Frauen und Jungen - Ilka Weigand - E-Book

Frauen und Jungen E-Book

Ilka Weigand

3,8

Beschreibung

Nurturing and education in Germany is still very much in female hands. What effect does that have on boys? How can women see to it that their relationship with boys goes beyond simple care and supervision? To establish a good relationship between child care workers and boys, the female caretaker has to learn to always be aware of her limits as a woman. If we are to approach boys with open eyes and ears, we must look for a common path.

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      FRÜHE BILDUNG UND ERZIEHUNG      

Vandenhoeck & Ruprecht

Ilka Weigand

Frauen und Jungen

Eine pädagogische Herausforderung

Vandenhoeck & Ruprecht

Mit 5 Fotos, 3 Abbildungen und 7 Tabellen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-525-70132-4ISBN 978-3-647-70132-5 (E-Book)

Umschlagabbildung: Christine-Langer-Püschel / Digitalstock.de

Fotomodelle: Benedikt und Elisabeth Lohner

Fotograf: Lukas Loske

© 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Oakville, CT, U. S. A.

www.v-r.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällenbedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Printed in Germany.

Satz: SchwabScantechnik, Göttingen

Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

Inhalt

Vorwort

Einführung

1. Der Erwerb von Identität und Geschlechtsidentität bei Jungen

1.1 Junge oder Mädchen?

1.2 Das biologische Geschlecht

1.3 Das soziologische Geschlecht

1.4 Sozial-kognitive Entwicklung in Verbindung mit Geschlechtsidentität

1.5 Zusammenfassung

2. Bindung als Grundlage für Beziehung

2.1 Jungen sind das schwächere Geschlecht

2.2 Bindung in der frühen Kindheit

2.3 Männer und Jungen

2.4 Frauen und Jungen

2.5 Die Triade Mutter – Vater – Sohn

2.6 Zusammenfassung

3. Die Situation von Jungen in der Kindertagesstätte

3.1 Gesetzliche Grundlagen aus dem KJHG (Kinder- und Jugendhilfegesetz)

3.2 Empfehlungen aus dem Bayerischen Erziehungs- und Bildungsplan

3.3 Gender Mainstreaming in der Kindertagesstätte

3.4 Erzieherinnen und Jungen

3.5 Geschlechtsspezifische Jungenarbeit als Grundlage für Chancengleichheit

3.6 Zusammenfassung

Ausblick

Zur Autorin

Literatur

Vorwort

In den letzten zehn Jahren hat sich die Wissenschaft immer stärker der Fragestellung zugewandt, wie es zu einer immer deutlicher werdenden Krise der Jungen kommen konnte, die auf vielen Ebenen beobachtbar ist – beispielsweise im vielfältigen Ausdrucksverhalten sowie in gezeigten Schulleistungen. Gleichzeitig wurde der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten ins Auge zu fassen sind, um Jungen dabei zu helfen, Krisen zu meistern, zu minimieren bzw. Krisen erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Vielfältige Artikel in (über-)regionalen Zeitungen sowie unterschiedliche Beiträge in Zeitschriften thematisieren die Jungenkatastrophe. Vereinzelt rüttelten diese Beiträge zur Jungenproblematik Eltern sowie pädagogische Fachkräfte auf und sensibilisierten sie für diesen bedeutsamen Schwerpunkt.1 Die breite Öffentlichkeit – gemeint sind hier vor allem Eltern von Jungen sowie Fachkräfte im elementar- / schulpädagogischen Arbeitsfeld – scheint sich jedoch nicht besonders für diese Fragestellung zu interessieren, gemessen an der Anzahl der Fachtagungen, Kongresse oder Fortbildungsangebote. Es bleibt im Unterschied zu anderen Aspekten ein Nischenthema. Das ist nicht nur bedauerlich, sondern fachlich auch nicht nachvollziehbar! Selbst das engagierte Plädoyer von Rohrmann & Thoma (1998), eine viel deutlichere geschlechtsbezogene Pädagogik zu beachten und gleichzeitig zu realisieren, blieb so gut wie ungehört, schaut man sich selbst die Realität der pädagogischen Praxis in Kindertagesstätten an: Jungen geraten im Vergleich zu Mädchen in ihren Schulleistungen signifikant ins Hintertreffen.

Gleiches gilt für den Schulerfolg. Schon Wassilios E. Fthenakis konstatierte im Jahre 2007, dass diese Unterschiede vor allem Folge einer systematischen Benachteiligung zu den Mitschülerinnen ist. Und Matzner / Tischner (2008, S. 9) sprechen gar davon, »dass das Männliche in den letzten Jahrzehnten eine historisch bislang beispiellose Abwertung erfahren hat und erfährt«. Die Amerikanerin Christina Hoff Sommers spricht von einem »war against boys« (Krieg gegen Jungen) (2001), weil in weiblich dominierten Schulen jungentypisches Verhalten nicht akzeptiert, sondern sanktioniert, unterdrückt und in stärkster Ausprägung sogar pathologisiert wird. Dasselbe trifft auch für viele Kindertageseinrichtungen in Deutschland zu, wo eher gebastelt wird, wo Tätigkeiten an weiblichen Interessen ausgerichtet werden und wo Jungeninteressen damit auf dramatische Weise auf der Strecke bleiben müssen.

»Jungen brauchen eine geschlechtsbewusste Pädagogik, Pädagogen und Pädagoginnen mit einem differenzierten Blick auf geschlechtsbezogene Entwicklungsaufgaben, Erwartungen und Zumutungen« (Rohrmann 2007, S. 148) auch wenn Kritiker der Ausgangssituation sich vielleicht fragen, ob es denn wirklich notwendig sei, Jungen so stark in den Fokus zu setzen und ob es nicht einer »Dramatisierung von Geschlecht« (Faulstich-Wieland 1998) gleichkommt, dieses Thema mit einer so hohen Wertigkeit zu versehen. Fakt ist: Jungen und Mädchen brauchen auf der bestehenden Grundlage ihrer jeweils geschlechtsindividuellen Dispositionen unterschiedliche Herausforderungen, unterschiedliche Ausdrucksschwerpunkte und unterschiedliche Ausdrucksmöglichkeiten, um ihren besonderen personalen und geschlechtsidentischen Wert zu entdecken und zu stabilisieren. Nur dadurch wird es gelingen, dispositionale und soziokulturelle Besonderheiten zusammenzuführen.

Neurobiologische / biowissenschaftliche Erkenntnisse fordern verständlicherweise einen interdisziplinären Zugang zu diesem spannenden Thema, bei dem dogmatische Meinungen oder vehemente Abgrenzungsversuche einzelner Wissenschaftsbereiche keine Rolle spielen dürfen (Forster 2004; 2007 / Krebs, 2007). Der Austausch des »Geschlechts als biologische Tatsache« durch den Begriff des »sozialen Geschlechts« – wie es in der derzeitig viel beachteten Gendertheorie geschieht – ist als höchst problematisch anzusehen, weil damit eine neue Tatsache implantiert werden soll, die bestehende Fakten außer Acht lässt und wissenschaftliche Erkenntnisse ins Abseits drängt.

Es ist notwendiger denn je, eine fachlich tiefer gehende Betrachtung vorzunehmen, um bestimmte Bedürfnisse, Eigenarten sowie spezifische Interessen von Jungen zu erkennen und die elterliche / institutionalisierte Pädagogik darauf abzustimmen. Sarah Ebertz (in: Kinder, 12 / 2010, S. 9) formuliert es so:

Jungen sind anders als Mädchen. Keine Frage. Aber müssen sie auch anders erzogen werden? Eindeutig: ja! Jungen zeigen meist andere Interessen und Verhaltensweisen als Mädchen. Diesem ›kleinen Unterschied‹ zwischen den Geschlechtern wird man nur gerecht, indem man ihn auch bei der Erziehung berücksichtigt.

Jungen haben ein Recht darauf, nicht immer wieder bzw. immer stärker in Identitätskrisen hinein manövriert zu werden. Diese wirken sich nicht nur entwicklungshinderlich auf die Jungen selbst aus, sondern verunsichern auch Eltern und professionelle Fachkräfte. Beziehungsorientierte Machtkämpfe sind somit vorprogrammiert.

Ilka Weigand, die Autorin dieses Buches, hat sich aus drei Perspektiven dem Thema zugewandt: als Mutter dreier Söhne, als wissenschaftlich arbeitende Person und als Pädagogin, die den Wunsch hat, dass Menschen, die mit Jungen umgehen, ihren Blick für jungenspezifische Besonderheiten schärfen. Die Verbindung dieser drei Aspekte macht das Buch ganz besonders spannend, interessant, informativ und lesenswert.

Armin Krenz

(Institut für angewandte Psychologie undPädagogik – IFAP – Kiel. www.ifap-kiel.de)

Kiel, September 2011

 

______________

1   Vgl. zum Beispiel Petra Focks: Starke Mädchen, starke Jungs. 2002; Melitta Walter: Jungen sind anders, Mädchen auch. 2005; Allan Guggenbühl: Kleine Machos in der Krise. 2006; Frank Beuster: Die Jungenkatastrophe. 4. Aufl. 2007; Leonhard Sax: Jungs im Abseits. 2007; Andreas Gössling: Die Männlichkeitslücke. 2008; Thomas Rhyner/Bea Zumwald: Coole Mädchen – starke Jungs. 2008; Frank Dammasch [Hrsg]: Jungen in der Krise. 2008.

Einführung

Von den Kindern

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.

Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,

und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,denn sie haben ihre eigenen Gedanken.

Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,

denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.

Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.

Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern

(Khalil Gibran 1999, S. 16 f.).

Die intensive theoretische und praktische Auseinandersetzung mit Jungen und ihrer Sozialisation ist seit langem ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben und somit ursächlich für mein Verständnis und meine Erfahrung auf diesem Gebiet.

Aus großem Respekt vor den Herausforderungen, welche Jungen im Rahmen ihrer Sozialisation meistern müssen, möchte ich folgende Erklärung vorausschicken: Ich schreibe aus dem Blickwinkel einer Frau und mir ist bewusst, dass meine Annahmen durch meine weibliche Geschlechtsidentität gefärbt sind. Meine eigene Biografie ist mit prägnanten Stereotypen belegt. Wenn ich über Jungen und ihre besondere Beziehung zu Frauen schreibe, bin ich folglich persönlich involviert und werde authentische, lebensnahe Aussagen treffen. Als Mutter von drei Söhnen, als Pädagogin und als (Ehe-)Frau werte ich meine direkte Betroffenheit als positiven Aspekt, welcher mir eine auf Fakten und Erfahrungen basierende Analyse dieses komplexen Beziehungs- und Entwicklungsgeflechts erst ermöglicht.

Mein Ziel ist es, durch die Verknüpfung meiner persönlichen Erfahrungen mit entscheidenden Basisinformationen über Jungensozialisation, anderen Mut zu machen, das Privileg der Beziehung zwischen Frauen und Jungen als ein besonderes Geschenk zu erleben.

Besonderen Wert lege ich auch darauf, dass mit diesem Buch keine Gebrauchsanweisung für Jungen entstehen soll. Das Gegenteil ist der Fall. Jeder Junge, jedes Mädchen ist genau wie jeder Mann und jede Frau eine einzigartige, individuelle Persönlichkeit. Den Blick zu schärfen für die jeweiligen Besonderheiten, die Jungen ausmachen können, ist das Ziel dieser Literatur. Wenn es gelingt, Jungen feinfühlig zu verstehen, und ihre Entwicklung sicher deuten zu können, dann bedarf es eigentlich nur noch einer klaren Ausdrucksweise, gepaart mit dem Wissen darum, dass auch harte Auseinandersetzungen positive Beziehungsarbeit sind.

Ich möchte Männer explizit dazu auffordern, dieses Buch für sich als Informationsgeber zu nutzen. Jungen orientieren sich im Allgemeinen mental und körperlich an ihrer Wesensverwandtschaft zu Männern. Ich werde aufschlussreiche Einblicke in das Beziehungsgeflecht zwischen Jungen und ihren männlichen und weiblichen Bezugspersonen aufzeigen, die unter anderem dazu auffordern, den Teamgedanken zwischen Mann und Frau im Rahmen der Jungensozialisation weiterzuentwickeln.

Die Realisierung einer Win-win-Situation zwischen Frauen und Männern in der Gestaltung der Beziehung zu Jungen unterstützt eine positive Entfaltung für die Kinder auf dem Weg ins Erwachsenenleben und gleichzeitig die Entwicklung der Geschlechtergerechtigkeit.

Ich werde die Vielfalt und Ungewissheit der Lebenswelt von Jungen und Männern beleuchten, die innerhalb der Emanzipationsbewegung der Frauen bisher kein eigenes Profil entwickelt hat. Sich dieser Lebenswelt innerhalb des eigenen Sozialisationsprozesses zu stellen, verlangt großen Respekt. Der Anteil, welchen die Frauen und Mütter an dieser Vielfalt und Unsicherheit verantworten, ist groß.

Bis heute befinden sich Frauen in der absurden Situation, die Entwicklung von Jungen aufmerksam und liebevoll zu begleiten und gleichzeitig zu ahnen, dass sie die Schlüsselkompetenzen für ein glückliches Mann werden nicht ausreichend weitergeben können.

Jungen und Männer sind in unserer Zeit ohne Vorbilder und wissen – im Gegensatz zu den emanzipierten Frauen – nicht sicher, welche Rolle sie im Leben ausfüllen sollen und werden. Die Gestaltung der Beziehung ist somit für die Frau in zweifacher Hinsicht äußerst schwierig. Zum einen ist es nicht ausreichend und sogar schädlich für die Sozialisation der Jungen, wenn sie ihr feminines Lebenskonzept unreflektiert an das andere Geschlecht weitergibt. Zum anderen ist es schwierig für die Frau, die Beziehung zu den Jungen über den entscheidenden Zeitpunkt hinaus aufrecht zu erhalten. Der Zeitpunkt, an dem die Jungen erkennen: »Ich bin nicht die Mama!«.

Dank

Mit Dank an meine Söhne: Julian-Lennart, Marian und Jannis, an meine Eltern, die sich mit Respekt als Mann und Frau begegnen und an die Männer, die mich durch ihr individuelles Mann sein beeindruckt haben: Thomas Klocke, Christian Sperl und Dr. Michael Frick.

Ebenso danke ich Dr. Armin Krenz, der mich mental unterstützt hat dieses Buch zu schreiben.

Methodik

Zum Thema des Buches hat jede Leserin und jeder Leser einen besonderen Bezug, eine persönliche Betroffenheit. Darum erscheint es mir wichtig, theoretische und wissenschaftliche Bezüge aufzuzeigen, welche mit Praxisbeispielen untermauert werden.

Der Blick aus der Metaperspektive stellt eine Möglichkeit dar, einen sicheren eigenen Standpunkt zu entwickeln.

Das Buch soll den Leser darin bestärken, sich auf den Prozess einzulassen, an der geschlechtergerechten Gesellschaft mitzuwirken. Jedes neutrale Verhalten wird die tradierten Rollen unweigerlich verstärken.

Anmerkung

Im Buch werden – auch wenn nicht ausdrücklich aufgeführt – immer Männer und Frauen angesprochen. Als nomen generale steht dafür in der Regel nicht zusätzlich die weibliche und männliche Form. Das entspricht meinem Verständnis, sich nicht an Punkten festzubeißen oder aufzuhalten, die die Fronten nur verhärten.

1.1 Junge oder Mädchen?

Abbildung 1: Dieses Symbol soll das Schild und den Speer eines Kriegers nach dem Vorbild des Kriegsgottes Mars symbolisieren.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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