Es gibt eine Zukunft für uns - Anne Bodmann - E-Book

Es gibt eine Zukunft für uns E-Book

Anne Bodmann

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »Hallo, Mutti!« Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen begrüßte Rebekka ihre Mutter. Die bleichen Wangen des jungen Mädchens zeigten einen rosigen Schimmer. Mit ihr wehte ein Hauch frischer Luft ins Zimmer. Leichtfüßig durchquerte Rebekka den Raum. Erstaunt blickte Gerlinde von Dalthey ihre Tochter an. Sie schien verändert zu sein. Als Rebekka vor drei Stunden das Haus verlassen hatte, war ihr Gesicht ernst und traurig gewesen, ihre Mundwinkel traurig nach unten verzogen, der Kopf gesenkt. »Wo warst du, Rebekka?« fragte die Mutter. »Nun, wie immer«, erwiderte das junge Mädchen leichthin. »Ein Spaziergang in Richtung Wernershöh.« Frau von Dalthey wußte genug. Zwischen den Dörfern Dalthey und Wernershöh lag der kleine Waldfriedhof, Rebekkas tägliches Ziel seit drei Jahren. »Und ich hatte schon gedacht…« Frau von Dalthey vollendete den Satz nicht. »Was hattest du gedacht?« fragte Rebekka. »Du sahst so glücklich aus, als du eben hereinkamst. Nicht mehr so traurig.« »Ich habe Veilchen gesucht, Mutti, und sie Eberhard aufs Grab gelegt. Auf einmal war mir, als hörte ich seine Stimme. Ich konnte sie ganz deutlich hören. Er hat gesagt, er kennt mich gar nicht mehr. Ich soll wieder die werden, die er einmal geliebt hat.« »Das war ein guter Rat. Wirst du ihn dir zu Herzen nehmen?« »Ach, Mutti, das sagt sich so leicht und ist so schwer. Seit damals dachte ich immer, ich könnte niemals wieder fröhlich sein. Aber heute, als ich ihn sprechen hörte, da war mir plötzlich, als fielen mir Zentnerlasten von der Seele. Mir wurde so leicht und froh. Auf einmal konnte ich daran denken, wie ich auf

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Fürstenkrone – 107–

Es gibt eine Zukunft für uns

Kann Rebekka dem geheimnisvollen Heiko vertrauen?

Aenne Bodmann

»Hallo, Mutti!« Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen begrüßte Rebekka ihre Mutter. Die bleichen Wangen des jungen Mädchens zeigten einen rosigen Schimmer. Mit ihr wehte ein Hauch frischer Luft ins Zimmer. Leichtfüßig durchquerte Rebekka den Raum. Erstaunt blickte Gerlinde von Dalthey ihre Tochter an. Sie schien verändert zu sein. Als Rebekka vor drei Stunden das Haus verlassen hatte, war ihr Gesicht ernst und traurig gewesen, ihre Mundwinkel traurig nach unten verzogen, der Kopf gesenkt.

»Wo warst du, Rebekka?« fragte die Mutter.

»Nun, wie immer«, erwiderte das junge Mädchen leichthin. »Ein Spaziergang in Richtung Wernershöh.«

Frau von Dalthey wußte genug. Zwischen den Dörfern Dalthey und Wernershöh lag der kleine Waldfriedhof, Rebekkas tägliches Ziel seit drei Jahren.

»Und ich hatte schon gedacht…« Frau von Dalthey vollendete den Satz nicht.

»Was hattest du gedacht?« fragte Rebekka.

»Du sahst so glücklich aus, als du eben hereinkamst. Nicht mehr so traurig.«

»Ich habe Veilchen gesucht, Mutti, und sie Eberhard aufs Grab gelegt. Auf einmal war mir, als hörte ich seine Stimme. Ich konnte sie ganz deutlich hören. Er hat gesagt, er kennt mich gar nicht mehr. Ich soll wieder die werden, die er einmal geliebt hat.«

»Das war ein guter Rat. Wirst du ihn dir zu Herzen nehmen?«

»Ach, Mutti, das sagt sich so leicht und ist so schwer. Seit damals dachte ich immer, ich könnte niemals wieder fröhlich sein. Aber heute, als ich ihn sprechen hörte, da war mir plötzlich, als fielen mir Zentnerlasten von der Seele. Mir wurde so leicht und froh. Auf einmal konnte ich daran denken, wie ich auf andere wirken muß. Ich stellte mir vor, daß Eberhard mich heute sehen würde, so trübsinnig, so in mich gekehrt. Nie hätte er sich in mich verliebt. Sag, Mutti, habe ich es euch schwergemacht? War ich eine Last für die Familie? Habe ich nur an mich und an meinen Kummer gedacht?«

Bewegt schloß Frau von Dalthey ihre Tochter in die Arme. »Es ist ja nur natürlich, daß man um einen lieben Menschen trauert.«

»Ja, nicht wahr?« sagte Rebekka lebhaft. »Du weißt es ja selbst, Mutti. Du hast ja Vati auch verloren. Und ich dummes Ding habe gemeint, nichts kann so schlimm sein, wie mein eigener Schmerz.«

Rebekka befreite sich aus den Armen der Mutter.

»So, und nun will ich mich endlich wieder einmal nützlich machen.«

»Was willst du tun?«

»Einen Kuchen backen, Mutti. Denk dran, daß Viola übermorgen nach Dalthey kommt. Käsekuchen, den mag sie doch.«

Erstaunt und erleichtert blickte Frau von Dalthey ihrer Jüngsten nach. Eine erstaunliche Wandlung war mit Rebekka vorgegangen. Es war, als habe sie sich plötzlich wieder dem Leben zugewandt. Mit einem leichten Seufzer nahm die Mutter ihre Handarbeit wieder auf. Sie dachte an den Tag, der Rebekkas Leben so grausam verändert hatte.

Noch vor drei Jahren war Rebekka der Sonnenschein des Hauses gewesen. Sie war ein fröhlicher Wirbelwind, vor dessen Übermut niemand sicher war. Gerade achtzehn Jahre war sie alt, als sie sich mit dem Erben des Nachbargutes verlobte. Es war eine Verbindung, die ganz nach dem Herzen der beiden Familien gewesen war. Doch dann war das Unglück geschehen. Rebekka, die erst vor wenigen Wochen den Führerschein erworben hatte, saß am Steuer. Eberhard begleitete sie. Da verlor ein entgegenkommender Fahrer die Gewalt über sein Fahrzeug, geriet ins Schleudern und stieß frontal mit Rebekkas Auto zusammen. Er allein trug die Verantwortung für den Unfall.

Wie durch ein Wunder war Rebekka unverletzt geblieben, während ihr Verlobter noch an der Unfallstelle starb.

Rebekkas Trauer kannte keine Grenzen. Sie wurde immer stiller und blasser, sie zerquälte sich mit Selbstvorwürfen. Sie wünschte sich in verzweifelten Stunden, daß sie zusammen mit dem Geliebten den Tod gefunden hätte. Auch als ihr Schmerz ruhiger wurde, kehrte ihre alte Fröhlichkeit nicht zurück. Es schien, als sei für immer alle Lebensfreude von ihr gewichen. Nie, nie würde sie einen anderen Mann lieben können wie Eberhard, dessen war sie sicher. Und nie würde sie aufhören, um ihn zu trauern.

So sehr sich ihre Mutter um sie bemühte, so sehr man sie abzulenken und aufzuheitern versuchte, Rebekka blieb untröstlich. Wieder seufzte Frau von Dalthey. Seit langem hoffte sie, daß die Schatten der Vergangenheit blasser werden würden. Ein so junger Mensch kann doch nicht ewig trauern, sagte sich die Mutter. Heute hatte ihre Hoffnung neue Nahrung bekommen. Rebekka schien aus ihrer Lethargie aufzuwachen.

Bella, die braune Spanielhündin, hob ihren Kopf. Dann sprang sie auf und bellte verhalten. Bisher hatte sie behaglich zu Füßen ihrer Herrin gelegen. Besuch? Gerlinde von Dalthey hatte noch nichts gehört. Doch die wachsame Bella hatte sich nicht getäuscht. Kurz darauf stand ein junger Mann vor der Gutsherrin. Er verbeugte sich höflich. Wohlerzogen nannte er seinen Namen.

»Stefan von Gerloff. Ich bin der Neffe von Frau Wagner und möchte den Damen von Dalthey meine Aufwartung machen.«

»Kommen Sie bitte herein«, sagte Frau von Dalthey nervös. Wie gut, daß Rebekka in der Küche beschäftigt war und offenbar die Ankunft des Gastes nicht bemerkt hatte. Seit damals, seit drei Jahren, gab es keine Beziehungen mehr zu den Wagners auf Wernershöh.

»Was führt Sie zu uns?« fragte sie, als Herr von Gerloff auf einem der kleinen Biedermeiersessel im Salon Platz genommen hatte.

»Nun, unter Nachbarn ist es üblich, daß man sich vorstellt und sich bekannt macht. Ich bin ein Neffe von Frau Wagner, weitläufig. Mein Vater war ihr Vetter. Herr Wagner hat sich an die Verwandtschaft zwischen seiner Frau und mir erinnert. Da ich Landwirtschaft studiert habe, meinte er, ich sollte mich in seinem Betrieb umsehen, zumal es ja keinen Erben drüben gibt.«

»Werden Sie der künftige Herr auf Wernershöh sein?« fragte Frau von Dalthey.

»Soweit ist es noch nicht. Mein Onkel Heinrich, ich meine, Herr Wagner, ist noch nicht alt und bei bester Gesundheit. Es ist noch nichts entschieden.«

»Wie denkt Ihre Tante darüber?«

Frau von Dalthey sprach es nicht aus, aber sowohl sie, als auch ihr Besucher wußten, woran sie dachte. Eigentümerin des Gutes war nämlich Frau Wagner, eine geborene Freiin von Gerloff. Ihr Mann, ein tüchtiger Landwirt, hatte nur eingeheiratet.

»Ich fürchte, sie denkt gar nichts. Seit dem Unglück vor drei Jahren ist sie schwermütig. Seit zwei Jahren lebt sie in einem Sanatorium. Sie interessiert sich nicht mehr für ihre Umwelt. Sie denkt nur noch an ihren Sohn.«

»Die arme Frau!« sagte Frau von Dalthey mitfühlend. Insgeheim war sie froh, daß Rebekka nicht anwesend war. Dieses Gespräch hätte ihren Schmerz wieder neu belebt.

»Ehe ich mich verabschiede, möchte ich Ihnen noch eine Einladung übermitteln«, bemerkte Stefan von Gerloff. »Mein Onkel bittet Sie, am Sonntag zum Tee nach Wernershöh zu kommen.«

»Wen meint er damit?« fragte Frau von Dalthey verblüfft. »Mich?«

»Er sprach von Ihnen und Ihren Töchtern.«

»Was mich angeht«, antwortete die Gutsherrin zögernd, »nehme ich die Einladung gern an. Meine Töchter müßte ich erst fragen, ob sie schon etwas vorhaben.«

»Ja, bitte, fragen Sie Ihre Töchter, gnädige Frau«, bat Stefan, dem man die Enttäuschung ansah.

Es war unschwer zu erraten, daß er liebend gern die Bekanntschaft der beiden Dalthey-Töchter gemacht hätte. Offenbar bot ihm das Leben auf Wernershöh nicht genügend Abwechslung.

»Ich kann sie nicht fragen, denn sie sind im Augenblick nicht hier. Viola kommt erst übermorgen zurück.«

Stefan von Gerloff kramte aus seiner Brieftasche einen Brief hervor.

»Ehe ich es vergesse. Hier ist die schriftliche Einladung. Mein Onkel hat Ihnen natürlich auch geschrieben, aber den Inhalt wissen Sie ja bereits.«

Gerlinde von Dalthey nahm den Brief entgegen. Zumindest äußerlich hatte sich nichts auf Wernershöh verändert. Bestes Büttenpapier, die schwungvolle Handschrift des Gutsbesitzers… Sie würde den Brief später lesen.

Frau von Dalthey war froh, als sie den Besucher verabschiedet hatte. Wie gut, daß Rebekka nicht hereingekommen war. So blieb ihr ein wenig Zeit, ihre Gedanken zu ordnen. Wie konnte sie Rebekka die Einladung schmackhaft machen? War es überhaupt wünschenswert, sie mitzunehmen? Würden in Wernershöh nicht wieder die alten Wunden aufgerissen? Was hatte Heinrich Wagner zu dieser Einladung veranlaßt? War es der Wunsch, sich wieder mit den Nachbarn zu versöhnen und die unselige Vergangenheit endlich ruhen zu lassen? Oder würde man dort Rebekka nur wieder neuen Vorwürfen aussetzen?

*

Rebekka war nicht lange in der Küche geblieben. Zwar hatte sie den Kuchenteig angerührt, aber als Frau Schrader ihr anbot, den Kuchen fertig zu backen, war sie doch herzlich froh. Das Wetter war so schön, die Luft so mild und lau, die Wiesen schon saftig grün. Da hielt es sie nicht länger im Haus. Frau Schrader war die Haushälterin. Sie war schon so lange hier im Gutshaus, wie Rebekka denken konnte. Sie lebte ganz für die Familie, sie teilte ihre Sorgen und ihre Freuden. Sie hatte wohl bemerkt, daß Rebekka heiterer zu sein schien. Die treue Seele war glücklich darüber.

Draußen atmete Rebekka in tiefen Zügen. Wie schön war es hier! Warum hatte sie so lange keine Augen für alle Schönheit ringsumher gehabt? Die Fohlenkoppel fiel ihr ein. Hatte es nicht neue Fohlen auf Gut Dalthey gegeben? Vor Wochen schon waren sie geboren worden, und Rebekka hatte sie noch nicht einmal besucht. Das mußte sie sogleich gutmachen!

Die Stute wieherte leise, als Rebekka auf die Weide kam und ihr freundlich über die Blesse strich.

»Gute, alte Sarah«, murmelte Rebekka. Sie wußte ja, daß Sarah keine lauten Stimmen mochte.

»Du hast ein hübsches Hengstfohlen, gute Sarah. Endlich schaue ich es mir an. Es ist das schönste Fohlen, das je auf Dalthey geboren wurde. Ja, ganz bestimmt. Und da habe ich nicht einmal Zucker für die stolze Mutter. Darf ich dein Baby auch einmal streicheln?«

Behutsam strich Rebekka durch die weiche Mähne des dunklen Fohlens. Es hatte die gleichen weißen Vorderfüße wie seine Mutter, doch statt der Blesse einen weißen Stern auf der Stirn.

»Ob du einmal ein Reitpferd für mich wirst?« fragte Rebekka lachend.

Das Pferdchen drückte sich ängstlich an seine Mutter und schaute Rebekka aus großen braunen Augen an.

»Wir werden uns schon noch kennenlernen«, meinte Rebekka vergnügt. »Und einen Namen brauchst du auch noch.«

Dann wandte sie sich zum Gehen. Ihr war, als seien ihr endlich wieder die Augen geöffnet. Sie hatte viel verloren, aber wieviel war ihr geblieben! Sie hatte tausend Gründe, trotz allem dankbar zu sein.

Dann schlenderte sie weiter. Als Rebekka am Weidenpfad um die Ecke bog, stand plötzlich ein junger Mann vor ihr. Erstaunt blickte sie ihn an. Hierher verlief sich selten ein Fremder. Irgend etwas in seinem Gesicht war ihr vertraut, schien ihr bekannt und zugleich fremd zu sein. Auch der junge Mann schaute sein Gegenüber prüfend an.

»Fräulein von Dalthey?« fragte er überrascht. »Ich wußte nicht… Ich dachte, Sie seien nicht zu Haus.«

»Wie Sie sehen, bin ich wirklich nicht im Haus. Ich war auf der Fohlenweide. Und was führt Sie hierher?«

»Ich bin der Neffe von Frau Wagner. Ich bin drüben Gutsvolontär. Vorhin war ich im Gutshaus der Daltheys, um den Damen eine Einladung meines Onkels zu überbringen.«

Aus Rebekkas Gesicht war jeder Blutstropfen gewichen. Mühsam zwang sie sich zu einer Antwort.

»Welche Damen?«

»Frau von Dalthey und ihre Töchter. So sagte es jedenfalls mein Onkel. Werden Sie kommen?«

Seine Augen bettelten. Rebekka wurde etwas weicher gestimmt.

Offenbar kannte dieser Stefan von Gerloff die Vergangenheit nicht.

»Ich bin Rebekka. Sagt Ihnen das nichts?«

»Rebekka und Viola. Sie haben klangvolle Namen. Ich hoffe, Sie werden beide kommen.«

Er weiß es wirklich nicht, stellte Rebekka fest.

»Ich wundere mich sehr, daß Herr Wagner uns einlädt. Wir haben seit Jahren keine Beziehungen mehr zu den Nachbarn.«

»Das hat er mir erklärt. Seit dem Unfalltod ihres Sohnes hatten die Wagners alle Geselligkeiten vermieden. Er meint, es sei an der Zeit, sich wieder an alte Freunde zu erinnern.«

»Wie reizend von ihm«, sagte Rebekka spöttisch.

Etwas verwundert schaute Stefan auf.

»Was haben Sie gegen ihn? Er ist ein liebenswürdiger und gutmütiger Herr.«

»Es gab eine Zeit, da sah ich in ihm meinen Schwiegervater. Ich war mit Eberhard verlobt, ich steuerte das Unglücksauto. An meiner Seite fand er den Tod. Es war ein furchtbarer Schmerz. Für mich, aber auch für seine Eltern. Aber sie verstanden mich nicht. Sie sahen nicht, wie sehr ich litt. Sie richteten all ihren Haß gegen mich, vor allem Frau Wagner. Verstehen Sie nun, wie sehr mich die Einladung erstaunt?«

Stefan schaute betreten auf den Boden.

»Ich hatte keine Ahnung«, sagte er bekümmert. »Wir hatten wenig Kontakt mit den Verwandten. Ich wußte lediglich, daß die Wagners ihren einzigen Sohn verloren haben. Die Umstände waren mir ganz unbekannt. Wahrscheinlich will mein Onkel sich mit Ihnen versöhnen, vielleicht will er wiedergutmachen, was man Ihnen angetan hat.«

»Es war ja vor allem seine Frau, von ihm kamen keine Gehässigkeiten.«

»Meine Tante ist gemütskrank. Sie kam später in ein Sanatorium. Wahrscheinlich kündigte sich ihre Krankheit schon vorher an, so daß man sie für ihre Ausbrüche nicht verantwortlich machen kann.«

»Vielleicht haben Sie recht«, räumte Rebekka ein. »Aber trotzdem werde ich nicht kommen. Drüben auf Wernershöh erinnert mich jeder Baum und Strauch an Eberhard. Ich könnte es nicht ertragen. Ich bin noch nicht soweit.«

»Schade«, sagte er. Man sah ihm an, daß sein Bedauern aufrichtig war.

»Vielleicht kommt Viola«, meinte Rebekka.

»Hoffentlich. Das Leben auf Wernershöh ist ganz schön stumpfsinnig. Ein bißchen Gesellschaft mit jungen Leuten wäre mir sehr willkommen.«

»Da werden Sie sich mit Viola bestens verstehen. Sie findet das Landleben auch stumpfsinnig.«

»Fein!« lachte Stefan. »Hoffentlich überträgt sie ihre Abneigung nicht auch auf die Landwirte.«

Vielsagend wiegte Rebekka ihren Kopf hin und her.