Genial ernährt! - Dr. med. Yael Adler - E-Book

Genial ernährt! E-Book

Dr. med. Yael Adler

0,0
18,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Klug essen ohne die Lebensfreude einzuschränken! Das neue Sachbuch der Nummer-1-Bestsellerautorin Dr. med. Yael Adler Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Ballaststoffe – wir wissen mittlerweile, dass all das wichtige Bestandteile unserer Ernährung sind. Aber wenn es um konkrete Empfehlungen geht, widersprechen sich selbst Expertinnen und Experten regelmäßig. Ständig werden wir mit neuen Diätformen und Superfoods bombadiert, die viele Fragezeichen hinterlassen. - Paleo, High-Carb, Low-Fat oder doch vegan?  - Sind zuckerfreie oder vegetarische Ersatzprodukte tatsächlich gesünder? - Welche Nahrungsergänzungsmittel sind tatsächlich wirksam? - Wie viel Wasser sollten wir täglich trinken?  Bei all diesen wichtigen Themen lässt uns die zertifizierte Ernährungsmedizinerin Dr. med. Yael Adler endlich durchblicken. Sie erklärt eingängig und unterhaltsam, welche Nährstoffe, Ernährungsformen und Ergänzungsmittel wirklich gut für uns sind und was wir lieber vermeiden sollten. Dabei gibt die Ärztin und beliebte TV-Expertin jede Menge praktische Tipps an die Hand, die ganz einfach in den Alltag zu integrieren sind. Yael Adler zeigt uns: Sich gesund zu ernähren, kann auch Spaß machen und bedeutet nicht, auf Genuss verzichten zu müssen. »Genial ernährt ist besser als perfekt ernährt!« Dr. med. Yael Adler

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 513

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. med. Yael Adler

Genial ernährt!

Klüger essen, entspannter genießen, besser leben

Mit Illustrationen von Yvonne Schreiber

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Mineralien … Wir alle wissen mittlerweile, dass es eine schier endlose Liste an Makro- und Mikronährstoffen gibt, die wichtig für eine gesunde und ausgewogene Ernährung sind. Doch wie genau funktioniert das eigentlich mit diesen Aminosäuren in den Proteinen? Warum brauchen wir nochmal Omega-Fettsäuren? Und sind »komplexe Kohlenhydrate« wirklich so kompliziert, wie sie klingen? Dr. med. Yael Adler hat auf alle diese Fragen kluge und eingängige Antworten und gibt dabei auch noch jede Menge praktische Tipps für einen genialen Umgang mit Ernährung, der sich nicht nach ständigem Verzicht anfühlt.

Inhaltsübersicht

Widmung

Einführung

Teil I

Kapitel 1

Was Eiweiß mit Perlenketten zu tun hat

Die Protein-Verdauung

Wie Proteine unseren Körper stützen

Im Reich der fantastischen Aminosäuren

Wie Sie an ausreichend Proteine und gute Aminosäuren herankommen

Biologische Wertigkeit und modernere Methoden zur Bestimmung der Proteinqualität

Wie viel Eiweiß soll’s denn nun sein?

Kapitel 2

Kohlenhydrate: Alles Zucker, oder was?

Die Kohlenhydrat-Verdauung

Energie auf dem Teller

»Wie war das noch mal mit den schnellen und langsamen Kohlenhydraten?«: Glykämischer Index und glykämische Last

Die Blutzuckerregulation

Zucker auf dem Prüfstand

Kapitel 3

Fettsäuren: Die VIPs unter den Kalorien

Omega: Ungesättigt und unersetzlich

Fett auf Achse: von der Butterstulle bis in die Zellen

Cholesterin & Co.: Fettes Blut

Welche Fette wir essen und welche wir meiden sollten

Kapitel 4

Verbrennung, Grundumsatz und Aktivitätslevel

Gewichtskontrolle und Abnehmen

Umsatz de luxe: So pimpen wir unseren Kalorienverbrauch

Kapitel 5

Trinken ist aktiver Gesundheitsschutz

Still oder sprudelig: Welches Wasser soll’s denn sein?

Von Wasserknappheit und Gefahren durch Verschmutzung

Hightech-Müllabfuhr: So werden wir Schadstoffe wieder los!

Teil II

Kapitel 6

Vitamine: Essenzielle Teamplayer

Mineralien und Spurenelemente von A bis Z(ink)

Kapitel 7

Carotinoide: Die Leuchtenden

Polyphenole: Die kraftvollen Beschützer

Phytoöstrogene: Sanfte pflanzliche Hormonmanager

Glucosinolate: Scharfe Schützen

Alliine: Aromatische Antioxidantien

Phytate: Mineralstoffdiebe?

Lektine: Die Umstrittenen

Bitterstoffe: Die Unterschätzten

Kapitel 8

Teil III

Kapitel 9

Flotter Zweier für ein gutes Bauchgefühl

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Wen juckt’s?

Gluten: Auf den Leim gegangen

Die Milch macht’s

Gärendes Obst im Darm

Histamin: Rundumschlag

Teil IV

Kapitel 16

Kaffee: Braun, heiß, bohnenstark

Energydrinks: Muntermacher oder Mogelpackung?

Grüntee: Ewige Jugend aus China und Japan

Alkohol: Von Hochprozentigem und tiefen Einsichten

Milch: Doping mit Kuh

Pflanzendrinks: Milchschaum ohne Muh

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Würzige Wunder: Küchenkräuter und Gewürze

Nachwort

Dank

Anhang

Aminosäuren »hausgemacht«

Das »Who’s Who« der Vitamine, Mineralien, Spurenelemente und Anti-Aging-Supplemente

Für Noah und Liam

Einführung

Bücher und Ratgeber über die »richtige« Ernährung füllen inzwischen viele Regalmeter. Sie präsentieren eine Vielzahl von Ernährungsformen oder Diäten, geben uns konkrete Tipps für den Alltag oder zur Linderung spezieller Leiden. Auch im Internet ist das Thema längst ein Garant für hohe Klick-Zahlen. Ernährung ist in die Deutungsmühlen der sozialen Netzwerke geraten, performt von hippen Influencerinnen und Influencern, die gern frei von Sachkenntnis, aber stets überzeugend ihrer treuen Gemeinde die neuesten Trends verkaufen. Und dann gibt es noch all die Zeitschriften, die uns regelmäßig im Frühjahr erklären, wie wir ganz leicht und unkompliziert unseren Weihnachts- und Winterspeck wieder loswerden. Man nennt das liebevoll »Pfunde purzeln«. Eine Verheißung, die jedem, der sich wirklich mit Übergewicht plagt, allenfalls ein bitteres Lachen abnötigt. Denn eine nachhaltige Gewichtsreduktion ist ein mühevoller und langwieriger Prozess, bei dem nichts einfach so »purzelt« oder gar schmilzt wie das Eis, das man mit neuer Traumfigur am Strand gern schlecken möchte. Wer schnell abnimmt, hat aufgrund des Jo-Jo-Effekts alles schnell wieder drauf.

Viele Menschen fühlen sich inzwischen beim Thema Ernährung verunsichert. Zu groß ist das Wirrwarr aus oft riskanten Versprechen und den angeblichen Gewissheiten immer neuer Experten. Hinzu kommt, dass viele dieser Botschaften so sehr nach Verbot und Verzicht klingen, dass man sich fragen kann, wo da eigentlich noch Genuss und Freude bleiben.

Ob online, im Fernsehen oder am heimischen Küchentisch, wir diskutieren über unsere Ernährung, und das mit einer Heftigkeit, die wir sonst nur aus politischen oder religiösen Debatten kennen. Etwa wenn einige die ultimativen Grundsätze »ihres« Ernährungsgurus mit großer Leidenschaft ausbreiten und alternative oder gegenteilige Vorschläge mit einem beherzten »Das geht ja gar nicht« abkanzeln.

Diese Verunsicherung spüre ich auch bei meinen Patienten, die mit großen Fragezeichen im Gesicht vor mir sitzen und nicht wissen, welcher der vielen Ernährungswege denn nun wirklich zu mehr Gesundheit führt. Noch dazu wenn Grundsätze, die seit Jahren wie in Stein gemeißelt scheinen, dann doch irgendwann infrage gestellt werden. Vieles in der modernen Ernährungsmedizin ist in Bewegung. Deshalb werden Sie in diesem Buch manche Stelle finden, an der ich darauf hinweise, dass dies eine vorläufige Erkenntnis ist und die Wissenschaft dazu weiter forschen muss und wird.

Umso wichtiger ist es deshalb, einen besseren Zugang zum Thema gesunde Ernährung zu finden. Wir müssen wieder ein Verständnis dafür bekommen, wie unser Körper funktioniert, was ihn am Laufen hält und was wir dafür tun können, dass das möglichst lange so bleibt. Ein Blick in die Statistiken zeigt, wie dramatisch sich Ernährungsgewohnheiten auf unsere Gesundheit auswirken: Weltweit sind etwa 74 Prozent der Todesfälle vor allem auf Herzkrankheiten und Schlaganfälle, aber auch auf Krebs und Diabetes zurückzuführen.

Rund 42 Prozent aller Erwachsenen weltweit sind übergewichtig, Tendenz steigend. Auch Bluthochdruck, Demenz, Gicht und Fettleber stehen oft in direktem Zusammenhang mit unserem Lebensstil und unserer Ernährung. Trauriges Beispiel: Rund 30 bis 40 Prozent aller Krebsfälle ließen sich durch einen gesunden Lebensstil und Ernährungsmaßnahmen vermeiden.

WAS und WIE wir heute essen, ist relevant für unsere Zukunft: Der Herzinfarkt mit fünfzig begann im Alter von zwanzig Jahren, die Alzheimererkrankung einer Siebzigjährigen mit vierzig und auch die eingeschränkte Beweglichkeit mit achtzig schon fünfzig Jahre vorher.

All die Leiden, die durch falsche Ernährung und ungesunden Lebensstil hervorgerufen werden, nennen wir »Zivilisationskrankheiten«. Schon dieses Etikett lässt ahnen, dass wir uns sehr weit von einer natürlichen Ernährung entfernt haben: Unsere »moderne« Kost, geprägt von hoher Energiedichte und geringerem Nährstoffgehalt, lässt uns immer schwerer, kränker und auch unglücklicher werden. Wir verschlingen schnelle Snacks »to go«, Fertigprodukte und ultrahochverarbeitete Lebensmittel mit viel Zucker, Salz, Fett, Farbstoffen, Konservierungsmitteln, Geschmacksverstärkern und veränderter Textur. Dass wir so den Bezug zu echtem Genuss und natürlichem Geschmack verlieren, ist dabei fast noch das geringste Übel. Doch auch der gesundheitsbewusste Esser, der um derlei »moderne« Zivilisationskost einen Bogen macht, führt seinem Körper häufig nicht all das zu, was er braucht. So haben manche Obst-, Gemüse- und Getreidesorten weniger Vitamin-, Mineralstoff- und Pflanzenstoffgehalte als noch vor 70 Jahren. Unsere Böden sind teilweise ausgelaugt, Gemüse oft industriell gezüchtet, früh geerntet und/oder weit gereist, wodurch viele Nährstoffe einfach auf der (Flug-)Strecke bleiben. Und auch der Klimawandel mit erhöhten CO2-Werten reduziert den Nährstoffgehalt. Dazu kommen bedenkliche Erreger, Schwermetalle oder die Belastung durch Ewigkeitschemikalien und Mikroplastik, etwa im Wasser. So bequem die Errungenschaften der Zivilisation sind, sie machen es uns nicht immer einfach, uns gesund zu ernähren.

»Du bist, was du isst« – diese altbekannte Weisheit hat also nichts von ihrer Gültigkeit verloren, ganz im Gegenteil. Aber wie sollen wir uns denn nun ernähren? Statt Ihnen in diesem Buch den nächsten Ernährungstrend zu servieren, plädiere ich dafür, dass wir einen Dreischritt wagen: Lassen Sie uns klüger essen, damit wir entspannter genießen und besser leben können. Denn es geht beim Thema Ernährung am Ende nicht um Perfektion, sondern um unsere innere wie äußere Balance. Eine Freundin berichtete mir, dass sie seit sechs Jahren leidvoll auf jedes Brot verzichte, nur so könne sie ihre Figur halten. Schade eigentlich. Ein Freund backt hingegen mit Freude und hingebungsvoll sein Brot selbst, mahlt die Körner und setzt den Sauerteig an. Er ist gertenschlank und sein Brot Genuss pur. Ob Brot, Riegel oder Torte – kein Kuchen ist auch keine Lösung.

Lassen wir uns daher inspirieren von den Erkenntnissen der »Healthy Longevity«, der gesunden Langlebigkeit. Dieses Buch wird Ihnen all das Lebensmittel- und Körperwissen vermitteln, das Sie brauchen, um sich klug und bewusst zu ernähren: Sie werden verstehen, wie unsere Lebensmittel aufgebaut sind und was sie in unserem Körper bewirken. Dadurch wird es Ihnen leichter fallen, Nahrungsmittel nach Wert und Qualität auszuwählen, sie richtig zu kombinieren und so für mehr Genuss und Gesundheit sowie für ein optimales Körpergewicht zu sorgen. In diesem Buch gibt es keine Verbote, dafür jede Menge Wissen sowie praktische Tipps und Hilfestellungen, damit Sie sich im ernährungsmedizinischen Dschungel zurechtfinden. Außerdem werden spannende Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel unter die Lupe genommen, Mythen geklärt und offene Fragen beantwortet!

In Teil I werfen wir gemeinsam einen Blick auf Makronährstoffe: Wir schauen uns an, wie Proteine, Kohlenhydrate und Fette aufgebaut sind, wie sie wirken und wie wir uns mit vielen praktischen Empfehlungen genial ernähren können. Mir ist es in diesem Teil wichtig, Ihnen anschaulich darzustellen, was in unserem Körper passiert. Ich möchte Sie ermutigen, sich von Fachbegriffen und biochemischen Vorgängen nicht einschüchtern zu lassen, denn unser Körper hat sich wirklich faszinierende Systeme ausgedacht, die die Ernährungsmedizin mittlerweile sehr gut verstanden hat. Wenn wir hier den Durchblick haben, ist eine gesunde Ernährung wirklich ganz einfach. Und keine Sorge, am Ende jedes Kapitels werden die wichtigsten Infos noch einmal in leicht verdaulicher Form schmackhaft zusammengefasst!

Gleichzeitig können Sie sich natürlich aus diesem Buch auch genau das herauspicken, was Sie schwerpunktmäßig interessiert: Wollen Sie mehr über die Mikronährstoffe erfahren, springen Sie gerne direkt zu Teil II. Sind Sie an spezifischen Ernährungsformen interessiert und wollen wissen, was hinter Trends wie Paleo, Basischer Ernährung oder dem Fasten steckt, dann ist Teil III genau richtig für Sie. Und wenn Sie sich immer schon gefragt haben, ob Pflanzendrinks wirklich die gesünderen Alternativen zur Kuhmilch sind, wie viel Kaffee am Tag empfehlenswert ist oder was es mit diesen »Vitalpilzen« auf sich hat, dann werden Sie in Teil IV fündig.

Auch für mich persönlich ist das Thema »Ernährung« relevant, weil ich als kleiner Hypochonder stets versuche, Krankheiten möglichst zu vermeiden, und wahrnehme, dass es mir guttut, gesundes und leckeres Essen zu genießen. Als Ärztin erlebe ich tagtäglich in meiner Praxis, wie Ernährungswissen und schon kleine Veränderungen den Menschen helfen, ihre Erkrankungen loszuwerden oder sie zu lindern. Ich möchte Sie einladen, sich dem Thema ohne Scheuklappen und mit Offenheit für wissenschaftliche Details zu nähern. Ich verspreche Ihnen: Nach der Lektüre dieses Buches wissen Sie, wie Sie Ihren Körper durch geniale Ernährung nicht nur am Laufen halten, sondern sogar tunen können – für mehr Vitalität und Lebensfreude!

Teil I

Was uns ausmacht: Makronährstoffe – Baumaterial und Energielieferanten

Kennen Sie diese Partys, wo man allerlei interessante neue Leute kennenlernt, deren Namen man schon mal irgendwo gehört hat, aber die man noch nicht so richtig kennt? Jetzt stellen Sie sich bitte mal vor, jeder Partygast würde einen Makronährstoff repräsentieren: Proteine wären eher die muskulösen Typen, die gern über Fitness reden. Kohlenhydrate wären zuckersüße Zeitgenossen, die stets für gute Laune sorgen, aber auch echte Schurken sein können. Und Fette wären entspannte Genießer, die keine Eile kennen und an denen alles abperlt. Was ist nun unsere Rolle auf dieser Party? Wir sind die Gastgeber für alles, was in unserem Körper abläuft. Wir entscheiden durch unsere Ernährung, wer überhaupt reinkommt, wir füllen die Gläser auf, sorgen dafür, dass die Chemie zwischen den Gästen stimmt und alle ausreichend versorgt sind.

Mit den Makronährstoffen haben wir die wichtigsten Vertreter unserer Party-Crowd auch schon zusammen. Proteine, Kohlenhydrate und Fette sorgen bei unserer täglichen Nahrungsaufnahme gemeinsam dafür, dass unser Körper ein Fest feiern kann. Damit die Party aber so richtig flutscht, brauchen wir noch Wasser und Mikronährstoffe, wie Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Sie sind nicht nur Staffage, sondern wichtige Sparringspartner für die drei Hauptplayer. Wie diese Partygäste zusammenwirken, das werden wir uns in den kommenden Kapiteln ganz genau anschauen. Wir werden bei der Beschäftigung mit den Makronährstoffen einen Blick in die Zusammensetzung unserer Nahrung und die faszinierende Funktionsweise unseres Körpers werfen. Wenn Ihnen dieser Detailblick an der ein oder anderen Stelle zu kompliziert wird, dann kann ich Sie beruhigen: Sie brauchen keinen Doktor in Biochemie, um sich genial zu ernähren! Springen Sie einfach zu dem Unterkapitel, das Sie besonders interessiert, oder lassen Sie sich von den kompakten Zusammenfassungen inspirieren. Während es anfangs manchmal theoretisch wird, gehen wir anschließend für jeden Makronährstoff auf die praktische Anwendungsebene!

Ganz klar ist: Proteine, Kohlenhydrate und Fette gehören allesamt in ausreichender Menge auf unsere Teller. Auch wenn die genaue Verteilung individuell festgelegt werden kann und sollte, gibt es allgemeine Empfehlungen, die etwa so aussehen: Kohlenhydrate sollten etwa 50 bis 60 Prozent unserer täglich aufgenommenen Kalorien ausmachen, Fette etwa 30 bis 35 Prozent und Proteine etwa 10 bis 20 Prozent.

Das ist als Faustregel für eine ausgewogene Ernährung nützlich, aber viel besser ist es, durch das Wissen um den eigenen Körper diese Werte für sich selbst anzupassen. Also: Starten wir mit unserem ersten Partygast.

Kapitel 1

Proteine und Aminosäuren – Die Superbaustoffe

Eines gleich vorweg: Ohne sie läuft in unserem Körper einfach nichts! Proteine, zu Deutsch Eiweiße, sind die Bausteine des Lebens, von entscheidender Bedeutung für Zellen, Gewebe, zahlreiche Körperfunktionen und unverzichtbar für Stoffwechselprozesse. Auch wenn sie bei den Empfehlungen zur täglichen Kalorienzufuhr mit rund 10 bis 20 Prozent nur einen überschaubaren Anteil ausmachen, gebührt ihnen dennoch ein Platz, der ihrem Namen entspricht: Der Begriff Protein leitet sich nämlich vom griechischen proteios ab, und das bedeutet »vorrangig« und »grundlegend«. Auf unserer kleinen Party würden die Eiweißgäste denn wohl auch selbstbewusst sagen: »Wir nehmen den ersten Platz ein!« Und deshalb beginnen wir unsere Reise in die Welt der Makronährstoffe mit diesem wichtigen Player. Wir werden uns ansehen, wie Proteine aufgebaut sind, wie sie im Körper wirken, welche Lebensmittel uns mit ihnen versorgen, wie viele Proteine wir überhaupt zu uns nehmen sollten und welche Proteinquellen wir lieber meiden sollten.

Was Eiweiß mit Perlenketten zu tun hat

Proteine dienen uns nicht in erster Linie wie Kohlenhydrate und Fette als Energiequelle, sondern sind an fast allem beteiligt, was in unserem Körper so passiert – von der Verdauung unseres Essens bis hin zum Aufbau unserer Muskeln und weiterer wichtiger Funktionsträger in unserem Körper. Wenn wir ein Auto wären, so wären Kohlenhydrate der Treibstoff, Fett das Motoröl und Proteine der Motor. Und dieser Motor hat es in sich: Im menschlichen Körper sind sage und schreibe mehrere 100000 Proteine bekannt. Bei einem Erwachsenen entfallen stattliche 15 bis 17 Prozent der Körpermasse auf Proteine, etwa die Hälfte davon ist in der Skelettmuskulatur gebunden.

Die Gesamtheit aller Proteine in einem Organismus (auch in einem Gewebe oder einer Zelle) nennt man Proteom. Und das ist ein buntes Völkchen, das zahlreiche Aufgaben übernimmt. Hier einige wichtige Beispiele für das Wirken der Mitglieder dieser Stoffgruppe:

Enzyme: Sie beschleunigen chemische Reaktionen, wie bei der Verdauung. Man nennt sie auch Biokatalysatoren.

Signalstoffe und Hormone: Zum Beispiel Insulin, sein Gegenspieler Glukagon, Drüsenstimulierhormone und viele mehr, die zahlreiche Prozesse im Körper regulieren.

Transport: Proteine können Moleküle durch den Körper schippern. Glukose-Transporter, die in der Zellmembran sitzen, schleusen zum Beispiel Zucker in das Zellinnere, Hämoglobin sorgt dafür, dass Sauerstoffmoleküle von der Lunge über die Blutbahn weitertransportiert werden. Auch für Sexualhormone oder Fette gibt es Transportproteine.

Bio-Motoren: Actin und Myosin sind Muskelproteine, die zusammenarbeiten, um Muskelkontraktionen zu ermöglichen, indem sie sich gegenseitig verschieben. Sie funktionieren wie kleine Motoren in unseren Zellen, indem sie chemische Energie in mechanische Bewegung umwandeln.

Struktur: Eiweißmoleküle geben unseren Zellen ihre Form und Struktur. Zu diesen Strukturproteinen zählen etwa Kollagen, das unser Bindegewebe ausstattet und Keratin, der Hauptbestandteil von Haarfaden und Nagel.

Aufgebaut sind Proteine wie lange Ketten, die aus kleinen Perlen bestehen. Diese Perlen nennt man Aminosäuren. Es gibt 21 davon, die in unzähligen Kombinationen und Mustern aneinandergereiht werden können, um verschiedene Proteine zu bilden. Man könnte auch sagen: Die Aminosäuren sind wie Buchstaben im Alphabet. Je nachdem, welche Buchstaben in welcher Anordnung verwendet werden, erhält man unterschiedliche Wörter und Bedeutungen (Proteine). Diese Wörter können dann zu Sätzen zusammengefügt werden (Funktionen im Körper).

Weil unser Körper acht bzw. oft auch neun dieser Aminosäuren nicht selbst herstellen kann, müssen wir sie über die Nahrung zuführen. Deshalb nennt man sie auch essenzielle Aminosäuren. Mediziner merken sich die Namen dieser acht Pappenheimer über den Satz: »Phänomenale Isolde trübt mitunter Leutnant Valentins lüsterne Träume.«

Phenylalanin

Isoleucin

Tryptophan

Methionin

Leucin

Valin

Lysin

Threonin

In diesem Merksatz nicht berücksichtigt ist Histidin. Die Nummer 9 ist vor allem für Kinder essenziell, für Erwachsene semi-essenziell: Semi-essenziell bedeutet,dass der Körper diese Aminosäuren selbst produzieren kann, oft aber nicht in ausreichender Menge, weshalb dann von außen zugeführt werden muss – etwa bei schweren Verletzungen oder Krankheit, im Wachstum, bei besonderen körperlichen Belastungen oder erhöhtem Stress. Nicht essenzielle Aminosäuren kann der Körper dagegen in ausreichender Menge selbst gewinnen. Dafür nutzt er von den Zellen bereitgestellte Kohlenstoffgerüste, Zwischenprodukte von Stoffwechselvorgängen sowie bereits vorhandene Aminosäuren.

 

Alle Aminosäuren haben eine ähnliche Grundstruktur, die aus vier Teilen besteht:

Aminosäuren-Aufbau: Aminogruppe (NH2), Carboxygruppe (COOH), Wasserstoffatom (H) und Seitenkette (Restgruppe R) bilden die Grundstruktur.

Die Seitenkette ist bei jeder Aminosäure einzigartig und bildet sozusagen ihren charakteristischen Fingerabdruck – sie bestimmt die individuellen Eigenschaften der Aminosäure.

Aminosäuren kommen sowohl als Einzelbausteine vor als auch in Form von organischen Verbindungen, durch die kurze oder lange Ketten entstehen. Diese Ketten verlaufen nicht nur linear, sondern falten sich auf vier verschiedenen Ebenen zu komplexen Formen, die ihre spezifische Funktion bestimmen.

Die Faltung sorgt dafür, dass aus einer Sequenz eine räumliche Struktur wird. Globuläre Proteine beispielsweise haben eine birnen- oder kugelförmige Gestalt und sind in der Regel gut wasserlöslich. Zu ihnen zählen Enzyme, Transportproteine des Blutplasmas und Membrantransporter, die für den Ein- und Austritt lebenswichtiger Stoffe in die Zelle sorgen: Hämoglobin, Myoglobin und Insulin sind prominente Beispiele. Die fibrillären Proteine sind dagegen zumeist nicht wasserlöslich und haben eine faserige Struktur, der Klassiker ist Kollagen.

Aminosäureketten falten sich kunstvoll wie eine Origami-Figur

Nachdem wir nun den grundsätzlichen Aufbau von Proteinen als Perlenketten verschiedener Aminosäuren kennengelernt haben, wollen wir etwas genauer hinschauen: Wie wirken diese Proteingebilde in unserem Körper?

Die Protein-Verdauung

Damit unser Körper sie nutzen kann, müssen Proteine aus unserer Nahrung zunächst in ihre Bausteine zerlegt werden. Erst dann können sie für den Aufbau von körpereigenem Protein, für die Energiegewinnung und für viele andere lebenswichtige Funktionen verwendet werden.

Dieser komplexe Prozess findet im Verdauungstrakt statt und beginnt im Magen: Nüchtern liegt der pH-Wert der Magensäure zwischen 1 und 1,5 und damit knapp über dem der Batteriesäure. Die Natur hat diese sehr intensive Salzsäure nicht zuletzt deshalb in unseren Magen gebracht, weil wir früher auch rohes Fleisch verspeist haben und ordentlich Säure für den ersten Verdauungsschritt brauchten. In diesem Milieu können nun zunächst die komplexen Strukturen der Eiweiße aufgeknackt werden. Am Ende dieses Vorgangs, den man Denaturierung nennt, sind die Proteine bis auf die puren Aminosäureketten zerlegt. Anschließend beginnt ein Enzym namens Pjpgin damit, diese Ketten in kleinere Stücke zu zerschnipseln. Pjpgin wird im Magen als inaktive Vorstufe namens Pjpginogen produziert und erst durch die Magensäure handlungsfähig gemacht. Bei Menschen, die Tabletten nehmen, die ihre Magensäureproduktion hemmen, oder die aufgrund einer Magenschleimhauterkrankung zu wenig Säure produzieren, können somit Verdauungsbeschwerden auftreten, es kann auch zu einem Mangel an Vitamin B12 kommen.

Weiter geht’s im Dünndarm, wo bis zu 95 Prozent des Nahrungsproteins in den Körper aufgenommen werden: Hier, genauer gesagt im Zwölffingerdarm, wird der saure Speisebrei aus dem Magen durch alkalische Säfte aus der Bauchspeicheldrüse unter anderem neutralisiert. Der pH-Wert liegt nun zwischen 7 und 8, denn jetzt können die Enzyme so richtig loslegen. Die alkalischen Säfte enthalten weitere Enzyme, wie Trypsin, Chymotrypsin und Elastase, die wie Pjpgin im Magen als inaktive Vorstufen produziert und erst im Dünndarm aktiviert werden, damit sie nicht etwa schon vorher aus Versehen die Bauchspeicheldrüse zersetzen. Sie übernehmen die weitere Verdauung der Proteine. Gemeinsam mit Enzymen, die in der Membran der Dünndarmzellen sitzen, werden die Ketten weiter zerhäckselt bis hin zu kürzesten Eiweißketten und einzelnen Aminosäuren. Und die können dann vom Körper über Transporter in der Zellmembran in die Darmschleimhautzellen aufgenommen werden. Innerhalb dieser Zellen – Sie ahnen es bereits – warten noch mehr Enzyme, die die letzten Reste aufgenommener Peptide in einzelne Aminosäuren zerlegen. Die restlichen paar Prozent, die es nicht reingeschafft haben, werden im Dickdarm den gierigen Bakterien des Mikrobioms zum Fraß vorgeworfen und abgebaut.

Aus dem Darm werden die einzelnen Aminosäuren schließlich ins Blut abgegeben und gelangen über die Pfortader zur Leber, wo ein großer Anteil der im Körper gebrauchten Proteine zusammengesetzt wird – etwa Albumin. Albumin reguliert den Flüssigkeitshaushalt, stabilisiert Blutvolumen sowie Blutdruck, transportiert Nährstoffe, Hormone und Abfallstoffe, puffert den pH-Wert, dient als Energiereserve, bindet schädliche Substanzen und unterstützt die Wundheilung. Kommen zu viele Aminosäuren auf einmal in der Leber an, dient das Organ als Puffer oder Zwischenlager, damit der Organismus nicht von zu vielen Aminosäuren auf einmal überflutet wird. Vor allem sollen die Nieren sie ja auch nicht gleich wieder ausscheiden, denn sie werden noch gebraucht: Die Aminosäuren werden umgebaut und für die Bildung neuer Proteine genutzt. Diese Vorgänge führen zu einer erhöhten Konzentration von Stickstoff, der dann wiederum über die Niere als Harnstoff ausgeschieden wird. Aber viele kennen diesen wertvollen Stoff auch unter dem Namen Urea. Denn der bindet auch auf natürliche Weise Feuchtigkeit in unserer Haut. In vielen Körperpflegecremes ist Urea zugesetzt, in diesem Fall aber synthetisch hergestellt und nicht etwa ausgepullert.

Proteinstoffwechsel – ein biologisches Recyclingwunder

Wie Proteine unseren Körper stützen

Proteine sind wichtige Bestandteile des Bindegewebes sowie der Muskelfasern. Fibrilläre oder »fasrige« Proteine wie Kollagen und Keratin fungieren dabei als Stützskelett der Zellen. Kollagen ist das häufigste Protein im menschlichen Körper und der zentrale Baustein des Bindegewebes. Es verleiht Strukturen wie Haut, Knochen, Knorpeln, Sehnen und Bändern Flexibilität, Elastizität und ausgesprochene Zugfestigkeit. Die langen Kollagenketten bestehen aus mehreren Tausend Aminosäuren und machen beeindruckende 25 bis 33 Prozent der gesamten Proteinmasse des Menschen aus. Keratin hingegen ist hart und sorgt vor allem für mechanischen Schutz und Schutz vor Feuchtigkeit, weil es wasserabweisend ist. Es ist das Hauptprotein von Hornstrukturen wie der Hornschicht der Haut, Haare und ebenso von Nägeln, Geweihen, Hufen, Stacheln, Panzern, Federn, Fellen und Schnäbeln. Ah, okay, die letzten gelten für unsere tierischen Kollegen.

Kollagen

Kollagen wirkt wie eine Art inneres Gerüst. Es verbindet Hautzellen miteinander, durchzieht die Lederhaut und speichert Feuchtigkeit. Mit zunehmendem Alter wird Kollagen leider nicht nur abgebaut, zu allem Überfluss nimmt die Kollagenproduktion selbst ab. Der Grund dafür ist, dass sich die Aktivität der Fibroblasten, also der Zellen, die Kollagen in der Haut, den Knochen und anderen Geweben produzieren, verlangsamt. So wird weniger neues Kollagen gebildet. Das führt nicht nur dazu, dass die Haut an Elastizität verliert, dünner wird und Falten entstehen. Gelenkschmerzen oder -steifheit, brüchige Knochen und Nägel, dünner werdendes Haar, Haarausfall, Störungen der Wundheilung, aber auch stärker werdende Cellulite sind weitere Indikatoren für die abnehmende Kollagenproduktion.

Mit Kameratechnik, Ultraschall oder Biopsien können wir den Hautzustand samt Kollagenmenge überprüfen. Außerdem lässt sich im Blut mit einem Aminogramm messen, ob die Aminosäuren, aus denen Kollagen aufgebaut wird, sowie die für diesen Prozess notwendigen Mikronährstoffe ausreichend vorhanden sind: Das Trio infernale gegen länger und loser werdende Bindegewebefasern sind die Aminosäuren Glycin, Prolin und Hydroxyprolin. Dazu braucht es noch die Aminosäure Lysin für die Quervernetzung und folgende Mikronährstoffe:

Vitamin C

Ohne ausreichend Vitamin C ist die Kollagensynthese gestört, was zu Bindegewebsschwäche führt – ein klassisches Beispiel ist Skorbut.

Zink

Fungiert als Co-Faktor für mehrere Enzyme, die an der Kollagensynthese beteiligt sind. Es unterstützt zudem die Wundheilung und Reparatur von Gewebe.

Kupfer

Aktiviert das Enzym Lysyloxidase, das die Quervernetzung der Kollagen- und Elastinfasern antreibt, und ist damit entscheidend für die Festigkeit und Stabilität des Bindegewebes.

Silizium

Trägt zur Bildung von Kollagen und anderen Strukturproteinen bei und ist wichtig für die Gesundheit von Haut, Haaren, Nägeln und Knochen. Es fördert die Enzymaktivität, die zur Kollagenbildung notwendig ist.

Eisen

Eisen ist für die Kollagen produzierenden Enzyme als Co-Faktor nötig. Viele Frauen leiden wegen ihrer Menstruation unter Eisenmangel. Brüchige Nägel und Haarausfall sind typisch.

Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich leider auch unsere Fähigkeit, wichtige Mikronährstoffe aufzunehmen oder effizient zu verarbeiten – Vitamin C ist beispielsweise für die Kollagenproduktion unerlässlich. Außerdem nimmt mit dem Alter der oxidative Stress im Körper zu, was zu Schäden an Zellen und Geweben führt, einschließlich der Kollagenfasern. Oxidativer Stress, also freie Radikale, entsteht durch Umweltfaktoren wie UV-Strahlung, Umweltverschmutzung und ungesunde Lebensgewohnheiten, aber auch durch den ganz normalen alltäglichen Stoffwechsel. Radikale greifen die Kollagenstrukturen an und beschleunigen deren Abbau. Sonne, Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel und schlechter Schlaf sind Gift, nicht nur für das Kollagen. Mit einer ausgewogenen Ernährung, die reich an Mikronährstoffen ist, sowie mit Sport kann man die körpereigene Kollagenproduktion immerhin teilweise anregen.

Neben den oben in der Tabelle aufgeführten Mikronährstoffen helfen auch Antioxidantien, die beispielsweise in Beeren, Nüssen und grünem Tee enthalten sind: Sie reduzieren den oxidativen Stress im Körper, der Kollagen abbaut. Omega-3-Fettsäuren, Selen und Vitamin D3 mit K2 sowie eine gesunde Schilddrüse und Darmflora sind ebenfalls wichtig für eine gute Hautqualität. Zusätzlich sollte der Vitamin-B-Bedarf gedeckt sein.

Fleisch, Fisch und Eier versorgen uns mit Aminosäuren wie Prolin, Hydroxyprolin, Glycin und Lysin (Lysin liefern auch Hülsenfrüchte), die maßgeblich für den Aufbau von Kollagen sind. Lysin ist eine essenzielle Aminosäure, die anderen drei können wir auch selbst herstellen. Sie stecken etwa in Omas altbekannter Knochenbrühe – am besten Petersilie für das Vitamin C drüberstreuen.

Häufige natürliche Kollagenquellen

Knochenbrühe

Durch das stundenlange Kochen von Tierknochen wird Kollagen freigesetzt, das die Brühe anreichert. Zusätzlich enthält sie Hyaluronsäure, die die Feuchtigkeitsbindung der Haut unterstützt.

Gelee und Gelatine

Gelatine entsteht durch Erhitzen tierischen Kollagens. Gelatine findet sich in Lebensmitteln wie Gummibärchen, Pudding und Marshmallows.

Fleisch mit hohem Bindegewebsanteil

wie Rinderbrust, Schweineschulter und Hühnerhaut enthält viel Kollagen.

Fischhaut

Fisch, insbesondere die Haut, ist eine geeignete Kollagenquelle. Das Kollagen in Fisch ist leichter verdaulich und sehr gut bioverfügbar.

Kollagen als Nahrungsergänzungsmittel

Natürlich kann man Kollagen auch kaufen, das Angebot ist immens. Die auf dem Markt befindlichen Pulver oder Trinkampullen können verschiedene Typen von Kollagen enthalten, einzeln oder in Kombination: Typ I Kollagen ist der häufigste Kollagentyp und besonders gut für Festigkeit und Struktur von Haut und Nägeln, Knochen, Sehnen und Bändern. Typ II ist Hauptbestandteil der Knorpels, somit wichtig für die Gelenke, und ist auch in Teilen des Auges enthalten. Typ III ist häufig in Haut, Gebärmutter sowie Lunge und Gefäßwänden zu finden und unterstützt die Elastizität und Festigkeit dieser Gewebe. Es gibt noch weitere Kollagentypen, insgesamt mindestens 29, mit anderen Lieblings-Einsatzorten. Alle Kollagene enthalten Glycin, Prolin und Hydroxyprolin, weshalb die Einnahme etwa von Kollagen Typ I am Ende auch zu einer Erhöhung von Typ-V-Kollagen führen kann.

Kollagen wird bislang hauptsächlich aus tierischen Quellen gewonnen. Eine weniger bekannte, aber immer häufiger genutzte Quelle ist Kollagen aus Eierschalenmembranen. Diese dünne Struktur, die zwischen Schale und Eiweiß liegt, enthält Kollagen und wird auch für Nahrungsergänzungsmittel genutzt – hat allerdings eine leicht schweflige Note. Pflanzliches Kollagen gibt es nicht. Aber durch genetische Modifikation von Insekten, bestimmter Pflanzen, Bakterien oder Hefen kann Kollagen biotechnologisch nachgebaut werden. Es ähnelt in seiner Struktur und Funktion dem tierischen Kollagen und ist in ersten Produkten erhältlich. Man kann übrigens auch mit Aminosäuren aus veganen Quellen und Mikronährstoffen den Körper zur Eigenproduktion anregen.

Rinderkollagen

aus den Knochen, Häuten und Bindegeweben von Rindern, vor allem Typ-I- und Typ-III-Kollagen

Schweinekollagen

aus Haut und Bindegeweben von Schweinen, vor allem Typ-I- und Typ-III-Kollagen;

Schweinekollagen ist dem menschlichen Kollagen sehr ähnlich und kann daher gut aufgenommen werden.

Fischkollagen

aus Fischhäuten und -schuppen, vor allem Typ-I-Kollagen;

Fischkollagen hat kleinere Moleküle und eine hohe Bioverfügbarkeit.

Geflügelkollagen

aus Hühnerknochen und -knorpel, vor allem Typ-II-Kollagen.

Eierschalenmembran-Kollagen

besteht aus mehreren Arten von Kollagen, darunter Typ I, V und X, sowie anderen Bestandteilen wie Glucosamin, Chondroitin und Hyaluronsäure:

Typ-I-Kollagen: stärkt Haut, Knochen, Sehnen und Bindegewebe, fördert die Wundheilung und Hautelastizität

Typ-V-Kollagen: unterstützt die Kollagenstruktur, Zellmembranen, Haut, Haare, Nägel und die Plazenta, ist wichtig für die Organisation von Kollagenfasern

Typ-X-Kollagen: speziell für die Knorpelgesundheit und die Umwandlung von Knorpel in Knochen, entscheidend für das Knochenwachstum und die Gelenkfunktion

Veganer Kollagenersatz durch Biotechnologie

In der Tabakpflanze, in Hefe wurden bisher rekombinante Typ-I-, -II- und -III-ähnliche Kollagene nachgebaut.

Die gängige auf dem Markt angebotene tägliche Kollagendosierung von Supplementen liegt zwischen 2,5 und 11 Gramm, je nach Produkt. Eine Einnahmedauer von rund zwölf Wochen ist sinnvoll, um spürbare Ergebnisse zu erzielen. Manche nutzen es als kurze Kur, andere dauerhaft. Der Kollagenaufbau ist leider träge: Bei Haarausfall zeigen sich die ersten Ergebnisse nach vier Wochen, bei den anderen Geweben nach drei bis vier Monaten.

Dass supplementiertes Kollagen tatsächlich eine Unterstützung der Gewebequalität an verschiedenen Stellen des Körpers bewirkt, konnten Studien belegen: Elastizität, Feuchtigkeit und Festigkeit der Haut werden gesteigert, Gelenke funktionieren besser und Arthrose-Symptome werden gelindert, außerdem kann die Knochendichte im Zusammenspiel mit Sport und den richtigen Mikronährstoffen verbessert werden. Nagel- und Haarverankerung sowie Haarstärke profitieren, was Kollagen auch bei Haarausfall zu einem hilfreichen Mittel macht. Interessanterweise deuten Studien darauf hin, dass Kollagen auch Vorteile für das Herz-Kreislauf-System haben könnte, da es dabei hilft, den Fettanteil im Körper zu reduzieren und das schädliche LDL-Cholesterin zu senken, was in zu großen Mengen zu Arteriosklerose führen kann. Unter den richtigen Trainingsbedingungen kann Kollagen die Muskelmasse verbessern und den Fettanteil reduzieren – und damit im höheren Alter zu einer besseren körperlichen Verfassung beitragen.

Bei der Auswahl des Kollagen-Supplemente ist die Reinheit ein wichtiges Kriterium: Das Pulver sollte keine unnötigen Zusatzstoffe, Füllstoffe oder künstlichen Aromen und am besten auch keine künstlichen Süßstoffe enthalten. Ein neutraler Geschmack und Geruch sind ebenfalls gut. Idealerweise stammt das Kollagen von Weidetieren bzw. aus nachhaltig gewonnenem Fischkollagen oder eben aus biotechnologischen Quellen. Damit es gut bioverfügbar ist, sollte das Kollagen hydrolisiert, also aufgespalten, sein. Zertifikate wie GMP, ISO oder Bio-Siegel sind ebenfalls ein Hinweis auf gute Produktionsstandards.

Im Verdauungstrakt wird das zugeführte Kollagen dann in kleinere Aminosäureketten (Peptide) und einzelne Aminosäuren aufgespalten. Sie können anschließend über den Blutkreislauf transportiert und von den Zellen, insbesondere den Fibroblasten in der Haut und anderswo, aufgenommen werden. Dort stimulieren sie den körpereigenen Kollagenumbau und liefern Baumaterial für die oben genannten Körperteile.

Es ist allerdings nicht möglich, dem Körper die Entscheidung abzunehmen, wo das zugeführte Kollagen nach der Zerlegung im Dünndarm weiterverwendet wird. Man hofft, dass es dabei auch in der einen oder anderen Augenfalte ankommt, es kann allerdings ebenso gut auch in der Gesäßfalte landen …

In den sozialen Medien schwirrt immer mal wieder das Gerücht herum, Kollagenpulver könne eine Alternative zu Botox sein. Das ist völliger Quatsch! Kollagenpulver und Botox können nicht miteinander verglichen werden – sie haben ganz unterschiedliche Funktionen. Kollagenpulver unterstützt bei Bedarf die Hautgesundheit von innen und kann die Hautstruktur verbessern, erzielt aber nicht die sofortige, faltenlindernde Wirkung von Botox. Dieses Neurotoxin wird gezielt in die Muskeln gespritzt, um sie zu entspannen. Ist die Muskelaktivität reduziert, knautscht die Haut weniger, und mimisch bedingte Falten werden geglättet. Kollagen wirkt subtil nach Wochen bis Monaten, ohne dass tiefere Linien, Falten oder baumelnde Partien geglättet oder geliftet würden. Botox entspannt mimische Falten nach 14 Tagen.

Übrigens: Äußerlich aufgetragenes Kollagen in Cremes oder Seren kann zwar kurzfristig die Hautoberfläche aufsaften und für ein paar Stunden für ein glatteres Hautbild sorgen, allerdings ist die Kollagenmolekülstruktur zu groß, um tief in die Hautschichten einzudringen, wo es wirklich benötigt wird.

Im Reich der fantastischen Aminosäuren

Fast alle der in der Natur vorkommenden Aminosäuren werden als Bausteine für Proteine genutzt. Deshalb werden sie als proteinogene Aminosäuren bezeichnet. Einige der Aminosäuren können sogar in andere Makronährstoffe umgewandelt werden. Nimmt man mehr Aminosäuren auf als benötigt, kann der Überschuss zu Kohlenhydraten oder Fett umgewandelt werden. Umgekehrt kann bei Energiemangel Muskelprotein zum Energiegewinn herangezogen werden. Der Körper hat sich das wirklich großartig ausgedacht: Aus glukogenen Aminosäuren – das sind vor allem die aus Muskelproteinen freigesetzten wie Glutamin, Valin, Isoleucin – kann in der Leber Glukose, unsere Hauptenergiequelle, gemacht werden. Deshalb besteht bei Diäten auch das Risiko, dass Muskeln abgebaut werden, weshalb man mit eiweißreicher Kost gegensteuern sollte. Aus den ketogenen Aminosäuren wie Leucin und Lysin und aus Fettsäuren können in Hunger- oder Fastenzeiten Ketonkörper zur Energiegewinnung hergestellt werden. Bei einer Ketose werden kaputte Eiweiße abgebaut, außerdem läuft ein Eiweiß-Recycling ab, aber eben auch der Abbau von Muskeleiweiß bei Fastenperioden über 24 Stunden. Ketonkörper reduzieren das bis zu einem gewissen Grad, sie haben einen Muskelprotein schonenden Effekt.

Zu diesen Tausendsassas gesellen sich Aminosäuren, die sich ihre Unabhängigkeit nicht nehmen lassen wollen und eigene Funktionen ausüben. Einige dienen als Nervenbotenstoffe oder deren Vorstufe, andere sind Vorstufen von Hormonen, einige spielen eine zentrale Rolle im Harnstoffzyklus, der toxisches Amoniak in weniger schädlichen Harnstoff umwandelt. Zusätzlich tragen Aminosäuren zur Regulation des Säure-Basen-Haushalts bei und damit zur Stabilisierung des pH-Werts. Aminosäuren können auch als Energiequelle das Immunsystem stärken. Darüber hinaus sind sie zuständig für den Transport und die Speicherung von Stickstoff, was für die Synthese anderer Biomoleküle notwendig ist. Einige Aminosäuren dienen als Vorstufen der Bausteine von DNA und RNA oder des Muskellieferanten Kreatin.

Sehen wir uns nun die unentbehrlichen, essenziellen, unter diesen faszinierenden Leistungsträgern einmal genauer an, der Zauber liegt schließlich im Detail: Wir werden uns damit beschäftigen, welche Bedeutung sie für unseren Körper haben und in welchen Nahrungsmitteln diese Aminosäuren zu finden sind. Damit aus ihnen und weiteren Stoffen die nicht essenziellen Aminosäuren gefertigt werden können, braucht es eine gesunde Leber, intakte Enzyme und ausreichend Co-Faktoren wie B-Vitamine, Vitamin C sowie die Mineralstoffe Eisen, Zink, Magnesium, Selen und Mangan. Stress kann den Bedarf so stark ansteigen lassen, dass die Eigenproduktion nicht ausreichend hinterherkommt und wir auch bei den nicht-essenziellen Aminosäuren »zufüttern« müssen.

Die Unentbehrlichen

Vor den biologisch aktiven Aminosäuren in Proteinen steht in der Regel ein »L«. Das kann man sich mit »lieb« merken, auch wenn der Buchstabe natürlich etwas anderes meint. L steht für das lateinische laevo (links) und bezeichnet die Anordnung der Aminogruppe auf der linken Seite des zentralen Kohlenstoffatoms. Im Gegensatz dazu gibt es auch D-Aminosäuren, wobei das D nicht für »doof« steht, sondern für dextro (rechts). Diese Form kommt in der Natur viel seltener vor und wird in der Regel nicht in menschliche Proteine eingebaut. Sie findet sich eher in Bakterien.

Die drei Musketiere der Fitnessbranche: Isoleucin, Leucin und Valin

Die drei verzweigtkettigen Aminosäuren L-Isoleucin, L-Leucin und L-Valin sind die Stars in der Fitnessbranche: Sie spielen mit beim Energiestoffwechsel, der Proteinsynthese und bei der Reparatur von Muskelgewebe und ergänzen sich ideal – wie eben die drei Musketiere: Einer für alle – alle für einen! Kein Wunder, dass sie neben der normalen Ernährung auch als Nahrungsergänzungsmittel trenden. Dort sind sie vor allem unter dem Label BCAAs bekannt – aber Vorsicht: Bei allen positiven Wirkungen gibt es auch Gefahren bei Überdosierung! (Für eine ausführlichere Erklärung siehe Kapitel »Proteinshakes und Aminosäurekapseln«.)

Diese drei wichtigen essenziellen Aminosäuren finden sich vor allem in proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten, Proteinshakes, Whey-(Molke-)Protein, weniger in pflanzlichen Quellen wie Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen und Sojaprodukten.

Göttin im Kollagen-Olymp: Lysin

L-Lysin, die schöne Göttin, kennen wir bereits aus dem Kapitel über Kollagen. Für straffe Haut, schönes Haar und stabile Knochen, für Knorpel und Sehnen ist diese Aminosäure unerlässlich! Sie macht Kollagen robust und elastische Fasern »sprunghaft«, indem sie die Bildung von Quervernetzungen zwischen den Kollagenmolekülen ermöglicht. Ohne ausreichende Mengen an Lysin wären wir viel loser, weniger fest und elastisch, was sich negativ auf Haut, Bindegewebe und Heilungsprozesse auswirken könnte. Zusätzlich unterstützt Lysin die Calciumaufnahme, was wiederum starke Knochen und Zähne macht. Und, wie Sie später noch bei Widersacher Arginin sehen werden: Lysin kann Herpes ausbremsen!

Lysin ist in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten enthalten. Pflanzliche Quellen wie Hülsenfrüchte, Quinoa, Nüsse und Samen liefern ebenfalls Lysin, doch leider nur in geringeren Mengen. Veganer tun sich manchmal messbar schwer, die ausreichenden Mengen zusammenzubekommen. Dann kann es häufiger zu Infekten kommen, da auch die Antikörperproduktion mit vom Lysin abhängt.

Der Schwefel-Gott: Methionin

L-Methionin ist ein essenzieller Baustein vieler Proteine, Enzyme und Antioxidantien. Es ist die erste Aminosäure, die in fast jedem Protein in der Perlenkette eingebaut wird, und dient als Vorläufer für Cystein, einer schwefelhaltigen Aminosäure, die für die Proteinsynthese und die Bildung von Glutathion – einem der stärksten Antioxidantien im Körper – unerlässlich ist. Glutathion schützt die Zellen vor oxidativem Stress und spielt eine wichtige Rolle bei der Entgiftung. Die Umwandlung von Methionin in Cystein ist zudem entscheidend für gesunde Haut, Haare und Nägel, da Cystein ein Hauptbestandteil des Strukturproteins Keratin ist. Ein Mangel an Methionin oder Cystein kann zu brüchigen Nägeln, sprödem Haar und Hautproblemen führen. Veganer, die oft weniger Methionin über die Nahrung aufnehmen, sind hier besonders gefährdet.

Doch Methionin in zu großen Mengen hat auch eine Schattenseite: Bei seiner Umwandlung in Cystein entsteht das Zwischenprodukt Homocystein. Ein Überschuss dieser nicht proteinbildenden Aminosäure kann bei unzureichender Verfügbarkeit von Vitamin B6, B12 und Folsäure (die Werte können Sie im Blut nachmessen lassen) zu einem erhöhten Homocysteinspiegel führen. Das kann die Blutgefäße schädigen und das Risiko für Thrombosen, Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen. Außerdem wird ein hoher Homocysteinspiegel mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Demenz im Allgemeinen sowie auch mit Osteoporose in Verbindung gebracht. Studien an Tieren, insbesondere Mäusen, zeigen, dass eine methioninarme Ernährung die Lebensspanne verlängern könnte. Dies wird möglicherweise durch eine geringere Aktivierung des Zellwachstumsschalters mTORC1erklärt, der übermäßiges Zellwachstum bis hin zur Tumorbildung fördern kann. Ob Menschen hier in ähnlicher Weise von einer methioninarmen Kost profitieren wie Tiere, ist derzeit noch unklar, die Datenlage zu begrenzt.

Eine zu hohe Methioninzufuhr könnte zudem oxidativen Stress und Entzündungen begünstigen und damit den Alterungsprozess beschleunigen. Außerdem könnte es negative Effekte auf das Erbgut haben und zu unerwünschten Verklebungen der Gene führen, also epigenetische Veränderungen auslösen. Eine reduzierte Methionzufuhr könnte hingegen positivere epigenetische Effekte zeigen.

Methionin steckt vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten. Pflanzliche Lebensmittel wie Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte enthalten deutlich weniger Methionin.

Masters of Performance: Phenylalanin und Tyrosin

L-Phenylalanin ist wie ein ungeschliffener Diamant und von großer präventionsmedizinischer Bedeutung. Es wird nämlich gleich zu einer ganzen Reihe kostbarer Schmuckstücke umgebaut.

Phenylalanin ist Vorläufer für die Biosynthese von L-Tyrosin, das wiederum zuständig ist für die Weiterentwicklung zu den Nervenbotenstoffen Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Das Belohnungshormon Dopamin schenkt uns Motivation und ist wichtig für die motorischen Funktionen – beim Parkinson-Syndrom fehlt Dopamin. Genauer gesagt: In einem Teil des Gehirns, der Substantia nigra genannt wird, sterben Zellen ab, die normalerweise Dopamin produzieren. Der Nervenbotenstoff ist für die Steuerung von Bewegung und Koordination entscheidend. Gehen diese Dopamin produzierenden Zellen verloren, kann das Gehirn die Bewegungen nicht mehr richtig kontrollieren, was zu den typischen Symptomen von Parkinson führt, wie Zittern, Steifheit, langsame Bewegungen und Gleichgewichtsstörungen.

Darüber hinaus wird Tyrosin auch in Melanin umgewandelt, das Pigment, das für die Färbung von Haut, Haaren und Augen Verantwortung trägt. Ein Mangel an Tyrosin oder eine Fehlfunktion in der Melaninsynthese können zu Störungen wie Albinismus führen, einem Gendefekt, bei dem die Pigmentierung von Haut und Haaren beeinträchtigt ist.

Wenn Tyrosin Jodatome geschenkt bekommt, wird es zum Schilddrüsenhormon Thyroxin T4. Aus T4 entsteht dann Trijodthyronin (T3), das aktive Schilddrüsenhormon. Zu seiner Herstellung benötigt der Körper neben Jod auch Selen und Eisen. Und ich sage Ihnen ganz klar – ohne eine gut arbeitende oder eingestellte Schilddrüse läuft nix.

Oberhaupt Phenylalanin und seine wichtigen Weiterentwicklungen

Phenylalanin kommt reichlich in Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten vor, findet sich aber auch in pflanzlichen Quellen wie Soja, Nüssen und Samen.

Trotz des vielfältigen Angebots messe ich bei meinen Patienten im Blut öfter mal einen Mangel. Wird supplementiert, ist eine Einnahme am Morgen besonders sinnvoll. Denn Dopamin und die beiden Stresshormone Noradrenalin und Adrenalin fördern dann Wachheit, Aufmerksamkeit und Motivation und unterstützen uns bei kognitiven Leistungen.

Schleimhaut-Wellness und straffe Schenkel: Threonin

Die Aminosäure Threonin ein Bindegewebehelfer. Sie sorgt für Struktur, Elastizität, Regeneration und Reparatur sowie für das Wachstum bei Kindern. Threonin hilft außerdem bei der Produktion von Schleim für glitschige Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt und in den Atemwegen. Die werden dadurch geschützt, die Abwehrbarriere-Zonen des Körpers gestärkt. Threonin schützt die Leber vor der Ablagerung von Fett, indem es den Fettstoffwechsel über die Steuerung von Genen beeinflusst und die Aktivität von Enzymen fördert. Die sind notwendig für den Lipidabbau und verbessern den Lipidtransport. Threonin hilft zudem dem Immunsystem und macht die Haut geschmeidig.

Es findet sich in Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten.

Schlüssel zum Glück: Tryptophan, die Holde

L-Tryptophan ist aus mehreren Gründen von enormer Bedeutung für die Präventionsmedizin. Die Aminosäure spielt nämlich eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Schlaf, unseren Stimmungslagen und für unser Immunsystem: Tryptophan kann dazu beitragen, depressive Symptome zu lindern und unseren Schlaf zu verbessern. Denn aus Tryptophan werden das Glückshormon Serotonin und das Dunkelheits- und Schlafhelferhormon Melatonin gebildet, das gleichzeitig als starker Genwächter, Antioxidans und Langlebigkeitsstoff für unsere Zellfabriken, die Mitochondrien, auftrumpft. Serotonin reguliert Stimmung, Appetit und Schmerzempfindlichkeit, Melatonin taktet den Schlaf-Wach-Rhythmus und ermöglicht die körperliche Regeneration in der Nacht – es macht den Schönheitsschlaf.

Weil Tryptophan sowohl eine glukogene als auch eine ketogene Aminosäure ist, kann sie doppelt genutzt werden. Eine ketogene Diät kann beispielsweise dazu führen, dass Tryptophan vermehrt zur Neugewinnung von Glukose genutzt wird anstatt für die Serotonin- und Melatoninproduktion. Ketose ist ein metabolischer Zustand, in dem der Körper aufgrund eines Mangels an Glukose verstärkt Fette zur Energiegewinnung nutzt und dabei Ketonkörper produziert. Eiweiß (Aminosäuren) wird in der Regel nur sparsam und hauptsächlich in der Anfangsphase herangezogen, bevor der Körper vollständig auf die Fettverbrennung umgestellt ist. In dieser Phase versucht der Körper, seine Glukosespeicher (z.B. Glykogen) zu schonen und greift auf alternative Energiequellen wie Fettsäuren und Ketonkörper zurück.

Möglicherweise erklärt dies die miese Laune besonders zu Beginn der Diät, da der niedrige Insulinspiegel die Verfügbarkeit von Tryptophan, die Vorstufe von Serotonin, im Gehirn verringern könnte..

Besonders spannend: Die Darmflora beeinflusst die Herstellung von Serotonin aus Tryptophan – 90 Prozent des Serotonins im Körper wird nicht im Gehirn, sondern in den Darmzellen gebildet. Eine gestörte Darmflora, etwa durch Stress oder ungesunde Ernährung, kann die Serotoninproduktion verringern und Stimmung sowie Verdauung negativ beeinflussen. Stichwort Mikrobiom, mit dem wir uns später noch genauer beschäftigen. Tryptophan moduliert auch das Immunsystem, indem es das Wachstum von Immunzellen fördert und entzündungshemmende Reaktionen stärkt. Es wird außerdem vermutet, dass es beim Gewichtsmanagement hilfreich sein könnte, da es den Appetit reguliert und die Gemütslage optimiert.

Natürliche Tryptophan-Quellen sind Putenfleisch, Hühnchen, Milchprodukte, Fisch, Bananen, Nüsse, Samen, Sojabohnen und Hülsenfrüchte. Trotzdem kann bei manchen Menschen eine unzureichende Versorgung auftreten, die im Aminogramm nachweisbar ist. Niedrigere Dosen werden oft zur Unterstützung von Schlaf und Stimmung eingesetzt, während höhere Dosen bei spezifischen Problemen wie Depressionen oder Angststörungen hilfreich sein können. Es ist ratsam, Tryptophan zusammen mit Kohlenhydraten einzunehmen, wodurch es besser ins Gehirn gelangt.

Im Gehirn wird aus Tryptophan das 5-HTP (5-Hydroxytryptophan), was wiederum zu Serotonin verarbeitet wird. 5-HTP wird ebenfalls als Nahrungsergänzungsmittel genutzt, um die Serotoninproduktion noch gezielter zu fördern. Als Quelle dient der Extrakt aus den Samen der afrikanischen Pflanze Griffonia simplicifolia. Bei solchen medizinischen Diagnosen sollte die Anwendung in jedem Fall gemeinsam mit einem Facharzt erörtert werden. Denn besonders bei gleichzeitiger Einnahme von einigen Antidepressiva besteht die Gefahr eines Serotonin-Syndroms, eines gefährlichen Zustands, bei dem ein Serotoninüberschuss im Gehirn auftritt. Symptome können Unruhe, Verwirrung, erhöhter Blutdruck, Herzrasen, Fieber, Muskelsteifheit oder Krampfanfälle sein.

Aus Histidin mach Histamin

L-Histidin ist die Vorstufe für den Botenstoff Histamin, den Sie kennen werden, wenn Sie unter einer Allergie leiden. Bei Heuschnupfen, aber auch schon bei einem Mückenstich wird es unter anderem von Mastzellen, die im Gewebe hocken und auf einen Einsatz warten, ausgeschüttet. Zügig kommt es zu einer Schwellung oder Quaddelbildung. Aus den kleinsten Blutgefäßen, deren Kapillaren durchlässig werden, tritt Flüssigkeit aus. Gefäße erweitern sich, was wir als unschöne Rötung wahrnehmen. Dazu kommt ein mieser Juckreiz, weil die Juckreiz-Nervenfasern gereizt werden. Histamin bindet sich an verschiedene Empfangsstellen im Körper, was eine Vielzahl von weiteren unterschiedlichen Reaktionen auslöst: In den Atemwegen kann es zu Verengungen kommen – der Grund für Asthmaanfälle und Atembeschwerden bei allergischen Reaktionen. (Mit Lebensmittelallergien werden wir uns im Kapitel »Umgang mit Allergien und Unverträglichkeiten« noch näher beschäftigen.)

Histamin kann aber auch etwas Gutes: Es stimuliert die Magensäuresekretion und hilft bei der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus. Je nachdem, an welchen Rezeptor es dabei andockt, ist es ein Wachmacher. Viele Antihistaminika machen deshalb so oft müde, weil sie diese Wachmachwirkung im Gehirn blockieren.

Durch Histidin werden das Wachstum und die Reparatur von Geweben verbessert, darüber hinaus ist es ein wichtiger Bestandteil von Hämoglobin, dem Molekül, das Sauerstoff in den roten Blutkörperchen transportiert und so die Sauerstoffversorgung aller Gewebe gewährleistet. Es hat antioxidative Eigenschaften, schützt also auch noch unsere Zellen vor Schäden durch freie Radikale. Fleisch, Fisch, Geflügel, Milchprodukte sowie pflanzliche Quellen wie Sojabohnen, Nüsse und Samen sind gute Quellen.

Die Hausgemachten

Nicht nur die essenziellen Aminosäuren sind faszinierend, auch zu den semi- und nicht essenziellen gibt es unglaublich wichtige Fakten, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten. Da ich Ihren Lesefluss aber nicht mit 21 Aminosäuren bremsen möchte, habe ich die »Hausgemachten« für Sie in einer Tabelle im Anhang zusammengestellt. Werfen Sie bei Interesse doch einen Blick darauf oder nutzen Sie die Übersicht zum Nachschlagen. Es lohnt sich! Jetzt schauen wir uns genauer an, wie man an all diese wunderbaren Aminosäuren über die Nahrung herankommt.

Wie Sie an ausreichend Proteine und gute Aminosäuren herankommen

Alle essenziellen Aminosäuren kommen in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor. Tierische Eiweiße aus Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Milchprodukten und Eiern haben in der Regel eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche. Das bedeutet, dass der Körper dieses Eiweiß gut für sich nutzen, es also zerlegen, aufnehmen und in Körperstrukturen einbauen kann. Gleichzeitig kommt der Körper gut an Zink, Selen, Vitamin B12 und Eisen. Auf der anderen Seite dieser Bilanz stehen Massentierhaltung und hoher CO2-Ausstoß, zudem die gleichzeitige Aufnahme von Arachidonsäure. Diese tierische Omega-6-Fettsäure heizt in zu großen Mengen unser Entzündungssystem an. Tierische Produkte enthalten zudem oft hohe Mengen an gesättigten Fettsäuren, die bei übermäßigem Verzehr das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Insulinresistenz, Übergewicht und Diabetes steigern können. Ein weiterer Nachteil des Fleischkonsums: Viele Nutztiere, vor allem aus konventioneller Haltung, werden mit Antibiotika behandelt, deren Rückstände sich im Fleisch und in der Milch finden. Das kann zu Antibiotikaresistenzen, allergischen Reaktionen und Veränderungen der Darmflora führen. Der Einsatz von Anabolika und Hormonen zur Wachstumsförderung ist in der EU seit 1988 zwar verboten, doch diese Substanzen, die ebenfalls Rückstände im Fleisch hinterlassen können, werden laut Einzelfallberichten illegal verwendet oder belastetes Fleisch wird aus Nicht-EU-Ländern importiert. Überwachung und Regulierung dieser Rückstände erfolgen in der EU durch strenge gesetzliche Vorgaben und Analysen. Hormone in Fleisch und Milch können allerdings auch durch unnatürliche Haltungsbedingungen, durch Dauerträchtigkeit der Kuh oder Stress erhöht sein.

Wie könnte vor diesem Hintergrund ein kluges Verhältnis von tierischem und pflanzlichem Eiweiß für »Allesesser« aussehen? Schauen wir uns das genauer an.

Tierisches Eiweiß

Als gemeinhin bekannt gilt, dass der Konsum von allzu viel tierischen Produkten nachteilig für unsere Gesundheit sein kann. Insbesondere, wenn wir das Fleisch nicht selbst jagen und erlegen, um es mit unserem Steinzeitstamm zu teilen, wenn wir – anders als unsere Vorfahren – nicht auch mal fasten und uns nicht genügend bewegen. Besser erscheint in jedem Fall Fleisch von Tieren, die in der Wildnis gelebt haben und nicht in Massentierhaltung gezüchtet und mit Antibiotika gepäppelt wurden. Wer den Geschmack von Wild nicht mag und sein Fleisch beim Metzger oder im Supermarkt holt, kann nach der folgenden Faustregel einkaufen: Bio und regional ist besser als Fleisch von konventionell gehaltenen Tieren. Weißes Fleisch vom Geflügel ist weniger problematisch als rotes, zu dem Fleisch von Rind, Schwein, Lamm und Ziege zählen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das American Institute for Cancer Research (AICR) empfehlen, den Konsum von verarbeitetem und rotem Fleisch zu reduzieren, weil ein hoher Konsum mit einem erhöhten Risiko für Darmkrebs, Herzinfarkt und Diabetes in Verbindung gebracht wird. Auch wenn die Studienlage nicht immer eindeutig erscheint, weisen zahlreiche Untersuchungen und Metaanalysen auf diese Zusammenhänge hin.

Die Methodik von Ernährungsstudien unterscheidet sich dabei oft von Arzneimittelstudien, aber jede bringt wertvolle Erkenntnisse mit sich. Arzneistudien werden randomisiert (nach dem Zufallsprinzip ausgewählt), placebo-kontrolliert (eine Gruppe erhält ein Scheinmedikament) und doppelt blind (weder Teilnehmer noch Forscher wissen, wer das echte Medikament bekommt) erhoben, und das in einem überschaubaren Zeitraum. Ernährungsstudien beruhen in der Regel auf Kohortenanalysen, bei denen Menschen über Jahre hinweg beobachtet werden. Man sammelt dabei Daten über das Essverhalten und den Einfluss von weiteren unterschiedlichen Faktoren, die das Leben so mit sich bringt. Wenn Sie und Ihr Nachbar an so einer Studie teilnehmen würden, dann würde keiner von Ihnen echte Wurst bzw. Placebo-Wurst erhalten. Die Voraussetzungen sind je nach Individuum vollkommen unterschiedlich: Ihr Nachbar liegt vielleicht viele Stunden vor dem Fernseher, während Sie schon morgens beim Yoga waren und nun schweißtreibende Gartenarbeit erledigen. Während Sie zum Fleisch frisches Gemüse essen, genießt er aber Pommes, und wenn Sie beim Bio-Fleischer glückliches Rind kaufen, wählt er das Discounter-Hackfleisch. Es spielt auch eine Rolle, ob Sie früher geraucht haben, wer Diabetiker in der Familie hat, wer mehr Stress im Alltag hat, wer regelmäßig Rotwein oder Limo statt Wasser trinkt und so weiter … Und sicher unterscheiden Sie sich auch in der Genetik und im Darmmikrobiom.

Trotz dieser Herausforderungen sind solche Studien wichtig und tragen wertvolle Erkenntnisse bei. In der Ernährungsforschung kommen mittlerweile auch längere Studien mit Kontrollgruppen zum Einsatz, um die Effekte bestimmter Ernährungsweisen besser zu verstehen. Diese Studien sind nicht perfekt, aber sie ergänzen sich gegenseitig und tragen wie Puzzleteile zu einem immer klareren Gesamtbild bei. Einigkeit herrscht beispielsweise darüber, dass verarbeitetes Fleisch nur selten oder gar nicht konsumiert werden sollte. Dazu zählen Wurstwaren, Salami, Speck, Schinken, Würstchen, Pasteten, Corned Beef, Beef Jerky und Pökelfleisch wie Kassler. Der Verzehr solcher Produkte ist mit einem erhöhten Risiko für Krebs, insbesondere Darmkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Insulinresistenz verbunden. Dies liegt gleich an einer Handvoll unerwünschter Inhaltsstoffe: an zugesetzten Konservierungsstoffen, die die Darmflora verändern, insbesondere aber auch an Nitriten und Nitraten. Nitritpökelsalz sorgt dafür, dass Fleischprodukte eine ansprechende rosa Farbe behalten, statt grau zu werden. Beim Pökeln reagieren Nitrite mit Aminen aus dem Fleisch und bilden dabei stark krebserregende Nitrosamine. Man sollte seine Wiener Würstchen daher nicht braten oder grillen, weil die hohen Temperaturen die Nitrosaminbildung erhöhen. Auch aus Nitraten können durch bakterielle Umwandlung Nitrite entstehen, beispielsweise in der Mundhöhle oder im Darm durch unsere Bakterien. Nitrit kann zudem den Sauerstofftransport im menschlichen Körper hemmen, was besonders gefährlich für Säuglinge ist, da sie dies nicht ausreichend kompensieren können. Aus diesem Grund sollte nitratarmes Wasser für Säuglinge verwendet werden.

Zusätzlich tragen hohe Mengen an Salz und die Gesamtfettmenge in verarbeiteten Fleischprodukten zu den gesundheitlichen Risiken bei. Sie enthalten viele gesättigte Fettsäuren und entzündungsfördernde Stoffe wie die tierische Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure. Gesättigte Fettsäuren können durch die Aktivierung bestimmter Rezeptoren entzündliche Prozesse im Körper auslösen, was wiederum die Insulinresistenz und damit Diabetes fördern kann, die Leber verfettet und die Darmflora schädigt.

Ein selbst zubereitetes Stück Fleisch, wie ein Steak, schneidet zwar besser ab, doch auch hier beeinflusst die Zubereitung die gesundheitliche Wirkung. Braten oder Grillen bei hohen Temperaturen kann zur Bildung von heterozyklischen Aminen führen, die oxidativen Stress und – ja genau – Insulinresistenz fördern können. Studien zeigen, dass der Ersatz von rotem und vor allem verarbeitetem Fleisch durch pflanzliche Proteinquellen zu einer verbesserten Insulinsensitivität, niedrigeren Cholesterinwerten und einem geringeren Risiko für chronische Krankheiten führen kann.

Viele Menschen können sich aber nicht vorstellen, auf diese Lebensmittel zu verzichten, die teils tief in unseren Esskulturen verankert sind. Die klügste Ernährungsweise bringt wenig, wenn sie im Alltag nicht umsetzbar ist. Wie wäre es deshalb mit folgendem Kompromiss: Der Konsum von rotem Fleisch aus der Region, von »glücklichen« Tieren, ist in Maßen im Hinblick auf unsere Gesundheit okay. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft gesteht man Männern rund 600 Gramm (Rohgewicht) rotes Fleisch pro Woche zu, Frauen 300 Gramm. Was die Zubereitungsmethode eines frischen Stücks Fleisch angeht, ist Dünsten natürlich gesünder als Braten und Grillen. Es schmeckt halt eher mau. Vielleicht auch hier ein Kompromiss? Wenn Sie ein Stück Huhn oder Pute auf den Grill oder in die Pfanne legen, enthält das zumindest schon mal weniger gesättigte Fettsäuren (Hühnerbrust 31 mg/100 g) als ein Schweinebauch (180 mg/100 g).

Am gesündesten unter den tierischen Proteinlieferanten gilt Fisch, und zwar unabhängig von der »Farbe«. Allerdings hat das Image des einstigen Superfoods mittlerweile etwas gelitten. Fisch und Meeresfrüchte als Teil der mediterranen Kost gelten im Vergleich zu Fleisch zwar immer noch als deutlich gesünder, sofern sie in freier Wildbahn gelebt haben. Doch Fisch hat leider mittlerweile viele negative Aspekte: Neben der Belastung mit Schadstoffen wie Quecksilber, Mikroplastik und Antibiotikarückständen sind schlechte Fangbedingungen problematisch, da sie Beifang, Tierleid und massive Umweltschäden verursachen und oft mit Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen (z.B. in der Hochseefischerei) einhergehen. Zudem können Fische, roh oder unzureichend gegart verspeist, Parasiten wie Fadenwürmer übertragen.

Fisch ist eine absolut hochwertige Eiweißquelle und zeichnet sich gerade bei den fettreichen Sorten durch seinen hohen Anteil an entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA) und Vitamin D aus. Zusätzlich erhalten wir Jod, Selen, Vitamin B12 und Zink frei Haus. Außerdem ist Fisch leichter verdaulich als Fleisch. Meeresfrüchte sind ähnlich wertvoll, dazu auch noch kalorienarm. Leider kommen auch sie unter umweltbelastenden Bedingungen zu uns und bringen ebenfalls das ein oder andere Quantum Schwermetalle mit.

Pflanzliches Eiweiß

Bis zum Alter von etwa 65 Jahren wird empfohlen, mehr pflanzliches Eiweiß aus Quellen wie Bohnen, Linsen, Nüssen, Samen, Getreide und Pilzen zu konsumieren. Pflanzliches Eiweiß enthält weniger gesättigte Fette, keine Arachidonsäure und kein Cholesterin. Studien zeigen, dass ein höherer Konsum pflanzlichen Proteins mit einer niedrigeren Sterblichkeit und einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs verbunden ist: So ergab eine große Studie mit über 130000 Teilnehmern und einem Follow-up von bis zu 32 Jahren, dass ein hoher Anteil tierischen Proteins (definiert als 9 bis 22 Prozent der Gesamtkalorien) bei Menschen mit ungesundem Lebensstil – wie Rauchen, Bewegungsmangel oder Übergewicht – mit einer höheren Sterblichkeit verbunden war. Im Gegensatz dazu war pflanzliches Protein (2 bis 6 Prozent der Gesamtkalorien) bei diesem Personenkreis mit einer reduzierten Sterblichkeit assoziiert. Bei Probanden mit einem gesunden Lebensstil wurden allerdings keine signifikanten Unterschiede in der Sterblichkeit beobachtet, und zwar unabhängig davon, ob sie tierisches oder pflanzliches Protein konsumierten. Das Risiko für eine erhöhte Sterblichkeit liegt also nicht pauschal am Fleischkonsum, sondern an der Kombination von Fleischkonsum und ungesunden Verhaltensweisen. Wer ansonsten einen gesunden Lebensstil hat, bei dem führt ein moderater Genuss von hochwertigem, unverarbeitetem (!) Fleisch nicht zu wesentlichen negativen Effekten.

Gleichwohl profitiert man von einem Mehr an pflanzlichem Eiweiß: Die Studie zeigte, dass der Ersatz von nur 3 Prozent der Energie aus verarbeitetem Fleisch durch pflanzliches Protein die Sterblichkeit signifikant senkte: Bei einem typischen Tagesbedarf von 2000 kcal wären das 60 kcal. Das können Sie erreichen, wenn Sie zum Beispiel 15 Gramm Speck durch Bohnen oder Nüsse ersetzen. Sie sehen, schon solche kleinen Veränderungen können einen großen Einfluss haben!

Eine andere Untersuchung zeigte, dass der gezielte Einsatz von pflanzlichem Protein und fastenähnlichen Diäten das Altern verlangsamen und das Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern kann. Bei Fasten-ähnlichen Diäten (»Scheinfasten« oder Fasting-Mimicking Diet) wird die Kalorienzufuhr über einen Zeitraum von fünf Tagen stark reduziert (etwa 800 bis 1100 kcal/Tag), wobei die Aufnahme von pflanzlichem Eiweiß und gesunden Fetten im Vordergrund steht. Diese Diäten imitieren die Effekte des Fastens, fördern Zellregeneration und Autophagie und können gleichzeitig den Blutzuckerspiegel und die Insulinresistenz verbessern. Autophagie ist die zelluläre Müllabfuhr.

Wenn Sie zur Altersklasse unter 65 zählen, können Sie also von mehr pflanzlichem Eiweiß klar profitieren, zumal, wenn Sie einigen ungesunden Lastern anhängen. Für Menschen über 65 Jahren könnte dagegen eine moderate Erhöhung des Eiweißkonsums, einschließlich tierischen Eiweißes, vorteilhaft sein, um dem altersbedingten Muskelabbau (Sarkopenie) vorzubeugen. Studien zeigen, dass tierisches Eiweiß in dieser Lebensphase besser verwertet wird, da die biologische Verfügbarkeit höher ist und es essenzielle Aminosäuren wie Leucin liefert, die den Muskelaufbau fördern. Es muss nicht unbedingt Fleisch gegessen werden, auch Eier und Milchprodukte liefern wertvolles Eiweiß.

Ab einem Alter von etwa achtzig Jahren wird empfohlen, den Fokus erneut stärker auf pflanzliches Protein zu legen, da ein hoher Konsum tierischen Proteins in diesem Lebensabschnitt möglicherweise die Belastung des Stoffwechsels erhöht.

Die Vielfalt pflanzlicher Eiweißspender ist enorm, es müssen keineswegs hoch verarbeitete vegane Produkte sein, über die wir später noch detaillierter sprechen werden! Pflanzenkost punktet darüber hinaus noch mit ungesättigten antientzündlichen Fettsäuren, vielen Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Pflanzen wie Soja, Quinoa, Amaranth, Buchweizen, Hanf, Chiasamen, Spirulina und Lupinen liefern sogar alle essenziellen Aminosäuren!

In der folgenden Übersicht ist der Proteingehalt pro 100g bzw. pro 100ml angegeben:

Hülsenfrüchte

Lupinen: Etwa 40g Protein

Soja: Etwa 36g Protein

Erdnüsse (ja, das sind tatsächlich Hülsenfrüchte): Etwa 25g Protein, reich an gesunden Fetten, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen

Linsen: Etwa 25g Protein, außerdem eine hervorragende Quelle für Ballaststoffe und Eisen. Probieren Sie auch mal Linsennudeln oder -waffeln.

Kichererbsen: Etwa 19g Protein, reich an Ballaststoffen und Mineralstoffen wie Eisen und Magnesium. Auch hier gibt es Nudeln und andere Produkte auf dem Markt.

Schwarze Bohnen: Etwa 21g Protein, reich an Ballaststoffen, Eisen und Folsäure

Weiße Bohnen: Etwa 21g Protein, reich an Ballaststoffen, Magnesium und Eisen

Kidneybohnen: Etwa 24g Protein, ebenfalls reich an Ballaststoffen und eine gute Quelle für Eisen

Samen

Mandeln (ja, das sind eigentlich Samen): Etwa 21g Protein, reich an Vitamin E und gesunden Fetten

Hanfsamen: Etwa 32g Protein, reich an Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren

Leinsamen: Etwa 18g Protein, reich an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen

Sonnenblumenkerne: Etwa 21g Protein, reich an Vitamin E und gesunden Fetten

Chiasamen: Etwa 16g Protein, reich an Ballaststoffen und Omega-3-Fettsäuren

Wassermelonensamen: Ja, Sie haben richtig gelesen, Melonenkerne müssen nicht weggeworfen werden – sie lassen sich vielseitig verwenden! Einfach aus dem Fruchtfleisch lösen, mit Olivenöl und Salz rösten, und schon hat man einen knusprigen Snack, der auch Salate und Suppen aufpeppt. Im Backofen getrocknet, machen sich die Kerne toll in Brot oder Brötchen. Wer sie fein gemahlen mag, kann sie mit einem Mixer zerkleinern und damit Smoothies, Müslis oder einen kreativen Brotaufstrich verfeinern. Etwa 28g Protein steckt in den Kernen, dazu sind sie reich an Magnesium und gesunden Fetten.

Pseudogetreide

Quinoa: Etwa 15g Protein, glutenfrei

Amaranth: Etwa 14g Protein, glutenfrei

Buchweizen: Etwa 13g Protein, glutenfrei

Getreide

Hirse: Etwa 11g Protein, glutenfrei und reich an Eisen

Hafer: Etwa 13g Protein, reich an Ballaststoffen und Beta-Glucanen, die gut für das Herz und gegen Diabetes sind

Kleie (z.B. Haferkleie): Etwa 15g Protein, reich an Ballaststoffen und unterstützt die Verdauung

Nüsse

Walnüsse: Etwa 15g Protein, ausgezeichnete Quelle für Omega-3-Fettsäuren

Cashewnüsse: Etwa 18g Protein, reich an Magnesium und Eisen

Gemüse und Pilze

Brokkoli: Etwa 2,8 g Protein, zusätzlich reich an Vitaminen und Mineralien und sekundären Pflanzenstoffen

Austernpilze & Shiitake-Pilze: Zwischen 2 und 4g Protein, trägt in größeren Mengen zur Proteinzufuhr bei. Reich am löslichen Ballaststoff Beta-Glucan – gut gegen zu hohes Cholesterin und Diabetes, da es den glykämischen Index des Essens senkt.

Süßwasseralgen

Spirulina: Enthält bis zu 70g Protein und ist zudem sehr nährstoffreich

Soja-Zubereitungen

Tofu: Ein festes oder weiches Sojaprodukt, das etwa 8 bis 15 g Protein enthält. Vielseitiger Allrounder, der für viele Gerichte verwendet werden kann!

Tempeh: Ein fermentiertes Sojaprodukt mit einem höheren Proteingehalt als Tofu, etwa 19 g Protein. Es hat eine festere Textur und einen leicht nussigen Geschmack.

Sojamilch: Eine pflanzliche Milchalternative mit etwa 3 bis 4 g Protein. Sie ist oft angereichert mit Vitaminen und Mineralstoffen.

Sojajoghurt: Eine Alternative zu traditionellem Joghurt mit etwa 4 bis 6 g Protein, abhängig von der Marke

Sojamehl: Enthält etwa 50 g Protein und wird häufig zum Backen oder als Proteinergänzung verwendet

Sojaproteinisolat: Ein stark konzentriertes Proteinpulver, das aus Sojabohnen hergestellt wird und etwa 90 g Protein liefert. Es wird oft in Proteinshakes oder zur Anreicherung von Lebensmitteln verwendet.

Sojaschnetzel/Sojagranulat: Diese dehydrierten Sojabohnenprodukte enthalten etwa 50 bis 70 g Protein und werden oft als Fleischersatz in vegetarischen oder veganen Gerichten verwendet.

Edamame: Frische grüne Sojabohnen gekocht oder als Snack, 11g Protein.

Sojakäse (z.B. Soja-Feta oder Soja-Gouda): Diese Käsealternativen enthalten etwa 12 bis 20 g Protein und werden als Ersatz für tierischen Käse verwendet.

Miso: Eine fermentierte Sojapaste, die in Suppen und anderen Gerichten verwendet wird, enthält etwa 12 g Protein.

Hand aufs Herz: diese Vielfalt ist enorm. Dagegen kann Fleisch doch fast einpacken. Auf tierische Produkte muss man keineswegs verzichten, aber man kann den Anteil reduzieren und bei den pflanzlichen Proteinlieferanten aus dem Vollen schöpfen. Probieren Sie sich doch mal durch diese interessanten Varianten der essbaren Pflanzenwelt. Wie wäre es mit Linsennudeln mit Knoblauch-Tomatensoße und Chili oder selbst gemachten Waffeln aus Lupinenmehl mit Avocado-Topping und Pinienkernen?

Proteinshakes und Aminosäurekapseln