau müssen wir denn hinterher?“, frage ich und lege mir den Gurt um. Wow! Durch die Panoramascheibe schaue ich direkt hinaus ins unendliche Weltall. Es sieht aus wie im Märchen: schwarzes Glitzern auf schwarzem Samt mit ab und zu hingeworfenen Goldstaubsplittern. Aber hauptsächlich sehe ich einen Lichtschweif vor mir, der vor uns davonfliegt. Es wirkt fast, als ob er Angst vor uns hätte.

Auf dem Pult leuchtet eine knallbunte Karte auf.

„Gardine, was siehst du auf der Sternenkarte?“

„Da rasen zwei leuchtende Punkte.“

„Das sind wir und der Schuss, den du durch das Drehen ausgelöst hast. Was siehst du noch?“

„Da ist ein … ein ganz großer Punkt, ein Planet.“

„Wie heißt er, Gardine? Wie weit ist er entfernt?“

„Moment, die Schrift ist so klein, ich muss mich runterbeugen … Er heißt: Iguanapapa. Und die Entfernung … Ich erkenne eine 2, eine 4, eine 8 und eine 16. Also 24816, was immer das bedeutet.“

Bsst, bsst, bsst.

„Was war das für ein Geräusch, Ivo?“

„Mein Computergehirn. Ich habe es ausgerechnet. Wir haben Kontakt in 2 Minuten, 48 Sekunden und 16 Hundertstel. Jetzt müssen wir noch schneller fliegen. Wir müssen den Planeten retten. Hilf mir. Unter dem Pult ist ein Not-Gaspedal. Tritt drauf, was das Zeug hält.“

„Wirklich volle Pulle?“

„Ja, los, los, los, Gardine!“

„Meine Beine sind zu kurz, ich komme nicht ran.“

„Schnall dich ab und spring einfach drauf!“

„Der Gurt klemmt.“

„Gardine!“

„Jaa, ich habe ihn los. Ich springe jetzt, Ivo!“

Mit beiden Füßen gleichzeitig ramme ich das Gaspedal bis auf den Boden durch. Ivo beschleunigt ins Unermessliche. Ich kralle mich am Pult fest, kneife meine Augen zu und fange an zu zittern.

„Was siehst du auf der Karte?“, fragt Ivo ungeduldig.

Sofort reiße ich die Augen wieder auf.

„Warte … da steht eine 1, eine 1, eine 1 und eine 22. Also genau 1 Minute, 11 Sekunden und 22 Hundertstel, Ivo. Du brauchst das nicht extra zu rechnen.“

„Gardine, wir müssen abdrehen, sonst explodieren wir auch.“

„Wieso? Was soll denn explodieren? Nein, Ivo. Was ist mit den Bewohnern von Iguanapapa?“

„Da leben nur Roboter, sonst niemand. Hilf mir beim Wendemanöver.“

„Auf der Karte blinkt es grün, es gibt Lebewesen auf Iguanapapa. Ich bin nicht völlig doof, weißt du?“

Zu Hause habe ich unzählige Wissensbücher gelesen, alles über Raumschiffe und Planeten, was es gab. Es gibt immer ein Handschuhfach. Immer! Ich greife unter das Pult, öffne das Handschuhfach, ziehe das Handbuch für Notfälle heraus, blättere es mit schnellen Fingern durch, wie ein Daumenkino, und dann habe ich es.

Der LEBENSRETTUNGSSCHLEIM! Er rettet und schützt alles, was lebt.

„Ivo, wir müssen den Lebensrettungsschleim aktivieren. Wie geht das?“

„Ich kenne keinen solchen Schleim, nie davon gehört, Gardine.“

„Es muss einen Knopf dafür geben. Wo sind deine Knöpfe, Ivo?“

„Es gibt nur zwei rote Knöpfe, einen links und einen rechts von dir.“

Ich schaue kurz auf die Karte, es erscheinen Zahlen: 0, 3, 0, und der Rest. Links von mir ist ein roter Knopf, rechts ist ein grüner Knopf. Ich denke doppelt so schnell wie sonst: Ivo ist rot-grün-blind. Für ihn sehen beide Knöpfe also gleich aus.

„Ivo, wofür sind die roten Knöpfe?“

„Das sind die Fluchtknöpfe. Wenn du einen drückst, nehmen wir eine Abkürzung durch ein Wurmloch ins Ungewisse, wir sind dann …“

Mehr muss ich nicht wissen. „Festhalten, Ivo!“

Ich drücke den grünen Knopf.

Ich kann nicht mehr warten.

Dann drücke ich den roten Knopf.

Es gibt kein Zurück.

„Fabian, bitte gib mir sofort dieses bunte Buch. Bei mir wird so ein Quatsch nicht gelesen.“

Ich bin völlig überrascht, kann aber trotzdem noch reagieren: „Herr Physik, das ist wissenschaftliche Zukunftslektüre. Die reinste Bio-Physik.“

Doch mein Lehrer nimmt mir bereits das Buch aus der Hand. „Was liest du da eigentlich?“ Er schaut auf den Titel: „Gardine im Weltall. Am Ende des Schuljahres kannst du es dir wieder abholen, Fabian. So, und jetzt geht der Unterricht los.“

3 Pynki

Ich rase auf Mycra zu, mit dem Kopf zuerst. Die Geschwindigkeit ist unglaublich, ich falle immer schneller, gleich wird mir schwindelig. Ich schlucke die Angst hinunter und schließe die Augen.

Ich muss ruhig atmen. Einatmen, ausatmen – Pause, und nochmal. Einatmen, ausatmen – Pause. Dann öffne ich die Augen wieder und schaue auf den Höhenmesser am Ärmel. Ich bin genau 98 Kilometer über meiner Schule. Also bin ich jetzt in die Atmosphäre hineingefallen.

Der Fallschirm! Wann muss ich ihn ziehen? Hoffentlich funktioniert er. Neue Ablesung: 91 Kilometer über Grund.

Der Helm drückt, ich muss mich drehen, muss mit den Füßen nach unten fliegen. Wie kriege ich das nur hin? Ich nehme Schwung und wedele mit den Armen. Viel zu doll drehe ich mich im Kreis. Ich trudele immer schneller. Ich muss das stoppen, bloß wie?

Erstmal langsamer atmen. Ein … aus, ein … aus.

Vielleicht hätte ich nicht springen sollen.

Noch acht Minuten bis zum Aufprall. Der Raumanzug ist so weich und windig … samtig … wie ein … Federbett … ich fliege … ich schwebe … ich träume …

Mamam, wo bist du?

Fabian, werden wir uns wiedersehen?

… ich … ich … schlafe … werde … ohnmächtig … endlich … atmen … ich … atme … ein … und … aus …

Bin ich ohnmächtig geworden? Ich merke nichts mehr, bin bewegungslos im freien Fall.

Plötzlich umschlingt mich etwas – etwas Gelbes? Ich sehe es kaum, aber ich spüre es.

Gelb ist meine Lieblingsfarbe, das war sie immer. Gelb ist so schön. Aber wer oder was hält mich da fest? Träume ich? Ist das real?

Aber ich spüre es doch. Wir bremsen ab, werden langsamer – noch langsamer, als ob wir schweben. Ich atme ein und aus.

„Pynki, wach auf! Wir sind gleich am Boden.“

Wer spricht da? Ich höre eine Stimme.

„Pynki, aufwachen! Du musst jetzt wach werden!“

Ich werde geschüttelt, hin und her. Ich öffne die Augen – ich bin immer noch in dem Raumanzug und habe den engen Helm auf.

„Pynki, wir müssen uns vorbereiten. Jetzt! Komm schon, Pynki.“

Ich sehe Wasser unter mir, bin sofort gleich hellwach und spanne meinen Körper an. Wir platschen voll rein. Die Stiefel dämpfen den Aufprall, wir gehen schnell unter, immer tiefer. Luftblasen strömen um uns herum.

Ich versuche umständlich, nach oben zu schwimmen. Keine Chance, mein Anzug ist zu schwer, die Stiefel sind zu schwer, ich bin zu schwer.

Noch einmal greifen mich die gelben Arme und ziehen mich wieder nach oben. Zusammen mit hunderten von Luftblasen stoßen wir durch die Wasseroberfläche. Ich atme vor Freude doppelt so schnell.

Dann zieht das Monster mich mit sich und schwimmt mit mir zum Ufer. Meine Arme baumeln schlapp im Wasser, ich kann sie kaum heben. Welle hoch, Welle runter, Welle hoch, Welle runter. Ich habe das Gefühl für Zeit verloren, aber irgendwann spülen die Wellen uns endlich an Land und wir kriechen auf den Strand.

Ich kann nicht mehr, bleibe einfach liegen, wo ich bin.

Vorsichtig öffnet es die Verschlüsse und nimmt mir den Helm ab. Jetzt kann ich es richtig sehen. Es hat mir eben das Leben gerettet.

Ich bin so froh, dass es hier ist. Mir kommen die Tränen. Ich weine. Ich heule, wie selten in meinem Leben.

Ich lebe noch.

Ich kann es kaum glauben. Alleine, ohne es, wäre ich jetzt tot – hätte es nicht geschafft.

„Pynki, du hast großes Glück gehabt, weißt du das?“

„Ja. Du bist mein Glück, danke.“

„Du warst so verdammt schnell, das war echt knapp. Mach sowas nie wieder, hörst du?“

„Nein, bestimmt nicht. Ich verspreche es dir, gelbes Glücksmonster.“

„Du weißt, dass …?“

„Ja, ich weiß, danke, danke, danke, Glücksmonster. Nur einmal im Leben kann man von einem wie dir gerettet werden. Das ist die galaktische Regel. Von nun an habe ich kein Extraleben mehr. Trotzdem danke.“

„Gern geschehen. Dafür bin ich da.“

„Glücksmonster, bitte: kannst du mir noch einmal helfen?“

„Nein, Pynki, ich glaube nicht.“

„Nur ganz kurz, beim Ausziehen. Alleine kriege ich die Stiefel und den Raumanzug nicht aus.“

„Wenn es nur das ist. Ausnahmsweise.“

Zehn Minuten später – das Glücksmonster ist bereits lautlos verschwunden – fühle ich mich schon besser. Ich habe einen Energieriegel gegessen, den Raumanzug und den Helm hinter einer Düne versteckt und krame den unversehrten Brief von der Ynterstella-Schule hervor. Neugierig schaue ich in den Brief und entdecke in der Ecke ganz hinten einen rostigen Schlüssel und eine Adresse: Am Kanal 42.

Normalerweise hätte ich erwartet, dass mein Raumschiff im Technikpark von Bjyjo steht. Ich schaue nochmal auf den Code: Ö4alt. Na, gut.

Nachdenklich laufe ich über die Dünen und Richtung Straße. Die Stiefel habe ich wieder angezogen, barfuß gehen kitzelt mich einfach zu sehr. Ich komme an einer Grundschule vorbei und sehe von dort schon das Schild der Bushaltestelle. Ich muss jetzt unbedingt sofort zu meinem Raumschiff, um es auszuprobieren. Bald werden die Beschützer der Galaxie merken, dass ich fehle. Aber selbst, wenn. Wahrscheinlich werde ich ihnen egal sein, bei den vielen, vielen anderen Schülern, die sie noch einsammeln wollen. Ich hoffe es.

Die Sonne strahlt so herrlich, als wäre der Sommer schon da, und einen Bus kann ich weit und breit nicht erkennen. Ein Mädchen mit roter Mütze und karierter Umhängetasche schaut mich an, als ob ich eine Schnecke im Haar hätte.

„Hallo, Kleine“, spreche ich sie an, „Weißt du, wann hier der nächste Bus kommt?“

„Ich heiße nicht ‚Kleine‘, sondern Karo, und du hast da eine Raupe auf dem Kopf.“

„Iiih!“ Ich fasse entsetzt nach oben und halte tatsächlich eine schillernde Raupe in meiner Hand.

„Raupen sind schöne Tiere“, sagt Karo.

„Naja, geht so“, sage ich, „Willst du sie haben?“

Karo öffnet bereits ihre karierte Tasche und hält sie mir entgegen. „Du kannst sie zu den anderen tun“, sagt sie und grinst mich mit einer Zahnlücke an.

In ihrer Tasche krabbeln ein eckiger Knautschkäfer und ein runder Milchmolch, die anderen kenne ich nicht. Vorsichtig lasse ich die Raupe in die karierte Tasche wandern. Ich bin froh, sie loszuwerden.

Karo beugt sich vor und blinzelt ihre Krabbeltiere glücklich an. „Ich bringe dich zu mir in den Garten, da wird es dir gefallen“, nuschelt sie in ihre Tasche.

Plötzlich verschwindet die Sonne hinter einem großen Schatten. Es rattert und brummt und mit einem Zischen gehen zwei Türen auf.

„Wollt ihr mitfahren, oder weiter auf die Zukunft warten?“, fragt der Busfahrer.

„Wir wollen …“, mir fällt keine passende Antwort ein.

„… bis zu den Sternen“, freut sich Karo.

„Die Sterne sind in ihrer Vielzahl unendlich. Bis dahin schaffe ich es heute nicht mehr“, sagt der Busfahrer. „Aber bis zur Endstation könnt ihr gerne mitfahren.“ Dann lacht er und schüttelt sich ausgiebig.

Wir setzen uns ganz hinten auf die leere Sitzbank.

„Sag mal Klein – äh Karo, wozu sammelst du diese Tiere eigentlich?“

„Wenn ich genug zusammen habe, möchte ich sie zu einem Exoplaneten bringen, das ist ein Planet außerhalb unseres Sonnensystems. Den können sie dann besiedeln“, erklärt sie mir eifrig.

„Oh, das ist ja … toll … Und wie viele hast du schon?“

Karo seufzt und fasst sich konzentriert an die Nase. „Also es sind: Eins, zwei, bilblil zehn. Eins, zwei, bilblil zehn. Eins, zwei – es sind zehn!“

„Aha, und wie …?“

„Wie heißt du eigentlich?“, fragt Karo mich dazwischen.

„Pynkinella, aber du kannst Pynki zu mir sagen.“

„Hast du auch Tiere?“

„Nein, aber gleich ein Raumschiff.“ Das platzt so aus mir raus.

Karos Augen werden immer größer. Ihr Gesicht bekommt Farbe. „Passen da auch … zehn Tiere und ich mit rein?“

„Ich, ich weiß gar nicht, ob es überhaupt fliegt“, winde ich mich. „Ich habe es ja noch nicht einmal gesehen.“

„Wo ist es denn? Fährst du es dir angucken? Kann ich mitkommen? Ist es noch weit? Wann sind wir da?“ Karo klebt schon fast an meinem Mund.

Was soll ich ihr antworten?

„Musst du nicht nach Hause?“

„Nein.“

„Musst du nicht vielleicht deine, ähm, Tiere aus der karierten Tasche in deinen Garten …?“

„Nein.“ Dann überlegt sie kurz. „Aber wir könnten die anderen ja aus dem Garten holen und auch gleich mitnehmen.“

„Karo, ich …“

„Bitte, Pynkinellili!“

„Sowas ist total verboten. Tiere auszusetzen. Sie brauchen spezielle Nahrung. Weißt du überhaupt, wie lange so ein Flug dauern würde?“

„Nein. Ich merke schon, du willst uns nicht mitnehmen. Du magst überhaupt keine Tiere.“ Damit steht Karo auf und geht zur Tür. Sie drückt den Halteknopf und dreht das Gesicht von mir weg. Ich soll wohl nicht sehen, wie ihr die Tränen laufen. Der Bus fährt bereits langsamer, gleich wird er halten.

Ich schaue aus dem Fenster. Geht es dort nicht zum Heim für Kinder aus problematischen Familien oder so ähnlich? Mist! Aber ich kann sie unmöglich mitnehmen. Wenn das rauskommt, riskiere ich schon wieder meinen Flugschein, den ich noch nicht einmal kleingefaltet habe. Es geht einfach nicht, ich muss … Also, schön. Ich stehe auf und berühre Karo an der Schulter.

Karo dreht sich zu mir um. Ihre Augen blinzeln zornig, aber ihr Mund lächelt einen Hauch. Der Bus hält, die Türen gehen auf.

„Gut Karo, ich nehme dich mit. Wenn du dich benimmst, kannst du …“

„… auch zu den Sternen fliegen?“

„… ein Foto vom Raumschiff machen. Wäre das was?“

Wir setzen uns wieder. Karo sagt die ganze weitere Fahrt kein Wort, aber immerhin weint sie nicht mehr.

4 Fabian

Mein Lehrer, Herr Physik, sieht aus wie ein Forscher, der in achtzig Tagen die komplette Physikwelt mit uns bereisen möchte. Wehende Haare, immer in Eile, immer einen Versuch zur Hand. Nun zeichnet er einen schwarzen Kreis auf die digitale Tafel der Bilderbuchschule in Berlin und malt ihn schwarz aus.

„Macht eure Smartphones aus, schließt die Türen und haltet eure Stoppuhren bereit.“

Ich mache die eine Tür zu und setze mich gleich wieder auf meinen Platz daneben. Heute hat er zweihundert Spiegel überall im Schwarzlichtraum verteilt und millimetergenau ausgerichtet, um uns damit die Lichtgeschwindigkeit zu demonstrieren.

„Beobachtet ganz genau das Licht, wenn es zweihunderttausendmal quer durch den Raum reflektiert wird. Messt die Zeit so lange, bis ich den Lichtstrahl mit meiner silbernen Taschenuhr ablenke und er im Ziel, im schwarzen Loch an der Tafel, ankommt.“

Herr Physik dimmt das Licht im Raum auf tiefschwarz herunter und beginnt mit dem Countdown:

„Zehn, neun …“

Mein Blauband am Handgelenk fängt plötzlich an zu leuchten. Die Kristalle … das muss Pynki sein.

„Acht, sieben, …“

Das passiert nur einmal im Monat …

„Sechs, fünf, …“

… ich muss rangehen, nur wie?

„Vier, drei, …“

… schnell raus, ich husche zur Tür …

„Zwei, …“

… öffne sie einen Spalt …

„Ei…“

… zwänge mich hindurch …

„ns …“

… und drücke sie leise zu.

„Null.“

Ich hoffe, dass mich niemand bemerkt hat, und laufe den langen Flur hinunter.

„Hey, Pynki, schön dass du anrufst, ich hatte mein Blauband die letzten drei Monate verbummelt. Total blöd, es tut mir sooo leid. Soll ich dir sagen, wo es war? Du glaubst es nicht, es war im …“

„Fabian, hier ist Rotko.“

„Rotko? Da freue ich mich aber – auch, irgendwie.“ Ich hatte Rotko das Hellblauband gegeben, vor einem Jahr. Er hat mich seitdem noch nie angerufen.

„Pynki ist verschwunden, Fabian.“

Ich springe durch die Schultür auf den Schotterweg ins Freie, es knirscht laut, ich verstehe kaum ein Wort und setze mich auf die erstbeste Bank.

„Was hast du gesagt, Rotko? Pynki ist verwundert? Das kann gut sein. Ich wollte mich öfter melden.“

„Fabian, wir können von hier aus leider nichts tun. Wir sind auf einer Mission. Ich versuche, dir Pflopper zu schicken – allerdings muss ich ihn erst finden.“

„Aha.“ Wieso das? „Ich verstehe nicht ganz.“

„Mach dir keine Sorgen, wir – krrks, tüt – tüüt.“

Ich schüttele mein Armband: „Rotko, bist du noch da?“ Nichts, kein Ton. Rotko ist nicht mehr zu hören. Ansonsten scheint ja alles in Ordnung. Weil Rotko mit mir gesprochen hat, kann ich Pynki jetzt nicht mehr anrufen. Das Blauband ist zwar toll, aber total bescheuert. Es funktioniert jeden Monat nur einmal. Heute ist Montag, der 25. Mai. Noch sieben Tage bis zum Juni …

Zurück zu Physik will ich nun nicht mehr. Ich gehe ins Café Sahne gegenüber der Schule und setze mich mit einem frischen Drachenblut-Tee ans Fenster. Der Tee ist heiß und stark und ich trinke ihn schnell aus. Minutenlang dran nippen ist nicht so mein Ding. Wie nebenbei sehe ich einen seltsamen Typen ins Café kommen. Er blickt sich um, sieht mich und setzt sich an meinen Tisch. Huch! Kenne ich ihn irgendwoher?

„Hi Fabian. Du lebst noch?“, fragt er gequetscht.

Der Typ trägt einen rosa Knittermantel, ein rosa Hemd, eine rosa Hose und einen rosa Schlapphut. Völlig seltsam. Dann fällt mir seine grüne Krawatte ins Auge.

„Grünling, du siehst ja total anders aus. Was machst du hier?“

„Dich vorwarnen. Gleich beginnt ein neues Abenteuer. Mach da bloß nicht mit, Fabian. Das ist viel zu gefährlich. Zwei Nummern zu groß.“

„Und wo kommst du her, Grünling? Magst du was trinken?“

„Okay. Elf Minuten haben wir noch. Ich nehme einen Monstertee ohne Zucker.“

Ich bestelle für ihn den Tee. „Grünling, bist du jetzt offiziell ein Glücksmonster? Hast du es geschafft?“

Grünling schaut mich genervt an. „Fabian, es gibt wichtigere Dinge im Leben, als ein Glücksmonster zu sein“, sagt er und streicht sich seine Krawatte glatt, obwohl sie gar keine Falten wirft.

Achtung Fettnäpfchen. Ich weiß genau, dass es sein größter Wunsch war, ein Glücksmonster zu werden. Ich wechsele lieber das Thema.

„Das ist ja ein Zufall, genau vor ein paar Minuten hat mich Rotko angerufen …“

„Glaub ihm kein Wort, Fabian! Er weiß nicht, was er redet. Pynki ist so gut wie gar nicht im All verschwunden. Du brauchst sie nicht suchen. Pynki hat schließlich auch das Recht auf ein bisschen Privatsphäre …“

Das klingt alles etwas schräg in meinen Ohren. „Was ist denn mit Pynki genau passiert, Grünling? Erzähl du es mir.“

Die freundliche Lilo bedient heute und bringt den Tee. Wenn man als Schüler mal kein Geld hat, reicht es auch, wenn man beim Abwaschen mithilft.

„Danke, Lilo“, sage ich und Grünling saugt den Tee gierig ein, als hätte er seit Tagen nichts mehr getrunken. Er setzt den Schlapphut ab und sofort ragen seine grünen Trichterohren aus dem hellgrünen Fell hervor.

„Pynki ist mit einem Raumschiff abgehauen. Keiner weiß wohin, keiner weiß, wo sie jetzt ist. Aber sie ist noch da, irgendwo in der Milchstraße. Kriege ich noch einen Tee?“

Grünling wirkt ziemlich nervös. Was ist denn heute mit ihm los?

In diesem Moment sehe ich einen Schatten auf das Café zukommen, obwohl sich draußen überall heller Sonnenschein mit Lichtgeschwindigkeit durch die Luft bewegt. Dieser Schatten ist noch schneller, ich ahnte es. Ich springe auf und reiße Grünling im letzten Moment vom Stuhl.

Mit einem Geräusch, wie wenn man Schneebälle zusammenpappt, drückt etwas an die Fenster des Cafés. Wir kauern auf dem Boden und erwarten jeden Augenblick, dass die Scheiben in tausend Scherben zersplittern werden. Aber nichts dergleichen passiert.

Vorsichtig richten wir uns wieder auf und starren nach draußen. Türkisblau mit aufgesprühten orangen Streifen in Wellenform, dazu mit dreireihig angeordneten, eingedellten goldenen Schuppen, erkennen wir sofort das bunteste Raumschiff, das je auf der Erde gelandet ist.

„Pflopper!“

Noch bevor ich genauer darüber nachdenke, rennen wir raus zu ihm.

„Wie geht es dir, Pflopper?“, möchte ich wissen.

„Schlecht. Ich konnte gerade noch bremsen. Jetzt brauche ich …“

„… eine Pause? Kein Problem. Wir finden bestimmt einen Schuppen, in dem du schlafen kannst“, schlägt Grünling vor.

„… eine Stärkung, stimmts? Wie wäre es mit fünf Kilo Zucker …?“, vermute ich.

„… ohne Tee, Kaffee und Milch. Aber, bitte mit etwas Honig, wenn möglich!“, strahlt Pflopper.

Lilo ist echt süß, sie schenkt uns den Zucker mit einem Glas Lindenblütenhonig dazu und möchte dafür nur ein Foto zusammen mit Pflopper haben.

Für Grünling kein Problem. Er dirigiert Lilo links neben Pflopper, und sie legt vorsichtig eine Hand auf dessen goldene Schuppen.

„Cool!“, sagt Grünling, drückt viermal auf den Auslöser und reicht Lilo das Smartphone wieder zurück. Sie grinst und Pflopper wird leicht rot.

Plötzlich höre ich in der Ferne eine Polizeisirene.