Gay Hardcore 20: Herrenabend bei Monsieur Laurent - Maik Keller - E-Book

Gay Hardcore 20: Herrenabend bei Monsieur Laurent E-Book

Maik Keller

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Beschreibung

Laurent, Bernard und Sylvain, drei sadistische alte Männer, veranstalten in Nanterre bei Paris Herrenabende, bei denen gut aussehende Bengel ihren perversen Launen zur Verfügung stehen. Dem attraktiven Laurent fällt die Aufgabe zu, geeignete junge Männer zu finden und auf die hohen Ansprüche seiner verwöhnten Freunde vorzubereiten. Bei einem seiner Streifzüge durch Paris lernt er den hinreißenden Antoine kennen – und beginnt, ihn für seine Zwecke auszubilden.

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GAY HARDCORE 20

Herrenabend bei Monsieur Laurent

Maik Keller

Gay Hardcore 20

© 2021 Bruno Books

Salzgeber Buchverlage GmbH

Prinzessinnenstraße 29, 10969 Berlin

[email protected]

Umschlagabbildung: © Lucas Entertainment

lucasentertainment.com (Model: Tomas Brand)

Printed in Germany

ISBN 978-3-95985-420-7

Die in diesem Buch geschildertenHandlungen sind fiktiv.

Im verantwortungsbewusstensexuellen Umgang miteinander geltennach wie vor die Safer-Sex-Regeln.

Neuzugänge

Erste Übungen

Gutenachtgeschichten

Alte Freunde

Eignungsprüfung

Schule der Ausschweifung

Übungen für Fortgeschrittene

Hochschule der Künste

Neuzugänge

Auf dem Gehsteig vor der Bar Breton, gleich neben dem Supermarkt Franprix in der Rue Sadi Carnot, standen unter der orangeroten Markise drei Tische, zwei davon frei, am dritten saß ein älterer Herr und las die Zeitung. Glatze, weißer Schnurrbart: das musste er sein. Gérard ging vorsichtig auf ihn zu.

Als Laurent bemerkte, dass Gérard vor ihm stehen blieb und seinen Regenschirm zusammenklappte, legte er seine Zeitung auf den Tisch und nahm die Brille ab. Er trug einen eleganten, etwas altmodischen dunklen Anzug und ein helles, fein gestreiftes Hemd, dessen oberer Knopf offenstand. Er erhob sich – nicht gerade wie ein Greis, aber auch nicht wie ein junger Mann: er stützte sich mit den Händen auf dem Tisch ab und verzog das Gesicht, als müsse er mühsam eine seit Langem eingerostete Maschine wieder in Bewegung setzen. Mit einem freundlichen Lächeln streckte er Gérard die Hand hin, die dieser ergriff und entschlossen schüttelte.

»Gérard, nehme ich an«, sagte er.

Gérard nickte.

»Ich bin Laurent. Ich freue mich, Sie kennenzulernen!«

»Ganz meinerseits«, erwiderte Gérard.

Laurent lud ihn mit einer Geste ein, neben ihm Platz zu nehmen. Sie setzten sich, Gérard rasch und behände, Laurent mit bitterem Lächeln auf den Tisch gestützt. »Das Wetter, und meine morschen Knochen«, ächzte er.

Sie rückten ihre Stühle so zurecht, dass sie nichts vom Wasser abbekamen, das in dünnen Perlenschnüren von der Markise heruntertropfte.

Gérard hängte seinen Regenschirm über die Lehne. Er fuhr sich mit den Händen durch die dichten, immer noch – wenn auch mit einigem Grau vermischt – rotblonden Locken, die ihm auf der Stirn klebten, und wirbelte sie mit den Fingern durcheinander. Er lächelte Laurent zu, oder vielmehr: er strahlte über das ganze Gesicht wie ein Schuljunge, der sich auf ein neues Fach freut.

Gérard war ein großgewachsener Mann, breit, mit einem kräftigen Nacken und großen, etwas rötlichen, fleischigen Händen. Er hatte eine hohe Stirn, rundliche Wangen, einen klaren, herausfordernden Blick und einen spöttischen Zug um den Mund.

Sympathisch, dachte Laurent.

»Darf ich Ihnen einen Kaffee bestellen?«, fragte er. Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und gab durch das Fenster dem langhaarigen jungen Mann hinter der Theke ein Zeichen.

»Sie haben es gleich gefunden?«, wandte er sich wieder an Gérard.

»Sicher, Ihre Wegbeschreibung war exzellent.«

»Das freut mich«, sagte Laurent.

Er hat eine wirklich schöne Stimme, dachte Gérard, während er ihn musterte. Er war auch sonst ein attraktiver Mann, für sein Alter sowieso. Ein freundliches, fein geschnittenes, offenes Gesicht, braungebrannt; die tiefblauen Augen machten sich gut zu seinem kräftigen und sorgfältig gestutzten, schneeweißen Schnurrbart. Er war noch größer als Gérard selbst, dabei schlank, aber breitschultrig und kräftig; er hatte auffallend schöne, ebenfalls sonnengebräunte und sehr gepflegte Hände – und das Lächeln, mit dem er ihn eben begrüßt hatte, war einfach überwältigend gewesen.

»Sie fühlen sich jetzt aber nicht etwa befangen«, sagte Laurent.

»Nein, überhaupt nicht«, antwortete Gérard.

»Gut«, sagte Laurent und nickte ihm aufmunternd zu. »Sie leben in Paris?«

»Ja. Ich bin in der Normandie aufgewachsen, in der Nähe von Caën, lebe aber seit dem Studium in Paris, jetzt seit vielen Jahren im Dreizehnten.«

»Dass man sich erst über so einen Umweg begegnet«, meinte Laurent kopfschüttelnd.

»Nun, ich bin seit über zwanzig Jahren verheiratet«, sagte Gérard, »wir haben Kinder. Mein Leben spielt sich in ganz anderen Bahnen ab. Und lange Zeit bin ich …«

»Solche Themen halten wir so weit wie möglich aus unseren Gesprächen heraus«, unterbrach ihn Laurent.

»Ja, natürlich«, sagte Gérard schnell. »Gern.«

»Verstehen Sie mich nicht falsch, nicht aus Desinteresse«, erklärte Laurent. »Aber diese Dinge gewinnen so schnell die Oberhand in unserem Leben. Wenn wir unter uns sind …« – er lächelte freundlich – »beschränken wir das Gespräch auf unser gemeinsames Anliegen.«

Der junge Mann kam mit dem Kaffee. Er stellte die Tassen ab und strich sich die Haare hinter die Ohren.

»Lassen Sie mich das machen«, sagte Laurent und griff nach seinem Portemonnaie.

Er bezahlte, und der junge Mann schritt stolz erhobenen Hauptes ins Café zurück.

»Ein Student«, erklärte Laurent und deutete mit dem Kopf in Richtung der Universität von Nanterre, deren früher moderne, jetzt altmodisch erscheinenden Gebäude nur wenige Straßen entfernt lagen. »Kommunikationswissenschaft und Politik. Er spricht fünf Sprachen. Ein blitzgescheiter junger Mann!« Und mit spöttischem Unterton fügte er hinzu: »Er weiß vor allem, wie gut er aussieht.«

Gérard sah dem jungen Mann nach.

»Sie kennen ihn?«, fragte er.

»Nun, ich wohne um die Ecke«, sagte Laurent.

Er lächelte Gérard gutgelaunt zu.

»Sind Sie nervös«, fragte er.

»Nein«, sagte Gérard. Er deutete mit dem Kopf in das Café, hob die Augenbrauen und sagte bedächtig: »Ziemliche Sahneschnitte, das.«

Laurent lachte.

»Da haben Sie recht!«, meinte er.

Gérard biss eine Tüte Zucker auf, schüttete ihn in seinen Kaffee und rührte um.

»Gut«, sagte Laurent, als Gérard den Löffel auf die Untertasse gelegt hatte, »dann kommen wir zur Sache?«

»Ja sicher, sehr gern.«

Laurent trank einen Schluck Kaffee.

»Sie hätten Interesse, an einem unserer Abende teilzunehmen«, sagte er.

»Sehr, ja«, meinte Gérard. Er zögerte einen Augenblick: »Ja, das klingt einfach alles zu verlockend!«

»Darf ich Sie fragen, wie alt Sie sind?«

»Natürlich«, sagte Gérard, »ich bin 52.«

Laurent lachte: »Dann wären Sie ja mit weitem Abstand unser Jüngster!«

Gérard zuckte die Schulter.

»Sie haben durch Rolf von uns erfahren«, sagte Laurent.

»Ja, ich habe ihn in Berlin kennengelernt und ihn dann für einige Tage auf dem Land besucht. Ein außergewöhnlicher Mensch. Nun … er hat mir von Ihnen und Ihren Freunden erzählt.«

»Nur das Schlimmste, hoffe ich«, sagte Laurent.

»Sie kennen ihn besser als ich«, meinte Gérard lächelnd, »er ist ein wortkarger Mann. Er hat mir nur erzählt, dass er Sie über Ihren Freund – dessen Name mir jetzt entfallen ist …«

»Bernard«, sagte Laurent.

»Ja, dass er Sie über Ihren Freund Bernard kennengelernt hat, den er sehr schätzt und der oft in Deutschland zu tun habe. Und dass er Sie einmal hier besucht hat. Er sprach von Ihnen und Ihren Abenden und bot mir an, den Kontakt herzustellen, was er dann ja auch getan hat.«

»Berlin hat Ihnen gefallen?«, fragte Laurent.

»Sicher, es ist eine sehr … lebendige Stadt.«

»Ich war ein einziges Mal da«, meinte Laurent, »keine schöne Erinnerung. Aber an Rolf erinnere ich mich gerne. Ein aufmerksamer Gastgeber. Und in der Wolle gefärbt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

»Ja, ich glaube schon«, sagte Gérard. Er setzte sich bequemer hin. Seine anfängliche Befangenheit wich; Laurents Offenheit, seine Ruhe und die Vorsicht, mit der er Fragen stellte, flößten ihm Vertrauen ein. Und dann hatte er diese schöne Stimme …

»Sie haben auch Rolfs Partner kennengelernt«, sagte Laurent.

»Jeff … ja, natürlich«, meinte Gérard. »Kennen Sie ihn?«

»Nein«, sagte Laurent, »ich weiß nur von ihm.«

»Auch er … ein außergewöhnlicher Mensch.«

»Das kann ich mir vorstellen.«

Gérard zögerte.

»Ich habe noch nie einen Mann mit einem derart muskulösen Körper gesehen«, sagte er. »Ein – wie soll man sagen – Muskel-Berg! Brust, Arme, Beine, Nacken, Schultern – alles von gewaltigen, fast unnatürlichen Ausmaßen. Und dann – ich weiß nicht, ob Sie das wissen – ist dieser ganze gewaltige Körper vollständig tätowiert. Alles zwischen dem Hals und den Hand- und Fußgelenken … jedes Stückchen Haut, das gewöhnlich unter der Kleidung verborgen ist, ist tätowiert.«

»Und dabei ein hochgebildeter Mann«, warf Laurent ein.

»Ja, vielleicht«, meinte Gérard, »das kann ich jetzt gar nicht beurteilen.«

Er runzelte die Stirn.

»Eine einzigartige Begegnung unter einzigartigen Umständen«, fuhr er zögernd fort. »Sie kennen das Anwesen?«

»Ja«, meinte Laurent. »Besonders die Scheune bleibt einem in Erinnerung.«

»Ja, in der Tat«, sagte Gérard.

Er sah in Gedanken versunken vor sich hin.

»Ich habe so etwas noch nie erlebt«, fuhr er fort. »Die völlige Finsternis nachts, in dieser gottverlassenen Gegend. Das Funkeln, ja, Gleißen des Firmaments, von Horizont zu Horizont. Die vollkommene Stille. Ab und zu schreit irgendwo ein Tier, sonst nichts. Nichts. Und dann diese riesige, halb verfallene Scheune. Das Knistern der Fackeln, ihr flackerndes Licht. Die Tierschädel, diese seltsamen urzeitlichen Masken an den Wänden. Gespenstisch. Und in der Mitte er, dieser barbarische, dieser triumphale Männerkörper, nackt.«

»Die Benutzung von Rohrstock und Peitsche war neu für Sie?«, fragte Laurent.

»Nicht ganz«, sagte Gérard. »Aber ein Mann mit einer solchen Physis, unter solchen Bedingungen … zu wissen, in welch – ich sag jetzt mal: archaischer Beziehung er zu Rolf steht. Von Rolf ermuntert zu werden … aufgefordert, mich nicht zurückzuhalten, sondern im Gegenteil … – das war für mich neu.«

Er atmete durch.

»Und, wie sich herausgestellt hat, inspirierend«, meinte er.

»Sie haben die Gelegenheit beim Schopf ergriffen«, sagte Laurent.

»Ja, ich war von mir selbst überrascht.«

Gérard nahm den kleinen Keks, der auf seiner Untertasse lag, ließ ihn in den Kaffee fallen, fischte ihn mit den Fingern heraus, steckte ihn in den Mund und aß ihn auf. Dann wischte er die Finger an der Papierserviette ab.

»Rolf war sehr von Ihnen beeindruckt«, sagt Laurent. »Von Ihrer Entschlossenheit, Ihrer Konsequenz – und nicht zuletzt von Ihrer Körperkraft.«

»Danke«, sagte Gérard.

»Das Wort, das er für Sie verwendet hat, war: Rohdiamant.«

»Rohdiamant?« Gérard lachte. »Ich weiß nicht – das ist vielleicht etwas zuviel der Ehre!«

»Sie haben also die allerbesten Referenzen«, sagte Laurent. »Oder die allerschlechtesten, wie man will.«

»Ich bin Komplimente in dieser Hinsicht gar nicht gewohnt«, meinte Gérard, »aber trotzdem … vielen Dank.«

»Sie sind altersmäßig nicht festgelegt?«, fragte Laurent.

»Festgelegt nicht, nein«, meinte Gérard. »Aber wenn ich ehrlich bin: Ich habe schon eine Vorliebe für junge Männer.«

»Und typmäßig?«

Gérard dachte nach.

»Das soll jetzt kein Verhör sein«, sagte Laurent, »nicht, dass Sie mich falsch verstehen.«

»Nein, sicher, das verstehe ich schon. Nein, ich denke nicht, dass ich auf einen bestimmten Typ festgelegt bin, da bin ich flexibel. Die Sache ist eben die …«

Er fuhr mit dem Finger die Tischkante entlang: »Ich entwickle offensichtlich ein besonderes Interesse an ungezogenen jungen Burschen.«

Er sah Laurent mit einem frechen Blick an.

»Und wie ist das bei Ihnen?«, fragte er.

Laurent erwiderte seinen Blick.

»Ich weiß, was Sie meinen«, sagte er ruhig.

Er überlegte: »Jeff ist nicht jung, oder?«

»Nein, aber ungezogen.«

Eine über den Gehsteig eilende junge Frau rempelte an ihren Tisch, in einer Hand eine Einkaufstüte, in der anderen ein Smartphone; die Tassen klirrten, und geistesgegenwärtig hielt Gérard den Tisch fest. Die Frau blieb erschrocken stehen und sah den Tisch und die beiden Männer an. Ohne ihr Telefongespräch zu unterbrechen, verzog sie ihr Gesicht zu einem Lächeln, nickte kurz und ging weiter.

Gérard ließ den Tisch wieder los.

»Gut«, meinte Laurent, »wenn Sie wollen: von mir aus können wir dann gehen.«

»Sehr gern«, sagte Gérard.

Laurent trank seine Tasse aus, Gérard tat es ihm nach.

»Sie verstehen«, sagte Laurent, »dass ich Sie kurz hier treffen wollte, trotz« – er deutete auf die Straße, die vom unaufhörlichen Nieselregen glänzte – »dieses scheußlichen Wetters.«

»Vollkommen«, sagte Gérard, »das ist ja klar.«

Laurent stützte sich auf dem Rand des Tisches ab und stemmte sich kopfschüttelnd hoch. »Das Wetter, die Knochen, das Alter!«, stöhnte er.

Gérard erhob sich ebenfalls, aber mühelos.

»Ich bin gespannt«, sagte er. Er griff nach seinem Schirm und grinste. »Wie ein Regenschirm«, fügte er vergnügt hinzu, als er ihn aufspannte.

Laurent deutete in die Richtung, in die sie gehen mussten; er ging voraus, und Gérard folgte ihm.

»Darf ich Ihnen meinen Schirm anbieten?«, fragte Gérard.

»Es sind wirklich nur ein paar Schritte«, sagte Laurent. Trotzdem ließ er es zu, dass Gérard den Schirm über ihn hielt.

Der Regen war heftiger geworden, und dazu ging ein kalter Wind. Vor dem Franprix versperrten ihnen durchnässte Kartonruinen den Weg; unter dem Vordach standen Kunden, die mit vorwurfsvollem Blick in den Himmel sahen und sich nicht auf die Straße wagten.

Der Mann ist ein Gewinn, dachte Laurent, als er das fröhliche Gesicht sah, mit dem Gérard ihn an den Kartons und den Menschen vorbeilotste. Der Wind zerrte an seinem Schirm, der Regen kam von allen Seiten, aber unbeirrt streckte er seinen Arm in die Höhe.

Die Auslagen vor den Geschäften wurden hineingetragen, vor den beschlagenen Schaufenstern rasselten die Blechrollläden herunter. An der Ecke deutete Laurent zur Seite, und sie bogen in eine Nebenstraße ein, die etwas windgeschützt war. Sie gingen auf dem Trottoir nebeneinander her und wichen den Pfützen aus, von denen man ja nie weiß, wie tief sie sind.

»Marco ist 22«, erklärte Laurent, »groß, ein eher dunkler, mediterraner Typ. Sehr schlank. Wenn Ihnen schlanke, sehr jugendlich wirkende junge Männer zusagen, wird er Ihnen gefallen.«

»Das hört sich doch sehr gut an«, sagte Gérard und sprang über eine Pfütze.

»Ich kenne Marco noch nicht lange«, meinte Laurent. »Er gefällt mir sehr. An einem unserer Abende hat er noch nicht teilgenommen. Es ist heute überhaupt das erste Mal, dass ich ihn mit einem Fremden zusammenbringe.«

»Aha«, meinte Gérard.

»Er weiß, dass ich Sie mitbringe und dass er mir eine Freude macht, wenn er … nett zu Ihnen ist.«

»Das klingt wirklich« – Gérard musste sich zweimal räuspern – »großartig.«

»Ich denke, er ist genauso gespannt wie Sie«, sagte Laurent, sah Gérard von der Seite an und lächelte vergnügt: »Und genauso aufgeregt.«

Gérard zuckte die Schulter.

Laurent wurde ernst: »Marco ist allerdings nicht in Ihrem Sinne ungezogen.«

Er blieb stehen, Gérard ebenfalls.

»Das wäre dann ein zweiter Schritt – den wir nie vor dem ersten tun.«

»Aha«, meinte Gérard.

»Nichts braucht so klare Regeln wie die Ausschweifung«, sagte Laurent.

Gérard lachte: »Da haben Sie sicher recht!«

Was für stechend blaue Augen er hat, dachte er.

»Da sind wir schon«, sagte Laurent und deutete auf den Hauseingang, vor dem sie stehengeblieben waren.

Erste Übungen

Laurent suchte nach seinem Schlüssel. Gérard klappte den Regenschirm zusammen, schüttelte ihn aus und studierte die Klingelschilder: Rechtsanwälte, Ärzte, eine Versicherungsagentur, ein Notar. Im Erdgeschoss war ein Blumenladen, in dem eine ältere Dame von einem jungen, ausgesprochen hübschen Verkäufer bedient wurde.

»Als ich hier einzog«, erklärte Laurent, den Verkäufer und die Kundin freundlich durch das Schaufenster grüßend, »war das hier ein reines Wohnhaus. Dann haben sich wie Kraken Büros ausgebreitet, und jetzt bin ich der Letzte, der noch hier wohnt – was mir andererseits nicht ungelegen kommt. Nach Geschäftsschluss ist alles wie ausgestorben.«

Er öffnete die Tür. Im Gebäude war es dunkel; Laurent drückte den Schalter, und blinkend gingen die Lichter an. Sie standen in einem hohen, runden Treppenhaus, an dessen Wänden eine breite Treppe nach oben führte.

»Da vorne ist der Aufzug«, sagte Laurent. Seine Stimme wurde von den Wänden zurückgeworfen wie in einer Höhle oder einem großen Keller. Er ging voraus. Er hat wirklich eine schöne Stimme, dachte Gérard.

Laurent drückte den Knopf; er leuchtete auf, und mit einem Ruck setzte die Maschinerie sich in Bewegung. Der Aufzug war ganz oben und ließ sich Zeit. Das Brummen des Motors und das Knacken der Seile hallte durch das Treppenhaus.

Gérard hatte ein Ohr für Stimmen: er selbst war Bass. Er hatte von Jugend an Gesangsunterricht gehabt und später Gesang studiert, erst in Caën, dann in Paris. Jetzt leitete er – unter anderem – den Kirchenchor seiner Pfarrgemeinde, und damit hing auch seine Reise nach Berlin zusammen und seine Bekanntschaft mit Rolf; solche Dinge interessierten Laurent aber offensichtlich nicht.

Der Aufzug war da.

»Nach Ihnen«, sagte Laurent.

Die beiden traten ein.

Laurent drückte den Knopf, und mit einem sanften Ruck fuhr der Aufzug los. Sie standen einander in der verspiegelten Kabine gegenüber, jeder sich selbst und den Hinterkopf des anderen im Blick: Laurent Gérards Locken und seinen wulstigen Nacken, Gérard Laurents Glatze mit dem weißen, kurz geschnittenen Haarkranz. Laurent lächelte, und Gérard lächelte zurück.

Er sah in Laurents offenen Kragen, aus dem dichte grauschwarze Haare quollen. Auch die Handgelenke, seine Hände und sogar die Finger waren dicht und dunkel behaart. Eine ziemliche Matte wird der überall haben, dachte Gérard; das kann man auch ziemlich igitt finden.

»Wenn alles klappt wie vereinbart, geht die Initiative von Marco aus«, sagte Laurent. »Sie brauchen sich aber, wenn Ihnen etwas nicht gefällt oder Sie selbst eine Idee haben, nicht zurückzuhalten.«

»Ich bin vom Typ her impulsiv«, sagte Gérard leise. »Mir rutscht leicht die Hand …«

»Nein«, schnitt ihm Laurent das Wort ab, »das wird sie heute nicht.«

Gérard grinste: »Nichts braucht so klare Regeln wie …«

»Genau«, sagte Laurent und nickte zufrieden.

Leise rumpelnd kam der Fahrstuhl zum Stehen. Sie traten in einen Flur, von dem Glastüren abgingen, hinter denen es vollkommen dunkel war.

»Wir müssen noch diese Treppe hinauf«, sagte Laurent und ging voraus. Die Etage oben war die letzte; es gab nur eine Tür. Laurent öffnete.

»Er wartet im Schlafzimmer«, erklärte er, als sie die Wohnung betraten. »Früher haben sie sich gelangweilt, wenn sie auf einen warten mussten, aber seit es Handys gibt, sind sie immer mit sich selbst beschäftigt. Legen Sie doch ab!«

Gérard zog seine Jacke aus. Laurent hängte sie in die Garderobe und hängte seine dazu.

Bisschen ’ne Wampe, dachte er, als Gérard so ohne Jacke vor ihm stand.

»Das Wohnzimmer ist da vorn«, sagte Laurent, »gehen Sie ruhig schon voraus. Wollen Sie etwas trinken?«

Gérard zögerte: »Ich muss noch fahren.«

»Ein kleiner Martini?«

Gérard nahm an und ging ins Wohnzimmer. Durch die Terrassentür, die voller kleiner Regentropfen hing, sah er in den grauen Himmel und auf die nassen Dächer von Nanterre.

»Schön haben Sie es hier oben«, sagte er.

»Ja, das Schönste an der Wohnung ist die Dachterrasse«, rief Laurent aus der Küche. »Von jedem Zimmer gibt es eine Tür nach draußen. Gehen Sie ruhig einmal hinaus!«

Gérard öffnete vorsichtig die Tür und trat ins Freie. Er betrachtete die Pflanzen, die in großen und kleinen Kübeln durcheinander standen und aus der Terrasse einen dicht bewachsenen Dachgarten machten. Von den nassen Blättern tropfte das Wasser.

»Sind das Olivenbäume?«, fragte er.

»Ja, in der Tat«, rief Laurent.

»Ernten Sie auch?«

»Natürlich nicht. Es ist sowieso ein Wunder, dass sie sich hier halten.«

Gérard ging vorsichtig über den glitschigen Holzboden zum Geländer.

»Es war mir gar nicht bewusst«, sagte er, während er die gewaltige Ansammlung mehr oder weniger eleganter Hochhäuser betrachtete, deren Umrisse nur ungefähr im Nebel zu erkennen waren, »dass wir hier so nahe an La Défense sind.«

Laurent brachte den Martini herein. »Bei gutem Wetter sieht man es noch besser«, sagte er.

Gérard kam von der Dachterrasse zurück.

Laurent reichte ihm ein Glas.

»Santé!«

»Nun«, meinte Laurent, nachdem sie getrunken hatten, »dann wollen wir uns den jungen Mann gleich einmal ansehen. Nehmen Sie doch Platz!«

Mit einer kleinen Handbewegung bot er Gérard an, sich auf das Sofa zu setzen.

»Ich bin jetzt wirklich sehr gespannt«, sagte Gérard, stellte sein Glas ab und setzte sich.

Laurent ging in den Flur.

»Möchtest du nicht zu uns ins Wohnzimmer kommen, Marco?«, hörte Gérard ihn sagen.

Es dauerte einige Augenblicke.

»Das ist Marco«, sagte Laurent, als der junge Mann vorsichtig ins Wohnzimmer trat.

Marco war nackt. Er war schlank, sogar überschlank; ein dunkelhaariger, glutäugiger junger Mann mit langen Gliedern und einem langen, flachen Oberkörper, mit zarter, tief gebräunter Haut und absichtsvoll wilder Frisur: unregelmäßig geschnittene Haare, die ihm wirr vom Kopf standen. Als er Gérard sah, zuckte er zusammen und blickte zu Boden. Er legte die Hände vor dem Schwanz übereinander, nahm sie aber gleich wieder weg.

»Du musst nicht aufgeregt sein, Marco«, meinte Laurent, »schau uns ruhig an.«

Er nahm im Sessel Platz.

Marco sah die beiden Männer mit aufeinandergepressten Lippen an, erst Laurent, dann, zögernd und beinah verzweifelt, Gérard.

»Das ist Gérard«, sagte Laurent.

Marco nickte.

»Ich habe dir von ihm erzählt.«

Marco nickte.

»Und …?«

»Bonsoir«, sagte Marco. »Bonsoir, Monsieur.«

Laurent lächelte.

»Er ist jetzt wirklich sehr nervös«, wandte er sich an Gérard. »Er hat sonst einen richtig frechen Blick. Und wollte eigentlich …«

Gérard reagierte nicht; er verschlang Marco mit den Augen.

»Wie wäre es, Marco, wenn du vielleicht ein wenig lächelst?«, fragte Laurent.

Marco lächelte.

»Er … gefällt Ihnen?«, fragte Laurent.

Gérard schwieg.

»Wunderbar«, sagte er schließlich langsam. »Ein ganz wunderbarer junger Mann.«

»Hörst du, Marco?«

Marco nickte.

»Und?«

»Merci«, sagte Marco. »Merci, Monsieur.«

Laurent nickte.

»Wunderbar«, wiederholte Gérard fast für sich, »was für ein wunderbarer junger Mann.«

»Ja, mir gefällt er auch«, gab Laurent zu. »Aber er ist jetzt noch scheuer, als ich dachte.«

»Das mag ich«, meinte Gérard. »Sehr sogar.«

Die beiden betrachteten den nackten jungen Mann, der immer wieder zu Boden blickte und von einem Bein auf das andere wechselte.

»Was für ein wunderbarer Körper«, meinte Gérard. »Ich mag es, wenn sie so schlank sind. Und ein Teint, als käme er direkt vom Sonnenbaden. Und diese Brustwarzen … so zart, dunkel, und so fein gezeichnet. Sehr, sehr hübsch!«

»Das freut ihn sicher, wenn er Ihnen gefällt«, meinte Laurent. »Nicht, Marco?«

»Oui, Monsieur. Merci, Monsieur.«

Laurent nickte. Sie betrachteten eine Weile den jungen Mann, der unter ihren Blicken so verlegen wurde, dass er die Arme vor der Brust kreuzte.

»Bist du denn so aufgeregt?«, fragte Laurent mit einer Stimme, in der ein wenig Schärfe lag.

»Oui … non, Monsieur.«

»Dann hast du ja nichts zu verbergen.«

Marco nickte und nahm die Arme herunter.

»Nimm die Hände ruhig richtig hinter den Rücken«, sagte Laurent wieder freundlich.

Marco nahm seine Hände hinter den Rücken.

»Er hat einen sehr sinnlichen Mund, nicht?«, stellte Laurent fest.