Gesucht - Paul Köhler - E-Book

Gesucht E-Book

Paul Köhler

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Beschreibung

In knappen Worten erzählt die Kriminalgeschichte über einen Banküberfall, der das Leben aller Beteiligten auf höchst eigenartige Art und Weise umkrempeln wird und einen Inspektor, dem das Glück über einen bedeutsamen Fall kaum abwegiger schiene, als dass er die reinste Tortour durchleben müsse. Gebannt auf kaum 300 Seiten eilen die Geschehnisse dahin und ihrem unausweichlichen Ziel entgegen. Spannend, irrwitzig und das Leben auf skurrile Geschehen beziehend bahnen sich George Miles und Jim Stone ihren Weg durch England, auf der Suche nach Zerstreuung. Immer auf der Flucht, immer im Schatten ihres eigenen Daseins und mit den höchsten, den allerhöchsten Kräften spielend.

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Seitenzahl: 255

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Impressum

Autor: Paul Köhler

Titel: Gesucht

Untertitel: Ausfahrt mit einem Bankräuber

© Copyright 2016 Paul Köhler

www.paulkoehlerbooks.wordpress.com

Druck: epubli GmbH, Berlin,

www.epubli.de

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Fiese Gumminoppen

Dreizehn

Irrfahrt zu Zweit

Mann mit Schirm

Nur ein Schuss

Innere Konversation

Ungeladen?

Rechnung postwendend

Auf der Durchreise

Zwischenstation

Immer flüssig bleiben

Zugriff

Bettruhe

Sachdienlicher Hinweis

Zuständigkeit

Auf Droge

Blutiges Geständnis

Auf Ihre Verantwortung

Richtige Entscheidung

Epilog

Prolog

»… Aus diesem Grund erkläre ich, alle Handlungen ausschließlich zum Zweck der Selbstverteidigung ausgeführt zu haben und in jedem Moment …«

»Ja, so …«

»… Opfer gewesen zu sein.« Lässt eine Pause, »Kommt so zu den Akten, ja?«

»Ich denke doch.«

Die Geschichte die ich zu erzählen gedenke führte mich weit von meinem normalen Leben auf eine Art Reise ins Unbekannte. Zusammen mit einem kurzzeitigen Freund hatte ich das Vergnügen, dem tristen Alltag zu entfliehen. Man sagt dem Universum keine Stetigkeit nach, meint von ihm, das es von ständiger Expansion begriffen sei und warum sollte ich mich als Individuum dann noch entgegenstellen. Alles folgt der Entropie, warum dann nicht auch mein Leben? Sozusagen sollte auch ich mich von den Konstanten lösen und ein kleines Quäntchen mehr Zufall gestatten.

Noch vor wenigen Tagen dachte ich nicht, einmal aus meinem gewohnten Umfeld zu entkommen und neue Welten zu erschließen; jetzt kann ich auch mit bestimmten Situationen besser umgehen und mein eigenes Leben in die Hand nehmen. Ja, glücklicherweise nahm die Geschichte ihren höchst eigenartigen Lauf und bannte mich …

Fiese Gumminoppen

»Hier?«, fragt der ältere Herr sich über den Schalter beugend.

»Hm. Sehen Sie, da ist für Ihre Signatur ein Platz aufgespart. Das können Sie gar nicht verfehlen«, meine ich verträumt und mich bereits in einem bequemen Sessel wähnend.

»Da hin!«

»Ja, Herrgott.« Ich tippe mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand auf das Feld. Dann erst setzt der ältere Herr seine Brille auf. Zweifelsohne ist er halb Blind, wenn er nicht mal das bisschen Tinte da vom Rest der fast leeren Seite unterscheiden kann.

»Und Sie meinen, ich solle dort …«

Ich schreite ein: »Bitte dort. Ich hätte einen Stift.«

Er witzelt: »Das ist Sache meines eigenen Füllhalters.«

Wow denke ich, das hättest du dem gar nicht zugetraut. Da steht nun ein Mann mit neunzig Jahren vor mir und lässt sich einen Kredit über 20.000 Pfund geben. Wer hat denn das zugelassen? Ich meine, ob der wohl einen Zwanziger von einem Zweihunderter noch unterscheiden kann?

»Alles … oder reicht der Nachname?«, fragt er, ich bin abwesend.

»Alles … oder reicht der Nachname?«, verkündet er so laut, dass sich mein Trommelfell blitzschnell zusammenzieht und in meinem Gehirn nur ein Haufen verzerrter Wellen ankommt. Dann frage ich höflichst: »Wir haben auch Lesehilfen hier, wenn Sie eine benötigen?«

»Alles … oder reicht der Nachname?«, ersucht er penetrant.

»Der reicht, der Nachname. Aber wenn Sie sich bitte dazu durchringen würden, der Chef wartet schon ungeduldig auf seinen morgendlichen Kaffee«, beruhige ich den aufgebrachten Mann, der sich nun endlich mit den Schnörkeln seiner Unterschrift herumbalgt.

Er dann wieder aufgeregt: »War es das?«

»Ja.«

Dann klingelt das Telefon. Aber ich kenne das schon. Das ist so anbiedernd, fast schon ekelhaft, wie sich der kleine dickliche Mann hinter seinem Schreibtisch fläzend amüsiert, wie meine Kunden stressen und der Kaffee auf der Strecke bleibt. Dabei ist doch gerade der seine allmorgendliche Dosis gute Laune. Überhaupt muss man ihn ständig bei guter Laune halten, weil er selbst in dieser Verfassung noch das wohl ekelhafteste Arschloch ist, dem ich je zu begegnen das Pech hatte. Wenn er in seiner selbstgefälligen Art auf einen herabschaut, obgleich er lediglich einhundertfünfundsechzig Zentimeter misst, sich über die Arbeit mokiert, die man eben getan hat und insgeheim schon die nächsten unbezahlten Überstunden einplant, um dann selbst eher in den Feierabend sich verabschieden zu können … dieser Mann ist mein Chef und gleichwohl ein Despot. Seine Idiotie ist auch seine schlimmste Macke, recht einer Manie vergleichbar, wenn er ständig meint, die Handlungen seiner Angestellten untersuchen zu müssen. Er besitzt dafür drei einfache Methoden, von denen nicht eine einzige der allgemeinen Logik folgt …

»Können Sie mir davon eine Kopie ziehen?«, spricht mich der ältere Herr nochmals an, der eben seinen Füllhalter in das Etui zurückgesteckt hat und meine Gedanken unterbricht.

»Ja«, antworte ich ihm und denke mich bereits wieder an dem Kopierer stehend, wenn die gesamte Schar von all den tüchtigen und emsigen Angestellten um mich verweilend in großes Gelächter ausbricht, weil die Bedienung mir bisweilen schwerer fällt – das sind eben auch so kleine, fiese Gumminoppen …

Mein Bürostuhl knarzt, als ich ihn zurückrolle um aufzustehen und sogleich die Blicke derer auf mich ziehe, die in wenigen Sekunden eben um den Kopierer stehen – Sie werden schon sehen. Dann setze ich mich in Bewegung, immer schön gemächlich, nichts übereilen zu wollen und vor allem nicht übereifrig zu erscheinen. Das hat der gemeine Bürger nicht gern, wenn Bankangestellte eilig hin und her wuseln.

Auf zur Showeinlage, sinniere ich noch und stehe bereits unausweichlich vor dem schwarzen Klumpen, der mich mit seinem gierigen Schlund und seinem abscheulichen Tastenfeld grimmig anschaut. Dabei ist der Kopiervorgang im wesentlichen ein einfach zu durchschauender Prozess: Tinte auf Papier, aber eben in gewisser Ordnung zwischen dem leeren Seitenbereich und dem gefüllten; ein paar Walzen verrichten ihre Tätigkeit vorzüglich und der kleine Druckkopf läuft von links nach rechts, von rechts dann wieder zurück und so weiter … ein amüsantes Spiel, bei dem Zeile für Zeile angesetzt wird und letztendlich eine vollständige Kopie zu Erden liegt, als wie wenn von Hand das Original abgeschrieben worden wäre – nur reiner.

Eigentlich heißt es da Augen zu und durch – wenn das nur so einfach wäre. Zuallererst drücke ich den kleinen Standby-Knopf an der rechten Seite des Geräts, dann ein leises Surren gefolgt von lautem Walzengeräusch … bereit. Na ja, was hieße schon bereit, wenn jetzt nicht Verstand gefragt sei: das Original zumindest versuche ich meist durch den Schlitz zu schieben, durch den am Ende die fertige Kopie ausgespuckt werden wird … erstes Gelächter sucht seine Bahnen durch die hinter mir stehenden weiblichen Beschäftigten in dieser Bank, die eindeutig den leider größten Anteil am Personal ausmachen, einen netten Kollegen findet man hier selten. Die Situation erfordert mehr Feingefühl, als nötig wäre … Jetzt sind die bösen Gumminoppen an der Reihe, so herrlich bunt sie auch sein mögen.

»Drücken Sie mal blau«, wirft Irene ein, ihrerseits Bankfachfrau und meist an Schalter Nummer eins sitzend.

»Wieso?«

»Na, weil sie’ s sowieso nicht schaffen.«

Das darf mich emotional nicht aus dem Konzept bringen. »Aber Miss, der blaue Knopf wird doch unweigerlich die Reinigung des Geräts starten.«

»Ist unausweichlich.« Ein hämisches Grinsen steht Ihr zu Gesicht.

Vielleicht ein kurzer Umriss über meine Situation. Die Werkstätte meinerseits ist die Harrow Bank im Herzen Londons. Täglich werden Geldwerte von mehreren Millionen Pfund, Euro und Dollar verschoben und verarbeitet, Kontos eröffnet und geschlossen, sich unseren Krediten bedient und sonst welchen Angelegenheiten, denen man auf einer Bank zu begegnen weiß. Die Harrow Bank ist beileibe nicht mit einer Filiale abgetan, aber ich musste das Pech haben, unbedingt das schrecklichste aller Institute ersucht zu haben, in dem ich nun mit vielen hysterischen Frauen und einem unbarmherzigen Chef konfrontiert werde. Ja, ich bin der einzige Mann hier, was in Anbetracht der Tatsache ziemlich verstörend sein kann. Alles hier so hysterisch und schrill und der Chef hat auch nur Augen für die weiblichen Angestellten. (Schauder)

Haben wir schon über die Begebenheiten gesprochen, die sich täglich reichlich zeigen? Nein? Dann steht das nächste Kapitel meiner Erzählung bereits fest. Obgleich mein Tag mit allerlei Bankkram gefüllt ist, lässt sich doch zweimal täglich eine kleine Pause einschieben, oder wie es mein Chef, übrigens Adam Harrow, immer wieder gern betont: »Tätigen wir jetzt eine ungewollte aber leider nicht umgängliche Unterbrechung der Arbeitszeit, die der fleißige Angestellte gewollt ist nachzuarbeiten, ja?« – so ein …

Ein Glucksen, dann ein Rattern, ein ratschen und piepen, langsam scheint der Drucker seiner Arbeit genüge zu tun und meine Kopie zu ziehen, warum auch immer man es so nennt. Ungeduldig steht der Alte noch immer am Schalter und blickt unter seiner Brille hervor in meine Richtung, ganz als würde er mir mitteilen wollen, seine Kopie auch schnellstmöglich zu erhalten. Ungeachtet dessen wenden sich die ersten von mir ab – wird auch Zeit. Ich meine die Schlange von anstehenden Bankkunden bereits am Foyer zu erblicken, obgleich das ganze Gemenge durch Gedrängel und Schubserei für mich kaum auseinander zu halten ist. Und alles wegen eines Kopierers, der seine Arbeit eben beendet hat und mir die fertige Kopie anzeigt. Das Walzwerk fährt zurück und ich schicke ihn in seinen Standby-Modus, weil sich der Chef deswegen bereits mehrere Male zu beklagen wusste: »Strom ist nicht zu verschwenden. Ja, dann vor allem nicht auf mein Geld!«

»Ihre Kopie, der Herr«, meine ich noch freundlich, als der Alte sich bereits von mir abwendet, den Wisch in seine Manteltasche schiebt und die Schalterhalle auf schnellstem Weg verlässt. Doch hinter mir steht schon der kleine fiese Chef mit den neuen Plänen für die nächste Woche.

»Ach Gott, da wollte ich doch freimachen.« Ich zeige geradewegs auf den Mittwoch.

»Ja, geht eben nicht.«

»Und Irene? Sie hat an dem Tag auch frei bekommen.«

»Das geht Sie nichts an.«

»Jawohl Mister Harrow«, bejahe ich und wende mich von ihm ab – der nächste Kunde wartet bereits auf Bearbeitung und ich auf meine nächste Dosis. Dabei weiß ich genaustens über das Kommen und Gehen der Angestellten Bescheid und beobachte bereits seit längerem die Bevorzugung des weiblichen Personals. Vor allem aber ist es Irene Smith, die dem Chef zu gefallen scheint. Auffällig oft verbringt sie ihre verlängerten Mittagspausen mit dem Chef im Büro und entsteigt dem Zimmer, Sie mögen meine Ausdrucksweise entschuldigen, fröhlich und beschwipst. Alles deutet auf einen kleinen Umtrunk zur Mittagszeit hin. Vielleicht auch auf mehr, was sich meiner Auffassung bisweilen aber verschlossen hat. Und es wäre mir wahrlich kein Vergnügen, den Chef beim Flirt mit der Bankangestellten Nummer eins zu erwischen. Solche Szenen gehören nicht in eine Bank, oder Irrenanstalt, ganz wie man will. Bereits die Überlegung zieht seine Schatten bei dem kleinen Mann und der viel zu großen Blondine. Eine weitere Beschreibung spare ich lieber auf, weil Sie ohnedies nicht von ihr angetan wären und sich ihr Mitleid auf mich in Grenzen halten soll. Schreiten wir lieber objektiv zu den folgenden Ereignissen.

Jeder Arbeitstag hat die Annehmlichkeit einmal zu Ende zu gehen, sei es nach vielen unbezahlten Überstunden oder auch vielen Bankkunden und Angestellten, die nur so auf meine Psyche springen und ein heilloses Chaos in meinem Kopf stiften. An diesem Punkt wäre zumindest einer wichtigen Eigenschaft der Welt Rechnung getragen – der Entropie, der steigenden Unordnung in einem System. Meist kann ich erst gegen 19 Uhr die Bank verlassen und mich meinen Tätigkeiten des häuslichen verschreiben, die so zahlreich anfallen. Beileibe kommt mir der Umstand sehr entgegen, dass ich keinem Hobby fröne, keinem Verein beigetreten bin und auch sonst mich von nichts begeistern lasse. Es bleibt demnach immer noch genügend Zeit, um den Weg nach Hause zu Fuß zu nehmen, denn in der Abenddämmerung gehe ich gern ein Stück, und obwohl es Tag für Tag die gleiche Strecke zu sein scheint, kann man in einer Stadt wie sie London ist davon ausgehen, jeden Tag an einem anderen Ereignis vorbei zu kommen. Häuser, die von Tag zu Tag höher werden, stetig wechselnde Baustellen und Läden und Wohnungen. Ein reger Verkehr ist das Umzugsgeschäft allein auf meinem drei Kilometer langen Weg bis nach Hause in die Dover Street.

Man geht so an all dem vorüber, nimmt für einen kurzen Moment teil am Leben vollkommen fremder Menschen und kann denen genau oder eben auch gar nicht nachvollziehen so zu fühlen … Das schönste Stück ist noch immer an der Themse zu gehen, der tosenden und schäumenden Gischt dem Spiel der Wellen zuzusehen und den Geruch abgestandenen Wassers in die Nase geweht zu bekommen – in all den Jahren hat man sich daran gewöhnt und so schlimm, als wie in vergangenen Tagen schien, ist es lange nicht mehr. Allerhand Eindrücke sammelt man auf seiner Reise durch das hellerleuchtete abendliche London und kennt trotzdem den unausweichlichen Schritt am darauffolgenden Tag, gleiches Spiel zu betreiben und wieder und wieder der Arbeit nachzugehen, die seit jeher schon die Eigene ist – eigentlich ist es ein wenig wie Gefängnis, weil man sich zwar in Freiheit wähnt aber dennoch den Ausbruch nicht schafft. Wie oft schon nimmt man sich in seinem Leben vor, einen anderen Weg zu wählen aber wie oft landet man wieder dort, wo alles begann. Ich denke der Ausbruch aus einem Leben wie diesem ist um einiges komplizierter, als die Mauern eines Gefängnisses hinter sich zu lassen.

Etwa nach einer Stunde gelange ich in der Dover Street an und bezwinge die verrostete Tür zum Treppenhaus. Es ist ein Mietshaus mit insgesamt 20 Wohnungen. Ich für meinen Teil habe eine Zweizimmerwohnung im zweiten von vier Geschossen bezogen die von einer Frau vermietet wird, die kaum drei Türen weiter haust. Die Ausstattung ist gewöhnlich, man darf eben nicht zu viel erwarten, dafür ist die Miete gering und die Räumlichkeiten geradezu perfekt auf mich geschnitten. Sie liegt mit zwei Zimmern, dem Wohnraum und dem Schlafzimmer in den Hinterhof und mit den restlichen Räumlichkeiten ins Haus. Zwei Fenster in jedem Raum sorgen zwar nur für wenig Licht, aber mich sollte das bei meiner täglichen Abwesenheit nicht belangen: noch im Dunklen verlasse ich meine Heimstatt und kehre auch erst bei vollkommener Schwärze des Himmels zurück. Von lichtdurchfluteten Räumen zur Mittagszeit hätte ich wenig.

Zu meiner Freude war die Küche, als ich vor sieben Jahren hier einzog möbliert und auch ein altes Bett stand noch im dazugehörigen Keller, beides behielt ich bis zum heutigen Tag, weil es einfach noch keine Gelegenheit gab, es zu erneuern und ich ehrlich gesagt auch nicht wüsste wieso.

Das abendliche Prozedere ist wohl kaum Wert, hier Anklang zu finden … Ein kleines Mahl und ein x-beliebiges Programm im Fernsehen genügt schon um mich auf die Nacht und den kommenden Tag vorzubereiten. Alles beim alten, während ich die Deckenleuchte abstaube; nichts ändert sich, als ich ein wenig Dreck in der Küche bereinige und wirklich nicht der leiseste Vorbote von einem unerwarteten Ereignis in meinem Leben, als ich mein bisschen Müll in den Müllschlucker werfe. Ein Tag folgt dem nächsten, ohne das ich auch nur eine Veränderung feststellen kann. Dabei müsste man einfach mutig genug sein, um dem hier zu entfliehen … Den Wecker auf halb sechs gestellt drehe ich mich auf die linke Seite, weil wenn ich auf der rechten schliefe ich den Nachbarn durchs Fenster beim fern schauen zusehen könnte.

Dreizehn

Eilig stürze ich aus der Wohnungstür, hing mir noch eben schnell die Krawatte um den Hals und klammerte die Aktentasche fest unter meinen Arm. Irgendwie muss ich wohl den Wecker überhört haben, als ich doch tatsächlich erst dreizehn Minuten nach dem ersten Klingeln aufwachte. Warum unbedingt dreizehn? Mein morgendlicher Plan ist mit einem Zeitpuffer von genau zwölf Minuten ausgestattet, falls etwas Unvorhergesehenes eintreten würde; ansonsten ist alles streng nach Zeitplan organisiert: nach aufstehen duschen, essen, anziehen – genau geplant bis sieben Uhr zwölf, weil die restlichen Minuten bis halb vergehen werden, um im eiligen Schritt die Haltestelle zu erreichen. Wenn der Bus dann genau zu dieser Zeit links aus dem Verkehr ausschert, gelange ich schließlich pünktlichst in der Bank an und bis heute hatte das sieben Jahre lang vollkommen ausnahmslos funktioniert. Selbst im kältesten Winter und im heißesten Sommer hielt der Busfahrer seinen Fahrplan ein und damit auch ich meinen.

Genau eine Minute aber habe ich unbeabsichtigt gelassen und nun wird diese sich verhängnisvoll auf meinen Arbeitstag auswirken. Ich weiß, das ich mit der Linie Acht fahre, auf der ein disziplinierter und gewissenhafter Fahrer seinen Dienst schiebt und ich mich eben auch immer darauf verlassen kann, pünktlichst fünf Minuten vor dem Beginn meiner Arbeitszeit anzukommen. Vielleicht ein wenig knapp gefasst.

Eine wilde Hatz nach sechzig Sekunden beginnt durch die Dover Street bei der ich einigermaßen ins Schwitzen komme. Während ich möglichst darauf achte, keinen anderen umzustürzen bahne ich mir den Weg über den Bürgersteig und binde unterdessen auch die Krawatte. Ja, das geht nach Jahren einfach automatisch – ich meine daran keine Schwierigkeit mehr zu finden den Knoten präzise zu binden und den Hemdkragen darüber zu schlagen. Drei Minuten sind es noch bis zur Haltestelle aber meine Uhr zeigt zwei vor halb acht.

Alles hat sich gegen mich verschworen denke ich noch, als ich tatsächlich bei Rot eine Straße zu passieren gedenke: aufheulende Motoren und Hupen verschlingt mein Gehör und bahnen sich ihren Weg zu meinem Hirn wie ich mich durch die Stahlkarawanen schlängele. Nie in meinem gesamten Leben hatte ich bis jetzt ein Delikt begangen, nicht einmal eine Straße rechtswidrig überquert. Bis heute war es mir stets möglich, die Gesetze genaustens im Auge zu behalten und mich zivilisiert zu verhalten, aber trotzdem fühlte ich urplötzlich einen Teil meiner Last und meiner Gefängnismauern hinter mir gelassen zu haben. Ein simples Vergehen also trug auf einen Schlag zu meinem Wohlergehen bei. Dann sollte man doch ein Bankräuber werden. Dennoch verpasse ich den Bus und erahne am Haltepunkt angelangt nur noch dessen Rücklichter. Erst in zehn Minuten wird der nächste Doppeldecker diesen Punkt ansteuern und mich fünf Minuten nach Arbeitsbeginn an der Bank absetzen. Dass das meinem Chef übel aufstoßen würde ist bedenklich, weil ich nie mit ihm konnte und er wohl in seiner fiesen Art einige Überstunden anzuhängen wüsste.

Ein Taxi wäre die Lösung zu meinem Problem und als ich noch das nötige Kleingeld in meiner Börse zusammenzähle, hält nach Handsignal eine der schwarzen Taxen genau am Bürgersteig: »Morgen. Wo soll es den hingehen?«

»Harrow Bank, bitte. Westminster«, meine ich noch immer keuchend vom sportlichen Sprint hierher.

»Kein Problem.«

Gerade als er seinen Fuß auf das Gaspedal setzt und anfahren will stößt ihm geradewegs ein zweiter Wagen aus der Seitenstraße in die Beifahrerseite – die Scherben schleudert es wild durch alle Lüfte und der Wagen macht auf Anhieb eine Seitwärtsbewegung auf den Haltepunkt zu, mich drückt es tief in den Sitz der Hinterbank, auf der ich platz nahm. Meine Aktentasche bohrt sich weit in das Polster neben mir, bis die Schnallen aufspringen und allerlei Bürokram im Taxi verteilt wird. Es vergehen nur wenige Bruchteile einer Sekunde und wir kommen am Trottoir zum Stillstand – ein regelrechter Trümmerhaufen. Glücklicherweise ist nur einiger Blech- und Sachschaden entstanden aber weder die Fahrer noch ich sind verletzt worden. Plötzlich wimmelt es rund um den Unfall von Passanten, die sich bis zum Wagen durchzuringen scheinen, ich steige aus. Mein Kopf dröhnt und ich kann meine Umwelt noch nicht recht wahrnehmen. Stimmen wirken verschwommen und mein gesamter Verstand ist noch immer wie benebelt, als ich das Nötigste zusammensuche und eilig davonstürze. Gut, als Zeuge hätte man meiner sicher gebraucht, aber ich hätte doch lediglich nur das Sagen können, was auch all die anderen Menschen auf der Straße sahen. Außerdem sind es nur noch wenige Minuten, um mich zur Harrow Bank durchzuschlagen. Ein glücklicher Umstand macht es möglich, das ich nun doch den nächsten Bus erhasche und nervös auf einem der hinteren Plätze platz nehme, den Fahrer der Taxe und all die Menschen hinter mir lassend.

Genau sieben Minuten nachdem die offizielle Arbeitszeit beginnt gelange ich am Haupttor an und gehe durch das Foyer und die Haupthalle direkt auf das Büro des Chefs zu. Ich denke, so vielleicht einigen Schaden beheben zu können, wenn ich mich der Verspätung schuldig bekenne und mein Bedauern zum Ausdruck bringe. Für den Chef gibt es keinen Entschuldigungsgrund für das Zuspätkommen, da könnte selbst der Himmel auf die Erde stürzen … Etwas mulmig ist mir, als ich in das Vorzimmer vorstoße und bereits seine Sekretärin erblicke. Sie ist immer ein wenig verschreckt, wenn man sie anspricht: »Bitte entschuldigen Sie die Störung, Miss, ich müsste zu Mister Harrow.«

Sie ist es wieder: »Mit … mit dem habe ich nicht gerechnet.« Ihre Art macht sie eigentlich sympathisch, weil sie die einzige Frau in dieser Bank ist, die nicht wie ein Roboter den standardisierten Text herunter betet wie ein Leierkasten. »Gehen Sie durch.«

»Miles!«, dringt das Gebell des Chefs an mein Ohr, der erbost die Fäuste gegen seinen Schreibtisch gestemmt hat und errötet drein blickt. Sein Gesicht gleicht einem fürchterlichen Gebirge, so verzahnt haben sich seine Falten auf der Stirn – ich versuche zu schlichten.

»Sir, bitte entschuldigen Sie meine Verspätung. Es lag ganz an meinem inkompetenten Verhalten hierher zu finden. Ich bitte Sie inständig von Maßnahmen abzusehen und werde diese Zeit selbstverständlich am heutigen Tag nacharbeiten.« Wie ich es hasse, diesem Mann in den Allerwertesten zu kriechen, vor ihm zu kuschen, nur weil er da steht und es sonst noch mehr Überstunden hageln würde.

»Miles, es ehrt Sie, dass Sie den Weg hier in mein Büro gefunden haben« er raunt die Stirn »aber Zuspätkommen kann und will ich nicht tolerieren.« Er setzt zu seinem Schrei an: »Sehen Sie mich zu-spät-kommen?!«

»Sir, bitte …« ich halte meine Hände zu ihm, um ein wenig Schutz aufzubauen.

»Sie werden heute Abend hier wischen!«

»Wie Sie meinen«, bemerke ich flugs, bevor ich sein Büro eiligen Schrittes verlasse und meinen Arbeitsplatz ansteuere. Hier heute Abend die Putzkraft spielen zu müssen ist ein unangenehmer Tatbestand aber besser, als gefeuert zu werden ist es allemal. So kann ich zumindest weiterhin meine Miete zahlen.

Erst einmal nimmt der Tag nun seinen gewohnten Lauf, obwohl ich selbst seitdem ich heute Morgen dreizehn Minuten zu spät aufgestanden bin ein unbehagliches Gefühl spüren kann.

Die Uhr zeigt achtzehn mit dem großen Zeiger, demnach schließt die Filiale und ich werde gleich meinen Putzdienst antreten. Die letzten Kunden haben die Halle eben verlassen, als ein älteres Automobil anhält. Ein schwarzer Wagen der schon einige Dellen und Kratzer hat. Nach den getönten Scheiben zu urteilen, verschließt sich der Fahrer leider meiner Auffassung. Nicht nur einmal hatte der Wagen heute schon hier gehalten, sondern heute Früh gegen neun das erste und heute Mittag während der Pause zum zweiten Mal. Zum Teufel mit diesem Fahrzeug, wenn es doch nur nicht so bedrohlich wirken würde. Irgendwie auffällig, niemand steigt ein, niemand aus. Ein Taxi ist es nicht, sondern ein normaler Personenwagen mit laufendem Motor zwischen all dem geschäftigen Gedrängel, der die ganze Zeit im Halteverbot steht. Es wirkt ganz so, als würde der Fahrer in die Bank sehen, obwohl er selbst nicht zu erkennen ist.

Irene Smith setzt sich in Bewegung – ein klares Zeichen, dass der Chef jetzt die Bank schließen lässt. Ich meine, erst kommt er hier in die Halle, verkündet das Arbeitsende, schließt die Tore und verdrückt sich mit seiner Liebschaft über den Hintereingang. Ich habe aber das Gefühl, dass es dazu heute nicht kommen wird. Irgendwie nicht.

»Hallo«, gibt der Chef zu erkennen. »Hallo Miles, wir schließen und Sie machen jetzt hier sauber, klar.«

»Ich möchte das wirklich nicht«, meine ich verschreckt ihm gegenüber noch immer den Wagen beobachtend.

»Was?«

»Mir ist nicht wohl.« Ich stehe auf.

»Soll ich ihnen etwa den Grund dazu liefern? Sie werden jetzt auf der Stelle …«

»Da! Daaa!«, schreie ich ihm ins Gesicht und zeige mit meinem linken Arm auf die Straße.

»Was erlauben Sie sich. Raus mit Ihnen, Sie sind ein für allemal gefeuert!«, blökt er mich verbittert an und erhebt seine Hand, setzt zu einer wilden Rechten an. Während der Diskussion eben hatte sich der Fahrer in Bewegung gesetzt und die Wagentür aufgestoßen. Mit eiligen Schritten hastete er ganz in Schwarz gekleidet auf die Bank zu, wird bald den Saal betreten. Endlich, als sich der Chef besinnt, blickt auch er gen Foyer und erblickt den Mann in voller Größe und vorgehaltenem Revolver: ein Überfall. Ein Überfall auf die Harrow Bank, hier, mitten in der Stadt.

»Los, los! Zwei Mille, aber heute noch! Und Griffel weg von den kleinen roten Tasten, die Ehre gebührt nur mir, die Polente zu holen!«, stößt er mit krächzender Stimme in den leeren Saal, von dessen Wänden die Worte her hallen.

Den ganzen Tag über hatte der Wagen vor der Bank gestanden und nun ist der Grund gefunden – tatsächlich ein Beobachter mit dem Sinn zur Dramaturgie und Hang zum Wahnsinn. Wer würde schon die Harrow Bank im Herzen Londons überfallen und sich freiwillig dieser ganzen Bande von kreischenden und heulenden Frauen aussetzen.

»Na los doch! Alle auf den Boden!«

Irene und drei andere folgen seinen Anweisungen auf der Stelle und brechen in einem großen Geflenne aus, eine vierte kauert sich hinter ihren Schreibtisch, dann Schüsse. Einer, dann ein weiterer. Auch ich folge den Anweisungen des Banditen und ziehe den Chef zu mir herunter.

»Sie da, aufstehen«, meint der Gangster zu mir und fuchtelt ständig mit seiner geladenen Waffe herum. Ich stütze mich vom Boden ab, halte meine Hände nach oben und versuche möglichst emotionslos an diese Sache zu gehen. Mit Hilfe kann in den nächsten Minuten nicht gerechnet werden, weil es einen Alarm in der Bank nicht gibt. Das Problem sind die Kosten der Alarmanlage, die der Chef erst vor einem Monat hat abstellen lassen. Damit könnte auch kein roter Knopf helfen, die Polizei zu verständigen. Mein Vorteil seine Schwäche, denn scheint der Mann nicht die leiseste Ahnung von dem zu haben, was er nun mit dem ganzen Haufen hysterischer Frauen, mit mir und dem Chef anfangen soll. Kleinlaut stößt er nochmals sein Anliegen aus: »Wo bleiben meine zwei Millionen?«

Ich traue mich zu einem Dialog mit dem Mann: »Wir sollten uns legen.«

»Schnauze man! Ich mache das nicht zum ersten Mal.«

»Ich kann das Geld …«

Er unterbricht mich: »Na los doch, wir gehen jetzt alle zum Tresorraum.«

Hinter seiner schwarzen Maske erkenne ich Verzweiflung, der Schweiß läuft ihm mehr auf der Stirn als mir. Eigentlich kommt mir das Ganze hier entgegen, weil sich so der Putzdienst verschieben und mein Leben etwas aufwerten lässt. Nicht alle Tage hat man die Gelegenheit einem Banküberfall in geselliger Runde beizuwohnen. Und in ernsthafter Gefahr befindet sich hier wirklich nur einer, nämlich der Räuber selbst.

»Okay. Die Hühner da stecke ich in das Büro. Los, Marsch! Und ihr zwei da kommt mit.« Mit seinem Revolver treibt er den aufgelösten Haufen in den Lagerraum, in dem immer die Tinte und das ganze Papier gelagert wird. Ein fürchterlicher Geruch ist das dort drin, kaum zum Aushalten …

Im Zählraum liegt glücklicherweise genügend Bargeld um den Räuber zu Entlohnen, den Tresor zu öffnen wäre durch ein Zeitschloss auch nicht möglich gewesen. Na ja, zumindest nicht für mich – der Chef hat da einen bestimmten Key. Und der ist es auch, dem nun die Waffe an den Kopf gehalten wird, während ich mich des Geldzählens befleißige. Immer schön gemütlich, denn in Gefahr ist hier wirklich keiner. Seit der Mann die Bank betreten hatte, kann ich ihm wirklich nicht die Lust des Mordens ansehen und das er sich die Finger damit schmutzig machen wolle, kann ich ebenfalls nicht glauben.

»Gehen auch Hunderter?«, frage ich den nervösen Räuber, der bereits die Polizei vorfahren hört. Wie es scheint, hat ein Passant das Gesetz verständigt, als im Banksaal Schüsse fielen – damit hat sich der Trottel doch wirklich selbst geliefert.

»Ja man, einfach rein in den Koffer.«

»Einer wird nicht reichen.« Mein Chef bekommt Panik und zittert am ganzen Körper. »Würde es ihnen etwas ausmachen«, frage ich den Bankräuber, »wenn Sie die Waffe auf mich statt des Chefs richten könnten? So viel Aufregung kann er nicht ertragen. Immerhin bekommt er Tabletten gegen solchen Scheiß verschrieben.«

»Wie sie wollen.« Er hebt den Arm und richtet den Lauf jetzt direkt auf mich.

»Das stört mich nicht, solange ich pünktlich in vier Minuten Feierabend machen kann.«

»Hä?«

Irgendwie scheine ich den Bankräuber zu verunsichern mit meinem Gerede, aber das ist völlig ernst gemeint. Was wäre das wohl hier geworden mit den ganzen Memmen, wenn ich nicht einschreiten würde. Die Weiber haben sich doch tatsächlich ohne Widerstand in der Rumpelkammer einschließen lassen, dabei hätten die ihn leicht überwältigen können. Tja, und Adam Harrow, dieser kleine Hitzkopf hat nicht einmal den Mut, sich vor seine Belegschaft zu stellen und alle Gefahr auf sich zu nehmen.

»Haben Sie einen zweiten Koffer dabei?«, frage ich.

»Schnauze.«

»Ich möchte nur sehen, ob wir im Lager …«

Ich wende mich von ihm ab, doch er schreitet mit seinem Schießeisen ein: »Hierbleiben!«

»Aber das Geld?«

»In den Sack!«, schnauzt er mich an.

»Der Kunde ist König«, meine ich, aber ein zweiter Koffer ist dann schnell gefunden.

Zur selben Zeit müssen die Polizisten bereits das gesamte Gebäude von Keller bis Dach umstellt haben und bald mit einer Evakuierung beginnen. Ja, es ist immer besser, Nerven wie Stahlseile zu haben und im Ernstfall von ihnen Gebrauch zu machen – wirklich hilfreich scheint der Umstand, dass ich der Polizei mit meinem Gerede einen Vorteil verschafft und den Überfall in die Länge gezogen habe. Demnach kann es auch nicht mehr lange dauern bis der Satz fällt, den üblicherweise die Polizei in so einer Situation allzu gern verwendet.

»Sie da!« Der Räuber zeigt auf mich. »Sie kommen mit! Als Geisel!«

»Nein, nein das kann ich wirklich nicht!«

»Ha? Typ, ich halte dir eine Knarre an die Stirn und du sagst du kannst nicht? Was läuft denn in dir nicht richtig ab?«, meint der Gangster etwas beunruhigt.

»Ich … ich bekomme meine Überstunden nicht bezahlt und ähm … Überfälle und Geiselnahme steht auch nicht in meinem Arbeitsvertrag.«

»Scheiß drauf, du bist jetzt entführt! Verträge kannst du später noch ändern. Los, klemm dir den Koffer unter den Arm.«

»Und was ist mit meiner Tageskarte?« Werfe ich dem zur Hintertür eilenden Mann zu.

»Tageskarte?«

»Ich habe heute früh aus Versehen eine Tageskarte statt einer Einzelfahrt verlangt und … na ja, wäre doch schade, wenn die jetzt …«

Er funkt mir dazwischen: »Ich bin Psychopath!«

»Habe ich bemerkt. Aber im Grunde sind wir das doch alle. Sie, ich, die ganze Welt spielt verrückt und könnte mit einer einzigen Idiotie bezeichnet werden.«

»Ich könnte Sie auf der Stelle umbringen!«

»Nein.«

»Doch.«

»Nicht wirklich.« Seine Augen sind weit aufgerissen, als ich ihm mit jedem Schritt näher komme und bereits seinen Atem spüren kann. Jeder hätte wohl unlängst das Weite gesucht, aber dennoch bleibe ich ruhig und verhalte mich auch in Anwesenheit des Bankräubers sittsam.

»Dann bringe ich die Weiber um!«

»Tun Sie sich keinen Zwang an, bitte. Aber wenn Sie jetzt nicht der Polizei in die Hände fallen wollen, müssen Sie gehen.«