Gesammelte Gedichte von Ludwig Tieck - Ludwig Tieck - E-Book

Gesammelte Gedichte von Ludwig Tieck E-Book

Ludwig Tieck

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Beschreibung

In den 'Gesammelten Gedichten von Ludwig Tieck' taucht der Leser ein in die poetische Welt eines der bedeutendsten deutschen Romantiker des 19. Jahrhunderts. Tiecks Gedichte zeichnen sich durch ihre tiefe Empfindsamkeit, ihre lyrische Sprachgewalt und ihre Vielschichtigkeit aus. Der Autor verwebt Naturbilder, Gefühle und Romantik zu einer harmonischen Einheit, die den Leser in eine traumartige Welt entführt. Die Gedichte sind geprägt von Tiecks unbändiger Kreativität und seiner Fähigkeit, komplizierte Emotionen in elegante Verse zu gießen. Dieser Band präsentiert eine Auswahl seiner schönsten Gedichte, die die Vielseitigkeit und Meisterschaft des Autors in der romantischen Lyrik widerspiegeln.

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Ludwig Tieck

Gesammelte Gedichte von Ludwig Tieck

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Inhaltsverzeichnis

Erster Teil
Vorwort des Autors
Sehnsucht
Begeisterung
Der neue Frühling
Frühling und Leben
Wettgesang
Die Zeichen im Walde
An einen Liebenden im Frühling 1814
Arion
Der Arme und die Liebe
Das Wasser
Die Phantasie
Dichtkunst
Der Dichter
Lied vom Reisen
Frühlingsreise
Sanftmuth
Andacht
Die Rose
Die Lilie
Einsamkeit
Lied von der Einsamkeit
Nacht
Auf der Reise
Herbstlied
Lebens-Elemente
1. Die Erde
2. Das Unterirdische
3. Das Wasser
4. Die Luft
5. Das Feuer
6. Das Licht
7. Arbeit
8. Sabbath
Morgen
Mittag
Abend
Der Trostlose
Waldlied
Antwort
Klage im Walde
Des Mädchens Plage
Der Minnesänger
Improvisirtes Lied
Augen
Der Seufzer
Trennung
Brief der Minne
Gesang der Feen
Die Sirene
Schifferlied der Wasserfee
Der Fischfang
Sonette aus dem ungedruckten Roman: Alma, ein Buch der Liebe
[Was ist doch, fragt der Irdische, die Liebe]
[Du forderst von mir, Alma, diese Sünde]
[Doch lieblich ist dies Lied nunmehr vermischet]
[Zeit ist's, ich fühl es, endlich zu beschließen]
[Das war es, was mir Ahndung wollte sagen]
[Was hast du mir denn, Leben, schon gegönnet]
[Nie hat die Eitelkeit mein Herz betrogen]
[Woher, du süsser Ton mit deinem Klingen?]
[Wenn vor dem Schlaf in tiefer Nacht zum Beten]
[O lichtes Strahlen dieser holden Blicke!]
[Viel Wunder in der Dichtkunst Garten blühen]
[Wie Wiesen nach dem Gruß der Quellen schmachten]
[Wann ich in tiefen Nächten einsam sinne]
[O schönster Zweig von allen grünen Zweigen!]
[Oft will die Erde zürnend mich erfassen]
[Wie fliegend auch fortstürzen die Gedanken]
[Andacht, ein ewges, innges Angedenken]
[Ihr kindisch spielenden unschuldgen Reime]
[Es war der Glaube alter Astrologen]
[Wer hat des Himmels Bläue tief genossen]
[Göttliches Licht, der Augen spielend Wesen]
[Ihr Augen, Auen, wo die Engel spielen]
[»Dich lieb' ich stets«, sang deine süsse Stimme]
[Durch lichte Liebe wird das Leid zum Liede]
[Thränen, ihr lichtbeschwingten Wunderkinder]
[O süßes Roth der Lippen, hold getheilet]
[Schön bist du, doch nicht rührte mich die Schöne]
[Wann sich der Frühling zu der Erde neige]
[Wunder erregen sich mir im Gemüthe]
[Alma, dein Nahme tön' in fernen Zeiten]
[Holdseelger Ueberschwang von Leid und Freuden]
[Dein harrend, sinnend, ganz von Liebe-Denken]
Trennung und Finden
Frühlings- und Sommerlust
Die Heimath
Epistel, an Alma
Gruß
An Fanny
An Stella, im Herbst 1813
Andenken
Erstes Finden
Frohsinn
Gefühl der Liebe
Schalmeyklang
Posthornsschall
Waldhornsmelodie
Der Dichter und die Stimme
Siegfried's Jugend
Siegfried der Drachentödter
Weland
Jagdlied
Die Blumen
Zweiter Theil
Gedichte über die Musik
Weihung
Die Musik spricht:
[Im Anfang war das Wort]
[Nacht, Furcht, Tod, Stummheit, Quaal war eingebrochen]
[Ich bin ein Engel, Menschenkind, das wisse]
Die heilige Cäcilia
[Es steht die holde Jungfrau im Betrachten]
[Warum, ihr Menschen, so spricht sie in Klagen]
[Jungfrau bleibt sie vermählt, den Himmelsthoren]
Marcello
Pergolese
[Ein Jüngling wandelt durch die Waldesgrüne]
[Erquicklich war und nicht umsonst mein Wallen]
Stabat mater
[An dem Kreuz die Mutter stande]
[Und es ist vom hohen Chor]
Die Musik beschließt
Palestrina. Marcello. Pergolese
Gesang
Der Garten
Nacht
Zeit
Die Töne
Erkennen
Liebe
Trost
Glosse
Des Jünglings Liebe
Ermunterung
Zweifel
Hoffnung
Glück
Erwartung
Erinnerung
Entschluß
Schlaflied
Verzweiflung
Trauer
Trennung
[Muß es eine Trennung geben]
[Die Segel sie schwellen]
Neuer Sinn
Klage
Ruhe
Treue
Blätter der Erinnerung
An –
An Friedrich Toll
An Wilhelm Heinrich Wackenroder
An Denselben
An Denselben
An Denselben
Der Traum
An Friedrich Tieck
Kampf
An A.W. Schlegel
An Friedrich Schlegel
An Novalis
An Denselben
An Denselben
An einen jüngeren Dichter
An Sophia
Erkennen
Leben
Poesie
An – –
Bei der Abreise einer Freundin
Der getreue Eckart
1.
2.
3.
4.
5.
Mondscheinlied
Wald, Garten und Berg
Der Wald
Rosen
Lilien
Die Gebüsche
Der Wald
Die Tulipanen
Veilchen
Vergißmeinnicht
Feldblumen
Vogelgesang
Das Himmelblau
Die Blumen
Die Quellen
Bergstrom
Der Sturm
Die Berggeister
Reue
Trinklied
Verlohrene Jugend
Der Jüngling und das Leben
Heimliche Liebe
Trauer
Lied der Sehnsucht
Schönheit und Vergänglichkeit
Sicherheit
Wehmuth
Frage
Freude
Ballmusik
Leben
Liebesgegenwart
Zuversicht
Beruhigung
Der unglückliche Ritter
Der Zornige
Süße Ahndung
Dichtung
Wunder der Liebe
Schmerz
Muth
Ungewisse Hoffnung
Bitte
Der Gefangene
Zweifeln und Zagen
Die Liebende
Liebesverzweiflung
Im Walde
Melankolie
Der Egoist
Der Ungetreue
Schrecken des Zweifels
Rausch und Wahn
Tod
Blumen
Spruch
Harren der Geliebten
Scherz
Bedeutung
Bildung in der Fremde
Umgänlichkeit
Tugend
Der wilde Jäger
Die Geige
Die Kunst der Sonette
[Nun wandeln wir in grünen Lustbezirken]
[Der hohe Geist wird keine Schande dulden]
[Ein edles Ebenmaaß sucht keine Winkel]
[Ein nett honett Sonett so nett zu drechseln]
[Verkünden will ich wundervolle Wunder]
[So wie ein Weiser schloß er seinen Lauf]
[Wer einmal hat die leuchtenden Azuren]
Trost
Schaubühne
Thalia's Wehklage in Deutschland
Epilog zum Geschäftigen von Holberg, der mit einigen Aenderungen im Kreise einer edeln Familie war aufgeführt worden
Dritter Teil
Vorwort zum dritten Theile
Phantasus
Prolog zur Magelone
Gruß dem Frühling
Die harrende Geliebte
Auf der Wanderung
Der Junggesell
Musik
Geistergespräch
Ariel
Duett
Schäfergesang
Klage und Trost
Erfüllte Sehnsucht
Wonne der Einsamkeit
Gruß und Gegengruß
Abschied
Ferne
Die Spinnerin
Treue
Klage
Frühe Sorge
Die Liebende
Kunst und Liebe
Sehnen nach Italien
Hochzeitlied
Frage
Liebe und Treue
Reisegedichte eines Kranken
Abreise
Tyrol
Inspruck
Der Freithof
Die Tyroler
Botzen
Trident
Verona
Die Arena
Juliens Grab
Kleines Theater in der Arena
Fahrt nach Mantua
Pallast T. in Mantua
Die Berge
Bologna
Die Pilger
Anblick von Florenz
Marktplatz
Boccaz
Der Traubenmarkt
Radicofano
Aquapendente
San Lorenzo und Bolsena
Erster Anblick von Rom
Villa Borghese
Das Pantheon
Die spanische Treppe
Der Vatikan
Dankbarkeit
Das Feuerwerk
Campo Vaccino
Stiergefecht
Der Ueberlästige
Bücher
Der Bettler
Die Marionetten
Schmerz in der Lust
Heimweh
Die Erscheinung
Weihnachten
Carneval
Der letzte Tag der Feste
Die Bußpredigten
Villa Pamphili
Die heilige Woche
Ostern
Villa Borghese
Der Wirrwarr
Politik
Palestrina, auf der Reise
Olevano
Der Morgen
Civitella
Auf der Reise
Subiaco
S. Benedikts Einsamkeit
Tivoli
St. Peter und Paul
Rückkehr des Genesenden
Abschied von Rom
Orvieto
San Lorenzo
Siena
Florenz
Der Spaziergang
Der Charlatan
Gemälde-Handel
Pisa
Livorno
Reise nach Lucca
Lucca
Bologna
Parma

Erster Teil

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Autors

Inhaltsverzeichnis

In diesem Buche sind diejenigen meiner Gedichte gesammelt, welche in einigen Almanachen, oder andern Bücher zerstreut waren; viele sind aus dem Sternbald und Octavian aufgenommen, da es schon oft der Wunsch der Freunde, besonders der musikalischen war, alle meine Versuche dieser Art gesammelt zu besitzen. Darum ist auch manche Kleinigkeit nicht zurückgelegt worden, die sich schon einer glücklichen musikalischen Composition erfreut. Manches, was hier erscheint, war bisher noch ungedruckt, was ich zum Theil für die künftigen Bände des Phantasus, oder für die Fortsetzung des Sternbald (der im künftigen Jahre, neu bearbeitet, erscheinen wird) bestimmt hatte: viele noch unbekannte Gedichte sind aus einem Roman: Alma, ein Buch der Liebe; welcher ebenfalls, nach Vollendung einiger andern Arbeiten, bekannt gemacht werden soll.

Sehnsucht

Inhaltsverzeichnis

Warum Schmachten? Warum Sehnen? Alle Thränen Ach! sie trachten Weit nach Ferne, Wo sie wähnen Schönre Sterne. Leise Lüfte Wehen linde, Durch die Klüfte Blumendüfte, Gesang im Winde. Geisterscherzen, Leichte Herzen! Ach! ach! wie sehnt sich für und für O fremdes Land, mein Herz nach dir! Werd' ich nie dir näher kommen, Da mein Sinn so zu dir steht? Kömmt kein Schifflein angeschwommen, Das dann unter Segel geht? Unentdeckte ferne Lande, – Ach mich halten ernste Bande, Nur wenn Träume um mich dämmern, Seh' ich deine Ufer schimmern, Seh' von dorther mir was winken, – Ist es Freund, ist' s Menschgestalt? Schnell muß alles untersinken,

Begeisterung

(Romanze)
Inhaltsverzeichnis

Wie beglückt, wer auf den Flügeln Seiner Phantasieen wandelt, Erde, Wasser, Luft und Himmel Sieht er in dem hohen Gange. Aufgeschlossen sind die Reiche Wo das Gold, die Erze wachsen, Wo Demant, Rubinen keimen, Ruhig sprießen in den Schaalen. Also sieht er auch der Herzen Geister, welche Rathschlag halten, In der Morgen-Abendröthe Lieblich blühende Gestalten. Phantasie im goldnen Meere Wirft, wo sie nur kann, den Anker, Und aus grünen Wogen steigen Blumenvolle Wunder-Lande. Nirgend ruht sie, wer ihr folget An dem schönen Zauberbande, Steigt in 's Innre, schaut die Kräfte Der regierenden Gewalten: Wie aus Wasser alle Welten Hat der ew'ge Trieb erschaffen, Wie das Feuer ihre Wurzel, Die in ihren Kindern pranget; Und das Licht die höchste Blühte, In dem Menschen Lieb' ihr Nahme, Wie sich alles dahin stürzet, Eilt im brünstigen Verlangen. Immer will die Erde aufwärts Liebend an der Sonne hangen, Und das Feuer hält sie innen In sich selber eingefangen; So erbiert sie aus den Sehnen Liebelechzend reine Wasser, Diese sind die Mutter-Thränen, Die ihr fließen von den Wangen: Und sie läßt die Blumen grünen, Keimen läßt sie schöne Pflanzen, Berge, Wälder, Flur sind trunken In der Wonn', im Liebes-Glanze. Dürstend lechzt der Menschenbusen, Seele will hinauf gelangen, Und in tiefster Inbrunst leise Wird des Schaffens Trieb empfangen: Denn das Feuer fängt die Liebe, Und nun kann sie nicht von dannen, Worauf manche tiefe Meister Wissenschaft und Kunst ersannen: Und am herrlichsten, am freisten Die kristallnen Brunnen sprangen, Die in Reimen, die in Tönen Dichtender Begeistrung klangen. Wieder sind es Mutter-Thränen,

Der neue Frühling

Inhaltsverzeichnis

Käme doch der Frühling! seufzt' ich oftmals, Daß der süße Blumenduft, das Flüstern Holder Birken und das Lied der Lerchen Meine heißen Thränen trocknen möchten! – Und in jedem Jahre kam der Frühling, Und in jedem Jahre weint' ich Thränen: Töne, Blumen, holdes Baumgeflüster, Alles ging wie scheu mir aus dem Wege, Nichts, das meinen heißen Busen kühlte: Und ich flehte nicht mehr um den Frühling. Kläglich kam er, kaum daß ich's bemerkte, Düster blickt' ich in sein grün Gewebe, Dachte: bist nicht besser als die andern! – Hinter mir hört' ich ein leises Rieseln, Wie wenn Bächlein über Kiesel jauchzen, Hinter mir lief Wind durch das Gebüsche, Seitwärts nickten alle Blumen freundlich, Und in sanften röthern Strahlen spielte Sonnenschein zum grünen Boden nieder. Sinnend stand ich jetzt, ein Weilchen zweifelnd Was die holde Täuschung um mich zaubre. Als ich wieder auf vom Boden blickte, Stand ein holder Knabe mir zur Seiten, Goldne Locken hingen um die Schläfe, Um die Lippen spielte schalkisch Lächeln, Sah mich an mit keckem blauen Auge: »Träumer du! zertritt nicht alle Freuden, Die so zart in deinem Wege liegen!« – Rief er, hob den Zeigefinger drohend. – Sieh, wie sich auf mein Gebot die Waldung Neu begrünt, wie Glanz und süßes Leben Sich auf jedem Zweige schaukelt; Blumen, Nachtigallen, Düfte, alles ruft dich An mit wunderbar-holdseel'gen Tönen; Gehst du nicht in deinem eignen Schatten? Bist du, Thor, nicht selber dir im Wege? Stracks voll Mismuth ward mein banger Busen: Kinder, sagt' ich, sollten nicht so sprechen, Thöricht sind sie, haben nichts erfahren, Leben ohne Sorge, unbefangen, Wissen über Spielgeräth zu urtheln, Müssen aber über Kummer schweigen. Also sagt' ich ernsthaftlich vermahnend, Meinte, daß er sich wohl schämen dürfte, Aber laut auf lachte nun der Bube Und die Fassung wär' mir fast entgangen. Aber als ich herzlich zürnen wollte, War Besinnung so wie Zorn entschwunden, Und wie von dem heiligsten Entzücken Stand ich überwältigt und gefangen Mitten in dem allerschönsten Frühling, Den mein Herz so lange hergesehnet. Meine Wangen fühlt' ich roth erglühen, Kühnes Blicks sah ich umher, als wären Alle Blumen, alle Freuden meine. Mir entgegen streckten sich Gewinde Ach! aus Myrthen, zauberischen Rosen, Kein Cypressenblatt im ganzen Kranze, Und die schönste Hand streckt' ihn entgegen. Kind! bin ich zum Kinde wieder worden? Rief ich, wollte blöde nach dem Kranze Nicht die Hände zitternd strecken. – Wach ich? Oder fesselt Schlaf die trüben Sinne, Daß, um mich zu laben goldne Träume Wunderbar auf mich herniederspielen? Lächelnd sprach der Knabe: Nein, du wachest,

Frühling und Leben

Inhaltsverzeichnis

Aus Wolken winken Hände, An jedem Finger rothe Rosen, Sie winken dir mit schmeichlerischem Kosen, Du stehst und fragst: wohin der Weg sich wende? Da singen alle Frühlingslüfte, Da duften und klingen die Blumendüfte, Lieblich Rauschen geht das Thal entlang: »Sei muthig, nicht bang! Siehst du des Mondes Schimmer, Der Quellen hüpfendes Geflimmer? In Wolken hoch die goldnen Hügel, Der Morgenröthe himmelbreite Flügel? Dir entgegen ziehn so Glück als Liebe, Dich als Beute mit goldnen Netzen zu fahn, So leise lieblich, daß keine Ausflucht bliebe Umzingeln sie dich, bald ist's um dich gethan.« – Was will das Glück mit mir beginnen? O Frühlingsnachtigall, singst du drein? Schon dringt die sehnende Lieb' auf mich ein, Wie Mondglanz webt's um meine Sinnen. – Wie bang' ist mir's, gefangen mich zu geben, Sie nah'n, die Schaaren der Wonne mit Heeresmacht! Verloren, verträumt ist das fliehende Leben, Schon rüstet sich Lieb' und Glück zur Schlacht. Der Kampf ist begonnen, Ich fühle die Wonnen Durchströmen die Brust: O, seel'ge Gefilde, Ich komme, wie milde Erquickt und ermattet des Lebens Lust. Es winket vom Himmel Der Freuden Gewimmel, Und lagert sich hier: Im Boden, ich fühle Der Freuden Gewühle, Sie streben und drängen entgegen mir. Der Quellen Getöne, Der Blümelein Schöne, Ihr lieblicher Blick, Sie winken so eigen, Ich deute das Schweigen: Sie wünschen mir alle zum Leben Glück. – Nun geht das Kind auf grünen Wegen, Den goldglänzenden Strahlen entgegen, Im bangen Harren geht es weit, Es klopft das Herz, es flieht die Zeit. Es ist, als wenn die Quellen schwiegen, Ihm dünkt, als dunkle Schatten stiegen, Und löschten des Waldes grüne Flammen, Es falten die Blumen den Putz zusammen. Die freundlichen Blüthen sind nun fort, Und Früchte stehn an selbigem Ort. Die Nachtigall versteckt die Gesänge im Wald, Nur Echo durch die Einsamkeit schallt. »Morgenröthe, bist du nach Haus gegangen? Ruft das Kind, und streckt die Händ' und weint; O komm', ich bin erlös't vom Bangen, Du wolltest mich mit goldnen Netzen fangen, Du hast es gewiß nicht böse gemeint. Ich will mich gerne drein ergeben, Es kann und soll nicht anders seyn: Ich opfre dir mein junges Leben, O! komm' zurück, du Himmelsschein!« Aber hoch und höher steigt das Licht, Und bescheint das thränende Gesicht; Die Nachtigall flieht waldwärts weiter,

Wettgesang

Inhaltsverzeichnis
Rudolf.

Wer hat den lieben Frühling aufgeschlagen Gleichwie ein Zelt In blüh'nder Welt? Wer konnte Wolkenmacht verjagen? Das Thal voll Sonne, Der Wald mit Wonne Und Lied durchklungen: – Der Lieb' ist nur so schönes Werk gelungen.

Franz.

Der Lieb' ist nur so schönes Werk gelungen, Daß Winter kalt Entflohen bald, Die holde Macht hat ihn bezwungen: Die Blumen süße, Der Quell, die Flüsse, Befreit von Banden Sind aus des Winters hartem Schlaf erstanden.

Rudolf.

Sind aus des Winters hartem Schlaf erstanden Der Wechselsang, Der Echoklang, Daß sie im heitern Raum sich fanden. Die Nachtigallen- Gesänge schallen, Die Lindendüfte Umspielen liebekosend Frühlingslüfte.

Franz.

Umspielen liebekosend Frühlingslüfte Gras, Blumen, Baum, Wie Liebestraum Hängt Rosenbluth um Felsenklüfte. Um Grotten schwanken Die Geisblattranken, Des Himmels Ferne Erhellen tausend goldne kleine Sterne.

Rudolf.

Erhellen tausend goldne kleine Sterne Die Nacht so hold, Der Brunnen Gold Gießt strahlend sich zur Erde gerne: Mit Liebesblicken Uns zu beglücken Schaut hoch hernieder Die Liebe, giebt uns unsre Grüße wieder.

Franz.

Die Liebe giebt uns unsre Grüße wieder, Drum Blumenwelt Uns zugesellt, Gesandt von ihr des Waldes Lieder: Sie schickt die Rose Daß sie uns kose, Wie uns zu danken Streckt sie die Zweig, webt Geisblatt-Epheuranken.

Rudolf.

Streckt sie die Zweig, webt Geisblatt-Epheuranken? Ja, Lilienpracht Glänzt auch mit Macht, Ihr Glanz belebt den Liebeskranken, Und leise drücken Wir Kuß, Entzücken Auf Lilien-Wange, Daß hold die Liebe Dank von uns empfange.

Franz.

Daß hold die Liebe Dank von uns empfange Wird Mädchenmund In trauter Stund Geküßt bei Nachtigallgesange:

Die Zeichen im Walde

(Romanze)
Inhaltsverzeichnis

O mein Sohn, wie gräßlich heulend Klagt herauf vom Moor die Unke! Hörst du wohl die Raben krächzen? Die Gespenster in dem Sturme? – Vater, laßt die Sorge fahren, Denn die Wolken ziehn hinunter; Bald wird sie der Mond bezwingen, Der zu scheinen schon begunnte. Durch die Thäler streift der Nebel, Schon erglänzen fern die Burgen, Schaut, schon leucht't das Crucifixe, Das Capellenbild da drunten. – Ach, du Crucifixe gütig, Laß vom Schatten dich verdunkeln! O Maria-Bild, sei gnädig, Bleib in Finsterniß verschlungen! Laßt ihn los, den alten Sünder, Fahren laßt den alten Wulfen: Tod und Sünde seine Freunde, Und die Hölle ihm verbunden! Wie die Nacht bald leucht't bald dämmert, Schauernd in dem Wolkenzuge, Ist es wie ein tiefes Auge, Da der Erbfeind herblickt dunkel. Wie die Wälder sausen, schallen, Rauschen ab die Felsenbrunnen, Hör' ich Wald, Thal, Berg und Klüfte Summen: Komm zu uns herunter. – Und es spricht sein Sohn ihm tröstend, Der ihn liebt, Sohn Sigismunde: Ach mein Vater, wär' vorüber Diese schreckenvolle Stunde! Soll ich nach dem Beicht'ger laufen? Nach dem Arzt, daß ihr gesundet? Soll ich beten? Geht zum Heiland, Tröstet euch an seinen Wunden. Wollt ihr sterben, alter Vater, Von Verzweifeln, Angst bezwungen? O wie faß' ich doch die Seele, Die sich Gott und Heil' entrungen? O besinnt euch auf die Güte, Auf die ew'ge, ew'ge Tugend, Die herab uns sprang, den Sündern, Von des Gottessohnes Blute. Denkt den Vater, denkt Marien, Unsrer ew'gen Liebe Mutter, Denkt den Geist, das unergründlich Heilig und dreyfaltig Wunder. Daß wir leben, sind wir Sünder, In dem Tod die Lilienblume; Reue kann uns Gott versöhnen, Auf macht er die Heiligthume. Unsre Angst klopft an die Pforten: Auf, o lieber Vater, thue! An dem Schlosse sitzt Erbarmen, Schiebt den Riegel bald zurucke. Ohne Schätzung ist der Himmel, Dennoch mag er Kauf erdulden; Unsre Thränen nimmt Sankt Peter, Schätzet sie als Münze gulden. Schnee und Regen gehn hernieder, Alle Ströme gehn bergunter, Jeder Stein, hinaufgeschleudert, Muß zur Erd' herab zur Stunde: Also zieht den Menschen Sünde, Niemals kann er ganz gesunden, Daß er aufrecht schaut zum Vater, Sind die himmlischen fünf Wunden. Da kam Himmelreich hernieder, Aus fünf Quellen wonnig blutend, Da erwuchs das Paradiese, Aus fünf Wunden göttlich blumend. Da erschrak die Erde freudig, Und zerborst in große Kluften, Und die Herzen wurden offen, Gottes Liebe faßte Wurzel. Blüht hinein in seinen Himmel, Wachst hinauf in seine Ruhe, Rankt hinan in schön Gebeten: Große Kraft hat Herz und Zunge. Ihr seid selbst ein Zweig vom Baume, Welcher steht in Gottes Grunde; Alle Zweig' und Laub sind Engel, All' formirt zu seinem Ruhme. – Abwärts wandte sich der Alte, Weil er keine Gnade wußte, Denn sein Ohr vernahm die Worte, Doch sein Herz war fern vom Muthe. Du mein einzig Kind, begann er, Niemals ward dir Schwester, Bruder; Als sie dich gebar, da schied sie, Deine treue fromme Mutter. Nur auf kurze Zeit geliehen War dem Frevler Kunigunde; Du warst fromm, mein Sohn, und heilig So wie ihre Todesstunde. Und so oft dein Blick geleuchtet, Sah ich immer diese Stunde; Und mein Herz zerriß die Sorge, Schnürte fester mich im Bunde. Darum war ein grimmer Wechsel Stets von Haß und Lieb' im Busen. Bei der Wiege stand ich lauernd, Und mein Arm den Dolch erhube. Aber dann die stillen Augen, Die sich aus einander schlugen, Brachten Furcht und Liebe wieder, Und die Angst ward wieder Ruhe. Also bist du mir erwachsen, Immer war mir fremd dein Thuen; Liebst du mich mit ganzer Seele, Kannst mir doch nicht stehn zum Schutze. Innerst recht in meiner Seele Sind die Kräfte, die da unten, Gottlos abgewandt vom Heile, In der Frevel Tiefe wuchern. Nicht ist mir der Christ gestorben; Andern Mächten, mit dem Blute, Das ich, trotzend ihm, vergossen, Bin ich eisenfest verbunden. Mir sind andre Paradiese, In dem Graus sind meine Blumen; Himmelsmächten widerstrebend Folg' ich meinem dunkeln Fluge. – Weinend nimmt der Sohn die Hände, Weinend spricht der Sigismunde: Vater, was ihr fehltet, gebt mir, Gebt mir, ach! die trübe Kunde. Daß uns Gott erlösen wollte Von dem allerschlimmsten Bunde, Drum gab er den Eingebohrnen: Himmel ist uns so gefunden. Jedem Sünder, der ihm traute, Ist Vergebung noch gelungen. Der Allmächt'ge kann vergeben, Und es will auch der Allgute. Nur nicht widerstrebt dem Geiste, Ohne Sühnung ein Verschulden; Diese Sünde thut ihr, Vater, Wenn Verzweiflung obgerungen. Leben, Blut und Herz und Glauben Will ich auf zum Werke rufen, Alle Kräfte sollen streiten, Siegen ob dem schlimmsten Truge. – Da erwacht der alte Vater, Sehnend wie aus einem Schlummer, Und es rinnen große Thränen Seinem trüben Aug' hinunter. Auf, so spricht er, was der Himmel Für Gewalt erleid', versuche; Ob so späte Reu im Sterben Wiederbring' verlohrne Tugend. Geh' hinunter nach dem Walde: Was die Zeichen dort im Grunde Aller Welt verbergen, hohle. Betend find' ich dann wohl Ruhe. – Und was sind denn diese Zeichen? Deine Reden sind mir dunkel. Wie soll ich in Nacht sie treffen? Wo im Walde soll ich suchen? – Kennst du nicht, fernab im Forste, Tief ein Thal, von Tannen dunkel, Wo ein Stein, bekreuzt mit Dolchen, Weiß dasteht auf trübem Grunde? Oftmals hast du mich gefraget, Wann wir jagten in der Runde, Was der Stein bezeichnen solle; Noch verschwieg ich dir die Kunde. Das ist nun das erste Zeichen, Mir ein Zeichen meines Kummers, Den erhebe, bringe zu mir, Was du finden wirst da drunten. Und zwey Dolche wirst du finden In der Erde wenig Schuhe. Ach, damit hab' ich erstochen Ihn, den Liebling meiner Jugend. An dem Platze war's geschehen, Und da setzt' ich meiner Tugend Dieses Zeichen, die gestorben In des liebsten Freundes Blute. Aufgekeimt wie junge Lämmer Spielten wir in jeder Stunde, Er bewohnte, die du jenseits Schimmern siehst, die alten Burgen. Mit dem Alter wuchs die Liebe, Und er hieß mich seinen Bruder, Und gelobte, wann er stürbe Mir zu geben seine Burgen. Nahm mich freundlich in die Arme, Und versprach mit einem Schwure, Eine Gattinn nie zu freyen, Nimmer um ein Weib zu buhlen. Also schrieb er selber nieder, Bald darauf erhielt ich Kunde, Daß er oft hinüber ritte Zu der schönen Kunigunde. Da erwacht' es wie ein Grausen Tief in meines Herzens Grunde, Geister rotten sich zusammen, Steigen aus dem finstern Schlunde. Diese Veste nur die meine, Sie die ärmste in der Runde, Und die Fremde als das schönste Weib in jedes Mannes Munde. Sie besucht' ich, sah sie selber, Fühlte bald die tiefe Wunde, Die mir Sinn und Leben raubte; Dachte sie nur jede Stunde. Alle Freundschaft ward vergessen, Was er that zu meinen Gunsten, Die Gestalt, sein lieblich Wesen, Kuß und Handdruck war verschwunden. Der Begierde Stachel fühlend, Der je scharf und schärfer wurde, Mied ich ihn, wo ich ihn schaute, Furchte mich vor seinem Gruße. Meine Liebe ward ihm fremde, Ihn gereute seine Jugend, Und er freite um die Schöne Bei den Eltern Kunigundens. Lieber war ich ihr geworden, Sie versprach mit einem Kusse Mein zu seyn, doch war ihr Vater Jenem hold, ob seinem Gute. Also traf ich ihn im Holze, Haß und Brunst in meinem Muthe, Daß ich ihn schnell ohn' Erbarmen Mit der Lanze niederschluge. Und die Dolche waren plötzlich In der Hand, ob ich nicht wußte Wie, woher; so eilt der Böse Daß in uns erstirbt das Gute. Seine Augen baten flehend, Zugeschlossen war mein Busen, Und das Herz, das mir geschlagen, Das zerstach ich, der Verfluchte. Trennte drauf das Haupt, das liebe, Mit dem Schwerdte von dem Rumpfe, Und verbarg es in der Erde, Weiter ab im dunkeln Grunde. Dieses ist das zweite Zeichen. Gehe hin, den Stein verrucke, Bringe den geliebten Schädel, Eh' ich zu die Augen drucke. Weiter ab, wo Wald zu Ende, Steht bei dem Wachholderbusche Endlich noch das dritte Zeichen. Ach, wo find' ich davor Ruhe? Also war mein Freund erblichen. Also starb der edle Kunze. Bald darauf ward ich vermählet Mit der schönen Kunigunde. Und die Freunde meines Freundes Forschten nach, wie er verblutet, Und von mir ward gleich das Schlimmste Von den Forschenden vermuthet. Angeklagt des schnöden Mordes Ließen mich die Richter rufen; Und ich fand den strengsten Richter Schon in meinem eignen Busen. Schwer im Wochenbett darnieder Lag die Gattin Kunigunde, Und es hatte sich der Kranken, Wie sie starb, ein Sohn entwunden. Alles Glück war abgeschlachtet, Meine Brust die Mördergrube: Ehre, Hoffnung, Liebe, Leben Ausgetilgt, und jedem Buben War mein Herz nun Preis gegeben; Um mich grinsten Höllenhunde, Und ich riß mit wüstem Streben Das, was mich an Gott gebunden. Mitternacht lag auf dem Lande, Da verließ ich dich im Schlummer, Und die Leiche meiner Gattin; Ging hinab die hohen Stufen. Wild zur Wildniß ging ich nieder, Sternen und dem Himmel fluchend: Nach der Nacht streckt' ich die Arme, Und der Mond ging trübe unter. Daß die Klüfte wiederschallten, Fing ich an so laut zu rufen. Eingeweiht zu tieferm Grausen Ward ich bald den finstern Zunften. Und der böse Feind erschiene Finster meinem bösen Muthe. Und er nahm ein Shreiben von mir, Das ich schrieb mit meinem Blute. Ihm zu eigen mich zu geben, Unter seinem grimmen Schutze Sicher sein mein Leib und Leben, Nur die Seele war verschuldet. Diese Schrift ward eingeschlossen, Daß ich's sah, in erzner Truhe, Unterm Steine eingegraben Dort im dunkelgrünen Grunde. Dieses ist das dritte Zeichen Dorten beim Wachholderbusche. Welche Macht kann es befreien, Bringen mir die Eisentruhe? Reichthum, Ehre ward verliehen Dem, der ab sich that dem Guten. Heute ist der Preis verfallen, Und ich fühl' der Hölle Ruthen. Kannst du mir die Zeichen bringen, Ist es dir, o Sohn, gelungen, O so möcht' es mir gerathen, Daß ich mich hinaufgeschwungen. Sieh, der Mond scheint hell und heller, Ach, so liebe Sterne lugen In den Grund hinab, und sanfte Herrscht im Thal und Wald die Ruhe. In sich klingt der Himmelsbogen, Regnen nieder Seegensfluthen, Ein Erbarmen winkt von oben: Eile denn zum Wald hinunter. – Wie der Sohn dem Vater anschaut, Will er ihm so fremd bedunken. Schaudernd wendet er sich von ihm, Geht hinab die Felsenstufen. Und er naht dem Crucifixe, Der Capelle dort im Grunde; Und er wirft sich knieend nieder, Betet da in tiefen Brunsten. Erd' und Himmel, Berg und Waldung, Blum' und alle Creaturen, Er sich selber, sind wie Fremdling, Findet nicht die vor'gen Fluren. Taumelnd tritt er in den Wald ein, Irrend sucht er wohl die Spuren Die ihn nach den Zeichen leiten, Die er sonst im Thal gefunden. Durch die Blätter geht ein Flüstern, Lichter gehn ihm vor dem Fuße, Da erblickt er mit den Dolchen, Weißen Stein auf dunklem Grunde. Mühsam wälzt er fort den Marmor, Und er gräbt nur wenig Schuhe: Sieh, da sind die beiden Dolche, Und er steckt sie in den Busen. Weiter geht er, bange sinnend, Jenes zweite Zeichen suchend; Fern ab jenem lenkt der Stein ihm Seine Schritte, wohl zweihundert. Schwerer ist der abzuwälzen, Nach dem Zeichen wächst sein Hunger, Sollten ihm die Sehnen reissen, Achtet's nicht; es ist gelungen. Aus dem Boden steigt ein Schädel, Und er hört fernab ein dumpfes Winseln, ob es Geister wären, Oder ein Geheul der Unken. Und der Wald ist schon zu Ende; Nahend dem Wachholderbusche Sieht er auf dem größten Steine Eine Menschenbildung ruhen. Fort da, Fremdling! Du mußt weichen, Diesen Ort muß ich durchsuchen, Denn da unten liegt ein Kleinod Von des Vaters Eigenthume. Wie so unhold? sagt der Fremde; Wohlbekannt ist deine Jugend; Sonst war mir ein Freund dein Vater, Denn ich heiß' mit Namen Kunze. Kunze ist dein Name, sprichst du? Ruft erschreckend aus der Junge; Der ist todt, so sagt mein Vater, Und begraben längst, der Gute. Wird noch stets sein Wahnsinn irren? Sprach der Mann mit dumpfer Zunge, Sollen wir uns nie versöhnen? Nimmer ist es mir gelungen. Zwietracht hielt uns lang' entfremdet, Und er wähnt, daß er erschluge Seinen treusten Freund und Liebsten, Seinen besten Waffenbruder. Freudenthränen weint der Jüngling, Da der diese Wort' anhube. O so kommt mit mir! mein Vater Ist schon nahe seiner Grube. Zeig' ihm jetzt dein Angesichte, Daß er Wähnen von sich thue, Daß er fröhlich möge sterben Und in Gottes Schooß dann ruhe. Ach, wie soll ich dir vergelten, Was du mir erzeigst so Gutes? Wiederum darf ich ihn lieben,

An einen Liebenden im Frühling 1814

Inhaltsverzeichnis

Wonne glänzt von allen Zweigen, Muthig regt sich jedes Reiß, Blumenkränz' aus Bäumen steigen, Purpurroth und silberweiß. Und bewegt wie Harfensaiten Ist die Welt ein Jubelklang, Durch der Welten Dunkelheiten Tönt der Nachtigall Gesang. Warum leuchten so die Felder? Nie hab' ich dies Grün gesehn: Lustgesang dringt durch die Wälder, Rauschend wie ein Sturmeswehn. Sieg und Freiheit blühn die Bäume, Heil dir Vaterland! erschallt Jubelnd durch die grünen Räume, Freiheit! braust der Eichenwald.

Arion

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Arion schifft auf Meereswogen Nach seiner theuren Heimath zu, Er wird vom Winde fortgezogen Die See in stiller, sanfter Ruh'. Die Schiffer stehn von fern und flüstern, Der Dichter sieht in's Morgenroth, Nach seinen goldnen Schätzen lüstern Beschließen sie des Sängers Tod. Arion merkt die stille Tücke, Er bietet ihnen all' sein Gold, Er klagt und seufzt, daß seinem Glücke Das Schicksal nicht wie vordem hold. – Sie aber haben es beschlossen, Nur Tod giebt ihnen Sicherheit, Hinab in's Meer wird er gestoßen, Schon sind sie mit dem Schiffe weit. Er hat die Leyer nur gerettet, Sie schwebt in seiner schönen Hand, In Meeresfluthen hingebettet Ist Freude von ihm abgewandt. Doch greift er in die goldnen Saiten Daß laut die Wölbung wiederklingt, Statt mit den Wogen wild zu streiten Er sanft die zarten Töne singt: Klinge Saitenspiel, In der Fluth Wächst mein Muth, Sterb' ich gleich, verfehl' ich nicht mein Ziel. Unverdrossen Komm' ich, Tod, Dein Gebot Schreckt' mich nicht, mein Leben ward genossen. Welle hebt Mich im Schimmer, Bald den Schwimmer Sie in tiefer, nasser Fluth begräbt. So klang das Lied durch alle Tiefen, Die Wogen wurden sanft bewegt, In Abgrund's Schlüften, wo sie schliefen, Die Seegethiere aufgeregt. Aus allen Tiefen blaue Wunder, Die hüpfend um den Sänger ziehn, Die Meeresfläche weit hinunter Beschwimmen die Tritonen grün. Die Wellen tanzen, Fische springen, Seit Venus aus den Fluthen kam, Man dieses Jauchzen, Wonneklingen In Meeresvesten nicht vernahm. Arion sieht mit trunknen Blicken Lautsingend in das Seegewühl, Er fährt auf eines Delphins Rücken,

Der Arme und die Liebe

Inhaltsverzeichnis

Es kam an einem Pilgerstab Wohl über's graue Meer Ein Wandersmann in's Thal hinab, Von fremden Landen her. Erbarmt euch meiner, rief er aus, Von fernem Land ich kam, Verloren hab' ich Gut und Haus, Anthonio ist mein Nahm'. Die Eltern starben mir schon lang', Ich war noch schwach und klein, War ohne Gut, war ohne Rang, Und Niemand dachte mein. Da nahm ich diesen Wanderstab Und trat die Reise an, Stieg hier in's frische Thal hinab, Fleh' euer Mitleid an. – Da ging er wohl von Thür zu Thür, Ging hier und wieder dort, Ward abgewiesen dort und hier, Und schlich sich weinend fort. »Was suchst du in der Fremde Glück? Wir sind dir nicht verwandt! Geh, wo du herkömmst, nur zurück, Bist nicht aus unserm Land. – Genug der Freunde leiden Noth, Der Landsmann sucht hier Trost, Für sie nur wächst hier Frucht und Brodt, Für sie der süße Most.« – Still und beschämt mit Ach und O! Schlich er die Straße hin, Da ruft es sanft: Anthonio! Ein Mädchen winkt ihn hin. O nimm von meiner Armuth an, Spricht sie mit frommen Sinn, Ich gebe was ich geben kann, Nimm alles, alles hin. Lucindens blaues Auge weint, Er dankt mit heißem Kuß, Und sieh! die Liebenden vereint Ein rascher Thränenguß. Ach nein, du bist mir nicht verwandt,

Das Wasser

(Romanze)
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Heilig, reine, milde Fluth, Kind der Liebe, klares Wasser! Als die neue Welt dem Zorne War im ersten Seyn erstarret, Alle Kräfte ihr entflohen Und ihr innres Herz erkaltet, Schwebte sie ein harter Leichnam Durch die leeren Himmelbahnen, In sich keine Lebensgeister, Ueber sich nicht Sternverwandten. Und es regte sich ein Schmerz, Liebe ganz und ganz Erbarmen, In den allerreinsten Himmeln, Legte sich wie weiche Arme Um den stumm gewordnen Busen, Und das Herz drinnen erwarmte: Und es fühlte erst ein Zittern, Dann ein tief erbebend Bangen, Und es riß sich von der Furcht Und dem ungewissen Zagen, Gab sich ganz und voll dem Schmerz hin, Daß umher nur Todten-Halle, Alle Jugend ihm entschwunden Und die Lust erstarb, die alte. Wie die Welt in Schmerz und Wehen, Und Erinnerungen kamen, Und die Himmelsliebe außen Sie noch sanfter, weicher faßte, Wollt' sie sterbend ganz vergehen; Und die starren Riegel sprangen, Und den harten Tod zerriß Nach dem Tode das Verlangen, Heil'ge Lebensthränen, süße, Aus der innern Tiefe rannen Ueber das erblaßte Antlitz, Ueber die entstellten Wangen: Und im Schmerz entzündete Sich die Freude plötzlich, brannte, Und das Licht flog schnell empor, Kehrte wieder und umarmte Sie, die liebe arme Mutter Und das Kind, das heil'ge Wasser: Blumen, grüne Kräuter sproßten, Ströme fluteten und brachen In das Meer, das neu geboren, Und Gestirn' im goldnen Glanze Sahen liebend hoch hernieder, Sonne mit dem klaren Antlitz, Mond mit seinem stillen Troste, Kleine Lichter magisch wandelnd

Die Phantasie

Inhaltsverzeichnis

Wer ist dort der alte Mann, In einer Ecke fest gebunden, Daß er sich nicht rührt und regt? Vernunft hält über ihn Wache, Sieht und erkundet jede Miene. Der Alte ist verdrüßlich, Um ihn in tausend Falten Ein weiter Mantel geschlagen. Es ist der launige Phantasus, Ein wunderlicher Alter, Folgt stets seiner närrischen Laune; Sie haben ihn fest-gebunden, Daß er nur seine Possen läßt, Vernunft im Denken nicht stört, Den armen Menschen nicht irrt, Daß er sein Tagsgeschäft In Ruhe vollbringe, Mit dem Nachbar verständig spreche Und nicht wie ein Thor erscheine. Denn der Alte hat nie was Kluges im Sinn, Immer tändelt er mit dem Spielzeug Und kramt es aus, und lärmt damit So wie nur nicht nach ihm gesehn wird. Der alte Mann schweigt und runzelt die Stirn, Als wenn er die Rede ungern vernähme, Schilt gern alles langweilig, Was in seinen Kram nicht taugt. Der Mensch handelt, denkt, die Pflicht Wird indeß stets von ihm gethan; Fällt in die Augen das Abendroth hinein, Stehn Schlummer und Schlaf aus ihrem Winkel auf Da sie den Schimmer merken. Vernunft muß ruhn und wird zu Bett gebracht, Schlummer singt ihr ein Wiegenlied: Schlafe ruhig, mein Kind, morgen ist auch noch ein Tag! Mußt nicht alles auf einmal denken, Bist unermüdet und das ist schön, Wirst auch immer weiter kommen, Wirst deinem lieben Menschen Ehre bringen, Er schätzt dich auch über alles, Schlaf' ruhig, schlaf' ein. – Wo ist meine Vernunft geblieben? sagt der Mensch, Geh' Erinnrung, und such' sie auf. Erinnrung geht und trifft sie schlafend, Gefällt ihr die Ruhe auch, Nickt über der Gefährtin ein. »Nun werden sie gewiß dem Alten die Hände frei machen,« Denkt der Mensch, und fürchtet sich schon. Da kömmt der Schlaf zum Alten geschlichen, Und sagt: mein Bester, du mußt erlahmen, Wenn dir die Glieder nicht frei gelöset sind, Pflicht, Vernunft und Verstand bringen dich ganz herunter, Und du bist gutwillig, wie ein Kind. – Indem macht der Schlaf ihm schon die Hände los, Und der Alte schmunzelt: sie haben mir viel zu danken, Mühsam hab' ich sie erzogen, Aber nun verachten sie mich alten Mann, Meinen, ich würde kindisch, Sei zu gar nichts zu gebrauchen. Du, mein Liebster, nimmst dich mein noch an, Wir beiden bleiben immer gute Kameraden. Der Alte steht auf und ist der Banden frei, Er schüttelt sich vor Freude: Er breitet den weiten Mantel aus, Und aus allen Falten stürzen wunderbare Sachen Die er mit Wohlgefallen ansieht. Er kehrt den Mantel um und spreitet ihn weit umher, Eine bunte Tapete ist die untre Seite. Nun handthiert Phantasus in seinem Zelte Und weiß sich vor Freuden nicht zu lassen. Aus Glas und Krystallen baut er Schlösser, Läßt oben aus den Zinnen Zwerge kucken, Die mit dem großen Kopfe wackeln. Unten gehn Fontainen im Garten spatzieren, Aus Röhren sprudeln Blumen in die Luft, Dazu singt der Alte ein seltsam Lied Und klimpert mit aller Gewalt auf der Harfe. Der Mensch sieht seinen Spielen zu Und freut sich, vergißt, daß Vernunft Ihn vor allen Wesen herrlich macht, Spricht: fahre fort, mein lieber Alter. Und der Alte läßt sich nicht lange bitten, Schreiten Geistergestalten heran, Zieht die kleinen Marionetten an Fäden Und läßt sie aus der Ferne größer scheinen. Tummeln sich Reuter und Fußvolk, Hängen Engel in Wolken oben,