Gespenster-Krimi 4 - Frederic Collins - E-Book

Gespenster-Krimi 4 E-Book

Frederic Collins

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Beschreibung

Hundert Stufen zur Verdammnis

Zwei Dinge stapelten sich in Bob Hendersons Dachgeschosswohnung in London: unbezahlte Rechnungen - und alte Bücher. Und beides hing mit seinem Beruf zusammen, der zwar ganz Bob Hendersons Vorstellungen entsprach, jedoch nur wenig Geld abwarf. Bob war Geschichtsforscher und Privatgelehrter, eine interessante, doch brotlose Tätigkeit.
Das änderte sich schlagartig, als Bob eine Kiste auspackte, angefüllt mit uralten Büchern, die er bei einem Trödler zum Altpapierpreis erstanden hatte. Darin stieß er auf ein mehr als hundert Jahre altes Buch über ein Schloss, in dem ein wagemutiger Mann unermessliche Schätze finden konnte - oder den Tod. Dieses Schloss hieß Loxham Castle. Und es sollte Hendersons Leben einschneidend verändern, wenn auch anders, als er anfangs ahnte ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Hundert Stufen zur Verdammnis

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati/BLITZ-Verlag

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7409-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hundert Stufen zur Verdammnis

von Frederic Collins

Zwei Dinge stapelten sich in Bob Hendersons Dachgeschosswohnung in London – unbezahlte Rechnungen und alte Bücher. Und beides hing mit seinem Beruf zusammen, der zwar ganz Bob Hendersons Vorstellungen entsprach, jedoch nur wenig Geld abwarf.

Bob war Geschichtsforscher und Privatgelehrter, eine interessante und brotlose Tätigkeit.

Das änderte sich schlagartig, als Bob Henderson eine Kiste auspackte, angefüllt mit uralten Büchern, die er bei einem Trödler zum Altpapierpreis erstanden hatte – auf Kredit natürlich.

Um acht Uhr abends begann Bob damit, den Neuzugang zu sortieren. Um Mitternacht stieß er einen überraschten Ruf aus und begann zu lesen. Er hörte erst auf, als er alles wusste, was das mehr als hundert Jahre alte Buch über ein Schloss zu berichten hatte, in dem ein wagemutiger Mann unermessliche Schätze finden konnte – oder den Tod.

Es hieß Loxham Castle.

Und es sollte Hendersons Leben einschneidend verändern, wenn auch anders, als er im Moment ahnte …

Die Kinder hatten keine Vorstellung, dass sie ihr Leben riskierten. Sie wollten ein Abenteuer erleben, nicht mehr und nicht weniger. Und doch ließen sie sich durch ihren Leichtsinn in den Bannkreis des Grauens ziehen.

Sie trafen sich eine halbe Stunde vor der Abenddämmerung außerhalb von Loxham Village, dem Dorf, das den gleichen Namen wie das verrufene Schloss führte. Unter verrufen konnten sie sich nichts vorstellen. Die Geschichten, die sich die Erwachsenen nur hinter der vorgehaltenen Hand zuflüsterten, waren ihnen unverständlich. Für sie bildete das unbewohnte Schloss einen Ort, an dem sie noch Abenteuergeschichten wahrmachen konnten.

»Ist eigentlich nicht richtig, dass wir jetzt schon hingehen«, behauptete einer der älteren Jungen, bevor sie aufbrachen. »Ich habe daheim ein Buch, darin steht, dass die Geisterstunde immer erst um Mitternacht anfängt.«

»Na und?«, gab ein ungefähr gleichaltriger Junge zurück. »Wir dürfen doch nicht so lange aufbleiben. Und wenn ich um Mitternacht abhaue, merkt es mein Vater.«

»Meiner auch«, stimmte ein anderer zu.

»Da müssen wir schlafen«, bestätigte ein Dritter.

»Trotzdem!«, beharrte der erste Junge auf seiner Meinung. »Ich sage euch, wenn wir jetzt hingehen, erleben wir gar nichts. Erst um Mitternacht kommen die Geister, die Gerippe und all diese Erscheinungen. Erst dann können wir unseren Mut beweisen.«

»Kommt nicht infrage!«, rief der Gleichaltrige.

»Hast du etwa Angst davor, um Mitternacht nach Loxham Castle zu gehen?«, zog ihn der Erste auf, der mit ihm um die Anführerschaft in der aus zehn Jungen bestehenden Gruppe kämpfte.

Ein giftiger Blick traf ihn. »Ich und Angst?« Das Lachen klang etwas gekünstelt. »Natürlich nicht! Ich werde es dir beweisen.«

»Dann also um Mitternacht?«, fragte der erste wieder lauernd.

»Um Mitternacht«, bekräftigte sein Rivale. »Wir treffen uns alle um halb zwölf wieder hier. Wer nicht kommt, ist ein Feigling!«

So begann das Verhängnis. Keiner wollte für feige gelten, bis auf einen. Er hieß Peter und ließ sich lieber auslachen, als nachts zu diesem schrecklichen Schloss zu gehen. Es hatte ihn schon größte Überwindung gekostet, sich zu dem abendlichen Unternehmen bereitzuerklären, aber um Mitternacht, das kam überhaupt nicht in Frage!

Die anderen schafften es, sich unbemerkt aus ihren Elternhäusern wegzuschleichen. Dick vermummt trafen sie wieder vor dem Dorf zusammen, vermummt hauptsächlich wegen der nächtlichen Kühle, die in diesem unwirtlichen Teil Englands auch noch im Juni die Menschen frieren ließ. Die über den Kopf gezogenen Kapuzen und Mützen hatten aber auch noch einen anderen Zweck zu erfüllen. Die Kinder glaubten in ihrer Naivität nämlich, in dieser Verkleidung würden sie von niemandem entdeckt werden, auch nicht von jenen Wesen, die es angeblich auf Loxham Castle gab.

Ein verhängnisvoller Irrtum!

Als Punkt Mitternacht die Eltern des Anführers der kleinen Gruppe das Verschwinden ihres Sohnes feststellten und Alarm schlugen, hatten die Kinder bereits das Schloss erreicht. Weitere wertvolle Zeit ging verloren, während die Leute von Loxham feststellten, wer alles fehlte. Erst als der kleine Peter gestand, als Einziger nicht an dem ›Unternehmen Loxham Castle‹ teilgenommen zu haben, begriffen die Leute das ganze Ausmaß der Gefahr, in der ihre Kinder schwebten. In aller Eile wurden die Vorbereitungen getroffen, die Kinder zu retten, falls es überhaupt noch etwas zu retten gab.

Unterdessen hatten die Ausreißer das Tor von Loxham Castle erreicht. Sie blieben stehen und warteten auf ein Zeichen ihres Anführers, der sich in seiner Haut auch nicht mehr wohlfühlte. Die halb verfallenen Türme des Schlosses wirkten im fahlen Mondlicht beklemmend und furchterregend.

»Ist dir das Herz in die Hose gerutscht?«, frotzelte sein Rivale, dem es auch nicht besser erging, der jedoch seinen Triumph genoss.

»Wir gehen hinein!«, bestimmte der Anführer, obwohl er am liebsten umgekehrt und ins Dorf zurückgelaufen wäre.

Seine Hand legte sich bebend auf den rostigen eisernen Ring an der brüchig gewordenen Eingangstür, die unter hässlichem Knarren nach innen aufschwang. Der Anführer und sein unmittelbarer Rivale hatten Taschenlampen mitgebracht, um die sie von den anderen besonders beneidet wurden. Diese Lampen schalteten sie jetzt ein und wagten sich in die Halle, in der es muffig und nach Moder roch.

Die Füße der Kinder scharrten auf den Steinplatten, über die seit langer Zeit niemand gegangen war. Nirgendwo gab es Fußspuren in der dicken Schmutzschicht.

Kaum hatte der Letzte die Halle betreten, als die Tür mit einem dumpfen Knall, der durch das ganze Gebäude hallte, zufiel. Einer der Jungen schrie erschrocken auf und rüttelte an der Tür, die sich nicht mehr bewegen ließ, als wäre sie von der anderen Seite zugemauert.

»Wir sind gefangen!«, schrie der Junge schrill. »Hilfe, wir sind eingesperrt!«

»Die Tür klemmt ganz einfach«, behauptete der Anführer nicht sehr überzeugend. »Gehen wir weiter!«

Er gab diesen Befehl nur, um sich nicht mit der Tür beschäftigen zu müssen. Schreckliche Angst packte ihn, dass sie tatsächlich gefangen sein könnten in diesem schauerlichen Schloss, in dem angeblich schon mehrere Menschen verschwunden waren.

Ehe sie die Treppe erreichten, die in einem weiten Bogen in die oberen Stockwerke führte, ertönte aus der Tiefe der Kellergewölbe ein kurzer Schrei, gleich darauf ein langgezogenes Stöhnen.

In diesem Moment war es mit der Selbstbeherrschung der zuerst so unternehmungslustigen Jungen vorbei. Laut um Hilfe rufend warfen sie sich gegen das Tor, versuchten minutenlang, es von innen zu öffnen.

Als sie schon entkräftet aufgeben wollten, wurde das Tor von außen aufgestoßen. Eltern und andere Dorfbewohner stürmten in die Halle, alle mit Taschenlampen versehen. Die Eltern rissen ihre Kinder an sich, es entstand ein unbeschreiblicher Wirbel.

Trotz des Durcheinanders dauerte es nicht lange, bis die Leute wieder zur Abfahrt bereit waren. Ein Wagen nach dem anderen, mit denen sie zum Schloss gerast waren, verließ den unheimlichen Ort – bis auf einen.

Der Fahrer, ein junger Lehrer aus Loxham Village, fehlte.

Die übrigen Leute, die in diesem Wagen mitgefahren waren, suchten ihn, hupten und riefen seinen Namen, doch er meldete sich nicht.

Nach einer halben Stunde gaben sie es auf. Sobald sie nach Loxham Village zurückgekehrt waren, verwandelte sich die anfängliche Freude über den glücklichen Ausgang des leichtsinnigen Unternehmens der Kinder in tiefe Niedergeschlagenheit.

Für die Leute aus Loxham Village stand nunmehr fest, dass sie Jeff Warham nicht wiedersehen würden. Er war auf Loxham Castle geblieben – für immer, wie sie glaubten.

Nur einen Tag brauchte Bob Henderson, um den Besitzer von Loxham Castle ausfindig zu machen. Dann wusste er, wo er in London Sir Edwin Lendal, den Earl von Loxham, finden konnte.

Bob Henderson hatte sich schon darüber gewundert, dass der Earl sein Schloss nicht bewohnte, doch dann bekam er Bilder in die Hand, die Loxham Castle in der Gegenwart zeigten. Es war kaum mehr als eine Ruine, so baufällig, dass man bestimmt nicht mehr darin leben konnte.

Sir Edwin besaß kein Telefon, und die Zeit, sich schriftlich anzukündigen, nahm sich Bob Henderson nicht. Lieber riskierte er, unhöflich zu wirken, wenn er mit der Tür ins Haus fiel, als dass er so lange wartete, bis er eine Antwort erhielt. Zum einen standen ihm die Schulden tatsächlich schon bis an den Hals, und zum anderen ließ ihn der Gedanke nicht mehr los, durch die Geister von Loxham Castle bald unermesslich reich zu sein. Denn dass es ihm gelingen würde, die Geister für seine Zwecke einzuspannen, daran zweifelte er keine Sekunde lang.

Sir Edwin bewohnte eine sehr bescheidene Hinterhofwohnung, die zu finden allein schon ein Abenteuer war. Bob Henderson musste einen stockdunklen Hausflur durchqueren, dann einen Hof und danach wieder in einem unbeleuchteten Flur nach der Tür von Sir Edwins Wohnung suchen. Erfreulich an seinem Unternehmen war nur, dass sich nach seinem Klopfen die Tür öffnete.

Ein Mann an die achtzig Jahre stand vor Bob und musterte ihn scharf. Sir Edwin war so groß wie Bob und ebenso breit in den Schultern, weißhaarig und mit einem strengen Gesicht. Trotz der schäbigen Umgebung wirkte er achtungsgebietend.

»Ja, bitte?«, fragte er mit einer scharfen aber nicht unangenehmen Stimme.

Bob stand wie vom Donner gerührt. Er hatte sich bisher nicht überlegt, was er dem Schlossherrn sagen wollte, wenn er ihn traf. Verlegen setzte er mehrmals an, bis er herausplatzte: »Ich möchte Loxham Castle kaufen!«

Sir Edwin starrte ihn zuerst verblüfft an, dann brach er in lautes Lachen aus. »Kommen Sie herein!«, rief er und gab die Tür frei. »Das müssen Sie mir noch einmal in Ruhe sagen!«

Bob Henderson folgte der Aufforderung, nahm in der Einraumwohnung auf einem wackligen Stuhl Platz und wartete, bis sich Sir Edwin ebenfalls gesetzt hatte.

Und dann ging ihm eine halb erfundene, halb wahre Geschichte so flüssig über die Lippen, als hätte er sie vorbereitet und einstudiert. Er erzählte von seinem Beruf, von seiner Leidenschaft für alles Alte, Historische. Er habe ein Bild von Loxham Castle gesehen und sich unsterblich in das alte Gemäuer verliebt, sodass er es kaufen wolle, um dort seine Forschungen zu betreiben und Ausgrabungen durchzuführen.

Bis hierher hatte ihm Sir Edwin mit einem amüsierten Lächeln zugehört, mit der Nachsicht des Alters für die Hitzigkeit der Jugend. Sobald er jedoch Forschungen und Ausgrabungen erwähnte, verschloss sich das Gesicht des alten Mannes.

»Mister Henderson, Sie werden schon gemerkt haben, dass ich in mehr als bescheidenen Verhältnissen lebe«, begann er mit seiner Erwiderung. »Sie können sich also ausrechnen, dass ich jedes Pfund brauchen kann, das ich für das Schloss bekomme. Bisher fand sich niemals ein Käufer, sodass ich im Laufe der Jahre gar nicht mehr damit rechnete, doch noch einmal einen Interessenten zu finden. Aber …«, und an dieser Stelle hob er mahnend die Hand, »ich möchte nicht, dass Sie Schaden erleiden. Ich denke dabei nicht an einen materiellen Verlust, das ist Ihre Sache. Ich denke vielmehr an Gefahren, die Sie im Schloss erwarten, falls Sie es bewohnen. Ich will nicht ausführlicher darüber sprechen, ich wage es nicht, um ehrlich zu sein. Doch vielleicht sagt es Ihnen genug, dass ich nicht aus Bequemlichkeit in London und nicht auf dem Schloss lebe. Ich habe Angst in den alten Mauern, in denen sich im Laufe der Zeit so viel Schreckliches ereignet hat, dass für immer ein Fluch über dem Bau liegt.«

Bob Henderson befürchtete, der Besitzer von Loxham Castle könnte ihn abweisen. Er wusste genau, wovon Sir Edwin sprach. Er meinte die Geister, die es den alten Legenden entsprechend in den unterirdischen Gewölben gab und die ihrem Bezwinger unermesslichen Reichtum brachten. Nur wollte er nicht offen darüber reden.

»Ich bin mir durchaus klar darüber, dass ich mit dem Kauf ein Risiko eingehe«, versicherte Henderson rasch. »Doch das kann mich nicht abschrecken, was immer mich auch auf dem Schloss erwarten sollte.«

Das gab den Ausschlag. »Einverstanden, junger Mann, ich trete Ihnen Loxham Castle ab«, entschied Sir Edwin. »Sie sehen mir nicht wie jemand aus, der in Geld schwimmt. Zahlen Sie mir monatlich eine Leibrente, das genügt mir und hilft mir mehr als ein hoher Kaufpreis.« Er nannte die Summe, die für Bob Henderson in seiner gegenwärtigen Lage zwar ein Vermögen darstellte, die er aber irgendwie zusammenbekommen würde. Und sobald es ihm gelungen war, die Geister von Loxham Castle zu beschwören, stellten die paar Pfund für ihn eine Kleinigkeit dar.

»Eine Bedingung knüpfe ich jedoch an den Kauf.« Sir Edwin legte eine kurze Pause ein, um sicher sein zu können, dass Henderson genau zuhörte. »Ich verlange, dass wir beide den Kaufvertrag auf Loxham Castle unterzeichnen.«

»Das ist die ganze Bedingung?«, staunte Bob.

Um Sir Edwins schmalen Mund erschien ein bitteres Lächeln. »Es scheint nur Ihnen so, dass es wenig ist. In Wirklichkeit, mein Freund, bedeutet es für mich sehr viel. Wahrscheinlich werden Sie mich bald verstehen.«

Nachdem sie noch einige Punkte besprochen und einen Termin für die Vertragsunterzeichnung vereinbart hatten, verabschiedete sich Bob mit klopfendem Herzen von Sir Edwin, der ihn zur Tür brachte.

»Eigentlich seltsam«, meinte der alte Mann, während er Bob die Hand schüttelte. »Ich hatte nicht gedacht, dass ich noch einmal in meinem Leben Loxham Castle sehen würde. Und jetzt komme ich nach dreißig Jahren doch noch einmal dorthin.« Er hob den Blick und bohrte ihn in Bobs Augen, dass dieser sich bis auf den Grund seiner Seele durchschaut fühlte. »Vor dreißig Jahren versuchte ich, die Geister von Loxham Castle zu beschwören, damit sie mich reich machten. Was daraus wurde, sehen Sie hier!« Er machte eine Handbewegung, die die schäbige Wohnung umfasste. »Noch können Sie es sich überlegen, Mister Henderson. Doch sind Sie einmal der Besitzer von Loxham Castle, bleiben Sie es auch – bis zu Ihrem Tode!«

Eine Woche später war es so weit.

Drei Personen trafen an diesem Juninachmittag auf Loxham Castle ein.

Robert Henderson, von allen Bekannten und Freunden Bob genannt, kam mit seinem altersschwachen Motorrad, auf dessen Gepäckträger ein riesiges Paket festgeschnallt war.

Sir Edwin zog es vor, mit der Bahn zu fahren, und nur der Notar aus der nahe gelegenen Stadt kam mit dem Auto.

Von London kommend, musste Bob Henderson einen Ort passieren, der nach Auskunft der Tafeln am Beginn der wenigen Häuser Loxham Village hieß. Auf der Straße waren kaum Leute zu sehen, auch sonst machte der Ort einen weltfremden Eindruck.

Hinter einer Kurve kam Loxham Castle in Sicht. Unwillkürlich bremste Bob sein Motorrad und blieb stehen, um das Schloss besser betrachten zu können.

Auf den ersten Blick war er betroffen von dem Verfall, der an dem Gemäuer nagte. Er hatte es sich doch nicht so schlimm vorgestellt, und jetzt war er froh, seine Campingausrüstung mitgenommen zu haben. Falls er nicht im Schloss wohnen konnte, würde er eben im Freien übernachten. Jedenfalls war er entschlossen, von hier nicht mehr freiwillig wegzugehen.

Ein Turm war bereits vollständig eingestürzt, dem zweiten fehlte das halbe Dach. Unter normalen Umständen hätte Bob in diesem Moment den Kauf bereut. Das Schloss war überhaupt nichts mehr wert … abgesehen von den Mächten, die in seinen Gewölben schlummerten und geweckt werden mussten.

Ein vor dem Schloss stehendes Auto brachte Bob in die Wirklichkeit zurück. Er fuhr das letzte Stück bis vor den Haupteingang, bockte sein Motorrad auf und betrat die Halle.

Er begrüßte Sir Edwin, der ihn mit dem Notar bekannt machte.

»Ich habe alles vorbereitet, sodass Sie beide gleich unterschreiben können«, drängte der Notar, dem es in diesem Schloss nicht geheuer zu sein schien.

»Sie haben es aber eilig«, meinte Bob mit einem anzüglichen Grinsen. Er befand sich in Hochstimmung, stand er doch vor der Erfüllung seiner Träume.

»Sie hätten es an meiner Stelle auch eilig«, antwortete der Notar ernst. »Aber nicht mit dem Kauf, sondern mit der Abfahrt. Jeder wie er will«, fügte er mit einem Schulterzucken hinzu.

»Genau, jeder wie er will«, entgegnete Bob immer noch grinsend und machte zu Sir Edwin eine einladende Handbewegung.

Der alte Mann sah ihn noch einmal prüfend an, als wolle er sich vergewissern, dass Bob es sich nicht doch anders überlegt hatte, dann griff er nach dem Federhalter und setzte flüssig seinen Namen unter den Vertrag.

Bobs Hände zitterten so stark, dass er erst ein paar Mal tief durchatmen musste, ehe auch er unterzeichnen konnte. Mit einem triumphierenden Lächeln richtete er sich auf und erbleichte im nächsten Moment. Der Notar zuckte erschrocken zusammen, und nur Sir Edwin blieb ganz ruhig, als irgendwoher aus der Tiefe ein dumpfer Schlag erklang, als habe jemand eine schwere Tür ins Schloss geworfen.

»Was war das?«, flüsterte Bob und blickte unbehaglich über seine Schulter.

»Ich wusste es ja, dieses Schloss ist verflucht«, murmelte der Notar. »Ich bleibe keine Sekunde länger hier!« Er raffte eilig seine Sachen zusammen und verließ grußlos die Halle.

Sir Edwin blickte ihm mit einem spöttischen Lächeln nach. »Ich lebte länger als vierzig Jahre hier«, sagte er leise. »Ruhig und in Frieden, bis ich es wagte, diesen Frieden selbst zu zerstören.«

Er wandte sich an Bob, der noch immer nach der Ursache des Schlages suchte.

»Hören Sie auf meinen Rat, mein Freund«, mahnte er. »Unternehmen Sie nichts! Es täte mir leid, falls Ihnen etwas geschehen würde, denn Ihnen verdanke ich es, dass ich in Frieden sterben kann.«

Bob Henderson verstand kein Wort von dem was der ehemalige Besitzer des Schlosses sagte. Er begriff auch nicht, was Sir Edwin als Nächstes tat.

Der alte Adelige ergriff den Kaufvertrag, hob ihn hoch über seinen Kopf und drehte sich einmal langsam im Kreis.

»Loxham Castle gehört mir nicht mehr«, sagte er dabei feierlich. »Ich habe nichts mehr zu schaffen mit den Gewölben, den Bewohnern und ihrer Macht. Ich bin frei!«

Eine Weile blieb er versonnen stehen. Bob fragte sich bereits, ob Sir Edwin im Alter nicht vielleicht etwas wunderlich geworden war, weil er keinen Sinn erkennen konnte. Erst viel später sollte ihm die Bedeutung dieser Worte klar werden.

Das sollte zu einem Zeitpunkt geschehen, zu dem er auch die letzte Warnung Sir Edwins verstand.

»Nehmen Sie nicht alles für Wirklichkeit, was Sie hier zu sehen bekommen«, lautete sie. Sir Edwin streckte Bob Henderson die Hand entgegen. »Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen viel Glück.«

Eine Weile stand Bob im geöffneten Tor und sah hinter der hoch aufgerichteten Gestalt her, die sich in Richtung Loxham Village und Bahnstation entfernte. Dann machte er sich daran, die mitgebrachte Ausrüstung auszupacken. Er musste sich beeilen, damit er rechtzeitig mit seinen Forschungen beginnen konnte.

Lebensmittel und Getränke hatten keinen Platz mehr auf dem Motorrad gefunden, weshalb Bob Henderson zum Einkaufen in das Dorf fahren musste. Das war sein erster Kontakt mit den Leuten, in deren Nähe er von nun an bleiben wollte.