Tod am Ufer - G.F. Barner - E-Book

Tod am Ufer E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Callahan glitt lautlos wie eine Wüstenratte an den Steinen vorbei. Die anderen vier Mann rührten sich erst, als er die Hand hob. Sie sahen ihn gegen das Feuer, das die Wagen umhüllte. Dann schob sich Callahan das letzte Stück vorwärts. Er erreichte einen der hochstehenden Steine. Sein Schatten verschmolz mit dem Stein. Mondlicht schuf eine geisterhafte Stimmung, in der das Schnauben der Pferde das einzige Geräusch in dieser hellen Nacht war. Blaire, der zweite Mann Callahans, starrte zu dem Steinbuckel. Dort tauchte in diesem Augenblick der Wachtposten auf. »Ssst«, zischte er hinter Blaire. Dort lag Buddy Nelson, ein ziemlich schwergewichtiger Bursche, der eine breite Zahnlücke hatte. Stieß er den Atem mit fast verschlossenen Lippen aus, pfiff die Luft durch diese Lücke, und daran erkannte Blaire, ohne den Kopf wenden zu müssen, daß etwas mit Frankie sein mußte. Verdammt noch mal, dachte Blaire. Wir hätten den Jungen zu Hause lassen sollen. Der verdirbt uns noch alles. Blaire lauschte nicht mehr nach hinten. Er hörte den Posten. Seine Schritte klapperten stundenlang auf den faustgroßen Brocken. Danach war der Wächter in der Senke, und Blaire hob rasch den Kopf.

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G.F. Barner – 274 –

Tod am Ufer

G.F. Barner

Callahan glitt lautlos wie eine Wüstenratte an den Steinen vorbei.

Die anderen vier Mann rührten sich erst, als er die Hand hob. Sie sahen ihn gegen das Feuer, das die Wagen umhüllte. Dann schob sich Callahan das letzte Stück vorwärts. Er erreichte einen der hochstehenden Steine. Sein Schatten verschmolz mit dem Stein. Mondlicht schuf eine geisterhafte Stimmung, in der das Schnauben der Pferde das einzige Geräusch in dieser hellen Nacht war.

Blaire, der zweite Mann Callahans, starrte zu dem Steinbuckel. Dort tauchte in diesem Augenblick der Wachtposten auf.

»Ssst«, zischte er hinter Blaire. Dort lag Buddy Nelson, ein ziemlich schwergewichtiger Bursche, der eine breite Zahnlücke hatte. Stieß er den Atem mit fast verschlossenen Lippen aus, pfiff die Luft durch diese Lücke, und daran erkannte Blaire, ohne den Kopf wenden zu müssen, daß etwas mit Frankie sein mußte.

Verdammt noch mal, dachte Blaire. Wir hätten den Jungen zu Hause lassen sollen. Der verdirbt uns noch alles.

Blaire lauschte nicht mehr nach hinten. Er hörte den Posten. Seine Schritte klapperten stundenlang auf den faustgroßen Brocken. Danach war der Wächter in der Senke, und Blaire hob rasch den Kopf. In der gleichen Sekunde bewegten sich die anderen drei Männer hinter ihm. Der schwergewichtige Nelson kroch wie eine fette Schildkröte los. Sie wußten, daß der Wächter sie nicht mehr sehen konnte, wenn er in der Senke war.

»Komm schon«, zischte Nelson. Er sah sich nach Kid um. Frankie – sie nannten ihn nur Kid. – stierte ihn aus furchtsamen Augen an. Sein Gesicht war bleicher noch als das Grau der Steine unter dem Mondlicht.

»Verdammt, reiß dich zusammen, Kid, vorwärts.«

Frankie biß die Zähne aufeinander. Sie klapperten dennoch vor Furcht, und Nelson beschloß, sich mehr um den Jungen zu kümmern. Sie mußten ihn hart machen.

Der letzte Mann war Gates. Er hatte die Behendigkeit eines Wiesels, und sie nannten ihn manchmal auch »Marder«, weil er gefährlich wie eins dieser Nachttiere war.

Als Gates über die Steine kroch, sah der das Nachtcamp der vier Wagen. Sie hatten vom Rabbit Ear Mountain aus die Wagen am Nachmittag fahren sehen. Es waren Wagen der Bird Company. Sie beförderten meist Verpflegung, und genau das war es, was Callahans Leute brauchten. Sie hatten sonst in Kiowa Wells eingekauft. Die Menge Vorrat aber, die sie brauchten, hatte der einzige Store in jenem Nest nicht vorrätig. Und hätten sie sie bestellt, wäre der Storekeeper mißtrauisch geworden. Sie mußten sich für drei bis vier Wochen eindecken.

Blaire glitt auf die faustgroßen Steine zu. Er spähte nach einer Rinne, nach einem Stück Sand, weil er nicht über die Steine wollte.

Als Blaire an den Steinen lag und sich dagegenpreßte, kam auch Nelson heran.

»Buddy«, zischelte Blaire. »Vorsicht, bleib hier. Ich krieche da runter, für dich ist es zu gefährlich. Du könntest Steine ins Rollen bringen, klar?«

»Yeah«, erklärte Nelson. Sein schwerer, massiger Leib wälzte sich an die Steine. Er sah sich um und winkte dem Jungen, nun in gerader Linie, auf die anderen Steine zuzukriechen. Frankie tat es, kroch aber so ungeschickt, daß Blaire mit den Zähnen knirschte und Nelson unterdrückt fluchte. Sie atmeten beide auf, als Frankie etwa acht Schritt rechts von Nelson an den Steinen lag und kein Stein von ihm angestoßen und den schroffen Hang in den Bach hinabgekollert war.

Zur selben Zeit erreichte Gates schon die spärlichen Mesquitebüsche, die am oberen Rand des Bachschlauches standen. Unter ihm, kaum drei Schritt entfernt, war eine Wagenplane. Aus dem Innern des Wagens drang lautes Schnarchen, während unter dem Wagen jemand in eine Decke gehüllt, schlief. Gates starrte auf den eingehüllten Körper. Eine Sekunde dachte Gates an diesen Mann. Er würde ihn mit einem Satz erreichen können. Danach wendete Gates den Kopf.

Der Posten kam zurück. Der Mann trottete auf die größeren Brocken zu. Hinter den Brocken lag Callahan. Der Posten mußte auf weniger als einen Schritt an Callahan vorbei.

*

Unter den Steinen lag feiner Staub, vermischt mit Steingrus. Die Schritte des Postens knirschten. Dann waren sie vorbei.

In diesem Augenblick schnellte Callahan in die Höhe. Es geschah schnell und eiskalt. Callahan glich einer gereizten Viper, die blitzschnell zustieß. Callahans Gewehr zuckte nach oben. Danach kam der Seitenhieb, mit dem Callahan nach der Schläfe des Mannes zielte. Er hätte ihn töten können, aber Callahan vermied es, jemand umzubringen, wenn es nicht nötig war.

Der Schlag hatte die gewohnte Wirkung. Der Wächter stand erst wie eine Statue vor Callahan. Die lähmende Wirkung hielt kurz an, und Callahan hatte Zeit genug. Er sprang mit einem federnden Satz an seinem Opfer vorbei. Dabei griff seine Hand bereits nach dem Gewehr des Wachtpostens. Callahan fing die Waffe auf, die sich aus den Fingern des Mannes löste. Er riß sie zur Seite, um dann den Mann zu unterlaufen. Der Posten fiel auf Callahans Rücken. Er nahm den Mann herum, legte ihn blitzschnell ab und beugte sich über ihn.

Blaire lag drüben. Gegen den hellen Himmel sah er, wie Callahan den Posten davontrug. Das Messer zwischen den Zähnen, stieß Blaire einen zufriedenen Laut aus. Er hatte nur noch wenige Sekunden zu warten. Callahan würde nicht lange brauchen, um den Mann zu binden und ihm einen Knebel zwischen die Zähne zu stopfen.

Wie alles, was Callahan tat, liefen die Dinge jetzt so ab, wie sie es geplant hatten. Callahan plante jedes Unternehmen mit militärischer Präzision. Er konnte nicht anders handeln. Das Militärdenken steckte zu fest in Callahans Kopf. Der ehemalige Stabsoffizer Callahan hockte oft tagelang an einem Fleck und studierte die Umgebung, an der sie einen Überfall vornehmen wollten. Er hatte es auch hier getan, und Blaire war sicher, daß nichts schiefgehen konnte.

Einen Moment, während Blaire wie die anderen dalag und wartete, dachte er an Mose Stringdale, jenen finsteren, gewalttätigen Mann, der um diese Zeit irgendwo zwischen Fort Union und Camp Nicholls reiten mußte.

Bei aller Brutalität war Stringdale ein umsichtiger, verwegener und eiskalter Bursche. Außer Callahan gab es niemanden in ihrer Bande, der wie Stringdale eine Aufgabe lösen konnte. Der Transport mußte in etwa drei Wochen kommen. Es kam darauf an, die genaue Route, die Begleitmannschaft und die Rastplätze auszuspionieren. Stringdale war der Mann, das zu schaffen. Callahans Bande hauste seit zwei Jahren im Niemandslandstreifen. Man hatte oft Jagd auf die Horde gemacht, und wenn Blaire an die Männer dachte, die dabei gestorben waren, überfielen ihn düstere und beklemmende Gedanken. Es gab genug Leute, die ständig nach ihnen suchten. Einer dieser Männer konnte eines Tages eine direkte Fährte zu ihnen finden. Und was dann geschah, konnten sie sich ausrechnen.

Siebzehntausend Dollar, überlegte Blaire, verdammt, siebzehntausend die haben und dann weit weggehen, eine lange Reise machen… Er schrak leicht zusammen.

Callahan wuchs neben den Steinen hoch. Er stand einen Moment reglos gegen den hellen Mondlichthimmel. Dann hob er die Hand.

In derselben Sekunde ging ein Ruck durch Blaire. Er stemmte sich wie die anderen hoch. Ein Seitenblick flog zu Nelson und Frankie hinüber. Wieder war der Kid etwas langsamer. Er kam mit einem Zaudern auf die Beine.

Verdammt noch mal, dachte Blaire finster. Der Kid macht mich krank. Vic hätte ihn nicht mitnehmen sollen. Aus dem wird nie ein Bandit.

Im nächsten Augenblick huschte Blaire los. Er tat es wie die anderen. Sein Ziel lag dicht vor ihm. Er rannte geduckt und das Gewehr in der Faust auf den nächsten Wagen zu. Seine Schritte ließen den Sand knirschen. Das Schnarchen eines Mannes wurde lauter, und Blaire spannte die Muskeln an, als die Deichsel des einen Wagens vor ihm lag. Dann sprang er über sie hinweg. Er kam von Nordwesten auf das Feuer zu.

Sie liefen sternförmig ihrem Ziel entgegen. Blaire hatte nur Augen für den Mann am Feuer. Sie schliefen dort – zwei Männer, die sich gegenüberlagen und glaubten, mit einem Posten genug zu ihrer Sicherheit getan zu haben. Da sie aus dem Gebiet der Kiowas herausgefahren waren, mußten sie hier sicher sein.

Der erste Mann, den einer der Banditen erreichte, lag unter dem im Süd­osten stehenden Wagen. Dort sprang der kleine, flinke Gates heran. Gates wußte, daß die Erschütterungen des Bodens manchmal einen Mann aufwecken konnten. Der kleine Mann hielt sein Gewehr bereits erhoben, als er geduckt unter den Wagen sprang. Dann sah Gates, wie sich jener Schläfer drehte und aus den Decken wollte. Der Mann hob den Kopf. Er nahm den Arm herum. Sein Gewehr lag direkt neben ihm, und er streckte bereits die Hand nach ihm aus, aber seine Hand erreichte das Gewehr nicht mehr. Gates war zu schnell.

Verflucht noch mal, dachte Gates bissig, der Kerl wird höllisch schnell munter.

Der Mann stieß einen scharfen, schnappenden Laut aus, bevor ihn Gates mit dem Gewehrlauf traf.

Vielleicht fiel der Hieb etwas zu hart aus, denn der Mann flog bei dem Schlag gegen den Kopf herum und krachte an das Vorderrad des Wagens. Dann sackte er zusammen. Der kleine Mann wußte, daß sein Hieb den Beifahrer für einige Minuten außer Gefecht gesetzt hatte. Er kümmerte sich nicht weiter um ihn, sondern packte die Kante des Wagens. Sein Stiefel stemmte sich auf die Radnabe, und der kleine Mann schoß förmlich in den Wagen hinein.

Als Gates über das Kastenbrett hechtete, hörte er den tiefen, schnaufenden Atemzug des Fahrers. Der Mann mußte hinter dem Bock liegen, da das der Schlafplatz aller Fahrer war. Gates irrte sich nicht. Ein Schatten vor ihm fuhr in die Höhe, als Gates die Plane zurückschlug. In derselben Sekunde fuhr der Lichtschein des Mondes in das Wageninnere, und Gates sah den Mann bereits sitzen.

Obwohl kaum fünf Sekunden verstrichen waren, hatte der Laut des Schläfers unter dem Wagen den Fahrer sofort munter werden lassen.

»Buck, bist du…?«

Der Mann fragte etwas, das war sein Fehler. Er hätte gleich nach der Waffe greifen sollen. Als er es tat, war es zu spät. Gates stieß sein Gewehr nach vorn. Er tat es hart und mit aller Kraft, als er sah, wie die Hand des Mannes gegen den Boden zuckte.

Gates warf sich nach vorn. Er landete auf dem Mann, packte ihn an den Aufschlägen der Jacke und zerrte ihn hinaus. Er hatte seinen Teil der Arbeit erledigt.

Rechts von Blaire sprang fast zur gleichen Zeit der schwere Buddy Nelson auf den Drehschemel des nächsten Wagens. Nelsons Gewicht ließ den Wagen schwanken. Der schwere Mann kam in die Höhe, als die Plane vor ihm aufflog. Hoch oben erschien ein Gewehrlauf. Der Fahrer des Wagens stieß mit dem Lauf die Plane auseinander. Unter dem Gewehr durch griffen Nelsons Finger nach dem Mann.

»Hundesohn!« knurrte Nelson. Er stieß sich ab, hielt den schreienden Mann fest und warf sich rücklings vom Transportwagen der Bird Company. Dabei riß er den Mann mit. Nelson glaubte noch einen Hieb mit dem Gewehr des Mannes zu erwischen, ehe er mit dem Rücken auf den Boden krachte. Der Fahrer flog über Nelson hinweg. Seine Beine schlugen in die brennenden Zweige des Feuers. Der Mann wollte herum, aber Nelson hatte sich bereits gerollt. Mit der Faust schlug Nelson an den Kopf des Fahrers. Danach fiel der Mann in sich zusammen. Nelson riß ihn aus dem Feuer und warf ihn zur Seite.

Am Feuer war Blaire wie der Teufel vorbeigerast. Das Messer zwischen den Zähnen, erwischte Blaire mit einem Gewehrhieb den ersten Mann, ehe dessen Schrei das Camp hochjagen konnte. Der nächste Satz brachte Blaire über das Feuer hinweg. Er sprang den zweiten Mann an, rammte ihm den Stiefel vor den hochkommenden Oberkörper und warf ihn so zurück. Jetzt erst hörte Blaire, daß jemand hinter ihm schrie. Männer brüllten los, Nelson fluchte, Körper schlugen zu Boden. Und dann schrie eine Frau gellend und schrill auf.

Blaire fuhr geduckt herum. Es war seltsam, daß er sofort an Frankie Bowles dachte, als die Frau aufschrie. Hier standen drei Wagen der Bird Company. Der vierte Wagen war leichter Bauart und trug keine Aufschrift auf der Plane. Sie hatten ihn für einen Auswandererwagen gehalten und auch die Frau und ein etwa neunzehnjähriges Mädchen an ihm gesehen, ehe die Dämmerung einsetzte und das Feuer brannte. Bowles hatte diesen Wagen besteigen sollen. Jetzt sah sich Blaire nach dem Wagen um und wurde sekundenlang steif vor Schreck.

Der Kid stand schwankend auf dem Bock des Covered. Er hielt seinen Revolver in der Faust, schoß aber nicht.

»Verflucht, warum schlägt er denn nicht zu?« entfuhr es Blaire. »Der verdammte Trottel.«

Frankie Bowles schoß nicht, er konnte auch nicht zuschlagen. Während die eine Frau gellend um Hilfe schrie und die Stimme des Mädchens einfiel, versuchte Bowles vergeblich, seinen Arm zu befreien. Vor Bowles stand ein stämmiger, untersetzter Mann. Er umklammerte Bowles’ Unterarm, so daß Bowles’ Revolver mit der Mündung in den Himmel zeigte. Bowles war kräftig, ein Junge mit harten Muskeln, aber er stand zu schlecht. Im nächsten Augenblick stieß ihn der Mann vor die Brust. Es war ein Hieb, der den Kid einknicken und dann rücklings vom Sitzbrett des Covered über die Kastenwand stürzen ließ.

Im gleichen Moment stürmte Blaire los. Er hatte seine Aufgabe erledigt und war frei für andere Dinge. Blaire sah noch aus den Augenwinkeln, daß Callahan vom ersten Wagen heruntersprang. Doch Callahan würde zu spät an den Wagen kommen.

Blaire lief. Er dachte an das Verbot Callahans zu schießen, als er auf den Wagen zustürzte und der untersetzte, stämmige Mann sich bückte.

Er nimmt sein Gewehr, dachte Blaire. Verdammt, wenn er schießt. Die Patrouille der Armee hört das.

Blaires rechte Hand zuckte zum Mund empor. Der Mann vom Missouri blieb jäh stehen, holte mit dem Messer aus und schleuderte es auf die kurze Entfernung nach dem Mann auf dem Wagenbock. Das Messer drang in die Seite des Auswanderers ein. Es sah aus, als wollte der Mann einen Schritt nach vorn machen. Dabei trat er über das Sitzbrett, knickte ein und stürzte mit einem dumpfen, gurgelnden Laut vom Wagen herab.

Blaire rannte bereits wieder und schwang sich wie eine Katze auf den Bock. Die Frau wich zurück, aber Blaire packte sie und riß sie hintenüber. Die Frau schlug auf dem Wagen hin, den keuchenden, knurrenden Blaire über sich.

»Halten Sie den Mund!« brüllte Blaire die Frau an. »Ruhig hier. Ihnen geschieht nichts, wenn Sie vernünftig sind, verstanden?«

Dann schwieg Blaire und schluckte. Callahan hatte den Wagen erreicht und sprang herauf. Die Plane flog dabei zurück, und Blaire sah nun das Mädchen in vollem Mondlicht stehen. Er stierte sekundenlang und mit herausquellenden Augen auf das nur halb bekleidete Mädchen. Es trug einen Leinenunterrock mit einem herzförmigen Ausschnitt, und Blaire konnte den Ansatz ihrer schneeweißen, starken Brüste sehen. Da sich das Girl in seiner Furcht zurückgelehnt hatte, spannte sich zudem der Leinenstoff über ihren festen, langen Schenkeln.

Blaire würgte. Die letzte Frau, die er für eine Nacht besessen hatte, war eine bereits verglühte Tingeltangel-Lady gewesen. Und das war bereits fast ein Jahr her. Bei dem Anblick des nur halbbekleideten Girls lief Blaire das Wasser im Mund zusammen. Das Girl spürte jetzt seinen starren, brennenden Blick, sah an sich herunter und schlug die Augen nieder. Dann wich es zurück, als hätte es einen Wolf vor sich und raffte eine Decke hoch, die es ängstlich vor sich hielt.

Mit der allein sein, dachte Blaire. »He, bring die Frau runter!«

Callahans Stimme war scharf und fauchend in seinem Nacken. Blaire fuhr zusammen. Er packte die Frau nun unter den Armen. Dabei berührte er ihren Busen, und das Gefühl des inneren Brennens in Blaire steigerte sich noch. Er hätte in diesem Augenblick jede Frau genommen, die er bekommen hätte. Die Frau machte sich steif. Blaire zerrte sie bis zum Bett und hob sie dann hinab. Er mußte sie jetzt loslassen. Erst, als er sie freigegeben hatte, merkte er, daß seine Hände klebrig und feucht vom Schweiß geworden waren. Die Frau sah an ihm vorbei zu ihrem stöhnenden Mann.

»Oh, mein Gott«, stöhnte sie.

»Mein Gott, mein Mann – mein Mann…«

Sie wollte zu ihm, als Blaire zuschnappte und sie brutal am Arm griff. Er riß sie zurück. Es tat ihm irgendwie gut, sie grob zu behandeln. In dieser Sekunde haßte er den stöhnenden Mann, weil er eine Frau besaß und er, Blaire, vielleicht nie mehr eine haben würde, wenn sie Pech hatten.

»Bleiben Sie stehen!« fauchte Blaire die Frau an. »Ich hätte den Narren töten sollen!«