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Ein gemütlicher Sonntagabend auf der Île de Ré. Commissaire Chevalier verbringt ihn im Kreise der Familie bei bester Stimmung und frischen Austern. Das friedliche Beisammensein endet jäh, als auf einer Luxusjacht im Hafen eine Leiche gefunden wird. Die Tote, die offensichtlich erschossen wurde, kann schon bald als Solène Flamant identifiziert werden, Miterbin einer der bekanntesten Cognac-Dynastien. Nur wenig später wird der Geschäftsführer eines konkurrierenden Weingutes ermordet - mit derselben Waffe wie Solène. Seine Nachforschungen führen Chevalier in die für ihren Weinbrand berühmte Region - wo er auf zwei mächtige Familien trifft und ein undurchdringliches Netz aus Lügen ...
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Seitenzahl: 476
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Über das Buch
Über den Autor
Titel
Impressum
Widmung
Zitat
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Sonntag
Montag
Epilog
Ein kurzer Dank zum Ende
Über das Buch
Ein gemütlicher Sonntagabend auf der Île de Ré. Commissaire Chevalier verbringt ihn im Kreise der Familie bei bester Stimmung und frischen Austern. Das friedliche Beisammensein endet jäh, als auf einer Luxusjacht im Hafen eine Leiche gefunden wird. Die Tote, die offensichtlich erschossen wurde, kann schon bald als Solène Flamant identifiziert werden, Miterbin einer der bekanntesten Cognac-Dynastien. Nur wenig später wird der Geschäftsführer eines konkurrierenden Weingutes ermordet – mit derselben Waffe wie Solène. Seine Nachforschungen führen Chevalier in die für ihren Weinbrand berühmte Region – wo er auf zwei mächtige Familien trifft und ein undurchdringliches Netz aus Lügen …
Über den Autor
Jean-Claude Vinet ist das Pseudonym eines deutschen Autors von Kriminalromanen, den seine Liebe zu der wundervollen Region um La Rochelle am Atlantik dazu inspiriert hat, diese zum Schauplatz seiner neue Krimi-Reihe zu machen. Der Autor, der von sich behauptet, kein Land besser zu kennen als Frankreich, lebt mit seiner Familie in Trier.
COMMISSAIRE CHEVALIERERMITTELT AN DER ATLANTIKKÜSTE
Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Originalausgabe
Copyright © 2025 by Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6–20, 51063 Köln, Deutschland
Vervielfältigungen dieses Werkes für das Text- und Data-Mining bleiben vorbehalten.
Textredaktion: Dr. Ulrike Brandt-Schwarze, BonnUmschlaggestaltung: www.buerosued.de unter der Verwendung von Motiven von © www.buerosued.deeBook-Erstellung: two-up, Düsseldorf
ISBN 978-3-7517-6144-4
luebbe.delesejury.de
Meinen Töchtern Charlotte und Josefine
Quand la famille se défait, la maison tombe en ruine.
Wenn die Familie sich auflöst, zerfällt das Haus.
FRANZÖSISCHES SPRICHWORT
Chevalier sah hinaus auf die Wellen, die ohne Pause unermüdlich auf das Land liefen. Es herrschte Flut. Der Atlantik war in den Fier d’Ars geströmt und hatte in der flachen Bucht zwischen Les Portes-en-Ré und Loix die Austernbänke überflutet. Sanft wogte das Wasser nun dort, wo am Vormittag Männer an den Metallgestellen gestanden hatten, um die mit Austern gefüllten Säcke zu wenden.
Möwen schossen durch die Luft und schrien um die Wette, als gelte es, einen Preis zu gewinnen. Chevalier sah ihnen lächelnd nach und ließ dann den Blick über die Salinen jenseits der Bucht schweifen, wo Salzberge wie Diamanten in der Sonne glitzerten.
Mittlerweile lebte er seit zweieinhalb Jahren in der Region, doch immer noch konnte er sich in der Schönheit der Landschaft der Île de Ré verlieren. Manchmal glaubte er, das Gefühl würde nie vergehen.
Der September ließ die Sonne warm von einem wolkenlosen Himmel strahlen und tauchte die Küste in goldenes Licht. Eine wundervolle Zeit in der Charente-Maritime. Die Winzer waren in der Lese, und überall sah man Traktoren, die Trauben in übervollen Anhängern zogen, aus denen Wein, Pineau de Charente oder Cognac werden würde.
Chevalier wandte sich um und ging die wenigen Schritte hinüber zu der schmucklosen Produktionshalle, über deren Eingang der Schriftzug Huitres Tonnay zu lesen war. Sein Schwager Bertrand hatte zur Verkostung der neuen Austern aus seiner Zucht geladen. Der Wind zauste an Chevaliers braunen Haaren und trug den würzigen Geruch des Meeres herbei, der sich mit den Noten der Muscheln vermischte.
Bertrand und seine Mitarbeiter hatten vor der Halle Stehtische unter weißen Schirmen aufgebaut und kleine Snacks verteilt.
Für den Austernzüchter war es ein wichtiger Tag. Er hatte die Gastronomen der Insel, die Bürgermeister der benachbarten Orte und auch Freunde und Verwandte eingeladen, um ihnen seine neue Zucht, die Tonnay Spéciales de Claire, vorzuführen. Er war ähnlich vorgegangen wie die bekannten Kollegen aus Marennes-d’Oléron, hatte zur Stärkung der Qualität die Austernbänke in tiefes, nährstoffreiches Wasser gestellt und weniger Muscheln in den Säcken gelassen, die häufiger gedreht wurden. Nach drei Jahren im Meer hatten sie Monate zur Reinigung in den Klärbecken gelegen und waren jetzt reif zum Verzehr.
Joiceline, Bertrands Frau, und zwei Hilfen liefen mit Tabletts umher, auf denen geöffnete Austern auf Eis neben Zitronenspalten lagen. Alle bedienten sich und begutachteten die Muscheln.
Sandrine trat zu Chevalier. Ihre roten Haare leuchteten im Licht der Sonne wie glänzendes Kupfer. Er lächelte.
»Wo ist Manon?«, fragte er seine Frau.
»Mit ihren Cousins oben im Büro. Sie spielen an einer Konsole …« Sie grinste etwas gequält. »Lass uns probieren.«
Chevalier rührte sich nicht. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
Sie stöhnte leise und strich zart über ihren Bauch. »Er tritt heute in jede Richtung.«
Er küsste ihre Stirn. »Bald hast du es geschafft.«
Sie nickte und schnupperte an der Auster in ihrer Hand. »Wundervoll.«
Auch er beugte sich über die geöffnete Muschel und sog ihren Duft ein. »Wie ein eigenes Stück vom Meer.«
Die Schalen waren prall gefüllt.
Chevalier führte sie an die Lippen und ließ das Muschelfleisch in den Mund gleiten. Es war erstaunlich. Obwohl die geöffnete Auster nach Salzwasser gerochen hatte, nahm er den Salzgehalt nur hintergründig wahr. Stattdessen waren da mineralische Aromen in einer Ausgewogenheit, wie er sie bisher so noch nicht erlebt hatte. Er schluckte, und zu seiner Überraschung blieb ein nussiger Geschmack zurück.
»Wow«, entfuhr es ihm, und auch Sandrine nickte anerkennend.
»Ein Luxusprodukt, das sich nicht vor der Konkurrenz aus Marennes verstecken muss.«
Die anderen Gäste schienen ähnlich zu empfinden, denn wohin er auch blickte, sah er nur lobendes Nicken. Bertrand strahlte und schlug mit einer Gabel an sein Champagnerglas.
»Liebe Gäste, ich hoffe, Sie haben die kleine Verkostung genossen …«
»Ich sehe mal nach Manon«, flüsterte Sandrine und ging langsam zur Produktionshalle, während Bertrand seine kurze Rede hielt.
»Monsieur le Commissaire. Wie schön, Sie wiederzusehen.«
Chevalier wandte sich um und blickte in das lächelnde Gesicht von Georges Drapin, der in Begleitung einer etwa gleich alten Frau war, die seine Schwester sein musste. Gleicher Mund, ähnliche Nase und der unverwechselbare kühle Blick.
»Darf ich Ihnen meine Zwillingsschwester Solène Flamant vorstellen?«, sagte er. Er trug ein elegantes Sakko aus hellem Leinen zu dunkelblauen Chinos.
Chevalier reichte der Frau die Hand. »Enchanté. Was treibt Sie dazu, unserer kleinen Verkostung beizuwohnen?«
Drapin lächelte undurchsichtig. »Wie Sie wissen, haben Ihr Schwager und ich ein gemeinsames Austernprojekt in Irland laufen, da will man schauen, wie er sich vor Ort schlägt.«
»Wie ist Ihre Meinung zu den Austern?« Chevalier sah ihn fragend an, aber es war Drapins Schwester, die antwortete.
»An die Austernsorte Spéciales von Gillardeau oder Papin kommen sie nicht ran.« Ihre Stimme hatte einen distanzierten Klang. »Wissen Sie, ich esse nur die Spéciales de Claires von diesen beiden Produzenten. Dagegen sind die Ihres Schwagers, entschuldigen Sie die Deutlichkeit, langweilig.«
Chevaliers Augen flogen über die Designerjeans, die Tasche von Prada und den Schmuck. Ein Outfit, das hier fehl am Platz wirkte. »Vermutlich mangelt es mir am tiefen Einblick in die Materie, ich meinerseits finde die Austern im Vergleich zu denen, die ansonsten angeboten werden, ausgesprochen delikat.«
Drapin schmunzelte, doch Solène Flamant schien das Interesse an dem Gespräch zu verlieren. Sie wandte sich an ihren Bruder. »Georges, bring mich bitte nach La Rochelle, ich habe heute Abend eine Verabredung.«
Drapin verabschiedete sich eilig und folgte seiner Schwester, die ihre Austernschale auf einen der Teller fallen ließ, die auf den Tischen standen, und grußlos davonging.
»Was war das denn für eine arrogante Ziege?« Joëlle Demange war zu Chevalier getreten.
»Sie findet die neue Auster langweilig.«
Joëlle winkte ab. »Eat the rich. Wir haben so oft reiche Gäste, die nur rummäkeln. Ich glaube, es geht nur darum, sich als etwas Besonders darzustellen. Abgrenzung von uns einfachem Volk. Die Austern sind fantastisch und werden ganz sicher auf unserer Speisekarte landen.« Sie führte mit ihrem Mann Albert das Baleine Bleue in Saint-Martin-de-Ré, das beste Restaurant am Platz.
Chevalier mochte die ehemalige Klassenkameradin von Sandrine. Sie trafen sich ab und an, und es war immer lustig, denn Joëlle hatte eine amüsante Art, die Dinge direkt anzusprechen.
»Das wird Bertrand freuen.«
»Der soll mal zusehen, dass er ausreichend produziert, wir sind bestimmt nicht die Einzigen, die sie haben wollen.« Sie sah an Chevalier vorbei und lächelte. »Sandrine! Wann ist es so weit?«
Seine Frau wirkte müde. »Drei Wochen, wenn er sich an den Plan hält.«
»Ein Junge! Habt ihr schon einen Namen?«
Chevalier grinste. »Wird nicht verraten.«
Sandrine sah zu ihm auf. »Fährst du mich bitte nach Hause, ich kann nicht mehr.«
*
Sandrine hatte sich hinlegen müssen, nachdem sie zurück waren. Sie hatte während der vergangenen Monate weiter in Saint-Martin-de-Ré künstlerisches Gestalten unterrichtet und ihre eigenen Projekte vorangetrieben, doch in den letzten Wochen machte ihr die Schwangerschaft zu schaffen.
Mittlerweile lag auch Manon im Bett. Sie war, vom Spielen aufgedreht, lange wach geblieben, wobei sie unentwegt auf ihn eingeschwatzt hatte. Lebensansichten einer Zweijährigen.
Chevalier grinste.
Im Kommissariat hatten sie einen ruhigen Sommer verbracht. Ein Selbstmord war schnell festgestellt worden. Ansonsten überwogen Todesfälle, die auf Unfälle zurückzuführen waren und stets geklärt werden konnten.
Chevalier ging nach oben und sah ins Kinderzimmer. Manon hatte sich freigestrampelt. Er beugte sich über sie, zog die Decke zurecht und strich ihr die wirr abstehenden roten Haare aus der Stirn, die Sandrine ihr vererbt hatte.
Im Arbeitszimmer sah es wild aus. Er war dabei, es auszuräumen, denn das zweite Kind brauchte ein Zimmer. Sein Schreibtisch würde mit einer Ecke im Flur vorliebnehmen müssen. Er setzte sich an den Computer und schaute wie jeden Abend in das Postfach seines E-Mail-Accounts, aber außer der üblichen Werbung war nichts eingegangen.
Enttäuscht verzog er das Gesicht.
Seit einem Jahr war er auf der Suche nach der Wahrheit über seine verstorbene Mutter und konnte sich nur in einem Punkt sicher sein: Sie war nicht die Person, die zu sein sie vorgegeben hatte. Ihre Geburtsurkunde war gefälscht, und an dem Ort ihrer vermeintlichen Kindheit fehlte es an Urkunden und Beweisen. Er hatte seinen Vater kontaktiert, von dem ihn mehr trennte, als einte, aber der wusste angeblich von nichts. Die einzige Spur war ein altes Foto, das sie neben einem unbekannten Mann zeigte. Die beiden lagen am Strand und waren offensichtlich ein Paar. Sie hatte auch diesbezüglich gelogen, denn das Bild war in einem exotischen Land aufgenommen worden, während sie stets behauptet hatte, außer Marokko und Italien nur Frankreich zu kennen.
Nun wartete er darauf, dass die Gesichtserkennung im Netz Informationen zu ihr oder ihrem Begleiter zutage fördern würde, doch bislang ohne Erfolg.
Chevalier klappte den Computer zu und ging ins Schlafzimmer, wo er, einen Arm um Sandrine gelegt, sofort einschlief.
Das Smartphone weckte ihn zehn Minuten, bevor der Wecker ohnehin angesprungen wäre. Er schielte auf das Display und erkannte Siracs Nummer, dann stellte er die Verbindung her.
»Was liegt an?«
»Eine Tote. Sie wurde im Hafen auf einer Jacht gefunden.«
Chevalier wälzte sich auf den Rücken und sah zu den hellen Streifen, die die Sonne zwischen den Jalousien an die Decke malte. »Wo genau?«
»Im Bassin de Chalutiers am Quai de la Georgette. Da ist ein Steg für die dicken Boote. Soll ich dich abholen?«
»Nein, danke, den kurzen Weg fahre ich mit dem Rad.«
Sie legten auf. Chevalier drehte sich zur Seite und drückte sich einen Augenblick an Sandrine. Er genoss ihren Geruch, dann küsste er sanft ihre Wange. »Ich muss los.«
»Hab’s mitbekommen.« Sie gähnte. »Der Kinderdienst liegt heute also bei mir?«
»Tut mir leid.«
Er lief ins Bad.
Normalerweise kümmerte er sich morgens um Manon, frühstückte mit ihr und brachte sie in den Kindergarten.
Gerade als er an der Tür war, hörte er, wie sie ihn aus dem Kinderzimmer rief. Schnell ging er nach oben.
Manon rieb sich die Augen und streckte die Ärmchen aus. Er lächelte. So viel Zeit musste sein. Er hob seine Tochter aus dem Bett. Verschlafen legte sie ihren Kopf an seinen Hals und plapperte etwas, das er nicht verstand. Im Schlafzimmer bugsierte er sie zu Sandrine ins Bett, wo sie sich sofort an ihre Mutter schmiegte.
Kurz darauf schob er sein altes Rennrad aus der Garage und fuhr los. Sie wohnten in der Rue Louis Blanc, nur ein paar Meter vom Atlantik entfernt. Er liebte es, denn es waren nur wenige Schritte, und er konnte auf das unendliche Meer schauen, sooft er wollte.
Der Fundort der Leiche lag kaum mehr als zwei Kilometer entfernt. Also einmal rund um den alten Hafen. Chevalier hätte auch die Fähre nehmen können, die quer durch das Hafenbecken fuhr, doch dadurch würde er nur unwesentlich Zeit sparen.
Er sah zum Himmel, der im hellen Blau des Morgens leuchtete. Dieser Mittwoch versprach, wieder ein schöner Sonnentag zu werden. Auf den Straßen war es um diese Zeit noch ruhig. Ein paar Spaziergänger führten im Park ihre Hunde aus und warteten gelangweilt, bis diese ihr Geschäft erledigt hatten. Auf der Allée du Mail knatterte ein Lieferwagen an ihm vorbei, durch dessen geöffnete Schiebetür er Kisten sah, aus denen Baguettes herausragten wie Spargelstangen.
Es war wie immer, wenn er zu einem Todesfall gerufen wurde. Das Pulsieren des Lebens drang umso deutlicher in sein Bewusstsein. Hier Menschen, die ihrem Alltag nachgingen, die Routinen abspulten, aßen, lachten oder ihre Arbeit erledigten, während woanders in der Stadt eine Person gewaltsam gestorben war.
Er umrundete den Vieux Port, der inzwischen nur noch Sportbooten zum Anlegen diente. Aus einer Bäckerei kam der Duft nach frischem Brot. Eine frühe Motorjacht zog leise tuckernd durch das Hafenbecken, um zwischen den berühmten Türmen von La Rochelle hindurch aufs offene Meer hinauszufahren. Das Boot durchschnitt das heute spiegelglatte Wasser und trieb winzige Wellen gegen die Kaimauern. Claudes Bar am Quai Duperré, wo der Kommissar morgens gewöhnlich den ersten Kaffee des Tages trank, war um diese Uhrzeit noch geschlossen, doch als er vorbeiradelte, sah er Claude bereits in seinem Gastraum herumwirtschaften.
Das Bassin de Chalutiers war ein lang gezogenes Flutbecken, das durch eine Schleuse davor bewahrt wurde, während der Ebbe vollends leerzulaufen. Bis in die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts hatten Lagerhäuser und Werkstätten die Kais gesäumt. Seitdem war das verkommene Viertel völlig umgestaltet worden. Ein skandinavischer Architekt hatte auf Le Gabut, der kleinen Landzunge zwischen dem Bassin und dem alten Hafen, bunte Holzhäuser errichtet, die am Quai Georges Simenon Wohnungen, Restaurants und Bars beherbergten. Hier herrschte abends ein reges Treiben. Gleich gegenüber am Quai d’Honneur hatte man das Aquarium von La Rochelle gebaut, das in einem imposanten Neubau auf achttausend Quadratmetern den Menschen die Unterwasserwelt nahebrachte.
Die Segeljacht mit dem Opfer ankerte an einem Bootssteg in dem Teil des Bassins, der genau zwischen dem Aquarium und Le Gabut lag. Hier und entlang der Ufer dümpelten zumeist große, hochseetaugliche Boote.
Als Chevalier den Quai de la Georgette erreichte, sah er, dass der Bus der Spurensicherung bereits angekommen war. Auf dem Steg und dem Deck einer Jacht wimmelte es von Personen in weißen Schutzanzügen.
Er schloss das Fahrrad an und betrachtete die Szene. Es herrschte Ebbe, wodurch der Steg einen Meter unter dem Niveau des Kais auf dem Wasser schwamm. Ihm kam in den Sinn, dass dieser Ort, so mitten im Zentrum des Stadtlebens, eine ungewöhnliche Wahl für einen Mord war, wenn er sich denn als geplant herausstellen sollte.
Der moderne Bootssteg ragte weit in das Becken hinein und bot seiner Schätzung nach vierzig Booten Platz zum Anlegen. Alle Schiffe lagen mit dem Heck in Richtung des Hauptstegs, wobei kleine Seitenstege orthogonal von diesem abzweigten, sodass man die Jachten seitlich verlassen konnte. Gerade kräuselte der Wind das Wasser, wodurch die Schiffe so heftig zu schwanken begannen, dass sich die Masten in hektischem Durcheinander bewegten.
Chevalier schaute hinüber auf die andere Seite des Bassins. Auf einigen Balkons der schicken Wohnhäuser entdeckte er Schaulustige, die das Geschehen verfolgten. Manche hielten eine bol mit Kaffee in der Hand, aus der sie ab und an einen Schluck nahmen, andere sogen an der ersten Zigarette des Tages.
Auch direkt am Kai standen eine Handvoll Frühaufsteher und sahen zu.
Die Tote war auf einer großen, lang gestreckten Segeljacht gefunden worden, die in der Mitte des Stegs auf der linken, dem Aquarium zugewandten Seite angelegt hatte. Am strahlend weißen Rumpf war der Name Dove zu lesen. Eine Gangway ragte vom Heck des Schiffs auf den vom Tau feuchten Hauptsteg.
»Wenn der Kahn der Toten gehört, muss sie über ordentlich Kleingeld verfügen.«
Chevalier drehte sich um. Anaïs Roussel war neben ihn getreten. Die Gerichtsmedizinerin von La Rochelle war schlank und drahtig. Vom Kitesurfen braun gebrannt, zeigten sich jetzt, da sie lächelte, viele kleine Fältchen um ihre Augen. Sie und ihre Partnerin Louna waren die ziemlich besten Freunde von Chevalier und Sandrine. Anaïs hatte ihnen in den beiden vergangenen Sommern das Kitesurfen beigebracht, während Louna Manon versorgt hatte. Sie war vernarrt in die Kleine.
»Da könntest du recht haben. Lass uns rübergehen, eventuell handelt es sich ja um einen natürlichen Todesfall.«
Wieder lächelte sie Chevalier an. »Dann hätte Michel Douanier kaum angerufen und etwas von einer Schusswunde erzählt.«
»Davon weiß ich nichts.« Es ärgerte ihn, dass der Leiter der Spurensicherung die Gerichtsmedizinerin über das Detail informiert hatte, es aber nicht für nötig hielt, ihn ebenfalls in Kenntnis zu setzen. »Ein Mord im Herzen von La Rochelle!«
Sie sah zum Aquarium und dann in Richtung des Office de Tourisme. Das Riesenrad dahinter stand still. »Einen Schuss müsste man gehört haben.«
Chevalier nickte. »Wir werden die Nachbarn befragen.«
Sie liefen den Kai entlang und stiegen über eine Rampe hinab auf den Steg. Sirac stand etwas abseits und befragte einen Mann, der Jeans, Jacke und Kapitänsmütze trug. Der Kollege nickte zur Begrüßung und stellte die Neuankömmlinge vor.
»Das ist der Hafenmeister. Er hat die Tote gefunden.«
Der Mann riss sich hektisch die Mütze vom Kopf.
Chevalier lächelte freundlich. »Bitte beginnen Sie von vorn. Wer ist die Tote?«
»Kann ich nicht sagen. Sie war seit Montag auf der Dove.«
»Melden sich die Leute nicht bei Ihnen, wenn sie einlaufen oder auf die Jacht gehen?«
»Die meisten schon, sie aber nicht. Ich bin rüber zu ihr, als ich sah, dass sie mit einem Buch auf Deck in der Sonne saß, und hab gefragt.« Er verzog das Gesicht. »Sie hat mich abblitzen lassen.«
»Wie muss ich mir das vorstellen?«
Der Mann wurde unwirsch. »Sie meinte, wenn mich das etwas anginge, hätte der Eigner der Dove die Hafenbehörden informiert. James Smith habe ihr die Jacht zur Verfügung gestellt. Sollte ich ihr nicht glauben, könne ich gern in England anrufen. Danach hat sie einfach weitergelesen.« Es war ihm anzumerken, dass er weitere wenig schmeichelhafte Bemerkungen hinterherschicken wollte, doch er schwieg.
»James Smith?«
»Der Mann hat sein Geld mit Immobilien gemacht. Die Jacht liegt seit zwei Jahren hier. Er selbst war seit Ende Juli nicht mehr vor Ort, stellt das Schiff aber Freunden und der eigenen Familie zur Verfügung. Die Dove ist ein Boot der Baureihe Amel 60. Sie hat etwa zwanzig Meter in der Länge und neben Küche und Wohnbereich drei Schlafkabinen.«
»Wieso sind sie trotzdem heute Morgen an Bord gegangen?« Chevalier bemerkte einen Fettfleck auf dem Hemd des grauhaarigen Mannes.
»Vorschrift. Vor einigen Jahren ist ein Eigentümer auf seiner Jacht mit Herzinfarkt zusammengebrochen. Mein Vorgänger war zu der Zeit auf dem Steg und hat auch gehört, dass jemand aufschrie, wagte es aber nicht, ungefragt an Bord zu gehen. Der Mann ist gestorben. Seitdem ist der Hafenmeister angehalten, bei Verdachtsmomenten die Lage zu klären. Die Gäste sind informiert.«
»Was gab heute den Anlass?«
Die Sonne kam über die Dächer und verwandelte den Hafen in ein Postkartenmotiv. Alle ließen den Blick schweifen.
»Die Flaschen und Gläser auf dem Tisch der Lounge, also der Sitzgruppe im Heck, waren umgefallen und Wein ausgelaufen. Zudem brannte das Licht in der Kabine, und die Tür zur Kajüte stand auf. Ich habe gerufen, aber niemand antwortete.«
»Da sind Sie rein.«
»Nein, nicht sofort. Erst auf Deck. Da habe ich wieder gelauscht und gerufen. Doch da war nur Totenstille.«
»Sie sind also nach unten und haben das Opfer gefunden?«
Der Hafenmeister nickte und kratzte sich nervös hinter dem Ohr.
»Ist Ihnen etwas aufgefallen, und haben Sie Gegenstände berührt?«
»Nein. Ich habe sie da vor dem Bett in der großen Kajüte liegen gesehen und bin raus wie der Blitz. Dass sie tot war, sah man auf den ersten Blick. Ich habe sofort die Polizei angerufen.«
Chevalier nickte dankend. »Da haben Sie sich richtig verhalten. Kommen Sie bitte auf das Kommissariat, damit wir Ihre Aussage aufnehmen können.«
Er wollte sich abwenden, aber der Hafenmeister hob die Hand. »Sie war nicht allein. Als sie gestern an Bord gegangen ist, war ein Mann bei ihr.«
Chevalier wandte sich überrascht um. »Können Sie ihn beschreiben?«
»Leider nein. Es war schon dunkel, und ich bin oben über den Kai nach Hause gegangen. Er war größer als die Frau.«
»Wie wirkten die beiden auf Sie?«
»Wie ein Paar. Er hatte den Arm um sie gelegt.«
Chevalier und Sirac bedankten sich und gingen den Steg entlang zu der Jacht, während der sichtlich erleichterte Mann zusah, dass er davonkam.
Michel Douanier wartete schon auf sie. Er hatte sich die Kapuze vom Kopf gezogen und sah ihnen mit rot verschwitztem Gesicht entgegen. Man hatte ihn nach einem Vorfall im Vorjahr degradiert und nur kommissarisch als Leiter der Spurensicherung eingesetzt, doch niemand schien große Eile damit zu haben, ihn zu ersetzen.
»Michel, was ist hier vorgefallen?«
»Eine weibliche Leiche. Ich schätze das Alter zwischen fünfzig und sechzig Jahre. Sie wurde erschossen aufgefunden.«
»Das hat mir Anaïs eben erzählt.«
Douanier verstand den Wink. Er nickte. »Tut mir leid. Ich hab vergessen, dich zu informieren.«
»Haben wir einen Namen?«
»Nein, die Papiere fehlen.«
»Hast du weitere Erkenntnisse?«
»Sie wurde durch einen Schuss in den Oberbauch verletzt. Den Schmauchspuren zufolge wurde die Pistole aufgesetzt oder ganz nahe am Körper abgefeuert.«
»Haben wir die Schusswaffe?«
»Nein. Selbstmord schließe ich aus, es sei denn, jemand anderes wäre dabei gewesen und hätte die Waffe mitgenommen.«
»Das ist eher unwahrscheinlich. Wo wurde die Tote gefunden?«
»In einer Schlafkajüte auf dem Boden liegend. Sie war nur mit einem Nachthemd bekleidet. Es hat einen Kampf gegeben.«
»Konntet ihr feststellen, ob etwas fehlt?«
»Der Schmuck ist offensichtlich verschwunden. Das Smartphone auch, sofern sie eins hatte. Das Portemonnaie mit vierhundert Euro lag ohne Papiere auf dem Tisch.«
Chevalier und Sirac tauschten einen fragenden Blick.
Douanier deutete auf das Heck. »Die Tote ist in der Kabine direkt unter der Außenlounge.«
Sirac sah auf sein Tablet, wobei Chevalier seinen glänzenden Ehering bemerkte. Für den Kommissar hatte sich der junge Maghrebiner zu einem der wichtigsten Kollegen entwickelt.
»Das müsste die Eignerkabine sein. Relativ groß mit danebenliegendem Bad.«
Douanier nickte.
»Was ist mit dem Eigner?«, warf Chevalier ein.
»Ich habe die Adresse. Wir werden ihn später kontaktieren.«
»Können wir rein?«
Douanier verschwand im Inneren der Jacht und kam kurz darauf wieder zurück. »Wenn ihr nichts anfasst, der Boden wurde bereits gesaugt.«
Sie gingen hintereinander die schmale Gangway hinauf auf das Oberdeck. Das ganze Schiff war flach gehalten und hatte nur am Cockpit und über dem Abgang einen festen Überbau. Hinten am Bug gab es Liegen und eine gemütliche Sitzecke, die bei Bedarf mit einer Markise beschattet werden konnte. Jetzt standen neben einer umgeworfenen Weinflasche und zwei nicht völlig geleerten Gläsern die Markierungsschildchen der Kriminaltechnik.
»Nach einem Kampf sieht das nicht aus«, meinte Sirac.
Chevalier nickte. »Eher so, als sei jemand in großer Eile entlanggelaufen und dagegen gestoßen.«
Ein Windstoß kam vom Atlantik und ließ die Fallseile gegen den hohen Mast klirren.
»Der Hafenmeister meinte, dass die Amel 60 von nur drei Personen bedient werden kann, da fast alles automatisch funktioniert.« Sirac sah den Mast empor.
Sie stiegen den steilen Abgang hinunter und fanden sich in einer luxuriösen Welt wieder, die durch ein schmales Lichtband unterhalb der Decke und Dachhauben erhellt wurde. Gleich neben den Stufen stand ein Schreibtisch, vor dem ein großer Bildschirm an der Wand normalerweise die technischen Daten und die Navigation der Jacht anzeigte. Jetzt war er schwarz. Dem Flachbildschirm gegenüber war ein Esstisch am Boden befestigt, drum herum gab es mit grauem Leder bezogene Bänke. Alles war in glänzendem dunklem Holz gehalten und wirkte edel. An den Wänden hingen moderne Bilder. Am hinteren Ende des Wohnbereichs sah Chevalier zwei Türen, doch Douanier wandte sich nach rechts. Er lief vorbei an einer lang gestreckten Küchenzeile, die mit Spülmaschine, Dampfgarer und Waschmaschine voll ausgestattet war.
»Besser als bei mir zu Hause«, murmelte Sirac.
»Ihr kann das egal sein.« Anaïs deutete auf eine weibliche Leiche, die verdreht vor dem breiten Bett in einer geräumigen Kajüte lag, die sich an die Küche anschloss. Ihr Gesicht und der Oberkörper waren dem Bettkasten zugewandt. Die Haare standen ihr wild um den Kopf. Sie waren blondiert, wie Chevalier auffiel. Das Opfer trug lediglich einen durchsichtigen Stringtanga und ein Nachthemd. Das Laken war zerwühlt, weswegen er davon ausging, dass sie im Bett lag, als sie überfallen wurde.
Rechts ging es in ein Badezimmer mit exquisiten Deko-Elementen, die von indirektem Licht beleuchtet wurden. Auf einer seitlichen Ablage stand ein Kosmetikkoffer. Er war offen, und Parfumflaschen und Schminkpinsel ragten heraus.
»Wie in einem Spitzenhotel.« Anaïs kniete sich neben die Tote. »Habt ihr alles fotografiert?«
Douanier nickte.
Sie drehte die Tote auf den Rücken. Braune Augen starrten gebrochen ins Nichts.
Chevalier stöhnte leise auf. »Verdammt! Das ist die Schwester von Georges Drapin. Reiche Familie aus Cognac.«
»Woher weißt du das?«, fragte Douanier und runzelte die Stirn.
»Sie war gestern mit ihrem Bruder auf einer Austernverkostung meines Schwagers. Wir sind uns begegnet und flüchtig vorgestellt worden. Wir müssen die Familie des Opfers informieren und Georges Drapin zu einem Gespräch einbestellen. Er ist gestern mit ihr von Les Portes-en-Ré nach La Rochelle gefahren. Ich habe mitbekommen, dass sie eine Verabredung hatte. Eventuell kann Drapin Angaben zu dem Treffen machen.«
»Ich kümmere mich drum.« Sirac machte sich Notizen.
»Wie war die Tote?«
Chevalier sah zu Anaïs. »Wie gesagt, ich habe sie nur kurz erlebt.« Er dachte nach. »Eigentlich hat mir das schon gereicht: arrogant. Eine Frau, der bewusst ist, dass sie der besseren Gesellschaft angehört und jeden anderen genau das spüren lässt.«
Er sah zu den erschlafften Zügen der Toten. Alle Überheblichkeit war daraus gewichen und einer nichtssagenden Neutralität Platz gemacht. Die Persönlichkeit des Opfers war verschwunden, geblieben war die Hülle.
»Ich erkenne beginnende Hämatome auf der linken Wange und am rechten Oberschenkel. Die Kugel ist knapp unter dem Bauchnabel eingedrungen. Wahrscheinlich wurde die Aorta kurz über dem Punkt getroffen, wo sie sich in die Beckenarterien verzweigt.« Sie untersuchte weiter. »Vermutliche Todesursache: innerliches Verbluten. Mehr kann ich euch sagen, wenn ich sie auf dem Tisch hatte.« Sie zögerte und besah sich den Hals genauer. »Hier ist eine hypobare Sugillation. Recht frisch.«
»Eine was?« Chevalier kannte den Ausdruck nicht.
»Ein Knutschfleck.«
»Sie hatte Sex?«
Anaïs Roussel sah ihn an. »Möglich. Das kann ich dir nach der Obduktion sagen.« Sie stand auf. »Lasst sie mir in die Gerichtsmedizin bringen. Ich mache mich dann gleich an die Arbeit.«
»Wie lange ist sie tot?«
»Mehr als sechs Stunden. Die Totenstarre ist voll ausgeprägt.« Sie entnahm ihrer Taschen ein Thermometer. Kurz darauf wandte sie sich um. »Sie hat eine Kerntemperatur von siebenundzwanzig Grad. Jetzt ist es neun, ich schätze, dass sie zwischen dreiundzwanzig Uhr und Mitternacht gestorben ist. Das ist ein grober Wert, da ich die Umgebungsfaktoren nicht berücksichtigt habe.«
Chevalier kannte das Prozedere. »Plusminus eine Stunde«, murmelte er und sah unverwandt auf die Leiche.
Anaïs Roussel nickte und verließ das Schiff.
Die Sonne erreichte die Jacht und warf Strahlen durch das Lichtband in die Kajüte.
»Es gab einen Kampf.« Sirac deutete auf eine Handtasche, aus der Autoschlüssel gerutscht waren, eine Box mit Papiertaschentüchern und eine zerbrochene Vase, die zwischen einem niedrigen Tisch und dem Bett lagen.
Chevalier nickte und zeigte auf die Schlüssel. »Wir müssen das Auto finden. Da hängt das Schild einer Autovermietung dran.«
Er ließ sich auf ein Knie nieder und beugte sich über die Leiche, die wieder so dalag, wie sie gefunden worden war. Wie immer vermied er es, das Opfer zu berühren. Die Kälte eines toten Körpers war ihm zuwider.
»Nehmen wir an, sie ist aus dem Bett gesprungen, als der Eindringling auftauchte, dann wäre es logisch gewesen, es auf der rechten Seite zu tun, da von hier der Weg zur Tür am kürzesten ist.«
»Es sei denn, der Täter stand schon in der der Tür«, warf Sirac ein.
Chevalier nickte. »Genau. Sie rollt stattdessen herum und greift die Tasche. Warum?«
»Pfefferspray. Das haben viele Frauen dabei.« Sirac ließ sich auf ein Knie nieder und sah sich um. »Da ist keins.«
»Okay. Wie ging es weiter? Der Mörder greift sie an, und sie ringen miteinander. Die Dinge auf dem Tisch kommen ins Rutschen und fallen zu Boden.«
»Sie kämpfen um die Pistole«, nahm Sirac den Faden auf.
»Könnte sein, aber wieso drückt er oder sie nicht sofort ab, sondern lässt es auf eine Auseinandersetzung ankommen?«
Sirac sah Chevalier an und kratzte sich am Kopf. »Er wollte sie nicht umbringen.«
»Genau. Oder es war ihre Pistole, die sie aus der Tasche gezogen hat.«
»Du denkst an eine Beziehungstat?«
Chevalier nickte. »Ja. Ein Mann geht mit an Bord, und am nächsten Morgen ist sie tot. Was folgern wir daraus: Es kam zu Intimitäten und dann zum Streit, in dessen Verlauf sie starb.«
»Könnte so gewesen sein.«
Chevalier grinste schief. »Oder anders. Wir müssen wissen, ob sie Schmauchspuren an der Hand hat, ob nur ein Schuss abgegeben wurde und vor allem, wer der Mann war, der sie begleitet hat.«
Sie liefen nach oben. Draußen auf dem Steg warteten die Kollegen Adrien Moreau und Sophie Lambert. Sie gaben ihnen eine kurze Zusammenfassung des Falles.
»Wir gehen wie folgt vor. Ich informiere den Bruder der Toten, Georges Drapin. Von ihm werde ich die Adresse der Familie erfragen und erste Informationen zum gestrigen Abend einholen. In der Zwischenzeit besorgt Adrien die Aufnahmen der infrage kommenden Kameras aus der Umgebung. Sirac organisiert die Befragung der Anwohner und die Suche nach dem Pkw. Sophie sorgt für einen Beschluss der Staatsanwaltschaft, damit wir die relevanten Informationen zu der Toten bekommen können. Wichtig sind die Bankdaten. Wenn sie überwiegend mit der Karte gezahlt hat, wovon ich ausgehe, zeichnen wir eine Skizze ihrer letzten Tage. Überall dort, wo sie bezahlt hat, wird nachgefragt, ob sie allein oder in Begleitung war und so weiter. Versuch auch, Zugriff auf ihre sozialen Netzwerke zu erhalten.«
Moreau nickte. Er war der älteste Kollege. Seine verbliebenen Haare waren von grauen Strähnen durchzogen. Seit er nicht mehr trank, profitierten sie von seinem wachen Geist und der langen Erfahrung. »Was ist mit dem Commandant? Wo bleibt Vignaud?«
»Vermisst du unseren Chef?«, fragte Chevalier. Alle grinsten. Die gegenseitige Abneigung zwischen den beiden war legendär.
»Wenn er hört, wer hier kalt wird, springt er im Dreieck und läuft sofort zum Präfekten.«
Chevalier überging die harsche Formulierung, er kannte Moreau. »Ich erstatte ihm gleich Bericht.«
Ein Polizeiauto hielt auf dem Kai, und Vignaud quälte sich aus dem Auto. Er trat an den Kai, um zu ihnen herüberzuschauen.
Moreau grinste breit. »Quand on parle du loup …« Wenn man vom Teufel spricht …
Sie warteten und sahen zu, wie der beleibte Commandant die Rampe hinablief.
»Mal sehen, was er heute auszusetzen hat«, murmelte Sophie.
Vignaud trug wie immer Uniform. Seit ihr alter Chef nach Paris gewechselt hatte, war er ihr Vorgesetzter. Alle vermissten seinen Vorgänger.
»Monsieur le Commissaire, wieso ist der Kai nicht abgesperrt?«, blaffte der Commandant, ohne zu grüßen.
»Weil er nicht Teil des Tatorts ist«, antwortete Chevalier knapp.
»Eine Zusammenfassung bitte«, der Commandant schnaufte und sah an allen vorbei zu der Jacht.
Chevalier gab einen kurzen Abriss und erläuterte die geplanten Schritte.
»Gehen Sie so vor.« Vignaud sah ihn erstmals direkt an. »Die Miterbin einer Cognac-Dynastie, sagen Sie? Das muss der Präfekt sofort erfahren.«
Aus den Augenwinkeln konnte Chevalier sehen, wie die anderen schmunzelten. »Ich gehe davon aus, dass Sie Monsieur de Daillon informieren.«
Vignaud brauste auf. »Ach, das soll ich machen, wo der Präfekt doch so große Stücke auf Sie hält.«
»Dafür werden Sie bezahlt«, entgegnete Chevalier schroff und ließ seinen Vorgesetzten stehen. Der hielt ihn zurück.
»Sie werden mich begleiten!« Der Commandant schrie jetzt.
Chevalier hob im Weggehen zur Bestätigung die Hand. Die Kollegen folgten ihm.
Sophie schloss zu ihm auf. »War das sinnvoll?«
Sie war groß gewachsen und erinnerte ihn immer an Juliette Binoche.
»Ich ertrage die ewige Kritik nicht mehr. Manchmal muss es eben raus. Außerdem: Vignaud braucht uns, um den Fall zu lösen.«
»Und danach?«
»Solange ich mich an die Regeln halte, wird es so geräuschlos weitergehen wie bisher.«
Er sah den Zweifel in ihren Augen. Sie war seit Neuestem wieder liiert, nachdem ihr Ehemann sie im vergangenen Jahr hatte sitzen lassen. Die frische Beziehung schien ihr gutzutun.
»Dann hoffe ich mal, dass wir die Tat schnell aufklären.«
»Wir beginnen mit einem Kaffee bei Claude«, beschloss Chevalier.
*
Im Präsidium ging er zu Marie Szenec, seiner Sekretärin, die wie immer, bunt wie ein Papagei gekleidet, in ihrem Büro saß und Berichte tippte.
»Wir brauchen Informationen über die Familie Drapin.«
Sie sah ihn über den Rand ihrer grünen Brille an. »Die Cognac-Hersteller?«
Chevalier nickte. »Solène Flamant, die Schwester der Eigentümer, ist ermordet worden. Ich möchte wissen, was über den Clan hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wird.«
Marie Szenec überlegte. Sie war in La Rochelle geboren und seit vielen Jahren bei der Polizei. Sie kannte fast jeden. Außerdem verfügte sie über ein schier unendliches Netzwerk aus Freunden, Bekannten und Leuten, die in ihrer Schuld standen. Wollte man auf dem kurzen Dienstweg etwas erreichen, war sie die perfekte Ansprechpartnerin.
»Wissen Sie, ich war vor ein paar Jahren in Cognac auf einem Lehrgang zur Abrichtung von Hunden. Da habe ich die Sekretärin des Chefs von Rémy Martin kennengelernt. Sie weiß garantiert etwas, falls sie noch dort arbeitet.«
»Abrichtung von Hunden? Sie haben doch gar kein Tier.«
Sie wurde leicht rot. »Mein damaliger Freund hat Braques d’Auvergne gezüchtet, und ich wollte ihn beeindrucken.«
Chevalier lachte. »Wenn es für unsere Fragen nützlich ist, hat sich die Investition ja gelohnt.«
Sie grinste schief und rückte die Brille zurecht. »Aber nur dafür.«
»Versuchen Sie bitte, Georges Drapin zu erreichen, ich muss die Familie informieren.«
Wenig später klingelte das Telefon auf seinem Tisch. Er hob ab.
»Hier spricht Georges Drapin.«
Die Stimme war beherrscht, gleichwohl Chevalier dahinter den Schmerz zu hören glaubte. »Sie wissen schon Bescheid?«
Drapin unterdrückte ein Schluchzen. »Ich habe versucht, Solène anzurufen, aber einer Ihrer Kollegen ist drangegangen und hat mich widerstrebend informiert. Ich …« Seine Stimme versagte.
»Mein herzliches Beileid, Monsieur. Das Ganze muss schrecklich für Sie sein.«
Chevalier war Georges Drapin im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit einem Dreifachmord begegnet. Damals hatte er einen gewieften Geschäftsmann kennengelernt, der seine Emotionen im Griff hatte und jede Gelegenheit nutzte, um seinen Vorteil zu sichern. Ihn so betroffen zu erleben, war eine neue Erfahrung. Andererseits, was hatte er erwartet? Solène war seine Zwillingsschwester.
»Sind Sie der ermittelnde Kommissar?« Drapin kämpfte um Fassung.
»Ja.«
»Gut so. Können Sie mir sagen, was passiert ist?«
Chevalier überlegte kurz, welche Informationen er nach außen geben durfte. »Ihre Schwester wurde heute am frühen Morgen auf einer Jacht namens Dove erschossen aufgefunden. Wir gehen davon aus, dass die Tat gestern Abend geschehen ist.«
Drapin schwieg eine Weile. Als er sprach, war er kaum zu versehen, so erstickt klang seine Stimme. »Das Schiff gehört einem meiner Bekannten. Er hat es Solène zur Verfügung gestellt.«
»Wieso ist sie nicht in ein Hotel gegangen?«
»Meine Schwester mochte das Meer. Sie liebte Schiffe. In Saint-Tropez hat sie eine eigene Jacht. Nicht so groß wie die Dove.« Drapin hatte sich langsam wieder im Griff.
»Sie war demnach zu Besuch. Wo wohnte sie gewöhnlich?«
»In Paris. Mit ihrem Mann Pierre.«
»Hat sie Kinder?«
»Sébastien und Corinne.«
»War sie allein in La Rochelle?«
»Wieso fragen Sie?«
»Sie wurde in Begleitung eines Mannes gesehen, mit dem sie auf die Jacht gegangen ist.«
Drapin zögerte mit der Antwort. »Dazu gebe ich keine Auskünfte. Das ist ihre Privatsache.«
»Sie wurde ermordet. Sie sollten mir alles zur Verfügung stellen, was von Relevanz sein könnte.«
Drapin Stimme wurde schroff. »Was ich Ihnen sage, entscheide ich selbst. Und wenn Sie mehr wissen wollen, dann nur in Anwesenheit meines Anwalts.«
Chevalier schloss genervt die Augen. Drapin war wieder der harte Geschäftsmann, der alles kontrollieren wollte und mit Informationen so lange hinter dem Berg hielt, wie es für ihn vorteilhaft war.
»Wenn ich den Mörder ihrer Schwester finden soll, benötige ich Offenheit.«
Wieder zögerte Drapin. »Wir sehen uns selten. Zweimal im Jahr vielleicht. Die Ehe war nach außen hin intakt.« Er überlegte. »Nun ja, in letzter Zeit hat sie sich mehrmals über Pierre beklagt.«
»Inwiefern?«
»Oberflächlichkeiten. Sie haben mir aber gezeigt, dass sie nicht sonderlich glücklich war. Ich denke nur, das ist in allen Beziehungen so.«
Chevalier lachte kurz auf. »Das mag schon sein. Eine Affäre wäre demnach ungewöhnlich gewesen?«
Drapin schwieg.
»Warum war Ihre Schwester in La Rochelle?«
»Eine kleine Auszeit. Zudem hatten wir in der Familie Sachen für die Firma zu regeln.«
»Sie war Miteigentümerin?«
»Genau. Mein Bruder Mathieu führt die Geschäfte, Solène und ich sind in eigenen Angelegenheiten engagiert, wie sie wissen. Es gibt aber unternehmerische Entscheidungen, die wir nur gemeinsam treffen können.«
»Wenn es um weitreichende Fragen geht?«, hakte Chevalier nach.
»Genau. Strategische Weichenstellungen oder Satzungsänderungen.«
»Eine solche stand an?«
»Ja.«
»Darf ich fragen, worum es ging?«
»Nein.«
Mit keiner anderen Antwort hatte Chevalier gerechnet. »Warum war sie nicht in Cognac? Da sitzt schließlich die Firma.«
»Mathieu und Solène verstanden sich nicht sonderlich gut.«
»Wie äußerte sich das?«
»Familiengelegenheiten. Auch das gehört hier nicht hin.«
Chevalier wollte mehr darüber erfahren, doch Drapin würde ihn abblitzen lassen, das zeigte die knappe Antwort. Später, sagte er zu sich selbst, grabe ich tiefer.
»Kannten Sie die Person, mit der sie sich gestern getroffen hat?«
»Ich wusste nicht mal, dass es sich bei ihrer Verabredung um einen Mann handelte. Ich habe sie um halb sieben am Hafen abgesetzt und bin hierher auf die Île d’Aix gefahren.«
Chevalier kannte das Anwesen auf der Insel vom vergangenen Jahr. Eine eindrucksvolle Oase.
»Hat ihre Schwester nichts über den Grund des Treffens gesagt?«
»Nein, nur dass sie eine Verabredung hätte.«
Chevalier merkte, wie Drapin dichtmachte. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte bei mir.« Er zögerte einen Augenblick. »Wer wird die Tote identifizieren? Sie oder der Ehemann?«
Drapins Stimme kam wie aus weiter Ferne. »Das werden Mathieu und ich erledigen.«
»Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie Ihren Bruder bitten könnten, sich mit mir in Verbindung zu setzen.«
»Ich gebe das weiter.«
Chevalier ließ sich die Telefonnummer von Pierre Flamant diktieren, dann legten sie nach kurzem Gruß auf.
*
Er fuhr mit dem Rad zur Präfektur, obwohl Vignaud den Dienstwagen nahm und er hätte mitfahren können. Als er die Stufen zur ersten Etage erklommen hatte, wartete der Commandant bereits auf ihn. Seine Uniform war makellos. Der Blick, mit dem er Chevaliers Jeans und das offen stehende Hemd musterte, sprach Bände.
»Haben Sie die Berichte mitgebracht?«
»Wie Sie es wollten.«
»Gibt es Spezifika, die ich wissen muss?«
Chevalier schüttelte den Kopf. »Details, die ich gleich vortragen werde. Viel ist es nicht.«
Vignaud wollte etwas sagen, als sich die Tür zum Treppenhaus öffnete und Didier de Daillon den Gang entlangkam.
»Messieurs.«
Sie folgten ihm in sein präsidiales Büro. Der Präfekt hatte Louis-quinze-Möbel auf das helle Parkett vor seinen ausladenden Schreibtisch aus der gleichen Epoche stellen lassen, hinter dem eine Fahne mit dem Wappen des Departements und die Trikolore standen. An den Wänden hingen Ölgemälde, die seine Vorgänger zeigten. De Daillon trug wie immer einen perfekt sitzenden Anzug und eine gemusterte Krawatte zum blütenweißen Hemd. Mit dem sauber gestutzten Schnauzbart und den nach hinten gegelten welligen Haaren passte er symbiotisch in diesen Rahmen. Moreau nannte den Präfekten immerzu den Sonnenkönig der Stadt, und er hatte recht damit.
Chevalier fasste die Ergebnisse zusammen.
Während seines Vortrags verdüsterte sich die Miene des Präfekten immer weiter.
»Sie haben die Familie informiert, wie ich hörte?«
Chevalier fragte sich, woher de Daillon die Informationen hatte. »Ja. Ich habe mit einem der Brüder der Toten gesprochen und den Ehemann angerufen. Er wird im Laufe des Tages herkommen. Er war merkwürdig distanziert, als würde ich vom Tod einer ihm allenfalls flüchtig bekannten Frau erzählen.«
»Der Schock vielleicht. Was ist mit der Familie Drapin?«
»Es gab Unstimmigkeiten zwischen der Toten und ihrem älteren Bruder Mathieu. Aber das ist normal, wenn es um viel Geld geht. Wir werden sehen, wie tief die Differenzen waren.«
De Daillon hob beschwichtigend die Hände. »Gehen Sie behutsam vor. Ich vermute, dass der Kollege aus dem Nachbardepartement bald anruft und genau darum bitten wird. Immerhin ist die Familie recht bekannt in der Region und einflussreich in seinem Zuständigkeitsbereich. Monsieur Drapin hat bereits angerufen und um Diskretion gebeten.«
Daher also wehte der Wind. »Welcher der beiden Brüder?«
»Mathieu Drapin.«
Chevalier nickte. Alles wie erwartet.
»Was wissen wir über den Begleiter auf dem Schiff?«, fragte de Daillon weiter.
»Es ist zu früh, um Aussagen treffen zu können. Ich warte auf die Auswertung der Sicherheitskameras, die in der Umgebung betrieben werden. Lieutenant Moreau kümmert sich aktuell darum. Die Befragung der Nachbarn hat bisher wenig ergeben. Ein Anwohner hat um 23:30 Uhr einen leisen Knall gehört. Das könnte der Schuss gewesen sein.«
Der Präfekt wandte sich an Vignaud. »Die Kommission wird Unterstützung brauchen. Sie haben freie Hand. Wir verhängen aus fahndungstaktischen Gründen eine Pressesperre. Veranlassen Sie eine kurze Mitteilung. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Sie verließen das Büro und stiegen die Treppe hinab. Niemand sprach ein Wort.
Erst unten vor der Tür wandte sich Vignaud an Chevalier.
»In diesem Fall will ich keine Alleingänge sehen. Jeder Schritt wird mit mir abgestimmt.«
»Sofern das möglich ist. Manches muss schnell entschieden werden.«
»Das ist Ihr Problem«, brauste der Commandant auf.
Kurz darauf stieg er in seinen Dienstwagen und fuhr davon.
Chevalier sah ihm hinterher. Im vergangenen Jahr hatte er einen landesweit beachteten Dreifachmord aufgeklärt und war dafür belobigt worden. Wie es aussah, wollte in diesem Fall Vignaud die Lorbeeren einheimsen, sollte es ihnen gelingen, den Täter dingfest zu machen.
*
Sie saßen auf der Terrasse von Sylvies Café du Commerce, fernab von allen Touristenströmen, sodass ausschließlich »Rochelais«, wie die Einwohner der Stadt genannt wurden, ihren Weg hierher fanden.
Das Café hätte überall in Frankreich sein können. Eine abgewetzte Bar mit Kaffeemaschine, Zapfanlage und einigen Flaschen auf den Regalen dahinter. Im Raum standen einfache Holztische, die die Wirtin um die Mittagszeit mit Papiertischdecken für den Ansturm der Gäste auf ihre Plat du Jour vorbereitete. In einer Ecke dudelte ab und an ein Spielautomat vor sich hin. An einem Tisch daneben trafen sich einige ältere Männer der umliegenden Straßen, um ein Glas zu trinken, stundenlang zu erzählen oder Karten zu spielen. Solange es warm war, verlagerte sich das Geschehen nach draußen.
Chevalier und seine Kollegen liebten es, hier das Tagesmenü zu essen, denn Sylvie bereitete die einfachen Gerichte unübertroffen schmackhaft zu. Heute gab es als Vorspeise eine Terrine de Campagne mit Brot, der Steak-frites folgten. Zum Nachtisch bot sie eine Kugel Eis an.
»Vignaud will über alles informiert werden? Ich dachte, das liegt hinter uns«, murrte Moreau.
Auch Sirac konnte es nicht fassen. Der Maghrebiner schüttelte den Kopf. »Langsam wird er paranoid.«
Sophie hatte ihr Eis aufgegessen und winkte Sylvie, um Kaffee zu bestellen. »Seitdem du im letzten Jahr befördert worden bist, hat er wohl Angst, dass du ihm das Wasser abgräbst.«
»Ich denke, diesmal will er einen Ermittlungserfolg für sich verbuchen.« Chevalier nahm einen weiteren Löffel Eis. »Mir ist das egal. Er soll mich einfach in Ruhe meine Arbeit machen lassen.«
»Wir sollten ihn mit Fragen und Entscheidungen bombardieren. Irgendwann weiß er nicht mehr weiter. Der Bürohengst hat doch kaum Ahnung von der Praxis!«, schlug er Moreau vor. »Zu unserem Fall. Ich habe drei Kameras ausfindig machen können, die im Umfeld des Tatorts stehen. Leider wird der Steg nicht überwacht.«
»Was ist mit dem Aquarium?«, wollte Sirac wissen.
Ein Auto fuhr dicht vor ihnen die Fahrbahn entlang und hupte einem der Gäste zu.
»Da hängt eine der Kameras. Sie beobachtet nur den Vorplatz bis zum Kai. Möglicherweise sind die Tote und ihr Begleiter zu sehen, wie sie vorbeilaufen, wenn ja, allerdings nur ihre Beine.«
»Pech gehabt. Was ist mit der Befragung der Nachbarn?«
Sirac sah zu Chevalier. »Läuft, außer dem Mann, der den Schuss gehört hat, gibt es bisher keine Zeugen. Die Kollegen sind allerdings noch nicht mit allen durch.«
Sofie lehnte sich zurück. »Der Staatsanwalt hat beim Richter die Einsicht in die Bankdaten von Solène Flamant genehmigt. Ich habe anhand der Kreditkarten die Société Générale, den Crédit Lyonnais und die UBS France wegen Konteneinsicht angeschrieben.«
»Hoffentlich dauert das nicht ewig.«
Siracs Handy zeigte den Eingang einer Nachricht an.
»Wir müssen von dem Ehemann erfahren, ob es weitere Bankverbindungen gibt.« Chevalier dachte nach. »Mal sehen, was Anaïs herausgefunden hat. Ich fahre gleich in die Gerichtsmedizin. Später treffe ich den Mann der Toten. Um achtzehn Uhr setzen wir uns zusammen.«
»Mit Vignaud?« Adrien Moreau grinste provokativ.
»Wenn er Zeit hat, ja.«
»Sie haben den Pkw gefunden.« Sirac sah von seinem Handy auf. »Ich fahre gleich mit Kollegen der Technik hin. Mal sehen, ob wir etwas finden.«
Sie brachen auf, als der Kaffee getrunken war.
Im Hinausgehen tippte Sophie Chevalier auf die Schulter. »Ich muss heute um neunzehn Uhr los.«
»Wie heißt er denn?« Er grinste.
»Gérard.« Sophie errötete leicht. »Wir wollen ein Konzert besuchen und haben Karten.«
»Das kriegen wir hin.«
*
Anaïs Roussel war anders als die Gerichtsmediziner in den Fernsehkrimis. Sie würde nie in Gegenwart der Toten essen oder eine ihrer geliebten Gauloises rauchen. Chevalier hatte oft beobachtet, wie pietätvoll sie mit den Leichen umging.
»Soeben fertig geworden.« Sie grinste. »Du störst meine Zigarettenpause.«
»Tut mir leid.«
Sie winkte ab. »Louna freut sich über jede Zigarette, die ich nicht rauche. Komm mit.«
Anaïs lief zu den Kühlfächern und zog den Leichnam von Solène Flamant hervor, der in einem Leichensack lag. Sie schob ihn auf eine Rollbahre und fuhr diese unter eine OP-Lampe, die gleißendes Licht verströmte. Dort öffnete sie den Reißverschluss und zog die Hülle so weit beiseite, dass ein Blick auf den Körper möglich war, der den typischen Y-Schnitt zeigte.
»Von außen gibt es kaum etwas zu sehen. Hier ist die Einschusswunde.« Sie deutete auf ein kleines rundes Loch oberhalb des Bauchnabels, in dem Chevalier die winzige Stelle sah, in der ein Nabelpiercing eingeführt werden konnte. Anaïs war sein Blick nicht entgangen. »Sie hatte einen schönen Stein im Nabel, ich geh davon aus, dass es sich um einen echten Brillanten handelt. Er liegt bei den Kleidern. Der Schuss war aufgesetzt. Ich habe in der Wunde Fasern des Nachthemds gefunden und konnte Schmauchspuren feststellen. Auch an den Händen waren welche. Vermutlich hat sie die Waffe umklammert.«
»Ein Kampf?«
»Wahrscheinlich. Sie war eitel. Für ihr Alter hatte sie einen durchtrainierten Körper. Es liegen viele Studioeinheiten hinter ihr. Kaum Körperfett. Die kleinen Runzeln auf der Stirn hat sie sich mit Botox wegspritzen lassen. Die Falten um die Augen wurden vor Kurzem gestrafft. Manikürte Nägel, gefärbte Haare. In diesem Sommer war sie viel in der Sonne. Die Haut ist gut gebräunt.«
»Mit dir kann sie nicht mithalten.«
Sie überging den Kommentar. »Im Bauchraum habe ich eine Menge Blut gefunden. Wie vermutet, war die Aorta getroffen. Die Kugel steckte in der Muskulatur am Rücken. Ich habe sie an die Kriminaltechnik weitergereicht. Sie war winzig.«
»Kleines Kaliber. Deshalb hat sie den Körper nicht wieder verlassen.«
Anaïs sah auf. »Sie hatte regelrechtes Pech. Wäre das Geschoss woanders eingedrungen, hätte sie möglicherweise überlebt. Dass sie entbunden hat, weißt du?«
Chevalier nickte. »Zwei Kinder.«
»Der Blinddarm fehlt, ansonsten war sie gesund. Interessant für eure Fahndung sind drei Punkte. Erstens, sie hatte kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr. Einvernehmlich, es sind nirgends die für Vergewaltigungen typischen Verletzungen zu finden. Der Mann hat kein Kondom benutzt, das Sperma ist im Labor zur Bestimmung.«
»Vielleicht haben wir Glück, und er ist in der Datei.« Chevalier schöpfte ein wenig Hoffnung.
»Zweitens. Sie hatte Kokain und mehr als ein Promille Alkohol im Blut.«
»Die Jetset-Droge. Solène Flamant erfüllt einige Klischees.«
Anaïs grinste. »Es geht noch weiter. Im Magen habe ich die Reste eines aufwendigen Menüs gefunden. Languste oder Hummer, so genau konnte ich das nicht erkennen, Kaviar und Rindfleisch, dazu Gemüse. Ich vermute, sie war am Abend in einem schicken Restaurant. Sucht bei Christopher Coutanceau und Konsorten.«
Chevalier nickte. Die Idee klang gut, das Problem war nur die Vielzahl ausgezeichneter Speiselokale in der Region. Doch eventuell gaben die Kontodaten Auskunft darüber, wo Solène Flamant gegessen hatte.
»Und drittens?«
»Ich habe an diversen Stellen Hämatome festgestellt. Diese sind unmittelbar vor ihrem Tod entstanden und stammen daher vom Kampf mit dem Täter. Sie hatte Fremdspuren unter den Nägeln, die ebenfalls im Labor sind. Der Liebhaber hat ihr den Knutschfleck aber deutlich früher beigebracht. Er hatte Zeit, sich zu bilden.«
»Was willst du mir sagen?«
»Dass der Täter nicht zwingend der Mann gewesen sein muss, mit dem sie geschlafen hat. Das Zeitfenster zwischen den Ereignissen beträgt mindestens eine halbe Stunde.«
»Zeit, damit der Liebhaber geht, und der Täter kommt?«
»Theoretisch ja.«
Chevalier sah auf den Körper von Solène Flamant. Eine Beziehungstat? Er würde den Ehemann befragen.
Mit einem Ratschen verschloss Anaïs den Leichensack und rollte die Bahre wieder zurück in die Kühlkammer.
»Hat sich der Todeszeitpunkt verändert?«
»Nein. Zwischen elf und Mitternacht.«
»Plusminus?«
Sie griff ihre Zigaretten und ging mit Chevalier zum Ausgang.
»Plusminus.«
**
Draußen vor dem Eingang zur Gerichtsmedizin lehnte sich Anaïs an eine der Mauern, die hübsche Blumenbeete umrandeten, und zündete sich eine Zigarette an. Sie inhalierte tief und stieß den Rauch mit einem wohligen Stöhnen wieder aus.
»Wenn du mich fragst, hat sie sich gestern einen schönen Abend gemacht. Erst ein gutes Essen, anschließend auf die Jacht, ein bisschen Wein und Koks und dann Sex.« Sie sah Chevalier grinsend an. »Was willst du mehr?«
»Nicht umgebracht werden.« Er grinste zurück. »Wenn wir bloß wüssten, wo sie gegessen hat. Wir …«
Er wollte weitersprechen, doch unvermittelt trat ein Mann auf sie zu, der in dunklem Anzug mit versteinerter Miene, aus annähernd zwei Metern auf sie herabblickte.
»Entschuldigen Sie, ich suche die Gerichtsmedizin.«
»Da sind Sie bei mir genau richtig.« Anaïs sog wieder an der Zigarette. »Was kann ich für Sie tun?«
»Meine Frau … sie …« Die Gesichtszüge lösten sich, und Tränen füllten die Augen.
»Monsieur Flamant?«
Der Mann war sichtlich erstaunt. »Sie kennen mich?«
Anaïs lächelte. »Ich bin die Gerichtsmedizinerin. Ihre Frau ist die einzige Tote, die in den vergangenen Tagen eingeliefert wurde.«
»Ich bin gekommen, um sie zu identifizieren und …«, er brach ab und schluckte heftig, »… noch einmal zu sehen.«
Chevalier stellte sich vor. »Ich müsste anschließend mit ihnen sprechen.«
Flamant nickte nur, wobei sein Blick zögerlich auf die Eingangstür gerichtet war. »Tot … einfach so. Ich war beim Frühstück, so wie immer, als der Anruf kam.«
Chevalier konnte sich vorstellen, was geschehen war. Der Ehemann musste sofort ins Auto gesprungen und hierhergekommen sein. Während der langen einsamen Fahrt waren seine Gedanken unausweichlich in die Vergangenheit gereist und hatten begonnen, das Erlebte zu verklären.
Die beiden verschwanden im Gebäude.
Chevalier rief Sirac an. »Was ist mit dem Pkw der Toten?«
»Wie du sagtest, ein Mietwagen von einer Mietwagenstation direkt am Bahnhof. Wir haben auf dem Beifahrersitz ein Ticket für den TGV von Paris gefunden. Sonst war da nichts. Der Wagen ist in der Kriminaltechnik. Sie suchen nach Mikrospuren. Ich verspreche mir aber nicht allzu viel davon.«
»Wieso hat sie ein Auto gemietet? Von dort zum Hafen läuft man doch selbst mit dem Koffer nur fünf Minuten. Wir müssen herausfinden, wo sie damit war. Versucht, an die GPS-Daten zu kommen. Was ist mit den Bankdaten?«
Er lauschte, während Sirac Sophie fragte.
»Sind für morgen zugesagt.«
*
Pierre Flamant hatte das Hemd aufgeknöpft und sein Sakko über die Stuhllehne geworfen.
Sie waren an den Sportboothafen gefahren, weil er es nicht mehr an der Gerichtsmedizin ausgehalten hatte, und das Meer sehen wollte.
Nun saßen sie im Bistro Phare de Minimes und schauten über den Atlantik. Eine bizarre Situation. Vor ihnen Menschen, die ein wenig am Strand entspannten und das schöne Wetter, kurzum, das Leben genossen, wohingegen Flamant soeben den Tod gesehen hatte.
Chevalier musterte den hochgewachsenen Mann von der Seite. Glatt rasiert, mit mittelbraunem Haar wirkte er völlig neutral. Selbst Nase und Mund waren unauffällig.
Was hatte Solène Flamant dazu gebracht, diesen Typen zu heiraten?
Flamant schien diese Gedanken zu erahnen. Er nahm einen Schluck von seinem Pastis und sah aus braunen Augen zu Chevalier.
»Ich bin aus Andrézieux-Bouthéon, einer Kleinstadt etwas nördlich von Saint-Etienne. Das einzig Interessante sind das Schloss Bouthéon und die Tatsache, dass die Autobahn 72 nach Clermont-Ferrand unmittelbar daneben verläuft, um aus der Tristesse abzuhauen. Mein Vater war ein mäßig erfolgreicher Anwalt. Ich bin zum Studium weg und hatte das Glück, in Aix-en-Provence Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Später war ich dann ein paar Jahre in London bei einer Investmentbank, da war Solène schon mit mir verheiratet, und Corinne wurde geboren.« Er sah versonnen aufs Meer hinaus. »Wir sind seit vielen Jahren zurück in Paris, wo ich für Natixis im Investmentbanking arbeite. M&A-Transaktionen.«
Er sah Chevalier aufmerksam an, der nickte. »Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?«
»In Aix. Auf einer Feier bei Studienkollegen. Ich habe mich direkt in sie verliebt.« Er zögerte. »Warum sie sich auf mich eingelassen hat, weiß ich nicht.«
Die Begegnung mit seiner toten Ehefrau hatte Flamant mitgenommen. Der Investmentbanker, der mit goldener Uhr und teurer Kleidung zu imponieren suchte, war angeschlagen. Er wollte den Schock verarbeiten und war bereit zu erzählen.
Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Sie sind haufenweise um sie herumgeschlichen, sei es, weil sie attraktiv war, sei es, weil sie Geld hatte.« Wieder versank er in Gedanken. »Vor ein paar Jahren, wir waren kurz zuvor aus London zurückgekehrt, veränderte sich Solène. Sie kümmerte sich zunehmend um ihre persönlichen Interessen und ging ihrer eigenen Wege. Ich wurde zur Nebenfigur. Für die Kinder war sie aber immer da.« Es klang wie eine Entschuldigung.
»War Ihre Ehe intakt?«
Flamant sah Chevalier erstaunt und aggressiv zugleich an. »Jede Ehe verändert sich mit der Zeit und kühlt sich ein wenig ab. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie gescheitert ist. Wir haben immer zueinandergestanden. Was wollen Sie da andeuten?«
»Ihre Frau war nicht allein auf der Jacht. Sie wurde gesehen, wie sie gemeinsam mit einem Mann an Bord ging.«
»Na und?«
»Sie hatte Verkehr mit ihrem Begleiter.«
Flamant sackte in sich zusammen. »Davon weiß ich nichts. Ich …« Er brach ab.
Chevalier glaubte ihm nicht.
»War das die erste Affäre Ihrer Frau?«
»Keine Ahnung!« Er sprach so laut, dass sich die Gäste an den Nachbartischen nach ihnen umdrehten. »Was spielt das für eine Rolle?«
»Ich brauche Informationen, um das Motiv hinter der Tat zu erkennen. Die besitzen die Insider, nicht wir von der Polizei. Unser Problem ist die Unwissenheit der Außenstehenden. Also noch einmal. Kennen Sie andere Liebhaber Ihrer Frau?« Er hatte mit Absicht scharf formuliert.
Flamant senkte den Kopf und schlug die Hände vors Gesicht. »Nein. Für mich ist das alles neu. Schauen sie in das Smartphone. In ihrem Handy finden Sie die Antworten. Oder in ihrer Cloud.« Er leerte sein Glas.
»Das Telefon ist verschwunden. Warum hatte ihre Frau einen Mietwagen? Es sind nur wenige Schritte vom Bahnhof zum Liegeplatz der Jacht.«
»Sie hat mir nichts erzählt.«
»Wollte sie nach Hause fahren?«
Flamant lachte. »Wo soll das sein, außer bei mir? In Cognac? Sie kennen die Drapins?«
»Georges Drapin. Er war Zeuge in einem anderen Fall.«
Die Stimme wurde verächtlich. »Der schwule Georges. Macht auf Bohemien. Kunst und Kultur, aber er ist ein Drapin.«
»Was meinen Sie damit?«
»Unter der Oberfläche sind sie aus Stahl. Alle drei. Solène hat jede unserer seltenen Auseinandersetzungen für sich entschieden, denn wenn sie einmal die anerzogene Zurückhaltung und Höflichkeit überwunden hatte, war da gnadenlose Härte. Sie hat mir Dinge an den Kopf geworfen, die mir die Sprache verschlugen. Georges war mit einem Kerl namens André verpacst, also über den zivilen Sozialpakt eheähnlich verbunden. Der hat ihn sitzen lassen und wird seitdem erbarmungslos gehetzt. Ich habe gehört, dass André in Arles eine Anstellung gefunden hatte, aber Georges hat nicht geruht, bis der Arbeitgeber den armen Kerl rausgeworfen hat. Der Junge sollte nach Übersee gehen.«
»Was ist mit Mathieu Drapin?«
»Ein Raubtier. Wenn Sie einen rücksichtsloseren Menschen in Cognac finden, zahle ich sofort tausend Euro.«
»Ihre Frau und er lagen im Streit.«
Flamant lachte bitter auf. »Wenn die beiden aufeinandergetroffen sind, ist es hoch hergegangen.«
»Was war der Grund?«
»Na, was wohl? Das liebe Geld.«
»Geht das genauer?«
»Vor fünf Jahren ist der alte Drapin gestorben. Um den hatten die Leute einen großen Bogen gemacht. Ein widerlicher Mann.« Wieder lachte er. »Er lebte in einem Schloss, in dem es emotional so kalt ist, dass sie im Sommer den Mantel nicht ausziehen wollten. Ich war froh, nicht dort zu wohnen, und Solène ging es genauso. Seitdem das alte Monster endlich gestorben ist, gehört die Unternehmensgruppe den Geschwistern. Nicht unmittelbar, wegen der Erbschaftssteuer, aber sie haben das Sagen. Eigentlich Mathieu, sobald es jedoch um weitreichende Fragen geht, muss er die Zustimmung von Georges und Solène einholen.«
»Das hatte Probleme zur Folge.« Chevalier konnte sich vorstellen, wie die drei Alphatiere aufeinandergeprallt waren.
»Solène und Mathieu haben sich seit jeher verabscheut. Sie sind sich zu ähnlich. Mit dem Erbe wurde es so etwas wie ein Wettstreit zwischen den beiden, wer sich durchsetzt. Sie hat mir immer wieder berichtet, wie sie sich gegenseitig beharkten.« Er zögerte. »Zuletzt waren die Gräben allerdings noch tiefer. Ich würde fast sagen, unüberbrückbar.«
»Worum ging es dabei?«