Gefühle wider Willen - Rike Thome - E-Book

Gefühle wider Willen E-Book

Rike Thome

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Beschreibung

Eine herzergreifende und gefühlvolle Geschichte, wie aus dem wahren Leben. Jedoch ist alles nur aus der Fantasie der Autorin entsprungen. Für Jeffrey Randing bricht durch die Trennung seiner Frau die Welt zusammen. Seine Trauer bezieht sich jedoch überwiegend auf seine erst  zweijährige Tochter. Sein Sonnenschein spricht keinen Ton mehr. In seiner Verzweiflung schleppt er sein Kind von einem Arzt zum anderen, doch niemand kann einen organischen Schaden feststellen. Ob sein Freund doch recht hat? Der Gedanke an seine Vermutung ängstigt ihn, denn das würde heißen, dass Annabell so schnell nicht mehr zu ihm sagt: Daddy lieb hab. Es tat ihm so weh, das Stimmchen seines geliebten Kindes nicht mehr zu hören. Sein letzter Arztbesuch bestätigt dann seine schlimmsten Befürchtungen. Annabells Psyche hat durch den Verlust ihrer Mutter einen Knacks bekommen. Dieser empfiehlt ihm daraufhin eine Psychologin, womit Jeffrey Neuland betreten würde. Bei seinem ersten Besuch in deren Praxis steht vor ihm eine außerordentlich, attraktive Frau vor ihm. Doch kann sie seiner Tochter wirklich helfen? Leserstimmen "Es ist ein fantastisches Buch, dass es Wert ist, gelesen zu werden."

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Rike Thome

Gefühle wider Willen

Liebesroman

Danke Katy für das schöne Cover!BookRix GmbH & Co. KG80331 München

1. Kapitel

 

"Nicht weinen, mein Schatz! Der Onkel Doktor möchte doch nur mal nachschauen, ob du gesund bist. Psst, Daddy ist doch bei dir!"

Jeffrey Randing hatte alle Hände voll zu tun, seine zweijährige Tochter zu beruhigen, damit der HNO-Arzt Annabell untersuchen konnte. Ihm stand der Schweiß schon auf der Stirn und sein Hemd war auf der Schulter feucht von ihren Tränen. Heute war so ein Tag, an dem er sich wünschte, eine Frau an seiner Seite zu haben, die seiner Tochter mehr Gefühl entgegen bringen konnte. Er selbst war so langsam mit seinen Nerven am Ende. Sein Kind aber wollte nichts davon hören, krallte sich stattdessen weiterhin an seinem Hemd fest und weinte.

 

"Schau mal Annabell, was ich hier habe?", lockte der Arzt sie nun.

Nach einem Blick in die Krankenakte war er zu ihnen getreten und hielt seiner Tochter einen Lolli hin. "Möchtest du den gerne haben? Der schmeckt ganz lecker nach Kirsche", meinte er freundlich.

Jeffrey lächelte ihm dankbar zu. Er rechnete es dem jungen Arzt hoch an, dass er geduldig mit ihr war. Sicher musste dieser selbst Kinder haben und war daher so geübt darin. Er hatte mit ihr schon Ärzte besucht, die ohne Zweifel froh darüber waren, als sie endlich wieder die Praxis verlassen hatten.

 

Seine kleine Tochter sah auf und nickte. Das war auch das Einzige, was sie tat. Entweder sie nickte mit dem Kopf oder schüttelte ihn. Zu Worten ließ sie sich nicht mehr verleiten, seit Tanja, ihre Mutter, ihnen vor drei Monaten den Rücken gekehrt hatte. Was nun der Grund seiner zahlreichen Arztbesuche war.

 

"Darf ich dir dann in deinen hübschen Mund und die Ohren schauen? Das tut gar nicht weh", fragte der Arzt sie daraufhin. Jeffrey hielt vor Anspannung den Atem an. Annabell verzog missmutig ihr Gesichtchen und blickte den für sie fremden Mann, skeptisch an. Doch der Lolli schien ihr Interesse geweckt zu haben, denn wieder nickte sie nur.

Bevor seine Kleine es sich wieder anders überlegen konnte, setzte er sie auf der Untersuchungsliege ab und rückte zur Seite, damit Dr. Meiser zur Tat schreiten konnte.

 

Kurz schenkte der Arzt ihm ein mitfühlendes Lächeln, steckte den Lolli in die Brusttasche seines Kittels, nahm einen Spatel und ein kleines Lämpchen zur Hand und wandte sich nun seiner Tochter zu. "Schau mal Annabell! Damit kuck' ich dir jetzt in deinen Mund."

Er führte ihr das Licht kurz vor, wobei er das Lächeln beibehielt. Noch einmal nickte sie. "Jetzt mach' mal ganz weit deinen Mund auf und sag Ah", verlangte er nun.

Annabell tat wie ihr geheißen, jedoch lautlos und den Lolli im Auge behaltend.

 

Die Worte von Dr. Meiser galten nun ihm. Denn er sagte: "Keine Rötung oder Schwellung zu erkennen. Soweit alles in Ordnung." Er steckte das Untersuchungszeug weg und nahm sich den Lolli hervor. Zu seiner Tochter gewandt sprach er: "Da ist der Lolli, den ich dir versprochen habe." Doch er hielt ihn ihr nur vor und hing an, indem er es ihr vor machte: "Bevor du ihn in deinen Mund steckst, riech mal daran, wie gut der riecht. Aber ganz tief." Dabei steckte er seine Nase nahe dem verpackten Lolli und zog tief die Luft durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Womit er seiner Tochter ein Lächeln entlockte.

 

Annabell nickte verstehend und nun packte er ihn aus und übergab ihn ihr. Gehorsam machte sie es ihm nach und ehe er sich versah, steckte sein Kind ihn hurtig in den Mund. Zum ersten Mal für heute morgen, musste Jeffrey leise lachen. Sein raffinierter Sonnenschein war für ihre zwei Jahre blitzgescheit. Den würde ihr Dr. Meiser sicherlich nicht mehr wegnehmen wollen. Nicht, dass er dies beabsichtigen sollte, denn Jeffrey ahnte den Grund dieses Spiels.

Er behielt Recht, denn der Arzt wandte sich ihm kurz mit einem Grinsen zu und meinte: "Die Nase ist auch frei." Zu seiner Tochter gerichtet, sagte er mit einem Lächeln: "Und, ist der lecker?" Annabell nickte. "Schön, meine Kleine! Nun taste ich dir nur noch deinen Hals ab. Ja?"

Sofort hörte sie mit dem Schlecken auf und wartete skeptisch ab. Dr. Meiser tastete ihren Hals entlang bis hinter die Ohren ab, nahm dann wieder die kleine Lampe und leuchtete ihr noch in die Ohren, um auch da nachzusehen. "So, nun bist du fertig, Annabell! Du bist ein gesundes Kind", sagte er zu ihr. Annabell nickte und schob sich den Lolli wieder in den Mund.

 

Es sollte ihn als liebenden Vater eigentlich erfreuen, jedoch erging es Jeffrey nicht ganz so. Keiner der Ärzte hatte bisher etwas finden können, was die Ursache ihrer Stummheit sein könnte. Ob Paul doch Recht hatte mit seiner Vermutung? Sollte es wirklich psychischen Ursprungs sein? Daran wollte er nicht glauben. Seine Tochter war doch erst zwei Jahre jung und hatte zudem von ihrer Mutter kaum Aufmerksamkeit entgegengebracht bekommen.

 

Als er ihr die Jacke wieder angezogen hatte, sie soweit fertig waren, richtete auch schon der Arzt seine Worte an ihn. "Mr. Randing! Ich kann einen organischen Schaden, sowie einen körperlichen ebenso wie meine Kollegen ausschließen. Mit ihrer Tochter ist alles in Ordnung. Es tut mir leid, Ihnen nichts anderes sagen zu können. Doch es sollte Sie erfreuen, ein gesundes Kind zu haben."

 

Hörte er da Tadel aus der Stimme? Was erlaubte der Arzt sich? Er war doch nur besorgt um sein Kind. "Dr. Meiser, ich bin ganz bestimmt glücklich darüber. Jedoch spricht mein Kind noch immer nicht, wie Sie ja selbst feststellen konnten. Was...", setzte er zu seiner Verteidigung an. Wurde aber unterbrochen mit einer Aussage, die ihm durch Mark und Knochen ging.

"Ich vermute bei ihr eher einen seelischen Komplex. Wie lange sagten Sie, spricht sie nicht mehr?"

 

Leicht frustriert über den Verlauf, antwortete Jeffrey ihm: "Seit nun drei Monaten. Drei Tage, nachdem ihre Mutter gegangen war, hatte sie damit aufgehört."

Der Arzt nickte verstehend. Wie sollte es auch anders sein? Um schnellstmöglich einen Termin zu bekommen, hatte er ihnen den Grund schon am Telefon mitgeteilt. Er wollte nicht wieder so lange darauf warten müssen, wie bei manch anderen Ärzten. Er wollte endlich Gewissheit. Und dies hatte er nun bekommen, wenn es ihm auch nicht gefiel.

 

Mittlerweile gab es nichts mehr, was er nicht versucht hatte. Sogar in der Klinik war er mit ihr gewesen, um sie röntgen zu lassen, damit er einen Tumor im Kopf ausschließen konnte. Worüber er natürlich erleichtert war. Er trug deswegen auch die Schuld an der Quengelei seiner Tochter. Sie hatte einfach die Nase voll von Ärzten.

Jeffrey wusste jedoch, dass es eine langfristige Behandlung werden könnte, sollte der Verdacht seines Freundes und nun auch des Arztes, sich bewahrheiten. Und gerade das machte ihm Angst.

 

So gerne wollte er doch wieder ihr zartes Stimmchen hören, wie es sagte: "Daddy lieb hab'." Er vermisste es einfach.

"Kennen Sie einen Psychologen? Wenn nicht, könnte ich Ihnen Jemanden empfehlen. Ich habe schon viel Gutes von ihr gehört", wandte Dr. Meiser sich wieder an ihn.

Jeffrey sah ihm in die Augen. Sah darin aber nur Anteilnahme. Das beruhigte ihn.

"Nein, bislang hatte ich keinen Grund, einen zu benötigen. Bitte, Dr. Meiser. Versteht sich diese Psychologin auch auf diesem Gebiet?"

 

Jeffrey würde damit Neuland betreten. Er kannte sich darin nicht aus und war deshalb verunsichert.

"Dr. Malloy hat so manch' schwierige Fälle lösen können, Mr. Randing. Sonst würde ich Sie Ihnen nicht empfehlen. Sie ist vor fünf Jahren hierher gezogen und brachte zehn Jahre Erfahrung mit sich. Dies habe ich gehört, kenne sie jedoch nicht persönlich."

Jeffrey nickte. Was sollte er auch anderes tun? Dr. Meiser schrieb ihm noch schnell die Adresse dieser Psychologin auf und verabschiedete sich dann mit der Entschuldigung von ihm, zum nächsten Patienten zu müssen. Er selbst verließ mit seiner Tochter auf dem Arm nach ihm das Zimmer und somit die Praxis.

 

Auf direktem Weg fuhr er mit ihr zur Firma, um Paul, der nicht nur sein bester Freund und Geschäftspartner war, sondern auch der Pate von Annabell, um ihn über den Verlauf zu unterrichten. Paul sorgte sich nicht minder um sie. Dort angekommen, steuerte er mit ihr sein Büro an und trat nach dem Anklopfen ein.

"Na, wer ist denn da? Meine kleine Prinzessin kommt mich besuchen", grüßte er sogleich und stand mit einem Lächeln von seinem Platz auf, um ihm die Kleine abzunehmen.

 

Annabell streckte ihm schon die Ärmchen entgegen. Sie mochte Paul sehr, doch selbst er schaffte es nicht, sie zum Sprechen zu bewegen. Zu ihm gewandt fragte er: "Was ist rausgekommen?"

Jeffrey ließ sich müde auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch nieder, rieb sich durch das Gesicht und antwortet niedergeschlagen: "Mal wieder nichts! Sie ist kerngesund."

"Das habe ich dir doch schon gesagt! Glaubst du mir jetzt endlich oder möchtest du sie weiter zu Ärzten schleppen?"

 

Sein Freund sah ihn mit seinen blauen Augen an. Er hatte es die letzten zwei Mal schon nicht für gut geheißen. Doch erst jetzt musste Jeffrey wohl kapitulieren. Kopfschüttelnd meinte er: "Nicht mehr nötig. Annabell muss wohl wirklich einen seelischen Schaden davongetragen haben. Dr. Meiser hat mir die Adresse von einer Psychologin mitgegeben, die seiner Meinung nach kompetent ist."

 

Paul musterte ihn. Groß gewachsen, wie er war, kam er auf ihn zu und klopfte ihm auf die Schulter. "Jeff, jetzt hast du wenigstens Gewissheit. Es ist doch nichts Schlimmes daran, nun eine erfahrene Psychologin hinzuzuziehen. Ich weiß ja nicht, was du gegen solche hast, aber du musst nicht glauben, dass sie es nur mit Verrückten zu tun haben. Schau mal, wenn Tanja sich dazu bereit erklärt hätte, eine Eheberatung mit dir zu besuchen, wäre es nichts Anderes gewesen. Das sind alles nur geschulte Personen, die helfen können", meinte er.

 

Wieder einmal wehrte Jeffrey sich gegen seine Behauptung. "Ich habe nicht gesagt, dass ich von Psychologen nichts halte. Dafür fehlt mir die Erfahrung. Und was Tanja betrifft, war sie mir in den letzten Monaten selbst Schnuppe geworden. Wir waren ihr doch nur ein Klotz am Bein. Also erinnere mich nicht an diesen Fehltritt. Es hat nicht funktioniert und Basta. So, jetzt mache ich mich mit Annabell mal auf den Heimweg. Sie wird sicher gleich Hunger bekommen", wechselte Jeffrey das Thema.

 

Über seine Ex wollte er ganz bestimmt nicht mehr reden. Heute war er nur froh, dass er sie los war. So eine Mutter, wie sie es für ihr Kind gewesen war, hatte er sich weiß Gott nicht gewünscht.

"Wann rufst du bei der Psychologin an?", wollte Paul noch wissen.

Jeffrey zuckte die Schulter und meinte: "Jetzt ist eh' Wochenende. Da werde ich wohl kaum jemanden erreichen können. Montag oder Dienstag denke ich. Wer weiß, vielleicht gelingt es mir bis dahin ja, meine Tochter wieder zum Sprechen zu bringen", schmunzelte er. Jeffrey wusste aber selbst, dass es nur Wunschdenken war.

Ein Schulterklopfen und "Du weißt, dass ich dir das sehr wünschen würde", folgte und Paul überließ ihm wieder seine Tochter. Mit ihr machte er sich dann auf den Heimweg.

 

 

 

2. Kapitel

 

Zuhause wurde er schon von seiner Haushälterin Magda Michels erwartet, die gerade zur Tür herauskam. Diese Frau brachte ihn immer wieder zum Schmunzeln. Normalerweise waren ihre Haare schon ergraut, doch ließ sie es sich nicht nehmen, ihnen mal eine Farbe zu verpassen. Und wenn, dann sollte es schon auffallend sein, waren einmal ihre Worte gewesen. Mal trug sie rotes Haar, ein anderes Mal dann violett und seit gestern war ihr Haar blau. Sie war so lebensfroh, wie skurril. So eine Frau hatte er zuvor noch nie kennengelernt. Doch trug sie das Herz am rechten Fleck.

 

Seine gute Perle, die schon seit zehn Jahren für ihn den Haushalt erledigte, kümmerte sich seit der Scheidung noch verstärkter um sie, obwohl sie die 60 schon überschritten hatte. Das Alter würde man ihr allerdings nicht geben, wenn man sie sah. Er war froh, sie zu haben, zumal er ein großes Werk zu leiten hatte und nicht alles Paul aufbürden konnte. Von ihm waren zwar keine Klagen zu hören, jedoch kannte Jeffrey die Arbeit, die es zu bewältigen gab.

Bei 200 Angestellten im Kohlewerk, 2 Sekretärinnen, die sich um die Buchhaltung kümmerten, blieb noch genügend Arbeit für sie übrig. Die Gespräche mit den Kunden, die Lohnabrechnungen und die Geschäftsabwicklungen, gaben sie nämlich nicht aus der Hand.

 

Außerdem hatte Tanja als Hausfrau ebenso nichts getaugt, sodass er Magda hätte weniger belasten können. Manchmal aber glaubte er, dass es seiner Haushälterin nur Recht gewesen ist, wie es gelaufen war. Sie wurde früh zur Witwe und hatte so etwas zu tun, wie sie ihm einmal sagte. Er vermutete jedoch, dass sie der traurigen Erinnerung und der Einsamkeit entfliehen wollte.

 

Bei aller Liebe ihr gegenüber, versuchte Jeffrey aber, für sein Töchterchen selbst da zu sein. Wenn er sie dafür auch mit zur Arbeit nehmen musste. An diesen Tagen machte er eben nur ein paar Stunden. Ansonsten würde Annabell zu quengeln anfangen. Sie sollte auch nicht nur die Firma zu sehen bekommen. Für ihr Alter war es wichtig, mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen. Dafür ging er viel mit ihr auf den Spielplatz. Bald aber würde sie in den Kindergarten kommen. Vorausgesetzt, seine kleine Prinzessin würde wieder anfangen zu sprechen.

 

"Mr. Randing! Haben Sie keine Zeit gehabt, auf die Uhr zu sehen?", kam es tadelnd von der Tür her, als er sich Magda mit Annabell näherte.

Jeffrey grinste schelmisch und gab seiner Haushälterin zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange. Immer wenn sie ihn so förmlich ansprach, hatte er etwas nicht zu ihrer Zufriedenheit gemacht. Und er wusste auch, was es dieses Mal war.

"Klar doch, meine Hübsche! Wäre ich sonst hier?"

Ein undamenhaftes Schnauben entrann ihr, als sie sagte: "Das Kind braucht ihre feste Zeiten zum Essen, Jeffrey. Und die hast du um eine Viertelstunde überschritten."

"Tut mir leid, Magda. Du weißt doch, wie es bei den Ärzten abläuft. Um zehn Minuten ihrer Zeit zu bekommen, musst du mindestens eine halbe Stunde warten. Zudem musste ich noch kurz zum Werk, um Paul zu beruhigen", übertrieb er maßlos. Magda konnte man so aber schneller milde stimmen.

 

Sie nahm ihm das Kind vom Arm und ging mit ihr voraus in die Küche, wo sicher schon das Essen wartete. Sie hielt nicht viel von der Gläschenkost, woraufhin sie für Annabell lieber frisch kochte.

Er rief ihr noch zu: "Habe ich noch Zeit zum Duschen? Annabell hat mich heute mal wieder strapaziert." Was ihn allerdings schmunzeln ließ. Niemals wäre er seiner Tochter nachtragend.

"Ja, aber beeil dich", rief ihm Magda hinterher. Jeffrey wollte vor allem das Hemd loswerden. Und da er verschwitzt war, konnte er sich auch gleich eine kurze Dusche gönnen und sich hinterher was Bequemeres anziehen. Den Rest des Tages wollte er eh' zuhause verbringen, damit seine Haushälterin, die er sehr mochte, in ihr Wochenende gehen konnte. Mit Annabell konnte er auch im Garten spielen, wo es eine Schaukel und einen Sandkasten gab. Sie musste ja nicht jeden Tag unter Kinder kommen.

 

Kaum zehn Minuten später, traf er in der Küche ein, wo seine Magda noch damit beschäftigt war, das Kind zu füttern. Jeffrey warf einen Blick auf ihren Teller und verzog angewidert das Gesicht.

"Was gibst du ihr da?" Er konnte aus der Pampe nicht ersehen, was es war.

"Na, was wohl! Kartoffeln mit Karotten zu Püree gestampft und dazu klein geschnittener Fisch", gab sie zur Antwort und sah ihn verständnislos an.

Warum hat sie was gegen das Essen aus dem Glas, wenn das hier genau so eklig aussieht, dachte er. "Ich bekomme das doch nicht, oder?" Zwar mochte er Karotten, aber sicher nicht mit Kartoffeln zu einem Brei gematscht.

 

Magda schüttelte den Kopf und grinste. "Kurz habe ich mit dem Gedanken gespielt. Du aber, bist ein großer Junge und hast ja schon alle Zähne. Nimm dir dein Fischfilet aus dem Ofen und auf dem Herd stehen die Kartoffeln und das Karottengemüse. Heute ist Freitag, wie du weißt. Da ist nun einmal Fischtag", rügte sie ihn zum ixten Mal.

Es war ihr völlig gleich, dass er Fisch verabscheute. Sie als Katholikin bestand freitags darauf, obwohl er sicher schon tausend Mal dagegen protestiert hatte.

 

Stöhnend begab er sich zum Ofen und scheffelte sich seine Portion auf den Teller. Was gäbe er jetzt für ein gutes Stück Rindersteak. Mit seinem Essen und dem Besteck ließ er sich neben seiner Tochter, die in ihrem Hochstuhl saß, nieder und begann widerwillig, den toten Fisch zu schlucken. Annabell sah ihn mit ihrem verschmierten Mündchen an und schenkte ihm ein Lächeln, worauf er ihr einen Luftkuss zuwarf und wehmütig dachte; ach Schatz, warum sprichst du nicht mehr mit mir? Ich vermisse dein lieb dich, Daddy.

 

Er wandte sich weiter dem Essen zu und bemerkte gar nicht, dass er von Magda beobachtet wurde. Kaum hatte er den letzten Bissen runter geschlungen, fragte sie: "Wann hast du das letzte Mal in den Spiegel geschaut? Und habe ich dir nicht gesagt, du sollst sie nicht mit zu viel Süßkram füttern? So lange hat sie nie gebraucht für ihr Essen. Jeffrey, du weißt doch, dass zu viel Süßes schadet."

Überrascht sah er auf und konterte: "Welche Laus ist dir denn heute über die Leber gelaufen, dass du mein Aussehen kritisierst und mich für einen Rabenvater hältst? Vielleicht schmeckt ihr einfach dieses Essen nicht."

"Ich darf mir ja wohl die Bemerkung erlauben, dass du mitgenommen aussiehst. Im Übrigen bist du noch weit von einem Rabenvater entfernt und an dem Essen gibt es nichts auszusetzen", wehrte sie sich.

 

Auf sein Aussehen wollte er jetzt nicht eingehen. Konnte er etwas dafür, dass ihm Annabells Zustand an die Nieren ging?

"Vielleicht nicht mit Worten, aber mit deiner Aussage. Ich habe ihr gar nichts gegeben, aber der Arzt, damit sie sich untersuchen ließ. Es war nur ein kleiner Lolli."