German Glückskind 2 - Reinhard Moh - E-Book

German Glückskind 2 E-Book

Reinhard Moh

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Beschreibung

In seinem ersten Buch "German Glückskind - Nur wer sich ändert bleibt sich treu" erzählte Reinhard Moh (Jg. 50) von seinen ersten 25 Lebensjahre als eine spannende Reise vom Kindsein zum Erwachsenwerden mit allen Höhen und Tiefen des Lebens. Begleiten Sie den Autor nun auf seinem nächsten Vierteljahrhundert im "(Rück)Spiegel der Zeit", bei der Reinhard Moh Sie persönlich mitnimmt auf seinen Reisen beinahe rund um den Globus. Lassen Sie sich mitnehmen auf eine musikalische Zeitreise durch die Rock- und Pop-Geschichte dieser Zeit und erleben Sie hautnah die spannende Metropole New York, fahren Sie mit ihm in Lissabon mit dem Elevador de Santa Justa hinauf in die Oberstadt oder tauchen Sie ein in den Gardasee, den Lieblingssee der Deutschen, oder begeben Sie sich mit diesem Buch auf eine Reise im Zug nach Paris. Der Autor macht Sie auch mit interessanten Menschen bekannt, die glücklicherweise seinen Lebensweg gekreuzt haben. Seien Sie gespannt auf die Schwarz-Weiß-Fotografien von Baron Wolfman, dem ehemaligen Fotografen des "Rolling Stone", dem amerikanischen Starfotografen Chris Felver, dem deutschen Filminstitut, Kai Schäfer aus Düsseldorf, Hans-Jürgen Geyer, Sandra Ehrler und Angelo Novi, dem Fotografen von Sergio Leone.

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Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Mit freundlicher Unterstützung und

Mitarbeit von

Sandra Ehrler

Eike Birck & Oliver Geyer

Ulrike Koch & Annette Rooch

sowie allen meinen lieben Zeitzeugen.

Zu diesem Buch

In seinem ersten Buch "German Glückskind - Nur wer sich ändert bleibt sich treu" erzählte Reinhard Moh (Jg. 50) von seinen ersten 25 Lebensjahre als eine spannende Reise vom Kindsein zum Erwachsenwerden mit allen Höhen und Tiefen des Lebens.

Begleiten Sie den Autor nun auf seinem nächsten Vierteljahrhundert im „(Rück)Spiegel der Zeit", bei der Reinhard Moh Sie persönlich mitnimmt auf seinen Reisen beinahe rund um den Globus.

Lassen Sie sich mitnehmen auf eine musikalische Zeitreise durch die Rock- und Pop-Geschichte dieser Zeit und erleben Sie hautnah die spannende Metropole New York, fahren Sie mit ihm in Lissabon mit dem Elevador de Santa Justa hinauf in die Oberstadt oder tauchen Sie ein in den Gardasee, den Lieblingssee der Deutschen, oder begeben Sie sich mit diesem Buch auf eine Reise im Zug nach Paris. Der Autor macht Sie auch mit interessanten Menschen bekannt, die glücklicherweise seinen Lebensweg gekreuzt haben.

Seien Sie gespannt auf die Schwarz-Weiß-Fotografien von Baron Wolfman, dem ehemaligen Fotografen des "Rolling Stone", dem amerikanischen Starfotografen Chris Felver, dem deutschen Filminstitut, Kai Schäfer aus Düsseldorf, Hans-Jürgen Geyer †, Sandra Ehrler und Angelo Novi, dem Fotografen von Sergio Leone.

Für meine Tochter Heike

Tochter und Vater, Fotobearbeitung © Sandra Ehrler

„Mein Weg ist mein Weg"

Begegnung mit Klaus Hoffmann

Savoy Theater Düsseldorf, November 2017

Klaus Hoffmann und Reinhard Moh, Foto © Sandra Ehrler

„Bleib Dir gut", wünscht er mir!

Von Klaus Hoffmann für Reinhard Moh

Sandra Ehrler, Reinhard Moh und Klaus Hoffmann, Foto © Sandra Ehrler

Aus einem Brief von Klaus Hoffmann an mich vom 15.02.18:

Mein Weg ist mein Weg und kein Schritt führt mich mehr zurück. [...] Für mich, Klaus Hoffmann, ist es immer wichtig gewesen und hat mich dahin geführt, wo ich heute bin.

„Klaus wünscht Ihnen ganz viel Erfolg für Ihr Buch und viel Kraft im Kampf gegen lhre Krankheit!"

WAS BISHER GESCHAH ODER 25 JAHRE VORHER

Reinhard Moh erzählte von spannenden, prägenden und glücklichen Momenten der ersten 25 Jahre seines Lebens. Er ließ die Leser und sich selbst in vergangene Zeiten zurückreisen. Sie wurden „Augenzeuge" von einer wunderbaren und aufregenden Odyssee durch die noch junge Republik und die damalige DDR.

Auf dieser Zeitreise beschrieb das German Glückskind in ausgewählten Episoden seine Kindheit, das Heranwachsen, den Zeitgeist und die Kultur der 50er, 60er und frühen 70er Jahre. Dabei ließ er die Leser mit viel Leidenschaft, liebevollen Details und immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge, ungeschminkt an seinem Leben teilhaben.

Er lud die Leser mit ein, ihn noch einmal an wichtige Stationen im ersten Viertel seines Lebens zurückzubegleiten. Es gab auch genügend Raum für die Rock- und Pop-Musik, der Filmkunst, den Comics und überhaupt dem geschriebenen Wort für die Fans einzelner Songs, Bücher oder Stars der Vergangenheit.

Zwei Rezensionen auf Amazon von Menschen, die das Buch tatsächlich gekauft und gelesen haben:

Von Helmuth Westhausser

„Dieses Buch beschreibt Episoden aus den ersten fünfundzwanzig Lebensjahren des Autors.

Es ist der Versuch, mit seiner Lungenkrebserkrankung umzugehen und sie zu besiegen. Ich konnte Herrn Moh zufällig persönlich kennenlernen. Mich hat tief berührt, mit welch positiver Lebenseinstellung und Zuversicht er gegen seine Krankheit ankämpft."

Von Elke Tripp

„Wer viel erlebt hat, der kann auch viel erzählen! Herzliche, detaillierte Episoden, von großer Genauigkeit und Präzision geschrieben. Bemerkenswerte, tief liegende und berührende Einblicke in seine Jugendzeit. Ehrliche und aufrichtige Wiedergabe seines Lebens. Die Ehrlichkeit und Hoffnung erfüllen das Buch. Muss sich das Leben erst von seiner anderen Seite zeigen, um solch eine Biografie zu schreiben."

Inhalt

PROLOG

DIE FEHLENDE SOCKE

ARIANE UND DER POP

THE YARDBIRDS

VERWAHRLOST ABER FREI

DAS DRITTE KIND

IL RAGAZZO DELLA VIA GLUCK

EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN

REINACHTEN

MONSIEUR AUBERT UND DER PUNK

NEW YORK CITY (JINGLE BELLS)

DESAPARECIDOS (DIE VERSCHWUNDENEN)

MRS. WALKER, IT'S A BOY

ES WAR EINMAL IN AMERIKA

MEIN FREUND DER MALER

HEIKE, LUIGI UND DIE ANDEREN

HOMMAGE AN ANGELO NOVI

DISKOGRAFIE

EPILOG

PROLOG

Als ich bewusst anfing zu denken oder mir klar wurde, dass auch ich zur Aufgabe hatte, mir Gedanken über die Welt und ihre Menschen zu machen, war es schon ziemlich spät in meinem Leben. Ein Drittel der Lebenszeit war da schon vorüber. Heute bin ich im letzten Drittel angekommen und zähle mittlerweile achtundsechzig Jahresringe. Die Drittel gibt es auch beim Eishockey und wenn ich Glück habe, komme ich in die Overtime. Sollte ich die überstehen, bleibt noch das Shout-Out zum Überleben.

Mein bisheriges Leben als „German Glückskind" mit immerhin schon fast vier Jahre überstandenem Lungenkrebs und dem starken Willen noch etwas mehr Zeit auf der Welt zu verbringen, gibt mir die Zuversicht aus dem Shout-Out als glücklicher Sieger hervorzugehen.

Siege im Sport sind meist Teamleistungen und so ist es auch bei mir. Viele Menschen haben mich begleitet, unterstützt und beschützt. Sie gaben immer den Staffelstab an andere weiter, denn ich war zeit meines Lebens getrieben von der Sucht zu fliehen, mich zu verändern, liebe Menschen zu enttäuschen oder zu verlassen.

Was die Welt betrifft, erfuhr ich in all den Jahren vieles von den Schreibern und Sängern, die ich bis heute bewundere und verehre. Durch sie erfuhr ich von Ländern und Menschen, die mir sonst verschlossen geblieben wären. Sie sangen oder erzählten nicht nur von der Liebe, sondern auch von den unzähligen Toten in den überflüssigen Wirtschafts- und Religionskriegen, dem ewigen Hass, dem Neid und der Missgunst der Menschen.

Viel Platz nahm auch das Glück im Allgemeinen ein und all das hat mir geholfen, mit dem Denken zu beginnen und mein Bewusstsein täglich aufs Neue zu erweitern. Das geht, wie ich bei mir feststelle, auch ganz ohne Lysergsäurediethylamid, genannt LSD.

Die von mir bis heute bewunderten und verehrten Künstler/innen, Vordenker/innen und Menschen, die mich inspiriert und begleitet haben, sind Persönlichkeiten wie:

Hermann van Veen, Dr. Wolfgang Böllhof, Klaus Hoffmann, John Lennon, Yoko Ono, Georg Lösekann, Georg Danzer, Stefanie Werger, Folker Seemann, Ludwig Hirsch, Christa Wons, Hannes Wader, Elke Zimmermann, Die Toten Hosen, Wolfgang Ambros, Fabian Wehler, Herrmann Hesse, neuerdings auch J.D. Salinger, Thomas Kommerell, Udo Lindenberg, Heinz Müller, Carson McCullers, Hans-Jürgen Geyer, Michael Geyer, Wolfgang Niedecken, Rosmarie Geyer, Oliver Geyer, Heike Kottas, Wolf Biermann, Sandra Ehrler, Robert Zimmermann, Kai Birck, Thomas van Dyck, Joan Baez, Ulrike Koch, meine Schwester Irmtraud, Baron Wolman, Florian Weißinger, Chris Felver, Hans Ulrich und Elke Heidenreich.

Um allen gerecht zu werden, reicht in diesem Buch der Platz nicht. Da macht der Lektor Oliver sicher nicht mit und ich bin noch bis Weihnachten mit dem Aufzählen beschäftigt.

Doch egal wer, was und wann es war, alle hatten in meinem Leben für mich und meine Entwicklung in der zweiten Lebenshälfte einen besonderen Stellenwert. Sie waren die Steigbügelhalter für meine Entwicklung vom Volksschüler zum nachdenkenden Glückskind. Letztlich drückten mir alle ihren Stempel auf und prägten mich als der Menschen, der ich heute bin. Das war aber ein harter, mitunter steiniger Weg für mich, auf dem ich leider auch verletzte Seelen zurückgelassen habe. Heute tut mir vieles leid, aber ich konnte und wollte den Zug des Lebens nicht stoppen und schon gar nicht bei voller Fahrt abspringen.

Wie es sich für ein „deutsches Glückskind" gehört, begegnete ich auf meinen Irrwegen oder mitunter auch auf den geraden Straßen einigen meiner Vorbilder persönlich.

Und halt, es war am 06.12.2017, am Nikolaustag, als ich meine sechste, mit viel Liebe von meiner langjährigen, 28 Jahre jüngeren Freundin Sandra vorbereitete rote Adventskalendertüte in der Hand hielt. Wir saßen in ihrer Düsseldorfer Wohnung, meinem 14-täglichen Exil, und ich öffnete ganz aufgeregt und mit kindlicher Vorfreude meine Tüte. Ich bin immer aufgeregt bei besonderen Anlässen. In der Tüte mit der aufgeklebten Sechs und der goldenen Kordel befanden sich, was für eine Überraschung, zwei Karten für ein Konzert von eben einem dieser Vorbilder, Klaus Hoffmann. „Oh, super!", sagte ich und fragte Sandra weiter: „Wann sehen wir ihn im nächsten Jahr?" „Dann schau doch mal richtig hin", entgegnete sie. Jetzt sah ich es und war begeistert. Schon drei Tage später saßen wir im Savoy-Theater.

Vor drei Jahrzehnten war ich schon mit meiner damaligen Partnerin Rosi, von der ich später noch erzählen will, dem Barden, Gaukler und Liedermacher Klaus Hoffmann von Hannover bis Hamburg nachgereist. Aber warum eigentlich?

Ich hörte und las von ihm und sah ihn als jungen Werther im Fernsehen, aber ich wollte seine Lieder lebendig und live hören, seine Gesten sehen und seine Texte, die mir von Anfang so nah waren, wie Tabakrauch inhalieren. Es gab schon Tonspuren, die ich früh im Herzen anlegte, doch damals vor tatsächlich über 30 Jahren, kam Klaus Hoffmann neu dazu. Die Tonspuren „Ciao Bella" oder „Hinter Türen" sind sofort klar und deutlich auf jedem Weg abrufbar, den ich auch Jahrzehnte später singend gehe.

Es sollte ein besonderer Novemberabend irgendwann in den 80ern werden, denn ich fuhr damals gemeinsam mit Rosi, mit der ich über fünfzehn Jahre ein Paar war und die oben auch mit Recht aufgeführt ist, ins Savoy nach Hannover um zum ersten Mal Klaus Hoffmann live zu sehen.

Ich wohnte ja inzwischen in Bielefeld und nach Hannover war es nur eine gute Stunde Fahrt. Als wir den unbestuhlten Saal betraten, war er nur halb gefüllt und es gab keinen Vorhang, sodass der Blick auf die Bühne frei war, auf der die Instrumente der Musiker und das Mikro von Klaus standen. Links oben aber, an der Decke der Bühne, leuchtete der Schriftzug „CIAO BELLA", das C ging schwungvoll in Weiß zum B der „BELLA" und am Anfang des schwungvollen C strahlte ein Stern.

Der Bella wegen zog es mich ja zu ihm hin, denn der NDR 2 Club spielte einmal die ganze Platte. Als ich dann den Song „Hinter Türen" hörte, fragte ich mich: „Woher kennt der denn mein Leben?" Der Text raste wie eine Zeitmaschine aus der Vergangenheit auf mich zu. Auf der Rückfahrt spielte ich im Wagen eine Kassette mit seinen Songs ab. Nach dem Klick-Klack durch den Einschub ins Radio sagte ich zu Rosi: „Los geht's!", und Klaus fing an zu singen. Er war in seinen Liedern auf der Suche nach der Kindheit – genauso wie ich!

In der damaligen hohen Zeit der Liedermacher war er auch des Öfteren in Puddingtown, so auch wieder an einem Wintertag im November. Es war so wie einen guten Freund zu treffen, der von seiner Kindheit erzählt und danach gibt es Wein, Weib und Tanz. Den Wein gab es für Rosi und mich aber erst nach dem Konzert. Rosi hatte sich übrigens auf meinen Wunsch hin ihre Haare kurz schneiden lassen, meine Ex-Frau Chris hatte das auch für mich getan, nur Sandra weigert sich bis heute standhaft und entschlossen. Das mit meiner Begeisterung für Kurhaarschnitte fing mit meiner ersten Portemonnaie-Liebe Angelika Meißner, die Dick vom Immenhof, an. Sie hatte damals damit angefangen und ich hatte mich noch mal in sie verliebt. Ja, ja, sowas kommt von sowas.

Rosi und ich waren nach dem Konzert noch lange bei unserem Freund Fredo, „DER KOCH", und tanzten bis in den Morgen hinein. Klaus war nicht persönlich dabei, aber er hätte sicher seine Freude an uns Dreien gehabt. Dieses Ritual bei Hoffmann-Konzerten wiederholte sich genauso wie das mit unserem Freund Olaf. Regelmäßig tauchte in den Bielefelder Konzerten wie aus dem Nichts erst zu den Zugaben, meist zu „Salambo", der Olaf auf. Olaf war ein Bekannter von Steffi, Rosis Tochter. Aber wieso sah man ihn immer nur am Ende ganz in unserer Nähe stehen, sobald bei den Zugaben in der Oetker-Halle keiner mehr auf seinem Platz saß? Ich habe es nicht herausgefunden, vermute aber, dass er den freien Eintritt am Ende des Events genutzt oder seinen Hund gerade Gassi geführt hatte, der Olaf. Auf jeden Fall gehörte er irgendwie dazu und war er mal nicht da, gab man es nicht auf, ihn mit Blicken zu suchen.

Jetzt stehe ich nach all den Jahren wieder vor einem Savoy-Ballroom Theater, neben mir Sandra, die ich liebevoll Sandy oder manchmal auch „German Mecker-Liese" nenne, woraufhin sie mir prompt den Kosenamen „Nörgel-Peter" verpasst hat.

Es ist zum Teufel noch eins schon wieder so ein Wintertag, diesmal im Dezember, und in Düsseldorf hat es angefangen zu schneien. Mit klopfendem Herzen stehe ich am Kartenhäuschen mit dem kleinen silbernen Guckloch in der Scheibe und einer sehr netten jungen Frau dahinter. Zu Hause hatten wir einen Brief für den Sänger geschrieben, ihm von meiner Krankheit und meinem Buch darüber erzählt.

„Lieber Herr Klaus Hoffmann, neben meiner medizinischen Therapie und der begleitenden Buchtherapie in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Bethel ist die Musik der dritte Baustein im Kampf gegen das Monster Lungenkrebs. Über eine kurze Botschaft für meinen zweiten Teil, von Ihnen, würde ich mich ganz doll freuen."

Also frage ich die junge Dame: „Wie mache ich es am besten, dass mein Brief Herrn Hoffmann erreicht?" Sie sagt: „Kein Problem, ich gebe ihn ganz bestimmt hinter der Bühne persönlich ab." Ich bin froh und gespannt, ob und wann ich wohl eine Reaktion erhalten werde.

Beruhigt suchen wir unsere Plätze. Kein „CIAO BELLA"-Schriftzug und keine Instrumente von Musikern, nur ein E-Piano mit Synthesizer, eine Gitarre und das Mikro. Der dunkelrote Vorhang ist offen und dann tritt Klaus Hoffmann auch schon auf die Bühne. Er ist für mich der Superstar der Chansonniers und mit seinem musikalischen Partner und Pianisten Hawo Bleich gelingt ihm ein Konzert, das uns beide vor der Bühne mehr als berührt. Wir hören alte und neue Lieder der Spitzenklasse. Seine Lieder sind wie Tagebucheinträge und er ist immer noch nach alle den Jahren auf der Suche nach seiner Kindheit.

Es sind die leisen Zeichen, die er an diesem Abend besingt und die mich so sehr an mein Leben erinnern. Die Musik, die Texte holen innere Bilder hervor, ausgelöst durch Farben, Töne, die aus der Versenkung meines Herzens auftauchen.

Meine erste musikalische Lesung 2017 wurde mit dem Song „Mein Weg ist Mein Weg" von Nena eröffnet. Das Original ist natürlich von Klaus Hoffmann und er spielt es als allerletzte Zugabe. Sandra und ich sind sehr gerührt und dankbar dafür. Einen schöneren Schluss hätte es nicht geben können. Ein echter Gänsehautmoment.

Nach Ende des Konzertes bleiben wir noch eine Weile an unseren Plätzen stehen, sind glücklich und fühlen uns wohl in dem sich nun langsam leerenden Saal. Wir haben keine Eile, nehmen ja die Straßenbahn zurück und wollen auch den Andrang an der Garderobe etwas abflauen lassen. Als wir unsere Mäntel haben, bildet sich vor einer Leuchtreklame, auf der mit blauer Schrift der Name „Apollo" zu sehen ist, eine Menschentraube. Wir fragen die Garderobiere: „Was ist da denn los?" „Mmmmh", sagt sie, „das ist ein kleines ehemaliges Theater, was jetzt aber als Künstlergarderobe genutzt wird." Just in diesem Moment öffnet sich ein kleiner Spalt in der Menschentraube und da steht er. Er gibt Autogramme, hat eine Brille auf und lächelt die Menschen an.

„So", denke ich, „nichts wie hin. Nach so vielen Jahren und Konzerten, kann ich ihn heute endlich sogar persönlich kennenlernen." Wir sind als Übernächste dran und stehen vor dem Verkaufsstand, von dem sich Sandra im Vorbeigehen schnell noch eine Biografie für 20,00 € schnappt, damit der liebe Klaus zumindest „Für ..." schreiben kann. Das muss schon sein. Kurz bevor wir dran sind, bin ich ziemlich aufgeregt. Lampenfieber. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass ich vor Nervosität auf die Schnelle einfach nicht die Verpackung des Buches aufbekomme, um für die Signatur auch gewappnet zu sein. Nicht zu ändern, das muss Sandra jetzt machen. Sie nimmt mir das Buch liebevoll aus den Händen, wickelt es aus der Hülle und schon ist es soweit, wir sind an der Reihe.

Ich stelle mich kurz vor und erwähne den Brief. „Ach", sagt er, gefolgt von einer kurzen Pause, „Du bist das!" und schaut mich genau an. Er hatte tatsächlich in der Pause unseren Brief gelesen. Wir unterhalten uns lange und mir ist wichtig ihm zu sagen, was mir seine Lieder bedeuten und dass auch seine Musik eine wichtige Therapie gegen meine Krankheit ist. Klaus Hoffmann ist sehr freundlich, verbindlich, nimmt sich wie selbstverständlich die Zeit für unser Gespräch, signiert in aller Ruhe seine Biografie für uns und stimmt sofort zu, gemeinsam ein Selfie zu machen. Sandra zückt ratzfatz ihr schon in Lauerstellung befindliches IPhone und fotografiert erst uns drei und dann auch noch Klaus und mich und hält damit einen wichtigen und bewegenden Moment in meinem Leben in Bildern fest.

Mein Weg ist mein Weg / Klaus Hoffmann

Als wir auf dem Heimweg und kurze Zeit später wieder zuhause sind, müssen wir das Erlebte erst einmal sacken lassen. Der Abend, die Musik, das persönliche Zusammentreffen mit Klaus - das alles hat bei uns beiden einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Kaum in der Wohnung angekommen wird natürlich – „Alexa" sein Dank (Habt Ihr auch eine „Alexa"? Kann ich nur empfehlen!) – die Musik von Klaus Hoffmann abgespielt. So klingt der Abend mit berührenden Songs bei einer guten Flasche Rotwein aus und es ist klar: Dieser Konzertabend ist nicht nur für mich etwas Besonderes gewesen, sondern Klaus Hoffmann hat es heute auch geschafft einen neuen Fan zu gewinnen, denn Sandra ist von ihm, seinen Zeilen und seiner Person nun ebenso begeistert und berührt wie ich.

Alle anderen genannten Persönlichkeiten, die mein Leben maßgeblich mitbegleitet haben, werdet ihr auf den folgenden Seiten auch noch wiedertreffen.

The Kinks singen in „Celluloid Heroes":

Everybody's a dreamer,

And everybody's a star,

And everybody's in movies,

It doesn't matter who you are. (Text: Ray Davies)

Also dann, auf geht's.

Begleiten Sie mich auf meiner Reise.

DIE FEHLENDE SOCKE

„1999"

Ein Flashback ins Jahr '73. Die blonde Frau mit den noch blonderen Kindern war, wie sich erst vor einigen Wochen herausstellte, eine Freundin von Sabine – ja, die Sabine aus Nagold, mit der ich im ersten Teil der Trilogie „German Glückskind" ein rasantes Facebook-Interview führen durfte.

Im Gegensatz zu Sabine, mit der mich nur Schwärmerei verband, hatte ich einen Sommer lang mit der Frau in Blond eine kurze, aber heftige Affäre. Ihre noch blonderen Zwillinge schliefen schon, als ich drei Mal leise an die Balkontür klopfte und sie mir in nicht mal einer Zehntelsekunde strahlend gegenüberstand. Das war Rekord. In der Provinz hatten die Nachbarn überall ihre Augen und Ohren. Das Kopfkissen als Unterlage für die Arme, damit man es beim Glotzen aus dem Fenster länger aushielt, war auch im Schwarzwald Standard.

Es war Hochsommer und auch am Abend noch über 30 Grad Celsius warm. Sie hatte gerade geduscht, ein leichtes Badetuch umhüllte ihren trotz der 36 Jahre und den Zwillingen noch tadellosen Körper. Ihr langes, blondes Haar war jetzt dunkel von der Nässe und einzelne Wassertropfen perlten langsam daran ab. Sie sprang mich durchaus sportlich an und landete so in meinen Armen, dass ich unter ihrem Popo Halt fand und gerade so verhindern konnte, dass wir zusammen umfielen. Ihren Schwung aufnehmend gingen wir uns weiter küssend ins Schlafzimmer, in das sie mich per Handzeichen wie ein Polizist auf einer Kreuzung leise lächelnd dirigierte.

Nachmittags nahm sie immer mit ihren von der Sonne noch blonder gewordenen Kindern auf einer Decke direkt am Zaun zu den Tennisplätzen ihren Stammplatz ein, während ich auf der anderen Seite des Zaunes Training gab. Sie winkte mir dann fröhlich zu, als sich unsere Blicke trafen, und ich sah noch aus meinen Augenwinkeln, wie sie die Zwillinge zum Seepferdchen-Schwimmkurs beim Schwimmmeister abgab. Das war wie jeden Tag, wenn die Sonne schien, das Zeichen, dass ich zu ihr auf die Decke kommen sollte. Wir flirteten und alberten rum, denn die Sicht auf ihren Platz vom Schwimmbad aus war durch einige Bäume sehr eingeschränkt. Zum Tennisclub hin gab es ja nur den Zaun und außerdem drohte uns von dort keine Gefahr des Ertapptwerdens.

An diesem Sommertag verabredeten wir uns nun endlich für ein längst überfälliges Schäferstündchen am Abend bei ihr zu Hause. Lag es an der Hitze oder an meiner Suche nach Glück und Geborgenheit, dass ich nichts anderes als sie und Sex mit ihr im Sinn hatte? Waren meine Sinne durch die Aussicht auf Sex mit einer verheirateten Frau vernebelt, oder war es das Spiel mit dem Feuer auf dem Abenteuerspielplatz Leben? Dass wir uns bei ihr trafen, war riskant. Ihr Mann war zwar angeblich bei einem Manöver, aber er war bei den Gebirgsjägern und sicher auch sehr schlagkräftig. Ich hingegen hätte bei einer hoffentlich nie vorkommenden Konfrontation wohl keine besondere Härte vorzuweisen gehabt. Vorm Prügeln hatte ich immer Schiss. Das Risiko zahlte sich nicht aus, denn wie es der Teufel oder eine andere Macht wollte, dröhnten schon bald von der Straße her die Motoren der Bundeswehr-Jeeps, mir bestens bekannt, laut ins Schlafzimmer der blonden Frau. Da die Männer aus der Siedlung offensichtlich noch irgendetwas lauthals auf der Straße zu besprechen hatten, konnte ich die nun notwendige Flucht fast nackt und nur mit einer Unterhose bekleidet über den Balkon wagen.

Die coole blonde Frau wies mir in aller Seelenruhe den Weg und legte dabei den Zeigefinger auf ihren Mund. Pssst! Während sie das tat, kickte sie gleichzeitig wie eine Fußballerin meine restlichen Sachen unter das Bett. Ich wusste, dass sie meine Sachen mitwaschen würde, da sie das schon häufiger mit meinen von der roten Asche verschmutzten Tennissachen getan hatte. Also machte ich mir über meine Kleidung keinen Kopf. In der Textilfachschule fragten mich Billa und Jürgen häufiger: Na, was macht dein Bratkartoffelverhältnis? „Mir geht es gut", sagte ich und mir war klar, dass die beiden Freunde mein Verhältnis zur blonden Frau meinten, bei dem ich mir nur die Annehmlichkeiten einer Liaison herauspickte, aber keine feste Bindung einging.

Beim nächsten Treffen im Schwimmbad brachte sie mir die Sachen mit und musste schmunzeln, da eine Socke fehlte. Sie war froh und meinte, es sei pures Glück gewesen, dass ihr Mann nichts bemerkt hatte. Die Anstrengungen seines Bundeswehrmanövers verbunden mit dem obligatorischen Alkohol hatten ihn schnell in Winnetous Reich versinken lassen. Wir zogen aber unsere Lehre daraus und überlegten, an welchem Ort wir wohl den abgebrochenen Abend weiterführen könnten. In der Sonne liegend erinnerten wir uns auch wieder an die zurückgebliebene weiße Tennissocke von der Firma Dunlop mit einem roten Streifen am Bund, und fragten uns, ob sie wohl traurig war so ohne ihren Partner. Wir überlegten, ob und wie wir sie von ihrer Einsamkeit erlösen könnten. Als mir zur Socke und zu einem geheimen Ort für unser nächstes abendliches Treffen schließlich nicht mehr viel einfallen wollte, nahm ich mal kurz den Spiegel zu Hand, blätterte von hinten nach vorne durch, und schaute, ob sich nicht irgendwas Lesenswertes fände.

Die neueste Ausgabe vom 30. Juli 1973 hatte zwar keine Plattenbesprechung, aber einen interessanten Artikel über einen meiner Lieblingsfilme „Casablanca". Er war es nur wegen Ilsa Lund alias Ingrid Bergmann. Der Artikel war witzig, denn darin hieß es, dass, als der Film im Jahr 1942 schon halb fertig war, das Ende der Geschichte noch immer nicht feststand.

„Wen liebe ich denn nun wirklich?", fragte Ingrid Bergmann bei den Dreharbeiten ein ums andere Mal. Regisseur Michael Curtiz und der Schriftsteller Howard Koch wussten es bis dato noch nicht. Sie befanden sich im Wettstreit mit Bleistift und Kamera, bis es dann so weit war und klar wurde, dass „Ilsa" alias Ingrid Bergmann ihren „Rick" alias Humphrey Bogart liebte und nicht ihren Ehemann Victor Laszlo.

Lachend legte ich das Magazin zur Seite und die blonde Frau meinte, man könnte die Socke mit dem roten Streifen doch allein auf eine weite Reise schicken. Wir dachten kurz darüber nach, aber eigentlich gab es nur eine brauchbare Lösung. Unsere Wahl fiel auf die gute alte Flaschenpost, damals nicht ungewöhnlich, und vielleicht traf sie ja auf ihrem Weg zu Wasser einen Leidensgenossen irgendwo auf den Weltmeeren, der zu ihr passte. Wir stopften neben der Socke noch einen kleinen Zettel durch den Flaschenhals und baten die Finder, wenn niemand zu ihr passen sollte, die Flasche samt Inhalt in den nächstgrößeren Fluss, grobe Richtung Übersee, zu leiten. Wir verschlossen die leere Weißherbstflasche, ließen sie langsam in die angrenzende Nagold gleiten, und ich legte dazu die Single „Wooden Heart" von Elvis im kleinen Plattenkoffer auf. Ich setzte die Nadel genau auf die Stelle, an der er anfängt auf Deutsch zu singen. Wir sangen leise mit: „Muss i denn, Muss i denn zum Städtele hinaus, Städtele hinaus, und du mein Schatz, bleibst hier?"

Es dauerte bis ins Jahr „1999", ich hörte gerade den gleichnamigen Song von Prince, als ich wieder von unserer Flaschenpost hören sollte. Es war ein junger Mann aus Kanada, der nur über meinen Namen, Reinhard alias Billy Moh, nach monatelangem Suchen meinen damaligen Aufenthalt herausgefunden hatte und mir nur mitteilen wollte, dass die Flasche mit der Socke jetzt in den gewaltigen Fluten der Niagarafälle die Reise fortgesetzt hatte.

Die blonde Frau, die noch blonderen Kinder und die Flaschenpost habe ich bis zum heutigen Tag nicht wiedergesehen. Den jungen Kanadier sollte ich ein paar Jahre später treffen, besser kennenlernen und sein Freund werden. Es war für mich und meine Freundin Sandra Jahrzehnte später eine große Ehre seiner Hochzeit mit Corinna beizuwohnen, die Musik aufzulegen und für gute Stimmung zu sorgen.