Gespenster-Krimi 117 - Minnie Kromer - E-Book

Gespenster-Krimi 117 E-Book

Minnie Kromer

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Beschreibung

Inteltal, 1986

Die Regierungsangestellte Herr Müller und Herr Braun parkten vor dem Krankenhaus. Braun, auf dem Beifahrersitz, lehnte sich nach vorne und kniff wegen der Sonne die Augen zusammen. "Es sieht gar nicht aus, als wäre hier drunter ..."
"Doch, es ist hier. Ich habe hier die exakten Zeichnungen", unterbrach ihn sein Kollege und schmunzelte. "Man könnte meinen, du hast Schiss vor dem Bunker."
Braun machte große Augen und schüttelte den Kopf. "Nein, nein. Gar nicht. Aber ..."
Müller stieg aus und beugte sich noch mal in den Wagen, um seinen Kollegen anzusehen. "Was aber?"


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Inhalt

Cover

Der Bunker

Vorschau

Impressum

Der Bunker

von Minnie Kromer

Inteltal, 1986

Die Regierungsangestellten Herr Müller und Herr Braun parkten vor dem Krankenhaus. Braun, auf dem Beifahrersitz, lehnte sich nach vorne und kniff wegen der Sonne die Augen zusammen. »Es sieht gar nicht aus, als wäre hier drunter ...«

»Doch, es ist hier. Ich habe hier die exakten Zeichnungen«. unterbrach ihn sein Kollege, sah zu ihm hinüber und schmunzelte. »Man könnte meinen, du hast Schiss vor so nem Bunker.«

Braun machte große Augen und schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Gar nicht. Im Gegenteil, ich finde es sehr interessant. Aber ...«

Müller stieg aus und beugte sich nochmal hinein, um seinen Kollegen anzusehen. »Was aber?«

Erst seit Kurzem arbeiteten die beiden zusammen, und Braun wusste nicht genau, wie er Müller einschätzen sollte. Der bullige Mann, mit dem selbstgefälligen Grinsen schüchterte ihn ein. In diesem Augenblick wünschte er sich zurück in die Schule. Die einzigen Dinge, die ihn dort bedrückten, waren die Klassenarbeiten und die gut aussehenden Mädchen. Denn immer, wenn diese ihn ansahen, übertraf er sich mit Dummheit. Dann stolperte er oder rannte gegen eine Wand.

Braun schüttelte den Kopf bei diesen Erinnerungen. Vielleicht war es doch besser, heute diesen Bunker zu besichtigen.

»Na und?« Müller unterbrach seine Gedanken.

Unwillkürlich stieg er aus und klemmte sich die Mappe unter den Arm. »Dann gehen wir mal.«

Braun schluckte kräftig und sprach sich innerlich Mut zu. Seine Platzangst und der Gedanke, unter Tage zu sein, schob er, so gut es ging, zur Seite. Als wären es die letzten Atemzüge, sog er die nasskalte Luft tief in seine Lungen, bis sie das Krankenhaus über den Haupteingang betraten.

Dort warteten schon zwei Männer in beigefarbenen Anzügen auf sie. Kaum betraten die Regierungsangestellte den Eingangsbereich, verbeugten sich die Krankenhausmitarbeiter. Braun empfand dies als völlig unnötig, doch bei einem Blick hinüber zu seinem Kollegen, blieben ihm die Worte im Halse stecken.

Müller nickte grinsend. »Sehr schön, sehr, sehr schön. Da haben sie aber gute Leute abgestellt für heute. Ihre Namen?« Müller zückte aus Brauns Mappe das Protokollblatt und schrieb.

»Mein Name ist Wagner, und das ist der Kollege Böhm. Hatten Sie eine gute Anreise, Herr Müller?«

Das Stottern des Armen Mannes tat Braun schon etwas leid. Doch Müller suhlte sich in der Unsicherheit der jungen Männer. Sie mussten in Brauns Alter sein, also Mitte zwanzig.

»Ja, gut, gut. Ziemlich holprig, aber dafür können Sie ja nichts. Wir wollen dann gleich mal los.«

Wagner und Böhm nickten, als hätten sie sich abgesprochen und hoben den Arm, als Wegweiser. »Hier lang bitte.«

Braun lief als Schlusslicht durch die verschiedenen, doch identisch aussehenden Flure. Hier und dort passierten sie eine schwere Tür, nutzen Ausweise, um bestimmte Bereiche zu betreten und liefen etliche Stufen nach unten.

Braun wusste gar nicht mehr, ob sie sich noch an der Oberfläche befanden oder nicht. Nervös klammerte er sich an die Mappe in seinen Armen und versuchte, den schnellen Schritten der anderen zu folgen. Der typische Krankenhausgeruch nach Desinfektionsmittel und Seife war schon lange verflogen. Hier unten roch es modrig und alt.

Wagner und Böhm blieben vor einer stahlgeschützten Tür stehen. Sie nutzten vier Schlüssel und zwei Codes, um das schwere Drehkreuz zu öffnen. Mit gemeinsamer Kraft drehten sie das Rad auf. Unter Ächzen und Quietschen lösten sich die Kolben, und der Weg in den Bunker war frei.

Bis zu diesem Augenblick sah Müller nur stirnrunzelnd zu. Er zückte den Stift und lugte in die Dunkelheit. »Wann war die letzte Überprüfung?«

Wagner und Böhm sahen sich mit großen Augen an. Wieder benahmen sie sich, wie telepathisch verbundene Zwillinge und zuckten mit den Schultern. Braun wusste, dass dies ganz und gar nicht die Antwort war, die Müller hören wollte, und machte sich bereit, dass dieser gleich laut fluchend die beiden Angestellten rund machen würde.

Doch er nickte nur. »Für eine Katastrophenschutzübung wird es schon funktionieren. Wir müssen die Lager checken, sowie Strom, Wasser und Luft.«

Braun war überrascht über Müllers ruhigen Ton. Der dickliche Glatzkopf breitete die mitgebrachte Karte aus und drehte sie immer wieder herum. Braun kam ihm zu Hilfe und richtete sie ordentlich aus.

»Entschuldigen Sie, Herr Müller«, sagte Wagner kleinlaut.

Sofort sah dieser genervt über die Karte. »Was ist?«

»Das hier ist erst der Eingang zum Tunnel. Der Bunker ist noch mehrere hundert Meter fußläufig und ...«

»Ja, ja, das ist mir schon klar.« Müller schob die Karte unachtsam zu Braun hinüber und zückte die Taschenlampe, die er an seinem Gürtel stecken hatte.

Wagner ging mit seinem Licht vor und leuchtete die linke Wand an. Dort befand sich ein veralteter Stromkasten. Es dauerte eine Weile, bis er die Sicherungen alle hineingedreht hatte. Erst die letzte ließ die Neonröhren über ihren Köpfen erleuchten.

Müller schaltete die Lampe aus und seufzte genervt. Sein Kollege Braun wusste genau, warum er so unerfreut war. Der Gang war so lang, dass man das Ende nicht sah. Auch wenn er den dienstälteren Müller nicht gut kannte, wusste Braun, dass er lauffaul war.

»Nun gut, dann gehen wir mal«, sagte Müller und zog seine Hosenträger zurecht.

Böhm wandte sich beim Laufen an den Regierungsbeamten und gestikulierte wild mit den Händen. »Der Bunker ist kein gewöhnlicher Bunker. Es ist ein Krankenhausbunker. Wir haben dort unten an die 430 Betten und zwei Räume für Intensivbetreuung. Außerdem 160 Betten für Personal und ...«

»Woher wissen Sie das?«, unterbrach Müller den zierlichen Böhm.

»Das habe ich nachgelesen. Ich wollte bestmöglich informiert sein vor Ihrem eintreffen.«

Braun presste die Lippen fest aufeinander. Er wusste genau, dass Müller keine Schleimer mochte, und wartete erneut auf das Donnerwetter. Doch auch dieses blieb aus. Müller wischte sich lediglich mit einem Taschentuch über die glänzenden Stellen auf der Glatze. Dabei nickte er dem Angestellten zu und ging weiter.

Hinter vorgehaltener Hand kicherte Braun und freute sich, dass die Männer einen guten Tag bei seinem Kollegen erwischt hatten. Die Fettnäpfchen standen überall, selbst für ihn. Doch heute würde es vielleicht kein allzu großes Donnerwetter stattfinden.

Der Gang wurde schmaler, und Braun kam es so vor, als würden sie nach unten laufen. Er drehte sich um und sah noch nicht mal mehr den Eingang. Sie waren um eine leichte Kurve gegangen, fast schon eine Beugung und standen erneut vor einer verschlossenen Sicherheitstür.

Braun dachte, die erste sei schon protzig, doch diese schien noch viel aufwendiger zu sein. Als Wagner und Böhm nach mehreren Minuten endlich auch diese Barriere für sie geöffnet hatten, nahm Müller Braun die Karte wieder weg. »Dann mal los.«

Nach der Tür folgte eine Treppe von zwanzig Stufen. Braun folgte den Männern um die Kurve, um eine weitere Treppe von zwanzig Stufen hinabzugehen. Der kleine Flur war spärlich beleuchtet, und Braun schwitzte. Seine Platzangst brach wieder aus, und er versuchte, tief durchzuatmen.

Müller nahm die Karte hoch und drehte sie in seinen Händen. »Das muss die Schleuse sein. Danach kommt direkt der Hauptgang. Links müsste der Maschinenraum sein, laut dieser Karte. Licht hier, funktioniert«, murmelte er und zeichnete mit einem Stift einen Kreis auf die Karte.

Braun folgte den Männern hinein in den Bunker. Die Tür der Schleuse schloss sich hinter ihm mit einem krachendem Laut.

Hier wollte er stehen bleiben.

Hier wollte er bleiben oder gleich zurück gehen.

Gänsehaut überzog seine Haut. Dieser Ort gefiel ihm ganz und gar nicht.

Während die Mitarbeiter den passenden Schlüssel des Maschinenraums suchten, machte Böhm nur kleine Schritte vom Ausgang weg. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und auch im Oberlippenbärtchen. Mit zittrigen Fingern zog er die Taschenlampe aus seinem Gürtel. Nicht etwa, um zu leuchten, nein. Böhm hatte das Gefühl, sich hier unten verteidigen zu müssen.

»Also, wenn wir das alles hier noch aufschließen müssen, dauert es ja ewig, die Übung hier durchzuführen. Da kann man ja drei Tage vorher anreisen.«

»Es ist aber Vorschrift, dass alle Räume abgeschlossen sind. Das wurde uns so gesagt und auch ganz dringend darauf hingewiesen, dass wir sie auch alle wieder abschließen sollen«, entgegnete Wagner zu seiner Verteidigung.

Müller lachte kurz abschätzig. »Braun, schreiben Sie das auf.« Er drehte sich zu seinem Kollegen und änderte sofort seinen Gesichtsausdruck. »Mann, was ist denn mit Ihnen los?«

Braun öffnete den Mund, um zu antworten, doch ihm fielen keine passenden Worte ein. Zumindest keine, die Müller dazu bringen würden, ihn nicht auszulachen.

»Mensch, reißen sie sich ...«

Ein starker Wind blies die Männer fast um. Braun hielt sich immer noch mit einer Hand an der Schleusentür fest und legte die andere Hand über seine Augen.

Der Wind wirkte auf die Männer wie ein Unwetter. Er zog an ihrer Kleidung, sie bekamen kaum Luft, und der Staub, der sich über all die Jahrzehnte angesammelt hatte, flog ihnen um die Ohren.

Müller rieb sich die Augen mit den freien Handrücken. »Was ist das denn? Ist hier ne Schleuse offen?« Er brüllte so laut, dass sein Kopf rot anlief.

Braun blieb stumm und hielt sich weiter an der Tür fest. Ihn würden keine zehn Pferde hier wegbekommen. So schnell der Sturm aufgekommen war, so schnell legte er sich auch wieder. Die Männer standen entkräftet da und sahen sich um.

»Ist alles okay bei Ihnen?«, erkundigte sich Müller bei Wagner und Böhm.

Diese nickten und lehnten sich wieder an die Wände rechts und links neben der Tür zum Maschinenraum.

Dann drehte Müller sich zu seinem Kollegen um. »Und bei Ihnen?«

»Ich weiß nicht. Ich glaube, hier stimmt etwas ganz und gar nicht.«

Die Stille, die durch ihr Schweigen entstand, fühlte sich für Braun noch viel schlimmer an. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, und das einzige Verlangen, das er hatte, war Flucht. Raus aus diesem Bunker, raus aus diesem unterirdischen Krankenhaus. Er bekam kaum noch Luft.

Müller stellte sich dicht neben ihn. »Reißen Sie sich jetzt mal zusammen Mann. Hier unten kann niemand sein. Sie haben doch gesehen, wie viele tausende Schlüssel und Codes gebraucht werden, um hier hereinzukommen. Dieser Wind ist ein Fehler in der Lüftungsanlage. Und genau deswegen sind wir hier.« Er klopfte ihm kräftig auf die Schulter und sah ihn böse an.

Braun nickte ihm zu und gab sich alle Mühe, den festen Griff um die Türklinke zu lockern. Dann atmete er einmal tief durch und machte einen Schritt auf die anderen zu.

In diesem Moment glaubte er ein Flüstern aus dem Gang von rechts zu hören. Er blieb sofort stehen und leuchte in die Richtung.

Die Wandleuchten spendeten nur bedingt Licht, und Braun musste erneut kräftig schlucken. Diese Bunkergeschichte gefiel ihm nicht. Er hatte es schon geahnt, bevor sie überhaupt ins Gebäude hineingegangen waren.

»So, es ist offen.«

Die Worte Wagners ließen ihn kurz zusammenzucken. Er leuchtete in Richtung Maschinenraum. Dort waren die beiden Mitarbeiter schon verschwunden. Müller blieb davor stehen und leuchte in alle Ecken.

Braun wunderte sich, dass die Männer einfach so weitermachten, obwohl doch dieses Flüstern zu hören war. Er runzelte die Stirn und sah noch einmal in den rechten Gang. Wieder ein Flüstern, gefolgt von einem leichten Wind, der ihm um die Nase wehte.

»Haben Sie das gehört?« Aufgeregt stolperte er nach vorne und rannte in seinen Kollegen.

Im nächsten Augenblick saß er auf dem Boden. Die Einzelteile seiner Taschenlampe rieselten aus seiner Hand, und der Lichtkegel erlosch.

»Braun, passen Sie doch auf«, rief Müller und packte seinen Kollegen am Arm.

Als dieser wieder auf den Beinen war, klopfte er sich den Staub ab.

»Ja, tut mir leid. Aber haben Sie das gehört?«

»Ich höre nur ständig ihr Gewimmer, Herr Kollege«, knurrte Müller aus zusammengebissenen Zähnen. »Haben Sie es jetzt? Ich möchte jetzt ungestört meine Arbeit verrichten.« Müller sah ihn tadelnd an, und Braun nickte ihm nur zu.

»Gut. Dann gehen wir mal gucken, was hier noch funktioniert.« Müller wartete keine Antwort ab und ging in den Raum hinein.

Braun folgte ihm und fühlte sich unwohl ohne seine Taschenlampe. Das blaue Notlicht gab sehr wenig preis, doch eines fiel ihm sofort auf: »Wo sind denn Wagner und Böhm abgeblieben?«