Fragen an das Universum - Neil deGrasse Tyson - E-Book

Fragen an das Universum E-Book

Neil deGrasse Tyson

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Beschreibung

Wie hat das Leben begonnen? Welchen Platz haben wir im Universum? Sind wir allein? Astrophysiker Neil deGrasse Tyson beantwortet die wichtigsten philosophischen Fragen über das Universum – auf Basis der aktuellsten Daten, Beobachtungen und Theorien. Die Komplexität des Kosmos und die Bausteine der Astrophysik für Leser aller Altersgruppen inspirierend und verständlich erklärt. Illustriert mit verblüffenden Fotos und Grafiken.

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Computersimulation vom Zusammenstoßzweier Schwarzer Löcher.

IMPRESSUM

Verantwortlich: Susanne Caesar

Übersetzung aus dem Amerikanischen:

Dieter Löffler

Lektorat: Dr. Juliane Braun

Korrektorat: Constanze Lüdicke

Satz: A flock of sheep, Marcus Taeschner

Umschlagadaption: Sophie Schillo

Herstellung: Bettina Schippel

Printed in Slovenia by Florjancic

Unser komplettes Programm finden Sie unter

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In diesem Buch wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und andere Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Reprodutionen, Speicherungen in Datenverarbeitungsanlagen oder Netzwerken, Wiedergabe auf elektronischen, fotomechanischen oder ähnlichen Wegen, Funk oder vortrag, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Copyrightinhabers.

NATIONAL GEOGRAPHIC and Yellow Border Design are trademarks of the National Geographic Society, used under license.

Titel der englischen Originalausgabe: Cosmic Queries. Star Talk’s Guide to Who We Are, How We Got Here, and Where We’re Going.

Copyright © 2021 Curved Light Productions, LLC. All rights reserved. Reproduction of the whole or any part of the contents without written permission from the publisher is prohibited.

Layout Innenteil: Melissa Farris & Sanaa AkkachBildnachweis: S. 299-301

Deutsche Ausgabe veröffentlicht von NG

Buchverlag GmbH, Infanteriestr. 11a, 80797

München. Lizenznehmer von National Geographic Partners, LLC

This edition is published by NG Buchverlag

GmbH through licensing agreement with National Geographic Partners, LLC.

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-86690-780-5

eISBN 978-3-86690-811-6

Seit ihrer Gründung 1888 hat sich die National Geographic Society weltweit an mehr als 14 000 Expeditionen, Forschungs- und Schutz projekten beteiligt. Die Gesellschaft erhält Fördermittel von National Geographic Partners LLC, unterstützt unter anderem durch Ihren Kauf. Ein Teil der Einnahmen dieses Buches hilft uns bei der lebenswichtigen Arbeit zur Bewahrung unserer Welt. Das legendäre NATIONAL GEOGRAPHIC-Magazin erscheint monatlich. Darin veröffentlichen namhafte Fotografen ihre Bilder und renommierte Autoren berichten aus nahezu allen Wissensgebieten der Welt. National Geographic im TV ist ein Premium Dokumentations-Sender, der ein informatives und unterhaltsames Programm rund um die Themen Wissenschaft, Technik, Geschichte und Weltkulturen bereithält. Falls Sie mehr über National Geographic wissen wollen, besuchen Sie unsere Website unter www.nationalgeographic.de.

Für alle, die neugierigund rastlos sindbei der Suchenach unserem Platzim Universum

Bioluminiszenz vor der Küste des Acadia-Nationalparks in Maine, darüber der Sternenhimmel – vereintes Leuchten in einer Fotomontage.

INHALT

Vorbemerkung des Autors

Einführung

Kapitel 1: Was ist unser Platz im Universum?

Kapitel 2: Woher wissen wir, was wir wissen?

Kapitel 3: Wie wurde das Universum, was es ist?

Kapitel 4: Wie alt ist das Universum?

Kapitel 5: Woraus besteht das Universum?

Kapitel 6: Was ist Leben?

Kapitel 7: Sind wir allein im Universum?

Kapitel 8: Wie fing alles an?

Kapitel 9: Wie wird alles enden?

Kapitel 10: Was hat das Nichts mit allem zu tun?

Danksagung

Weiterführende Literatur

Bildnachweis

Register

Über die Autoren

Die Diversität des Lebens auf der Erde: eine kolorierte Montage aus Bildern häufiger Pflanzensamen unter dem Elektronenmikroskop.

VORBEMERKUNG DES AUTORS

StarTalk ist eine US-amerikanische Talkshow, die auf mehreren Kanälen (Radio, Podcast, Fernsehen) zu Hause ist und Wissenschaft, Comedy und Popkultur vereint. In einer ihrer Sparten, den »Kosmischen Fragen«, beantworten wir während der Show Anfragen der Fans. Zu unserer Überraschung und Freude wurde dies zum beliebtesten Format. Aber die Zeit reicht nicht immer, um alles tiefgehend zu besprechen, denn darunter sind Themen wie: Wo kommt das alles her? Woraus besteht das alles? Sind wir im Universum allein? Wie wird das alles enden? Dafür braucht es ein Buch – aufgebaut und geschrieben im informativen, aber flotten Stil von StarTalk. Mein Co-Autor, Wissenschaftskollege und langjähriger Physiklehrer James Trefil schuf wichtige Grundlagen dafür und Lindsey N. Walker, Produzentin und Hauptautorin von StarTalk, arbeitete unermüdlich daran, dass das Buch den Stil des Podcasts widerspiegelt.

Ein Schaubild für ein Buch von 1719, das die alte, erdzentrierte Weltsicht zeigt.

EINFÜHRUNG

Das Universum ist ein Quell unbegrenzter Erkundungen und nimmt in unserer kollektiven Neugier einen ganz besonderen Platz ein. Das wird kaum jemand abstreiten. Zugleich ist es aber auch ein Quell unbegrenzter kollektiver Unwissenheit. Kein Wunder, dass der Himmel Heimat der meisten Götter ist, die die Menschen seit Jahrtausenden verehrten. Den Göttern gemeinsam ist die Aufgabe, all das zu kontrollieren, was uns Sterblichen geheimnisvoll erscheint und außerhalb unserer Kontrolle liegt.

In dem weiten Raum zwischen unserer großen Neugierde und den Grenzen unseres Wissens liegen eine Menge Fragen. Einige davon stellen wir uns alle – und einige von uns stellen sich alle davon. Nicht auf alle gibt es Antworten, und auch die können unvollständig oder unzulänglich sein. Für die verbleibenden Fragen können wir uns auf der Erde und im Himmel umsehen, um dann mit Zuversicht und etwas Stolz zu verkünden, dass zumindest einiges im Universum durch den menschlichen Geist erfassbar ist. Doch wir müssen uns auch demütig eingestehen, dass mit dem wachsenden Wissen zugleich auch unsere Unwissenheit zunimmt.

Fragen an das Universum wird Ihre Neugier befeuern: mit den tiefgründigsten Fragen zu unserem Platz im Universum, die je jemand stellte. Sie werden aber auch in den Strudel der Ungewissheit stürzen oder über Abgründen des Unwissens baumeln. Warum? Weil darin die wahre Quelle der Neugier liegt: im Nichtwissen – zusammen mit dem einzigen Gegenmittel, der Wissbegierde. Angetrieben werden beide durch die Methoden und Instrumente der Wissenschaft – bis hin zu den Grenzen des Weltalls.

KAPITEL 1

WAS IST UNSER PLATZ IM UNIVERSUM?

Sonnenuntergang über dem Pazifik, von der Internationalen Raumstation aus gesehen.

IST DIE ERDE EIN PLANET?

ASTRONOMIE MIT EINEM STAB

DIE PARALLAXEN-LÖSUNG

WIE GROSS IST DAS SONNENSYSTEM?

HENRIETTA LEAVITT & DIE STANDARDKERZE

GALAXIEN

MILLIARDEN & ABERMILLIARDEN

EIN LETZTES WORT

Seit Jahrtausenden versuchen wir, unseren Platz im Kosmos zu verstehen.

1

Isaac Newton und Aristoteles gehen in eine Bar. Sie diskutieren angeregt darüber, was wirklich geschieht, wenn ein Objekt auf die Erde fällt. Beide stellen sich den Vorgang vor, doch sie sehen ihn völlig unterschiedlich.

In Aristoteles’ Welt besteht alles aus vier Grundelementen: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Das Objekt besteht nur aus Erde und keinem der anderen drei Elemente. Es hat das inhärente Verlangen, ins Zentrum des Universums zu streben – aus Aristoteles’ Sicht zugleich das Zentrum der Erde. Für ihn ist es selbstverständlich, dass alle himmlischen Körper um die Erde kreisen, die selbst stillsteht. Das Objekt ist durch seine innere Natur dazu gezwungen zu fallen.

Für Newton ist es nicht wichtig, woraus das Objekt besteht, nur, dass es eine Masse hat. Er weiß, dass die Erde auf jedes Objekt auf seiner Oberfläche eine Anziehungskraft ausübt. Sein Gesetz der universellen Gravitation sagt ihm, dass alles wegen dieser Kraft auf die Erde fällt.

Er weiß zudem, dass diese Kraft bis in das Weltall reicht. Sie hält auch den Mond in seiner Umlaufbahn, der ohne das konstante Zerren der Gravitation ins All davonfliegen würde.

Aristoteles bestellt einen Retsina, Newton einen Met. Über ihren Drinks diskutieren sie, wer recht hat. Newton schlägt einen einfachen Versuch vor: Nach seiner Theorie fällt alles gleich schnell auf die Erde – vernachlässigt man den Luftwiderstand. Für Aristoteles besitzt ein großes Objekt mehr »Erde« als ein kleines und fällt daher schneller, proportional zur Menge seiner Erdelemente. Sie bitten den Barmann um einen Penny und eine Flasche Bourbon und stellen fest, dass beide trotz unterschiedlicher Masse gleich schnell fallen. Newton macht deutlich, dass die Überprüfung unserer Ideen durch Versuche der Kern wissenschaftlicher Methodik ist. Sie führt durch ihre Suche nach objektiver Wahrheit zu grundlegenden Veränderungen des Menschseins und des Verständnisses von unserem Platz im Universum. Aristoteles zahlt die Drinks und die zerbrochene Flasche Bourbon.

IST DIE ERDE EIN PLANET?

Die Kosmologie der antiken Griechen dominierte mehr als tausend Jahre das Denken über unseren Platz im Universum. Danach war die Erde die unbewegliche Mitte des Kosmos, die Heimat allen Lebens. Alle Himmelskörper, wie die Sonne und die Sterne, bewegten sich um die Erde herum. Irdische Unvollkommenheiten erstreckten sich auch nicht bis in den Himmel, Sonne und Mond galten als makellose Kugeln – die kristallinen Strukturen, die die Kugeln der Planeten besaßen, bewegten sich innerhalb anderer unsichtbarer perfekter Kugeln. Die Himmelssphären unterschieden sich von der Erde, bestanden aus einem anderen Stoff und funktionierten nach anderen Gesetzen. Die Erde war nicht wirklich Teil des Kosmos, bis Isaac Newton diese Trennung überwand und unser Planet als Teil des Universums gesehen wurde.

DAS BERÜHMTESTE GESCHEITERTE EXPERIMENT

Eines hatten Aristoteles und Isaac Newton gemeinsam: Beide glaubten, Äther – eine mysteriöse, unsichtbare Substanz – fülle den leeren Raum aus. Da Schallwellen ein Medium wie die Luft benötigen, um sich auszubreiten, nahmen die Physiker bis Ende des 19. Jahrhunderts an, auch Licht benötige ein Medium – den lichtspendenden Äther. Über Jahrhunderte erklärten die Geistesgrößen mit dem Äther das Unerklärliche. Aristoteles verkündete, die Himmelskörper kreisten in transparenten, kristallinen Sphären, in denen Äther den Zwischenraum ausfülle. Isaac Newton schlug vor, die Gravitation sei ein beständiger Strom von Äther zur Erde. Der französische Mathematiker René Descartes postulierte, unsichtbare Kräfte wie Magnetismus und die Tiden zerrten und drückten am Äther.

Doch 1887 lieferten der Chemiker Edward Morley und der Physiker Albert Michelson den ersten zwingenden Beweis gegen diese Vorstellung. Sie schlossen, wenn Äther den Raum um uns ausfüllte, müsste die Erdbewegung, würde man sie jeweils messen, durch jeweils unterschiedliche Lichtgeschwindigkeiten nachweisbar sein: wenn sich das Licht in dieselbe Richtung wie die Erde bewegt und in die entgegengesetzte Richtung. So wie wenn man die Geschwindigkeit eines Balls misst, den man von einem fahrenden Zug aus nach vorne oder nach hinten wirft. Einmal erhält man als Geschwindigkeit die Geschwindigkeit von Ballwurf plus Zugbewegung, im anderen Fall von Zugbewegung minus Ballwurf. Würde sich Licht genauso verhalten?

Um diese Frage zu beantworten und die Lichtstrahlen zu messen, erfand Michelson den Interferometer. Kein Äther war zu entdecken. Die Geschwindigkeit des Lichts blieb immer dieselbe. Dieses »gescheiterte« Experiment krempelte die Wissenschaft völlig um und führte letztendlich zur Entdeckung der speziellen Relativitätstheorie.

Ein Interferometer, wie es Michelson entwickelte.

Im Jahr 150 verfasste Claudius Ptolemäus, ein Philosoph und Mathematiker aus Alexandria, die umfassendste griechische Sicht auf das Universum, die wie vieles aus der griechischen Wissenschaft auf Umwegen später Eingang in die Lehrpläne der mittelalterlichen Universitäten Europas fand. Zuerst wurde sein Buch im Haus der Weisheit in Bagdad ins Arabische übersetzt, später brachten es Kreuzfahrer nach Spanien, wo man es ins Lateinische übertrug, die Sprache der Gelehrten. Der arabische Titel Almagest (das Größte) zeigt seine Bedeutung und seinen Einfluss.

Der Mitte des 17. Jahrhunderts in Amsterdam publizierte Himmelsatlas oder Harmonices Mundi zeigt das ptolemäische Universum mit dem System konzentrischer Umlaufbahnen der Planeten um die Erde.

Die wissenschaftliche Methode tut alles, damit man sich nicht einreden kann, dass Wahres falsch oder Falsches wahr ist.

In Ptolemäus’ Modell war mächtig was los. Die Planeten bewegten sich in kristallinen Sphären um die Erde, und die wiederum wurden von Sub- und Sub-sub-Zyklen bestimmt, den sogenannten Epizykeln. Mit der Bestimmung der Umlaufgeschwindigkeiten all der Sphären und Epizykel erklärte er die Beobachtungen griechischer und babylonischer Astronomen in den Jahrhunderten vor ihm. Er konnte auch Finsternisse und andere Himmelsereignisse vorhersagen. Das System funktionierte. Kein Wunder, dass sein erdzentriertes Modell erst 1500 Jahre später ernsthaft infrage gestellt wurde.

Im griechischen System gab es sieben Himmelswanderer: Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Sonne und Mond. Das griechische Wort für »Wanderer« ist planetes. Da die Erde nicht am Himmel zu sehen war, wurde sie nicht als Wanderer oder Planet betrachtet. Die Erde wanderte nicht in der Kristall-Sphäre mit – sie bewegte sich überhaupt nicht.

Für die alten Griechen war die Erde das fixe Zentrum des Kosmos, die Heimat allen Lebens. (Denken Sie an Aristoteles: Die fallende Flasche strebt zu diesem fixen Zentrum.) Was wir heute außerirdisches Leben nennen, hatte in ihrer Weltvorstellung keinen Platz. Alles jenseits der Erde, etwa ein Exoplanet, benötigte eine weitere »Erde« mit einer eigenen Kristall-Sphäre – einen weiteren Kosmos. Wenn so etwas existieren würde, wie könnte dann ein Objekt wie die fallende Flasche sich entscheiden, zu welchem Zentrum es streben sollte, fragten sie sich. Sie folgerten: Es kann unzweifelhaft nur ein Zentrum, eine Erde, einen Kosmos geben.

Erdaufgang am 24. Dezember 1968, aufgenommen während des Fluges von Apollo 8, der ersten bemannten Mission zum Mond. Heutige Beobachtungen aus dem Weltraum bestätigen die Wissenschaft vergangener Jahrhunderte.

ASTRONOMIE MIT EINEM STAB

Wir wissen nicht, was Sie in der Schule lernten. Aber lassen Sie uns eins klarstellen: Im 15. Jahrhundert glaubte niemand, der auch nur ein wenig Bildung besaß, die Erde sei flach oder Kolumbus fiele über die Kante, wenn er zu weit segeln würde.

Ptolemäus widmete einen Abschnitt des Almagest der Vorstellung, »dass auch die Erde als Ganzes wahrnehmbar kugelförmig ist«. Er vermerkte unter anderem, dass Sonnenfinsternisse an verschiedenen Orten um das Mittelmeer herum zu verschiedenen Tageszeiten zu sehen sind. Wäre die Erde flach, würden sie sich überall gleichzeitig ereignen. Zudem sei bei Mondfinsternissen der Erdschatten auf dem Mond immer rund. Und eine Kugel ist die einzige Form, die unabhängig vom Winkel des Sonnenlichts einen runden Schatten wirft.

ERKLÄRUNGEN DURCH EPIZYKEL

Was geschieht wirklich, wenn der Merkur sich zurück bewegt? Im Gegensatz zu dem, was Ihnen Astrologen erzählen: nichts. Der Merkur bewegt sich nicht tatsächlich rückwärts, das sieht nur aufgrund der verschiedenen Umlaufbahnen von Merkur und Erde um die Sonne so aus. Genauso wie der Zug nebenan plötzlich rückwärts zu fahren scheint, obwohl nur Ihr Zug langsam anfährt.

Zu Ptolemäus’ Zeiten erforderte die vermeintliche Rückwärtsbewegung eine Erklärung, die im geozentrierten Modell des Universums Sinn ergab. Um die periodische Rückwärtsbewegung der Planeten zu erklären, fügten die Astronomen kleinere Kreise, die Epizykel, in ihr System ein. Das sonnenzentrierte Modell des Universums vereinfachte das System und erklärte auf natürliche Weise die rückläufige Bewegung und viele andere beobachtbare Himmelsphänomene.

Epizykel innerhalb von Epizykeln: Die Modelle wurden immer komplexer.

Nach wie vor haben »Flacherdler« auf dem ganzen Erdball ihre Anhänger.

Ptolemäus hielt auch fest, dass bei einem Schiff, das wegsegelt, immer zuerst der Rumpf hinter dem Horizont verschwindet, während die Masten noch sichtbar bleiben: Das Schiff segelt also über eine gekrümmte Erde.

Diesen Belegen können wir heute noch den Rose-Bowl-Beweis hinzufügen: Menschen an der Ostküste der Vereinigten Staaten, die das in Kalifornien ausgetragene Rose-Bowl-Footballspiel verfolgen, sehen ein Stadion im Licht des Spätnachmittags, während sie selbst bereits im Dunklen sitzen. Wäre die Erde flach, würde es überall gleichzeitig finster. So bekommen auch moderne Footballfans einen Beweis dafür, dass die Erde eine Kugel ist.

Einige Jahrhunderte vor Ptolemäus war schon für den Philosophen Eratosthenes von Kyrene klar, dass die Erde eine Kugel ist. Er hatte sogar eine geniale Idee, um ihren Umfang zu messen – und das mehr als tausend Jahre vor der Erfindung des Teleskops und bevor es so etwas wie ein astronomisches Instrument gab. Seine Arbeit ist ein Paradebeispiel für das »astronomische Arbeiten mit einem Stab«. Eratosthenes wusste, dass die Sonne zur Sommersonnwende am 21. Juni in Syene, dem heutigen Assuan in Ägypten, mittags genau im Zenit stand, da ihr Licht dort bis auf den Grund eines tiefen Brunnens fiel.

Der Nachthimmel war für ungebildete Beobachter in der Antike wie die Kuppel eines Planetariums, eine Oberfläche voller strahlender Objekte. Sterne und Planeten waren am Himmel, nicht im Himmel.

EIN KÖNIGLICHES URTEIL

Als man das ptolemäische Modell des Sonnensystems Alfons dem Weisen erklärte, dem König von Kastilien, soll dieser gesagt haben: »Wäre ich bei der Schöpfung dabei gewesen, hätte ich einige nützliche Tipps für eine bessere Ordnung des Universums gegeben.«

Zur selben Zeit maß er die Länge des Schattens, den ein Pfeiler in Alexandria warf, das nördlich davon liegt. Er fand heraus, dass die Entfernung zwischen Alexandria und Syene, geteilt durch den Erdradius, in Relation zum Winkel zwischen Sonnenstrahlen und Pfeiler stand. Damals war diese Berechnung mathematisches Neuland, heute ist sie Teil des Geometrieunterrichts in Schulen. (Übrigens: Das Wort »Geometrie« kommt vom griechischen Ausdruck für »Erdvermessung«.)

Der griechische Astronom Eratosthenes verglich die Einfallswinkel des Sonnenlichts zur Sommersonnwende in einem Brunnen und an einer weit entfernten Säule und errechnete daraus mit erstaunlicher Genauigkeit den Erdumfang.

Das Ergebnis von Eratosthenes: Der Erdumfang beträgt 50-mal die Entfernung zwischen Alexandria und Syene, oder 250 000 Stadien. Diese Längeneinheit entspricht etwa 100 Metern. (Unser Wort »Stadion« stammt daher.) Leider war es kein standardisiertes Maß – damals wurden mindestens sechs verschiedene Stadia verwendet –, aber rechnet man großzügig, lag sein Ergebnis nur etwa zehn Prozent daneben. Ziemlich gut für jemanden, dessen einziges Messgerät ein Stab war.

DIE PARALLAXEN-LÖSUNG

Um unseren Platz im Universum zu erkennen, müssen wir fragen, wie groß der Kosmos tatsächlich ist. Das klingt wie eine einfache Frage. Die Entfernung zwischen Orten auf der Erde zu messen ist keine große Herausforderung. Doch im Universum führt das zu den verzwicktesten Problemen der modernen Astrophysik – der kosmischen Entfernungsleiter. Wir werden darauf noch einige Male zurückkommen.

Beginnen wir damit, dass sich unser Nachthimmel als zweidimensionales Sternenbild zeigt. Wir wissen aber, dass sich diese Lichter in unterschiedlicher Entfernung von uns befinden, der Himmel also dreidimensional ist. Das Problem ist nun herauszufinden, wie weit sie von der Erde entfernt sind.

Die Methoden und Instrumente, die für nahe Objekte geeignet sind, versagen leider bei großen Entfernungen. Auf der ersten Leitersprosse muss man sozusagen den nächsten Satz an Methoden und Instrumenten einsetzen, der weiterführt. Stößt man mit diesen an ihre Grenzen, muss man wieder die nächste Sprosse erklimmen, zu einer weiteren Methode, die funktioniert. Bei diesem »Aufstieg« verstärken sich leider auch bereits bestehende Unsicherheiten in der Messung.

Die erste Stufe der Entfernungsleiter verwendet die Parallaxe. Deren Prinzip können Sie selbst ganz simpel nachvollziehen und haben es sicher schon einmal gemacht, ohne die Bedeutung zu kennen: Strecken Sie Ihren Arm aus und legen Sie mit geschlossenem linken Auge einen Finger auf ein Objekt. Nun öffnen Sie das linke Auge wieder und schließen das rechte. Sehen Sie, wie Ihr Finger sich nach links und rechts zu bewegen scheint? Der Grund ist der unterschiedliche Sichtwinkel von jedem Auge auf Ihren Finger. Wenn Sie diese Winkel und die Entfernung von Auge zu Auge kennen, lässt sich mit ein bisschen Geometrie die Entfernung zur Fingerspitze berechnen.

Um das auf den Himmel zu übertragen, messen wir von zwei verschiedenen Orten auf der Erde die Winkel der Sichtlinien zu einem entfernten Objekt, wie einem Planeten, und die Entfernung dazwischen. Wir kennen nun wieder die Winkel und die Entfernung und errechnen damit die Entfernung zum Objekt.

Der griechische Astronom Hipparchos schätzte mit dieser Methode die Entfernung zum Mond auf etwa 60-mal den Erdradius – und damit um den Faktor zwei zu groß. (Trotzdem bewundernswert, schließlich hätte er sich auch um den Faktor 10, 100 oder 1000 irren oder gar keine Methode anwenden können.)

Die Erkundung des Kosmos ist wie das Besteigen einer Leiter: Von der ersten Sprosse sieht man bestimmte Dinge. Mit neuen Instrumenten und Methoden ersteigt man die nächste und dringt so weiter in die Tiefe des Alls vor.

BEGEGNUNG MIT DER PARSEC

Winkel werden normalerweise in Grad gemessen und ein Vollkreisist in 360 Grad unterteilt. Jeder Grad ist in 60 Bogenminuten und diese sind wiederum in 60 Bogensekunden unterteilt. Ein Stern mit einer Parallaxe von einer Bogensekunde wäre 3,26 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Dieses Konzept einer Parallaxensekunde, oder kurz »Parsec«, wurde zur geläufigen Entfernungseinheit der modernen Astrophysik – und in Weltraum-Science-Fictions wie Star Trek oder Star Wars.

Sein Versuch, die Distanz zur Sonne zu errechnen, war aber nicht so erfolgreich: Die Erde wäre demnach näher an der Sonne als der Merkur.

Doch was ist, wenn man die Entfernung zu wirklich weit entfernten Objekten wie Sternen messen möchte? Denken Sie an Ihren Finger: Je weiter er von Ihrem Gesicht entfernt ist, desto weniger verschiebt er sich, wenn Sie mit den Augen zwinkern. Wenn Sie ausfahrbare Arme hätten und den Finger auf einer Fußballplatzlänge von Ihrem Gesicht entfernt hielten, würde er sich so gut wie gar nicht mehr bewegen. Die Entfernung zwischen den Augen ist verglichen mit der zum Finger winzig, genauso der Winkel, der dann nur noch schwer zu messen ist.

Zwei Lösungen bieten sich an: 1. die Entwicklung von Instrumenten wie Teleskopen, die auch kleine Winkel messen können, oder 2. die Distanz zwischen den Augen zu vergrößern.

Das Teleskop kam schließlich. Und mit der Entwicklung der Parallaxenbeobachtung wuchs die Distanz zwischen den Augen – oder zwei Orten auf der Erde – auf den vollen Durchmesser der Erdumlaufbahn: Beobachten Sie einen »nahen« Stern vor dem Hintergrund entfernterer Sterne, warten Sie dann sechs Monate, bis die Erde auf der gegenüberliegenden Seite ihres Orbits ist, und beobachten Sie den Stern erneut. Die Verschiebung der Position des Sterns am Himmel ist die kosmische Version Ihres Augenzwinkerns. Nur bildet nun der volle Durchmesser des Erdorbits die Basislinie und nicht der Augenabstand. Aber auch diese Linie musste jemand messen.

Wenn wir den Kosmos betrachten, wissen wir nicht immer, was wir alles nicht wissen. Ich sehne mich richtig nach den Fragen, die ich noch nicht stellen kann.

WIE GROSS IST DAS SONNENSYSTEM?

Für die Bauern im Mittelalter war das Universum ein anheimelnder Ort. Der Himmel war über ihren Köpfen und Sterne und Planeten konnten nicht viel weiter weg sein als das nächste Land. Selbst als Kopernikus zeigte, dass die Sonne und nicht die Erde das Zentrum des Universums war, schien alles noch ziemlich gemütlich.

Doch das änderte sich. 1610 richtete Galilei als Erster ein Teleskop auf den Himmel, was eine Kettenreaktion an Ereignissen auslöste, die schließlich das Universum in unseren Köpfen in bis dahin unvorstellbare Dimensionen erweiterte. Für die meisten ist das Teleskop ein bahnbrechendes Instrument, weil es Bilder vergrößert und so erlaubt, weiter zu sehen. Aber es erlaubt Astronomen auch, Winkel genauer zu messen, und das steigert unsere Fähigkeit, kleine Parallaxenwinkel zu messen und somit längere Distanzen.

1672 sandte die neu gegründete Akademie der Wissenschaften Frankreichs eine Expedition nach Cayenne in Französisch-Guayana, um die Position des Mars zu vermessen. Gleichzeitig wurde dies auch in Paris gemacht. Die Expedition war zeitlich so gelegt, dass sich Mars und Erde gerade am nächsten waren. Mit den Parallaxen und der bekannten Entfernung zwischen den beiden Orten konnten die Beobachter die Entfernung zum Mars bestimmen. Und mit dieser und den Gesetzen der Planetenbewegung, die Kepler erarbeitet hatte, berechneten sie zum ersten Mal die Entfernung von der Erde zur Sonne, die sogenannte Astronomische Einheit (AE). Sie irrten sich nur um zehn Prozent. Mit diesem Ergebnis wurde das Universum plötzlich 20-mal größer und die Erde unbedeutender, als es sich jemals jemand vorgestellt hatte.

Die Europäische Südsternwarte in Chile kalibriert ihre Very Large Telescopes (VLTs) mit einem per Laser erzeugten Leitstern – die moderne Methode, um atmosphärische Turbulenzen in den Griff zu bekommen.

30 CENTS

Der Stundenlohn von Henrietta Leavitt in Harvard (heute etwa 9 Dollar).

HENRIETTA LEAVITT & DIE STANDARDKERZE

Die neuesten Weltraumteleskope messen uns die Parallaxen zu Milliarden von Sternen. Das klingt nach viel, aber sie befinden sich in einem winzigen Umkreis um die Erde und entsprechen weniger als einem Prozent unserer Galaxie. Wie misst man die Distanzen zu weiter entfernten Sternen? Oder zu einer anderen Galaxie? Dafür brauchen wir die nächste Sprosse der Entfernungsleiter.

Auftritt Henrietta Leavitt, einer herausragenden Persönlichkeit in der Geschichte der Astrophysik. Die Pfarrerstochter besuchte die Society for the Collegiate Instruction of Women, das spätere Radcliffe College für Frauen, das der Harvard University angegliedert war. Nach ihrem Abschluss erhielt sie eine Stelle am Harvard College Observatory.

Damals analysierten noch ganze Teams in langwieriger Arbeit mit Bleistift und Papier die astronomischen Daten, zumeist Frauen, die man darum »Rechner« nannte. Leavitt analysierte verschiedene Kategorien Sterne, doch eine spezielle Art seltener Sterne beobachtete sie akribisch, die sogenannten Cepheiden, benannt nach dem Sternenbild Cepheus, in dem der erste dieser Art gefunden worden war. Leavitt fand heraus, dass ihre Helligkeit in Perioden von Wochen oder Monaten gleichmäßig zu- und abnimmt. Sie vermaß die Schwankungen und entdeckte, dass ein Stern, je länger sein Zyklus dauerte, umso mehr Energie ausstrahlte – und damit umso heller war.

Kennt man die Energiemenge, die ein Stern aussendet, kann man mit einer simplen Formel die Entfernung dieses Sterns berechnen, indem man misst, wie hell oder dunkel er in dieser Distanz ist.

DIE HARVARD-RECHNER

1885 stieß Henrietta Leavitt zu einem Team von Frauen am Harvard-College-Observatorium, das die mühsame Vermessung von Sternspektren durchführte. Sein Direktor, Edward Pickering, wollte, so wird berichtet, dass sie »arbeiten und nicht denken«. Er ließ die gut ausgebildeten Frauen nicht am Teleskop forschen und bezahlte sie wie ungelernte Arbeiter. Leavitts Entdeckung der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung der Cepheiden publizierte er unter seinem Namen. Leavitt erhielt zu ihren Lebzeiten nie die ihr zustehende Anerkennung.

Henrietta Leavitt

Doch zuerst benötigt man einen Cepheiden in der Nähe, um seine Entfernung via Parallaxe zu bestimmen. Danach kann man die nächste Sprosse der Entfernungsleiter besteigen. Leavitts Methode war das erste Beispiel dessen, was Astrophysiker »Standardkerzentechnik« zur Entfernungsberechnung nennen. Wenn wir über die Entdeckung der Dunklen Energie und das expandierende Universum sprechen, wird sie wieder auftauchen.

GALAXIEN

Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die Astronomen eine ziemlich gute Vorstellung vom Platz der Erde in unserer Galaxie. Mit der Standardkerzenmethode von Henrietta Leavitt bestimmte der Amerikaner Harlow Shapley die Ausdehnung der Milchstraße: enorme 100 000 Lichtjahre. Das erstaunte die damaligen Astrophysiker – und alle anderen. Die Größe des Universums wuchs mit jeder neuen Messung sprunghaft an. Shapley erkannte auch, dass die Sonne sich nicht im Zentrum der Milchstraße befindet, sondern eher am Rand, im äußeren Drittel. Das war ein Ego-Killer, vergleichbar mit Kopernikus’ Erklärung, dass die Erde nicht das Zentrum des Universums sei. Aber es kam noch besser. Die Beobachter bemerkten mit ihren Teleskopen der 1920er-Jahre auch wolkige Formen und Kleckse über dem Himmel verstreut. Einige dieser nebulae (Nebel) waren eindeutig formlose, glühende Gas- und Staubmassen – und all das lag innerhalb des gebogenen Lichterbands, das wir als Milchstraße bezeichnen.

Noch eine andere Art formloser Objekte konnte man in allen Richtungen sehen – Spiralnebel, manche von der Seite, manche gekippt und manche frontal. Sie sahen aus wie Windrädchen. Aber die damaligen Teleskope konnten darin keine einzelnen Sterne unterscheiden.

Ein Lastwagen fuhr 1917 den 4,5 Tonnen schweren 2,54-Meter-Spiegel die Schotterstraße hinauf auf den Berg. Mit dem damals weltgrößten Teleskop im Mount Wilson Observatory in Kalifornien bestätigte Edwin Hubble die Existenz anderer Galaxien.

$ 500 000

So viel ungefähr kostete das 2,54-Meter-Teleskop auf dem Mount Wilson – heute etwa 6,2 Millionen Dollar.

Strittig war die Natur dieser Spiralnebel. Waren sie, wie Shapley behauptete, Strukturen innerhalb der Milchstraße, so wie alles andere am Himmel? Das hieße, die Milchstraße wäre das gesamte Universum. Oder waren sie ganz eigene, unglaublich weit entfernte Galaxien, also wahre »Universumsinseln«, die in der Tiefe des Weltalls verstreut lagen? Anders gesagt: War das Universum eine einzige gewaltige Ansammlung von Sternen, die von Leere umgeben war? Oder bestand es aus zahllosen Galaxien, vergleichbar der unseren? Noch in den 1920er-Jahren gelang es, diese Frage zu beantworten. Der Philanthrop Andrew Carnegie half, das damals größte Teleskop auf dem Mount Wilson bei Los Angeles zu finanzieren, und der junge Edwin Hubble durfte es benutzen. (Ihm zu Ehren erhielt später das legendäre Hubble Space Telescope der NASA seinen Namen.) Die Auflösung dieses neuen Teleskops ermöglichte es Hubble, im Spiralnebel Andromeda einzelne Cepheiden zu identifizieren, und er konnte mit der Standardkerzentechnik Henrietta Leavitts ihre Entfernung bestimmen. Sie waren über zwei Millionen Lichtjahre entfernt – viel zu weit für einen Nebel innerhalb der 100 000 Lichtjahre großen Milchstraße. Mit dieser Beobachtung wies Hubble ein für allemal die großräumige Struktur des Universums nach: Die Milchstraße ist lediglich eine Galaxie unter vielen.

MILLIARDEN & ABERMILLIARDEN

Nun, da unser Planet im Sonnensystem und dieses in der Milchstraße verortet ist, gilt es, unsere Galaxie im größeren Universum zu verorten und womöglich die Suche nach dem Platz der Erde im Kosmos zu beenden. Als Hubble nachgewiesen hatte, dass es Galaxien gab, suchte er systematisch nach ihnen und entwickelte schließlich anhand ihrer Formen ein Klassifikationsschema.

Das Spitzer-Space-Teleskop der NASA verhalf uns zu einer Vorstellung von unserer Galaxie, der Milchstraße, mit ihren zwei großen Armen: Scutum-Centaurus und Perseus. Unser Sonnensystem liegt in einem Ausläufer dazwischen.

Es reicht von gasleeren, elliptischen Galaxien, die keine Sterne mehr bilden, bis zu großartig geformten, gasreichen Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße, in denen Sterne entstehen und sterben, die zahlreiche schwere Elemente bilden und diese in der Galaxie verstreuen.

Der Astrophysiker fürchtet das Dunkle nicht. Er weiß, dass die Nacht in einem Licht strahlt, das unsere Augen nicht sehen können.

Die meisten dieser Sterne besitzen vermutlich Planeten, die sie umkreisen. Addiert man zu diesen die Planeten, die ohne Stern durchs All wandern, kommt man in unserer Galaxie auf Hunderte von Milliarden Planeten – von denen auf einigen Leben möglich sein könnte. Nachdem wir nun wissen, dass unsere Galaxie nichts Besonderes ist, bleibt noch immer herauszufinden, wie viele Galaxien es im Universum gibt und wie weit entfernt sie sind – ein Problem, das dem der Entfernungsmessung der Sterne in unserer Galaxie gleicht. In den am weitesten entfernten Galaxien können wir keine einzelnen Sterne mehr unterscheiden. Daher reicht Leavitts Standardkerzentechnik dafür nicht aus. Wir müssen also eine andere Methode finden.

Wenige Jahre nach Hubbles Entdeckung, dass die Spiralnebel Inseluniversen sind, fand er heraus, dass sich die Galaxien voneinander wegbewegen, die entfernteren Galaxien schneller als die nahen. Wenn das Universum früher kleiner war als heute, könnte das auf einen gemeinsamen Anfang hindeuten. Auf jeden Fall dehnt die Ausweitung des Weltalls die Wellenlänge des Lichts auf dem Weg zu uns, was zu einer Verschiebung der Spektrallinien ins Rote führt – die heute bekannte »kosmologische Rotverschiebung«.

Misst man die Rotverschiebung einer Galaxie, was relativ einfach ist, erhält man die Entfernung zur Milchstraße – die nächste Sprosse der Entfernungsleiter. Doch wie schon zuvor, kann man sie nur erklimmen, wenn man eine Galaxie in der Nähe findet, die auch identifizierbare Cepheiden besitzt.

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Das Alter des Universums, plus/minus 59 Millionen Jahre.

Ab Ende des 20. Jahrhunderts vermaßen Astrophysiker mit immer stärkeren Teleskopen die Rotverschiebung im großen Maßstab, was uns eine dreidimensionale Karte der Galaxien im Universum lieferte. Am umfangreichsten war der Sloan Digital Sky Survey, der die Position von Millionen von Galaxien im Weltall katalogisierte. Den besten Schätzungen zufolge liegt die Zahl der Galaxien im beobachtbaren Universum bei 100 Milliarden, womöglich auch bei zwei- oder dreimal mehr. Es gibt also im Universum so viele Galaxien wie Sterne in der Milchstraße. Besitzt jede dieser Galaxien in etwa dieselbe Zahl an Sternen wie unsere, sehen wir im beobachtbaren Universum über 1 000 000 000 000 000 000 000 (eine Trilliarde) Sterne.

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