Frühstück mit Pferd - Hannah Flemming - E-Book

Frühstück mit Pferd E-Book

Hannah Flemming

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Beschreibung

Zum ersten Mal lassen wir uns auf das Abenteuer Wanderreiten ein! Alles ist neu, geschieht zum ersten Mal und ist natürlich mit Zweifeln behaftet: Muten wir uns und unseren Ponys nicht zuviel zu? Mit zwei Autos und einem Wohnwagen bleiben wir als SelbstversorgerInnen flexibel und haben alles dabei, was wir brauchen. Doch trotz aller Vorkehrungen gestaltet sich unsere Unternehmung zu einem großen Abenteuer!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 309

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Pferde für die Seele

Ein Handwerker lehnt sich über unseren Paddockzaun, betrachtet unsere beiden Pferde und fragt: ‘Wofür habt ihr die? Nur für die Seele?’

In seiner Heimat hält man sich Pferde vermutlich nur, um mit ihnen zu arbeiten, Port müssen sie sich ihr Futter verdienen. Nur so kennt er das.

‘Ja’, erwidere ich und erkenne im selben Moment, dass es genau so ist: ‘Die sind nur für die Seele’

Inhaltsverzeichnis

Eine Schnapsidee ...

Unsere ungewöhnliche Vierer-Reisegruppe

Wie die Idee zum Wanderritt entstand

Die Vorbereitung:

Wie kommt alles von A nach B

Übernachtungsstationen

Erster Testritt

Die Orientierung

Ernste Zweifel

Zweiter Testritt

Pferde Check-up

Das große Packen ...

Wanderritt nach Cuxhaven

1. Etappe: Meinershagen-Lübberstedt

2. Etappe: Lübberstedt - Bokel

3. Etappe: Bokel-Sellstedt

4. Etappe: Sellstedt-Hymendorf

Regen-Pausen-Tag

5. Etappe: Hymendorf-Midlum

6. Etappe: Midlum-Cuxhaven

Urlaub in Cuxhaven ...

Rückritt-Planung

Kein Watt für Tinker

Wanderritt zurück

7. Etappe: Cuxhaven - Midlum

8. Etappe: Midlum - Hymendorf

9. Etappe: Hymendorf - Sellstedt

Regen-Urlaubstag in Sellstedt

10. Etappe: Sellstedt-Bokel

11. Etappe: Bokel - Meinershagen

Home sweet home ...

Ein dickes Dankeschön

Eine Schnapsidee ...

Es gibt unglaublich beeindruckende Bücher von Leuten, die mit ihren Pferden quer durch Australien, Latein-Amerika, durch die Rocky Mountains oder sonst wohin geritten sind. Sie berichten über spektakuläre Trekkingtouren und bringen die Reiterwelt ins Staunen über das, was sie sich mit solch einem Ritt selbst - aber vor allem auch ihren Pferden - zumuten.

Wir dagegen wollen tatsächlich nur nach Cuxhaven.

Von uns aus ist diese Distanz mit dem Auto in etwas mehr als einer Stunde Fahrt locker zu überbrücken.

So eine Strecke sollte man mit einem Pferd bei einer durchschnittlichen Tagesetappe von ca. 20 km gut in fünf Tagen schaffen können.

Die geplante Distanz ist also als ein nur recht kleines Vorhaben einzustufen, nichts wirklich Weltbewegendes und auch gar nicht mal so verrückt, wie ich finde.

Doch die meisten Leute, denen wir von unserer Idee, nach Cuxhaven reiten zu wollen, erzählen, halten das für eine komplette Schnapsidee.

Und tatsächlich kenne ich auch niemanden sonst aus unserem Bekanntenkreis, der so etwas schon einmal gemacht hat.

Aber eigentlich wollte ich das schon immer: Wanderreiten - unterwegs sein mit meinem Pferd!

Wie oft habe ich mir als Mädchen während langer Autofahrten vorgestellt, wie ich parallel zur Straße mit einem Pferd über Felder und Wiesen jage, den Wind in Mähne und Haaren - und wie ich mit Leichtigkeit alle Hindernisse wie Gräben und Büsche in großen Sätzen nehme...

Nun, ganz so schnell kommt man natürlich in der Regel nicht voran, wenn man mit Pferden unterwegs ist. Doch im Kern ist klar, worum es dabei eigentlich geht: draußen in der Natur und unterwegs sein - mit dem eigenen Pferd!

Was machen denn andere Leute mit ihren Pferden?

Menschen schaffen sich ja aus ganz unterschiedlichen Gründen ein Pferd oder Pony an.

Die meisten bringen ihre wertvollen Lieblinge in Pensionsställen unter, wo regelmäßiger Reitunterricht und eine stete Verbesserung der eigenen Leistung als ebenso normal, wie auch die spätere Teilnahme an Wettbewerben eine wenig hinterfragte, sowie allgemein akzeptierte Zielgerade darstellen.

So gibt es auch nicht wenige Eltern, die ihren Zöglingen ein Pony kaufen und dessen Unterhalt nur bezahlen, damit das Kind auch den weitverbreiteten und als normal angesehenen, leistungsorientierten Reitsport praktiziert, denn: 'Nur zum Rumstehen ist so ein Pferd ja nun wirklich zu teuer!'

Die meisten Reiterinnen solcher Pensionsställe bewegen sich mit ihren Lieblingen fast ausschließlich innerhalb eines dafür vorgesehenen, abgegrenzten Bereichs: in einer Reithalle oder auf einem Reitplatz.

Wollen sie aber doch mit ihrem Pferd einmal woanders hin - wie auf ein Turnier oder auch in den Urlaub - so ist es längst allgemein anerkannter Standard, einen hierfür vorgesehenen Pferdetransporter zu verwenden, um Ross und Reiterin an den gewünschten Ort zu fahren. Niemand reitet zu Turnieren!

Doch mittlerweile hat sich ja auch einiges getan in der Pferdewelt.

Dem früheren Hauptanteil an ehrgeizigen Turnierreiterinnen, die große Pferde aus edlen Züchtungen vorziehen und - man ahnt es schon - aus der eher wohlhabenderen Bevölkerungsschicht stammen, steht heute eine stetig wachsende Anzahl an Freizeitreiterinnen gegenüber, die Pferdehaltung rein hobbymäßig betreibt.

Diese sind weder reich, noch verfolgen sie besonders ehrgeizige Ziele für ihre Pferde. Und durch sie gibt es nun auch immer mehr unterschiedliche Ponys und Pferderassen, die so ein neues Zuhause und ein neues Aufgabengebiet finden.

Früher hatte man viele Pferderassen als zu klein, zu kräftig oder auch als zu bunt empfunden, und damit automatisch als für den Reitsport ungeeignet ausgemustert. Heute dürfen solche Exemplare einfach nur Freizeitpferde sein, die weder auf Schnelligkeit, noch auf die Überwindung hoher Hindernisse oder anderer leistungsbezogener Ziele hin gezüchtet wurden.

Als reine Freizeitreiterinnen würde ich auch uns bezeichnen.

Unsere beiden Pferde leben direkt neben unserem Haus in einem Offenstell. Ihnen gilt unser erster Blick, wenn wir aufstehen, und der letzte, ehe wir zu Bett gehen. Sie geben unseren Tagen Struktur, und wir bewegen uns mit ihnen so gut wie ausschließlich draußen in der Natur.

Ja, es ist wahr, was der Handwerker am Anfang dieses Buches bei Betrachtung unserer beiden Pferde feststellt:

Sie sind für unsere Seele da!

Denn kaum etwas wirkt so ausgleichend und beruhigend auf einen selbst, wie der Umgang mit Pferden.

Pferde sind sanft, von Natur aus gutmütig und stets zugewandt.

Ich kenne nichts, was mich Arbeit und Alltag so schnell vergessen lässt wie mein mir vertrautes Pferd, und nichts, was mich so schnell beruhigt und mir sofort gute Laune beschert, wie der freundliche Blick meines Ponys.

Wir stehen manchmal einfach nur mit unseren beiden Ladys zusammen, schauen ihnen beim Grasen zu, haben selber vielleicht einen Kaffee in der Hand, fühlen uns gut geborgen in unserer Vierer-Herde und vergessen dabei vollkommen die Zeit ...

Wie bin ich nur vorher ohne Pferde klargekommen? Ich kann mir kaum etwas Friedlicheres vorstellen, als mit ihnen Zeit zu verbringen. Ich möchte es wirklich auch nicht mehr missen.

Aber vielleicht wird es nun allmählich Zeit, uns Vier erst einmal richtig vorzustellen:

Unsere ungewöhnliche Vierergruppe

Wir, das sind Uwe, mein Mann (63 Jahre) und ich, Hannah (51 Jahre), stolze Besitzerinnen von zwei Kleinpferden, beides Stuten, mit den Namen Muck & Annie.

Uwe hat vor 3 Jahren meinem Wunsch nachgegeben, eigene Pferde anzuschaffen. Und er hat in diesem Alter dann sogar auch noch mit dem Reiten angefangen. Das allein fordert mir großen Respekt ab.

Ich muss sogar neidvoll anerkennen, dass er mittlerweile fast besser auf dem Pferd sitzt als ich, die ja immerhin schon seit meinem neunten Lebensjahr mit Reitunterricht begonnen habe.

Er geht einfach sehr viel unbedarfter und argloser an alles heran, und das stellt sich im Umgang mit Pferden immer wieder als großen Vorteil heraus.

Vor 9 Jahren sind wir hierher gezogen - weit raus aufs Land und weg von Bremen - nach Meinershagen.

Unser Dörfchen besteht im Grunde nur aus einer einzigen Straße und liegt in mooriger Landschaft. Hier sind die Straßen wellig und die Häuser muss man auf Pfeiler setzen, damit sie im weichen Untergrund nicht absacken (was sie gerne trotzdem hin und wieder tun).

Nur hier konnten wir uns ein kleines Häuschen leisten und - ein toller Nebeneffekt - wir erwarben mit dem Haus gleich noch 1,5 Hektar Wiese dazu. Damit konnte mein Traum von eigenen Pferden am Haus endlich wahr werden!

Darf ich also zunächst mein Pony vorstellen: Muck, eine schwarzweiße Tinker-Pinto-Mix-Stute.

Sie hat Spitznamen wie Hummel, Lieblingspony, Knutschkugel, Pummelchen oder Stinkstiefel. Letzteres ist sie aber sehr selten und eigentlich auch nur wenn sie glaubt, zu wenig zu Fressen zu bekommen. In diesem Jahr sind auch noch die Spitznamen 'Rumpelpumpei' und 'Pippi-Lotta' hinzugekommen.

Zur Hälfte hat mein Pony irisches Arbeitspferd in sich, nämlich den sogenannten Tinker.

Tinkerpferde sind klein, kräftig, meist bunt gecheckt und wurden vom fahrenden Volk gezüchtet, um deren schwere Planwagen zu ziehen.

Mit anderen Worten: Tinkerponys sind kompakte Powerpakete, genügsam und leichtfuttrig. Das bedeutet, dass sie das Gras eigentlich nur anschauen müssen, um zuzunehmen.

Muck ist der Tinker besonders stark anzumerken.

Sie ist eine wahre Seele von Pferd, ein freundliches, zugewandtes Gemüt, welches sich nicht so schnell über irgendetwas aufregt, und auch nicht gern unnötig Energie verschwendet.

Muck bleibt beispielsweise gerne stehen und schaut sich in Ruhe die Dinge an, über die sie sich erst einmal eine Meinung bilden möchte.

Das kann ein Blumentopf sein, der plötzlich an einer Stelle steht, an dem noch am Vortag keiner war, oder auch ein Mensch, der sich artfremd verhält - wie beispielsweise jemand, der auf dem Boden herumkriecht, um Pilze zu sammeln.

Alles in allem ist sie im Laufe der Jahre zu einem tollen Geländepferd geworden, welches die Dinge geruhsam angeht und fast immer gelassen reagiert.

In Situationen, die ihr gar nicht gefallen, kann es auch mal Vorkommen, dass sie einfach zur Marmorsäule erstarrt. Man hat das Gefühl, sie macht dann einfach den Motor aus, und dann geht nichts mehr.

Beweg mal 500 Kilo, wenn die nicht wollen!

Nur mit Bitten und Streicheln kann ich dann solch ein Muck-Standbild wieder lösen, keinesfalls mit harten Worten.

Sie ist mittlerweile 8 Jahre alt, also eigentlich noch ein halbes Baby, denn Tinker gelten als Spätentwickler. Da ich Muck mit 2,5 Jahren erworben und mithilfe einer Trainerin mit eingeritten habe, bin ich ganz besonders stolz auf sie. Sie ist mein absolutes Goldstück.

Ein komplett anderes Temperament besitzt unser zweites Pferd Annie, eine mittlerweile 19-jährige, braun-weiß gefleckte Paintstute.

Ein Painthorse ist eine amerikanische Pferderasse, die man ursprünglich dafür gezüchtet hat, um Kühe zu treiben.

Wir nennen sie auch gern kleine Tante, Öhmchen, Fuchtelhuf oder Zimtzicke. In der kalten Jahreshälfte ist sie unser Flokati - denn dann machen ihre weiße Flecken besonders lange Winterzotteln - und seit diesem Jahr ist auch noch 'alte Gurke' als Spitzname hinzugekommen.

Annie war leider ziemlich verhungert, als sie zu uns kam.

Am Anfang nannten wir sie darum auch noch liebevoll 'Madame Schlotterbeck'. Wir haben sie wieder aufgepäppelt, und auch heute noch verschlingt Annie die 3-4-fache Menge an Futter von dem, was Muck bekommt, nur um ihre schmale Figur halten zu können.

Wie auch immer, in das anhängliche Wesen dieser zarten Stute verliebten wir uns sofort. Und so wurde Annie unser neues, zweites Pferd.

Annie ist jedoch ein so ganz anderer Charakter als meine Muck!

Sie wird schnell ungeduldig und weiß sich dann unmissverständlich auszudrücken, wenn ihr was nicht passt. Neben einer entsprechenden Mimik kann sie dann wahlweise auch schon mal schnappen, Muck saftig in den Hintern beißen (weil die ihr dann vielleicht gerade zu langsam ist), auskeilen, oder ganz grundsätzlich ausrasten: Dann geht sie rückwärts, rollt mit den Augen, oder hüpft und zappelt einfach nur noch herum.

Bei unseren Ausritten schreitet sie gern mit forschem Schritt voran und hat keine Lust, irgendwo lange zu verweilen. Annie will durchziehen und ankommen, so wirkt es auf uns.

Oben: Muck, meine Tinker-Pinto-Mix-Stute, 8 Jahre

Unten: Annie, Uwes Paintstute, 19 Jahre

Am Spektakulärsten sind Annies cholerische Anfälle im Roundpen.

Sie hat meistens schlicht keine Lust dazu, im Kreis zu laufen. Um uns das zu verdeutlichen, kann sie auch schon mal mit den Hinterbeinen in Richtung Mensch auskeilen, mit plötzlichen Manövern haarscharf an einem vorbeischießen, oder sich gar drohend aufrichten und auf beiden Hinterbeinen hüpfend auf einen zukommen! Dadurch ist sie zu ihrem Spitznamen 'Fuchtelhuf gekommen.

Mittlerweile beeindruckt sie uns mit diesen temperamentvollen Anfällen jedoch nicht mehr sonderlich. Denn zu keiner Zeit verletzt sie dabei absichtlich jemanden, es bleibt stets nur beim Drohen.

Uwe hat eine gute Art gefunden, sie aus diesen Bockigkeiten herauszuholen, indem er je nach Situation mal brüllt, sie mit Aufgaben ablenkt oder einfach alles stoppt, sie unerwarteterweise streichelt und ruhig von vorn anfängt.

Bei Muck und Annie schien es erstaunlicherweise trotz der so unterschiedlichen Rasse und des so völlig gegensätzlichen Temperaments Liebe auf den ersten Blick gewesen zu sein.

Muck, die sonst immer gern ums Essen streitet und dabei wirklich garstig werden kann, stellte sich bei ihrer ersten Begegnung überraschend seelenruhig neben die neue Stute, und die beiden zupften sich beim Fressen gegenseitig das Heu aus dem Maul, so als hätten sie sich schon immer gekannt und gemocht. Das ist wirklich etwas sehr Seltenes bei Pferden, die sich vorher noch nie gesehen haben!

Annie entpuppte sich sehr schnell zur Leitstute der beiden und bestimmte ab sofort den Herden-Terminplan, indem sie klar vorgibt, wann gemeinsam getrunken, gegessen, gewälzt, gechillt oder auf die Weide gegangen wird. Auch den Umgang von Muck bevormundet sie.

Muck darf nun nicht mehr mit der 'Nachbarin', der Traberstute neben unserem Grundstück, sprechen, denn Annie drängt sich dann sogleich dazwischen und weiß jede Kommunikation zu verhindern.

Wir haben das Gefühl, dass Annie die jüngere Muck einfach adoptiert hat. Und Muck lässt sich erstaunlicherweise die strenge Fürsorge gutmütig, wie sie ist, auch gefallen.

Nur beim Essen gibt es noch manchmal ein wenig Gezicke. Doch dann scheint Annie die 'Kleine' eher mit Nachsicht zu behandeln, tritt erwachsen zurück, um keinen Tritt von der Halbstarken abzukriegen, und lässt Muck gern im Glauben, sie habe gewonnen. (Bei ihrer beschriebenen Wehrhaftigkeit ist das natürlich ein Witz!)

Die meiste Zeit jedoch sind die beiden ein Herz und eine Seele.

Im Laufe der Zeit sind auch wir mit unseren Pferden immer mehr zusammengewachsen.

Uwe lernte auf Annie ja überhaupt erst richtig reiten. Da sie eine voll ausgebildete Westernstute ist, kam natürlich auch nur dieser Stil infrage.

Annie zeigt sich unglaublich geschickt und gelenkig. Man kann sie mit langen Zügeln und einfacher Gewichtsverlagerung lenken und sozusagen auf einem Teller wenden, wie man so schön sagt.

Muck dagegen läuft etwas schwerfälliger, fast wie ein Diesel: ihre Aufwärmphase ist länger - ebenso wie ihre Bremsstrecke - und sie setzt mitunter ihren Dickschädel ein. Dennoch ist sie immer ein herzensgutes Pony, welches grundsätzlich nichts gegen ihre Reiterin hat.

Dass das Unterwegssein mit zwei solch unterschiedlichen Charakteren eine echte Herausforderung darstellt, liegt auf der Hand.

Aber auch ich und mein Mann sind ja ganz schön unterschiedliche Charaktere. Und von daher passt es auch schon wieder.

Uwe ist der Temperamentvollere von uns beiden, er regt sich bei verschiedensten Anlässen gerne auf und muss seinem Ärger dann laut Luft machen.

Ich dagegen halte mich eher für geduldig, hartnäckig und recht ruhig.

So sind also die zwei Cholerikerinnen und die zwei Ruhigen jeweils zusammen.

Über die Jahre hinweg sind wir auf jeden Fall zu einer super Vierergruppe zusammen gewachsen, bei der durch die Erlebnisse, die wir während unserer vielen gemeinsamen Ritte im Gelände sammeln konnten, alle recht gut wissen, was sie voneinander zu halten haben.

Und das ist unser Ausgangspunkt für ein Abenteuer, welches wir so vorher noch nie gewagt haben ...

Wie die Idee zum Wanderritt entstand ...

Urlaub mit den Pferden machen! Das ist eine tolle Idee, wie wir finden. Und sie ist ja auch irgendwie schlüssig.

Denn zum einen mag man seine eigenen Pferde gar nicht so gern wochenlang alleine lassen und müsste sie - nur um Urlaub machen zu können - extra durch einen Ponysitter versorgen lassen. Zum anderen sind wir in unserer Gegend nicht eben mit einem besonders schönen Reiterwegenetz gesegnet. Und die wenigen machbaren Runden, die man in den täglichen Alltag integrieren kann, kennt man längst in- und auswendig.

Was liegt also näher, als gemeinsam mit den Pferden dort Urlaub zu machen, wo es ein schönes Reitwegenetz gibt und entspannte Ausritte möglich sind?

Solch ein Gebiet fanden wir vor zwei Jahren nahe Cuxhaven.

Es war ein Hof unweit von Sahlenburg. Die nahe Altenwalder Heide bietet als Reitgebiet viele Sandwege an, und man kann von dort aus bis zur Nordsee reiten - und rein theoretisch bei Ebbe auch hinüber zur Insel Neuwerk.

Vor zwei Jahren, also 2016, hatten wir diese Möglichkeit für uns entdeckt, hatten Ferienwohnung und Weide gebucht, und wollten es genauso machen wie alle anderen auch: Hänger leihen, Pferde hinein und los!

Als wir jedoch einen eben solchen Pferdehänger ausliehen und zu unserem Hof zogen, stellte sich als erstes Hindernis heraus, dass unser Wagen solch einen schweren Pferdehänger leider gar nicht ziehen durfte, - schon gar nicht zusammen mit dem Gewicht von zwei Pferden!

Also mussten wir in den sauren Apfel beißen und liehen uns zähneknirschend noch einen teuren Mietwagen mit mehr PS dazu, damit wir überhaupt den gebuchten Urlaub antreten konnten ...

Das wurde ein wirklich teurer Urlaub! Was noch dazu kam, war, dass sich Annie erst nach etwa 2,5 Stunden langen, nervenaufreibenden Verladeversuchen überreden ließ, in den Hänger zu gehen, wohingegen Muck hineinstapfte, so als habe sie niemals etwas arideres getan.

Die 10 Tage in Cuxhaven belohnten uns dafür mit schönen Ausritten und einer unbeschwerten Zeit. Die Pferde genossen ihre große Weide, wir die Zeit mit ihnen zusammen und alleine am Meer.

Doch zurück wollte Annie danach noch viel weniger in den Hänger.

Und erst mithilfe zwei weiterer Reitersleute sowie einem Tierarzt, der sie uns extra hierfür sedieren musste, bekamen wir sie schließlich hinein. Wir waren nervlich wirklich am Ende, als wir danach endlich aufbrechen und nach Hause konnten!

Im Jahr danach, 2017 half uns glücklicherweise unsere Trainerin mit ihrem eigenen Fahrzeug, Hänger und der zusätzlichen Hilfe ihres Freundes bei unserem Verladeproblem, um den Urlaub wiederholen zu können. Mit vier Leuten und viel Geduld ging es sehr viel besser.

Doch auch dieses Mal kostete es wieder einiges an Zeit, Nerven und nicht zuletzt einen gewissen Obolus, um den Transport der beiden Pferde zu bewerkstelligen.

Todesmutig hatte ich nun auch für dieses Jahr zum dritten Mal die zwei Wochen Urlaub mit unseren Pferden bei demselben Pferdehof nahe Cuxhaven gebucht.

Aber wie sollten wir dieses Mal dorthin gelangen? Sollten Hin- und Rückfahrt wieder genauso aufwendig, anstrengend und obendrein kostspielig werden wie in den Vorjahren?

Ich grübelte: Es musste doch eine Alternative geben, die für uns alle vier machbar und vor allem sehr viel angenehmer wäre als das, was wir bislang probiert hatten?!

Ok, Annie wollte nicht gern in den Hänger, das war ein Fakt.

Angeblich hatte sie sich als junges Pferd mal beim Verladen aufgespult und dann überschlagen. Solch traumatische Erlebnisse setzen sich in Pferdeköpfen fest und brauchen viel Zeit und konsequentes Training, um wieder überschrieben werden zu können.

Die übliche und vor allem schlüssige Konsequenz daraus wäre nun gewesen, mit ihr regelmäßig das Verladen zu üben, damit der Vorgang nicht mehr solch einen Stress bei ihr auslösen würde und sich normalisieren konnte.

Aber dazu hätten wir ja nicht nur jedes Mal einen Hänger und das passende Fahrzeug ausleihen, sondern man hätte das Training auch ständig wiederholen müssen. Obendrein hätte es auch zusätzlich immer noch eine dritte Person gebraucht, da jemand danebenstehen und Muck halten musste. Denn ohne Muck in der Nähe wurde Annie schnell unruhig und wollte schon mal gar nicht mehr mitmachen.

Und all diesen Aufwand nur, damit wir 1x im Jahr mit den beiden in den Urlaub fahren konnten?

Was für ein immenser, aufwendiger Organisations- und Kostenaufwand wäre es allein für uns geworden, nur um sie für diese Verladesituation zu trainieren!

'Dann reiten wir eben dorthin!', so entfuhr es mir genervt.

'Du spinnst ja!', bekam ich als prompte Antwort von meinem Mann zurück.

Was anfänglich wie eine Schnapsidee wirkte, war damit aber ausgesprochen und nun in der Welt ...

Zunächst wirkte es absurd und absolut undenkbar, nach Cuxhaven zu reiten. Denn das waren doch wenigstens 100 Kilometer von hier aus, vielleicht sogar mehr! Wie lange, bitte, würde man für solch eine Strecke mit Pferden brauchen? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, schließlich hatte ich das auch noch nie gemacht.

So dachte und tüftelte ich fortan immer weiter an dieser verrückten Idee herum, zu der ich immer mehr Lust bekam, je mehr ich darüber nachdachte: Wanderreiten!

War das nicht die Königindisziplin des Freizeit- und Geländereitens:

eben nicht immer wieder nach Hause zurück zu müssen, sondern in unbekanntes Gebiet vorzustoßen, jede Nacht woanders zu bleiben, eine große Distanz zu meistern und stetig voran zu kommen?

Sofort entstanden romantische Bilder vor meinem inneren Auge, wie Cowboys am Lagerfeuer ihr Lager aufschlagen, ihren Kaffee in Emaillebechern auf glühenden Kohlen kochen, während ihre Pferde in der Dunkelheit das Gras der Pairie rupfen ...

Hm, o.k.. In Deutschland darf man ja nicht überall kampieren oder Feuer machen, und die freie Prairie haben wir hier leider auch nicht gerade. Ganz so frei und ungeplant wie die Cowboys kann man einen Wanderritt in Deutschland also nicht unbedingt angehen.

Das Wichtigste bei der ganzen Überlegung schien zu sein, dass unsere Pferde ebenso wie wir selber am Ende des Tages gut versorgt sein würden und ein sicheres Plätzchen zum Übernachten hätten.

Mit anderen Worten: Wir müssten also Stationen für unsere Tagesetappen finden und uns darüber Gedanken machen, wie Reiseproviant, unser Reisegepäck, sowie Pferde- und Futterkram auch immer dorthin gelangten, wo wir es gerade brauchten.

Das alles unseren Pferden zusätzlich aufzuladen wäre mit Sicherheit eine komplette Überforderung für unsere beiden Ladys gewesen. Da hätte es wohl eher noch zwei zusätzliche Lasttiere gebraucht ...

Aber vielleicht ging das alles ja auch noch anders?

Die Umsetzung dieser Idee würde in jedem Falle eine umfangreiche Vorbereitung erfordern, das wurde unmittelbar klar.

Todesmutig zog ich auf einer Karte eine gerade Luftlinie zwischen Meinershagen und Cuxhaven und unterteilte diese erst in vier, dann in fünf gleiche Strecken-Etappen.

Das mit den Stationen wäre natürlich eine Sache, die gut vorbereitet werden musste. Mindestens ebenso wichtig war es aber auch, geeignete Reitwege zu finden, denn die waren nirgendwo verzeichnet.

Im Idealfall hieß das: Die gesamte Strecke zuvor selber abzufahren und zu erkunden. Da lag also doch noch recht viel Arbeit vor uns ...

Die Vorbereitung ...

Wie kommt alles von A nach B?

Am wichtigsten schien zunächst die Klärung unserer drängendsten Frage: Wo sollten wir jeweils am Ende einer Tagesetappe übernachten?

Ich persönlich bin zu mancher Schandtat bereit, wenn es darum geht, eine Idee umzusetzen. So hätte ich mir auch durchaus gut vorstellen können, im Zelt zu übernachten.

Doch das kommt zum einen für Uwe nicht infrage, und zum arideren war mir auch nicht ganz klar, wie man die ganze Ausrüstung hierfür mit sich führen soll.

Soll neben dem, was man tagsüber an Proviant und Klamotten so braucht denn nun auch noch Schlafsack, Zelte und Schlafsäcke auf die Pferde?

Diese Gepäcklast erschien mir selbst schlicht zu groß.

Natürlich sind wir nicht die Ersten, die sich Gedanken über diese Problematik machen. So hat sich in Deutschland z.B. 'Bett und Box' gebildet, ein Netz aus Hotels, die neben Hotelzimmern auch eine Unterbringung von Pferden anbieten.

Die Idee ist natürlich toll. Doch ganz abgesehen von den ansehnlichen Übernachtungskosten sind wir ja auch sonst keine Hotelgängerlnnen.

Doch vor allem die Unterbringung unserer Ladys in einer dunklen Pferdebox erscheint uns geradezu einer Bestrafung gleichzukommen.

Bei uns leben sie immerhin rund um die Uhr im Offenstall und an der frischen Luft.

Abgesehen davon ist es aber sowieso sehr unwahrscheinlich, dass wir solche 'Bett & Box'-Angebote ausgerechnet passend und entlang der von uns ausgesuchten Route vorfinden würden.

Bei professionell geführten Trekkingtouren begleitet in der Regel immer eine dritte Person die ganze Unternehmung, die alle benötigten Dinge parallel transportiert und die Ankunft vorbereitet. Wir hätten also solch eine dritte Person gebraucht. Doch so jemanden haben wir schlicht nicht.

Da wir ziemlich ländlich wohnen, und Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte etc. leider nicht mal eben so mit dem Fahrrad zu erreichen sind, besitzen wir jedoch notgedrungen zwei Autos.

Und das eröffnet uns wiederum die Möglichkeit, die Organisation rund um einen Wanderritt mit nur zwei Personen zu bewerkstelligen.

Während der Pfingsttage hatten wir schon einmal zwei Tage selbst organisierten Urlaub mit den Pferden 'geprobt': Wir sind mit beiden Autos zusammen zu einem befreundeten Paar gefahren, haben den größeren Wagen mit Pferdefutter, Ausrüstung und dem Wohnwagen dort gelassen und sind mit dem kleineren wieder zurück zu den Pferden, um loszureiten.

So fanden wir bei unserer Ankunft unser vorbereitetes 'Basiscamp' vor, mit allem, was wir benötigten.

Wäre es also nicht denkbar, auf dieselbe Weise auch die gesamte Distanz bis nach Cuxhaven zu organisieren?

Man müsste dann also jeweils mit zwei Autos und Wohnwagen zum nächsten Tagesziel Vorfahren, das Auto mit dem Wohnwagen als Basiscamp dort lassen, mit dem anderen Auto zurück zu den Pferden, die Etappe reiten, und anschließend den zurückgelassenen Wagen eben wieder nachholen ...

Auf diese Weise könnten wir Gepäck, zusätzliche Pferdeausrüstung und unsere Übernachtungsmöglichkeit. Zug um Zug parallel zu unseren Reitetappen von Station zu Station bewegen.

Das klingt ganz schön umständlich und vor allem aufwendig. Es hat jedoch einen riesigen Vorteil, der nicht von der Hand zu weisen ist:

Damit sind wir Selbstversorgerinnen und benötigen von den jeweiligen Gastgeberinnen lediglich ein Stück Wiese und Wasser für die Pferde und für uns nur etwas Leitungswasser und den Stellplatz für den Wohnwagen.

Im Idealfall würden wir vielleicht noch ein Klo und sogar mal eine Dusche benutzen dürfen. Aber da wir in früheren Jahren auch schon Wildcampen waren, reichen uns zur Not für den Toilettengang auch Klappspaten und ein Busch. Mit anderen Worten: Wir sind äußerst pflegeleicht.

Nun gilt es nur noch, Leute mit entsprechenden Übernachtungsmöglichkeiten zu finden, die sich idealerweise auch noch jeweils dort befinden, wo wir auf unserer Strecke gern übernachten möchten ...

Die Übernachtungsstationen

Ich sehe es bereits als Beginn unseres spannenden Abenteuers, die geplanten Tagesetappen auszukundschaften und immer dort, wo wir eine Station brauchen, in der Gegend herumzufragen.

So sollten sich doch sicher Leute finden, die nichts dagegen haben, uns für eine Nacht Obdach zu geben. Auf dem Lande gibt es ja eigentlich immer Menschen, die ein Stück ungenutzte Wiese besitzen.

Ich gedachte einfach dort zu fragen, wo ohnehin schon Pferde gehalten werden, oder auch auf Bauernhöfen.

Doch während der Sommerferien hatte ich wieder ganz gut auf meiner Arbeit zu tun, und irgendwie fehlte mir die rechte Zeit, um herumzufahren und herumzufragen. Und dann war es auf einmal nur noch ein knapper Monat vor dem geplanten Start, und wir hatten noch gar nichts sicher - weder Übernachtungsstationen, noch reitbare Wege ...

Mein Mann kam darum zu dem Entschluss, dass meine Idee schlicht unausgereift und nicht genügend durchdacht war.

Seine Meinung: Wir sollten uns besser an den Gedanken gewöhnen, dass auch in diesem Jahr beide Ladys eben wieder in den Hänger mussten.

Ich jedoch überlegte, dass ich vielleicht auch noch auf einem arideren Wege versuchen könnte, unsere Idee des Wanderreitens weiter zu verfolgen.

Und so setzte ich kurz entschlossen eine Anzeige bei Ebay rein:

'DRINGEND! Wanderreiterinnen suchen Obdach für ihren Weg von Worpswede nach Cuxhaven.'

Ich setzte ein Bild von mir und Muck in die Anzeige und listete dazu unsere geringen Anforderungen an eine Übernachtungsstation auf: ein Stück Wiese, Stellplatz für den Wohnwagen, Wasser, gerne ein Klo ...

alles andere brächten wir als Selbstversorgerinnen mit.

Ich schrieb genau auf, nahe welcher Ortschaften ungefähr wir meiner Meinung nach Stationen benötigten und hoffte nun einfach darauf, dass wir auf diese Weise vielleicht ein oder zwei Leute als Gastgeberinnen gewännen. Auf diese Weise blieben dann vielleicht nicht mehr so viele Stationen übrig, die man zusätzlich noch selber suchen müsste.

Was soll ich sagen: Das Echo auf die Anzeige war überwältigend!

Schon nach dem ersten Tag hatte ich zwei Angebote, und es kamen stündlich immer mehr herein.

Manchmal waren es auch nur Leute, die die Idee des Wanderreitens an sich gut fanden. So begannen einige der überaus netten Antworten mit: 'Wir sind zwar nicht auf Eurer Strecke, doch falls ihr bei uns vorbei kommen wollt ...'

Und dann gab es auch noch welche, die sich am besten gleich an uns drangehängt und mitgeritten wären, oder die erfahren wollten, wie wir das alles organisierten, und ob man sich mal treffen könnte ...

Fast war ich überfordert von der Flut all dieser Nachrichten!

Ich antwortete aber gewissenhaft auf alle und fand heraus, dass immerhin schon zwei Angebote gut zu unserer Strecke passten: Bokel und Sellstedt.

Gleich an einem der nächsten Wochenenden besuchten wir diese beiden Stationsangebote - und lernten richtig nette Menschen kennen!

Die erste war eine Frau in Bokel mit einer gepachteten Weide. Sie bot uns Regenwasser, einen Roundpen für die Pferde und eine Wiese für den Wohnwagen an.

An dieser Station hätten wir zwar für die Nacht kein fließend Wasser und keinen Strom, aber das würden wir überleben, denn für unsere Ladys war es ideal: Die Weide lag schön abgelegen und hatte eine wundervolle Aussicht. Wir würden niemanden stören und wären ganz für uns.

Die junge Frau war unglaublich nett und erzählte uns, dass sie selbst schon nach Berlin und sogar bis nach Polen Wanderreiten gemacht hatte. Ich war wirklich beeindruckt! Zusammen mit einer Freundin war sie die Strecke allerdings hauptsächlich gelaufen - denn die Pferde mussten das Gepäck und ihr Zelt getragen. Im Gegensatz zu uns waren sie auf diese Weise jedoch sehr flexibel, konnten jederzeit irgendwo spontan ihr Nachtlager aufschlagen und mussten dadurch ihre Wandertour natürlich nicht halb so durchplanen wie wir.

Wir wollten wissen, wie man bei dieser Art des Wanderreitens dann nachts die Pferde sicher unterbringt?

Sie erzählte, dass sie bald davon abgekommen sei, hierfür immer einen mobilen Elektrozaun mit Batterie mitzunehmen und aufzustellen.

Dass es so was gab, hatte ich auch schon herausgefunden. Doch sie bestätigte meine skeptische Annahme, dass der Auslauf einerseits recht klein und dann auch nicht sonderlich robust sei. Bei Panik könnten Pferde solch einen mobilen Zaun leicht umreißen. Sie sei darum dazu übergegangen, zwischen zwei Bäumen ein Seil zu spannen und die Pferde daran anzuleinen, sodass sie in Ruhe grasen und sich immerhin hin- und herbewegen könnten.

Ich bestaunte ihren Mut. Doch für uns und unsere beiden Ponys war das keine vorstellbare Variante, schon gar nicht bei unserer allerersten Wanderreittour überhaupt ...

Das andere Angebot kam von einem Pärchen in Sellstedt, zu dessen Grundstück auch ein Stück Weide gehörte. Sie benötigten diese gerade nicht und boten sie uns gerne zur Übernachtung an. Die Wiese lag nah am Haus, sodass die Versorgung mit Trinkwasser gesichert war.

Benutzung von Klo und sogar der Dusche in ihrem Haus boten sie uns zusätzlich an. Ich war ganz gerührt.

Diese Leute kannten uns ja gar nicht und zeigten sich dennoch so gastfreundlich. Wie toll war das denn!

Die Frau erzählte uns, dass sie noch bis vor einiger Zeit eine Warmblutstute besessen hatte, die aber in einem Pensionsstall untergebracht gewesen sei. Die sei ziemlich 'verrückt' gewesen, sehr schreckhaft, kopflos im Gelände. Es war für die junge Frau absolut undenkbar, sich eine Wanderreittour wie die unsere mit ihrem ehemaligen Pferd vorzustellen. Sie beneidete uns für unser Vorhaben und freute sich schon auf unser Kommen und auf die Geschichten, die wir bei unserer Ankunft zu erzählen hätten.

Einmal in der Gegend versuchten wir auch gleich, den Weg von Sellstedt aus Richtung Hymendorf abzufahren. Das war der Ort, der als Ziel unserer nächstes Streckenetappe von hier aus perfekt lag.

Doch wir hatten dort noch niemanden, der sich bei uns mit einer Übernachtungsmöglichkeit gemeldet hatte.

Nach etwas Sucherei fanden wir hier immerhin einen eingetragenen Pferdepensionsstall, den ich über googlemaps herausgesucht hatte.

Doch leider erhielten wir dort eine Absage: Sie hätten in diesem trockenen Sommer kaum genug Heu für die eigenen Pferde. Darum könnten sie uns leider nichts anbieten.

Wir waren entmutigt.

Was, wenn sich neben den bisherigen Stationen nun nichts mehr fände? Bedrückt fuhren wir Hymendorf ab - ein lang gezogenes Straßendorf, ähnlich dem, in dem wir selber wohnen, - und kamen auf unserer Suche bei einem Waldweg an.

An diesem Waldweg war ein kleinerer Bauernhof gelegen, sozusagen ideal als Station für uns!

Wild entschlossen bat ich Uwe anzuhalten, um hier nach Obdach zu fragen. 'Mehr als 'Nein', kann er ja nicht sagen', fand ich, und suchte den Bauern.

Wir klingelten und wurden von einem älteren Mann in den Kuhstall gewiesen. Sein Sohn würde dort gerade melken. Wir gingen hinein, trugen unser Anliegen vor und ... es gab ein breites Grinsen und ein 'Jo, dann kommt einfach mal vorbei. Ich bin sowieso immer da.'

Wir bräuchten nicht einmal vorher anzurufen, so winkte er ab. Er sei ja immer hier. Und dann zeigte er uns eine Kuhweide hinter dem Haus, ob die gehen könnte, und einen Platz zwischen seinen Silagebergen für unseren Wohnwagen. Ich war glücklich!

Nein, er wolle dafür nichts haben. Man träfe sich ja immer zweimal im Leben. Und wenn man helfen könne, wieso solle man das nicht tun?

Schließlich würden zwei Pferde in zwei Nächten so viel nicht wegfressen, und die Wiese sei ja auch noch ganz gut in Schuss.

Glücklich zogen wir davon.

Nun fehlte nur noch eine Station - in Richtung Nordholz!

Und tatsächlich kam innerhalb der nächsten Woche dann auch noch ein Angebot herein - aus Nordholz!

Das Wochenende darauf fuhren wir hoffnungsfroh hin. Doch hier erschien uns zum ersten Mal alles nicht so optimal zu sein: die Weiden waren bis zur Erde abgefressen, wir sollten auf Wunsch der Besitzerin Heu dazukaufen und hätten mit dem Wohnwagen obendrein auch noch direkt vor dem Hauseingang stehen sollen.

'Kann ja nicht alles so ideal sein', so versuchte ich uns beide anschließend zu beschwichtigen. Wir bedankten uns und gingen mit dem Gefühl, dass es einfach noch nicht ganz das Richtige war.

Ich hatte auf der Karte nur grob geschaut und 'Nordholz' an der Stelle gelesen, wo wir gern eine Übernachtungsstation gehabt hätten. Doch auf der Autokarte war mit dieser Bezeichnung lediglich die Ausfahrt kenntlich gemacht worden. Das eigentliche Nordholz - und damit auch die angebotene Übernachtungsmöglichkeit - lag viel weiter links ab von unserem Weg, als das für uns nötig gewesen wäre. Und damit hätte es für uns einen erheblichen Umweg bedeutet.

Ich schrieb die Anzeige nochmals um und suchte nun nach jemanden in Midlum. Das schien mir die genaue Mitte zwischen Holte-Spangen und Hymendorf zu sein.

Doch es meldete sich niemand auf die neue Suchanzeige.

Das letzte Wochenende vor unserem Start fuhren wir nun selber einfach nochmals dorthin, baldowerten den direktesten Weg Richtung Altenwalder Heide aus und landeten auf einem alten Postweg, der durch das Dorf Midlum führte.

Hier musste doch was zu finden sein!

Die Frau aus Nordholz hatte uns bei unserer Nachfrage einen Reitstall in Midlum empfohlen. Doch als wir dort ankamen, war der Verantwortliche nicht da, und außerdem war alles so, wie wir es eher nicht wollten: Der Pensionsstall wirkte professionell, die Pferde waren in Boxenhaltung untergebracht und der Hof gepflastert.

Es war Samstag, auf dem Midlumer Markt fand gerade ein Fest statt, und dort war laut Auskunft des Stallknechts auch der Besitzer, den wir hätten fragen müssen.

Das war alles sehr unbefriedigend, und so zogen wir unverrichteter Dinge wieder ab.

Mag sein, dass man in Pensionsställen dieser Art rein theoretisch leicht mal ne Nacht bleiben kann. Aber solche Pferdeställe sind in erster Linie auf eine dauerhafte Pferdeunterbringung und nicht auf kurzfristige Übernachtungsgäste eingestellt. Noch viel weniger auf welche wie uns, die relativ individuell und mit ihren Pferden zusammen auf einem Stück Wiese bleiben möchten.

Wir waren enttäuscht und ein wenig ratlos.

Sollten wir jetzt unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren?

Ich schlug vor, noch ein wenig in der Gegend herumzufahren und zu schauen, ob wir nicht selber etwas Passenderes finden könnten. Wir brauchten doch nicht viel, nur ein Stück Wiese!

Wieder zurück am alten Postweg zeigte sich dann auch wirklich etwas:

Durch die Reihenhäuser schimmerte grün eine Weide, und auf dieser konnten wir Pferde grasen sehen.

An die Weide kam man gar nicht so leicht heran. Man musste von hinten über einen Feldweg fahren. Es fühlte sich allerdings ziemlich illegal an, einfach von hinten an Privatgrundstücke heranzufahren ...

Wir fanden zwei Wiesengrundstücke, eines mit Pferden darauf, das andere mit Stall und Roundpen. Aber es war kein Mensch zu sehen.

Wir fanden schnell heraus, welches Haus zu dem Grundstück gehörte und kamen wieder von der arideren Seite dorthin.

Die Hausnummer hatten wir - doch leider gab es keinen Namen auf dem Klingelschild, und es öffnete auch niemand auf unser Klingeln.

Ich wollte schon aufgeben, als mein Mann kurzerhand an den Briefkasten ging, um von einer Briefsendung Name und Adresse abzunehmen. Mit dem Handy gab er das dann ins Internet ein und ...

wir bekamen eine Festnetznummer!

Wir wählten, doch niemand nahm ab. Aber nun konnten wir es ja wenigstens auch noch mal von zu Hause aus probieren.

Voller Hoffnung nahmen wir die Telefonnummer mit und wünschten uns inständig, dass sich nette Leute mit einem guten Herz dahinter verbargen.

Und einige Tage später endlich erreichte ich auch tatsächlich einen recht verdutzten Menschen, der zu der Adresse gehörte.

Ich trug mein Anliegen vor, und obwohl er uns ja nicht kannte - uns nicht einmal je zu Gesicht bekommen hatte - sagte er einfach zu.

Wir sollten uns den Tag davor bitte nochmals melden, aber das ginge klar.

Wow! Was hatten wir doch für ein unglaubliches Glück!

Erster Testritt

So ganz blutige Anfängerinnen sind wir natürlich nicht.

In unserer Freizeit sind wir viel im Gelände unterwegs, sodass unsere Pferde schon einiges kennen. Man kann die beiden also durchaus als erfahrene Geländepferde bezeichnen.

Bei längeren Ausritten nehmen wir kleinere Sattelhorntaschen mit, in denen wir etwas Proviant dabei haben. Und ein paar nützliche Angewohnheiten haben wir auch schon mit unseren Ponys eingeübt:

So bekommen die beiden beispielsweise immer nach dem Aufsitzen einen Apfelschnitz. Das klingt vielleicht gar nicht so spektakulär, bringt aber den angenehmen Effekt mit sich, dass sie beim Aufsteigen ruhig stehen bleiben, abwarten bis wir oben sind, und sich dann erwartungsvoll zu uns umdrehen, um ihren Apfelschnitz zu bekommen.