Frostmagie - Margaux Navara - E-Book
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Margaux Navara

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Beschreibung

Smarter Police Officer trifft auf coole Trailerbraut - Spanking unterm Weihnachtsbaum nicht ausgeschlossen Lyn kommt nur knapp über die Runden. Der Dealer ihrer verstorbenen Mutter will ihr den Trailer unter dem Hintern weg verkaufen, dabei funktioniert nicht einmal mehr die Heizung. Und das im Dezember in Frost Creek. Wo bleibt da die Frostmagie? Selbst die Schneekugel, die sie im Laden bewundert, bringt ihr kein Glück. Stattdessen findet sie sich in den Fängen eines sehr unnachgiebigen, aber teuflisch attraktiven Police Officers wieder. Angus hat all seinen Kinks abgeschworen und sich an diesen Ort am Ende der Welt versetzen lassen. In Frost Creek herrschen Beschaulichkeit und Ordnung. Denkt er. Die junge Frau, die ihm den Mittelfinger zeigt, geht ihm nicht aus dem Kopf. Als er sie beim Klauen erwischt, bricht er seinen Schwur. Bei eben dieser einen Frau, die ihn wahnsinnig macht, helfen nur seine unkonventionellen Methoden. Ehe Lyn sich versieht, liegt sie über Angus' Knien.

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Deutsche Erstausgabe 2020

Copyright © Margaux Navara

Covergestaltung: Grace C. Stone

 

 

 

 

Margaux Navara

c/o Papyrus Autoren-Club

Pettenkoferstr. 16-18

10247 Berlin

 

[email protected]

margauxnavara.com

 

 

 

Danksagung

 

Danke an meine Kollegin Grace C. Stone, die das Projekt Frostmagie angestoßen hat. Ein großes Ding – immerhin fanden sich hier 14 Autorinnen zusammen, um gemeinsam etwas zu schaffen. Ohne Streit, ohne Eifersüchteleien, ohne Konkurrenzdenken.

Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Freundschaften sind entstanden oder haben sich verfestigt, auch wenn das wegen der aktuellen Situation nur virtuell geschehen konnte. Alle haben ihre Ideen eingebracht und sich gegenseitig geholfen.

Das ist toll. Und einmalig, soweit ich weiß. Ich bin froh, dass ich Teil dieses Teams sein durfte. Team Frostmagie haben wir uns genannt – zu Recht.

Nun hoffe ich, dass du, liebe Leserin, lieber Leser, diese Gelegenheit nutzt. Schau einfach mal, was und wie meine Kolleginnen so schreiben. Vielleicht gefällt es dir und du lernst eine neue Autorin kennen, von der du noch nie etwas gehört hast? Links zu allen Teilen von Frostmagie findest du im Anhang.

Ich bin sicher, du willst wissen, was in Frost Creek noch so alles passiert in der Weihnachtszeit und erst recht beim großen Weihnachtsball.

Lass dich entführen ...

 

Lynette und Angus

 

Smarter Police Officer trifft auf coole Trailerbraut - Spanking unterm Weihnachtsbaum nicht ausgeschlossen

 

 

Lyn kommt nur knapp über die Runden. Der Dealer ihrer verstorbenen Mutter will ihr den Trailer unter dem Hintern weg verkaufen, dabei funktioniert nicht einmal mehr die Heizung. Und das im Dezember in Frost Creek. Wo bleibt da die Frostmagie? Selbst die Schneekugel, die sie im Laden bewundert, bringt ihr kein Glück. Stattdessen findet sie sich in den Fängen eines sehr unnachgiebigen, aber teuflisch attraktiven Police Officers wieder.

Angus hat all seinen Kinks abgeschworen und sich an diesen Ort am Ende der Welt versetzen lassen. In Frost Creek herrschen Beschaulichkeit und Ordnung. Denkt er. Die junge Frau, die ihm den Mittelfinger zeigt, geht ihm nicht aus dem Kopf. Als er sie beim Klauen erwischt, bricht er seinen Schwur. Bei eben dieser einen Frau, die ihn wahnsinnig macht, helfen nur seine unkonventionellen Methoden.

Ehe Lyn sich versieht, liegt sie über Angus‘ Knien.

 

14 Autorinnen entführen euch in 14 romantisch–weihnachtlichen Geschichten nach Frost Creek

 

1. Kapitel

 

„Zeige Präsenz, damit ist die halbe Arbeit getan.“ Chief Parker brachte seinen Spruch mindestens einmal am Tag.

Also stand Angus in seiner Mittagspause vor dem Büro. Er war froh über die Überdachung, denn es regnete, was das Zeug hielt und er fror trotz seiner Jacke. Es war wohl doch Zeit, von dem kurzen Hemd auf die Winteruniform zu wechseln. Frost Creek würde also seinem Namen alle Ehre machen.

Er hatte heute Morgen den Wetterbericht abgerufen. Höchstens fünf Grad über Tag. In der Früh waren alle Pflanzen mit Frost überzogen, als er zur Arbeit gefahren war, und für die nächsten Tage war Schnee gemeldet.

Trotz dieser Kälte und dem jetzt in Bindfäden fallenden Regen kam sie wieder mit offenem Seitenfenster angefahren. Wäre sie sein, würde er sie dafür übers Knie legen.

Woho, wo kam dieser Gedanke her? Er war noch nie auf Brats abgefahren, viel lieber mochte er Frauen, die sich einem Mann gegenüber unterwürfig verhielten. Aber was wusste er schon? Er kannte solche Frauen nur aus Clubs in Boston. Sie mochten sich in den Clubs so verhalten, waren aber zu Hause womöglich extrem selbstbewusst und arrogant.

Sheriff Parker trat ebenfalls vor die Tür, gerade rechtzeitig, um den Mittelfinger zu sehen, den sie aus dem Fenster gereckt hatte. Das Biest!

„Der gehört einfach mal der Arsch versohlt!“

Dass Sheriff Parker genau seine Gedanken in Worte fasste, überraschte Angus. Wusste der etwas? Aber woher sollte er? Angus hatte das ganz gewiss niemandem in Frost Creek verraten.

Der Sheriff sah der klappernden Karre mit dem halb herabhängenden Auspuff nach. „Willst du sie dir vornehmen?“

Verdammt! Das war nun doch zu nah an dem, was er sich selbst vorgestellt hatte. Wie konnte der Sheriff das wissen? Angus hatte seine Vorliebe für Spanking und Bondage immer unter Verschluss gehalten, seit er hier war. Er war nicht einmal nach Boston gefahren, sondern hatte sich entschieden, sich in Zukunft mit Vanillasex zu begnügen. Eine selbst auferlegte Strafe und ein geringer Preis für ein ruhiges Leben und die Chance, dafür weiter seinen geliebten Job ausüben zu dürfen.

Der Sheriff sah ihn fragend an. „Ich überlasse sie dir, der Finger war eindeutig für dich gedacht. Anzeige oder Ansprache oder ignorieren. Was machst du?“

Angus fürchtete immer noch, dass der Sheriff ihn mit seinen Fragen auf Herz und Nieren prüfte. „Ich habe Mittagspause, war also quasi außer Dienst.“ Er hatte den Sheriff zwar als korrekt erlebt, aber nicht als Mann, der Recht und Gesetz mit Gewalt durchsetzen wollte. War die Antwort richtig? Oder hatte er sich gerade als Weichei dargestellt?

Parker gluckste. „Klar, aber vergiss nicht: Präsenz zeigen! Damit ist die halbe Arbeit getan!“

Angus stöhnte nur innerlich. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. Beim nächsten Mal war sie dran. Auch wenn er nicht ihre langen grünen Haare dabei um seine Faust wickeln würde.

Grün! Das sagte doch schon alles.

 

2. Kapitel

 

Lyn beobachtete den Mann in ihrem zersplitterten Rückspiegel. Er schaute ihr einfach hinterher.

Für einen verrückten Moment hatte sie gehofft, er würde sich in seinen Wagen werfen und ihr nachfahren, sie ausbremsen und ihr eine Ansprache halten, wie der Sheriff es schon oft getan hatte. ‚The Speech‘ nannte sie das, aber nur, solange er außer Hörweite war.

Immerhin sprach er dann mit ihr.

Fuck! Wie pathetisch war das denn?

Einem Bullen den Finger zu zeigen, nur damit er mit ihr sprach. Sie anschaute. Zur Kenntnis nahm. Sie wünschte sich zum tausendsten Mal, so doof zu sein, wie ihre Mutter es gewesen war. Dann wüsste sie wenigstens nicht, was sie da tat. Aber es zu verstehen und es dennoch zu tun, war vermutlich noch viel doofer.

Sie fror jämmerlich. Das Scheißfenster ließ sich nicht mehr schließen und es regnete in die Karre. Aber selbst wenn sie gleich zehn Dollar verdienen würde, wäre längst keine Jacke für sie drin.

Yay! Sie durfte die beiden Terrier ausführen wie vereinbart. Eine Stunde rennen, spielen, die Hunde auspowern. Dabei wurde ihr warm, ein angenehmer Nebeneffekt.

„Hast du keine Jacke, Lynette?“ Mrs Young schaute sie besorgt an.

Lyn wischte sich die nassen Haare aus der Stirn. „Nein, brauche ich nicht. Wie geht es Ihrem Fuß?“

„Es wird besser. Nächste Woche kommt der Gips ab. Mal sehen, ob ich dann wieder laufen kann.“

Lynette wünschte Mrs Y nichts Schlechtes, aber sie hoffte, dass die Rekonvaleszenz noch lange andauerte. Mrs Y war großzügig und ihr Unfall brachte Lyn extra Geld ein, das sie gut gebrauchen konnte.

„Mit etwas Glück kann ich auf dem Ball zumindest selbst ans Buffet gehen.“

Der Scheißball vor Scheißweihnachten. „Wenn Ihnen noch jemand einfällt, der an dem Tag einen Hundesitter braucht, denken Sie an mich, Mrs Y.“

„Klar doch, Lynette. Hier, dein Lohn. Und das hier ist für dich. Backen kann ich auch mit Gips am Bein. Kürbismuffins. Noch warm.“

Erst im Auto kontrollierte Lyn die Scheine. 20 Dollar statt zehn. Sie würde sich beim nächsten Mal noch mehr Mühe geben. Und vorher noch für einen Dollar Snacks kaufen für die Terrier. Fünf Prozent ihres Verdienstes für Sonderausgaben ging in Ordnung. Sie aß einen Muffin während der Fahrt zurück. Die anderen würden sie über den morgigen Tag bringen.

Der neue Bulle stand nicht mehr vor dem Office. Sie erinnerte sich an das erste Mal, dass sie ihn gesehen hatte. Ohne Jacke waren unter seinem schwarzen Uniformhemd starke Arme zu sehen. Aber auch ohne die hätte er ihr gefallen. Diese Uniform erinnerte sie an den Bullen, der nach dem Tod ihrer Mutter bei ihr geblieben war, bis die Leiche vom Bestatter abgeholt worden war. Er hatte Lyn nicht mal angefasst, nur ihr am Tisch gegenüber gesessen, ihren dünnen Kaffee getrunken und sie ermuntert, von früher zu erzählen. Von der Zeit, als sie noch in einem richtigen Haus gewohnt hatten, nicht im Trailer. Als Mom nur ab und an zu Drogen gegriffen hatte und Lyn sogar manchmal ein Frühstück zubereitet hatte aus Cornflakes und Milch, die noch nicht eklig roch.

Sie wischte die sentimentalen Gedanken weg. Viel wichtiger war die Frage, woher sie Geld bekommen würde. Außer dem Trailer hatte ihre Mutter ihr nur Schulden zurückgelassen. Die Rechnung bei Mrs Morgan im Laden war inzwischen bezahlt. Ob es richtig gewesen war, zuerst die auszugleichen, ehe sie die Schulden bei dem Kerl aus New York anging? Der rief sie ständig an und ließ ihr keine Ruhe.

Aber sie lebte nun mal in Frost Creek und sah keine Aussichten, daran etwas zu ändern. Wer würde jetzt, zu Beginn des Winters, einen Trailer kaufen, dessen Heizung defekt war?

3. Kapitel

 

Angus wanderte etwas ziellos durch die Straßen von Frost Creek. Manchmal wunderte er sich über den neuen Job. Wieso brauchte man für so ein verschlafenes Nest so viele Polizeibeamte? Natürlich würde er sich nicht beschweren. Aber er musste sich eben erst daran gewöhnen.

In Manchester, New Hampshire, war ständig etwas los gewesen. Erstaunlicherweise gab es in dem Städtchen eine ziemlich hohe Kriminalitätsrate, was wohl an der gemischten Herkunft der Bevölkerung lag. Eine Menge Irischstämmige, die auf Krawall aus waren. Leider war die Polizei dort kaum besser als die Verbrecher. Dieser Unterschied war ihm erst bewusst geworden, seit er hier unter Chief Parker arbeitete, einem absolut sauberen Polizisten, der garantiert keine Bestechung durchgehen ließ.

In Frost Creek wurden kleine Diebstähle sofort geahndet, wobei es auch keine großen gegeben hatte, seit er hier war. Schießereien schon gar nicht. Drogen? Ein Fremdwort. Na ja, nicht ganz. Ausgerechnet die Mutter der Kleinen, die ihn so faszinierte, war an Drogen gestorben. Bisher hatten sie nicht herausfinden können, wie sie sich die beschafft hatte, aber es war wahrscheinlich, dass es eine Verbindung nach Manchester gab. Concord, die nächste Stadt, war sauber.

Lynette, wie die Tochter hieß, wurde schon verdächtigt, aber man konnte ihr nichts nachweisen. Sie sollten sie im Auge behalten. Sie wurde ebenfalls verdächtigt, im Café Harriets gestohlen zu haben, als sie dort gearbeitet hatte. Auch das war nicht nachgewiesen, weswegen man es bei einer Befragung und Verwarnung belassen hatte.

Es wurde dunkel, und der Regen ging langsam in Schnee über. Ob er heute liegenbleiben würde? Ein sanftes Klingeln lenkte seine Aufmerksamkeit auf den Laden von Ms Bianchi, the tiny snowdreams. Die Inhaberin verkaufte Schneekugeln. Ein wenig verrückt und ein wenig mystisch. Okay, woher dieser Gedanke kam, war ihm nicht ganz klar. Vielleicht lag es an der Stimmung. Durch den Schnee, der seit ein paar Tagen die Straße ganz zart weiß puderte, legte sich ein Zauber über alles. Die Geräusche wurden gedämpft, die Menschen zogen sich in die Häuser zurück, die Autos rollten langsamer vorbei. Weihnachten war nicht mehr fern, wie man an den Dekorationen und vor allem am ewigen Gedudel der Weihnachtssongs erkennen konnte.

Eine Figur stand vor dem Laden, schaute sich um. Eindeutig verdächtig. Angus hatte schon zu viele Diebe gesehen, er kannte ihre Art, sich umzusehen, sich möglichst kleinzumachen. Einzig die Tatsache, dass sie so lange vor dem Fenster des Ladens stehenblieb, um sich die ausgestellten Schneekugeln zu betrachten, störte ihn und verhinderte, dass er sofort zugriff.

Angus wartete ab. Ihm war, als kenne er die Gestalt, doch ihm fiel niemand ein, der dazu passte. Sehr dünn, nicht allzu groß. Irgendetwas stimmte an dem Bild nicht, doch er wusste nicht, was. Das Licht aus dem Laden war zu schwach, um mehr als die Umrisse zu erkennen.

Eine der Taschen der Jacke war übermäßig ausgebeult. Okay, Zeit für Angus, sich wieder an seinen Job zu erinnern.

„Stehenbleiben!“ Seine Cop-Stimme war ganz von alleine wieder gekommen, obwohl er sie hier noch nicht einmal benutzt hatte. Sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Die Gestalt erstarrte. Mit wenigen Schritten war Angus vor dem Laden angelangt. „Leeren Sie Ihre Taschen!“ Er zog die Taschenlampe aus seiner Koppel und strahlte seinem Gegenüber ins Gesicht.

Ah, deshalb war sie ihm bekannt vorgekommen. Das war Lynette Purvis, an die er eben noch gedacht hatte. Zugleich wurde ihm bewusst, was ihn an ihrem Anblick so gestört hatte. Sie trug keine vernünftige Winterjacke, sondern nur den dünnen Blouson, in dem er sie schon früher gesehen hatte. Da alle in dicke Steppjacken oder Mäntel gekleidet waren, fiel sie einfach auf. Er ließ den Schein der Lampe nach unten wandern, zu ihren Händen.

Sie hielt tatsächlich eine Schneekugel in der Hand. Unter den wirbelnden Flocken war nicht zu erkennen, was darin war. „Und was wolltest du damit machen?“

„Nichts.“ Sie klang wie ein ertapptes Kind, doch bei den nächsten Worten hatte sie sich im Griff. „Nur anschauen. Werd ich wohl dürfen, oder? Zumindest haben Sie mir das nicht zu verbieten, Mister!“

„Ich bin Polizist und du wirst mich mit Officer Calder ansprechen. Oder Sir.“ Verdammt. Sobald es um diese Frau ging, fielen ihm die seltsamsten Dinge ein. Sie musste ihn natürlich nicht mit Sir ansprechen, wieso auch? Er musste sich und sie von seinem Fauxpas ablenken. „Ich verbiete dir nicht, dir die Auslagen von Ms Bianchi anzusehen, aber ich verbiete dir, ihre Schneekugeln einzustecken.“

„Hab ich doch gar nicht!“

„Und was ist das in deiner Hand? Hast du die bezahlt? Soll ich Ms Bianchi dazu befragen?“

„Wieso sprechen Sie mich nicht mit Miss an? Bin ich etwa weniger wert als Ms Bianchi?“ Sie betonte den Namen der Ladenbesitzerin besonders. Ah, die Kleine war sauer, weil er sie nicht respektvoll genug behandelte.

„Respekt muss man sich verdienen, Lynette. Ein Mädchen, das mir den Mittelfinger rausstreckt, gehört nicht zu den Personen, die ich mit besonderer Höflichkeit behandle.“

„Fick dich doch ins Knie, ‚Sir‘! Ich bin kein Mädchen! Und ich habe genauso viele Scheißrechte wie Ms Bianchi!“

So so. Sie verriet ihm mit ihren Worten mehr als beabsichtigt. „Du hast die gleichen Rechte, das ist richtig. Aber ich lasse mich nicht von meiner Pflicht ablenken. Du wolltest etwas einstecken, was dir nicht gehört. Das ist Diebstahl. Soll ich dich mit aufs Revier nehmen? Wir können das dort klären. Vielleicht sollte ich dich durchsuchen? Wer weiß, was ich noch finde?“

Sie legte die Kugel äußerst vorsichtig zurück in einen Korb, der vor dem Laden stand, mit einem Schild mit der Aufschrift ‚Sale‘ versehen. „Machen Sie doch, Officer!“ Lynette streckte ihre viel zu dünnen Arme aus und stellte sich vor ihn wie Jesus am Kreuz.

Angus musste sich eines akuten Anfalls an Mitleid erwehren. Am liebsten hätte er sie in das Café um die Ecke geschleppt und ihr eine Riesenportion Essen bestellt. Aber das war keine gute Idee. Sie war dort nicht gerne gesehen, nachdem sie unter Verdacht stand, eine Kollegin bestohlen zu haben.

Doch ihre Aufsässigkeit sollte nicht ungestraft bleiben, das schien ihm nicht richtig. Sie deshalb gleich aufs Revier zu schleppen aber auch nicht. Eindeutig unverhältnismäßig.

Er schaute auf seine Uhr. Noch fünf Minuten bis Feierabend. Noch ein Grund, nicht jetzt eine Verdächtige aufzugreifen. Was das für einen Papierkram nach sich zog!

Doch den wahren Grund schob er ganz nach hinten in eine Kammer in seinem Hirn, die er nicht öffnen wollte. Lyn sollte nicht ins Gefängnis. Wenn jemand sie durchsuchen würde, dann er.

Ihm kam eine Idee. „Das werde ich tun, aber nicht hier. Du kommst mit.“ Er packte ihr Handgelenk und zerrte sie hinter sich her. Aber nicht ins Sheriffs Office, sondern zur Rückseite, wo sein Pick-up stand. Er schubste ihren viel zu dünnen Körper in den Wagen und verbot sich, seine Finger auch nur eine Sekunde länger als nötig auf ihr zu lassen. Es war wichtiger, ihr gegenüber den Cop rauszukehren. „Du wartest hier auf mich. Wag es nicht, irgendwas anzufassen!“

„Hey, das können Sie nicht machen, Officer!“ Ihre Empörung explodierte ihm ins Gesicht.

„Du wartest hier oder du verbringst die Nacht in der Zelle!“

Über ihr Gesicht huschte ein Ausdruck, den er erst nicht erfassen konnte. Sie wirkte, als überlege sie ernsthaft, seinem Vorschlag mit der Zelle zu folgen, was ja wohl nicht sein konnte. Erst nach einem langen Augenblick ließ sie sich in das Polster sinken. „Na gut. Dann warte ich halt in Ihrem verfickten Scheißauto.“

Er schloss sie ein und hoffte, dass er sein Auto noch wiedererkennen würde, wenn er zurückkam. So schnell war er noch nie durch den Prozess gegangen, sich auszutragen, seine Waffe abzuliefern und in seine private Jacke zu schlüpfen. Den Rest der Uniform behielt er an. Wer wusste schon, was die Kleine gerade mit seinem Dienstwagen anstellte.

4. Kapitel

 

Sie war versucht, genau das zu tun, was er von ihr erwartete. Sein Auto zu zerlegen. Aber wozu? Er würde sie doch noch ins Revier schleppen und sie einfach verhaften. Eine Nacht in der Zelle hatte sich vorhin ganz verführerisch angehört, etwas, was sie bisher noch immer vermeiden konnte. Aber sie hatte von anderen gehört, dass es da drin nicht so toll war, jedenfalls auch nicht wärmer als in ihrem Trailer. Das wäre wirklich ein Argument gewesen.

Sie zitterte unkontrolliert. Das Auto hatte vermutlich den ganzen Tag hier gestanden und drinnen herrschte die gleiche Temperatur wie draußen. Scheißkalt also. Ihre Finger waren ganz steif, beinahe wäre ihr vorhin die Schneekugel aus den Fingern gerutscht.

Die hatte sie gar nicht klauen wollen. Die Kugel war eher unbewusst in ihre Jackentasche geraten. Wer würde schon eine Schneekugel vermissen, die eh niemand wollte?

Sie liebte diesen Laden, liebte jede einzelne Schneekugel. Ms Bianchi hatte das Schaufenster so fantastisch gestaltet, dass es wirkte, als lebten die Figuren in den Kugeln in einem Feenland. Die Feenlichter, die die Auslage beleuchteten, trugen ihren Teil dazu bei. Ein Feenland, in dem es ewig schneite, ohne dass es den Menschen darin kalt wurde. Natürlich wusste Lyn, dass das nicht stimmte. Man musste sie dauernd aufschütteln, wollte man, dass es schneite, wenn man sie kaufte. Oder klaute.

Warum dauerte das so lange? Mist verdammter. Sie würde in Zukunft besser aufpassen müssen. Der neue Cop, Angus Calder, wie sie eben auf seinem Namensschild gelesen hatte, war ihr schon mehrfach aufgefallen. Er schien sich an Chief Parkers Devise zu halten, ständig sichtbar zu bleiben. Wollte vermutlich aufsteigen. Sie hatte an den Streifen, oder besser an den nicht vorhandenen Streifen gesehen, dass er nur ein Officer war, auf der untersten Stufe der Rangfolge. Und das in seinem Alter? Sie schätzte ihn auf dreißig. Uralt. Der müsste schon längst einen höheren Rang haben. Vermutlich hatte er nichts im Kopf oder war fies zu kleinen Kindern.

Kein Polizist, wie er in der Schneekugel gewesen war. Sie hatte ganz automatisch nach genau dieser gegriffen. Sie mochte Männer in Uniform, da konnte auch ein Kerl wie dieser Klotz nichts dran ändern. Dass der Polizist in der Kugel auch noch ein Kind im Arm gehalten hatte, fand sie so süß, dass sie einfach nicht widerstehen konnte. Sie hätte beinahe geweint, weil sie diese Kugel nie besitzen würde. Bis sie endlich genug Geld beisammen hätte, um sich etwas derart Überflüssiges zu kaufen, war die längst weg.

Endlich kam er, betätigte die Fernbedienung und ging zur Fahrerseite. Sie könnte jetzt abhauen. Aber sie wollte nicht. Vielleicht war sie auch zu steif von der Kälte. Irgendwie war ihr Kampfgeist heute ziemlich gedämpft.

„Wo willst du mich hinbringen? Was hast du mit mir vor?“

„Respekt, Kleine. Wir sprachen vorhin davon.

---ENDE DER LESEPROBE---