Gesundbrunnen im Schaumburger Land - Georg Schwedt - E-Book

Gesundbrunnen im Schaumburger Land E-Book

Georg Schwedt

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Beschreibung

Professoren der ehemaligen Universität Rinteln (1619-1810) bzw. Apotheker wie der Hamelner Rathsapotheker Westrumb und der Rintelner Universitätsapotheker Brockmann waren die Ersten, welche die Brunnen der Bäder REHBURG, NENNDORF und EILSEN sowie den Gesundbrunnen in RODENBERG untersuchten und beschrieben. Medizinprofessoren aus Rinteln waren auch die ersten Brunnenmedici im 18. Jahrhundert. Die Geschichte dieser Gesundbrunnen und Bäder wird anhand historischer Veröffentlichungen mit Biografien der Autoren - von Accum, Brockmann, Bunsen, Du Menil, Fresenius, Schröter, Westrumb, Wurzer bis zu von Ziegler - vorgestellt. Jedes Kapitel schließt mit einer Spurensuche im 21. Jahrhundert.

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Inhalt

Teil 1: Königliche Hof-Medici am Gesundbrunnen zu REHBURG

Einleitung

Rehburg in:

Systematische Beschreibung aller Gesundbrunnen und Bäder Teutschlands

(1775) von J. F. ZÜCKERT

Zur Historie in zeitgenössischen Berichten

Hof-Medicus WEBER (1769)

Zur Festung Wilhelmstein

Rehburger Berge

Apotheker Andreae

Der Bericht des Superintendenten Mehliß (1805)

L. F. R. LENTIN:

Kurze Nachricht über die Bestandtheile und die bisher beobachtete Wirkung des Rehburger Gesundbrunnens und Bades

(1804)

Über die Schwefelquellen bei Winzlar WESTRUMB – Vater und Sohn

Bericht des Bremer Senators DENEKEN (1796)

Bericht des Arztes F. A. ALBERS aus Stolzenau (1801)

Über die Molkenanstalt

Rehburg 1841 in:

Physikalisch-medicinische Darstellung der bekannten Heilquellen der vorzüglichsten Länder Europa’s

DU MÈNIL und Bad Rehburg

Übersicht zu den wichtigsten Ereignissen in der Geschichte von Bad Rehburg

Auf Spurensuche im 21. Jahrhundert

Anhang:

Veröffentlichungen von 1769 bis 1830

Weitere Literaturhinweise

Teil 2: Der Brunnenmedicus zu RODENBERG und Professor der Universität Rinteln Franz von Ziegler

Vorwort und Einführung

Franz von Ziegler

Aus der Geschichte des Gesundbrunnens zu Rodenberg am Deister

Aus der

Chronik von Rodenberg

Exkurs zu den Salinenbauten

Exkurs zur Beschaffenheit des Rodenberger Mineralwassers

Zu Kurfürst Wilhelm in Kassel

Kurfürst Wilhelm II. und der Kurprinz Friedrich Wilhelm

Zum Soldbad Rodenberg

Zu Robert Bunsen, der die Analyse durchführte

Aus der Geschichte der Saline zu Soldorf

Die Brunnenschrift von ZIEGLER

Vorbericht

Kurze Beschreibung des Brunnens

Zu den Kuren in Rodenberg

46. Oberprediger Wildstak (zum Leibmedicus Werlhoff)

105. Die Familie von Wartensleben

106. Prof. Vietoris und Familie

Der Gesundbrunnen Rodenberg in den Werken über Heilwässer des 18./19. Jahrhunderts

Rodenbergs Gesundbrunnen und Saline in Walter Maack:

Die Grafschaft Schaumburg

Auf Spurensuche in Rodenberg und Soldorf im 21. Jahrhundert

Literatur

Teil 3: Ludwig Philipp Schröter über die Schwefelquellen zu NENNDORF

Einleitung

Aus der Geschichte der Universität Rinteln

Über Ludwig Philipp Schröters Lebensweg

Teil 1: Die Nenndorfer Brunnenschrift von Schröter

Aus der Vorgeschichte des Schwefelbades

Erstes Kapitel: Von dem Namen, der Lage, der Gegend, dem Alterthume und der Geschichte des Nenndorfer Schwefelbrunnens

Zweytes Kapitel: Von den Gebäuden und Bädern bey den Schwefelquellen zu Nenndorf

Drittes Kapitel: Von den übrigen neuen Einrichtungen, Anstalten und Begebenheiten bey den Schwefelquellen zu Nenndorf

Historische Gebäude in Bad Nenndorf heute

Teil 2:

Von den asphaltischen kalten Schwefelquellen zu Großen Nendorf

Zweyte Abtheilung:

Erstes Kapitel: Von der natürlichen Beschaffenheit des Erdbodens um den Brunnen

Zweytes Kapitel: Von der physikalischen Beschaffenheit der Quellen

Drittes Kapitel: Aeusserliche Merkmale und Anzeigen von dem Schwefelgehalte unseres Mineralwassers

Viertes Kapitel:Innerer Gehalt des Schwefelwassers durch Versuche mit gegenwirkenden Mitteln

Exkurs: Die Universitätsapotheker BROCKMANN über die Nenndorfer Quellen

Fünftes Kapitel: Versuche zur Bestimmung der festen Bestandtheile

REZENSIONEN

Literatur

Teil 4: Berühmte Chemiker an den Schwefelquellen von EILSEN

Zur Geschichte des Gesundbrunnens aus historischen Berichten

Vorwort und Einleitung

Christian Philipp ACCUM über die Schwefelquellen 1791

Der Ratsapotheker WESTRUMB aus Hameln in Eilsen 1805

Exkurs: Das Gutachten vom Landphysikus Schmidt

Ferdinand WURZER aus Marburg über die Schwefelquellen 1824

Über die Schlammbäder zu Eilsen

Der Arzt HUFELAND über Eilsen

aus eigener Erfahrung

Emil OSANN als Balneochemiker über die Eilsener Quellen

Exkurs zu Du Ménil

Exkurs: Gasbäder

Eilsen im WESERBUCH

(Ein aufklärender Begleiter auf der Weserreise) 1845

Remigius FRESENIUS: Analyse des Julianenbrunnens und des Georgenbrunnens im fürstlichen Bade Eilsen ((1890/1891)

Exkurs: Von den Salz- zu Ionen-Konzentrationen

Ein Quellen-Spaziergang im 21. Jahrhundert

Übersicht zu den wichtigsten Ereignissen in Eilenses Badgeschichte

Anhänge:

Verzeichnis der Literatur bis in die Mitte ds 19. Jh. nach OSANN

Weitere Literaturhinweise

Teil 1Königliche HOF-MEDICI am Gesundbrunnen zu REHBURG

Historie in zeitgenössischen Berichten

EINLEITUNG

Am Freitag, den 14. März 1766 erschien im Hannoverischen Magazin anonym ein Beitrag unter dem Titel Von den Kräften des Brunnens und Bades bey Rehburg. Er beginnt wie folgt:

„Ich zweifle nicht, daß unsere Aerzte über die Kräfte des Rehburger Brunnens und Bades schon viele wichtige Beobachtungen gemacht haben. Um zu veranlassen, daß sie solche dem Publico mitzutheilen belieben mögten, liefere ich hiermit die wenigen folgenden, so ich aus denen in einer öffentlichen Registratur verwahrt liegenden, unsern Brunnen betreffenden Papieren zu ziehen Gelegenheit gehabt.“

Aus diesem Beitrag stammen die folgenden Fakten zur frühen Geschichte des REHBURGER BRUNNENS.

1690

Bericht des Rehburger Amtmanns

A(h)rens

(über den Großen Zulauf an Kranken)

1722

Bericht des Amtmanns

Ludowieg

…,

daß das Wasser vielen Kranken ersprießlich gewesen…

1752

Akte des Regiments-Wundarztes

Fromm

vom Regiment von Münchow (über

Heilung von einer Flechte und Ausschlag…

) Königl. Churfürstl. Hofmedicus A. L.

von Hugo

im Auftrag der Königl. Regierung am Brunnen,

um von desselben Wirkungen nähern Unterricht zu schöpfen.

PROCLAMA von König Georg II. von Großbritannien, Kurfürst von Hannover (aus K. Droste 2003)

Der abgebildete Auszug aus der Anordnung dokumentiert den Beginn der Entwicklung zum Kurbad Rehburg.

Und am Ende des zuvor zitierten Berichtes ist zu lesen:

„Was der Nienburgische Arzt, der verstorbene Herr Doctor Corner, von unserm Brunnen rühmet, übergehe ich, und zeige nur an, daß er vom 16ten August 1750, diesen Brunnen schon seit 24 Jahren vielen Kranken angerathen, und manche selbst der verzweifelsten dadurch hergestellet gesehen zu haben, versichert.

(Der Verfasser dieses Berichtes wird aus der später zitierten Schrift des Hofmedicus Christoph WEBER einen Namen bekommen.)

Aus dieser Zeit stammt auch das Kurtagebuch des Johann Christian Kestner vom 9. bis 30. Juli 1765 (2005 mit Kommentaren von Alfred Schröcker herausgegeben).

Johann Christian KESTNER (1741-1800) war Jurist und Archivar, berühmt vor allem als Ehemann von Werthers Lotte Charlotte Buff.

Zwischen 1750 und 1850 galt der Rehburger Brunnen als „Madeira des Nordens“ und wurde zum bekanntesten Kurort für den Adel des Königsreichs Hannover. In dieser Zeit entstanden die Kuranlagen mit Badehaus, Brunnenhaus, Wandelhalle, Kurhotels und 1841/42 der Friederikenkapelle sowie auch der Kurpark

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts analysierte der Hamelner Ratsapothekers WESTRUMB (1751-1819) die beiden Quellen – die Trink- und die Badequelle. Seine Untersuchungsergebnisse wurden in das erste Deutsche Bäderbuch von 1907 aufgenommen.

Zum Ende des 20. Jahrhunderts waren die Kuranlagen, die zuvor unter anderem als Pflegeheim und für Waisenhäuser genutzt worden waren, verfallen – der Kurpark war zugewuchert. 1950 endete auch die Ära als Staatsbad.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts erwachten die historischen Kuranlagen aus ihrem Dornröschenschlaf.

Im Jahre 2003 wurde die historische Kuranlage mit Museum eingeweiht, bestehend aus dem frühklassizistischen Neuen Badehaus (1778/1786 – mit seiner ornamentalen Badekammer, dem „Königinnen-Bad“), der Wandelhalle (1843/44 – heute mit der Tourist-Information und dem Café-Restaurant Carpe Diem), dem sanierten Brunnen auf dem Vorplatz, dem früheren Brunnenhaus von 1753 sowie der Friederikenkapelle (1841/1842).

Im „Neuen Brunnenhaus“ befindet sich die Ausstellung „Kurleben der Romantik“ und lädt zu einer Zeitreise in das Kur- und Badeleben des 19. Jahrhunderts ein, wo auch der Nachbau eines tragbaren chemischen Probierkabinetts zu sehen ist, mit dessen Reagenzien um 1800 die ersten zuverlässigen Analysen von Mineralwässern vor Ort durchgeführt werden konnten.

Wer heute in dem Niedersächsischen Staatsbad BAD NENNDORF kurt und sich ein wenig mit der Historie beschäftigt, wird nicht nur auf die Vergangenheit des benachbarten GESUNDBRUNNENS von RODENBERG stoßen, sondern auch auf Vergleiche mit BAD REHBURG, das heute kein Bad mehr ist, jedoch die historischen Anlagen zu neuem Leben erweckt hat. Alle drei Orte liegen in der ehemaligen GRAFSCHAFT SCHAUMBURG.

REHBURG in:

Systematische Beschreibung aller Gesundbrunnen und Bäder Teutschlands (1776)

von J. F. ZÜCKERT

Johann Friedrich ZÜCKERT (1737-1778) war zunächst Apotheker geworden und studierte ab 1758 Medizin in Berlin am Anatomischen Amphitheater und an der Charité. 1760 promovierte er an der Brandenburgischen Universität zu Frankfurt an der Oder. Nach Forschungsreisen ließ er sich 1761 in Berlin nieder, wurde Mitglied des Obercollegium medico-chirurgico und wirkte vor allem als Fachschriftsteller.

Er berichtete über REHBURG wie folgt:

29) Der Rehburger Gesundbrunn.

Man hat davon eine Beschreibung aus der gelehrten Feder des Herr D. Webers. Sie ist in 8. zu Hannover 1769. gedruckt. Der Brunn ist eine halbe Stunde von dem Städtchen Rehburg, und eine Stunde vom Kloster Lokkum, im Herzogthum Calenberg, vier Meilen von Hannover, und eben so weit von Minden. Er ist seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts von Zeit zu Zeit bald häufiger bald weniger von Kranken besucht worden, die sich in Zeltern um denselben gelagert haben. Im Jahre 1750. aber und in den nachfolgenden Zeiten hat man ordentliche Brunnengebäude und Badehäuser errichtet, und viele zur Bequemlichkeit der Kranken abzielende Einrichtungen gemacht, so daß jetzt eine große Frequenz bey diesem Brunnen ist.

Der Ort, wo das Wasser entspringt, besteht aus zween in dem Lokkummerberg befindlichen durch die Kunst verfertigten und im blossen Felsen ausgehauenen Hölungen, zu welchen ein Stollen führet, der 900 Fuß lang ist. Es scheinet, daß der Felsen daselbst also ausgehauen worden, wie man die Wasseradern desselben am besten und reichlichsten eröfnen zu können geglaubt hat. Allhier strömet und träufelt das Wasser an allen Orten ergiebig hervor, und sammlet sich auf dem Boden der beschriebenen Hölungen. Da solche unter einem Berge liegen, dessen äusserste Höhe mit den Spitzen der höchsten Kirchtürme von Hannover übereinkommen soll; so war es, wenn gleich das Wasser in seinen tiefsten Quellen aufgesucht vorhanden ist, dennoch wegen der Unthunlichkeit, den Berg so weit abzutragen, nicht möglich, dieses Wasser anders als vermittelst des Stollens zu Tage zu leiten. Durch diesen Stollen, der theils im Felsen gehauen, theils mit Steinen ausgemauert ist, durch thönerne Röhren in einem mit einem Gebäude umgebenen Springbrunnen, und von da mittelst langer eiserner Röhren in die Badehäuser.

Nach den Versuchen, welche der Herr D. Weber mit diesem Wasser angestellt hat, enthält es bey der Quelle, außer dem Mineralgeist und Eisenvitriol, eine Kalkerde, ein bitteres Brunnensalz und Kochsalz. In seinem Lauf aber aus der Quelle nach dem Baßin im Brunnenhause geht einige Veränderung damit vor. Die Kalkerde schlägt während dieses Laufs das Eisen aus dem Vitriol nieder, welches als eine Ocher in den thönernen Röhren häufig zurückbleibt, und die Kalkerde geht mit der Vitriolsäure in eine selenitische Verbindung über. Daher ist in dem Wasser aus dem Baßin weder durch Geschmack, noch durch chemische Versuche, kaum einiges Eisen zu verspüren. Beyde Arten von Wasser werde sowol zum Trinken als Baden gebraucht.

Zur Historie in zeitgenössischen Berichten

Die von Zückert genannte Schrift ist folgende:

Schreiben

des

Herrn Hof-Medicus D. Christoph Weber

zu Walsrode

an einen seiner Freunde

von

der Lage, der Geschichte, dem

Gehalt, dem Gebrauche

und den Würkungen

des

Rehburger

Gesund-Brunnens

und Bades

auf dessen Erlaubnis zum Druck befördert.

_________________________________

Hannover,

gedruckt bey Hermann Adolph Wekcne 1769.

Hofmedicus WEBER (1769)

Im Folgenden werden aus dieser Schrift der ersten Abschnitte zitiert und daran anschließend jeweils näher erläutert.

Christoph WEBER (Eisleben 1734 – 1787 Bad Rehburg) war Arzt und wirkte nach seinem Studium in Göttingen (Dr. med. 1758) zunächst in Walsrode als Arzt. 1770 wurde er Brunnenarzt in Rehburg – als Nachfolger von J. A. F. Oldenburg. Weber war Hofmedicus und Landphysicus in Walsrode und sorgte als Brunnenarzt auch für den Ausbau des Bades Rehburg – das frühere Brunnenhaus und das Badehaus der heute historischen Anlagen entstanden in seiner Zeit.

Mein Herr!

Sie erwarten von mir eine vollständige Beschreibung des Rehburger Brunnens, weil selbiger seit einigen Jahren die Aufmerksamkeit der Nachbarschaft auf sich gezogen hat, und dennoch so wohl das Publicum, als die Aerzte eine ausführliche Nachricht davon vermissen. Sie haben um so mehr Recht dazu, diese von mir zu verlangen, da mir von Königlicher und Churfürstlicher Cammer zu Hannover die Aufsicht über den Brunnen, und die Versorgung derer selbigen besuchenden Kranken gnädigst angetragen worden ist.

[…]

Um aber wenigstens einen Theil meiner Schuldigkeit bey Ihnen abzutragen, nehme ich mir die Ehre, Ihnen dasjenige mitzutheilen, was ich von der Lage, der Geschichte, und dem Gehalte des Brunnens überhaupt weiß, und was Sie von dem Gebrauch und Nutzen desselben zu lesen wünschen.

Ich mache also mit der Lage des Brunnens den Anfang und beschreibe Ihnen zuerst denjenigen Ort, wo das Wasser entspringt.

Dieser Ort besteht aus zween in einem Berge, welcher der Lockummer Berg heißet, befindlichen, durch die Kunst verfertigten, in bloßem Felsen ausgehauenen Hölungen, zu welchen ein Stollen führet, welcher 900. Fus lang ist. Von diesen Hölungen ist die eine ohngefehr 40. und die andere 20. Fuß lang, und beyde sind bald schmaler bald breiter. Es scheinet, der Felsen daselbst also ausgehauen worden, wie man die Wasser-Adern desselben am besten und reichlichsten eröfnen zu können geglaubet hat. Allhier ströhmet und träufelt das Wasser aller Orten ergiebig hervor, und samlet sich auf dem Boden der beschriebenen Hölungen. Da selbige unter einem Berge liegen, dessen äusserliche Höhe mit den Spitzen der höchsten Kirchthürme von Hannover übereinkommen soll, so ersehen Sie daraus, mein Herr, faß wenn gleich das Wasser in seinen tiefsten Quellen aufgesucht vorhanden ist, es dennoch wegen der Unthunlichkeit, den Berg so weit abzutragen, sehr schwer, ja fast unmöglich ist, es anders, als vermittelst des Stollen zu Tage zu leiten.

Durch diesen Stollen, der theils im Felsen gehauen, theils mit Steinen ausgemauert ist, fließet das Wasser vermittelst thönerner Röhren in einem mit einem bedeckten, aber auf den Seiten ofnen Gebäude umgebenden Springbrunnen und von da 450. Fuß lang mittelst eiserner Röhren in die Badehäuser.

(…) [In den zwei ausgelassenen Absätzen erfolgen Angaben zur Lage des Ortes, d.h. Entfernungen zu anderen Städten und Zuordnung zum Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg.]

Die Gegend um den Brunnen ist so schön, daß sie nicht allein vielen in Teutschland befindlichen angenehmen Gegenden, wo Gesund-Brunnen sind, gleich kommt, sondern daß sie es auch einigen, die deswegen berühmt sind, zuvor thut. Wenigstens hat sie das seltene, daß die Aussichten des Lockumer Berges, welcher der höchste und fast einzige in einem Umkreise von 3 bis 4 Meilen ist, überall in Ebnen gehen, und daß sie folglich freye und durch die Mannigfaltigkeit der Gegenstände reitzende Scenen darstellen. Das Brunnen-Haus und die Gebäude liegen an dem Fuße dieses waldigen Berges, ja gewisser maßen selbst in dem Walde, wo der fruchtbare Erdboden überall Kräuter und Graß hervorbringt. Die Anhöhen werden zu der gemeinen Hut und Weide genutzet, und liefern also einen grünen Teppig, der den Spazierenden angenehm ist, und der bey dem allmähligen Steigen der Anhöhen durch keine Tiefen und Zwischen-Räume unterbrochen wird. Schon die Höhen an dem Fuße des Berges sind hinreichend, um von da der schönsten Aussichten zu genießen. Der Anblick des so genannten Steinhuder Meeres, welches ein See ist, der eine Meile Weges in seiner größten Länge hat, stellt würklich dem Auge ein Bild eines Meer-Busen dar, um und an welchem man eine Anzahl von kleinen Städten, Dörffern und eintzelnen Häuser entdecket. Auf diesem See zeiget sich eine von des jetzt regierende Grafen von der Lippe Bückeburg Erlauchten angelegte regulaire Festung, der Wilhelmstein genannt, welcher von Kennern bewundert, und von unsern Brunnen-Gästen wegen der Seltenheit der Lage und des Werkes oft mit Vergnügen von Ferne beschauet, auch wegen der Bequemlichkeit einer zweystündigen Reise bis Hagenburg und Veränderung der darauf folgenden einstündigen Wasserfahrt bis zu der Festung, vielfältige besuchet wird. Man siehet auf der einen Seite des Lockummer Berges die Thürme von Hannover, und auf der andern die von Minden, bey gutem Wetter, vor sich liegen. Der dickere Wald auf den Höhen des Berges welche man zu besteigen pfleget, ist durchgehend zum Spazierengehen bequem, und giebet an einigen Holtzleeren Stellen die Aussichten im Gantzen, die man am Fuße des Berges nicht ohne Vermischung von andern Gegenständen, und Verhinderungen des Auges wahrnehmen kann.

Zur FESTUNG WILHELMSTEIN

Auf der künstlichen Insel im Steinhuder Meer wurde von Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe (1724-1777) zwischen 1761 und 1767 eine Festung errichten, die als uneinnehmbarer Fluchtpunkt im Falle eines Angriffes auf die kleine Grafschaft genutzt werden sollte. Die Insel wurde von 1761 bis 1765 aufgeschüttet. Für die Anlieferung des Schüttmaterials aus Sand, Kies sowie Steinen wurde der 1,2 km lange Hagenburger Kanal als Stichkanal vom Schloss Hagenburg zum Steinhuder Meer ausgehoben. Die Festung Wilhelmstein gehört noch heute dem Haus Schaumburg-Lippe und ist ein beliebtes Ausflugsziel. Nach Beendigung der Nutzung (zuletzt als Gefängnis) 1867 wurde sie zunehmend für den damaligen Fremdenverkehr genutzt – u.a. von Kurgästen aus Bad Rehburg, Bad Nenndorf und Bad Eilsen.

Kupferstich von 1787 – von Anton Wilhelm Strack (1758-1829)

Zu den berühmtesten Besuchern des historischen Ausflugszieles Insel Wilhelmstein zählen u.a. Johann Gottfried HERDER, Friedrich des La MOTTE-FOUQUE, König JÉRÔME Bonaparte von Westfalen und Kaiser WILHELM I.

REHBURGER BERGE

Karte zu den Rehburger Bergen mit Umgebung (n. Falk Oberdorf)

Der als Rehburger Berge bezeichnete Höhenzug zwischen Rehburg-Loccum (Nordwesten), Hagenburg (im Osten) und Sachsenhagen (im Süden) besteht aus mehreren Erhebungen – dem Brunnenberg (161,4 m), Wölpingerhauser Berg (136 m), Düdinghauser Berg (121 m), Loccumer Berg (118,7 m) und dem Atgeberg (101 m). Von dem Höhenzug hat man auch heute noch weite Ausblicke zur Weser, zum Steinhuder Meer, Deister, Bückeberg und Wiehengebirge.

Zu den „Türmen von Hannover“ – Kupferstich von Matthäus Merian 1654

Zu den „Türmen von Minden“ – Kupferstich von Matthäus Merian 1641

Fortsetzung des Textes von HOF-MEDICUS WEBER:

Ich will Sie, mein Herr, jetzo mit der Beschreibung der gewiß angenehm in die Augen fallenden Lage der Gebäude neben der Brunnen-Allee und an den Anhöhen des Weges, der von hier nach Lockum führet, nicht aufhalten. Das Publicum hat ohnehin zu gewärtgen, daß der Herr Andreae, welcher bereits mehrere Wahrnehmungen über den Gehalt des Wassers und über die Natur-Geschichte der Gegend mit einem gewiß gelehrten Auge angestellet und niedergeschrieben hat, selbige drucken lassen, und mit einem Abrisse von der jetzigen Lage des Ortes zieren wird. Ich schreite also zu der Geschichte desselben, und finde dabey Gelegenheit, Ihnen zugleich von denen vorhandenen Anlagen und Gebäuden beyläuffig einen Begriff zu geben.

Johann Gerhard Reinhard ANDREAE (1724-1793)

Apotheker Andreae

Nach einer Ausbildung zum Apotheker in Hannover in der Apotheke seines früh verstorbenen Vaters unter dem Provisor Ruge war Andreae u.a. 1746 in der Hessischen Apotheke zu Frankfurt tätig. Er studierte in Berlin bei Johann Heinrich Pott (1692-1777) am Collegium Medico Chirurgicum Chemie, Pharmazie und Geologie, später auch in Leiden und reiste nach England. 1747 kehrte er nach Hannover zurück, wo er die Verwaltung der Apotheke seines Vaters übernahm. Er wurde Hof-Apotheker und unternahm eine wissenschaftliche Reise in die Schweiz. 1765 erhielt er von der königlichen Kammer in Hannover den Auftrag, die wichtigsten Mergel- und Erdarten des Landes zu untersuchen. Andreae wirkte nicht nur als Apotheker sondern auch als Mineraloge, Chemiker und Botaniker. Die vom Hof-Medicus Weber angesprochene Schrift bzw. Veröffentlichung wird im folgenden Absatz angegeben.

Fortsetzung Hof-Medicus WEBER:

Von der ersten Entdeckung der Heilkräfte dieses Wassers habe ich, ohngeachtet vieler darüber angestellter Nachfragen, bishero noch keine Nachricht erhalten können. Daß es aber schon im letztverwichenen Jahrhunderte als ein mineralisches Trinkwasser gebrauchet und starck besuchet worden sey, solches ist keinem Zweifel unterworfen. Der eben erwähnte gelehrte Naturkundige und Chymicus Hr. Apotheker Andreae zu Hannover hat Gelegenheit gehabt, die wegen des Brunnens bey Königl. Cammer vorhandene Nachrichten einzusehen, und hieraus ist von ihm im 21. Stück des Hannöverschen Magazins vom Jahr 1766. angeführet worden, daß im Jahre 1690. der damahlige Amtmann zu Rehburg Herr Alers an seine Herrn Obern berichtet habe, daß der Zufluß von Kranken bey dem Brunnen sehr groß sey, und er dieserhalben auf die Vorkehrung einiger Anstalten zu ihrem Besten antrüge.

Erläuterung:

Mit diesem Hinweis auf die Veröffentlichung im Hannöverschen Magazin (1766, S. 321-326) ist der Autor des anonym erschienenen Artikels – zu Beginn in der Einleitung zitiert – somit der Hofapotheker ANDREAE gewesen.

Fortsetzung Hof-Medicus WEBER:

Bey der Rehburger Kirche befinden sich schriftliche Nachrichten, welche ich Ihnen hiemit in einem Auszuge zu liefern, die Ehre habe. In dem 1692sten und einigen folgenden Jahren hat der Hochseelige Chur-Fürst Ernst August mit mehrern Fürstlichen Personen Seines Hauses sich des Wassers an der Quelle bedienet, und Gezelte dabey aufschlagen lassen.

Erläuterung: Kurfürst ERNST AUGUST (Herzberg 1629-1698 Herrenhausen), seit 1661 Bischof von Osnabrück, übernahm 1679 die Herrschaft von Calenberg, 1692 Kurfürst von Hannover und zugleich Herzog von Braunschweig-Lüneburg.

Die Besuchung des Brunnens ist oftmahls in Begleitung des ganzen Hoff-Staats geschehen. Der dahmalige Rehburgische Prediger Herr Pastor Meyer hat sodann jeden Sonntages unter einem Zelte vor der Gnädigen Herrschaft predigen müßen. Ein ohnweit des Brunnens vorhandener Camp hat von der darauf angelegt gewesenen Küche den Nahmen der Churfürstlichen Küche geführet und über dem Brunnen hat ein kleines Haus gestanden.

[Das Fazit des folgenden Absatzes ist, dass der Brunnen nach dem Tod des Kurfürsten offensichtlich zunächst in Vergessenheit geraten sei, so wie es auch über den Brunnen von Pyrmont berichtet wurde.]

Im Jahr 1722. ist der Rehburger Brunnen von vielen, wiewohl mehrentheils geringen Leuten besucht worden, deren Uebel, und die dagegen gefundene Hülfe durch eine Nachricht des obangeführten Stückes des Hannöverschen Magazins bekannt ist.

Die Nachrichten der Rehburger Kirche melden, daß der vormahlige Nienburgische Arzt, Herr Doctor Cörner den Brunnen aus eigenem Antriebe von 1726. bis 1750. jährlich als Arzt besucht, und sich eines Zaltes zum Auffenthalte bedienet habe. Die Anzahl der Brunnen-Gäste, welche sich unter Hütten von Laub und Sträuchern aufgehalten, ist in den Jahren 1748., 1749., und 1750. auf einige Hundert angewachsen gewesen.

In dem letzgedachten Jahr haben der jetzige Königliche Dänische Leib-Medicus Herr Etats-Rath von Berger, als damahliger Hof-Medicus zu Zelle, und der bereits verstorbene Hof-Medicus Herr A. L. von Hugo auf Königlicher Cammer Befehl die Gegend in Augenschein genommen, und das Wasser untersucht. Weyland Ihro Königliche Majestät, Georg der Zweite, welche in diesem Jahr in Hannover gegenwärtig waren, geruheten von der Sache Kenntniß zu nehmen, und befahlen die Anlegung derer vorhandenen Baracken zu besserer Verpflegung der Armen unter den Brunnen-Gästen. Im folgenden Jahr, in welchem die Anzahl so wohl einheimischer als fremder Gäste sehr groß gewesen ist, sind die Baracken bereits gebrauchet worden.

Erläuterung:

König Georg I. (1660-1727) folgte seinem Vater ERNST AUGUST als Kurfürst von Hannover, gewann das Fürstentum Lüneburg (1705) und die Herzogtümer Bremen (1720) und Verden (1712/1719) hinzu und wurde 1714 König von England.

In eben diesem Jahre [1750] haben des Herrn Geheimen Rathes und Groß-Voigts Diede zum Fürstenstein und weyland des Herrn Geheimen Rathes von Schwicheld Excellenzen Land-Gericht zu Rehburg gehalten, und bey dieser Gelegenheit die Gegend des Brunnens, theils wegen des Brunnens selbst, theils wegen derer eine Zeitlang sehr ergiebig gewesenen Stein-Kohlen-Gruben in hohen Augenschein genommen. Dieses hat den angenehmen Erfolg gehabt, daß die in Vorschlag gebrachte Anlegung neuer Stollen, behuef des Stein-Kohlenbrechens, um den Lauf des Wassers nicht zu hindern, unterblieben und dagegen in dem folgenden Jahre, da Seine Königliche Majestät die hiesigen Lande abermahlen mit Dero Höchsten Gegenwart beglückten, die Applanirung des am Ende des Berges steinigten Terreins, die Anlegung eines Brunnen-Hauses, einer Allee, und eines großen Wohnhauses, mit Bade-Gelegenheiten in dessen unterstem Stockwerke, allergnädigst genehmiget worden ist. Mit allen diesen Arbeiten hat man schon im Herbste dieses Jahres den Anfang gemacht, und in dem folgenden Jahre schon von einigen Particuliers, welche dazu durch die von Königlicher Landes-Regierung ertheilte Privilegien aufgemuntert worden, Gebäude aufführen sehen. Ausser einigen kleinern am Berge vorhandenen Häusern sind dazumahl die größern des seligen Herrn Ober-Amtmanns Hugo zu Stolzenau, und des Herrn Amtmanns Ludowig zu Rehburg beyde an der Allee, desgleichen das Haus des Herrn Amtmanns Reineke zu Diepenau auf einem sehr angenehmen Platze errichtet worden. Letzterer erhielte das Privilegium auf die bey dem Brunnen vorfallende Post-Fuhren, und für eine Apotheke wurde durch das dem Herrn Apotheker Behr zu Stolzenau, welcher an der Allee nahe bey dem Brunnen-Hause gebauet hat, ertheilte Privilegium gesorget.

ERLÄUTERUNGEN

In der Geschichte von Stolzenau ist verzeichnet, dass der Burgmannshof in der Bahnhofstraße 13 im Jahre 1742 Eigentum des Oberamtmannes Christoph von HUGO war. Er wird auch im Bericht „Historische Nachrichten vom Rehburger Gesundbrunnen“ des Superintenden Mehliß zu Oldendorf in „Neues Hannöversches Magazin“ vom 15. März 1805 genannt, aus dem später ebenfalls zitiert wird.

So wohl die Anlage dieser Gebäude, als auch die zum besten der Kranken gemachte Anstalten verursachten daß sich jährlich mehrere Brunnen-Gäste von allerley Stande einfanden. Dieser Erfolg, und die viele glücklich ausschlagende Curen zogen die fernere Aufmerksamkeit Königlicher Regierung und Cammer auf sich, so daß von Zeit zu Zeit Untersuchungen und Verbesserungen angestellt wurden. So wurde im Jahr 1754. die schon vorhin geschehene Prüfung des Gehalts des Wasser von dem berühmten Königlichen Leib-Aerzten, dem Herrn von Hugo, und dem Herrn Werlhof selbst, in Beytritt des Herrn Apothekers Andreä durch eine genaue Untersuchung wiederholet, und im Jahre 1755. von Königlichem Consistorio verfügt, daß der jedesmahlige Prediger zu Rehburg während der Brunnen-Zeit jeden Sonntag eine Predigt, und Dienstag und Freytags eine Bet-Stunde halten sollte. Der auf diese Art angeordnete Gottes-Dienst wird in dem gerade hinter dem Brunnen-Hause errichteten Gebäude abgewartet.

Während des letzten Krieges ist der Brunnen nicht stark gebrauchet worden, nach geschlossenen Frieden aber haben sich die Gäste häufiger als jemahls eingefunden, desfalls auch gleich damahls der Gehalt des Wassers von unserem Herrn Hofmedico D. Müller, und dem Herrn Andreae abermahls untersuchet, auch bey den Bade-Anstalten eine Verbesserung getroffen worden ist.

Die Aerzte, welche seit 1750, die Aufsicht bey den Brunnen geführet, und, die Kranken besorget haben, sind der Herr D. Albrecht, und nach ihm der Anfangs des Jahres 1768. verstorbene Herr D. Oldenburg gewesen.

Beyde haben ihren Sitz zu Neustadt am Rübenberge gehabt, sind aber verpflichtet gewesen, sich während der Brunnen- und Bade-Zeit beym Brunnen auzuhalten.

Weil für den beständigen Zuwachs von Gästen die bisherigen Bäder nicht hinreichend waren, ließ Königliche Cammer im Jahre 1767. in dem Bade-Hause noch einige Bäder, und dabey ein neues Bade-Hauß für Hausleute und Arme anlegen.

Zu besserer Beobachtung der Bade-Stunden und Erhaltung guter Ordnung unter der Menge der andringenden Bade-Gäste wurde eine Glocken-Uhr, welche dem Orte bisher gemangelt hatte, auf dem großen Bade-Hause aufgestellet. Es ist nunmehro auch in jedem Bade-Hause eine Pfanne, worin das Wasser zu den Bädern gekocht wird, befindlich, so daß in beyden Häusern zugleich gebadet werden kann.

Die Dusche schien mir noch ein bey diesem Bade nöthiges Stück zu seyn, deren Anlegung auf meinen unterthänigsten Vorschlag bey Königlicher Cammer ebenfalls bereits bewilligt worden ist.

Jetzt haben auch Seine Königliche Majestät der Armuth zum Besten, die Anlegung eines Gebäudes genehmiget, darin 134 Menschen zu Zwey und Zwey in einer Cammer bequem wohnen können. Durch diese elende Kranke bin ich oft wegen des schlechten Aufenthalts in ihren Hütten und Baracken auf das äußerste gerühret worden. Wie freudig werden dieselbe nunmehro bey ihrer Genesung unter einem gegen Kälte, Wind und Regen sichern Obdache ihr Gebet für die Erhaltung Ihres großten Wohlthäters zu Gott schicken!

Unser Brunnen erhält also immer mehr und mehr Gebäude, welche den Ort verschönern werden. Denn es ist nicht allein der Herr Amtmann Reinecke mit der Verlängerung seines Hauses, zu welchem ihm des Königs Majestät die Materialien des eingehenden Linsburger Jagd-Schlosses geschenket haben, schon seit vorigem Sommer beschäftiget gewesen, sondern man hat auch von ihm die Anlage noch eines größern Hauses zu gewärtigen, mit welchem er die dasige Gegend zieren wird. Auch der Herr Amtmann Hinüber zu Sachsenhagen, war im verwichenen Herbst gewillet, die Materialien zu einem Hause anfahren zu lassen, und das Städtgen Rehburg stand ebenfals im Begrif ein schönes gebäude zwischen dem großen Bade-Hause und der Apothecke zu errichten.

ERLÄUTERUNGEN

Lageplan des Jagdschlosses Linsburg von 1776 nach einem Teilabriss

Linsburg ist eine Gemeinde im Landkreis Nienburg/Weser und das Jagdschloss entstand als Jagdlager im 16. Jahrhundert. Es wurde zum Ende des 17. Jahrhunderts von den Calenberger Herzögen erweitert. Ab 1714 war die Anlage kaum noch genutzt worden, 1770 wurde sie abgerissen. Als Überreste erkennt man heute noch einen kleinen Teich (Rest des Schlossteiches mit Infotafel zur Geschichte des Jagdschlosses) und ein als Wohnhaus (früheres Haus des Bäckers) genutztes Gebäude.

Außer der Bequemlichkeit der bereits vorhandenen Wohnungen finden die Brunnen-Gäste an dem Ort nunmehro alles dasjenige, was bey andern Gesundbrunnen zur Nothwendigkeit und Bequemlichkeit des Lebens gerechnet und erfordert wird. Speisen und Getränke sind in der Art und nach der Zubereitung, wie sie für Brunnen-Gäste dienlich erachtet, oder auch von gesunden Tisch-Genossen verlanget werden, im Ueberfluß vorhanden. Man findet hier ein Billard, Kram-Buden mit Mode- und andern Waaren und eine sehr gute Music. Spiele, Tänze, Feuer-Werke und Abend-Erleuchtungen fallen häufig vor. Mehrmalige von Hannover aus angestellete Lust-Reise geben dem Orte ein lebhaftes Ansehen. Vor allen aber ist des Sontags Nachmittags bey gutem Wetter der Rehburger-Brunnen der Sammel-Platz von einer überaus grossen Anzahl von Menschen, welche sich zu Eagen, zu Pferde und zu Fuß aus der Nachbarschaft einfinden, da so dann das Wett-Rennen junger Bauern und Bäuerinnen zu manchem ergözenden Auftritte Anlaß giebet.

Exempel von Unordnungen, die bey solchen zahlreichen Versammlungen vorgefallen wären, sind mit schlechterdings unbekannt. Ueberhaupt giebt ein munteres aber ruhiges Vergnügen denen Versammlungen um den Rehburger-Brunnen einen überaus glücklichen Ton, der sich mit einer gewissen Gleichheit durch alle Stände von dem höchsten bis zu dem niedrigsten verbreitet. Nach Zehn Uhr Abends herrschet gemeiniglich in der ganzen Gegend eine Stille, welch hier keinen Menschen vermuthen lässet. Das Herkommen, und die allgemeinen Landes-Policey-Gesetze sind bisher vollkommen hinreichend gewesen, um durchgehends Ruhe, Ordnung und Sicherheit unter dem Haufen der sich hier versammelnden mancherley Menschen zu erhalten. Es hat noch keiner besondern Gesetze und Verfügungen für den Brunnen bedurft, und die freywilligen gesellschaftlichen Anordnungen wegen Austheilung der Allmosen an arme Mit-Gäste sind von solcher Beschaffenheit, daß diese gewiß sich über die Mildthätigkeit der reichern zu erfreuen haben, letztere aber von jenen nicht leicht unmittelbar um eine Gabe angesprochen werden.

Ich eile zu der Nachricht von dem Gehalte des Brunnens, bedaure aber, daß ich jetzo noch nicht im Stande bin, Ihnen darüber etwas ausführliches vorzulegen. Sie sollen aber noch alles von meiner Hand zu sehen bekommen, und ich werde sodann vermuthlich das Vergnügen haben, Sie zugleich auf die schon erwähnte fleißige Bemühungen des Herrn Andreae zu verweisen. Jetzo müssen Sie sich gefallen lassen, daß ich nur so viel anführe, daß das Wasser überaus klar und chrystallhell ist, und bey der Quelle am mehresten Kalcherde, denn Koch- und Glauber-Salz, auch Eisen-Vitriol und etwas Mineral-Geist in sich hält. Wann aber das Wasser in einer Entfernung von seiner Quelle aus dem Baßin im Brunnen-Hause geschöpfet wird, so ist sowohl bey dem Geschmacke, als bey dem chimischen Versuche nur kaum noch einiges Eisen zu verspüren. Die Kalch-Erde hat das Eisen aus dem Vitriol während des Ablaufs des Wassers zu dem Baßin fast völlig niedergeschlagen. Das Eisen bleibt als eine Ocker in den thönernen Röhren häufig zurück, und die Kalch-Erde geht mit der Vitriol-Säure in eine selenitische Verbindung über. Der Unterschied ist also wichtig. Jenes gehöret unter die erdigt salinische Stahl-Wasser, und dieses unter die erdigt salinischen Wasser, behält aber unter beyderley Modificationen einen sehr angenehmen Geschmack, und seine cyrsatllgleich Klarheit.

ERLÄUTERUNGEN

Die Angaben zu den Bestandteilen des Mineralwassers lassen sich in die Sprache unserer Zeit wie folgt übertragen:

Kalch-Erde bedeutet Calcium als Hydrogencarbonat gelöst; mit Koch- und Glauber-Salz sind Natriumchlorid bzw. Natriumsulfat gemeint; Eisen-Vitriol ist Eisen als Sulfat und der Mineral-Geist ist die Kohlensäure bzw. das Kohlendioxid. Durch den Einfluss der Luft bzw. des Luftsauerstoffs wird das Eisen oxidiert und bildet Eisenocker und auch Kohlendioxid geht aus dem Mineralwasser in der umgebende Atmosphäre über. Damit erklärt sich, dass die Chemiker damals dann das Calcium als Calciumsulfat (selenitisch genannt), d.h. als Gips bezeichnen, da man Ionen wie heute noch nicht kannte. Angaben in Form von Ionenkonzentrationen wie sie auf den Etiketten der Mineralwasserflaschen zu lesen sind, wurde erst im Deutscher Bäderbuch von 1907 eingeführt.

Und so wurde auf dem Weg von der Quelle aus dem salinischen Stahl-Wasser (eisenhaltiges Natrium-Sulfat-Wasser) das erdigt salinische Wasser (Natrium-Calcium-Sulfat-Wasser) – heute als als Calcium-Hydrogencarbonat-Sulfat-Säuerling bezeichnet.

Im folgenden Absatz beginnt WEBER mit Vorschlägen zur Anwendung des Gesundbrunnens:

Ich komme nunmehr auf die Beschreibung des Gebrauchs des Rehburger Wassers, und führe zuerst von dem innerlichen Gebrauch desselben das nöthigste an. Beyde Gattungen von Wasser, welche ich soeben bezeichnet habe, werden kalt, verschlagen oder warm, und so wohl allein, als mit einem Zusatze von Milch oder mit gewissen Mittel-Salzen vermischt getrunken.

Es finden sich auch hier die bey andern Wasser-Curen nöthige Vorbereitungen statt, da oftmals ein Aderlaß oder Purgier-Mittel oder beydes vorangeschicket wird, je nachdem sich Merckmahle einer Vollblütigkeit, oder eine an gehäuften Schleims zeigen. Das letztere Uebel wird gemeiniglich durch gelinde und fortgesetzte Mittel am sichersten gehoben, dahergegen starcke und schleunige Mittel Verstopfungen Verstopfungen nach sich zurück lassen, und, wenn solche beym Brunnen-Trinken angewendet werden, dessen Absonderung hindern. Die Art wie der Rehburger Brunnen, auch wie viel und wie lange er getruncken werden solle, bestimmt der Arzt nach der Leibes-Beschaffenheit, und dem Uebel des Trinckenden, und nach den Würckungen, die sich nach den ersten Tagen des Gebrauches bey ihm äußern. Ueberhaupt aber ist angemercket worden daß das Wasser, welches aus dem Baßin geschöpfet und allein, nach der Weise einer ordentlichen Trinck-Cur, genommen wird, den mehresten leichter durchgeht, wenn es zuvor erwärmet worden ist. Mit dem Wasser von der Quelle hingegen, womit ein jeder alle Morgen, nach der gemachten Einrichtung, hinreichend versehen wird, ist dieses zu dem Zweck eines leichtern Durchgehens nicht nöthig.

Was den äußerlichen Gebrauch des Wassers anbetrift, so wird selbiges zu verschiedenen Arten von Bädern gebraucht, bey welchen eben die Vorbereitung erfordert wird, die ich bey dem innerlichen Gebrauche voraus gesetzet habe. Ich mache mit demjenigen Bade, da der Cörper des Badenden entblößet, und entweder ganz oder nur mit den untern Theilen mit der Maße des Wassers umgeben werden soll, den Anfang.

Jede Bade-Gelegenheit bestehet aus zwo abgesonderten Kammern, in deren einer das Bad, und in der andern das Bett ist, in welcher der Badende nach vollendetem Bade sich zu legen hat. Beyde Kammern sind mit Quater-Steinen gepflastert. Das Bad ist etliche Stufen tief, und so breit und lang, daß der Badende sich mit Gemächligkeit darin bewegen und ausstrecken kan. Außer diesen für einzelne Personen eingerichteten Bade-Gelegenheiten, befinden sich in dem neuen Bade-Hause auch solche Bäder, in welchen ihrer mehre zugleich bequem baden können. An dem Fuße eines jedweden Bades liegen zwo kupferne Röhren, durch welche so wohl warmes, als kaltes Wasser herein geleitet werden kan. Das Kochen und Bereiten des Bades geschiehet durch die dazu eigentlich bestellte Frauen, welche zugleich für die äußerste Reinlichkeit und Sauberkeit alles desjenigen, was zu demselben gehöret, einstehen müssen. So wie das Wasser zu sieden anfängt, zeiget sich auf dessen Oberfläche in großer Menge ein weißer Schaum, der zwischen den Fingern etwas fettig ist, leicht trocknet, und die obangegebenen Bestandtheile des Wassers den äusern Sinnen so gleich bemercklich macht. Dieser Schaum wird mit dem kochenden Wasser zur größern Kraft des Bades fleißig vermischet, und, wann dasselbe in das Bad gelassen worden, nach des Arztes Gutfinden, auch wohl Ocker in selbiges gegeben, und alles wohl durcheinander getrieben. Die Höhe und Temperatur des Wassers im Bade bestimmt gleichfalls der Arzt, und deutet das nöthige des Bade-Frau an. Das auf diese Weise zubereitet Bad wird mit einem Deckel so weit beleget, daß der Badende an dem dabey befindlichen Geländer entweder gänzlich entkleidet, oder mit einem flonnellen Bade-Hemde bedeckt hineinsteigen, und auf die bequem angebracht Banck sich setzen kan. Einige lassen den Deckel, der darnach ausgeschnitten ist, so weit zuschlagen, daß nur der Kopf über dem Brett zum Vorschein kommt, da dann auch wohl, um die Dämpfe des Wassers vom Gesichte abzuhalten, ein Leinwand oder flonneller Mantel um den Hals geleget wird. Dies verrichtet entweder die Bade-Frau oder eines jeden Bedienter oder Bedientin. Für das Bade-Hemd, und die Bett-Tücher sorget ein jedweder selbst. Ersteres ist auch bey dem Brunnen leicht angeschaft und verfertigt. In dem Bade hält sich der Kranke von einer halben bis zu einer ganzen Stunde auf, bewegt sich, reibet sich oder lässt sich reiben, und lässet in den Zwischen-Zeiten noch so viel Wasser zu geben, als es die Erhaltung der Temperatur und die Anweisung des Arztes erfordert. So wie er aus dem Bade steigt, hüllet er sich in ein etwas gemachtes Hemd von Flonell oder Leinwand, (ersteres ist besser), legt sich ins Bette, bringt darinnen beynahe eine Stunde geruhig zu, kleidet sich nachher an, und begiebet sich alsdann in seine Wohnung, oder geht und fährt bey guten Wetter etwas ins Freye.

So bald der Gebadete im Bett liegt, eilet die Bade-Frau in das von ihm verlassene Bad, löset den in selbigem befindlichen Zapfen zum Ablaufen des Wassers, reinigt alles, und bereitet als denn für den Nachfolger ein neues.

Für sehr kleine Kinder sind Wannen vorhanden, in welche das Wasser getragen, und jene hineingesetzt, nachher denn auf die vorbeschriebene Art behandelt werden. Es finden sich auch Wannen für Erwachsene, die sich etwa des Bades auf ihrer Cammer bedienen wollen. So wohl das warme als auch das kalte Wasser wird als denn dahin gebracht. Weil aber der Kranke nicht so bequem in einer solchen Wanne sitzet, auch der Dampf des Wassers in der Kammer bleibt, so kann ich nicht umhin, diese Art das Bad zu gebrauchen, zu mißbilligen, zumahl da diejienigen, welche übel zu Fuße sind, oder die Luft scheuen, sich einer bereits vorhandenen Sänfte bedienen, oder sich sonst tragen und verhüllen lassen können.

In Rehburg wird von dem Morgen bis an den Abend gebadet. Es kann also gemeiniglich, wenn die Zahl der Bade-Gäste nicht gar zu groß ist, ein jedweder seine Bade-Stunde nach Gefallen wählen, wobey es sich aber von selber versteht, daß nach dem Essen einige Stunden ausgesetzt bleiben müßen, weil alsdann die Bäder wegen der Verdauung beschwerlich fallen würden. Andere Curen können gleichfalls eine besondere Bestimmung und Einschränkung nöthig machen. Denn wird entweder unser oder ein anderer Brunnen, woran es alhier zu der Zeit nicht fehlet, getrunken, muß dieser vor dem Gebrauche des Bades mehrentheils abgegangen seyn, weil sonst Beängstigungen und andere Beschwerden zu fürchten sind.

Die mehresten haben täglich, schwächliche bisweilen einen Tag um den andern, starke und sonst keine Curen gebrauchende auch wohl täglich zwey mahl, welches letztere aber nicht oft geschiehet, und bey bemerkter Abmattung nicht geschehen darf.

Die Zahl der Bäder bestimmt die frühere oder spätere Empfindung der Wirkung. Einige haben 12. 15. 20. und noch mehrere nöthig. Andere empfinden den gewünschten heilsamen Nutzen schon bey dem 4ten oder 5ten Bade. Einige gebrauchen dasselbe auch im Frühjahre, und kommen im Herbste wieder. Die besten Monathe sind die vom Junius bis in den September, weil alsdenn die bequemste Witterung ist, und eine Bewegung des Körpers in freyer Luft die Wirkung des Bades befördert. Es mangelt zwar nicht an Caminen und Ofen in den Wohnungen; da aber bey einer solchen Cur der Cörper sehr empfindlich wird, so kann die geringste Verkältung nachtheilig ausfallen.

Ich komme zur zweyten Art der Bäder, der Dusche. Man versteht darunter die Operation, wenn man durch eine Maschine in einer gewissen Eentfernung entweder auf den ganzen Cörper oder nur auf einen Theil desselben Wasser tröpfeln oder rinnen läst. Die Italiäner nennen es Doccia, die Franzosen la Douche, davon vermuthlich das im Obern-Teutschland ganz bekannte Wort Dusche abstammt, und die Engländer the pump. Bey den Griechen war es unter den Nahmen εμβροχη und bey den Römern unter stillicidium, instillatio, irrigation bekannt. Es ist also diese Art der Bäder keine neue Erfindung. Ich wundere mich aber, daß sie an so wenigen Orten, wo mineralische Wasser und Bäder sind, angetroffen werden, indem ja aus der Geschichte der Krankheiten genug bekannt ist, wie viele sonst unheilbare Zufälle hiedurch dennoch endlich bezwungen worden sind. Sie werden, mein Herr, in dem bevorstehenden Sommer eines dergleichen bey unserm Brunnen und zwar in einem der vorher beschriebenen Bäder angebracht finden.

Dieses Bad wird entweder allein, oder Voranschickung des vorher beschriebenen Bades, mit einer innerlichen Cur, oder ohne dieselbe gebrauchet. Soll die Dusche allein gebraucht und nur ein Glied berühret werden, so bedeckt der Krancke die übrigen mit Glanzleinewand, hält jenes gänzlich entblößt unter die Röhre, und läßt es während des Herablaufens des Wassers beständig, entweder mit der blossen Hand, oder auch mit einem flonellenen Lappen reiben. Müssen mehrere Theile berühret werden, so setzt oder legt er sich in ein ordentliches Bad, zu welchem letztern Zwecke alsdenn noch eine besondere Einrichtung nöthig ist. Soll aber die Dusche mit dem Bade verbunden werden, so bringt der Kranke im erstern eine halbe odet ganze Stunde zu, und läßt alsdenn die Röhre von ¼ bis zu einer Stunde über sich im Bade anbringen, und die Theile fleißig reiben. Für die gleiche Unterhaltung der Temperatur des Wassers muß hier hauptsächlich gesorget werden, und der Kranke auch nach diesen Bade in ein etwas erwärmtes Hemd gehüllet, auf die vorgeschriebene Zeit das Bette hüten. Die dabey etwa zu gebrauchende innerliche Cur, die Stunde wann das Bad zu gebrauchen, und wie oft solches geschehen müsse, auch wie viele Tage oder Wochen damit anzuhalten sey, alles dieses wird durch den Erfolg der erstern Bäder und durch das Gutachten des Arztes bestimmet.

Die Reihe trift die Dampf-Bäder. Diese werden auf die Art verfertigt, daß glühend gemachte Kiesel-Steine in einen Topf oder Kessel gelegt, und auf dieselben abwechselnd Wsser gegossen wird. Es steigt alsdenn ein Dampf auf, der den leidenden Theil, welcher vorher mit einem Tuch oder auf andere Art bedecket worden ist, berühren muß. Es sind auch Trichter vorhanden, durch welche der Dampf concentrirt auf den leiden Theil gebracht werden kann. Die Zubereitung dieses Bades ist also gar leicht, und kann sowohl Morgens als Abends gebrauchet werden wenn dessen Anwendung nicht auf eine solche Art geschehen muß, daß der ganze Cörper in Schweiß komt. In dem Falle ist ein Dampf-Bad täglich schon hinreichend, und der Schweiß wird alsdenn im Bette auf die obenbeschriebene Art abgewartet. Ueberhaupt hat sich der Kranke gleich nach dem Gebrauche vor der äuseren Luft in acht zu nehmen.

Ob ich nun gleich einem aus Rehburger-Wasser verfertigten Dampf-Bade keine besondere, vorzügliche Kraft zuschreiben kann, indem die fixe Mineralien zurück bleiben, und nur die Wasser-Theile in Dünste aufgelöset werden; so verwerfe ich es jedennoch nicht, wenn jemand sich dessen in den Sommer-Monathen, und während der Gesellschafts-Zeit in Rehburg bedienen will.

Von der äuserlichen Application des Schaums und der Ocker muß ich Ihnen noch etwas sagen. Beyde werden häufig verschicket. Ersterer wird leicht trocken, mit etwas Brunnen-Wasser aber bald wieder befeuchtet, und dienet zur Reinigung und Austrocknung der Geschwüre. Letztere ist ein fürtrefliches Mittel in Glieder-Schmerzen, in Zertheilung kalter Geschwülste, in Heilung alter hartnäckigter Geschwüre und gegen Entzündung der Augen und deren Schwäche. In letztern Fällen wird sie nicht unmittelbar, sondern in Leinwand eingeschlossen auf die Augen gelegt.

Endlich kann ich auch das Waschen der Augen mit dem Wasser aus dem Baßin nicht ungemerkt lassen. Es ist ein Rehburgisches Herkommen, daß unsere Bade- und Brunnen-Gäste des Morgens bey der ersten Begrüßung des Wassers die Augen damit benetzen. Weiland Seine Königliche Majestät Georg der Zweyte haben beständig einen Vorrath davon gehabt, um Sich dessen täglich als eines Mittels zur Stärkung der Augen bedienet.

(…)

Walsrode den 2ten März 1769.

Die weiteren, oft sehr ausschweifenden und für uns heute kaum noch in ihrer Wirkung verständlichen Ausführungen werden hier nicht weiter zitiert. Die vorangegangenen Texte beschreiben dagegen sehr anschaulich die Anwendungen des Rehburger Gesundbrunnens und vermitteln auch das chemische Wissen über die Bestandteile und Zusätze.

1773 veröffentlichte der Hofmedicus WEBER eine zweite Fassung dieser Schrift, die ein zweites Sendschreiben mit „Genesungs-Geschichten“ enthält.

Zunächst jedoch berichtet er einige Details über die Veränderungen am Gesundbrunnen, die deshalb zitiert werden sollen:

(…)

Ehe Sie aber selbige [Genesungs-Geschichten] lesen, erlauben Sie mir, Ihnen mit wenigen eine Nachricht von demjenigen mitzutheilen, was seit dem Frühlinge des Jahres 1769. zum Besten dererjenigen geschehen ist, welche sich der hiesigen Genesungsanstalten bedienen wollen.

In dem jetzt genannten Jahre wurden die Baracke weggeräumet. Sie standen längst an einem schattigen Walde heraus auf einem durch die Kunst geebneten, mit der Hauptallee, die zu den Brunnen führet, parallel verlaufenden Platze. Dieser dienet jetzt zu einem reizenden Aufenthalte für die Brunnengäste, welche von der Allee ab bis zu dieser Anhöhe nur etwa 150. Schritte zu gehen haben.

An dem freyliegenden Ende dieses Platzes wurde der schon beschlossene Bau eines räumlichen Hauses zum Aufenthalt für arme Brunnengäste vollführet, und eine jedwede der 67 Kammern mit dem nöthigen Bettstellen, Tischen und Stühlen versehen.

Die auf solche Art den Ungemächlichkeiten ihres vorherigen Obdaches entrißene Armen wurden noch dazu mit der wohlthätigen Anordnung erfreuet, daß hinführo die Kosten der Bäder für die Armen aus der Landesherrlichen Brunnencasse bezahlet werden sollen.

Die Dusche wurde fertig. Die dazu gemachte Vorrichtung ist so beschaffen, daß das zu der Dusche bestimmte Wasser durch eine, in die zu den Bädern führende Hauptröhren angebrachte Oefnung in eine dazu bestimmte Pfanne laufen, und darinnen die verlangte Temperatur von Wärme und Kälte alsofort erhalten kann. Aus der Pfanne wird es vermittelst eines Ventils durch eine kupferne Röhre in die Höhe, und durch Auf- und Zuschliessung zweyer Schrauben entweder nach dem fordern oder hintern Badehause getrieben. Ein lederner Schlauch nimt es daselbst auf, dessen Ende mit einer meßingenen Schraube versehen ist. Diese Schraube hält derjenige, der dazu die Anweisung bekomt, auf den Badenden. Damit aber das Wasser, nach Beschaffenheit der Umstände in einem dünnen oder dicken Strahle auf den leidenden Theil des Badenden gerichtet werden könne, so sind Schrauben mit großen und kleinen Oefnungen vorhanden, von welchem, nach der Bestimmung des Arztes, die eine oder die andere an den Schlauch befestigt wird.

Den natürlichen Fall des Wassers aus dem Schlauche bis auf den Badenden habe ich nicht füglich tiefer als auf ohngefehr 15 Fuß bringen können. Mir ist auch kein Beyspiel vorgekommen, bey welchem ich die Anbringung eines tiefern Falles vermisset hätte. Sollten aber die Umstände eines Kranken dergleichen erfordern, so würde die Anwendung des Ventils mit einer ungemeinen Kraft an die Stelle des tiefen Falles treten können. Vielleicht giebt es dennoch Gelegenheit, unsre Anstalten auch in diesem Stücke zu verbessern.

Im Jahr 1770. kam der Hr. Amtmann Reineke mit der Vollendung des großen und vorzüglich in die Augen fallenden Hauses zu stande, zu welchem ihm Materialien eines Gebäudes von dem Lindsburger Jagdschlosse von Sr. Königl. Majestät geschenkt worden sind.

Herr Behre und Herr Schlüter erweiterten ihre Häuser, und der Hr. Amtmann Hinüber von Sachsenhagen wurde, so, wie die Stadt Rehburg mit Erbauung zwey neuer Häuser fertig.

Im Jahre 1771. sezte Herr Wöleking, der jetzige Eigenthümer des vormaligen von Hugoischen Hauses, hinter diesem Hause einen geräumigen Saal, dessen längere Mittellinie über die Diele des Hauses auf die Mitte der Hauptallee auf ebener Erde fortlaufet. Diese Anlage ist unsern Gesellschaften sehr bequem, und giebt, zumahl bey Erleuchtung der Allee und das Saales selbst, einen angenehmen Anblick.

In eben diesem Jahre sind die Spaziergänge des Ortes ungemein verschönert worden. Die Königliche Cammer lies durch den Gartenmeister bey dem Königlichen Garten zu Linden, den Herrn Tatter, eine doppelte Allee von der Hauptallee ab in der Richtung von dem Ludowigischen Hause den Rehburger Weg entlangs, bis an einen dichten Wald ziehen, und auf einer Anhöhe endigen, wo man den Steinhuder See und die um seine Ufer befindlichen Oerter zu Gesichte bekommt. Herr Tarter führte aus diesem neuen Spaziergange schlangenförmige Wege in das Gehölz und auf die Anhöhen. Er wählte dazu die angenehmsten Bahnen, lies pflanzen oder wegräumen, aufhöhen oder abtragen, wo es nöthig war, und nuzte überall die Mannigfaltigkeit der natürlich schönen Scenen, die er vorfand, zu der größten Zufriedenheit unserer Gesellschaften. Auch die Ruheplätze und der darauf angebrachten großen Rasensitze haben, jedes seine besondere Annehmlichkeit, und führen bereits zu ihrer Bezeichnung die Namen einiger Damen, welche seit diesem Jahre Rehburg besuchet haben.

Noch eine Verbesserung dieses Jahres bestand darinnen, daß der Jude Markus Guttmann die Erlaubniß erhielt, eine Küche für die Kranke seiner Nation und andere den Brunnen besuchende Hebräer zu halten.

Weil Fälle vorkommen, welche die schleunige Hülfe eines Wundarztes erfordern, und es bisher dem Brunnen an der beständigen unmittelbaren Gegenwart eines solchen Mannes gefehlet hatte; so ernannte Königliche Cammer den bisherigen Hannöverschen Stadtwundarzt, Herrn Wrisberg, zum ordentlichen Wundarzte bey dem Rehburger Brunnen. Dies geschah im Jahre 1772.

Das Amt Rehburg erhielt zu dieser Zeit an den Herrn Amtsschreiber von Grävemeyer einen neuen Mitaufseher, welcher sich der Policeyanstalten, und des Besten der Brunnengäste auf das rühmlichste annimmt.

Die jährliche Zunahme der Badegäste scheinet jetzo die Anlegung mehrere Bäder nöthig zu machen. Königliche Cammer hat die Sache in Ueberlegung zu nehmen geruhet, und erwartet von mir Vorschläge wegen deren Einrichtung. Diese sind unter der Feder, und der Königliche Hofbauverwalter, Herr Hase, der mich dabey unterstützet hat, verfertigt anjezt Risse zu Vorrichtungen, mit welchen wir einen hohen Beyfall zu erhalten uns schmeicheln dürfen.

Ich bin etc.

Walsrode den 30ten März 1773.

(…)

[Es folgen die angekündigten Krankengeschichten.]