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Fünf Kindergeschichten zum Vorlesen, Lesen und Malen 1. Der kleine Dinosaurier: Philipp ist 6 Jahre alt und beginnt seine erste, große Reise. Auf der Insel findet er eine besonders schöne, türkisblaue Muschel... 2. Der Wurm im Apfel: Armin spielt gerne im Garten. Vergnügt läuft er zum Apfelbaum und beißt herzhaft in einen roten, glänzenden Apfel. Dann geschieht das Missgeschick... 3. Florians Papa wird Hausmann: Flori ist ein glücklicher Junge, der bald zur Schule geht. Das sein Papa Hausmann wird, verunsichert ihn zunächst. Doch dann wendet sich alles zum Guten. 4. Die Wasserspinne: Tommi ist neu in der Stadt und hat noch keine Spielkameraden. Dann lernt er die Spinne Ninchen kennen: 5. Fridolin, der kleine Engel: Der neunjährige Fridolin sitzt im Himmel auf einer Wolke und schaut auf unsere Erde. Er beneidet die Kinder, die dort unten spielen, singen und lachen. Otto, der Ober - Oberengel hat einen tollen Einfall...
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Der kleine Dinosaurier
Philipp war schon sechs Jahre alt und bald begann seine erste große Reise. Doch er war so gerne hier, bei seinen Plüschtieren, Rittern und Bilderbüchern. Was sollten sie ohne ihn machen? Traurig stand er in der Tür zu seinem Kinderzimmer und nahm Abschied von seinem Spielzeug.
„Philipp, kommst du bitte?“, rief seine Mutter von unten zu ihm herauf.
Philipp antwortete nicht. Eigentlich wollte er aus diesem Zimmer nicht weg, schon gar nicht ohne sein Spielzeug.
„Philipp?“, rief seine Mutter noch einmal.
Schließlich nahm er sich ein paar Bilderbücher und klemmte sie sich unter den Arm. Langsam ging er die Treppe hinunter. Mit einer Hand umfasste er das Treppengeländer, während er mit dem anderen Arm mühsam seine Bücher hielt.
„Ach, da bist du ja!“, sagte seine Mutter erleichtert. „Der Papa ist bereits nervös. Nun lauf flink zum Wagen!“ Sie gab Philipp einen liebevollen Klaps auf den Po, doch ihm war nicht nach Freude zumute. Er hüpfte nicht fröhlich auf,
er rannte auch nicht begeistert los, sondern ging traurig zum Auto.
Dort wartete sein Vater. „Na, kleiner Mann! Kommst du endlich? Wird aber auch bald Zeit!“, sagte er spaßig. Doch als der Papa die Bücher sah, fragte er: „Philipp, meinst du nicht, wir haben genug Spielzeug eingepackt?“
„Aber keine Bücher!“, antwortete Philipp.
„Ja, ja! Ist gut!“, sagte sein Papa und hielt den Kofferraum auf, damit er die Bücher auch noch verstauen konnte.
Eigentlich war sein Vater in sehr guter Stimmung, das spürte Philipp deutlich. Er freute sich auf die Reise, die vor ihnen lag. Ganze vier Wochen. Seine Eltern hatten nämlich im Lotto gewonnen, und zwar sehr viel Geld. Viele Erwachsene träumten davon, schon oft hatte er Leute davon reden gehört. Aber nur wenige hatten dieses Glück. Seine Eltern erfüllten sich nun all ihre Wünsche. Als Erstes hatte der Vater eine kleine Jacht gekauft. Sogar eine eigene Insel hatten seine Eltern sich geleistet, ganz für sich alleine. Es war ein stiller Platz, mitten im tiefen Meer, bisher hatte er ihn nur auf Bildern gesehen. Nun sollte ihre erste große Tour stattfinden. Philipp konnte sich trotzdem nicht freuen.
Ihm taten die Spielgefährten im Zimmer leid. Eigentlich müssten sie alle mitkommen …
Gut gelaunt kam seine Mutter zum Wagen gelaufen. Die Fahrt zum Hafen ging los. Doch Philipp saß trübsinnig auf dem Rücksitz und schaute gelangweilt aus dem Autofenster. Während seine Eltern Lieder aus dem Radio mitsangen, sagte er kein Wort. Er fühlte sich allein!
Seine Eltern gehörten zusammen, er gehörte nicht dazu. Oft kuschelten sie miteinander und gingen händchenhaltend spazieren. Er dagegen war ja nur „ein Kind“. Philipp wünschte sich einen echten Spielkameraden. Lieber noch: ein Geschwisterchen. Diesen Wunsch konnten ihm seine Eltern nicht erfüllen. Da half auch kein noch so großer Lottogewinn.
Nach einer kurzen Fahrt sahen sie den Hafen. Stolz zeigte der Papa auf sein Prachtstück: eine weiße Jacht. Sie war wirklich wunderschön. Für einen Augenblick vergaß Philipp seine Spielgefährten. Alles kam ihm wie ein Traum vor. Nun war er Wirklichkeit.
Nachdem sie alle Sachen an Bord geladen hatten, begann die Traumreise. Zumindest nannten seine Eltern sie so. Doch würden sich auch seine Träume auf dieser Seefahrt erfüllen?
Das Ziel war ihre eigene kleine Insel, auf der sie die kommenden vier Wochen verbringen wollten. Vielleicht wohnten sie eines Tages für immer dort, nur sie drei: Papa, Mama und er.
Wenn ich wenigstens einen Hund bekäme, dachte Philipp. Aber nein, das geht ja nicht. Seine Mutter reagierte allergisch auf Tierhaare. Insbesondere auf die von Hunden und Katzen. Wie schade! Aber damit musste er sich wohl abfinden.
Doch manches Mal kommt einem das Schicksal zu Hilfe. Meist passiert es, wenn wir es am wenigsten erwarten …
Gedankenverloren sah Philipp auf das weite Wasser und träumte vor sich hin. Bald kam sein Papa hinzu. „In wenigen Tagen erreichen wir die Insel“, sagte er.
Ein wenig freute Philipp sich jetzt auch. Sicher gab es dort viel zu erforschen: exotische Wälder, abenteuerliche Höhlen und ganz neue Tiere. Das würde bestimmt Spaß machen.
Als seine Mutter ihm abends eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas, die ebenfalls von einer Insel handelte, war seine Neugier endgültig geweckt. Sie erzählte ihm von Piraten, Schätzen im Sand und farbenfrohen Papageien. Bald schlief er glücklich ein.
Doch schon am nächsten Morgen kam ein Schatten über seine Urlaubsstimmung. Philipp fühlte sich hundeelend. Ihm war übel und ständig hatte er das Gefühl, sein Essen erbrechen zu müssen.
„Mein Gott, Kind!“, rief seine Mutter besorgt. „Du bist ja ganz blass. Was fehlt dir?“
Seltsamerweise nahm sein Papa die Sache gelassen. „Du bist bald so weiß wie das Schiff“, sagte er scherzhaft. „Aber keine Sorge, die Seekrankheit ist nicht schlimm und in ein paar Tagen sind wir da.“
Philipp blieb vorerst in der Kajüte. In diesem kleinen Wohn- und Schlafraum fand er es durchaus gemütlich. Doch ihm war derart übel, dass er nicht einmal ein Bilderbuch anschauen mochte. Warum geht es mir so schlecht?
Die Eltern vermuteten, dass es an der Aufregung lag. „So eine Reise ist ja hart für ein Kind“, sagte seine Mutter immer wieder. Aber sein Gesundheitszustand besserte sich nicht.
Als er einmal aufstand, hinausging und auf das Meer schaute, wurde ihm derart übel und schwindelig, dass er sich umgehend übergab. Nein, für Philipp war diese Reise wirklich nicht schön. Die reinste Quälerei!
Leider hatten seine Eltern keine Medikamente an Bord. Woher hätten sie auch wissen sollen, dass er die „Seekrankheit“ bekam? So jedenfalls hatte Papa es genannt.
Doch bereits am nächsten Tag kamen sie an ihrer heiß ersehnten Insel an. Zumindest seine Eltern freuten sich. Philipp hoffte, auch er konnte hier ein Abenteuer erleben.
Auf der Insel wohnten sie in einem kleinen Holzhaus. Es war geradezu winzig, aber immerhin bekam er ein Zimmerchen für sich. Zudem war die Hütte mit „dem Notwendigsten“ eingerichtet, wie Papa es sagte. Das sollte wohl heißen, es gab Betten, Küche, eine Badewanne und Toilette.
Philipp legte sich sogleich aufs Bett. Es ging ihm nach wie vor nicht gut, doch wenigstens hatte das lästige Schaukeln aufgehört. Oh, wie schön diese Ruhe war! Nie wieder wollte er eine Schiffsreise unternehmen. Jedenfalls nicht ohne Medizin! Während er sich in die Kissen kuschelte, räumten seine Eltern das Gepäck ins Haus. Sie schienen sich pudelwohl zu fühlen.
Nach getaner Arbeit boten sie Philipp einen Spaziergang an.
„Komm raus aus den Federn“, sagte der Vater fröhlich.
„Die Seeluft wird dir gut tun.“
„Ja“, antwortete er und freute sich über die Abwechslung. Philipp ging mit seinen Eltern am Strand entlang spazieren und bewunderte die tollen Muscheln, die das Meer ans Ufer spülte. Begeistert taufte er die Insel „Muschelinsel“,
denn so viele Muscheln hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Selig lag er abends in seinem Bettchen, träumte von dem weichen Sand, den großen Muscheln, dem blauen Meer und schlief zum ersten Mal wieder die Nacht durch. „Philipp!“, rief die Mutter am nächsten Morgen. „Das Frühstück ist fertig!“
Wohlig reckte sich Philipp und stand vorsichtig auf. Tatsächlich, dachte er, ich bin wieder gesund. Kein Schwindel, kein Unwohlsein! Erfreut öffnete er die Tür. Vor sich sah er seine Eltern am Tisch sitzen. Darauf dufteten Brötchen, Früchte, Milch, Kekse und Orangensaft. Oh, wie appetitlich das aussah! Hastig schlang er sein Frühstücksbrot hinunter.
„Nicht so hastig!“, mahnte seine Mutter. „Dein Magen muss sich noch erholen.“
Trotzdem aß Philipp eilig weiter. Er fühlte sich wie ausgehungert. Endlich konnte er wieder ohne Übelkeit essen. Er bekam nicht einmal Bauchweh. „Nun ist genug!“, sagte seine Mama. „Iss lieber in einer Stunde noch etwas. Zu viel auf einmal ist nicht gut!“
Philipp nickte und schob den Teller weg. In sein Bäuchlein passte ohnehin nichts mehr hinein. Dafür schwärmte er nun von den vielen Muscheln, die am Strand lagen.
„Hast du Lust, die Insel zu erkunden?“, fragte sein Papa.
„Jaa!“, jubelte Philipp. Übermütig lief er mit seinem Vater über die Insel. Philipp bückte sich hier und dort, schaute hinter die Palmen und
ließ seiner Fantasie freien Lauf. „Mein Märchenwald!“, rief er und wedelte fröhlich mit einem Palmenblatt.
„Einen hübschen Namen hast du dir ausgedacht“, lobte der Papa. „Jetzt haben wir eine Muschelinsel und einen Märchenwald.“
„Und ein Hexenhäuschen!“, fügte Philipp hinzu. Sein Papa lachte und erklärte: „Das Haus vergrößern wir natürlich – nach und nach.“
„Baut euch doch noch ein Haus! Ich behalte dann das kleine!“
„Na ja, wir werden sehen“, meinte der Vater und dachte: Der Gedanke wäre mir als kleiner Bub auch gekommen. Deshalb sagte er: „Eigentlich hast du recht. Eine gute Idee! Sicher können wir die einmal verwirklichen.“
Philipp bekam die Worte seines Vaters kaum mit. Er lief bereits auf den Strand zu und bewunderte die Vielzahl der Muscheln. Hier wollte er bleiben und spielen! Dieser Ort war wunderbar! Aber dem Meer drehte er vorsichtshalber den Rücken zu. Sobald er auf die Wellen schaute, wurde ihm erneut übel.
„Wenn du möchtest“, sagte sein Papa, „können wir ein paar Muscheln sammeln. Die Mama freut sich sicher.“
„Aber nur ganz schöne!“, antwortete Philipp begeistert. Munter begaben sie sich auf die Suche. Sein Papa hatte wenig Ahnung vom Muschelsammeln. Nach einer Weile legte er sich in den warmen Sand und schlief sogleich ein. In aller Ruhe sammelte Philipp weiter die
hübschesten Muscheln auf, die er finden konnte. Es vergingen einige Stunden …
„Philipp! Philipp!“, hörte er seine Mutter rufen. „Wo seid ihr?“
„Hier sind wir!“, rief Philipp zurück. „Hier unten!“
„Kommt! Das Essen ist fertig!“
„Jaaa …! Wir kommen!“
Sein Vater erwachte und sah erschrocken auf die Uhr. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, fragte er. Bevor Philipp antworten konnte, sagte er jedoch versöhnlich: „Ach, der Papa ist dumm! Du hast ja Muscheln gesammelt!“
Stolz zeigte Philipp ihm seine kleinen Kunstwerke. Nur eine Muschel behielt er in seiner Hosentasche. Es war ein besonders schönes Stück mit einer faszinierenden Farbe: Türkisgrün! Die Muschel war Philipps Geheimnis. Niemand außer ihm sollte sie je sehen. Die anderen schenkte er seiner Mutter.
„Ach, wie schön!“, freute sie sich. „Das ist lieb von dir!“
Beinahe hätte Philipp auch sein Geheimnis herausgeholt. Er hielt es gerade noch zurück. Doch nun plagte ihn sein schlechtes Gewissen. Hätte er seiner Mutter nicht gerade den schönsten Schatz schenken sollen?
Abends holte er seine Geheimnismuschel ins Bett. Auch zu Hause hatte er immer das mit ins Bett genommen, was er gernhatte. Heute war es die Lieblingsmuschel. Er betrachtete sie von allen Seiten und sprach sogar zu ihr. In gewisser
Weise war die Muschel ein Ersatz für den Spielkameraden, den er sich so sehr wünschte. Vorsichtig legte Philipp sie auf sein Kopfkissen und schlief ein.
In der Nacht wurde er durch ein ungewohntes Geräusch geweckt. „Pieps, pieps“, ertönte es. Und wieder: „Pieps, pieps!“
Reglos lag Philipp in seinem Bett und horchte. Diese Geräusche klangen unheimlich, er traute sich kaum zu atmen. Langsam öffnete er die Augen.
In dem dunklen Zimmer konnte er fast nichts erkennen. Dafür hörte er die Klänge umso mehr: „Piep, piep!“
Er konnte sich nicht erklären, woher das dauernde „Piep, piep“ kam. Am liebsten hätte er nach seinen Eltern gerufen, doch selbst das wagte er nicht. Das „Piep, piep“ wurde zwar nicht lauter, aber jetzt hörte er es häufiger.„Piep, piep, piep!“, hallte es zu ihm hin. Und sodann schneller: „Piep, piep, piep, piep, piep!“
Endlich gab sich Philipp einen Ruck und überwand seine Furcht. Ruckartig drehte er sich um und sah direkt in zwei leuchtende Augen.
Ein Schreck erfasste ihn. Flink lief er zum Lichtschalter und knipste das Licht an. Er traute seinen Augen nicht.