Gespenster-Krimi 48 - Brian Elliot - E-Book

Gespenster-Krimi 48 E-Book

Brian Elliot

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Beschreibung

Ein silberner Mond strahlte auf die Wipfel des Palmengartens. Der warme Nachtwind der Tropen fächelte in den Bananenstauden, und der schwere Duft des Rhododendron drang bis an den Pavillon, vor dem Denise Latour auf einer Bank aus Rohrgeflecht saß. Ihre dunklen Augen verfolgten den Tanz der Nachtschmetterlinge, und auf ihrem Gesicht lag ein glückliches Lächeln. Heute beim Tennis im Princess Garden hatte sie ihn kennengelernt. Ihn, der der Mann ihres Lebens werden könnte.
Plötzlich schrak sie zusammen! Aus der Ferne drang der dumpfe Trommelwirbel des Voodoo an ihr Ohr, und sie wusste, dass der Friede ringsherum trügerisch war. Die Trommeln erweckten die schrecklichen Geister der Insel zum nächtlichen Leben ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Voodoo-Hölle Haiti

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati / BLITZ-Verlag

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9929-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Voodoo-Hölle Haiti

von Brian Elliot

Ein silberner Mond strahlte auf die Wipfel des Palmengartens. Der warme Nachtwind der Tropen fächelte in den Bananenstauden, und der schwere Duft des Rhododendron drang bis an den Pavillon, vor dem Denise Latour auf einer Bank aus Rohrgeflecht saß. Ihre dunklen Augen verfolgten den Tanz der Nachtschmetterlinge, und auf ihrem Gesicht lag ein glückliches Lächeln. Heute beim Tennis im Princess Garden hatte sie ihn kennengelernt. Ihn, der der Mann ihres Lebens werden könnte.

Plötzlich schrak sie zusammen! Aus der Ferne drang der dumpfe Trommelwirbel des Voodoo an ihr Ohr, und sie wusste, dass der Friede ringsherum trügerisch war. Die Trommeln erweckten die schrecklichen Geister der Insel zum nächtlichen Leben …

Unsinn, dachte sie dann und versuchte wieder zu lächeln. Schließlich war sie durch die Gartenmauern geschützt, und hinter den Sträuchern schimmerten die weißgetünchten Wände des Bungalows, in dem sie mit ihrem Vater und ein paar schwarzen Dienern wohnte.

Sie war die Tochter von Colonel Latour, der die allmächtige Leibgarde des Präsidenten von Haiti befehligte. Denise galt ihm, seit ihre Mutter vor einigen Jahren gestorben war, mehr als alles auf der Welt. Sie hatte das französische College in Port au Prince mit Glanznoten absolviert, und seitdem bestand ihr Leben aus Schwimmen, Tennisspielen, Segeln, Partys …

Ein Leben, wie es sich nur wenige Menschen der armen Republik Haiti leisten konnten. Richtiges Glück aber hatte sie zum ersten Mal heute Nachmittag gefühlt, als sie der große blonde Amerikaner angelächelt hatte. Er lud sie zu einem Match ein.

Er spielte verhalten und gewann nur knapp, aber sie wusste, dass er sie ohne Satzgewinn hätte vom Platz fegen können.

Dann hatten sie zusammen an der Bar einen Cocktail getrunken. Sie wusste eigentlich nur von ihm, dass er Offizier war, Ralph Scott hieß und einige Wochen Urlaub im Hotel Princess Garden verbrachte, wo eine Übernachtung ungefähr so viel kostete wie eine Durchschnittsfamilie der Republik Haiti im Monat zum Leben verbrauchen konnte.

Für morgen Nachmittag hatten sie sich verabredet.

Denise Latour war glücklich, denn sie war zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt.

Trotzdem mischte sich Angst in dieses Glück. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass ein Mädchen aus Haiti keinen Fremden lieben durfte, schon gar nicht einen dieser verhassten Amerikaner, die das Inselland vor ihrer Haustür in Armut versinken ließen. Die allmächtigen Götter hatten furchtbare Strafen für einen solchen Frevel vorgesehen, und nur Damohin, die geflügelte Göttin der Liebe, konnte vielleicht das Schlimmste verhüten.

Die Villa von Colonel Latour lag am äußersten Stadtrand von Port au Prince. Hinter den Gartenmauern breiteten sich einige Felder aus, und jenseits davon wucherte der Dschungel. Die wirbelnden Trommeln kamen näher und näher. Das dumpfe Geräusch schien in einer breiten Welle aus dem Busch dort draußen aufzusteigen.

Denise fröstelte trotz der Wärme. Sie sprang von der Bank auf und fühlte die Gänsehaut an ihren nackten Armen. Sie wollte in das schützende Haus.

Mit einem Schlag verstummten die Trommeln. Denise atmete erleichtert auf. Dann stand sie wie erstarrt.

Aus einem der wuchernden Rhododendronsträucher neben dem Pavillon trat eine Schreckensgestalt, die den Herzschlag des Mädchens stocken ließ.

Die riesige Erscheinung hatte Arme und Beine wie ein Mensch, aber den Kopf eines Sauriers, der sie mit bleckenden Zähnen anstarrte. Um die mächtigen nackten Schultern wanden sich züngelnd zwei riesige Anakondaschlangen.

Denise fasste sich rasch. Sie war weder besonders abergläubisch noch feige, und sie glaubte zu wissen, wen sie vor sich hatte. Sie hatte schon ein paarmal an den Exzessen des Voodoo in der Kneipe der dicken Francoise teilgenommen.

Die Schwarzen tranken dabei den Rum aus Flaschen, und auf dem Höhepunkt ihrer Ekstase erschien Haka, der Vertraute von Francoise, mit dem Schädel eines riesigen Leguans auf den Schultern und führte wilde rituelle Tänze auf.

»Was willst du hier, Haka?«, fragte sie entschlossen. Der riesige Mann musste gewaltig betrunken sein, dass er hier als Schlangengott Damballa aufzutreten wagte. »Wenn du nicht sofort verschwindest, werde ich dich durch Pablo hinauswerfen lassen.«

Ein heiseres Gelächter war die Antwort, und die grässliche Erscheinung kam näher. Denise überfiel lähmende Angst. Denn das waren nicht die Glasaugen des Leguankopfes, den Haka benutzte. Es waren tückische, lebendige Augen. Und aus dem Maul mit den spitzen Zahnreihen kam nicht die gewohnte Rumfahne des ständig betrunkenen Haka, sondern ein penetranter Gestank wie faulende Erde.

»Ich bin nicht Haka«, zischte die Gestalt mit tonloser, heiserer Stimme, die dem Mädchen durch Mark und Bein drang. »Damballa besucht dich persönlich. Auf die Knie mit dir.«

Willenlos sank das Mädchen zu Boden.

»So ist es gut«, hauchte das Ungetüm. Mit beiden Händen hielt er die Riesenschlangen hinter den Köpfen umklammert. »Und nun höre: Du wirst dich diesem weißen Schuft nicht an den Hals werfen. Sonst werde ich dir Samedin, den schwarzen Henker, schicken, und du wirst dein junges Leben auf den Feldern Zombis verdämmern, von seinen glühenden Peitschen gepeinigt. Hörst du mich, Denise? Willst du dich retten, so schwöre mir, dass du den weißen Hund nie mehr treffen wirst.«

Tränen rannen über das Gesicht des Mädchens.

Sie dachte an das Lächeln von Ralph Scott und seine strahlenden blauen Augen. ,Bis morgen, wunderschöne kleine Miss Denise, hatte er gesagt, als sie sich verabschiedete.

»Ich kann nicht.« flüsterte sie.

Der schreckliche Kopf des Ungeheuers beugte sich zu ihr herunter, und die Schlangen züngelten dicht vor ihrem Gesicht. Wieder roch sie den fauligen Atem.

»Bedenke«, zischte das Maul des Sauriers. »Zombis Peitschen lassen die Felder vom Gebrüll der Gepeinigten widerhallen. Niemand verlangt von dir, ohne Mann zu leben. Carlos Somoza dient treu den Göttern. Ihm sollst du gehören.«

Denise zuckte vor den Schlangenköpfen zurück.

»Somoza. Niemals«, kam es kaum hörbar von ihren Lippen.

»Schwöre«, zischte es dicht über ihrer Stirn. »Sonst wird Samedin, der schwarze Henker, dein Schicksal sein.«

Mit tränenverschwommenen Augen sah sie die gefletschten Zähne des Ungeheuers direkt vor sich. Aus der Ferne dröhnten plötzlich wieder Trommeln.

»Ich schwöre«, sagte Denise verzweifelt.

Die grässliche Gestalt richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und verschwand ohne jedes Geräusch zwischen den Büschen, aus denen sie gekommen war. Die Trommeln verstummten, und nur der schrille Gesang der Zikaden erfüllte den nächtlichen Garten.

Denise lag noch eine ganze Weile halb ohnmächtig auf den Knien. Dann stand sie auf und wankte auf die Terrasse des Bungalows zu. Müde wie eine alte Frau stieg sie die Treppe hinauf. Vor der Glastür stand ein Schwarzer in weißem Anzug.

Er nahm die Taumelnde sanft in seine kräftigen Arme, holte ein unbenutztes Taschentuch aus seiner Jacke und wischte ihr ganz sanft die Tränen aus dem Gesicht.

»Ich habe alles gesehen«, sagte er ruhig. »Aber die Macht von Damballa ist begrenzt. Bitte verzweifeln Sie nicht, Mademoiselle.«

Denise Latour hatte sich die Bemühungen des Schwarzen ruhig gefallen lassen. Mit einem dankbaren Blick sah sie ihm in die Augen.

»Ich danke dir, Pablo. Allerdings wirst du mir nicht viel helfen können.«

»Voodoo wird uns helfen, Mademoiselle«, sagte Pablo ernst. »Er wird die Köpfe der Schlangen zertreten, die Ihnen Francoise und Carlos Somoza als Todesboten geschickt haben. Pablo kennt ihren Zauber. Seine Ahnen leben seit zweihundert Jahren in diesem Land, seit sie als Sklaven über das große Meer geholt worden sind. Versuchen Sie bitte jetzt zu schlafen, Mademoiselle.«

Denise reichte dem Schwarzen die Hand. In ihren Augen schimmerte Hoffnung auf.

»Gute Nacht, Pablo.«

Captain Ralph Scott saß vor einem doppelstöckigen Whisky mit viel Eis auf der Terrasse des Princess Garden. Von hier aus konnte man sowohl die Tennisplätze wie auch den Jachthafen überblicken. Hinter den bunten Schiffen dehnt sich endlos das blaue Meer. Die Sonne stach heiß herunter. Trotzdem herrschte ziemlicher Betrieb auf dem Tennis Court.

Scott blickte auf seine Armbanduhr. Es war halb vier. Für vier Uhr hatte er Platz Nummer drei für eine Stunde reserviert. Um drei Uhr wollte er sich mit Denise treffen, aber das Tennisspiel schien ihm nicht mehr so wichtig. Bei einem Cocktail konnte man sich mit dem prachtvollen Mädchen weit besser unterhalten. Nun hatte sie ihn schon um eine halbe Stunde versetzt, aber seine Laune war zu gut, um darüber böse zu werden. Seine Erfahrung mit südlichen Schönen sagte ihm, dass hier Pünktlichkeit ein ziemlich unbekannter Begriff war.

Sein blondes Haar stand ihm ausgezeichnet zu dem braungebrannten, energischen Gesicht. Nach vier Jahren mörderischem Dschungelkrieg in Vietnam als Kommandant einer Spezialeinheit der berühmten Mariners hatte er Dienst in Thailand und auf den Philippinen getan. Das war mehr Routineangelegenheit gewesen, und für exotische Liebesabenteuer fand sich immerhin Zeit. Tolle Käfer waren darunter, aber.

Als er schon geglaubt hatte, seine diversen Gesuche seien im Getriebe der Bürokratie hängengeblieben, kam plötzlich der Bescheid des Oberkommandos der Navy. Acht Wochen Urlaub gestanden sie ihm zu. Da war natürlich auch der vom Jahr zuvor dabei. Scott flog nach New York, wo er einmal zu Hause gewesen war, aber die Stadt langweilte ihn sonderbarerweise. Er war die Tropen gewöhnt, und da er den Pazifik schon genügend kannte, entschied er sich für die Karibische See, um seine Freizeit zu genießen. Kuba hätte ihn interessiert, aber das kam aus naheliegenden Gründen nicht in Frage. In Puerto Rico wimmelte es von Landsleuten, Jamaica war mit Europäern vollgepfropft. Also etwas Besonderes. Haiti. Die rückständige, geheimnisumwitterte Hälfte der Insel Espaniola.

Drei Tage war er nun hier. Nach echt amerikanischer Art nicht über das Hotel hinausgekommen, und da war von Geheimnissen nun wirklich nicht viel zu spüren. Bis auf gestern. Da hatte er dieses Prachtmädel gesehen, eine umwerfende Schönheit, leicht bronzebraun, keine reine Kreolin, denn sie hatte schwarze Halbmonde auf den Fingernägeln, aber was zum Teufel tat das schon?

Es war ihm nicht schwergefallen, sie anzusprechen. Schließlich wusste Scott, dass er blendend aussah. Beim Match hatte er genug Gelegenheit, ihre prachtvolle Figur zu bewundern, aber schon dann beim Cocktail erkannte er, dass diese unergründlich schönen Augen mehr sagten als die Hoffnung auf ein schnelles Schlafzimmer. Durch seine abgebrühten Gefühlsregionen ging ein Ruck wie niemals zuvor.

Nun war es vier. Die Spieler von Feld drei verschwanden schwitzend. Captain Scott wurde unruhig, denn noch war keine Spur von Denise zu sehen. Er trank den Whisky aus, signierte die Rechnung, nahm sein Racket und schlenderte auf den Court hinunter. Scheinbar lässig lehnte er an der Umzäunung, aber seine blauen Augen flogen immer unruhiger über den Platz. Zwar wusste er, wer die Schöne von gestern war, aber einer Frau nachlaufen.?

Zehn Minuten vergingen, und Captain Scott spürte einen ernsten Schmerz der Enttäuschung in der Herzgegend.

»Pardon, Sir, ich vermute, Sie haben Feld drei für jetzt gemietet?«, fragte plötzlich eine Stimme neben ihm.

Captain Scott musterte den dunkelhäutigen Burschen, der, den Tennisschläger in der Hand, neben ihm lehnte. Die öligen Locken, die schwarzen, zusammengewachsenen Brauen und die stechenden Augen imponierten ihm nicht besonders, aber sonst sah der Junge nach landläufigen Begriffen nicht übel aus. Die diamantenbesetzte Rolex an seinem Arm ließ darauf schließen, dass er nicht zur minderbemittelten Schicht der Insel gehörte. Scott erinnerte sich, den Burschen als Mittelpunkt einer ziemlich betrunkenen Gesellschaft von Frackhemden gestern in der Hotelbar gesehen zu haben.

»Allerdings, Sir«, entgegnete der Captain nicht besonders freundlich.

»Ihr Partner – oder Ihre Partnerin – hat sich wohl etwas verspätet. Oder ist abgehalten worden.«

»Was geht Sie das an?«, schniefte Captain Scott ungehalten.

»Entschuldigen Sie«, der andere grinste mit schneeweißen Zähnen, »ich dachte nur, die Stunde Platzmiete kostet zehn Dollar, und wenn Sie das ausnutzen wollen, ich stelle mich gern zur Verfügung. Ich bin kein Anfänger, Sir. Ich sah Sie zufällig gestern mit einer jungen Dame spielen.«

»Kennen Sie die Dame?«, fragte Scott scharf.

»Natürlich. Sie gehört als Tochter von Colonel Latour zu den ersten Gesellschaftskreisen von Port au Prince.«

»Sie also auch.?«

Der Mann starrte ihn betroffen an.

»Sie. Fragen ziemlich direkt, Sir. Aber ich nehme Ihnen das nicht übel. Ich war schon des Öfteren geschäftlich in den USA und kenne also die Mentalität der Yankees. Ich heiße übrigens Carlos Somoza.«

»Captain Scott von den US-Mariners«, stellte sich nun der Captain ebenfalls vor. Seine Blicke flogen rastlos in die Runde. »Aber Sie haben recht. Miss Latour scheint. Abgehalten worden zu sein. Da Sie offenbar nicht der Grund sind, verzeihe ich ihr das. Kommen Sie, machen wir ein oder zwei Spiele.«

Carlos Somoza wetzte seine Zähne an der Unterlippe. Dieser arrogante Yankee wollte ihm also Denise streitig machen. Er würde es ihm schon zeigen.

Scott trabte auf das Spielfeld und überließ dem Somoza großzügig die Seitenwahl. Anfangs war es nicht leicht, den katzengewandten Burschen zu parieren. Aber dann jagte er ihn mit eiskalten Drives über den Platz und setzte seine knallharten Aufschläge so präzis an den Rand der Kreidestreifen, dass Somoza auf die Verliererstraße geriet.

Der Amerikaner ließ seine ganze Wut darüber, dass ihn Denise versetzt hatte, an Carlos Somoza aus, der mit pantherartigen Sprüngen versuchte, die Lobs des Gegners zu entschärfen. Punkt fünf Uhr warf Scott seinen Schläger an den Spielfeldrand und ging zu dem kleinen Brunnen, der hinter dem Außennetz stand, um den Kopf unter die Wasserleitung zu halten.

»Sie spielen wirklich ausgezeichnet«, keuchte Somoza neben ihm. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«

Seine lauernden Augen gefielen dem Captain nicht.

»Warum nicht?«, feixte er trotzdem, während nun Somoza sein verschwitztes Gesicht in den Wasserstrahl hielt.

Es hatte sich während des Spiels ein kleiner Haufen von Zuschauern angesammelt, denn die beiden spielten erheblich besser als man es hier im allgemeinen zu sehen bekam. Nun verzogen sie sich langsam. Ein weißgekleideter Schwarzer blieb dicht neben Captain Scott stehen.

»Entschuldigen Sie, Monsieur«, sagte er leise, »kann ich Sie einen Moment sprechen? Ich habe eine Nachricht, die nur für Sie persönlich bestimmt ist.«

Captain Scott betrachtete den Mann verwundert. Seiner Kleidung nach schien er so etwas wie ein besserer Herrschaftsdiener zu sein. Scott durchzuckte ein hoffnungsvoller Gedanke.

»Schießen Sie los, Mann.«

Der Schwarze neigte den Kopf in Richtung zum Brunnen und deutete dann mit der Hand den Weg am Rand des Tennisplatzes entlang. Da hob Somoza den Kopf.

»Ah, Pablo!« Er grinste. »Du kommst wohl im Auftrag von Mademoiselle? Warum ist sie denn nicht selber gekommen? Es war nicht schön von ihr, Mister Scott zu versetzen.«

Somoza nahm eines der Handtücher, die am Spielfeldrand bereitlagen, und trocknete sich ab. Der Schwarze blieb völlig ungerührt.

»Darf ich Sie allein sprechen, Mister Scott?«, fragte er ruhig.

»Natürlich darfst du«, keifte Carlos hinter dem Handtuch hervor und fügte an Scott gewandt hinzu: »Aber wenn Sie denken, Sir, dass unser Match um Denise ging: Ich habe nur vorübergehend verloren.«

Er warf das Handtuch auf den Boden und trottete in Richtung Bar davon.

»Bitte, gehen wir«, sagte Scott, nahm den Schwarzen am Arm und ging mit ihm am Tennis Court entlang. »Und nun endlich: Was haben Sie mir zu sagen?«

»Mademoiselle Denise lässt sich entschuldigen, dass sie nicht zum Tennisspiel kommen konnte. Aber Sie erwartet Sie dort drüben im Palmengarten des Hotels.«

»Well, my Boy«, sagte Scott, der seine gute Laune von vorhin schnell wiedergefunden hatte. »Dann gehen wir eben hinüber. Nur finde ich es lächerlich, dass Miss Denise offenbar auf diesen Ganoven Rücksicht genommen hat. Damit hängt es doch zusammen, nicht? Wer sind Sie eigentlich?«

Der Palmengarten schloss sich direkt an das Tennisgelände an. Es war ein kleiner Park, in dem eine Reihe von Sitzbänken standen und dessen gepflegte Kieswege von wild wuchernden tropischen Pflanzen eingesäumt wurden.

Am Eingang blieben die beiden stehen. Der Schwarze deutete nach links.

»Mademoiselle wird Sie auf einer Bank dort hinten erwarten, Sir. Ich heiße Pablo und stehe in Diensten von Colonel Latour. Meine besondere Aufgabe ist, über Mademoiselle zu wachen. Nehmen Sie es deshalb nicht übel, Sir, wenn ich mich hier bis zu ihrer Rückkehr aufhalte. Sie kennen weder die Gesetze noch die Geheimnisse unseres Landes. Ich bitte Sie daher um größte Vorsicht. Alles andere wird Ihnen Mademoiselle selbst erzählen.«

Er verneigte sich höflich und drehte sich dann um. Dabei sah Scott, dass sich das weiße Jackett unter der linken Schulter verdächtig ausbeulte. Darunter musste das Halfter einer großkalibrigen Pistole sein.

»In Ordnung, Pablo, ich danke Ihnen. Und ich werde Mademoiselle wenigstens für heute nicht allzu lang aufhalten.«

Captain Ralph Scott schlenderte den bezeichneten Weg nach links hinüber. Er mündete in einen kleinen Rasenplatz, der von dichtem Gebüsch umsäumt war. Scott blieb unwillkürlich stehen, als er das Mädchen auf der Bank sitzen sah. War das wirklich dieses bezaubernde, lachende Geschöpf, das er gestern über den Tennisplatz gejagt hatte?

Natürlich war sie es. Sie sah heute in ihrem zitronengelben Kleid fast noch hübscher aus als gestern, obwohl nicht so viel nackte Haut zu sehen war. Aber diese starren, traurigen Augen? Sie passten nicht zu Denise.

Verdammt, fluchte der Captain in sich hinein, ich werde dir schon wieder zum Lachen verhelfen, du Stern von Haiti, und wenn dabei einige der Teufel holen sollte, die dir diese verzweifelte Maske auf dein hübsches Gesicht gemalt haben!

Er ging die paar Schritte auf sie zu. Langsam wandte sie den Kopf. Ihr trauriges Lächeln tat ihm weh.

Er nahm sie bei beiden Händen und setzte sich neben ihr nieder.

»Was ist denn los mit Ihnen, liebe kleine Miss?«, fragte er. Seine blauen Augen weckten einen Strahl von Leben in ihrem Gesicht.

»Seien Sie mir nicht böse, Sir, dass ich nicht kommen konnte«, sagte sie leise.

»Ich heiße Ralph, Denise, das haben wir gestern ausgemacht«, bemerkte er trotzig. »Und ich bin Ihnen nicht böse, denn ich nehme an, dass es ein ganz besonderer Grund war, der Sie abgehalten hat. Natürlich ist das alles ein bisschen mysteriös für mich. Ihr freundlicher Diener tat ein wenig geheimnisvoll, und ich stimme ihm zu, dass ich die Gesetze und Geheimnisse Ihres Landes nicht kenne. Was aber hat das mit uns beiden und mit Ihrem traurigen Gesicht zu tun?«

»Es ist schwer zu erklären, Ralph. Es gibt zum Beispiel in unserem Land eine uralte Sitte, nach der schon halbe Kinder einander für das spätere Leben versprochen werden.«

Scott langte in die Tasche seiner Shorts und fingerte eine Zigarette heraus. Denise lehnte nicht ab, als er ihr eine anbot.