Gespenster-Krimi 169 - Kaspar Ritter - E-Book

Gespenster-Krimi 169 E-Book

Kaspar Ritter

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Beschreibung

Die junge Clara entdeckt im Internett eine Anzeige für einen exklusiven Tanzkurs auf einem einsam gelegenen Schloss, und da sie nach einer gescheiterten Beziehung nach Abwechslung in ihrem tristen, einsamen Alltag sucht, entschließt sie sich, daran teilzunehmen. Der alte Ballsaal, der riesige Kronleuchter, die samtroten Vorhänge: Alles wirkt wie aus einem anderen Jahrhundert. Doch der Tanzlehrer Patrice ist zu perfekt, die anderen Teilnehmer sind zu still - und die Nacht ist zu lang. Bald verschwimmen die Grenzen zwischen Leben und Tod, zwischen Lust und Grauen. Blutige Geheimnisse lauern unter dem Parkett, und Clara begreift zu spät, dass sie der Hauptpreis in einem tödlichen Spiel ist.


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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Tanzschule der Vampire

Vorschau

Impressum

Tanzschuleder Vampire

von Kaspar Ritter

Tanzen war Annikas Leidenschaft, seit sie zurückdenken konnte. Es gab nichts, was sie so sehr erfüllte wie die Leichtigkeit der Bewegungen und das Gefühl, mit jedem Schritt den Gesetzen der Schwerkraft zu entfliehen.

Doch diesmal war alles anders.

Der Rhythmus der Musik erzeugte ein schwermütiges und düsteres Gefühl in ihr. Wo sonst Freude und Freiheit in ihren Gliedern pulsierte, machte sich jetzt eine unheimliche Kälte breit. Mit jedem einzelnen Schritt wurde sie tiefer in die Dunkelheit hineingezogen, die sich rings um sie herum ausbreitete.

Was hatte sie sich nur dabei gedacht, allein hierherzukommen? Eine düstere Ahnung überfiel sie, wuchs mit jedem Herzschlag. Sie würde diesen Tanzsaal nicht mehr lebend verlassen. Da war sie sich plötzlich ganz sicher.

Doch das, was auf sie zukam, war schlimmer als der Tod ...

Clara hatte es satt, verzweifelt zu sein. Seit Wochen hatte sie sich in ihrer kleinen Wohnung verkrochen. Es war, als hätte sich tiefe Dunkelheit in ihren Kopf eingenistet und all das verdrängt, was früher wichtig gewesen war. Ein Job, der sie nicht mehr interessierte, eine Wohnung, die für sie allein viel zu groß war und daher entsprechend leer wirkte. Sie litt unter der Trennung, die jetzt schon vier Monate her war, aber noch immer nachwirkte, als wäre es gestern gewesen.

Frank war weg. Einfach so. Ohne jede Vorwarnung.

Er hatte ihre Beziehung beendet, als sie beide zusammen beim Abendbrot saßen. Seine Worte waren knapp und direkt gewesen.

Es sei vorbei, hatte er gesagt, weil er sich in eine andere verliebt habe.

Zunächst war sie sprachlos. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass so etwas passieren könnte.

»Wie alt ist sie?«, fragte sie nach einer Weile mit erstickter Stimme.

»Das spielt doch keine Rolle! Darum geht es nicht.«

»Worum geht es dann?«

»Sie ist eben anders als du.«

Frank hatte diese Aussage noch präzisiert. Clara hätte sich in den letzten Jahren mehr und mehr in ihre Arbeit vergraben, während ihre Beziehung nach und nach wie ein altes Möbelstück Staub angesetzt hatte. Genauso hatte er es ausgedrückt. Ein Möbelstück, das Staub angesetzt hatte.

War ihm dieser Vergleich spontan eingefallen, oder hatte er sich diese pathetische Formulierung vorher überlegt?

Sie hatte nicht geweint, als er ging. Nicht sofort.

Das kam später, als sie realisierte, dass sie die Stille in der Wohnung nicht mehr ertragen konnte.

Der leere Platz neben ihr im Bett. Der Teller weniger, den sie abends spülte. Die Abwesenheit von Franks abgenutzter Zahnbürste im Bad.

Clara arbeitete für eine Immobilienfirma. Sie verkaufte Wohnungen, die sie sich nicht leisten konnte, an Menschen, die sie nicht verstand. Tag ein, tag aus war sie umgeben von Luxus, von Marmor- und Glasfassaden, von modernen Küchen, die mehr kosteten als ihr eigenes Auto.

Jeden Tag stand sie in Wohnungen, die auf Hochglanz poliert, aber genauso leer waren, wie sie sich fühlte. Sie zeigte den Leuten die Zimmer, das Bad, die Aussicht, aber es fühlte sich an wie ein Spiel, dessen Regeln sie nicht mehr kannte.

Die Kollegen merkten es nicht. Clara machte ihre Arbeit, trug ein professionelles Lächeln zur Schau, sagte die richtigen Dinge zur richtigen Zeit. Sie funktionierte. Doch sobald sie nach Hause kam, fiel alles von ihr ab. Die Maske, das Lächeln, die vorgespielte Höflichkeit. Dann war da nur noch sie, allein in ihrer viel zu stillen Wohnung.

Die Abende schienen sich endlos in die Länge zu ziehen, während sie durch die Kanäle zappte oder ziellos durch das Internet surfte. Niemand, der auf sie wartete. Kein Gespräch, das es wert war, geführt zu werden.

Sie hatte Freunde, klar. Aber wie oft konnte man sich über denselben Schmerz auslassen, ohne dass es peinlich wurde? Jeder hatte sein eigenes Leben, und niemand wollte ihre ewigen Tiraden über Frank hören.

Clara konnte es ihnen nicht verübeln. Sie wollte es selbst nicht hören. Es war einfach vorbei, und das war die bittere Wahrheit.

Es war ein Donnerstagabend, als sie nach einem langen Arbeitstag wieder in ihrem Wohnzimmer saß, den Laptop auf dem Schoß. Regen trommelte gegen die Fensterscheiben. Sie warf einen Blick auf den Bildschirm. Facebook. Instagram. Ein paar Nachrichten, die sie ignorierte. Es war nichts Neues dabei, nichts Aufregendes.

Dann stieß sie auf eine Anzeige. Sie hätte sie beinahe übersehen, aber irgendetwas machte sie neugierig.

Eine Tanzschule in einem alten Schloss außerhalb der Stadt bot exk‍lusive Kurse mit Einzelunterricht an.

»Für diejenigen, die nach dem Besonderen suchen«, stand da.

Sie klickte auf den Link.

Das Design der Webseite war sehr schlicht. Auf der Startseite waren Schwarz-Weiß-Bilder von Paaren zu sehen, die in einem dunklen Saal tanzten. Etwas an den Bildern ließ sie innehalten. Der Glanz in den Augen der Menschen, die offensichtliche Eleganz ihrer Bewegungen.

Clara lehnte sich zurück. Tanzen! Sie hatte noch nie getanzt. Zumindest nicht richtig unter einer fachkundigen Anleitung. Und Frank hatte keinerlei Interesse daran gehabt. Wenn sie mal einen Club besucht hatten, hatte er lieber am Tresen gestanden, als sie auf die Tanzfläche zu begleiten.

Aber jetzt war Frank weg, und seine Meinung zählte nicht mehr. Vielleicht war das eine Chance, wieder Spaß am Leben zu finden. Etwas, das nichts mit Arbeit zu tun hatte. Etwas, das sie von der Leere in ihrer Wohnung ablenkte. Etwas ganz Neues, was sie noch nie gemacht hatte.

Sie rief die Kontaktseite auf, und ihr Blick fiel auf den Button für Schnupperkurse. Einen Moment lang zögerte sie. War das wirklich eine gute Idee? Sie holte tief Luft, sammelte ihren Mut und klickte schließlich darauf.

Innerhalb weniger Sekunden öffnete sich ein Anmeldeformular. Sie füllte es aus. Ihre Finger bewegten sich schneller, als sie denken konnte. Name, E-Mail-Adresse, Telefonnummer. Im Nu hatte sie die verlangten Daten eingetragen.

Der nächste verfügbare Termin war bereits am kommenden Abend. Ein Schnupperkur, der lediglich eine Stunde dauern sollte. Kurz entschlossen klickte sie auf ›Buchen‹ und sendete die Anmeldung ab.

Einen Moment lang starrte sie auf den Bildschirm. Hatte sie wirklich gerade einen Tanzkurs gebucht? Clara musste grinsen. Das war doch verrückt. Aber vielleicht war es genau das, was sie im Moment brauchte. Ein Ausbruch aus dem täglichen Einerlei. Etwas, das sie ihre Misere mit Frank zumindest für einen Abend lang vergessen ließ.

Sie klappte den Laptop zu und stand auf. Im Bad sah sie sich im Spiegel an. Sie sah müde aus, ihre Haut war blass, und unter den Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Zu wenig Schlaf, zu viele Gedanken.

Aber da war auch etwas Neues in ihrem Gesicht. Etwas, das sie lange nicht mehr gesehen hatte. Ein kleiner Funken. Es war an der Zeit, dem Leben wieder einen Sinn zu geben.

Plötzlich klingelte das Telefon.

Der Name auf dem Display ließ sie erstarren.

Frank!

Für einen Moment war sie versucht, den Anruf wegzudrücken. Aber irgendetwas hielt sie davon ab. Mit einem Seufzen nahm sie ab.

»Clara?« Franks Stimme klang zögerlich und vorsichtig. »Ich wollte nur mal hören, wie es dir geht.«

Clara schnaubte leise. »Jetzt interessiert es dich plötzlich? Nach vier Monaten? Ist das dein Ernst?«

»Ich weiß, ich weiß. Ich war ein Idiot. Es tut mir unendlich leid, was ich dir angetan habe. Ich hätte mich nicht auf diese Art und Weise von dir trennen dürfen. Das war nicht fair!«

»Nein, hättest du nicht«, sagte Clara kalt. »Aber du hast es getan!«

Es folgte eine kurze Stille. Clara spürte, wie sich Zorn in ihrem Bauch breitmachte. Wie konnte er es wagen, jetzt einfach wieder anzurufen? Wochenlang hatte er so getan, als hätte sie in seinem Leben nie eine Rolle gespielt, und jetzt kam er plötzlich angekrochen?

»Vielleicht könnten wir uns treffen? Wie wäre es mit Samstag? Ich möchte mit dir reden, Clara. Bitte!«

Sie biss sich auf die Unterlippe. Am liebsten hätte sie sofort aufgelegt. Andererseits wollte sie ihm gehörig die Meinung sagen. Und sie wollte ihm dabei ins Gesicht sehen.

»Von mir aus. Aber erwarte dir bloß nicht zu viel von diesem Treffen. Wir reden, mehr nicht.«

»Danke«, sagte er leise. »Das bedeutet mir viel. Wann und wo treffen wir uns?«

»Ich habe am Vormittag noch einen Besichtigungstermin. Das wird nicht länger als höchstens eine Stunde dauern. Um zwölf Uhr im kleinen Park hinter der Kirche?«

»Das passt. Ich freue mich darauf!«

»Bis dann.« Sie legte auf, bevor er noch etwas sagen konnte.

Sie spürte, wie die Wut in ihr brodelte. All die Wochen hatte er sie hängen gelassen, und jetzt wollte er mit ihr reden? Wollte er etwa wieder Teil ihres Lebens werden?

Das würde auf keinen Fall passieren!

Ihr wurde schlagartig klar, dass sie sich innerlich längst von ihm gelöst hatte. Es war vorbei. Es war völlig egal, was er bei dem Treffen sagen würde.

Sie atmete tief durch. Es war sinnlos, sich darüber zu ärgern. Frank war Vergangenheit. Was sie jetzt brauchte, war etwas Neues.

Frank Böhm saß auf seinem Sofa und starrte auf das Telefon in seiner Hand. Er hatte gerade mit Clara gesprochen. Zum ersten Mal seit Monaten.

Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Es war eine Mischung aus Vorfreude und Angst. Er wusste, dass er es vermasselt hatte. Er hatte alles mit einem einzigen Satz kaputtgemacht, als er ihr damals beim Abendessen sagte, dass es vorbei sei. Kein langes Gerede, keine Erklärung, nur das Nötigste.

Das war schäbig gewesen. Aber er hatte damals einfach nicht gewusst, wie er die Situation erklären sollte.

Mittlerweile fühlte sich die Erinnerung an diesen Abend ziemlich unwirklich an. Damals hatte er fest daran geglaubt, das Richtige zu tun. Er war sich sicher gewesen, dass es mit Clara nicht mehr funktionierte. Ihr gemeinsames Leben war so festgefahren. Jeden Tag derselbe Trott, dieselben Gespräche, dieselbe Routine.

Und dann kam diese andere Frau. Sie war aufregend anders. Frank hatte sich plötzlich wieder lebendig gefühlt.

Aber der Reiz des Abenteuers war schnell verblasst. Die vermeintliche Freiheit, die er suchte, hatte sich als leere Hülle entpuppt.

Jetzt wollte er zurück zu Clara. Zu dem, was sie einmal hatten. Zu dem, was er leichtfertig weggeworfen hatte. Er wusste nicht, wie Clara zu einem möglichen Neuanfang stand. Aber er musste es versuchen. Immerhin hatte sie zugestimmt, sich am Samstag mit ihm im Park zu treffen. Ein kleiner Funken Hoffnung.

Frank stand auf und ging zum Fenster. Es war bereits dunkel draußen. Der Regen prasselte sanft gegen das Glas.

Er dachte an ihre gemeinsamen Stunden im Park, an die Kirche dahinter. Sie hatten früher oft auf einer der Bänke unter den alten Bäumen gesessen. Es war ein friedlicher Ort, weit weg von der Hektik der Stadt. Vielleicht war das ein gutes Zeichen. Der perfekte Ort für einen Neuanfang.

Er drehte sich vom Fenster weg und ging ins Schlafzimmer. Es war kalt und leer. Eine Weile hatte er die Freiheit genossen. Doch jetzt war sie erdrückend. Er fühlte sich einsam.

Er seufzte tief und ließ sich auf das Bett fallen. Seine Gedanken kreisten wieder um Clara. Um das, was er ihr am Samstag sagen wollte. Er musste die richtigen Worte finden.

»Es tut mir leid, Clara«, murmelte er leise in die Dunkelheit. »Ich habe einen Fehler gemacht.«

Das klang gut. Einfach und ehrlich. Er war kein Mann der großen Worte. Das war er noch nie gewesen. Er würde Clara davon überzeugen, dass sie es noch einmal miteinander versuchen sollten. Er musste ihr zeigen, dass er es aufrichtig bedauerte, was er ihr angetan hatte. Warum sollte sie nicht genau so offen für einen Neuanfang sein wie er? Fehler machte doch jeder!

Je mehr er darüber nachdachte, umso sicherer war er sich, dass das Treffen am Samstag alles wieder ins Lot bringen würde.

Die Nacht verlief seltsam. Clara konnte nicht gut schlafen, obwohl sie es versuchte. Ihr Kopf war voller Gedanken, die sich um den morgigen Tag drehten.

Der Gedanke an den Tanzkurs hielt sie wach und ließ sie sich immer wieder im Bett herumwälzen. Bilder von glatten Tanzböden, von eleganten Kleidern, von starken Händen, die sie über das Parkett führen würden. Sie stellte sich vor, wie es sein würde, sich endlich wieder lebendig zu fühlen.

Am nächsten Morgen war sie früher wach als sonst. Sie machte sich Kaffee, setzte sich an den Küchentisch und überlegte, was sie am Abend anziehen sollte. Für die Arbeit fiel ihr die Entscheidung nicht schwer – Bluse, Stoffhose, etwas, das professionell wirkte. Aber für den Tanzkurs? Sie hatte keine Ahnung. Es musste auf alle Fälle bequem sein. Aber es sollte auch etwas sein, das sie gut aussehen ließ.

In den letzten Monaten hatte sie sich gehen lassen. Sie hatte kein Make-up aufgelegt und keinen Wert auf besondere Outfits gelegt. Warum sich Mühe geben, wenn es niemanden gab, der es bemerken würde? Aber heute war alles anders. Der heutige Tag markierte einen neuen Anfang, auch wenn es nur eine Stunde in einem Tanzstudio war.

Die Stunden bei der Arbeit zogen sich wie Kaugummi. Jede Besprechung, jede Wohnungsbesichtigung wirkte bedeutungslos im Vergleich zu dem, was am Abend auf sie wartete. Sie zählte die Minuten, bis sie endlich gehen konnte.

Es war bereits später Nachmittag, als Kommissar Eberhard Süß das Polizeiauto vom Parkplatz vor dem Präsidium auf die Straße lenkte. Er hatte sich mühsam von seinem Schreibtisch losgerissen, obwohl er lieber weiter an dem Fall der beiden Frauen gearbeitet hätte, die in den letzten Wochen spurlos verschwunden waren.

Bisher gab es keinerlei Hinweise, was ihnen zugestoßen sein könnte. Es war, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Eberhard hatte schon viele Vermisstenfälle bearbeitet, aber diese beiden ließen ihm keine Ruhe.

Er lehnte sich zurück und massierte sich die Schläfen. Unermüdlich suchten er und seine Kollegen nach einem Anhaltspunkt, irgendeinem Hinweis, der Licht ins Dunkel bringen könnte. Doch die Ermittlungen verliefen bisher im Sande. Die Vermissten hatten sich vor ihrem Verschwinden mit niemandem gestritten und keine verdächtigen Kontakte gepflegt. Und doch waren sie weg. Einfach über Nacht.

Die erste Vermisstenmeldung war vor etwa drei Wochen eingegangen. Als Daniela Klein drei Tage lang nicht zur Arbeit erschien und auch nicht telefonisch erreichbar war, hatte ihr Arbeitgeber die Polizei alarmiert. Daniela war bis dahin immer pünktlich und zuverlässig gewesen.

Dann, zwei Wochen später, verschwand Annika Neumann. Eine ähnliche Geschichte. Alleinerziehend, gut vernetzt, aber niemand hatte bemerkt, dass sie über Nacht einfach weg war. Ihre Tochter hatte bei der Großmutter übernachtet, als Annika verschwand.

Genau wie bei Daniela gab es keinerlei Hinweise, was mit ihr passiert sein könnte.

Eberhard hatte das Bild ihrer leeren Wohnung immer noch vor seinem geistigen Auge. Es war gespenstisch gewesen, als er und seine Kollegen ein Zimmer nach dem anderen durchsucht hatten. Die Wohnung machte den Eindruck, als würde Annika jeden Moment zurückkommen.

Eberhard war frustriert. Zwei völlig unterschiedliche Frauen, die aus unterschiedlichen Teilen der Stadt verschwunden waren, und dennoch spürte Eberhard, dass es eine Verbindung gab – etwas, das sie noch nicht entdeckt hatten. Die beiden Fälle waren sich zu ähnlich. Es musste einen Zusammenhang geben. Aber bisher hatten sie in der Hinsicht noch nichts gefunden.

Die Ermittlungen liefen ins Leere. Die damit verbundene Hilflosigkeit nagte an ihm. Er hasste es, wenn Fälle so verliefen. Wenn alles, was sie hatten, nur Fragen waren. Waren die Frauen noch am Leben? Wurden sie irgendwo festgehalten und möglicherweise missbraucht? Oder waren sie längst tot? Er hatte keine Ahnung. Und im Moment wusste er auch nicht, in welche Richtung er weiter ermitteln sollte.

»Verdammt«, flüsterte Eberhard leise und rieb sich das Gesicht mit den Händen. Irgendwo musste es doch eine Spur geben, die sie noch nicht verfolgt hatten. Aber wo? Wo konnte er ansetzen, wenn es keinerlei brauchbare Hinweise gab?

Der Gedanke, dass die beiden Frauen tot sein könnten, ließ ihm keine Ruhe. Er wollte die Wahrheit wissen, egal, wie düster sie sein mochte.