Gnadenschuss - Sascha Heeren - E-Book

Gnadenschuss E-Book

Sascha Heeren

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Beschreibung

Ana|gramm, das; (von griechisch anágramma = „Buchstabenversetzung“) ein Wort, bei dem die einzelnen Buchstaben in einer anderen Reihenfolge angeordnet werden können und sich neue Wörter mit anderer Bedeutung bilden, beispielsweise ist „Gnadenschuss“ ein Anagramm zu „Gassenschund“ … Apropos: eines Nachts überfährt Tom versehentlich einen Z-Promi – die Große Grete. Aber damit nicht genug. Noch in der selben Nacht lernt er zwei unglaubliche, aber für ihn wegweisende Lektionen: 1. Abgehalfterte bringen Geld, und zwar tot mehr als lebend. 2. Warum ist da vorher noch keiner draufgekommen? Das riecht nicht nur nach einem neuen Geschäftsmodell, es schreit förmlich danach. Doch was rechtfertigt den Tod eines Menschen? Geld allein? Am Anfang ist es der Zufall. Am Ende ist es mehr. Toms Liste wird auch zu Matthias’ moralischem Kompass. Eine denkbar einfache Liste, mit der beide das Ableben ihrer Mitmenschen begründen. So gut und einfach sich diese Idee anhört, das mit dem Umbringen verkompliziert die Sache dann doch irgendwie. Matthias ist der vielversprechendste Kandidat, um aus Toms Geschäft eine florierende Nebentätigkeit zu machen. Doch plötzlich sieht er sich zunehmenden Attacken auf seine Psyche, danach im bequemen Sessel einem Psychiater ausgesetzt. Er fällt immer tiefer in ein wirres Geflecht, das nur eine Frage zulässt: Wo endet der Eine und wo beginnt der Andere? Nichts ist so, wie es scheint, aber welche Zusammensetzung ergibt am Ende die richtige Bedeutung?

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Seitenzahl: 230

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Gnadenschuss

Sascha Heeren

Gnadenschuss

Roman

Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-95894-341-4 (Print)

© Copyright: Omnino Verlag, Berlin / 2025

Am Friedrichshain 22 / 10407 Berlin / [email protected]

www.omnino-verlag.de

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.

Inhalt

Die Große Grete

Linie 74

Kämpfer der Matrix

Tötet Onkel Ludwig

Gottes Strafe

Der Richtige

Taschenspieler

TomTom

Liebe Leserin, lieber Leseroder: Hey, Du. Genau, Du.

Eigentlich bin ich kein so schlechter Typ. Eigentlich nett. Dass ich duze, is’ keine Unart. Wobei das wahrscheinlich alle Unartigen von sich sagen. Und ‚eigentlich‘ ist nun auch nicht gerade ein Vertrauensgarant. Aber nein, ich spreche Dich mit Du an, weil’s um uns geht. Weil wir im selben Boot sitzen. Es geht mir also ums Prinzip. Eigentlich, denn wenn’s bloß das Prinzip wär’, dann könnt ich jetzt mit der ungeschönten Wahrheit herausplatzen. Ich könnt’s Dir aufladen, ohne Rücksicht auf Verluste – nur: Du würdest es nicht verstehen. Die bittere Wahrheit schlüge Dir ins Gesicht. Und dann. Dann haben wir das Problem. Nehmen wir zum Beispiel den Klimaschutz. Tagtäglich – und das schon seit Jahrzehnten – hören wir unmissverständlich: Wenn wir uns weiter ins eigene Nest kacken, wird’s irgendwann ungemütlich. Hat irgendwer bislang darauf gehört? Da sitzen wir auch alle gemeinsam im selben Boot. Also im Nest nebeneinander, und um uns herum türmt sich die Scheiße. Es riecht streng. Im übertragenen Sinn. In der Wirklichkeit is’ es extrem. Das Wetter spielt verrückt. Starkregen, Hitzewellen, Hagel, Hoch- und Niedrigwasser. Und trotzdem ertappen wir uns bei dem süßen Gedanken, dass Tropennächte in Deutschland auch irgendwie an Urlaub erinnern könnten. Urlaub ist schön. 2050 könnte Deutschland also ein Urlaubsland sein. Die Scheißwahrheit, dass wir einfach krepieren, weil’s zu heiß ist, lässt uns kalt. Dass wir bekanntlich nach rund zwanzig Minuten in der Sonne mittelschwere Verbrennungen bis in die tieferliegenden Hautschichten mit Blasenbildung bekommen, erinnert uns wieder nur an den letzten Urlaub. Schön. Kurzum: Der direkte Weg über die harte Wahrheit hat noch nie Probleme gelöst. Manche Wahrheiten müssen vorbereitet, müssen eingeleitet werden.

Diese Weisheit lässt sich auf viele Bereiche anwenden. Politik, Gesellschaft und bis in die hintersten Ecken Deines Privatlebens. Wir sind versucht, Menschenfeinden einen Platz in der Gemeinschaft einzuräumen, obwohl sie offenkundig nicht ganz so gemeinschaftliche Typen sind. Unsere Kinder folgen jedem neuen Social-Media-Trend und werfen sich aktuell möglichst viele Schmerzmittel rein und hoffen, zu überleben. Die Idioten filmen sich dabei. Dabei hat Paracetamol nicht mal ’ne berauschende Wirkung. Das is’ alles bekannt, langjährig erforscht und keine Raketentechnologie. Sie werfen sich’s trotzdem ein. Tja, und so is’ der zweite Preis ein Platz auf einer Lebertransplantationsliste, der erste der Tod. Idiotie hat auch hier Hochkonjunktur. Die harte Wahrheit. Hilft trotzdem nichts. Versteh einer die Jugend. Und jetzt zur hintersten Ecke Deines Privatlebens; versteh einer den Rest: Wir lassen unsere Köter auf Gehwege und Spielplätze kacken und räumen’s nicht mal weg. Wir wundern uns über Hundehasser. Wir lassen unsere minderjährigen Zöglinge nachts unbeaufsichtigt durch Städte ziehen. Als wär’s normal. Bei Drogengeschäften niedergestochen, aber wir wundern uns, als wär’s nicht normal. Wir sind U30 und haben einen BMI von Ü30. Er steigt, Jahr um Jahr. Kilo um Kilo.

Es is’ offensichtlich keine Muskulatur. Wir wundern uns, warum uns Mitte fünfzig der dritte Herzinfarkt endgültig dahinrafft. Wundern wir uns nicht. Also, was bleibt als Weisheit aus diesem schnellen Ritt durch unsere Hochkonjunktur: 1. Wähl keine Nazis. 2. Friss nicht mehr als die Packungsbeilage empfiehlt (und viel wichtiger: Folg nicht jedem Social-Media-Scheiß.) 3. Kümmer Dich um Deine Scheiße und die Scheiße, die sie hinterlässt. Nur am Rande (und weil’s grad so gemütlich ist): 4. Du hast ein Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten. Die Erde ist keine Scheibe.

Aber zurück zum Thema. Zu uns. Denen das alles egal ist. Deshalb sind wir hier. Wir. Du. Ich. Die anderen. Alle in einem Boot. Aber lass mich von vorn beginnen. Nicht über den direkten Weg. Die harte Wahrheit will vorbereitet sein. Sie beginnt mit ’ner großen Dame und ihrem letzten Auftritt im Rampenlicht. Aber es geht auch um Linienbusse, um ’ne ganz besondere Linie … tja, was soll ich sagen …

Die Große Grete

Haste den Bus verpasst, is’ grad weg. Kannst noch so sehr rennen. Ich rück mal rüber, könnt länger dauern. Ich beiß nicht, versprochen. Mit der 74 is’s immer das Gleiche: Der Fahrer is’n Penner. Entweder übersieht er Dich oder die Karre ist zu voll. Dass ich nicht lache. Da kannst Du noch so dringlich gucken, das interessiert den nicht. Der saust an Dir vorbei. Na, schönen Dank, und ich darf dann auf den nächsten warten. Wir dürfen das jetzt. Is’ im Übrigen derselbe Bus mit demselben Fahrer. Worauf wir jetzt warten. Die Aussichten werden nicht besser. Das kommt davon, wenn man den Arsch der Welt verlassen möchte. Ich vermute, dass der Fahrer manchmal einfach so weiterfährt. Von wegen zu voll, ha! Weil er keinen Bock auf Fahrgäste hat. Werd ihn beim nächsten Mal drauf anhauen. Fragen, ob das auch außerhalb von Bremen üblich ist. Bei solchen Fahrpreisen muss man sich beschweren, ansonsten kriegste diese Scheiße nicht raus. Direkt drohen, sag ich immer. Direkt inne Fresse. Aber ich kann Dich trösten. Es gibt deutlich langweiligere Bushaltestellen, an denen man versauern kann. Auch wenn sie auf den ersten Blick nicht viel hermacht. Hier wird gestorben. Hier wird gemordet. Von Busfahrern. Du lachst, aber … nun gut, Mord is’ hier eher relativ. Aber sie töten, die Busfahrer. Siehste die Stelle? Die dahinten? Da isser aufgekommen.

Nein, nicht der Busfahrer. Der Typ. Der Bus hat exakt und pünktlich hier an der Haltestelle angehalten. Genau hier hat er gestanden. Die Scheibe vom Bus war danach kaputt, natürlich, versteht sich, aber das Opfer hat nicht besser ausgesehen. Nur lag er dahinten. Is’ bestimmt sieben Meter geflogen. Locker sieben. Und diese Art von Mord is’ kein Einzelfall.

Glaubste nicht? Nun, es gehört zur guten Sitte, sowas zu wissen. Es fing nicht mit dieser Bushaltestelle an, natürlich nicht. Sowas entwickelt sich. Schrittweise. Solche Dinge beginnen meist durch Zufälle, durch glückliche Zufälle. Und wenn’s um ’nen Mord geht, dann steckt meist mehr als nur einer dahinter. So sagt man’s hier. Tom, Matze, Leon und noch so’n paar andere Gestalten. Aber lass mich von vorn anfangen, mit Tom – er würd Dir mit Sicherheit gefallen, denn …

Tom Tessin war ein komischer Kauz. Das wussten alle, die ihn kannten, und jeder, der ihn ansah – mit dem ersten Blick. Auch Matthias Neumann waren diese Eigenschaften bei der ersten Begegnung nicht entgangen. Sie lagen regelrecht auf der Hand, auch ohne diesen seltsamen Spitznamen, den er sich auch noch selbst gegeben hatte. Tom sah das ganz anders.

„Ich bin TomTom. Wie geht’s?“, stellte er sich zu Beginn des Wintersemesters vor.

„Aha“, war die einzige Reaktion.

Tom Tessin saß in der Mitte des Seminarraums. Matthias Neumann daneben. Und die Dozentin erklärte ihr Dilemma, das Problem ihres Lebens. Denn der Kurs trug den Titel ‚Perspektiven interkultureller Erziehung und Bildung: Die Befremdung der eigenen Kultur‘, aber ihre Arbeitsschwerpunkte waren historische Bildungsforschung, pädagogische Ideengeschichte, Bildungstheorie und Wissenschaftsmethodologie. Man kann sich auch anstellen, dachte Tom, als er sich gerade in diesem Moment von seinem Sitznachbarn löste. Nicht gleich negativ auffallen, nicht so früh im Semester. Aber grundsätzlich war es ihm egal, was andere von ihm denken und halten, also setzte er flüsternd fort: „Und du?“ Er hatte den Vorstoß, ein Gespräch im Seminar anzuzetteln, bereits auf der anderen Seite versucht, war aber fruchtlos an Luisa gescheitert. Alles sehr frostig. Sie hätte ihm sicherlich auch dann nicht geantwortet, wenn sein Spitzname nicht ‚TomTom‘ lauten würde.

„Matze“, gab Matthias leise zurück. Auch er versuchte, seine Dozentin nicht gleich in der ersten Stunde von seiner Erkenntnis einer falschen Seminarwahl zu überzeugen. Frau Prof. Dr. Christine Schwartz, die Dozentin, ging tiefer ins Detail, denn es schien ein größeres Problem zu sein. Die erste Viertelstunde referierte sie darüber, dass die ‚Perspektiven interkultureller Erziehung und Bildung‘ nicht ganz ihre Arbeitsschwerpunkte waren und, wenn es nach ihr ginge, auch niemals werden würden. Darüber hinaus schaute sie jeden Studenten, der es auch nur für den Bruchteil wagte, auf sein Smartphone zu schauen, mit verschlingendem Blick an.

„Freut mich.“ Es freute Tom wirklich, denn Luisas liebloses Desinteresse hatte seinem Ego zugesetzt. Gerade ein großes Ego braucht Zuwendung. „Ist es nicht schön hier?“, flüsterte er und hoffte auf die einzig richtige Antwort.

„Ja, es ist nicht schön hier“, sagte Matze regungslos, mit starrem Blick auf ein Lebenstrauma in der Mitte des Raumes gerichtet. Brüder im Geiste. Das wollte Tom hören. Matze gefiel ihm auf Anhieb. Das lag nicht nur daran, dass er der Einzige war, der sich jetzt und in den folgenden Jahren überhaupt länger als fünf Minuten mit ihm unterhielt. Eine innere Stimme sagte ihm, dass der Typ in Ordnung ist. Das Einzige, was noch zwischen beiden stand, war sein Spitzname „TomTom“, den er äußerst cool fand. Er war der Navigator. So wollte er sich sehen. So erklärte er es auch Matze. Doch, warum auch immer, Matze fand den Namen „Bescheuert. Echt“, so drückte er sich häufiger aus. Dennoch wollte Tom nicht kleinkariert oder nachtragend sein und ließ von diesem äußerst treffenden und smarten Nickname ab, meistens. Der Freundschaft zuliebe. Seither nannte er Matze wieder Matthias.

Du fragst zu Recht, was hat’n das mit der 74 zu tun. Zu diesem Zeitpunkt gar nichts. Auch wenn die Weichen bereits gestellt sind und nicht mehr viel fehlt. Abgesehen davon, bis unser Bus kommt, dauert’s eh noch, glaub mir. Aber lass mich anders anfangen, früher, bevor Tom Student war. Bevor er Matthias kennenlernte, also …

Als Tom Tessin seinen ersten Mord beging, war das eher ein Unfall oder vielmehr ein Zufall. Und damit auch kein Mord im engeren Sinne. Aber er ließ das an der richtigen Stelle nicht so aussehen. Dem Gesetz nach war er kein Mörder. Er hatte diesen Menschen nur versehentlich überfahren. Das war Zufall. Das war ein Unfall. Aber zufälligerweise hatte er den Richtigen verunfallt und wurde deswegen nicht mit Knast, sondern einer saftigen Prämie vergütet. Es zahlte sich also aus, für die richtige Stelle als Mörder zu gelten, und das war ganz gewiss nicht die Polizei. Der Richtige war in diesem Fall eine dreiundfünfzigjährige Frau mit einem graubraunen Bob-Haarschnitt. Sie hatte zwei erwachsene Söhne, führte seit circa dreißig Jahren eine abgewrackte Ehe mit einem versoffenen Mistkerl, der sie nur nicht vermöbelte, weil er stets, wenn er dieses Bedürfnis empfand, viel zu betrunken war, um noch treffsicher zulangen zu können, und sie hieß Margarete.

„Ja, genau die Margarete“, sagte ihm eine Stunde später der Polizeibeamte auf dem Revier. Tom begann erst langsam, wieder seinen Körper zu spüren. Die Dame vom psychologischen Dienst meinte, „das ist normal. Das ist der Schock. Sie konnten nichts dafür. Das wird schon wieder.“ Es musste ungefähr drei Uhr nachts sein, und Tom saß oder hockte vielmehr wie ein Häufchen Elend im Büro des Polizeibeamten, der noch eben seine Aussage aufgenommen hatte. Abschließend sagte der Beamte: „Ja, genau die Margarete.“ Margarete hatte jahrelang als Küchenhilfe und stellvertretende Köchin einer Tapasbar gearbeitet. Auch wenn ihr die spanische Küche nicht im Blut lag, sie hatte sich schnell mit den Burritos, den Enchiladas und den Quesadillas arrangiert. Abgesehen davon war die Bezahlung nicht schlecht gewesen. Irgendwann wurde sie arbeitslos. Zu alt für den Arbeitsmarkt, blieb ihr nichts weiter übrig, als Stütze zu kassieren. Ihre aufgeschnappten Spanischkenntnisse reichten nicht, um einen eigenen glaubwürdigen Tapasladen eröffnen zu können. Auch nicht in Deutschland. Mal abgesehen vom Kleingeld. Zufälligerweise suchte Deutschland zu diesem Zeitpunkt gerade irgendein Talent, ob nun Sänger, Tänzer, Maler oder was auch sonst. Hauptsache Talent. Margaretes Söhne meldeten ihre Mutter kurzerhand beim landesweiten Casting an, und ehe man sich versah, hatte Deutschland ein neues Talent. Aus Margarete wurde die Große Grete. Man liebte sie. Sie sah aus wie Gertraude ‚Ma‘ Flodder, nur ohne Zigarre. Aber mit Hauskittel und Gummistiefel konnte man sie (vor ihrem Erfolg) recht häufig sehen. Die Große Grete sah also scheiße aus, hatte aber eine Stimme wie Sarah Brightman.

Tom saß auf dem Revier und konnte mit all dem nicht viel anfangen: „Und jetzt?“, fragte er den Beamten mit müden, aber leicht zittrigen Augen. Beide Hände umklammerten die Armlehnen seines Stuhls.

„Sie bekommen eine Anzeige wegen fahrlässiger Tötung“, erklärte sein Gegenüber leicht abwesend, stark routiniert, trocken. Tom musste schlucken. Das hörte sich schlimm an. Irgendwie endgültig. Eine Anzeige. Dabei hatte er doch absolut nichts falsch gemacht. Das ganze Leben noch vor sich. Die Alte war einfach da gewesen. Mitten auf der Straße. Mitten in der Nacht. Was konnte er dafür? Und der Wagen war auch im Arsch, „aber ich glaube, da wird nichts weiter passieren. Sie waren nicht betrunken, hatten keine Drogen konsumiert“, führte der Polizist nun einen Hauch lieblicher aus. „Sie hatten keine Chance, rechtzeitig auszuweichen, abgesehen davon: Man spaziert nachts einfach nicht über eine Landstraße. Unbeleuchtet. Das vergessen die Leute immer irgendwie. Und dann ist das Geheule groß“, taute der Beamte immer mehr auf, trat zu Tom und klopfte ihm auf die hängenden Schultern. „Also, wenn Sie die Große Grete nicht gerade mutwillig plattgefahren haben, dann können Sie jetzt gehen. Und lassen Sie den Kopf nicht hängen“, verabschiedete ihn der Polizist anschließend in eine – bis dahin – absolut beschissene Nacht. Beim Verlassen des Reviers wusste er nämlich noch nicht, wie sehr seine, aber auch Gretes besten Jahre noch bevorstanden.

*

„Dürfte ich Sie auf einen Kaffee einladen, oder sonst irgendetwas?“ Eine unbekannte Stimme, eine kaum registrierte Störung.

Tom kehrte der Polizei Bremen ausgelaugt und entnervt den Rücken zu. Er brachte gerade die letzte Treppenstufe hinter sich und stapfte abwesend der Bushaltestelle entgegen, als er, warum auch immer, kehrtmachte und mit tief vergrabenen Händen Richtung Marktplatz schlurfte. Die Überwachungskamera auf dem Dach des Bürgerhauses verfolgte ihn auf Schritt und Tritt, was ’ne Frechheit, schoss ihm in den Sinn, und die Stimme im Hintergrund hatte er noch immer nicht wahrgenommen. Sie schwang eher schemenhaft mit. Verfolgte ihn auf Schritt und Tritt. Nicht zu orten. In Gedanken. Grete und diese Kamera, die den Blick auf ihn und den Marktplatz richtete. „Hallo!“ Da war sie wieder, diese fremde Stimme. Tom grübelte über die Tiefgarage unter dem weitläufigen Platz nach, über die Gebäude, die darauf thronten, und inwieweit das alles hält. Wäre das nicht der Fall, ließe sich sicherlich beeindruckender Content mit der Überwachungskamera einfangen. Und Tom mittendrin. Auf TikTok ein Hit, mit geschmackvollem Earlybird-Filter auf Insta, davon war er überzeugt.

Eine fesselnde Geschichte mit Mehrwert? Wohl kaum. Nicht anders zu erwarten vom Hauptdarsteller, inwieweit das alles hält, hallte es in ihm nach.

Plötzlich packte ihn eine Hand am Ellbogen, den er fest an den Körper gepresst hatte. Tom erschrak und riss sich mit einem Ruck los. „Ich wollte Sie nicht … entschuldigen Sie, bitte“, beschwichtigte der Fremde. Der Typ sprang einen Schritt zurück und hob beide Hände auf Gesichtshöhe.

Sah Tom dermaßen gefährlich aus, dass man die Hände heben sollte? Sogar musste? Er glaubte es nicht. Der grapschende Verfolger schon. „Was wolln Sie?“, fragte er mit der größtmöglichen Freundlichkeit, die jemand wie er hier und jetzt aufbringen konnte. „Ich hab kein Geld.“ Das half immer.

„Ich will kein Geld, wirklich.“ Der Fremde ließ die Hände langsam runtersinken. Er wirkte entkrampfter. Er löste sich, schickte ein vorsichtiges Lächeln. „Ich will Sie einladen.“

„Was wolln Sie?“, fragte er erstaunt. Der schräge Typ konnte nicht von hier stammen. Irgendwo hört Freundlichkeit auf. Abgesehen davon hatte er was von einem Nobelmakler, und Tom wusste nicht mal warum.

„Sie hatten heute Nacht den Unfall, richtig?“

„Was willst du eigentlich, he?“, plusterte sich Tom weiter auf. Die ganze Situation kam ihm seltsam vor. Er dachte an die Videoüberwachung. Die gute alte Sedanplatz-Cam. Was ’n Glück, bewacht zu werden.

Die fesselnde Geschichte mit Mehrwert. True Crime tauglich, oder die Antwort auf die Frage: Warum wurde Tom Tessin in den frühen Morgenstunden von einem Nobelmakler mitten auf dem Sedanplatz ermordet? Die Kamera wurde ihm sympathisch. Ein Hauch von Sicherheit machte sich in ihm breit. Er würde sterben, ja, aber auch in Earlybird wäre der Fall gelöst. Der Gedanke beruhigte. Nichts geht über Content.

„Nichts Böses, wirklich“, beteuerte der Mann. Tom schätzte ihn auf höchstens vierzig. Mit der frischen, sportlichen Optik ging allerdings eine gewisse Reife einher. Ein erfahrener Nobelmakler? Er konnte es nicht genau greifen. Hatte einfach dieses Gefühl. Dann kam ein anderes in ihm hoch: Ein Angehöriger. Vielleicht? Er hielt es für unwahrscheinlich, aber trotzdem zwang sich ihm der bedrückende Gedanke auf. Das Schuldeingeständnis. „Man spaziert nachts einfach nicht über eine Landstraße! Unbeleuchtet!“, durchzuckte es wieder und wieder Toms Schädel. Er wollte es rausschreien. In die Nacht, dem Fremden ins Gesicht. „Sie sind der junge Mann, der die … Große Grete … also der am Unfall beteiligt war?“

Man spaziert nachts nicht über unbeleuchtete Landstraßen, wie oft denn noch! „Ja, ich hab sie plattgefahren! Wenn Sie’s genau wissen wollen. Die Fotos kriegen Sie dort drüben“, quoll ihm flapsig über die dünnen, gefühllosen Lippen. Er zeigte grob in Richtung Revier.

„So wollte ich es zwar nicht ausdrücken, aber in Ordnung. Nun gut, lassen Sie uns einen Kaffee trinken, damit ich meinen späten“, dabei schaute der Fremde zwischen die umliegenden Häuser und erkannte das gerade anbrechende Morgengrauen, „meinen frühen Überfall wieder gutmachen kann. Ich verspreche, es wird sich für Sie lohnen. Abgesehen davon, noch ein oder zwei Stunden, dann wird eh die Sonne aufgehen, und was ist schon ein frischer Morgen ohne Kaffee?“ Der Fremde lächelte väterlich. So stellte sich Tom jedenfalls ein väterliches Lächeln vor. Ganz grob. Den Kaffee konnte er auf jeden Fall gebrauchen, dann auch noch umsonst, was will man mehr? Und bei all der Aufregung und den vielen wirren und nutzlosen Gedanken, die unzähmbar in seinem Kopf herumspukten, hätte er eh kein Auge zutun können.

*

Eine Tankstelle war die einzige Zuflucht, die vielleicht zu dieser Uhrzeit teuren Kaffee ausschenkte. Und wenn der Fremde in einer solchen Ausgeberlaune war und zudem einen Mercedes fuhr, dann war teurer Tankstellenkaffee das Maß der Entschädigung. Er entschied sich für die star-Tankstelle in der Nähe der Weserfähre. Er war sicher, dass das star café guten café, zumindest aber teure Brühe anbieten würde und auch schon – oder noch immer – geöffnet hätte. Um 04:45 Uhr stand dem Heißgetränk nichts mehr im Wege. Tom fand sich an einem Bistrotisch wieder, leicht zittrig und durch den Wind. Vor knappen drei Stunden hatte er die Große Grete ein letztes Mal ins Rampenlicht treten lassen, ins Scheinwerferlicht seines gut in Schuss gehaltenen Corsa. Wenig Rost. Wartungsarm. Der Kaffee schmeckte trotzdem. „Wissen Sie“, begann der groß gewachsene Fremde, wobei dieser hünenhafte Umstand erst in der voll beleuchteten Tankstelle zur Geltung kam, und stockte dann abrupt. „Wie war noch Ihr Name?“

„Nennen Sie mich TomTom“, sagte Tom selbstsicher und begierig auf den ersten Schluck.

„Wissen Sie … Tom … ich nenne Sie einfach Tom, wenn es Ihnen recht ist. Also, Tom, vor nicht allzu langer Zeit sitze ich mit meinen gut betuchten Freunden und Arbeitskollegen zu Mittag. Alle meine Freunde sind gewissermaßen auch meine Arbeitskollegen, müssen Sie wissen.“

„Wie heißen Sie eigentlich?“, fuhr Tom ruppig dazwischen, auch wenn er wegen des Übergehens seines durch und durch gut überlegten Spitznamens nicht nachtragend sein wollte.

„Ach so, entschuldigen Sie.“ Der Mann kramte eine Visitenkarte aus der Innentasche seines Jacketts hervor. „Henry Bond. Sie können mich aber Henry nennen.“

„Bond?“ Tom verkniff sich sichtlich ein Grinsen.

„Ja, Bond. Aber weniger der britische Geheimdienstler, sondern eher wie Peter Bond.“

„Peter Bond?“

„Der Moderator. Glücksrad? Sagt Ihnen das was? Ist wahrscheinlich nicht Ihre Generation, vermute ich“, erklärte Bond, nicht der Geheimdienstler.

„Hat der nicht auch Pornos gedreht?“ Tom verzog die Augenbrauen. So leicht wollte er seinen Gönner jetzt nicht davonkommen lassen.

„Ganz so weit reicht die Ähnlichkeit dann doch nicht, aber egal. Sie können mich Henry nennen.“ Er lächelte, als durchschaute er Toms Befindlichkeit. „Also, wo war ich noch gleich stehen geblieben, ja, beim Mittag, richtig.“ Der Kaffee war kochend heiß. Toms Versuch auf einen winzigen Schluck endete in einer unkontrollierten Zuckung. „Wissen Sie, Tom, ich arbeite in einem großen Medienunternehmen, dazu gehören verschiedene Sender, Fernsehen und Radio und allerhand anderer Kram, das Übliche eben. Und ich sitze nun, wie gesagt, mit meinen Freunden beim Mittagessen. Da sage ich zu meinem besten Freund, mit dem ich bereits am längsten zusammenarbeite: ‚Ich gebe dem Mann höchstpersönlich einen Kaffee aus, der die Große Grete wieder in die Presse bringt.‘ Und wenn ich jemandem höchstpersönlich einen Kaffee ausgebe und den dann auch noch mit dieser Person zusammen trinke, dann hat das einen gewissen Stellenwert. Ich arbeite sehr weit oben in diesem Medienunternehmen, muss ich dazusagen.“

„Sie ist tot.“

„Und sie wird ab heute in der Zeitung stehen, wieder in der Zeitung. Diese Aasgeier sind sehr fix, wenn es um eine Schlagzeile geht, glauben Sie mir. Und Sie, Tom, haben die Große Grete gewissermaßen in die Zeitung gebracht, wieder. Deshalb der Kaffee. Ich habe zu danken. Und mein Wort zählt“, erklärte Bond ein wenig zu selbstbewusst. Ein Hauch Selbstliebe schwang herüber. Es wirkte echt, aber unschön.

„Ich hab sie umgebracht!“, unterbrach Tom die abstruse Stille, die sich in der beängstigend leblosen Tankstelle breitmachte. „Verstehen Sie das eigentlich?“

„Aber sicher verstehe ich das. Sogar sehr gut. Aber anders hätten selbst die besten PR-Manager diese Frau nicht mehr ins Gespräch gebracht, geschweige denn in die Zeitung und landesweit ins Fernsehen. Und genauso wird es passieren. Für Drecksarbeit sind sich diese Herren nämlich viel zu fein. Und den eigenen Renngaul anpreisen, das zählt nichts. Das kann jeder. Die einheitliche Presse- und Medienmeinung muss lauten: Trauer! Bestürzung! Verehrung! Mindestens zwei bis drei Tage auf der Titelseite.“

„Sie ist ja auch tot, wie oft denn noch.“

„Titelseite. Nun, vielleicht muss ich noch ein wenig weiter ausholen. Was machen Sie zurzeit, mein Junge? Hartz-4, oder wie nennt man das heute? Bürgergeld, Grundsicherung, nicht wahr? Sie sind Single? Bestimmt. Was bekommt man da so, fünfhundert und einen Bäckergutschein?“

„Ich beginne bald mit dem Studium.“ Arschloch.

„Okay, angehender Student. Noch nicht in der Realität angekommen, und es wird wohl noch ein wenig dauern. Aber das ist überhaupt nicht schlimm, da sind Sie nicht der Einzige, Tom.“ Bond nahm einen großen Schluck aus seinem Pappbecher. Für Tom war der Kaffee noch immer zu heiß. „Grete, wie wir sie liebevoll genannt haben – Gott möge ihrer Seele gnädig sein –, hatte mit Sicherheit ein Talent. Sie konnte echt schön singen. Klassische Musik, traumhaft bei ihrer imposanten Stimme. Ihr erstes Album ist eingeschlagen wie eine Bombe, die Singles ebenfalls. Ein ganzes Jahr lang konnten wir mit der Großen Grete, unserer Grete, sämtliche Hallen füllen. Selbst diejenigen, die niemals auf Konzerte gehen würden, hatte sie ans Tageslicht gelockt. Also glauben Sie nicht, dass uns Grete nicht am Herzen gelegen hätte. Ein Ende war jedoch leider abzusehen. Wir hätten es uns mit Sicherheit anders gewünscht, sicher.“ Bond hörte sich nicht traurig und mitgenommen an, doch die Worte schienen in diese Richtung zu wollen. Es gelang ihnen aber nicht. „Und dann kommen Sie. Bäm! Einfach so aus dem Nichts und brettern die Große Grete über den Haufen. Nehmen Sie es wie ein Mann. Die Frau war am Ende. Die Karriere vorbei. So ist das nun mal. Das zweite Album lief schleppend. Sie kam auf die dämliche Idee, dass einer ihrer Söhne sie managen sollte. Dass ich nicht lache. Sie hingegen, Tom, haben einen sauberen Schlussstrich gezogen. Danke“, lachte Bond in seinen Kaffee. „Ich hoffe, der Kaffee schmeckt Ihnen? Möchten Sie noch einen? Ich nehme noch einen“, erklärte er freudestrahlend und wanderte zum Selbstbedienungsautomaten.

„Das heißt …“

„Ja, genau das, Tom. Tot ist sie einfach mehr wert. Der Zeitpunkt war genau richtig, um abzuspringen. Man darf nämlich beim Abstoßen nicht zu lange warten, sonst hat man tatsächlich totes Kapital an den Hacken. Das ist wie Scheiße, bekommt man nur schwer wieder ab und stinkt noch lange danach. Der beste Moment ist immer kurz nach dem Zenit, dann, wenn sicher ist, dass es nicht ohne Nachhelfen zu einer Legende reicht. Bei Grete war das Ende bereits absehbar.“ Mit neuem Kaffee gesellte sich Henry Bond wieder an den Bistrotisch. „Und knallt die Ihnen vor’s Auto! Was ein Zufall, nicht? Glück muss man haben … Sie sollten sich mit dem Trinken beeilen. Ihr Kaffee ist doch längst kalt.“ Der Kaffee war noch immer kochend heiß. Vielleicht war Tom nur zu zimperlich? Überempfindlich? Vielleicht die Nerven? Nicht hart genug? Immerhin, jemanden um die Ecke gebracht, das hatte er ja schon mal. Das freundliche Väterliche war nicht aus Bonds Gesicht zu vertreiben. Es haftete ihm unentwegt an. „Also, lassen Sie sich davon nicht kleinkriegen, Sie haben einen wichtigen Dienst vollbracht. Für mich. Für die Gesellschaft. Für Grete. Sie kannten ihren Ehemann nicht.

Grässliches Schwein. Und die Gesellschaft wird es Ihnen auch danken, denn so behält man die Große Grete als Große Grete in Erinnerung und nicht als abgestürztes Casting-Opfer im Alkoholrausch oder als Z-Promi im Dschungel. Dieses Schicksal wäre ihr nicht erspart geblieben. Kennen Sie diese versackten Lottomillionäre? Nein? Seien Sie froh.“

Auch wenn Tom das Showbiz nicht mal im Ansatz geläufig war, dass es grausam und unerbittlich Opfer verschlingt, klang logisch. Nachvollziehbar. Normal. Aber diese Grausamkeit nun aus einem Insidermund zu hören, war surreal. Vielleicht war es tatsächlich für Grete das Beste, in dieser Form abzutreten? Das einzig Gute war bislang der Kaffee an dieser Tankstelle um kurz nach fünf Uhr morgens. „Ach, bevor ich es vergesse“, unterbrach Bond die unschwer von außen zu übersehenden Gedanken. Sie massierten Toms klebrige Stirn. „Sie erinnern sich noch an das besagte Mittagsgespräch? ‚Und, meine Freunde‘, habe ich damals gesagt, ‚wenn es einer schaffen sollte, dass unsere Grete noch mal in die Top Ten stürmt, dem lege ich zwei Jahresgehälter eines unserer Produktmanager für Community Services und das Auto meiner Frau auf den Tisch!‘ Das habe ich gesagt. Sie können sich vorstellen, dass die gelacht haben?“, erklärte Bond wie selbstverständlich.

„Äh … zwei Jahresgehälter?“

„Und wie die gelacht haben. Das Auto meiner Frau kostet vier! Knauserig haben die mich genannt. Kein Respekt, was? Das kommt, wenn man seine Freunde zu Angestellten macht, oder umgekehrt!“ Henry Bond lachte herzhaft, aber dennoch kontrolliert. Tom versuchte hinterherzukommen, gedanklich mitzuhalten, aber das war nicht seine Welt, in die er hier sehr übergangslos geworfen wurde. Mit der er zusammenprallte. Er musste an Grete denken. Dass es ihr eventuell jetzt besser ging?

„Zwei … und vier …“

„Genau, Tom, 100.000 Euro und ein Coupé.“ 100.000. Coupé. Es war, als hätte Bond der Geschichte ein virtuelles Make-up verpasst. Glätten und Aufhellen, Wimpern und Lidschatten, Rouge und Lippenstift dazu. Er hatte der Szene einen Beautifying-Filter verpasst. Hübscher und schöner Content war übergangslos geboren. Die Nutzerzahlen steigen, weil es einfach schön ist. Tom sah alles in anderem Licht. Farbanpassung. In anderer Realität: Die Geschichte mit Gretes Mann hörte sich nicht gut an. Er meinte sich auch zu erinnern, das in der Boulevardpresse gelesen zu haben oder in der Glotze gesehen. Die Karriere war bereits vorbei. Offensichtlich. Er musste an seinen Corsa denken. Der hätte eigentlich noch ein paar Jährchen gehalten. Er dachte an die guten Zeiten. An das Coupé. Der Corsa war ein Dreitürer, gewissermaßen ein Coupé. Die Ähnlichkeit lag für Tom auf der Hand. „Und den Kaffee mit mir höchstpersönlich haben Sie ja nun erhalten. Sie sehen also, ich halte mein Wort. Das verpflichtet, und vielleicht haben Sie ja Glück und der Wagen meiner Frau gehört auch bald Ihnen. Mein Wort.“ Bond richtete seinen Anzug sehr gründlich und konzentriert. „Ihr Auto ist doch jetzt sicherlich beschädigt? Und die 100.000 helfen gewiss beim Studieren, nicht wahr? Drücken Sie uns die Daumen, dass das Goldkehlchen noch ein letztes Mal gewinnbringend trällert.“