Männer, Stahl und Pulverrauch - G.F. Barner - E-Book

Männer, Stahl und Pulverrauch E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Jake Cook fuhr sich mit dem Handrücken über die Oberlippe. Dort stand der Schweiß in kleinen Perlen, wenn Cook Angst hatte. Und nun hatte er Angst, denn er wußte, wie Fletcher sein konnte: gemein, brutal – ein eiskalter Mann, der erst zuschlug und dann fragte. Fletcher schlägt mich tot, dachte Cook, der schlägt mir alle Knochen entzwei, wenn er es jemals erfährt. Der stämmige Jake Cook blieb neben seinem Pferd stehen und blickte zur Schuppentür. Dunkelheit lag über dem Hof von Clintons Ranch und Pferdehandlung neunzehn Meilen östlich von Dodge City in Kansas. Nirgendwo brannte noch Licht, es war totenstill. Und doch steckte die Furcht in Cook, daß Fletcher vielleicht nicht schlief, sondern wach war und wartete. Einen Moment dachte Cook an Kathrine, das Mädchen mit den barocken Formen, dem üppigen Busen, den ausladenden Hüften, dem blonden Haar und lockenden Lächeln. Genauso hatte sie schon damals gelächelt, als Cook noch bei Sibleys Landing zu Hause gewesen war. Sie hatte im Heu gehockt, die Beine angezogen, den Rock hochgeschoben, so daß er ihre runden Knie gesehen hatte. Damals – das war so verdammt lange her – aber Cook hatte das Mädchen Kathrine niemals vergessen, weil es sein erstes Girl gewesen war. Ein paar Jahre älter war Kathrine gewesen, sie hatte ihn, den kräftigen Jungen, ins Heu gelockt. Und dann hatte sie ihm das beigebracht, was aus einem Jungen einen richtigen Mann machte. Jake Cook lauschte, blickte zum Schuppenfenster, aber alles blieb still. Sie schlafen, dachte Cook, bestimmt schlafen sie alle, auch Fletcher. Diese verfluchte Angst vor seinen Fäusten! Wo Fletcher hinschlägt, da wächst kein Gras mehr, so ist das. Ich werde ihm nicht sagen, daß ich Kathrine Geld gegeben habe. Früher hat sie es mal umsonst mit mir gemacht, da hatte sie Spaß dran, wenn ich sie packte und richtig ins Heu warf.

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G.F. Barner – 186 –

Männer, Stahl und Pulverrauch

G.F. Barner

Jake Cook fuhr sich mit dem Handrücken über die Oberlippe. Dort stand der Schweiß in kleinen Perlen, wenn Cook Angst hatte. Und nun hatte er Angst, denn er wußte, wie Fletcher sein konnte: gemein, brutal – ein eiskalter Mann, der erst zuschlug und dann fragte.

Fletcher schlägt mich tot, dachte Cook, der schlägt mir alle Knochen entzwei, wenn er es jemals erfährt.

Der stämmige Jake Cook blieb neben seinem Pferd stehen und blickte zur Schuppentür. Dunkelheit lag über dem Hof von Clintons Ranch und Pferdehandlung neunzehn Meilen östlich von Dodge City in Kansas. Nirgendwo brannte noch Licht, es war totenstill. Und doch steckte die Furcht in Cook, daß Fletcher vielleicht nicht schlief, sondern wach war und wartete.

Einen Moment dachte Cook an Kathrine, das Mädchen mit den barocken Formen, dem üppigen Busen, den ausladenden Hüften, dem blonden Haar und lockenden Lächeln.

Genauso hatte sie schon damals gelächelt, als Cook noch bei Sibleys Landing zu Hause gewesen war. Sie hatte im Heu gehockt, die Beine angezogen, den Rock hochgeschoben, so daß er ihre runden Knie gesehen hatte.

Damals – das war so verdammt lange her – aber Cook hatte das Mädchen Kathrine niemals vergessen, weil es sein erstes Girl gewesen war. Ein paar Jahre älter war Kathrine gewesen, sie hatte ihn, den kräftigen Jungen, ins Heu gelockt. Und dann hatte sie ihm das beigebracht, was aus einem Jungen einen richtigen Mann machte.

Jake Cook lauschte, blickte zum Schuppenfenster, aber alles blieb still.

Sie schlafen, dachte Cook, bestimmt schlafen sie alle, auch Fletcher. Diese verfluchte Angst vor seinen Fäusten! Wo Fletcher hinschlägt, da wächst kein Gras mehr, so ist das. Ich werde ihm nicht sagen, daß ich Kathrine Geld gegeben habe. Früher hat sie es mal umsonst mit mir gemacht, da hatte sie Spaß dran, wenn ich sie packte und richtig ins Heu warf. Ich dachte wirklich, sie würde es umsonst machen.

Cook war langsam zum Corral geritten, hatte abgesattelt, dann war er zum Gatter gegangen, und sein Pferd war ihm gefolgt.

»Hau schon ab«, zischelte Cook, als er das Gatter schloß. »Verschwinde!«

Jake Cook ging leise los, hob den Riegel der Schuppentür sacht an und hörte die Männer schnarchen. Amos McQuinn röchelte immer im Schlaf, während Snyder so tief schnarchte, als müßte er einen dicken Baum durchsägen.

Nur leise, dachte Cook, leise hinein, den Sattel ablegen, dann schlafen.

Er zog die Tür auf, hielt die Steigbügel des Sattels mit der Linken fest, damit sie nicht aneinanderschlugen und durch ihr Geklirre womöglich Fletcher weckten.

Der stämmige Mann stand nach einem Schritt im Stall. Hier war es stockfinster, draußen jedoch war Mondschein. Und gegen den Mondschein hob sich Cook etwas zu deutlich ab.

Fletcher sah ihn so genau, als wäre es Tag, als er die Linke abfeuerte und der Hieb im Magen von Cook landete. Aus Cooks Mund brach ein Laut, der Carlos Sanchez an ein Rülpsen erinnerte.

Harry Gipsum hörte den seltsamen Rülpser auch. Er stand links an der Schuppenwand und sah, daß sich Fletcher noch einmal bewegte. Diesmal traf Fletchers knochige Riesenfaust den stämmigen Jake Cook am Kopf. Der Schlag schleuderte den bereits eingeknickten Cook wieder in die Höhe, legte ihn nach hinten um und ließ ihn mit dem Kopf an den Türbalken fliegen. Holz dröhnte dumpf, und McQuinn, der so laut geröchelt hatte, als ob er wirklich tief schliefe, glaubte schon, daß Cooks Schädel den Stoß nicht aushalten würde.

Der Sattel war längst von Cooks Schulter gefallen, nun fiel der Mann ihm nach, ein immer kleiner werdender Schatten, der als dunkler Fleck neben dem Sattel liegenblieb.

»Licht!« befahl Fletcher mit einem Knurren, das Gipsum an das wilde Knurren eines Präriewolfes erinnerte. »Licht!«

Der einzige Mann, der nun kicherte, war Carlos Sanchez. Sanchez kicherte immer, wenn andere starben oder zerschlagen wurden. Irgendwie hatte er seinen sadistischen Spaß daran.

Er nahm die Laterne und riß ein Streichholz an. Im aufflackernden Licht starrten die Männer auf den zusammengesunken in der Tür liegenden Jake Cook. In Gipsums Augen war ein bösartiges Glitzern. Henry Snyder blickte mit seinen Fischaugen starr auf den reglosen Cook hinab. McQuinn erhob sich aus dem Heu, zupfte einen Halm von seinem Rockärmel und blies ihn gedankenverloren weg. Casey ­Jones grinste. Er hatte mal von Cook, als sie sich um ein Girl gestritten hatten, Prügel bezogen. Nun freute es ihn, daß Cook am Boden lag und alle viere von sich streckte.

»Casey, mach ihn munter!«

Auch das gefiel Casey Jones. Damals hatte ihn Cook in einen Tränketrog getaucht und beinahe ersäuft. Nun kam Caseys Revanche, eine billige Rache, die ihn nichts kostete, nur etwas Muskelarbeit.

Jones holte den vollen Wassereimer, wartete ab, bis Fletcher sich gebückt und Cook in den Schuppen gezerrt hatte. Dann leerte er den Eimer.

Carlos Sanchez hatte die Tür geschlossen, hielt die Laterne hoch und beobachtete, wie das Wasser aus dem Eimer stürzte und sich über Cook ergoß.

»Casey, Henry, helft ihm hoch!«

Sie waren gewohnt, daß Fletcher nur knappe Befehle gab. Henry Snyder und Casey Jones bückten sich langsam. Cook bewegte die Arme, stöhnte. Er patschte mit den Händen in der Wasserlache und faßte sich mit schlammbeschmierten Händen an den Bauch. Sie rissen ihm die Arme zur Seite und stellten ihn auf die Beine. Er knickte sofort wieder ein, aber sie zogen ihn erneut hoch.

Anfänglich schien Cook nicht zu begreifen, was mit ihm passiert war. Irgendwie mußte sein Verstand in Unordnung gekommen sein. Es dauerte jedoch nur eine Minute, bis Cook zusammenfuhr, den Kopf hob und dann Fletcher vor sich stehen sah. Im selben Moment wurde Cook steif vor Schreck oder Furcht.

»Na?« erkundigte sich Fletcher finiter. »Was hatte ich gesagt, wann solltest du zurück sein, du Hundesohn? Am Abend! Und wie spät ist es jetzt? In einer halben Stunde wird es hell. Was für ein Weib war es diesmal?« Zweimal hatte Fletcher Cook schon gedroht gehabt. Dreimal warnte Fletcher keinen Mann seines Vereins.

»John«, stöhnte Cook. »John, es ist – es war…« Seine Stimme erstickte in einem Lallen. Cook hatte noch nicht genug Luft, um vernünftig sprechen zu können.

»Sieh ihn dir gut an, Snyder«, forderte Fletcher Henry Snyder finster auf. »Er und du, ihr habt denselben Fehler: Weiber! Cook, wieder irgendein billiges Weib?«

»Nein – nein«, würgte Cook. »Das war – das ist Kathrine gewesen. Nicht – nicht schlagen, John, nicht schlagen! Ich erkläre es, ich kann alles erklären, John, hör mich wenigstens an.«

»Anhören?« fauchte Fletcher. Er ballte die Hände und starrte Cook wütend an. »Keine Frauen in unserem Geschäft! Habe ich das nicht hundertmal gesagt? Es gibt keine Frau, die den Mund halten kann, sie sind alle geschwätzig und diebische Elstern. Wer ist Kathrine, Mensch?«

»Unsere Nachbarstochter aus Sib­leys Landing«, stieß Cook hervor. »John, ich schwöre dir, es ist das Mädchen, von dem ich euch erzählt habe. Sie war Köchin bei Sibley – die Köchin, erinnerst du dich?«

»Davon hat er wirklich mal erzählt«, sagte Snyder. »He, sie ist doch nicht etwa in Dodge City?«

»Ja«, stöhnte Cook. »Sie arbeitet in Hillmans Saloon. Als sie mich sah, wollte sie wissen, wie es so zu Hause aussieht. Wir kamen ins Reden, John, wirklich, wir kamen ins Gespräch über die alten Zeiten.«

»Und später hast du mit ihr im Bett gelegen, was?« knirschte Fletcher. »Ich kenne dich doch, du Halunke! Was hatte ich dir gesagt?«

»Ich habe ja aufgepaßt«, sagte Cook verzweifelt, als Fletcher die Rechte hob. »Die Pferde sind gut angekommen, Markus Loccum kassiert bestimmt morgen oder übermorgen ein. John, ich wollte ja pünktlich zurück sein, aber…«

»Aber da war diese Katy, und da war ihr Bett, du alter Hundesohn«, knurrte Fletcher. »Und da hast du nicht widerstehen können, eure Jugenderlebnisse fortzusetzen, was? Dir werde ich beibringen, meine Befehle zu vergessen!«

»John, ich…«

Der schrille Aufschrei Cooks erstickte in einem Gegurgel. Fletcher schlug ihn zweimal unter die Rippen, den dritten Hieb jagte er ihm ans Ohr, und der einknickende Cook hörte den Kansas-City-Posaunenchor die Instrumente anblasen. Es war eine fürchterliche, kreischende Heulmusik, die Cooks Trommelfelle zu zerreißen drohte.

»Du Drecksferkel!« fuhr ihn Fletcher an. »Noch einmal, Mister, dann breche ich dich in Stücke, verstanden? Da hast du den Rest!«

Der Schwinger riß Cooks Kopf hintenüber. Für Cook ging die Welt in feurigen Ringen unter.

»Schmeißt ihn vor die Tür!« befahl Fletcher eisig. »Soll er sich draußen einen abfrieren, vielleicht bringt ihn das zur Vernunft, was?«

Casey Jones grinste, als er Cook einen Stoß gab. Der stämmige Cook flog vor dem Schuppen zu Boden. Casey wollte hinter ihm die Tür schließen, doch Fletcher stellte den Stiefel zwischen die Tür und den Balken.

»Warte!«

John Fletcher trat ins Freie, stieg über den besinnungslosen Cook hinweg und blieb dann mitten im Hof stehen.

»Ist was?« fragte Amos McQuinn schleppend. Er konnte den Dialekt des langsam sprechenden Südstaatlers nicht ablegen. »John, Jake hat Augen und Ohren, oder?«

»Und wenn er auch alles sieht und hört, er hat getrunken – schwer getrunken, sage ich dir«, antwortete Fletcher mürrisch. »Es braucht nur jemand in der Stadt gewesen zu sein, der ihn mal mit uns zusammen gesehen hat, dann haben wir bald genug Ärger, Amos.«

»Es gibt nur wenige Männer, die von ihm und uns wissen«, gab Amos McQuinn zurück. »Du solltest dir keine Sorgen mehr machen, John. Sie wissen bestimmt nicht, daß wir hier sind.«

Fletcher schwieg. Man suchte ihn in drei Staaten wegen Mordes, sein Steckbrief hing in jedem Marshal- und Sheriff Office zwischen dem Missouri, dem Rio Grande und dem Republican River. Der Bandit lauschte, machte dann wortlos kehrt, stieß Cook den Stiefel in die Rippen und stieg über ihn hinweg.

Fletcher hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan, er hatte so wenig geschlafen wie seine Männer und damit gerechnet, daß man Cook in Dodge City erwischt hatte.

Amos McQuinn schloß hinter ihm die Tür. Dann legte er sich hin, verschränkte die Arme unter dem Nacken und dachte an Arizona, den Gila Trail und das wilde Leben, das er jahrelang zwischen El Paso und Yuma geführt hatte.

Obwohl McQuinn aus Texas stammte, hatte er sich in Arizona zu Hause gefühlt, und er wäre dort geblieben, wenn der Marshal von Tucson nicht gewesen wäre. Damals war Amos McQuinn quer durch Sonora und Chihuahua nach Texas geflüchtet, um schließlich zu Fletchers Bande zu stoßen.

Hier gibt es keinen Marshal aus Tucson. Gott sei Dank! dachte McQuinn. Hier gibt es nur die Loccums. Und die verlieren, wenn alles klappt, in den nächsten Tagen zwischen zehn- und fünfzehntausend Dollar.

*

Jake Cook kauerte auf den Knien am Tränketrog, und sein Blick traf Casey Jones mit solcher Wut, daß Jones das Grinsen vergaß.

Die Sonne stieg über den flachen Hügel östlich des Arkansas Rivers, tauchte nun das lange Präriegras in feurige Glut und ließ Jones’ Gesicht wie eine erstarrte Bronzemaske wirken.

»Du wirst nie mehr grinsen, verlaß dich darauf!« zischte Cook voller Grimm. »Warte nur ab, bis ich wieder ganz in Ordnung bin, dann haue ich dir die Zähne in den Bauch, du gemeiner Halunke!«

»Jake, ich habe nur einen Befehl ausgeführt und…«

»Und mit welcher Wollust, du Satan!« knirschte Cook giftig. »Das hat dir Spaß gemacht, was? Warte nur, Freundchen, wir rechnen noch ab!«

Cook fror, obwohl es warm war. Er hatte das Gefühl, daß irgend etwas in seinem Magen zerplatzt sein mußte. Die Schmerzen hatten ihn nicht schlafen lassen, und er hatte sich stöhnend unter der von Clintons Wagen herabgezerrten Plane verkrochen. Gegen Morgen war er in eine Art von schmerzgestörtem Halbschlaf gefallen, während sich die anderen noch im Heu gewälzt hatten.

Der Morgen war da, aber Cook sah weder die langsam höhersteigende Sonne, noch achtete er auf die Büsche westlich der Handelsranch Clintons. Cook warf Casey Jones einen giftigen Blick zu, ehe er zum Schuppen sah, aus dem nun Henry Snyder trat.

Snyder gähnte lauthals, setzte sich auf den Stein neben der Schuppentür und stopfte seine Pfeife. Vom Waschen hatte Snyder noch nie etwas gehalten. Im Gegensatz zu Jones, der sich jeden Tag, wenn es ging, rasierte und ordentlich wusch, machte Snyder um jede Art Wasser einen großen Bogen, und danach sah er auch aus.

»Den dreckstarrenden Hundesohn kaufe ich mir auch noch«, knurrte Cook, als Jones zu Snyder blickte. »Wenn ich mit dir fertig bin, Casey, hörst du? Ich sage dir…«

Im nächsten Moment verstummte Jake Cook. Der stämmige Mann sah plötzlich eine Bewegung hinter den Büschen im Westen. Obwohl Cook noch halbtot nach den Schlägen Fletchers war, erkannte er doch binnen einer Sekunde, daß sich nicht nur die Zweige der Büsche im Westen bewegten.

Jemand schnellte aus dem knochentrockenen Bett des Arkansasnebenflusses hoch. Sonne ließ den Gewehrlauf aufleuchten, und Cook warf sich mit einem heiseren Schrei herum.

»Vorsicht – Männer!«

In diesem Augenblick spürte Cook keine Schmerzen mehr, auch das Frieren war vorbei, und er stürzte – die Gefahr erkennend und das kommende Unheil ahnend – am Tränketrog vorbei zum Corral und den Pferden.

Hinter Cook fuhr Casey Jones in die Höhe. Der schlanke und mittelgroße Bandit hatte das Hemd ausgezogen und sich gerade zwei Hände voll Wasser ins Gesicht geklatscht. Jones warf den Kopf herum, sah den Mann um die Hausecke kommen und den Orden an seiner Weste.

»Stehenbleiben!« brüllte der Mann mit dem Marshalstern in der nächsten Sekunde los. Der scharfe Ruf galt Cook, der wie von Furien gehetzt zum Corralgatter raste. »Halt, stehenbleiben, ich schieße!«

Cook hatte seine Revolver längst herausgerissen. Aus vollem Lauf feuerte Jake Cook einen Schnappschuß auf den Marshal aus Dodge City ab. Die Kugel jagte in die Ecke des Südhauses, riß einen handlangen Holzsplitter von einem der Baumstämme und verfehlte den Marshal um mehr als einen Schritt.

Sie zwang Marshal Haynes jedoch zu einem Satz und ließ ihn nicht zum Schuß kommen. Der Marshal stürzte neben der Hausecke zu Boden. Cook rannte, noch einen Schuß auf den Marshal abfeuernd, weiter zum Gatter. Die zweite Kugel riß neben Haynes den Boden auf.

Dann hatte Cook das Gatter erreicht, und er schwang sich an den Stangen hoch. Im gleichen Moment drückte Marshal Haynes ab.

Der Gewehrschuß brüllte über den Hof der Handelsranch. Das Geschoß traf Cook unter den linken Rippen. Er blieb einen Augenblick auf der Gatterstange liegen. Danach neigte sich sein Körper, und er stürzte.

Casey Jones warf sich hinter dem Tränketrog in Deckung. Obwohl Jones ohne Hemd aus dem Schuppen gekommen war, hatte er doch seinen Revolvergurt umgeschnallt.

Jones zog die Waffe, als der Gewehrschuß krachte und Cook tot von der Gatterstange in den Corral kippte.

Irgendwo hinter Jones schrie Fletcher brüllend los. Jones wälzte sich nach links, kam wieder auf die Knie, sah den Marshal hochschnellen und feuerte über den Trog hinweg.

In der nächsten Sekunde knallte es zweimal aus den Büschen. Die erste Kugel fuhr Casey Jones in den Rücken, nachdem sie an dem auf seinem Stein wie erstarrt sitzengebliebenen Henry Snyder vorbeigezischt war.

Jones richtete sich mit einem furchtbaren Schrei auf, und im gleichen Moment erwischte ihn die zweite Kugel. Der Bandit ließ seinen Revolver fallen. Die Waffe klatschte in das Tränketrogwasser. Jones drehte sich unbeholfen zur Seite, seine Hand suchte nach einem Halt. Sie bekam die Kante des Troges zu packen, als irgend etwas dem Banditen die Beine wegzog. Jones sah noch das Wasser auf sich zurasen. Dann stürzte er mit aufgerissenem Mund in den Tränketrog. Das Wasser schwappte über, floß zurück und ergoß sich in Jones Mund. Ein ersticktes Gurgeln war alles, was Jones noch von sich gab. Er blieb tot im Trog und dem sich rot färbenden Wasser liegen.

Im gleichen Augenblick stieß Clinton, der Mann, der von Fletcher eine Unzahl gestohlener Pferde und mehr als zweihundert Rinder gekauft hatte, das schmale Fenster an der Ostseite des Blockhauses auf.

Clinton, ein großer bärtiger Mann, sah jemand am Zaun entlanglaufen Er schoß zweimal auf den Mann, hörte ihn schreien, sah ihn fallen und dann den Pulverball am linken Corralpfo­sten. Von dort aus jagte eine der Männer des Aufgebotes aus Dodge City eine Kugel auf den von der Sonne beschienenen Clinton. Das Geschoß traf Clinton unter den Rippen. Clinton taumelte stöhnend vorwärts, erschien wieder im Fenster und erwischte die zweite Kugel. Sein Gewehr fiel an der Blockhauswand herab, es landete hinter dem herumgefahrenen Marshal Hayes am Boden.

Steward Clinton blieb auf der Fen­sterbank liegen und hörte jenen Krach nicht mehr, mit dem drei Männer das große Schuppentor in der Südwand des Schuppens einrammten.

In diesem Augenblick war Fletcher gerade mit Carlos Sanchez zur kleinen Tür gerannt. Harry Gipsum war im großen Tor, als es ihm entgegenflog. Der eine Torflügel packte Gipsum, schleuderte den Mann zurück und ließ ihn gegen die Zwischenwand der Futterbox und des Heuhaufens fliegen.

Amos McQuinn, der Mann aus Texas, stand auf der Leiter zum Zwischenboden. McQuinn hatte auf den Zwischenboden und zur Luke in der Nebelwand stürmen wollen, als das Tor nach innen aufflog.

Während Harry Gipsum noch nach einem Gewehr suchte, das er beim Anprall gegen die Zwischenwand verloren hatte, blieb McQuinn mitten auf der Leiter stehen.

Der erste Mann richtete sein Gewehr auf ihn und schrie schrill: »Laß die Waffe fallen, sonst blase ich dich herunter, Mann!«

Zwei, drei andere Männer unter Führung von Marshal-Deputy Hayard kamen in den großen Holzschuppen. Einer der Männer schlug Gipsum, obwohl er die Arme hochriß, mit dem Gewehr nieder. Gipsum ging zu Boden.