Glückshauch und Musenkuss - Karin Kaiser - E-Book

Glückshauch und Musenkuss E-Book

Karin Kaiser

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Beschreibung

Die Journalistin Alicia Livingston träumt schon lange von einer Karriere als Autorin, doch ihr Alltag als alleinerziehende Mutter und ihre Arbeit bei einer bekannten Frauenzeitschrift in London lassen ihr keinen Platz für ihre Träume. Zusätzlich kämpft sie noch mit den Folgen ihrer gescheiterten Ehe, die zwar schon ein paar Jahre zurückliegt, sie aber dennoch belastet. Auch die Arbeit ist anstrengend, denn ihr Chefredakteur versucht mit allen Mitteln, sie aus ihrem Job zu mobben. Eines Tages soll sie den bekannten Autor und Dozent für Kreatives Schreiben, Nick Coleman, interviewen. Sofort stellt sich bei Alicia reges Herzklopfen ein, denn ausgerechnet mit Nick hatte sie vor vielen Jahren eine heiße Affäre. Er ist inzwischen alleinerziehender Vater und vor kurzem erst nach Südengland gezogen. Nach dieser Begegnung ist nichts mehr, wie es war …

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Karin Kaiser

Glückshauch und Musenkuss

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

1

»Alicia, du sollst sofort zum Chefredakteur kommen!« quäkte Maddies Stimme schmerzhaft durch den Telefonhörer in Alicias Ohr.

Was war heute mit der Vorzimmerdame des Chefredakteurs los? Sie klang ja wie Micky Maus auf Speed! Und was wollte der Boss schon wieder von ihr? In letzter Zeit war sie doch anständig gewesen, hatte brave Artikel geschrieben und keinen Schmachtroman verrissen. Letzten Monat hatte er Alicia die Hölle heiß gemacht, weil sie es gewagt hatte, das letzte Buch von Cecilia Rhodin als unausgegorenes Machwerk zu bezeichnen. War ja auch wahr. Seit fünfzehn Jahren schrieb diese Frau immer wieder denselben Roman, der einzige Unterschied waren variierende Haarfarben und diverse BH-Körbchen-Größen. Doch weil sie eine Freundin von Littles Ehefrau war, durfte sie niemand kritisieren. Das sah Alicia nicht ein. Sie wollte den Lesern nur ehrliche Kommentare liefern und diese vor Fehlkäufen bewahren. Ehrlichkeit schien Little aber nicht zu interessieren. Seit er vor zwei Jahren den Chefsessel übernommen hatte, gab es für Alicia, aber auch ihre Kollegen nicht mehr viel zu lachen. Vor allem Frauen wie Alicia, mit einem Teilzeitjob, hatte Little auf dem Kieker. Jedoch konnte sie nicht kündigen, denn erstens gab es momentan wenig Teilzeitstellen; zweitens musste sie allein für ihre Tochter Melanie sorgen.

Seufzend erhob Alicia sich von ihrem quietschenden Sessel, setzte noch einen Punkt hinter ihren Artikel und stiefelte ins Büro ihres Chefredakteurs.

»Guten Tag, Mr. Little«, begrüßte Alicia ihn mit einem strahlenden Lächeln und warf ihre nussbraunen Haare zurück.

Als sie jedoch das selbstzufriedene Grinsen auf dem Gesicht ihres Chefs sah, wurde es ihr anders.

»Guten Tag, Mrs. Livingston. Setzen sie sich doch«, flötete er und bot Alicia den Platz gegenüber seines Schreibtisches an.

Das stank doch meilenweit gegen den Wind. So freundlich war er sonst nie.

»Ich habe einen Job für Sie«, sprach er sie an; dabei grinste er wie ein Haifisch.

Mit gemischten Gefühlen nahm Alicia auf dem angebotenen Sessel Platz.

»Und der wäre?«, fragte sie vorsichtig.

»Sie kennen doch sicher Nick Coleman?«

Was für eine Frage! Wer kannte ihn nicht? Er schrieb sehr erfolgreich Fantasy-Stories für Kinder und Jugendliche; außerdem noch Krimis für Erwachsene. Vor Jahren hatte sie eine verdammt heiße Affäre mit ihm. Alicias Gedanken tauchten in die Vergangenheit ab und sie sah sich in seinem Kurs für Kreatives Schreiben wieder. Nick hatte den Professor, der gewöhnlich den Kurs hielt, für ein paar Wochen vertreten. Die Anziehungskraft, die er ausübte, war beinahe magisch für Alicia gewesen. So waren sie schnell in seinem Bett gelandet und Alicia hatte die fantastischste Liebesnacht ihres Lebens erlebt. Leider hatte dieses Verhältnis nicht lange angehalten, er hatte einen Lehrauftrag in den Staaten angenommen und Alicia hatte nicht den Mut gehabt, ihm zu folgen. Kurz danach hatte er die Schauspielerin Melinda Melvin kennengelernt und sich nur ein paar Jahre später in einem bösen Scheidungskrieg von ihr getrennt. Danach hatte er unter dem Namen Nick Coleman Karriere als Schriftsteller gemacht. Alicia hatte seine Schriftstellerkarriere aufmerksam verfolgt und sehr viele seiner Bücher rezensiert, nicht zuletzt, weil Melanie ein großer Fan seiner Geschichten war. Alicia tauchte wieder aus der Nostalgie auf und schenkte Little ein ironisches Lächeln.

»Ja. Wenn Sie sich erinnern, habe ich sämtliche Bücher von ihm hier rezensiert«, antwortete sie spöttisch.

Little ignorierte die Spitze.

»Und jetzt werden Sie ihn auch interviewen.«

Alicia blieb beinahe die Luft weg. Sie sollte Nick interviewen? Nach dem, was sie so von anderen Journalisten gehört hatte, war er äußerst schwierig. Vor allem seit der Scheidung von Melinda Melvin, dem Schauspiel-Superstar in Hollywood. Warum aber sollte gerade sie ihn interviewen?

»Wie komme ich zu der Ehre?«

»Ich wollte von ihm ein Interview, aber er wollte es nur zusagen, wenn Sie es machen.«

Erstaunt runzelte Alicia die Stirn. Woher wusste Nick, dass sie Journalistin war?

»Donnerwetter, jetzt bin ich sprachlos.«

Little blickte schräg zu Maddies Schreibtisch hinüber.

»Tragen Sie das rot im Kalender ein, Maddie, Mrs. Livingston ist sprachlos«, sagte Little trocken.

Dann drehte er sich um und schob Alicia einen Zettel zu.

»Hier. Unter dieser Telefonnummer können Sie ihn erreichen. Machen Sie einen Termin aus.«

»Okay.« Mit weichen Knien erhob Alicia sich und stakste aus Littles Büro.

»Du bist ja so blass, Alicia. Hat er dich schon wieder abgebürstet?« fragte Kristin, Alicias Kollegin im Büro und seit einigen Jahren ihre beste Freundin, und warf ihr einen besorgten Blick zu.

Alicia ließ sich in ihren Bürosessel fallen und seufzte tief auf.

»Nein. Ich soll Nick Coleman interviewen.«

Kristins Augenbrauen schossen erstaunt nach oben.

»Wow, wie hast du denn das geschafft? Normalerweise verspeist er Journalisten bereits zum Frühstück.«

»Ich kann ihn schon verstehen. Die Scheidung von Melinda Melvin war ein riesiges Medienspektakel. Und sie haben kein gutes Haar an ihm gelassen.«

»Da hast du Recht. Aber warum ausgerechnet du? Ich kann mir vorstellen, dass Little liebend gerne das Interview selbst gemacht hätte.«

Alicia wurde rot und verlegen. »Vielleicht, weil Nick Coleman mich kennt.«

Zuerst blickte Kristin Alicia verständnislos an, aber dann ging ihr ein Licht auf und sie grinste.

»Aha, Nick Coleman ist also dieser Typ, mit dem du damals die heiße Affäre hattest?«

Alica wurde noch röter und nickte.

»Damals hieß er allerdings noch Nicholas Smith.«

»Hey, der Mann ist geschieden. Da hättest du doch beste Chancen.«

»Kristin, das ist schon fast fünfzehn Jahre her. Ich bin nicht mehr zwanzig ...«

»Aber noch immer attraktiv genug, um einem Mann zu gefallen. Außerdem ist er ja auch nicht jünger geworden.«

»Nein, Kristin, es ist einfach zu lange her. Und jetzt sollte ich ihn anrufen.«

 

Nach fünfmal Klingeln meldete sich eine tiefe, rauchige Männerstimme. Nicks Stimme. Die hatte sich schon mal nicht verändert. Alicia konnte nicht verhindern, dass sie seine sandfarbenen Leopardenaugen vor sich sah, seine sinnlich geschwungenen Lippen, die in einem fein geschnittenen, aber dennoch markanten Gesicht lagen. Ob er sein dunkles Haar noch immer so lang trug wie damals? Alicia erinnerte sich im letzten Moment daran, dass sie sich noch vorstellen musste.

»Hallo, Mr. Coleman. Ich bin Alicia Livingston von »Woman's Corner«, begrüßte sie ihn förmlich.

Das herzhafte Lachen am anderen Ende machte Alicia ganz schwindlig.

»Eine sehr förmliche Begrüßung für jemanden, den man kennt, Alicia.«

Es wurde Alicia verdammt heiß. Zum Glück gab es kein Bildtelefon, obwohl sie zugeben musste, dass es sie schon wahnsinnig interessierte, wie Nick jetzt aussah.

»Es hätte ja auch dein Sekretär sein können«, antwortete sie trocken.

»Du bist immer noch ganz die Alte, witzig und trocken.«

»Sonst hat sich ziemlich viel geändert«, antwortete Alicia mit einem fröhlichen Auflachen.

Und sie war überrascht, wie einfach es war, mit ihm zu lachen.

»Warum soll gerade ich dieses Interview mit dir machen?«

»Nun ja, du hast mit deinen Rezensionen die Verkaufszahlen meiner Bücher erheblich gesteigert und ...«

»...dann darf ich zur Belohnung mit dir reden?«

»Nicht nur deswegen, auch um der alten Zeiten willen. Und weil ich Little nicht leiden kann.«

»Da haben wir schon was gemeinsam. Also wie sieht es aus, wann hast du Zeit und wo könnten wir uns treffen?«

»Ich bin am Montag in London und halte in Belindas Bookstore eine Lesung. Du kannst gerne kommen und danach machen wir das Interview.«

»Das lässt sich machen. Wann soll ich dort sein?«

»Gegen 15 Uhr.«

»Darf ich auch einen Fotografen mitbringen?«

»Muss das sein?«

»Nick, ich weiß, was du mit Journalisten und Fotografen durchgemacht hast, aber deine Fans wollen auch mal ein neues Foto von dir sehen. Und ich verspreche dir, dass wir brav sein werden.«

Ein ergebenes Seufzen kam vom anderen Ende der Leitung.

»Also gut, weil du es bist. Bis Montag. Ich freue mich schon darauf, dich wieder zu sehen.«

»Ich auch, Nick. Bis Montag.«

Als er schon längst aufgelegt hatte, hielt Alicia noch den Hörer in der Hand und lächelte versonnen vor sich hin.

»Hello, ground control to Major Alicia! Bist du noch da?«, schrak Kristins spöttische Stimme Alicia aus ihren Träumen. Sie überspielte ihre Verlegenheit, indem sie dynamisch aufsprang.

»Ich muss noch zu Jack in die Fotoredaktion«, sagte sie und machte, dass sie aus dem Zimmer kam.

»Hallo, Jill«, begrüßte Alicia Jacks Fotoassistentin, die allein im Büro saß und Negative sortierte. Sie blickte über den Rand ihrer Brille, die sie auf der Nasenspitze balancierte.

»Hi.«

»Wo ist Jack?«

Jill warf ihre langen, schwarzen Haare zurück und lachte.

»Der ist mal für kleine Jungs.«

Kaum hatte Jill dies gesagt, erschien er auch schon. Er strich sich eine lange, blonde Haarsträhne hinters Ohr und blitzte Alicia mit seinen leuchtend blauen Augen an; er wirkte wie der professionelle Womanizer, aber das täuschte. Alicia kannte keinen gutaussehenden Mann, der sich so wenig auf sein Aussehen einbildete wie Jack.

»Hi. Was führt dich in meine Höhle?«, begrüßte er Alicia brüderlich.

»Ich habe einen Job für dich. Ich soll Nick Coleman interviewen und da sein letztes Foto schon einige Jahre her ist, sollte man den Fans mal was Neues gönnen«, erklärte Alicia und legte ihre Stirn in arbeitsame Falten.

»Ist das der Coleman, der mit Melinda Melvin verheiratet war?«

»Genau der.«

»Ich glaube, du bist lebensmüde. Seit seiner Scheidung macht er Kleinholz aus Journalisten und Fotografen.«

Jack sah Alicia mit einem sehr zweifelnden Gesichtsausdruck an.

»Es ist ihm auch nicht zu verdenken. Aber ich kenne ihn von früher. Und ich habe von ihm die Erlaubnis erhalten, ein Foto machen zu lassen. Hab keine Angst, ich werde dich schon beschützen.«

Mit süffisantem Grinsen schielte Alicia zu Jack.

»Die Kleine hier ist ganz schön frech«, meinte er kopfschüttelnd.

»Sie hat aber mehr Mumm als du«, antwortete Jill mit einem spitzbübischen Grinsen.

»Weiber«, knurrte Jack. »Wann ist das Interview?«

»Montag, 15 Uhr.«

»Okay. Alles klar.«

 

***

 

An diesem Tag beendete Alicia ihre Arbeit schon um 13.00 Uhr, weil sie sich zum einen kaum noch auf etwas konzentrieren konnte und nur noch Bockmist schrieb; zum anderen morgen den Interviewtermin hatte und sich dringend dafür vorbereiten musste. Erst gegen zwei Uhr war sie aus London draußen und fuhr auf die Autobahn in Richtung Sevenoaks. Dort wohnte Alicia mit ihrer Tochter Melanie im Haus ihrer Eltern, genau genommen seit etwa fünf Jahren, nachdem sie es endlich geschafft hatte, sich von Stuart zu trennen. Die Ehe mit ihm war die reine Hölle gewesen. Nach Melanies Geburt hatte er angefangen, sie zu betrügen und wenn sie ihn zur Rede gestellt hatte, hatte es nur so Hiebe gehagelt. Nur wegen Melanie hatte Alicia durchgehalten, aber als auch diese von ihm eine Tracht Prügel bezogen hatte wegen einer Nichtigkeit, war ihr aufgegangen, dass sie von diesem Mann wegmussten. Lieber sollte Melanie keinen Vater haben als so einen. Nach der Scheidung hatte ihn seine Tochter auch nicht mehr interessiert. Alicia war mit Melanie zu ihren Eltern gezogen und hatte ihren Traum begraben, Geschichten zu schreiben. Damit konnte sie leider kein Kind durchbringen. Und so hatte sie das Angebot ihrer Freundin Kristin, die bei »Woman's Corner« in der Redaktion als Journalistin arbeitete, angenommen, auch bei der Zeitschrift anzufangen. Kristin hatte Alicia einen Crash-Kurs in Journalistik gegeben und da Alicia Literatur studiert hatte und auch gerne Texte verfasste, hatte der Job ihr wirklich Spaß gemacht. Obwohl es ihr schon einen Stich versetzte, dass sie kaum noch Zeit hatte, über eine Geschichte nachzudenken. Irgendwann würde sie wieder damit anfangen. Mit diesem Gedanken hatte Alicia sich oft getragen in den zwei Jahren, die Little Chefredakteur war und sie ziemlich auf dem Kieker zu haben schien. Tja, und es war auch weit und breit kein Mann zu finden, der sie mit ihrer Tochter haben wollte und der zu ihnen passte. Ausgerechnet jetzt tauchte Nick Coleman einfach so aus dem Nichts auf und wollte, dass sie ein Interview mit ihm machte. Sie freute sich, ihn nach so langer Zeit wieder zu treffen, obwohl sie es gar nicht so richtig wollte. Ob er sich wohl sehr verändert hatte?

»Wir werden sehen«, sagte Alicia sich und steuerte die nächste Abfahrt an.

Kaum hatte sie das Auto in der Einfahrt des Einfamilienhauses aus Backstein abgestellt, kam ihr schon ein zehnjähriger, rotblonder und sommersprossiger Wirbelwind entgegengelaufen.

»Hallo, Mama«, begrüßte Melanie ihre Mutter fröhlich und warf sich in ihre Arme. »Warum bist du schon so früh da?«

»Ich muss morgen ein Interview machen und weil ich mich dafür am besten zu Hause vorbereiten kann, bin ich schon früher gegangen.«

»Wen musst du interviewen?«

Alicia legte den Arm um ihre Tochter und lachte.

»Du wirst es nicht glauben. Ich werde Nick Coleman interviewen.«

Melanies Augen wurden groß und rund vor Staunen.

»Der Nick Coleman?«

Alicia nickte.

»Genau der Coleman, von dem du alle Fantasy-Bücher hast.«

»Klasse! Bringst du mir ein Autogramm von ihm mit?«

»Klar, kann ich machen.«

 

2

 

»Für was für einen Idioten hältst du mich eigentlich, Stuart? Ich habe dich mit diesem Flittchen doch gesehen!«, rief Alicia wütend aus.

Sofort verfinsterte sich Stuarts Blick, seine hellen Augen bekamen einen beängstigend stechenden Farbton. Wie so oft, wenn ihm etwas nicht passte. Seine dunklen Augenbrauen zogen sich wütend zusammen. Bevor sie irgendwie reagieren konnte, stand er schon dicht vor ihr und packte sie schmerzhaft an den Haaren. Ein beißender Alkoholgeruch streifte ihre Wange.

»Und wenn schon. Du hast mir nicht vorzuschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe, kapiert?«

Sein Gesprächston war leise, aber der gefährliche Ton in seiner Stimme ließ ihr alle Haare zu Berge stehen. Sie versuchte, seinem schmerzhaften Griff zu entkommen, aber er packte sie noch fester.

»Lass mich in Ruhe, du verdammter Dreckskerl!«, keuchte sie unter heftigen Schmerzen. Sie hatte das Gefühl, er würde ihr die Haare samt Kopfhaut vom Kopf reißen.

»Was bin ich?«, fragte er wie verwundert, aber Alicia sah schon den Wahn in seinen Augen blitzen.

»Du bist verachtenswert!«, schleuderte sie ihm entgegen.

Rückzug kam jetzt nicht mehr in Frage. Und im nächsten Moment traf sie eine so heftige Ohrfeige, dass sie glaubte, ihr Kopf müsste explodieren. Benommen taumelte sie gegen die Wand des Wohnzimmers. Aus dem Augenwinkel sah sie eine Bewegung und erkannte ihre fünfjährige Tochter Melanie im Türrahmen.

»Lass Mami los, Dad!«, rief sie ihm verzweifelt entgegen. Verdammt, hätte sie doch geschwiegen und wäre zurück in ihr Bett gegangen! Jetzt würde sie Stuarts wahnsinnigen Zorn auch zu spüren bekommen.

»Mach, das du ins Bett kommst!«, befahl er ihr mit eiskaltem Ton in der Stimme. »Du sollst Mami nicht schlagen!«

»Du verflixtes ungehorsames Balg!«

Er ließ Alicia los und stürmte auf das Kind zu, das verängstigt zurückwich.

»Nein, Stuart, lass sie!«, rief sie panisch aus, aber er holte unbeeindruckt aus und verpasste Melanie eine heftige Ohrfeige.

»Verschwindest du jetzt endlich?«

Melanie sah ihn nur geschockt hat, bis die Tränen zu laufen begannen und sie sich umdrehte und davonlief. Eine unglaubliche Wut bemächtigte sich Alicias. Es war ja schon schlimm genug, dass er sie geschlagen hatte, aber ein fünfjähriges Kind zu schlagen, war eindeutig zu viel. Sie stürzte sich auf Stuart und zog ihre Fingernägel ohne Rücksicht über sein Gesicht.

»Du verdammtes Miststück!« schrie er schmerzhaft aus. Und dann trat ein so tödlicher Blick in seine Augen, dass sich ihr Herz vor Angst zusammenkrampfte. Sie versuchte, die Haustür zu erreichen, aber Stuart war unglaublich flink und schnell und riss sie zurück.

»Nein, du haust nicht ab, bevor du deine Abreibung bekommen hast!«, rief er wütend aus.

Und bevor Alicia irgendwie reagieren konnte, traf sie ein heftiger Faustschlag ins Gesicht. Irgendetwas knackte beängstigend in ihrem Gesicht und sie spürte heftige Schmerzen. Ein weiterer heftiger Schlag ließ sie benommen zu Boden sinken, aber Stuart riss sie gnadenlos wieder hoch ...

»Nein, hör auf. Hör auf!«