Gesünder sterben (eBook) - Veit Bronnenmeyer - E-Book

Gesünder sterben (eBook) E-Book

Veit Bronnenmeyer

4,9

Beschreibung

Im Großraum Nürnberg bricht eine Salmonellenepidemie aus. Schnell stellt sich heraus, dass der dafür verantwortliche Salat aus dem Knoblauchsland nicht zufällig verseucht war, sondern dass ein geplanter Anschlag dahinter steckt. Doch wem galt dieser? Der Bevölkerung? Dem Discounter, der den Salat verkaufte? Oder dem Gemüsebauern, der ihn anpflanzte? Unklar ist auch, ob das Motiv in der Politik der Lebensmittelriesen zu suchen ist oder doch eher bei den ausgebeuteten Erntehelfern. Als der Salatbauer mit einem Pfahl im Herzen auf seinem Feld aufgefunden wird und ein rumänischer Saisonarbeiter spurlos verschwindet, beginnt für die Soko 'Kopfsalat'ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn der Täter wird erneut zuschlagen, die Frage ist nur, wann und wo.

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Veit Bronnenmeyer

 

Gesünder Sterben

 

Kriminalroman

 

 

 

 

 

 

ars vivendi

 

Vollständige eBook-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Originalausgabe (Erste Auflage April 2012)

 

© 2012 by ars vivendi verlag GmbH & Co. KG, Bauhof 1, 90556 Cadolzburg

Alle Rechte vorbehalten

www.arsvivendi.com

 

Lektorat: Johanna Cattus-Reif

Umschlaggestaltung: ars vivendi unter Verwendung einer Fotografie von VikaValter/iStockphoto

 

Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag

 

eISBN 978-3-86913-347-8

 

Inhalt

Aperitif

1. Killergemüse

2. Scharfe Schüsse

3. Saisonarbeit

4. Mit Todesfolge

5. Vampir-Karotten

6. Razzia

7. Schlechter Mann

8. Sushi

9. Zufallsfund

10. Weißer Presssack

11. Da tanzen die Preise

12. Ouzo, Retsina & Aspirin

13. Rouladen & Rattengift

14. Bezirk 19

15. Marinierte Lendchen

Nachwort und Dank

Der Autor

 

Für Ella & Pia

 

Aperitif

 

Diese Liege war hart. Und schmal. Und unbequem. Und Jonas Lehmann war noch nicht lange Arzt. Er war noch nicht promoviert und stand am Anfang einer medizinischen Karriere, die auf den unteren Stufen aberwitzig lange Dienste zu meist unchristlichen Zeiten vorsah. Besonders schlimm wurde es an den Wochenenden, wenn die Herren Chef- und Oberärzte ihre Kurzurlaube antraten, zum Golfturnier fuhren oder ein neues Cabrio kauften. Dann waren junge Talente wie Jonas allein auf sich gestellt beziehungsweise gelegt. Der junge Mediziner wälzte sich auf der Schlafpritsche im Bereitschaftsraum herum. Nach zwölf Stunden Dienst wäre er ausreichend müde gewesen, um eine Mütze voll Schlaf zu nehmen. Wenn da nicht diese unbequeme Liege gewesen wäre – und das, was Psychiater gerne als »Sorgengedanken« bezeichneten. Gedanken, die die gefühlte Inkompetenz, welche er seit Beginn seiner Tätigkeit in der Klinik mal mehr, mal weniger erfolgreich zu verbergen suchte, gnadenlos ans grelle Neonlicht der Notaufnahme zerrten.

Vielleicht war er aber auch gar nicht inkompetent, sondern nur unerfahren, und zum Glück führte nicht jedes Martinshorn, das in der Nähe des Klinikums erklang, automatisch zu Jonas. Dennoch genügte es, um ihn nachhaltig vom Schlafen abzuhalten. Er überlegte, eine Valium einzuwerfen oder ein paar Amphetamine, die würden ihn wenigstens wieder richtig fit machen, nahm dann aber wieder Abstand davon. Zum einen wollte er nicht jetzt schon abhängig werden, zum anderen fürchtete er, keinen klaren Kopf mehr zu haben, wenn sie wirklich kamen. Er schaltete das kleine Radio auf dem Nachttisch an und versuchte, sich vom Nachtprogramm eines lokalen Privatsenders einlullen zu lassen. Gerade als er zu den Klängen von Music was my first love etwas weggedämmert war, meldeten seine Ohren das inzwischen zum pawlowschen Auslösereiz gewordene Quarten-Intervall einer Ambulanz-Sirene. Kurz darauf ertönte sein Piepser.

 

»Vierköpfige Familie«, meldete Schwester Simone, die trotz etwa gleichen Alters schon deutlich mehr Dienstjahre auf dem Konto hatte als Jonas. »Durchfall, Übelkeit, Erbrechen. Bei den Kindern auch hohes Fieber.«

»Die ganze Familie?«, fragte Jonas nach.

»Exakt.« Simone zog ihr grünes Oberteil aus, das eines der Kinder verunreinigt hatte und entfernte sich schnellen Schrittes. »Bin sofort wieder da«, sagte sie noch.

Jonas betrat das Behandlungszimmer. Junge und Mädchen, etwa fünf und acht Jahre alt. Die Mutter saß neben der Liege des Sohnes, der Vater neben der Tochter. Alle zusammen sahen miserabel aus. Es roch nach Magensäure und Fäkalien, die Kinder weinten lautstark. Außer Simone hatte heute Nacht noch Martin Dienst, eine klassische Fachkraft vom Typus Bär. Mitte vierzig, Vollbart, Bauch. Er war gerade dabei, dem kleinen Jungen die besudelten Klamotten auszuziehen und sie in einen Plastiksack zu packen.

»So, jetzt machen wir dich erst einmal sauber«, brummte er freundlich, als es den Vater nicht mehr auf seinem Stuhl hielt.

»Entschuldigung, aber wo ist die nächste Toilette?«, fragte er und trat hektisch von einem Bein auf das andere.

»Neben der Anmeldung rechts«, erklärte Martin und reichte dem Mann zusätzlich noch eine Nierenschale. »Nur, falls es vorn auch noch kommt.«

»Wann hat das angefangen?«, fragte Jonas die Mutter, die den nunmehr gereinigten, aber immer noch klagenden Buben inzwischen auf die andere Liege zu seiner Schwester getragen hatte.

»Wir haben gegrillt«, sagte die Frau, die sichtlich Probleme hatte, ihren Kindern gleichzeitig die Bäuche zu streicheln und dabei die eigene Symptomatik zu kontrollieren. »Es gab Schweinesteaks und Salat …«

»Mama, das zwickt so …«, jammerte der Junge.

»Ja, mein Schatz. Aber der Onkel Doktor ist doch schon da.«

»Wie heißt du denn?«, fragte Jonas den Kleinen.

»Tim, aauuhh.«

»Und du?«, fragte Jonas das Mädchen.

»Leonie.« Die Kleine schien etwas tapferer als ihr Bruder. Sie wimmerte und hielt sich den Bauch.

»Magst du mir vielleicht helfen, Leonie?« Jonas erinnerte sich gerade an ein Seminar zum Umgang mit Kindern in Akutsituationen.

»Hm«, schniefte sie.

»Kannst du die zwei Finger«, er hielt Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand hoch, »hier an den Hals von deinem Bruder legen?«

»So?«

»Genau. Jetzt müsstest du spüren, wie sein Herz schlägt.« Jonas fühlte ebenfalls den Puls des Jungen und zeigte ihn mit dem linken Zeigefinger an. »Dudumm, Dudumm … Spürst du’s?«

»Ja«, antwortete Leonie und schien sich darüber zu freuen.

»Prima.« Jonas lächelte. »Ich untersuche Tim jetzt, und du musst aufpassen, dass sein Herz nicht aufhört zu schlagen, okay?«

»Okay.«

»Und wenn doch, dann musst du sofort Bescheid sagen, machst du das?«

»Ja.« Das Mädchen machte ein konzentriertes Gesicht und die Mutter lächelte, bevor ihr ein weiterer Krampf im Magen oder Darm ein zischendes Geräusch entlockte.

»Haben Sie alle das Gleiche gegessen?«, fragte Jonas, während er Tim in die Ohren leuchtete.

»Ja, alle. Leonie hat nur wenig vom Salat gegessen … Den müssen wir ihr immer reinzwingen, aber …«

»War da auch Geflügel dabei?«, fragte Jonas.

»Nein, das waren nur Schweinesteaks.«

»Und im Salat, war da Mayonnaise oder Eier?« Jonas platzierte das Fieberthermometer in Tims Ohr. Das hatte zwar Simone schon gemacht, aber darum ging es ja nicht.

»Nein, da war nur Essig und Öl dran.«

»Haben Sie heute im Lauf des Tages oder gestern alle vier etwas mit Geflügel oder Eiern gegessen? Tim, sag mal Ah!« Jonas leuchtete dem Kleinen in den Rachen, aber darum ging es ja nicht.

»Nein.« Die Frau überlegte kurz. »Ich hatte gestern Mittag ein Spiegelei, aber Matthias und die Kinder sicher nicht. Glauben Sie, es ist eine Lebensmittelvergiftung?«

»Das scheint mir momentan die wahrscheinlichste Lösung.« Da ihm nichts mehr einfiel, hielt Jonas nun das Stethoskop Tim an den Kopf, aber auch darum ging es ja nicht.

»Wir müssen nur rauskriegen, was für eine.« Erleichtert bemerkte Jonas, dass der Vater wieder durch die schwere Schiebetür trat.

»Das hast du ganz toll gemacht, Leonie. Vielen Dank!«, sagte er lächelnd.

»Untersuchen Sie mich jetzt auch?«, fragte das Mädchen.

»Dich muss ich nicht so genau untersuchen«, erwiderte Jonas, während er ihr kurz ins Ohr leuchtete, »du bist doch schon mindestens sieben.«

»Ich bin neun!« Leonie schien etwas beleidigt.

»Na, dann war selbst das schon zu viel«. Jonas steckte die Lampe weg und wandte sich nun an den Vater.

»Hatte einer von Ihnen vielleicht Kontakt zu einer erkrankten Person mit ähnlichen Symptomen?«

»Nein, bei mir in der Firma hat keiner Durchfall oder so«, erwiderte er zögernd.

»Und bei den Kindern?«, fragte Jonas. »Schule, Kindergarten?«

»Leonie, hat ein Kind in deiner Klasse so was gehabt?«, fragte die Mutter.

»Die Karla war die letzten Tage krank, aber keiner weiß, was sie hat«, antwortete das Mädchen.

»Gut.« Jonas schnappte sich die Krankenkurve und machte die nötigen Eintragungen. »Dann würde ich die Kinder gerne über Nacht hierbehalten, einer von Ihnen sollte besser dabei bleiben. Tim kriegt zur Sicherheit noch einen Tropfer. Dann nehmen wir noch Blutproben und … andere, und mit etwas Glück sind morgen Abend wieder alle daheim.«

»Vielen Dank, Herr Doktor«, die Mutter rang sich wieder ein Lächeln ab. »Dann bleibe ich bei den Kindern.«

»Gut«, sagte Jonas. »Und Herr …« Er blickte auf die Kurve. »… Endres, wenn Sie zu Hause noch Reste vom Abendessen haben, bringen Sie bitte morgen Proben davon mit.«

 

»Salmonellen?«, fragte Martin, als Jonas mit ihm auf dem Gang wieder zusammentraf.

»Wahrscheinlich.« Jonas rieb sich das unrasierte Kinn. »Auch wenn es nicht die ganz typischen Träger waren. Du sorgst dafür, dass Proben von dem Erbrochenen ins Labor kommen?«

Martin nickte und gab Jonas mit einer Geste zu verstehen, dass er jetzt gerne eine rauchen würde.

»Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob es nicht auch eine Noro-Geschichte sein könnte …« Er machte Anstalten, dem Pfleger in Richtung der Notausgangstür zu folgen.

»Oder gar ein neuer Ehec-Ausbruch?« Martin lachte schnaubend.

»Oh Gott, vielleicht hätte ich sie gleich alle isolieren sollen?« Jonas’ Insuffizienzgefühle kamen wieder hoch.

»Ah wa«, sagte Martin. »Komm, gehen wir.«

»Keine Chance, Jungs«, rief Schwester Simone von der anderen Seite des Ganges. »Wir haben gerade fünf neue Fälle reinbekommen. Erbrechen und schwerer Durchfall!«

»Ab sofort immer Mundschutz tragen«, befahl Jonas, der jetzt keine Amphetamine mehr brauchte.

 

1. Killergemüse

 

Nachdem er mehrfach geklingelt, geklopft, ihren und seinen Namen gerufen hatte, stieg Alfred eine Treppe höher und betrat den Dachboden. Wie in solchen alten Häusern üblich, war der Speicher durch raue Dachlatten in kleine Kammern unterteilt. Alfred ging zielsicher nach links. Über der letzten Verschlagtür tastete er den Querbalken ab und fand, wonach er gesucht hatte. Er stieg die Treppe wieder hinunter und öffnete die Wohnungstür mit dem Zweitschlüssel.

»Renan«, rief er nochmals, »ich bin’s nur.« Vorsichtig betrat er den dunklen Flur. Er wusste, wo der Lichtschalter war, traute sich aber irgendwie nicht, ihn zu betätigen.

»Bitte nicht von der Schusswaffe Gebrauch machen«, versuchte er zu witzeln.

In der Küche hielt sich ein Rest Tageslicht. Die Unordnung war für Alfred nichts Ungewöhnliches. Immer, wenn er hier gewesen war, hatten sich ungespülte Tassen, Teller und Schüsseln in der Spüle und drum herum gestapelt. Auch auf dem kleinen Tisch hatte es nicht wirklich besser ausgesehen. Aber früher hatte das Chaos nie so negativ, endgültig gewirkt wie heute. Wenn es stimmte, was ihm verschiedene Leute erzählt hatten, hatte seine Kollegin ihre Wohnung seit vier Wochen nicht mehr verlassen. Das war schwer zu glauben, aber natürlich machbar. Wasser gab es in unbegrenzten Mengen aus der Leitung, und essen musste ein erwachsener Mensch weit weniger als gemeinhin angenommen. Alfred wusste, dass Renans Eltern ihr regelmäßig etwas vor die Tür stellten, weil sie niemanden reinließ. Er sah die Tupperdosen in der Küche. Einige waren geöffnet, gegessen hatte sie aber anscheinend nichts. Andere waren noch verschlossen und wahrscheinlich mitverantwortlich für den gewöhnungsbedürftigen Geruch der Wohnung. Fast alle Schranktüren und Schubladen standen offen. Über den Boden verteilt lagen Plastikfolien, Trockentücher und rohe Reiskörner.

»Renan«, rief Alfred nochmals. Im Bad machte er Licht, es sah kaum besser aus als in der Küche. Irgendwann musste sie gewaschen haben. Ein paar T-Shirts, Sweatshirts und zwei Hosen waren notdürftig über den Rand der Badewanne und die Duschvorhangstange gehängt. Unterwäsche, Strümpfe und anderes Kleinzeug lag noch zusammengeknüllt im Wäschekorb, der vor der Waschmaschine stand. Das Schlafzimmer ließ Alfred aus und fand sie schließlich auf dem Sofa im Wohnzimmer vor.

»Was willst du«, fragte Renan mit tonloser Stimme.

»Ich will wissen, wie es dir geht.« Alfred legte den Poststapel, der aus dem Briefkasten gequollen war, auf den Tisch und setzte sich seiner Kollegin gegenüber auf einen Sessel. Auch hier war es fast dunkel. Renan hatte primitive Decken, wie sie Möbelpacker benutzten, vor die Fenster genagelt. Nur an der Balkontür waren unten zwanzig Zentimeter frei geblieben, die nun einen Rest des Abendlichtes in den Raum ließen. Außerdem blinkte noch der Anrufbeantworter und die Digitalanzeige der Stereoanlage leuchtete blassblau.

»Ich glaube, diese Frage erübrigt sich, Alfred«, erwiderte sie und zog die Beine an.

»Du musst entschuldigen, dass ich deinen Zweitschlüssel entwendet habe.« Alfred legte das Corpus Delicti auf den Tisch. »Aber ich war ernsthaft in Sorge. Wie du dir vielleicht vorstellen kannst!«

Renan antwortete nicht. Alfred überlegte kurz, ob er die Fenster öffnen und ihr mit sanfter Autorität klarmachen sollte, dass es jetzt langsam genug war. Sie musste wieder zurück ins Leben. Aber in all den Jahren hatte er die Erfahrung gemacht, dass seine Kollegin so nicht zu beeinflussen war und er befürchtete, dass sich das auch jetzt nicht geändert hatte. Daher versuchte er, sich möglichst nicht so zu verhalten, wie es »normal« gewesen wäre. Er würde also nicht lüften, kein Licht machen, nicht die Wohnung aufräumen oder die Post vorlesen. Aber was dann? Er ging zur Stereoanlage und legte eine CD ein, deren Cover er nicht erkennen konnte. Gregorianische Choräle – auch das noch, hätte ja auch türkischer Pop sein können. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und zündete sich eine Zigarette an, aber auch das brachte keine Reaktion. Sonst hätte sie ihm deswegen Hausverbot erteilt. Da ihm nun nichts Besseres mehr einfiel, setzte er sich wieder und beschloss, nichts zu sagen, bevor die Kippe nicht ausgeraucht war. Die Asche schnippte er provokant auf den Boden.

»Haben meine Eltern dich geschickt?«, fragte sie schließlich, als die Glut noch zwei Zentimeter vom Filter entfernt war.

»Nein«, antwortete er. »Sie haben mich angerufen, aber sie haben mich nicht gebeten herzukommen.«

»Wer dann, die Neumann?«

»Die Frau Kriminalrätin ist ebenfalls sehr besorgt.« Alfreds Ton wurde dienstlich. »Und sie hätte gerne, dass du endlich eine Therapie beginnst oder dich langfristig dienstunfähig schreiben lässt. Dann könnte sie Ersatz für dich anfordern.«

»Pff.« Renan blies verächtlich durch die Zähne.

»Aber auch sie hat mich nicht geschickt!« Alfreds Augen hatten sich nun an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Er erschrak tüchtig, als er erkannte, wie stark Renan abgemagert war.

»Wer dann?«

»Nun ja.« Alfred kratzte sich am Kopf. »Es mag unglaubwürdig klingen, aber ich bin aus eigenem Antrieb hier …«

»… Weil du dir Sorgen um mich machst, ich weiß!«

»Also …«

»Aber nun hast du dich ja davon überzeugt, dass ich noch lebe.« Sie setzte die Beine wieder auf den Boden.

»Leben?«, fragte Alfred.

»Ich betreibe Stoffwechsel, das genügt.«

»Hier.« Alfred erhob sich und hielt ihr eine Zigarette hin.

»Was soll ich damit?«

»Rauchen!«

»Warum?«

»Das fördert den Stoffwechsel.« Er hielt ihr das entflammte Feuerzeug entgegen und staunte, als sie tatsächlich Anstalten machte, sich die Kippe anzuzünden. Renan war seit jeher strenge Nichtraucherin gewesen. Unweigerlich begann sie zu husten.

»Tut gut, oder?« Alfred drehte sich um und suchte den Raum mit zusammengekniffenen Augen ab.

»Was?« Sie hustete wieder.

»Sich selbst wieder zu spüren.« Alfred ging auf ein großes, gerahmtes Poster an der gegenüberliegenden Wand zu und nahm es ab. Es war im Stil der Zwanzigerjahre gemalt und warb für Zugreisen nach Istanbul.

»Was soll das?« Aus dem Augenwinkel glaubte Alfred zu sehen, dass sie ihre Asche in eine leere Wasserflasche schnippte. Er hielt das für ein gutes Zeichen.

»Diese Decke ist zu kurz«, erklärte er auf die Balkontür deutend. »Wenn du unten noch dieses Bild dagegenlehnst, wird es dunkler, siehst du?«

»Spinner«, flüsterte sie und Alfred glaubte, den Hauch eines Lächelns erkannt zu haben.

»Es ist der pure Egoismus, der mich hierhergetrieben hat.« Alfred setzte sich wieder, während der Choral zu einem lang gezogenen Kyrieeleison anschwoll.

Sie sagte nichts, sondern zog weiter an der Zigarette.

»Ich halte es schlicht nicht mehr aus, Renan«, fuhr Alfred fort. »Zwei Wochen lang habe ich mich im Innendienst herumgedrückt, aber jetzt geht das nicht mehr. Letzte Woche war ich mit Ondracek und Baier draußen, und jetzt glaubt unser Herr Kriminaldirektor, dass wir es mit einem Giftanschlag auf Gemüse zu tun haben und wird eine riesige Soko zusammenstellen … Ich will gar nicht dran denken!«

Sie sagte immer noch nichts.

»Ich weiß nicht, ob es dir gut tut, monatelang in diesem dunklen Raum zu sitzen.« Alfred zündete sich gleich die Nächste an. »Für mich ist es jedenfalls der Horror. Du musst wieder zum Dienst kommen, Renan, mir zuliebe!«

»Und du solltest langsam anfangen, dich deinem Alter entsprechend zu benehmen«, entgegnete sie.

»Na also.« Alfred lächelte.

»Was?«

»Das klang doch schon fast wieder nach dir!«

»Danke jedenfalls«, brachte sie nach mehreren Schweigeminuten hervor.

»Wofür?«

»Dass du nicht gesagt hast, was alle sagen, und dass du nicht vorgibst, nur um mich besorgt zu sein, auch wenn das bei dir im Gegensatz zu allen anderen der Fall ist.«

»Ich weiß nicht, was du jetzt brauchst, Renan.« Alfred wurde ernst. »Und ich bin nicht so verwegen zu glauben, dass ich es bin. Aber ich brauche dich, so sieht’s aus!«

»Ja, ja, schon gut. Netter Versuch!«

»Da glimmt noch ein Funken in dir.« Alfred hob demonstrativ die Zigarette. »Das spüre ich. Du bist sicher hervorragend darin, im Dunkeln zu sitzen, aber als Polizistin warst du noch besser. Und auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: es mag sein, dass du ohne die Kriminaldirektion Nürnberg auskommst, aber die KD kommt nicht ohne dich aus.«

»Unsinn!«

»Giftanschlag auf Gemüse.« Alfred breitete flehend die Arme aus. »Renan!!«

»Ich esse nichts mehr«, erwiderte sie.

»Versprichst du mir, wenigstens drüber nachzudenken?« Alfred stand auf, er spürte, dass er heute nicht zum Ziel kommen würde.

»Also gut«, sagte sie schließlich. »Ich verspreche es dir!«

Alfred wusste, dass sie das nicht nur so dahinsagte. Der Choral endete in einem erhabenen Amen.

Die Einsatzbesprechung der neu gebildeten Soko »Kopfsalat« fand im größten Saal des Präsidiums im Erdgeschoss statt. Dabei wäre ein Raum dieser Größe gar nicht notwendig gewesen. Zu viele Kollegen litten an Durchfall und schwerer Übelkeit, sodass nur ein überschaubares Grüppchen von zehn Beamten in den ersten beiden Stuhlreihen saß. Für die Soko war herausgequetscht worden, was die einzelnen Kommissariate und Dezernate noch hergaben. Zwei junge Kolleginnen ganz links kannte Alfred gar nicht, mussten Anwärterinnen sein, wahrscheinlich aus dem Bereich der Kriminaltechnik. Stefan Hasselt, auch Woodstock genannt, saß vor ihm. Der war eigentlich Jugendkontaktbeamter und arbeitete seit Jahren am Umbau eines Hauses in der Gartenstadt. Es war schon vorgekommen, dass er mit völlig verstaubten Klamotten zum Dienst erschienen war, weil er über Nacht noch eine Wand herausgerissen hatte. Sein Spitzname kam daher, dass er mit dem stets senkrecht abstehenden blonden Haarschopf und der hageren Figur eine gewisse Ähnlichkeit mit Snoopys gefiedertem Freund aufwies. Aus dem K11 waren außer Alfred noch Popp und Ullmann dabei. Letzterer hatte als Kommissariatsleiter nicht mehr viel zu lachen, seitdem die neue Dezernatsleiterin, Karla Neumann, da war. Irgendwie schien sie zu der Ansicht gelangt zu sein, Ullmann hätte in den Jahren zuvor eine etwas zu ruhige Kugel geschoben. Neben Alfred saß schließlich Ondracek, der Papa Schlumpf der Direktion, die Hände über seinem mächtigen Bauch gefaltet. Er machte Anstalten einzunicken. Vorne, am Lehrerpult gewissermaßen, saßen Herbert Göttler, seines Zeichens immer noch Chef der Nürnberger Kripo, Karla Neumann, Leiterin des ersten Kriminalfachdezernats, und ein Alfred unbekannter Herr mit einer Halbglatze, grauem Anzug und wichtigem Gesichtsausdruck. Herberts Elan hatte in der letzten Zeit deutlich nachgelassen. Nachdem in den vergangenen Jahren in der staatstragenden Partei Bayerns alles drunter und drüber gegangen war, verlief Herberts Karriere nicht mehr ganz so, wie einst geplant. Eigentlich hätte er spätestens nach der jüngsten Landtagswahl Staatssekretär im Innenministerium werden müssen. Dann hatte besagte staatstragende Partei aber die absolute Mehrheit verloren und mit einer anderen koalieren müssen. Dies wirkte sich auf die Zahl der zu verteilenden Posten aus und die wiederum auf den Regionalproporz. Von den neun Ministerien blieben sieben für Herberts Partei übrig, und da bereits zwei Minister aus Mittelfranken kamen, musste der Staatssekretärsposten im Innenministerium mit einem Unterfranken besetzt werden. Dies betrübte nicht nur Herbert, sondern auch die Mehrheit der Nürnberger Kriminaldirektion.

»Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen«, eröffnete Herbert schließlich die Besprechung. »Ich freue mich, dass wir trotz der aktuell äußerst dünnen Personaldecke noch eine Soko auf die Beine gestellt haben. Und genau hier scheint auch der Handlungsbedarf zu liegen. Die meisten wegen Krankheit ausgefallenen Beamten leiden offenbar unter einer Lebensmittelvergiftung, die in den letzten Tagen nahezu die Ausmaße einer Epidemie angenommen hat. Nun gibt es auch noch Hinweise auf eine Straftat, die uns zwingen, polizeiliche Ermittlungen aufzunehmen. Näheres wird uns nun Herr Dr. Thaler vom Städtischen Gesundheitsamt erläutern.«

»Ja, vielen Dank, Herr Göttler!« Dr. Thaler, der Dritte hinter dem Lehrerpult, räusperte sich und startete eine Powerpoint-Präsentation, die zu Anfang nichts als das Logo des Gesundheitsamtes zeigte.

»Meine Damen und Herren, wie Sie sicher mitbekommen haben, grassiert im Großraum seit einigen Tagen eine Welle von schweren Salmonelleninfektionen. Allein gestern und vorgestern wurden uns in Nürnberg 535 Fälle gemeldet.« Der Mann tippte auf sein Notebook und es erschien eine Tabelle. »Die Kollegen in Erlangen registrierten 192 Fälle, Schwabach 81, das Nürnberger Land 97 und Fürth 69.«

»Da schau her«, brummte Ondracek. »Die Fürther sind doch immer Schlusslicht!«

»Wie bitte?« Dr. Thaler zog die Stirn in Falten und sah Ondracek fragend an.

»Nur ein unsachlicher Kommentar«, beeilte der sich zu versichern. »Bitte um Nachsicht!«

»Alle Infektionsfälle müssen binnen 24 Stunden den zuständigen Gesundheitsämtern gemeldet werden«, fuhr Dr. Thaler fort. »Und diese Zahlen gehen weit über die übliche Größenordnung hinaus. Es ist außerdem damit zu rechnen, dass die Kurve weiter steigen wird, da Salmonelleninfektionen hochgradig ansteckend sind …«

»Und warum muss uns das jetzt interessieren?«, meldete sich Woodstock zu Wort, der sich überwiegend durch Pizzadienste ernährte und sichtbar widerwillig in seinem Stuhl lümmelte.

»Das will ich Ihnen erklären.« Dr. Thaler rang sich zu einem schmalen Lächeln durch. »Normalerweise entstehen Salmonelleninfektionen durch den Verzehr von verunreinigten Eiern oder Fleisch, hauptsächlich Geflügel. Auch Speiseeis und Milchprodukte sind gute Nährböden für die Bakterien. Die Symptome sind weitgehend bekannt: wässrige Diarrhö, krampfartige Bauchschmerzen, oft gepaart mit Fieber, Kopfschmerzen und Erbrechen. Meist halten diese Beschwerden nur wenige Tage an. Bei schweren Verläufen zeigen sich aber auch typhoide Krankheitsbilder. Besonders gefährdet sind – wie immer – Senioren, Kinder und immunschwache Patienten. Wird die Infektion bei diesen Zielgruppen nicht behandelt, kann sie im schlimmsten Fall tödlich verlaufen.« Er tippte wieder auf seinen Computer und die Auflistung der Symptome erschien auf der Projektionsfläche.

»Wie gesagt, wir haben es vor allem im Sommer immer mit einer gewissen Grundanzahl von Infektionen zu tun. Hier aber häufen sich die Fälle so deutlich, dass wir die behandelnden Kollegen in den Kliniken befragt haben, um Gemeinsamkeiten bei den Patienten festzustellen. Meist gibt es einen bestimmten Herd, wie eine Großküche, ein Altersheim oder ein einzelnes Tiefkühlprodukt. Doch dies trifft hier nicht zu. Es ist auch nicht so, dass wir es mit den üblichen Folgen von Grillpartys, Eisdielenbesuchen oder abgelaufenen Joghurts zu tun haben. Vielmehr gibt es eine große Gruppe von Vegetariern unter den Erkrankten, die auch verneint haben, in der fraglichen Zeit Eis oder Eier gegessen zu haben. Auch bei den anderen zeigen sich auf den ersten Blick keine Übereinstimmungen. Mal gab es Rindersteak, mal Schweinebauch und mal waren es Putenschnitzel oder Hühnerbrust. Die einzige in unseren Stichproben festzustellende Gemeinsamkeit ist der Verzehr von Salat und Tomaten …«

»Gut, dass ich so was nicht esse«, flüsterte Alfred Ondracek ins Ohr.

»Hasenfutter«, bestätigte dieser nickend.

»Wollen Sie damit sagen, dass diese Salmonellenvergiftungen durch Salat und Tomaten ausgelöst wurden?«, fragte nun Karla Neumann nach.

»So sieht es aus«, seufzte Dr. Thaler. »In einigen Fällen konnten die Patienten noch Reste der Mahlzeiten zur Verfügung stellen und unser Labor hat eindeutig festgestellt, dass die Bakterien in den Salaten vorzufinden waren.«

»Aber dann muss der Salat nicht ordentlich gewaschen worden sein, oder?«, hakte die Dezernatsleiterin nach.

»Das ist bei Salat so eine Sache. Salat ist so verwunden und verwinkelt, da kriegen Sie das Wasser nach dem Waschen nicht völlig raus. Daher bleibt immer ein Rest an Keimen drauf. Auch diese tollen Schleudern helfen da nicht. Um im Bild zu bleiben, müssten Sie die Blätter auch noch trocknen, am besten bei 70 Grad.« Dr. Thaler tippte wieder auf sein Notebook. An der Wand erschienen türkisfarbene, längliche Gebilde vor einem roten Hintergrund.

»Super Fahndungsfoto«, raunte Ondracek Alfred zu.

»Die Krankheitserreger, gramnegative bewegliche Stäbchenbakterien, bilden sich aber nur dann in der notwendigen Zahl auf den Lebensmitteln, wenn es zu grober Fahrlässigkeit beim Anbau des Gemüses gekommen ist. Stark verschmutztes Wasser bei der Bewässerung wäre zum Beispiel eine Erklärung. Da wir aber in unserem Land so strenge Auflagen haben, ist dies nur schwer vorstellbar. Daher muss entweder sehr grobe, um nicht zu sagen kriminelle Fahrlässigkeit vorliegen, oder aber Vorsatz …« Dr. Thaler beendete die Präsentation und blickte ernst in die Runde. »Und genau hier kommen Sie ins Spiel, meine Damen und Herren!«

»Und Sie können sich vorstellen, was hier los ist, wenn die Presse davon Wind bekommt«, ergänzte Herbert mit erhobenem Zeigefinger. »Daher dürfen wir jetzt keine Stunde mehr verstreichen lassen, sondern müssen sofort handeln, auch wenn es sich am Ende als blinder Alarm herausstellen sollte.«

»Ja, aber.« Nun konnte Alfred nicht mehr an sich halten. »Weiß man denn überhaupt, wo das Gemüse herkommt? Das wird doch heutzutage von überallher importiert!«

»Wenn es aus dem Ausland käme, wäre ich nicht hier«, antwortete Dr. Thaler mit besorgter Miene.

 

Die Itz ist ein Nebenfluss des Mains, der etwa fünf Kilometer nördlich von Bamberg in den Hauptfluss mündet. Alfred stand an einem Wehr nahe einer kleinen Ortschaft. Er kniff die Augen zusammen und ließ den Blick über die Ränder des Gewässers schweifen. Die tief stehende Sonne spiegelte sich im Fluss und tauchte die Gegend in ein warmes Licht. Das obere Maintal lag hier genau zwischen der Fränkischen Schweiz und den Haßbergen. Beides sehr liebliche Landschaften, die weder mit Sehenswürdigkeiten noch mit malerischen Blicken oder mit Bierkellern geizten. Alfred erinnerte sich düster, hier schon mal vor vielen Jahren gewandert zu sein. Und schon damals war ihm aufgefallen, dass dieser Teil des Maintales für hiesige Verhältnisse wenig malerisch war. Das hatte sich bis heute nicht geändert, lediglich die Dichte der Bierkeller stimmte noch. Aber es gab genug Gelegenheiten für intensiven Wassersport. Der Main war von zahlreichen Seen gesäumt, auf denen man Segeln und Surfen lernen konnte. Der Main und vor allem die Itz boten gute Bedingungen für Kanufahrer, und das schließlich war der Grund, warum Alfred sich einen Tag nach Gründung der Soko Kopfsalat zu einem dienstlichen Ausflug nach Oberfranken aufmachen musste. Angesichts der Bierkeller keine allzu große Zumutung.

»Und wo genau ist es passiert?«, fragte Alfred, als er neben dem hiesigen Kollegen auf einer Brücke stand und auf den Fluss blickte.

»Genau an diesem Wehr.« Kommissar Dotterweich von der Kripo Bamberg nahm die Pfeife aus dem Mund und deutete mit dem Mundstück geradeaus. Er war von rustikaler Statur, trug einen grauen Seehundschnauzer und sprach den gemütlichen Bamberger Akzent. Über einem großkarierten Hemd trug er eine Art Anglerweste.

»Er muss direkt das Wehr hinuntergefahren sein. Eigentlich müsste er sein Boot da aber herumtragen, und dann ist er gekentert und nicht mehr hochgekommen …«

»Also ertrunken«, schloss Alfred, der sich nun eine Zigarette anzündete.

»So sieht’s aus«, Dotterweich stopfte seine Pfeife nach. Der süßliche Geruch mischte sich mit dem Rauch von Alfreds Zigarette.

»Kommt so was hier öfter vor?« Alfred fingerte die kleine Digitalkamera aus der Innentasche seines Sakkos und machte sich daran, das Wehr zu fotografieren.

»Fast nie.« Dotterweich ging gemächlich zurück in Richtung Straße, Alfred folgte ihm. »An der Itz kann ich mich nur an einen tödlichen Unfall erinnern, muss vor sieben, acht Jahren gewesen sein. Und dann war noch zweimal was an der Wiesent, unten in der Fränkischen. Das waren aber jedes Mal Anfänger, die die Sicherheitsregeln nicht beachtet haben. Keinen Helm aufgesetzt, keine Schwimmweste und so.«

»Und unser Mann hier war Profi?« Sie waren nun bei Dotterweichs Dienstwagen angelangt.

»Muss seit zwanzig Jahren Kajak gefahren sein.« Der Bamberger lehnte sich gegen den Kotflügel des silbernen Audi und zog ausgiebig an seiner Pfeife. »Der hätte erst gar nicht in die Nähe kommen dürfen. Und wenn … Aber für solche Fragen kommt gleich noch ein Fachmann, äh, eine Fachfrau.«

»Oh, das ist ja ein Service«, lächelte Alfred und lehnte sich ebenfalls gegen das Fahrzeug.

»Keine Ursache, wenn ihr uns den Fall dafür abnehmt.« Dotterweich grinste und rammte Alfred verschwörerisch den Ellbogen in die Seite.

»Das hört sich nicht so an, als ob es für euch überhaupt ein Fall wäre.« Alfred setzte seine Sonnenbrille auf und verstaute die Kamera wieder in der Sakkotasche. Er bereute mal wieder, dass er sich nicht zu gegebener Zeit in eine ländliche Direktion hatte versetzen lassen. Irgendwie lief das hier doch alles viel entspannter als in der großen Metropole – und dann noch die Bierkeller.

»Da haben die vom Kriminaldauerdienst halt leider ein bissel zu genau hingeschaut«, seufzte Dotterweich. »Waren wahrscheinlich wieder nur Jungspunde da … Jedenfalls war der nicht nur besoffen, sondern hat auch noch einen Haufen Beruhigungsmittel geschluckt. In seinem Auto haben sie eine Wodkaflasche und eine leere Pillenschachtel gefunden.«

»Gut, dann war es entweder grob fahrlässig oder ein erfolgreicher Selbstmordversuch«, folgerte Alfred. »Jedenfalls nichts für die Kripo, würde ich sagen.«

»Bleibt bloß noch die Sache mit der Versicherung«, ergänzte Dotterweich. Er öffnete die Tür des Dienstwagens und holte eine Akte heraus. »Die sind halt auch nicht begeistert, wenn sie der Witwe jetzt eine halbe Million zahlen müssen.«

»Verstehe!« Alfred pfiff durch die Zähne und trat seine Zigarette aus.

»Martin Unger«, las Dotterweich vor, nachdem ein Traktor im Schneckentempo hinter ihnen vorbeigerattert war. »41 Jahre, verheiratet, zwei Kinder. Hat den Arsch voll Schulden, weil er vor drei Jahren ein Haus gebaut hat, und zwar in Nürnberg. – Glückwunsch!« Er klappte die Akte zu, hielt sie Alfred wie ein teures Geschenk hin.

»Danke!« Alfred legte das Dossier auf die Kühlerhaube und suchte sein Zigarettenetui.

»Und was hat euch jetzt auf den Fall gebracht?« Dotterweich konnte schließlich eine gewisse Neugier nicht mehr verbergen.

»Er könnte im Zusammenhang mit der Salmonellenepidemie stehen«, antwortete Alfred betont vorsichtig.

»Davon habe ich gehört«, nickte Dotterweich. »Da geht’s ja ganz schön zu bei euch …«

»Kann man sagen«, stöhnte Alfred. »Die halbe Kriminaldirektion hat’s auch erwischt. Es sind nur noch die übrig, die keinen Salat essen.«

»Recht so«, freute sich Dotterweich und klopfte Alfred auf die Schulter. »Und dieser Unger hat das Ganze wohl verursacht?«

»Das sicher nicht!« Alfred nahm die Brille ab und putzte sie mit einem Taschentuch. »Er hat aber dafür gesorgt, dass die Lebensmittel unters Volk gekommen sind. Unabsichtlich wahrscheinlich, aber das wissen wir noch nicht so ganz genau. Er war Einkäufer bei einer großen Lebensmittelkette. Und zu allem Überfluss war das auch noch besonders gepriesener Bio-Salat. Noch zehn Mal gesünder, als Salat eh schon ist.«

»Sauber!« Dotterweich bückte sich und klopfte seine Pfeife an einer Felge des Dienstwagens aus.

»Apropos Lebensmittel«, sagte Alfred. »Kannst du mir hier in der Nähe einen Bierkeller oder eine Brauereiwirtschaft empfehlen?«

»Da gehst du am besten gleich nach Freudeneck.« Dotterweich strich sich über den Schnauzer. »Oder nach Zapfendorf oder nach Unterleiterbach, aber der könnte heute zuhaben. Dann gibt’s noch Kemmern, Merkendorf, Ebensfeld …«

Die Aufzählung wurde erst von einem Traktor unterbrochen und dann von einer jungen Frau, die auf einem Mountainbike auf die beiden zugeradelt kam. Sie war etwa Mitte zwanzig und trug eine Radlerhose mit dazu passendem Oberteil. Außerdem eine Baseballkäppi und eine sehr sportliche Sonnenbrille.

»Entschuldigung«, sagte sie atemlos. »Bin aufgehalten worden.«

»Macht nichts«, lächelte Dotterweich. »Darf ich vorstellen: Das ist Kommissar Albach aus dem großen Nürnberg. Und das ist Sabine Maisel, Jugendtrainerin beim Sportbootclub.«

 

»Also können wir einen Unfall hundertprozentig ausschließen«, fasste Alfred zusammen, nachdem sie den Ausführungen der jungen Frau eine Viertelstunde gelauscht hatten.

»Das ist praktisch unvorstellbar, dass jemand, der dreimal Bezirksmeister war, da reinfährt und wenn doch, dass er dann nicht rauskommt«, erklärte Sabine.

Sie standen wieder auf der Brücke unweit des Wehrs und studierten den Wasserlauf von oben.

»Und dass er irgendwie gekentert ist, dann unter Wasser mit dem Kopf auf einen Felsen oder so was gestoßen ist und dadurch bewusstlos wurde?«, hakte Alfred nach.

»Das Wasser ist an der Stelle über zwei Meter tief!« Sabine schüttelte den Kopf. »Außerdem gibt’s da keine Felsen im Flussbett, ist ja kein Wildbach. Und das hier ist eine klassische Gefahrenstelle, ein Stufenwehr. Das Wasser bildet dahinter sozusagen eine Walze. Es strudelt wieder zum Wehr zurück, nachdem es heruntergekommen ist. Wenn du da reingerätst, bleibst du in diesem Strudel gefangen. Du kommst nur raus, wenn du unter Wasser wegtauchst …«

»Und das müsste er gewusst haben«, murmelte Alfred.

»Wie gesagt, ein erfahrener Paddler weiß das. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so einer da in die Nähe fährt, nicht freiwillig.«

»Gut.« Alfred klappte die Akte zu. »Dann übernehmen wir den Fall jetzt im Zusammenhang mit unserem Durchfallsalat!«

»Optimal«, freute sich Dotterweich. »Dafür lade ich euch jetzt auf ein Seidla ein!«

»Freudeneck hat heute offen«, schlug Sabine vor.

»Ja, aber da hat’s jetzt keine Sonne mehr«, wandte Dotterweich ein. »Zapfendorf?«

»Macht erst um 18 Uhr auf«, erwiderte Sabine. »Wie wär’s mit Kemmern?«

»Da ist das Brot immer so lätschert«, gab Dotterweich zu bedenken. »Lieber Unterleiterbach.«

»Betriebsurlaub«, konterte Sabine.

»Dann Merkendorf!«, beschied Dotterweich.

»Super«, sagte Sabine und sprang auf ihr Fahrrad. »Bis gleich!«

»Glückliches Bamberg«, seufzte Alfred, als er zurück zum Auto ging.

 

»Was willst du?« Alfred glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen.

»Zigaretten«, klang Renans Stimme verzerrt aus dem Handy.

»Ja, aber …« Vielleicht handelt es sich ja um eine Störung, der Mobilfunkempfang ließ auf der A 73 manchmal zu wünschen übrig.

»Zigaretten«, schrie sie nun. »Ich will, dass du mir Zigaretten bringst, und zwar heute noch!«

Alfred befand sich auf der Rückfahrt von Merkendorf. Er hatte sich ein Bier und einen Schnitt gegönnt, dazu mit Dotterweich eine Brotzeitplatte geteilt. Er war noch nicht fahruntüchtig, hatte sich aber innerlich darauf eingestellt, den Abend zu Hause bei einem weiteren Bier, einem Hochprozentigen und der Lektüre der Süddeutschen ausklingen zu lassen. Seine Frau war mit einer Schulklasse in London, und der Abend würde mild bleiben, was dafür sprach, das Ganze auf den Balkon zu verlegen. Dazu ein wenig Count Basie oder Charlie Parker und die Welt hätte ihn mal gern haben können. Und nun rief der einzige Mensch an, der diesen Plan ernsthaft gefährden konnte!

Es war ein gutes Zeichen, dass Renan etwas haben wollte. Dass es ausgerechnet Zigaretten waren … Nun ja, sie war aus Gründen, die kaum jemand kannte, in einer Depression oder vielleicht war sie endlich dabei, sich daraus freizukämpfen. Wenn es Zigaretten waren, die ihr einen Antrieb zurückgaben, dann sollte es eben so sein, sie würde schon wieder damit aufhören. Er fragte, welche Marke sie denn bevorzugte, bekam ein »Egal« zur Antwort und hörte, wie die Verbindung beendet wurde.

Es war so eine Sache gewesen, mit ihm und Renan Müller in den ersten Jahren. Das waren keine Scharmützel mehr, das war schon ein handfester Bürgerkrieg, der sich zwischen zwei ungleichen Charakteren abgespielt hatte. Er, ein etwas träge gewordener Ermittlungsprofi mit latentem Hang zum Zynismus. Sie, eine Cholerikerin, die jeden guten Rat als Belehrung verstand und sich den Humor scheinbar hatte operativ entfernen lassen. Immer musste sie alles auf sich beziehen, jedes Wort auf die Goldwaage legen. Damals hätte er in der Jakobskirche eine Kerze angezündet, wenn sie wegen psychischer Leiden mehrere Monate dem Dienst ferngeblieben und am besten nie wieder zurückgekommen wäre. Doch heute fehlte sie ihm, und zwar so sehr, dass er ernsthaft darüber nachdachte, sich in den Vorruhestand versetzen zu lassen, wenn sie wirklich nicht mehr dienstfähig werden würde. Zwar verlief die Zusammenarbeit noch immer nicht völlig konfliktfrei, aber das war das Salz in der Suppe, wie in jeder guten Beziehung. Was in den dazwischen liegenden Jahren passiert war, vermochte er gar nicht so genau zu sagen. Es lag vielleicht daran, dass ihn und Renan trotz der Altersdifferenz und ihrem offenbar völlig unterschiedlichen Temperament unter der Oberfläche mehr verband, als sie zunächst wahrhaben wollten. So hatten sie sich in den ersten Jahren zwar bis aufs Blut bekämpft, aber keiner hatte den anderen gemobbt. Da wurde nie versucht, Kollegen oder Vorgesetzte gegen den anderen in Stellung zu bringen. Fehler oder Fehlurteile warf man sich gegenseitig an den Kopf, sorgte aber nicht dafür, dass sie aktenkundig wurden. Keiner führte Tagebuch über Privaterledigungen des anderen während der Dienstzeit, Telefongespräche persönlichen Inhalts oder großzügigen Umgang mit der Mittagspause. Es gab keine Intrigen und keine Denunziation, da kämpften zwei mit offenem Visier und das so lange, bis sie müde waren. Prinzipienreiter und Gerechtigkeitsfanatiker waren sie beide – jeder auf seine Weise. Und mittlerweile hatten sie sich so eingerichtet, dass Alfred meist den souveränen, aber kindsköpfigen Lebemann gab, der mit Routine und Verschlagenheit dafür sorgte, dass sie weitgehend ungehindert ihrer wahren Arbeit nachgehen konnten. Während Renan für eine gewisse Strenge, aber auch Emotionalität zuständig war. Dinge, die Alfred in fünfundzwanzig Dienstjahren bisweilen abhanden gekommen waren.

 

Renan hustete gottserbärmlich.

»Du musst nicht gleich voll auf Lunge rauchen«, wandte Alfred ein.

»Belehr mich nicht!«, brachte sie zwischen zwei Ausbrüchen hervor.

»Ich habe ja extra auch noch leichtere mitgebracht.« Er hob die Packung hoch, die Renan verächtlich zur Seite gelegt hatte.

»Ich will aber, dass es sticht«, erklärte sie schließlich. »Und schuld daran bist du!«

»Ich?« Alfred tat verwundert und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Das Zimmer war immer noch verdunkelt. »Weil ich dir beim letzten Mal eine angeboten habe?«

»Nein, sondern weil du etwas Wahres dazu gesagt hast.«

»Ach ja?«

»Du hast gesagt, dass es gut täte, sich wieder zu spüren. Ich weiß nicht, wie du darauf gekommen bist, aber es stimmt.«

»Dann ist in über fünfzig Jahren doch ein Hauch von Lebensweisheit an mir kleben geblieben«, lächelte er.

»Wer hätte das gedacht«, entgegnete sie so trocken, dass es ihn fast an früher erinnerte.

»Es freut mich wirklich, dass es dir ein bisschen besser geht, Renan!« Alfred benutzte ihren Vornamen, um deutlich zu machen, wie ernst er das meinte.

»Ich weiß nicht, ob es mir besser geht, Alfred.« Sie hustete wieder. »Aber ich weiß, dass ich wieder etwas spüre.«

»Und, ist das ein gutes Zeichen?« Irgendwie verspürte Alfred selbst gerade gar keine Lust auf Nikotin.

»Könnte sein«, sagte sie nach einer kurzen Pause. Alfred bemerkte, dass ihm ein paar Tränen in die Augen stiegen und er war froh, dass man bei den herrschenden Lichtverhältnissen nicht viel sehen konnte. Jedenfalls wusste er nicht mehr, was er noch sagen sollte und sah seiner Kollegin schweigend bei ihren ersten Gehversuchen als Raucherin zu. Sie mühte sich redlich mit der Zigarette ab und rauchte sie bis zum Filter auf, immer wieder von Hustenkrämpfen geschüttelt. Dann blickten sie sich eine Schweigeminute lang an oder besser in die Richtung der gegenüberliegenden Augen, bis sie sagte:

»Jetzt erzähl schon!«

»Was?«

»Was es mit diesem Killergemüse auf sich hat. Wo das herkommt und warum ihr da ermitteln müsst, und warum du schon wieder nach Bier stinkst, obwohl es noch nicht dunkel ist!«

 

Also erzählte Alfred von dem Einkäufer des Lebensmitteldiscounters, der bei einem Paddelunglück nahe Bamberg ums Leben gekommen war. An sich hätte das die Nürnberger Kripo einen feuchten Kehricht interessiert, selbst wenn der Mann in Nürnberg wohnhaft war. Aber da es sich just um jenen Discounter handelte, der das verseuchte Gemüse im großen Stil in Umlauf gebracht hatte, gab es eine enge Verbindung zu den Ermittlungen der Soko Kopfsalat. Der Discounter hatte einen massiven Kundenrückgang zu verzeichnen, und der Mann war vor zwei Tagen fristlos entlassen worden. Nun war es gut möglich, dass er einen Ausgleich zur aktuellen psychischen Belastung gesucht hatte und deswegen seinem nassen Hobby nachgegangen war. Selbst den vorherigen Genuss von Alkohol hätte man noch irgendwie erklären können. Was dagegen an einem Unfall zweifeln ließ, waren die Beruhigungsmittel und die Tatsache, dass Martin Unger mit einem neu gebauten freistehenden Einfamilienhaus schwer in der Kreide stand. Jedenfalls würde die Versicherung erst einmal einen Selbstmord vermuten und Anzeige wegen Betrugs erstatten. Somit war die Kripo gezwungen, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Alfred war natürlich noch nicht dazu gekommen, die Witwe und die Kinder des Toten zu befragen und hoffte inständig, dass sich ein anderes Mitglied der Soko damit beschäftigen musste. Seit gestern hatten die Beamten vor allem damit zu tun gehabt, die Opfer der Salmonellenepidemie zu vernehmen. So war herausgekommen, dass sie alle ihren Salat und ihre Tomaten bei Filialen desselben Discounters als Bio-Ware gekauft hatten. Und weil Salat und Tomaten nur kalt abgespült wurden, hatte dieser merkwürdige Bakterienstamm das Waschen unbeschadet überstanden und in den Verdauungsorganen der Konsumenten seinen Job erledigt. Zu allem Überfluss hatte auch die Polizeikantine letzte Woche Salat bei dem Discounter zugekauft, was den hohen Krankenstand im Präsidium Mittelfranken erklärte. Die nächste Frage konnte kurz darauf auch geklärt werden. Der Discounter DISCO hatte das Gemüse bei einem Bauern aus dem Knoblauchsland in großen Mengen bezogen. Es war wohl nicht unüblich, dass die großen Ketten auch bei mittelständischen Betrieben im Inland einkauften, wenn sie entsprechend günstige Preise boten. Der Betrieb war bereits von Gesundheits- und Ordnungsamt inspiziert worden. Alfred kannte die Ergebnisse der Besuche noch nicht. Bislang war der Gemüsebauer noch nicht eingehend verhört worden. Er hatte lediglich die Auflage erhalten, die Stadt bis auf Weiteres nicht zu verlassen. Bevor man dem Mann Fragen stellte, musste man ja erst mal wissen welche. Die dafür notwendigen Informationen sollten in den nächsten ein bis zwei Tagen eintreffen. Jedenfalls hätte der Mann nun auch ausreichend Grund gehabt, sich umzubringen. Die Boulevardpresse hatte bereits durch eine Indiskretion in der Verwaltung des Discounters erfahren, woher der Salat und die Tomaten bezogen worden waren und belagerten nun zusammen mit dem Privatfernsehen die Gewächshäuser. »Killer-Gemüse in Franken« hatte die Bildzeitung getitelt, und die Abendzeitung sprach vom »Gärtner des Grauens«. Selbst eine der seriösen Zeitungen hatte sich die Zeile »Dann doch lieber ungesund« nicht verkneifen können. Dabei war noch lange nicht gesagt, dass der Landwirt etwas dafür konnte. Dr. Thaler hatte Fremdverschulden vermutet, denn es war höchst unwahrscheinlich, dass ein Bauer sein eigenes Gemüse verseucht. Da kämen eher Konkurrenten infrage oder irgendwelche Aktivisten.

»Und das ist alles?«, fragte Renan, während sie sich die nächste Zigarette anzündete.

»Reicht dir das nicht?«

»Immerhin ist noch keiner an diesen Salmonellen gestorben, oder?« – Hustenanfall.

»Gestorben ist nur dieser Unger.« Alfred verspürte immer noch keine Lust auf eine Kippe. »Aber gefährliche Körperverletzung ist auch ein Verbrechen, für das wir zuständig sind.«

»Was du nicht sagst«, hustete sie.

»Ja, es klingt irgendwie komisch, aber wir stehen kurz davor, einen Notstand auszurufen. Mit Katastrophenschutzgesetz und allem Drum und Dran!« Alfred sehnte sich nun nach seinem Hochprozentigen.

 

2. Scharfe Schüsse

 

»Das war nur ein Klaps«, sagte Ondracek, als Alfred ihn am nächsten Tag nach der Morgenbesprechung endlich in der Kantine gefunden hatte.

»Na ja, bei deiner Statur kann ein Klaps auch schon mal kräftiger ausfallen.« Alfred zog die Stirn in Falten.

»Zur Suspendierung hat’s auf jeden Fall nicht gereicht«, seufzte Ondracek.