Gespenster-Krimi 165 - Kaspar Ritter - E-Book

Gespenster-Krimi 165 E-Book

Kaspar Ritter

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Beschreibung

Lost Places - das sind Orte, die in Vergessenheit geraten sind. Und oft genug hat das seinen Grund, weil hier Dinge geschehen sind, an die sich niemand zurückerinnern möchte! Das gilt auch für die psychiatrische Anstalt, in der Joachim Schenck als junger Assistenzarzt in den Siebzigerjahren gearbeitet hat. Grauenvolles hat sich hier ereignet, und die Geister der Vergangenheit existieren noch immer an diesem Ort, Jahrzehnte, nachdem die Anstalt geschlossen wurde. Und der Zufall führt Joachim Schenck an diesen Ort zurück. Ihn und seine Familie. Und dann sind sie gefangen in der Anstalt des Grauens.


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Seitenzahl: 134

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Anstalt des Grauens

Vorschau

Impressum

Anstalt des Grauens

von Kaspar Ritter

Dichte Nebelwolken hingen über den Dächern der Anstalt, als zwei Gestalten kurz nach Mitternacht das riesige Gebäude über einen versteckten Hintereingang verließen. Der Mond schickte ein paar vereinzelte Lichtstrahlen durch das Blätterwerk der Bäume im angrenzenden Park, sonst war alles in tiefe Dunkelheit gehüllt. Die beiden Männer schleppten ein großes, in Leinen gewickeltes Bündel, das schwer und unhandlich wirkte, wodurch sie nur langsam und mühsam vorankamen.

Ihre Schritte führten sie zu einer Grube, die sie mit viel Anstrengung und Schweiß kurz zuvor ausgehoben hatten. Die Luft war erfüllt vom modrigen Geruch der aufgewühlten Erde, als sie schließlich dort ankamen.

Mit einem dumpfen Laut ließen sie das Bündel, das die Gestalt eines Menschen erahnen ließ, achtlos in das vorbereitete Grab fallen. Ohne ein Wort zu verlieren, begannen sie sofort, die Erde wieder in das Loch zurückzuschaufeln. Ihre Bewegungen waren hektisch und von Nervosität geprägt.

Der Morgen sollte keine Spuren mehr von dem zeigen, was hier in der toten Stille der Nacht geschehen war ...

Joachim Schenck betrachtete gedankenverloren die brennenden Kerzen auf der Geburtstagstorte, die vor ihm auf dem festlich geschmückten Tisch stand.

Er konnte es kaum glauben, dass er heute tatsächlich seinen fünfundachtzigsten Geburtstag feierte. Es schien ihm noch gar nicht so lange her, dass er als junger Mann seinen Träumen nachhing und dennoch mit Beharrlichkeit seine ehrgeizigen Ziele verfolgte.

Er wusste bereits als Kind, welche berufliche Laufbahn er später einmal einschlagen wollte. Sehr deutlich erinnerte er sich an den Tag, als er zum ersten Mal in seinem Leben einen Arzt aufsuchen musste. Er hatte sich bei einem Sturz von seinem Rad eine Platzwunde am Kopf zugezogen, die heftig blutete und genäht werden musste.

Die Autorität des Mediziners, der weiße Kittel und die verschiedenen geheimnisvollen Instrumente, die er im Sprechzimmer zu sehen bekam, übten eine gewaltige Faszination auf ihn aus.

Fortan war für ihn klar, dass er anderen Menschen helfen und ebenfalls Arzt werden wollte.

Mit einem Spielzeugstethoskop aus Plastik untersuchte er fortan Puppen, Teddybären und andere Plüschtiere.

Mit großer Hingabe versorgte er die Wunden seiner Geschwister mit Heftpflaster und Verbandszeug, wenn sie sich beim Spielen Verletzungen zuzogen.

Sein Berufswunsch wurde jedoch beinahe zerstört, als seine Mutter überraschend verstarb und er begreifen musste, dass die vermeintlichen Götter in Weiß doch nicht so allmächtig waren, wie er es sich in seiner kindlichen Naivität immer vorgestellt hatte.

Er war sehr enttäuscht gewesen und gab anfänglich den Ärzten die Schuld am Tod seiner Mutter. Im Laufe der Zeit erkannte er jedoch, dass man das vermeintliche Versagen der Mediziner akzeptieren musste, wenn man diesen Beruf ergreifen wollte.

»Woran denkst du, Vater? Du bist so still!« Mit diesen Worten riss ihn sein Sohn Sebastian aus seinen Gedanken.

Er warf einen Blick in die versammelte Runde. Es war nur ein kleiner Kreis, der sich anlässlich seines Geburtstags zusammengefunden hatte. Er hatte es so gewollt. Von großartigen Feiern hielt er nichts. Ganz im Gegenteil, er führte seit vielen Jahren ein zurückgezogenes Leben und bevorzugte die damit verbundene Einsamkeit. Sein Sohn machte sich deswegen bisweilen Sorgen, aber dazu gab es keinen Grund.

Joachim machte sich nicht sehr viel aus Gesellschaft und blieb am liebsten allein in seiner kleinen Drei-Zimmer-Wohnung.

»Natürlich bin ich still«, antwortete er missmutig. »Ich bin schon so alt, dass die Torte nicht genug Platz bietet, um die Kerzen für jedes einzelne Jahr draufzusetzen. Soll ich da etwa einen Freudentanz aufführen?«

Die Geburtstagstorte war mit acht großen Kerzen, die im Kreis angeordnet waren, bestückt. In der Mitte waren fünf kleinere platziert.

»Ach, Joachim, du weißt doch, man ist so alt, wie man sich fühlt!«, schaltete sich seine Schwiegertochter Elisabeth ein und versuchte dabei, ein freundliches Lächeln aufzusetzen.

»Und wie alt fühle ich mich? Was denkst du?«, antwortete Joachim unwirsch.

»Du bist doch noch topfit für dein Alter«, entgegnete Elisabeth.

»Du sagst es! Für mein Alter! Fehlt nur noch, dass du darauf hinweist, wie viele Menschen dieses Alter erst gar nicht erreichen, weil sie bereits vorher tot sind!«

Elisabeth wandte sich ab. Sie war sichtlich beleidigt.

Joachim wusste, dass er seiner Familie unrecht tat. Sie waren gekommen, um mit ihm seinen Geburtstag zu feiern. Es sollte ein Freudentag werden. Stattdessen ließ er seine schlechte Laune an ihnen aus.

Für ihn hatten solche Tage stets einen bitteren Beigeschmack. Sein Leben hatte viele glückliche Tage gesehen, aber er hatte auch mit etlichen Tiefschlägen zurechtkommen müssen. Große Freude und tiefer Schmerz lagen oft nahe beieinander.

Besonders schmerzhaft war der Gedanke an seine Frau, die schon vor vielen Jahren verstorben war. Genau wie seine Mutter hatte auch sie den Kampf gegen eine unheilbare Krankheit verloren. Da hatten weder Medikamente noch ihr unerschütterlicher Glaube an Gott geholfen.

Joachim belastete aber noch etwas anderes. Seit vielen Jahren schleppte er ein düsteres Geheimnis mit sich herum, das er mit niemandem teilen konnte.

Niemand wusste von diesem dunklen Kapitel seines Lebens. Er würde das Wissen um die damaligen Geschehnisse mit ins Grab nehmen.

Es würde auch nichts nützen, sich jemanden anzuvertrauen. Die Schuld, die er auf sich geladen hatte, konnte ihm keiner abnehmen. Und auf Vergebung konnte er nach so langer Zeit auch nicht hoffen.

»Es tut mir leid! Seid mir bitte nicht böse«, versuchte er zu beschwichtigen. »Ihr wisst doch, dass ich zu solchen Anlässen immer ein bisschen wehmütig werde.«

»Schon gut, Opa!«, sagte sein Enkel Mirko. »Jetzt solltest du aber endlich die Kerzen ausblasen! Ich habe Hunger und will die Torte nicht nur die ganze Zeit ansehen.«

Joachim musste schmunzeln. Mirko war zu einem netten jungen Mann herangewachsen. Er erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem ihm seine Schwiegertochter offenbarte, dass sie schwanger war.

Seitdem waren zwanzig Jahre vergangen, und Mirko schickte sich an, einen Beruf in der Medienbranche zu ergreifen.

Joachim kannte sich damit nicht so gut aus, aber er war sich sicher, dass Mirko seinen Weg machen würde.

Joachim holte tief Luft. Es war sein Ziel, alle Kerzen auf einmal auszublasen. Das hatte er bisher jedes Jahr geschafft. So albern das auch für Außenstehende aussehen mochte, für ihn war es ein Zeichen seiner Vitalität. Daher freute er sich immer wieder, wenn er es tatsächlich schaffte.

Als seine Lungen gefüllt waren, fing er an zu pusten. Der Luftstrom erstickte die Flammen der ersten Kerzen, die sich im Außenbereich befanden, im Nu.

Als er sich den inneren Kerzen zuwenden wollte, spürte er, dass ihm die Luft knapp wurde. So sehr er sich auch bemühte, diesmal würde er es nicht schaffen. Die Flammen der letzten beiden Kerzen flackerten zwar leicht, aber sie erloschen nicht.

Fassungslos starrte Joachim auf die Torte. Das war noch nie vorgekommen. Eine düstere Vorahnung überfiel ihn, während seine Familie zu klatschen begann und das Lied »Zum Geburtstag viel Glück« anstimmte. Wie immer klang es furchtbar schief. Das nahm er an diesem Tag jedoch nur am Rande wahr.

Er hatte das untrügliche Gefühl, dass sein Scheitern beim Ausblasen der Kerzen etwas zu bedeuten hatte. Er bildete sich ein, Gesichter in den verbliebenen Flammen zu sehen. Gesichter aus der Vergangenheit. Gesichter, die eine Anklage erhoben.

Eine Anklage gegen ihn, gegen Joachim Schenck ...

Günther Herbst saß an seinem Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer und blätterte in vergilbten Seiten, die sich in einer alten abgenutzten Ledermappe befanden.

Er war umgeben von Regalen, die mit antiquarischen Büchern vollgestopft waren. Diese waren teilweise schon Hunderte von Jahren alt und von Hand verfasst.

Die darin enthaltenen handschriftlichen Aufzeichnungen waren in vielen Fällen kaum leserlich und daher schwer zu entziffern, aber das schreckte Günther Herbst nicht ab. Ganz im Gegenteil! Es machte ihm großen Spaß, den Inhalt dieser Texte zu entschlüsseln und immer wieder neue spektakuläre Erkenntnisse dadurch zu erhalten.

Zum großen Teil befassten sich diese Bücher mit der Geschichte seines kleinen Heimatortes. Durch die Beschäftigung mit dieser Materie fühlte er eine tiefe Verbundenheit mit den Menschen, die vor ihm hier gelebt hatten.

Günther Herbst interessierte sich jedoch hauptsächlich für unerklärliche Geschehnisse und ihre möglichen Hintergründe.

Bei seinen Recherchen stieß er oft auf angebliche Geistererscheinungen, verwunschene Orte, Dämonen und sonstige übernatürliche Phänomene.

Dabei wurde von alten Gemäuern berichtet, in denen Schatten durch die Gänge huschten und dabei mysteriöse Geräusche verursachten. Bisweilen war auch die Rede von tätlichen Angriffen durch unheimliche Wesen, die sogar Todesopfer gefordert hatten.

Günther vertiefte sich mit großer Leidenschaft in diese teils uralten Geschichten und versuchte, plausible rationale Erklärungen für die angeblichen Geschehnisse zu finden.

In vielen Fällen stand für ihn fest, dass es sich bei den geschilderten Ereignissen um reine Erfindungen handelte. Viele aus heutiger Sicht leicht erklärbare Naturphänomene wurden allzu leichtfertig Geistern und Dämonen zugeschrieben.

Allerdings gab es auch Geschichten, bei denen ihm sein Bauchgefühl sagte, dass es keine einfache naturwissenschaftliche Erklärung dafür gab. Und genau solchen Geschehnissen war er auf der Spur.

Er selbst hatte ebenfalls schon Bekanntschaft mit Phänomenen gemacht, die mit rationalem Denken nicht zu erklären waren.

Schon als Kind spielte er sehr zum Leidwesen seiner Eltern stundenlang Gläserrücken mit seinen Schulkameraden. Als sich damals das Glas wie von Geisterhand tatsächlich bewegte, war er verängstigt und fasziniert zugleich. Tagelang grübelte er darüber nach, wie sich das Erlebte auf natürliche Weise erklären lassen könnte. Hatte einer seiner Freunde das Glas geschoben? Er selbst war es sicher nicht. Oder hatten sie tatsächlich einen Geist gerufen und waren mit ihm auf diese Weise in Kontakt getreten?

Der Drang, derartigen Geschehnissen auf den Grund zu gehen, hatte ihn seitdem nie verlassen. Manchmal gab es eine vernünftige Erklärung, sehr oft aber auch nicht.

Im Laufe der Jahre reifte in ihm die feste Überzeugung, dass die zahllosen Berichte über die Begegnungen mit übernatürlichen Wesen nicht alle der Fantasie entsprungen sein konnten.

Er hütete sich zwar, seine Einstellung zu diesen Dingen an die große Glocke zu hängen, mittlerweile war er aber in gewissen Kreisen durchaus als verschrobener Fantast und Spinner bekannt.

Durch seine Studien auf diesem Gebiet versuchte er, den Ursprung der überlieferten Geschichten und mögliche Zusammenhänge zu erkennen.

Im Moment befasste er sich gerade mit einer rätselhaften Erscheinung, die mit einem Mord zusammenhing, der vor über hundert Jahren geschehen war. Angeblich suchte das Opfer der Tat den Ort des Geschehens immer wieder auf, um auf das Verbrechen hinzuweisen. Verschiedene Zeugen berichteten von einer Begegnung mit diesem Wesen.

Gerade als er verschiedene Zeugenaussagen zu diesem Fall studierte, klingelte das Telefon.

Verärgert über die unerwartete Störung nahm er den Anruf an.

»Herbst!«, meldete er sich unwirsch.

»Hallo, Günther«, vernahm er eine ihm gut bekannte Stimme.

»Hallo, Heinz«, antwortete er. »Was gibt's?«

Bei seinem Gesprächspartner handelte es sich um Heinz Wallner, den Bürgermeister der Gemeinde.

Günther war Mitglied des Gemeinderats und schon mehrfach mit Wallner aneinandergeraten. Sie vertraten oft sehr unterschiedliche Ansichten, und da sie beide sehr hitzige Gemüter hatten, eskalierte das meistens in einen heftigen Streit. Dabei fielen hin und wieder auch Worte, die beide hinterher bereuten. Bei einem Glas Bier versöhnte man sich in der Regel wieder, bevor es bei der nächsten Sitzung wieder von vorne losging.

»Hast du heute Zeit?«, fragte Wallner.

»Kommt darauf an, wofür«, antwortete Günter Herbst.

»Besuch bei einem Jubilar. Das dürfte schnell über die Bühne gehen. Gratulation, Geschenk abgeben, Abgang. Dauert höchstens eine Viertelstunde. Ich möchte dort nur nicht allein aufkreuzen. Das kommt nicht gut an.«

Heinz Wallner war für seine kurzen und präzisen Formulierungen bekannt. Ihn umgab stets ein Nimbus der Geschäftigkeit. Dazu kam, dass er andauernd auf seine Armbanduhr schielte. Das sollte signalisieren, dass er in Kürze seinen nächsten Termin wahrnehmen musste.

»Wer hat denn Geburtstag?«, wollte Günther wissen.

»Joachim Schenck. Der alte Knabe feiert heute seinen fünfundachtzigsten Geburtstag. Ist das zu fassen? Im Übrigen glaube ich, dass das Geschenk, das ich für Joachim ausgesucht habe, auch für dich interessant sein könnte. Schließlich beschäftigst du dich seit Jahren intensiv mit der wechselvollen Geschichte unserer Gemeinde.«

Günther Herbst zögerte noch. Derartige Besuche machten ihm normalerweise keinen Spaß. Man platzte meist in eine private Familienfeier hinein, gab ein Geschenk oder einen Fresskorb ab und verabschiedete sich dann sehr schnell wieder.

Joachim Schenck kannte er jedoch persönlich recht gut. Er war ein sehr netter, wenn auch etwas zurückhaltender Mensch, mit dem er meistens kurz plauderte, wenn er ihn zufällig irgendwo traf. Außerdem hatte ihn die geheimnisvolle Andeutung des Bürgermeisters das Geschenk betreffend neugierig gemacht.

»Wann soll ich da sein?«, antwortete er daher.

»Wie wäre es gegen sechzehn Uhr gleich vor Ort?«

Günther wusste, dass der Bürgermeister immer auf die Minute pünktlich war.

Bevor er sich noch von Heinz Wallner verabschieden konnte, hatte dieser schon aufgelegt.

Er hatte noch eine Stunde Zeit, sich ein paar Notizen zu dem Fall zu machen, mit dem er sich gerade befasste.

Er war neugierig, welches Geschenk der Bürgermeister für Joachim Schenck besorgt hatte. Meistens ließ er sich etwas sehr Persönliches einfallen.

Günther war gespannt, um was es sich in diesem Fall handelte.

Wie erwartet parkte Heinz Wallner sein Auto um Punkt sechzehn Uhr vor dem Altbau, in dem Joachim Schenck wohnte. Es handelte sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude aus dem zwanzigsten Jahrhundert, in dem sich die Ästhetik vergangener Jahre widerspiegelte.

Günther Herbst hatte die Gelegenheit genutzt, einen kurzen Spaziergang durch den Ort zu machen, und daher das Auto zu Hause stehen gelassen.

Als er auf Heinz Wallner zuging, öffnete dieser gerade den Kofferraum und nahm ein riesiges rechteckiges Paket heraus. Es musste sich wohl um das Präsent für Joachim Schenk handeln, denn es war mit einem kitschigen Geschenkpapier umhüllt, das ein altmodisches Blumenmuster zeigte.

Form und Größe des Pakets ließen darauf schließen, dass es sich dabei um ein Bild handelte.

»Hallo, Heinz!«, begrüßte Günther den Bürgermeister. »Was hast du dir denn für eine nette Überraschung für Joachim ausgedacht?«, wollte er wissen, während er auf das Paket deutete.

»Das wirst du gleich sehen. Ich denke, es wird ihm eine große Freude bereiten. Kannst du es mir kurz abnehmen? Ich habe noch den Fresskorb auf dem Rücksitz.« Mit diesen Worten reichte er Günther das Paket, ohne auf seine Frage näher einzugehen.

Wallner hievte einen riesigen Korb aus seinem Auto. Günther konnte erkennen, dass der Inhalt aus Delikatessen bestand, die wohl im örtlichen Feinkostladen gekauft worden waren. Eine Flasche Wein aus dem regionalen Anbau durfte natürlich nicht fehlen.

»Jetzt kannst du mir das Paket wiedergeben«, sagte Wallner, während er den Präsentkorb mit den Leckereien auf dem Boden abstellte. »Das Hauptgeschenk möchte ich ihm als Bürgermeister gerne selbst überreichen. Es wäre nett, wenn du den Korb nimmst.«

Das war typisch für Heinz Wallner, aber Günther schluckte den bissigen Kommentar, der ihm auf der Zunge lag, hinunter.

Er nahm den Korb und trottete hinter dem Bürgermeister her auf die Eingangstür zu.

»Wartet auf mich!«, erklang hinter ihnen eine vertraute Stimme. Es handelte sich um Sabine Schuster, die Pressefotografin der Lokalzeitung.

Günther musste grinsen, als sie sich ihnen näherte. Sie war mit Kameras und Objektiven behängt, als ob sie zu einer Safari aufbrechen würde. Aber sie machte ihre Sache gut und sehr professionell.

Joachim Schenck wohnte im Erdgeschoss des Hauses. Dadurch konnte er anstrengendes Treppensteigen vermeiden, wenn er sein Zuhause verließ, um Besorgungen zu machen, oder Lust auf einen Spaziergang hatte.

Wallner klingelte und setzte schon mal vorsorglich sein berühmtes Lächeln auf, das signalisieren sollte, wie sehr er sich freute, gerade jetzt an diesem Ort zu sein.

Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür geöffnet.

Joachims Schwiegertochter Elisabeth begrüßte sie herzlich und zeigte sich überrascht, auch wenn man natürlich mit diesem Besuch gerechnet hatte.

»Herr Bürgermeister, das ist ja schön, dass Sie Zeit gefunden haben, meinem Schwiegervater an seinem Geburtstag einen Besuch abzustatten«, sagte sie freudestrahlend. »Und der Herr Herbst und Frau Schuster sind auch mitgekommen. Wie schön!«

»Wie könnten wir diesen Tag vergessen. Ehre, wem Ehre gebührt, liebe Elisabeth«, antwortete Wallner jovial.

»Bitte kommen Sie doch herein. Joachim wird sich freuen, Sie zu sehen!«

Günther folgte dem Bürgermeister in den Gang und wartete, bis Elisabeth die Tür wieder geschlossen hatte und sie anschließend ins Wohnzimmer führte.

»Schau mal Joachim, wer da ist!«, sagte sie, als sie gemeinsam eintraten. Die kleine Familie saß beisammen am Tisch und verspeiste gerade eine lecker aussehende Torte.

Joachim blickte auf und lächelte seinen Besuchern zu. Es war ihm jedoch anzusehen, dass ihn irgendetwas bedrückte.