Full Shot - Christoph W. Bauer - E-Book

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Christoph W. Bauer

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Beschreibung

Tiefenbronn ist Einzelgänger, mit seiner Drohne dreht er Filme für den privaten Gebrauch. Auf diese Art wird er eines Tages Zeuge eines Verbrechens - oder selbst zum Opfer? ***Erzählung Nr.12 aus dem Sammelband "In einer Bar unter dem Meer"*** Die Figuren in Christoph W. Bauers Erzählungen mögen auf den ersten Blick verschroben wirken. Dabei sind sie vertrauter, als einem lieb ist: Sie trauern verpassten Chancen nach, verrennen sich in Träume, sind unglücklich in ihren Berufen, sprechen von Treue und wandern von einem Bett ins andere, geben sich kühl und erfahren, im nächsten Moment innig und schmachtend. In den unterschiedlichsten Tonarten sprechen sie an, was wir alle kennen: Einsamkeit, Sehnsucht, Liebe und Verlust. Temporeich und direkt sind Bauers Geschichten, manchmal kurz und energisch wie ein Punksong, manchmal eigenbrötlerisch und elegisch wie ein Blick aufs Meer. Dabei oft von einer bestechenden Komik und voll plötzlicher Wendungen, die unversehens den Blick öffnen auf eine Wirklichkeit, die uns alle betrifft. Alle Erzählungen aus "In einer Bar unter dem Meer": Zwei plus eins Die Meidlinger Bellevue Kalifornien Tannertschok Irgendwo in Deutschland Samsas Erben Windburgen Der Fall Branzer Traunstein Das Gewicht Fassbare Formen Eine Melange im Nirgendwo Schusstechnik Relaunch, Schauraum sieben Emira und das Meer Figuren Stecknadeln

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Seitenzahl: 16

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Christoph W. Bauer

Full Shot

Erzählung

„Und glaub ich noch ans Meer, so hoffe ich auf Land.“

Ingeborg Bachmann

Mild, aber grau, Tiefenbronn schloss das Fenster. Er sehnte den Sommer herbei, und dass endlich wieder Leben in die Gärten kam. Seit Tagen vertrösteten die Meteorologen, aber fürs Wochenende waren Sonne angesagt und ein deutlicher Anstieg der Temperaturen. Vorsorglich hatte er ein Batterielager angelegt und das Equipment überprüft, die Rotoren geölt, hier und dort ein Schräubchen nachgezogen. Jetzt war alles perfekt, brauchte nur noch einzutreffen, was die Wetterfrösche orakelt hatten.

Um sich bei Laune zu halten, schaute er sich die Videos vom letzten Jahr an. Waren bemerkenswerte Filme dabei. Er hatte sie selbst bearbeitet, gutes Auge, ruhige Hand, die Maus sein verlängerter Finger, er war mit dem Joystick aufgewachsen. Dennoch unterliefen ihm Fehler, und manchmal schoss er nachts schweißgebadet hoch, stürzte in Pyjamahosen und Trägershirt an den Computer, um in dessen Papierkorb zu fischen nach irgendeiner Datei mit einer Winzigkeit im Inhalt, die ihm im Traum als wesentlich erschienen war.

Tiefenbronn schnappte sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank, rollte sie über Wangen und Stirn, stellte sie auf den Küchentisch. Dort eine angebrochene Schokolade, er knickte eine Rippe ab, kauend fuhr er zusammen, griff sich an die Backe. Schneeweiß das Lächeln der Arzthelferin, einen Latz hatte ihm das Biest umgehängt, ihn hernach in Schräglage versetzt, bis er seine Schuhspitzen hatte sehen können. Nichts Intimeres, als sich ins Maul schauen zu lassen, fremden Händen ausgeliefert. Chapeau, hatte der Arzt ge­sagt, für seine Fünfunddreißig habe er das Gebiss eines Sechzigjährigen. Kein zweites Mal hatte ihn dieser Metzger gesehen, war vor vier Jahren gewesen.